Jugendgerichtsgesetz
(JGG )
In der
Fassung der Bekanntmachung vom 11.12.1974 (BGBl. I S. 3427)
zuletzt geändert durch Gesetz vom 13.04.2007 (BGBl. I S. 513) m.W.v. 18.04.2007
1. Teil
Anwendungsbereich (§§ 1 - 2)
§ 1 Persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich
§ 2 Anwendung des allgemeinen Rechts
2. Teil
Jugendliche (§§ 3 - 104)
1. Hauptstück
Verfehlungen Jugendlicher und ihre Folgen (§§ 3 - 32)
1. Abschnitt
Allgemeine Vorschriften (§§ 3 - 8)
§ 3 Verantwortlichkeit
§ 4 Rechtliche Einordnung der Taten Jugendlicher
§ 5 Die Folgen der Jugendstraftat
§ 6 Nebenfolgen
§ 7 Maßregeln der Besserung und Sicherung
§ 8 Verbindung von Maßnahmen und Jugendstrafe
2. Abschnitt
Erziehungsmaßregeln (§§ 9 - 12)
§ 9 Arten
§ 10 Weisungen
§ 11 Laufzeit und nachträgliche Änderung von Weisungen; Folgen der
Zuwiderhandlung
§ 12 Hilfe zur Erziehung
3. Abschnitt
Zuchtmittel (§§ 13 - 16)
§ 13 Arten und Anwendung
§ 14 Verwarnung
§ 15 Auflagen
§ 16 Jugendarrest
4. Abschnitt
Die Jugendstrafe (§§ 17 - 19)
§ 17 Form und Voraussetzungen
§ 18 Dauer der Jugendstrafe
§ 19 (aufgehoben)
5. Abschnitt
Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung (§§ 20 - 26a)
§ 20 (aufgehoben)
§ 21 Strafaussetzung
§ 22 Bewährungszeit
§ 23 Weisungen und Auflagen
§ 24 Bewährungshilfe
§ 25 Bestellung und Pflichten des Bewährungshelfers
§ 26 Widerruf der Strafaussetzung
§ 26a Erlaß der Jugendstrafe
6. Abschnitt
Aussetzung der Verhängung der Jugendstrafe (§§ 27 - 30)
§ 27 Voraussetzungen
§ 28 Bewährungszeit
§ 29 Bewährungshilfe
§ 30 Verhängung der Jugendstrafe; Tilgung des Schuldspruchs
7. Abschnitt
Mehrere Straftaten (§§ 31 - 32)
§ 31 Mehrere Straftaten eines Jugendlichen
§ 32 Mehrere Straftaten in verschiedenen Alters- und Reifestufen
2. Hauptstück
Jugendgerichtsverfassung und Jugendstrafverfahren (§§ 33 -
81)
1. Abschnitt
Jugendgerichtsverfassung (§§ 33 - 38)
§ 33 Jugendgerichte
§ 33a
§ 33b
§ 34 Aufgaben des Jugendrichters
§ 35 Jugendschöffen
§ 36 Jugendstaatsanwalt
§ 37 Auswahl der Jugendrichter und Jugendstaatsanwälte
§ 38 Jugendgerichtshilfe
2. Abschnitt
Zuständigkeit (§§ 39 - 42)
§ 39 Sachliche Zuständigkeit des Jugendrichters
§ 40 Sachliche Zuständigkeit des Jugendschöffengerichts
§ 41 Sachliche Zuständigkeit der Jugendkammer
§ 42 Örtliche Zuständigkeit
3. Abschnitt
Jugendstrafverfahren (§§ 43 - 81)
1.Unterabschnitt
Das Vorverfahren (§§ 43 - 46)
§ 43 Umfang der Ermittlungen
§ 44 Vernehmung des Beschuldigten
§ 45 Absehen von der Verfolgung
§ 46 Wesentliches Ergebnis der Ermittlungen
2. Unterabschnitt
Das Hauptverfahren (§§ 47 - 54)
§ 47 Einstellung des Verfahrens durch den Richter
§ 47a Vorrang der Jugendgerichte
§ 48 Nichtöffentlichkeit
§ 49 (weggefallen)
§ 50 Anwesenheit in der Hauptverhandlung
§ 51 Zeitweilige Ausschließung von Beteiligten
§ 52 Berücksichtigung von Untersuchungshaft bei Jugendarrest
§ 52a Anrechnung von Untersuchungshaft bei Jugendstrafe
§ 53 Überweisung an den Familien- oder Vormundschaftsrichter
§ 54 Urteilsgründe
3. Unterabschnitt
Rechtsmittelverfahren (§§ 55 - 56)
§ 55 Anfechtung von Entscheidungen
§ 56 Teilvollstreckung einer Einheitsstrafe
4.Unterabschnitt
Verfahren bei Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung (§§
57 - 60)
§ 57 Entscheidung über die Aussetzung
§ 58 Weitere Entscheidungen
§ 59 Anfechtung
§ 60 Bewährungsplan
5. Unterabschnitt
Verfahren bei Aussetzung der Verhängung der Jugendstrafe (§§
62 - 64)
§ 61 (aufgehoben)
§ 62 Entscheidungen
§ 63 Anfechtung
§ 64 Bewährungsplan
6. Unterabschnitt
Ergänzende Entscheidungen (§§ 65 - 66)
§ 65 Nachträgliche Entscheidungen über Weisungen und
Auflagen
§ 66 Ergänzung rechtskräftiger Entscheidungen bei mehrfacher
Verurteilung
7. Unterabschnitt
Gemeinsame Verfahrensvorschriften (§§ 67 - 74)
§ 67 Stellung des Erziehungsberechtigten und des
gesetzlichen Vertreters
§ 68 Notwendige Verteidigung
§ 69 Beistand
§ 70 Mitteilungen
§ 71 Vorläufige Anordnungen über die Erziehung
§ 72 Untersuchungshaft
§ 72a Heranziehung der Jugendgerichtshilfe in Haftsachen
§ 73 Unterbringung zur Beobachtung
§ 74 Kosten und Auslagen
8. Unterabschnitt
Vereinfachtes Jugendverfahren (§§ 76 - 78)
§ 75 (aufgehoben)
§ 76 Voraussetzungen des vereinfachten Jugendverfahrens
§ 77 Ablehnung des Antrags
§ 78 Verfahren und Entscheidung
9. Unterabschnitt
Ausschluß von Vorschriften des allgemeinen Verfahrensrechts
(§§ 79 - 81)
§ 79 Strafbefehl und beschleunigtes Verfahren
§ 80 Privatklage und Nebenklage
§ 81 Entschädigung des Verletzten
3. Hauptstück
Vollstreckung und Vollzug (§§ 82 - 93a)
1.Abschnitt
Vollstreckung (§§ 82 - 89a)
1. Unterabschnitt
Verfassung der Vollstreckung und Zuständigkeit (§§ 82 - 85)
§ 82 Vollstreckungsleiter
§ 83 Entscheidungen im Vollstreckungsverfahren
§ 84 Örtliche Zuständigkeit
§ 85 Abgabe und Übergang der Vollstreckung
2. Unterabschnitt
Jugendarrest (§§ 86 - 87)
§ 86 Umwandlung des Freizeitarrestes
§ 87 Vollstreckung des Jugendarrestes
3. Unterabschnitt
Jugendstrafe (§§ 88 - 89a)
§ 88 Aussetzung des Restes der Jugendstrafe
§ 89 Aussetzung des Restes einer Jugendstrafe von unbestimmter Dauer
§ 89a Unterbrechung und Vollstreckung der Jugendstrafe neben
Freiheitsstrafe
2. Abschnitt
Vollzug (§§ 90 - 93)
§ 90 Jugendarrest
§ 91 Aufgabe des Jugendstrafvollzugs
§ 92 Jugendstrafanstalten
§ 93 Untersuchungshaft
4. Hauptstück
Beseitigung des Strafmakels (§§ 97 - 101)
§ 93a Unterbringung in einer Entziehungsanstalt
§§ 94-96 (aufgehoben)
§ 97 Beseitigung des Strafmakels durch Richterspruch
§ 98 Verfahren
§ 99 Entscheidung
§ 100 Beseitigung des Strafmakels nach Erlaß einer Strafe oder eines
Strafrestes
§ 101 Widerruf
5. Hauptstück
Jugendliche vor Gerichten, die für allgemeine Strafsachen
zuständig sind (§§ 102 - 104)
§ 102 Zuständigkeit
§ 103 Verbindung mehrerer Strafsachen
§ 104 Verfahren gegen Jugendliche
3. Teil
Heranwachsende (§§ 105 - 112)
1. Abschnitt
Anwendung des sachlichen Strafrechts (§§ 105 - 106)
§ 105 Anwendung des Jugendstrafrechts auf Heranwachsende
§ 106 Milderung des allgemeinen Strafrechts für Heranwachsende;
Sicherungsverwahrung
2. Abschnitt
Gerichtsverfassung und Verfahren (§§ 107 - 109)
§ 107 Gerichtsverfassung
§ 108 Zuständigkeit
§ 109 Verfahren
3. Abschnitt
Vollstreckung - Vollzug und Beseitigung des Strafmakels (§§
110 - 111)
§ 110 Vollstreckung und Vollzug
§ 111 Beseitigung des Strafmakels
4. Abschnitt
Heranwachsende vor Gerichten, die für allgemeine Strafsachen
zuständig sind (§ 112)
§ 112 Entsprechende Anwendung
4. Teil
Sondervorschriften für Soldaten der Bundeswehr (§§ 112a - 112e)
§ 112a Anwendung des Jugendstrafrechts
§ 112b Erziehungshilfe durch den Disziplinarvorgesetzten
§ 112c Vollstreckung
§ 112d Anhörung des Disziplinarvorgesetzten
§ 112e Verfahren vor Gerichten, die für allgemeine Strafsachen zuständig
sind
5. Teil
Schluß- und Übergangsvorschriften (§§ 113 - 125)
§ 113 Bewährungshelfer
§ 114 Vollzug von Freiheitsstrafe in der Jugendstrafanstalt
§ 115 Rechtsvorschriften der Bundesregierung über den Vollzug
§ 116 Zeitlicher Geltungsbereich
§ 117 Gerichtsverfassung
§ 118 (überholt)
§ 119 Freiheitsstrafen
§ 120 Verweisungen
§ 121 Übergang der Vollstreckung
§§ 122-124 (gegenstandslos)
§ 125 Inkrafttreten
1. Teil
Anwendungsbereich (§§ 1 - 2)
§ 1 Persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich
(1) Dieses Gesetz gilt, wenn ein Jugendlicher oder ein
Heranwachsender eine Verfehlung begeht, die nach den allgemeinen Vorschriften
mit Strafe bedroht ist.
(2) Jugendlicher ist, wer zur Zeit der Tat vierzehn, aber noch nicht achtzehn, Heranwachsender, wer zur Zeit der Tat achtzehn, aber noch nicht einundzwanzig Jahre alt ist.
§ 2 Anwendung des allgemeinen Rechts
Die allgemeinen Vorschriften gelten nur, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist.
2. Teil
Jugendliche (§§ 3 - 104)
1. Hauptstück
Verfehlungen Jugendlicher und ihre Folgen (§§ 3 - 32)
1. Abschnitt
Allgemeine Vorschriften (§§ 3 - 8)
§ 3 Verantwortlichkeit
Ein Jugendlicher ist strafrechtlich verantwortlich, wenn er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung reif genug ist, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Zur Erziehung eines Jugendlichen, der mangels Reife strafrechtlich nicht verantwortlich ist, kann der Richter dieselben Maßnahmen anordnen wie der Familien- oder Vormundschaftsrichter.
§ 4 Rechtliche Einordnung der Taten Jugendlicher
Ob die rechtswidrige Tat
eines Jugendlichen als Verbrechen oder Vergehen anzusehen ist und wann sie
verjährt, richtet sich nach den Vorschriften des allgemeinen Strafrechts.
§ 5 Die Folgen der Jugendstraftat
(1) Aus Anlaß der Straftat eines Jugendlichen können
Erziehungsmaßregeln angeordnet werden.
(2) Die Straftat eines Jugendlichen wird mit
Zuchtmitteln oder mit Jugendstrafe geahndet, wenn Erziehungsmaßregeln nicht
ausreichen.
(3) Von Zuchtmitteln und Jugendstrafe wird abgesehen, wenn die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt die Ahndung durch den Richter entbehrlich macht.
§
6 Nebenfolgen
(1) Auf Unfähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, Rechte
aus öffentlichen Wahlen zu erlangen oder in öffentlichen Angelegenheiten zu
wählen oder zu stimmen, darf nicht erkannt werden. Die Bekanntgabe der
Verurteilung darf nicht angeordnet werden.
(2) Der Verlust der Fähigkeit, öffentliche Ämter zu
bekleiden und Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen (§ 45 Abs. 1 des
Strafgesetzbuches), tritt nicht ein.
§ 7 Maßregeln der Besserung und Sicherung
Als Maßregeln der Besserung
und Sicherung im Sinne des allgemeinen Strafrechts können die Unterbringung in
einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt, die
Führungsaufsicht oder die Entziehung der Fahrerlaubnis angeordnet werden (§ 61
Nr. 1, 2, 4 und 5 des Strafgesetzbuches).
§ 8 Verbindung von Maßnahmen und Jugendstrafe
(1) Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel, ebenso mehrere
Erziehungsmaßregeln oder mehrere Zuchtmittel können nebeneinander angeordnet
werden. Mit der Anordnung von Hilfe zur Erziehung nach § 12 Nr. 2 darf
Jugendarrest nicht verbunden werden.
(2) Der Richter kann neben Jugendstrafe nur Weisungen
und Auflagen erteilen und die Erziehungsbeistandschaft anordnen. Steht der
Jugendliche unter Bewährungsaufsicht, so ruht eine gleichzeitig bestehende
Erziehungsbeistandschaft bis zum Ablauf der Bewährungszeit.
(3) Der Richter kann neben Erziehungsmaßregeln, Zuchtmitteln und Jugendstrafe auf die nach diesem Gesetz zulässigen Nebenstrafen und Nebenfolgen erkennen.
2. Abschnitt
Erziehungsmaßregeln (§§ 9 - 12)
§ 9 Arten
Erziehungsmaßregeln sind
1. die Erteilung von Weisungen,
2. die Anordnung, Hilfe zur Erziehung im Sinne des § 12 in Anspruch zu nehmen.
§ 10 Weisungen
(1) Weisungen sind Gebote und Verbote, welche die
Lebensführung des Jugendlichen regeln und dadurch seine Erziehung fördern und sichern
sollen. Dabei dürfen an die Lebensführung des Jugendlichen keine unzumutbaren
Anforderungen gestellt werden. Der Richter kann dem Jugendlichen insbesondere
auferlegen,
1. Weisungen zu befolgen,
die sich auf den Aufenthaltsort beziehen,
2. bei einer Familie oder in
einem Heim zu wohnen,
3. eine Ausbildungs- oder
Arbeitsstelle anzunehmen,
4. Arbeitsleistungen zu
erbringen,
5. sich der Betreuung und
Aufsicht einer bestimmten Person (Betreuungshelfer) zu unterstellen,
6. an einem sozialen
Trainingskurs teilzunehmen,
7. sich zu bemühen, einen
Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich),
8. den Verkehr mit
bestimmten Personen oder den Besuch von Gast- oder Vergnügungsstätten zu
unterlassen oder
9. an einem
Verkehrsunterricht teilzunehmen.
(2) Der Richter kann dem Jugendlichen auch mit
Zustimmung des Erziehungsberechtigten und des gesetzlichen Vertreters
auferlegen, sich einer heilerzieherischen Behandlung durch einen
Sachverständigen oder einer Entziehungskur zu unterziehen. Hat der Jugendliche
das sechzehnte Lebensjahr vollendet, so soll dies nur mit seinem Einverständnis
geschehen.
§ 11 Laufzeit und nachträgliche Änderung von Weisungen;
Folgen der Zuwiderhandlung
(1) Der Richter bestimmt die Laufzeit der Weisungen. Die
Laufzeit darf zwei Jahre nicht überschreiten; sie soll bei einer Weisung nach §
10 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 nicht mehr als ein Jahr, bei einer Weisung nach § 10
Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 nicht mehr als sechs Monate betragen.
(2) Der Richter kann Weisungen ändern, von ihnen befreien
oder ihre Laufzeit vor Ablauf bis auf drei Jahre verlängern, wenn dies aus
Gründen der Erziehung geboten ist.
(3) Kommt der Jugendliche Weisungen schuldhaft nicht nach, so kann Jugendarrest verhängt werden, wenn eine Belehrung über die Folgen schuldhafter Zuwiderhandlung erfolgt war. Hiernach verhängter Jugendarrest darf bei einer Verurteilung insgesamt die Dauer von vier Wochen nicht überschreiten. Der Richter sieht von der Vollstreckung des Jugendarrestes ab, wenn der Jugendliche nach Verhängung des Arrestes der Weisung nachkommt.
§ 12 Hilfe zur Erziehung
Der Richter kann dem
Jugendlichen nach Anhörung des Jugendamts auch auferlegen, unter den im Achten
Buch Sozialgesetzbuch genannten Voraussetzungen Hilfe zur Erziehung
1. in Form der Erziehungsbeistandschaft
im Sinne des § 30 des Achten Buches Sozialgesetzbuch oder
2. in einer Einrichtung über
Tag und Nacht oder in einer sonstigen betreuten Wohnform im Sinne des § 34 des
Achten Buches Sozialgesetzbuch
in Anspruch zu nehmen.
3. Abschnitt
Zuchtmittel (§§ 13 - 16)
§ 13 Arten und Anwendung
(1) Der Richter ahndet die Straftat mit Zuchtmitteln,
wenn Jugendstrafe nicht geboten ist, dem Jugendlichen aber eindringlich zum
Bewußtsein gebracht werden muß, daß er für das von ihm begangene Unrecht einzustehen
hat.
(2) Zuchtmittel sind
1. die Verwarnung,
2. die Erteilung von
Auflagen
3. der Jugendarrest
(3) Zuchtmittel haben nicht die Rechtswirkungen einer
Strafe.
§ 14 Verwarnung
Durch die Verwarnung soll dem Jugendlichen das Unrecht der Tat eindringlich vorgehalten werden.
§ 15 Auflagen
(1) Der Richter kann dem Jugendlichen auferlegen,
1. nach Kräften den durch
die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen,
2. sich persönlich bei dem
Verletzten zu entschuldigen,
3. Arbeitsleistungen zu
erbringen oder
4. einen Geldbetrag
zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung zu zahlen.
Dabei dürfen an den
Jugendlichen keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden.
(2) Der Richter soll die Zahlung eines Geldbetrages nur
anordnen, wenn
1. der Jugendliche eine
leichte Verfehlung begangen hat und anzunehmen ist, daß er den Geldbetrag aus
Mitteln zahlt, über die er selbständig verfügen darf, oder
2. dem Jugendlichen der
Gewinn, den er aus der Tat erlangt, oder das Entgelt, das er für sie erhalten
hat, entzogen werden soll.
(3) Der Richter kann nachträglich Auflagen ändern oder
von ihrer Erfüllung ganz oder zum Teil befreien, wenn dies aus Gründen der
Erziehung geboten ist. Bei schuldhafter Nichterfüllung von Auflagen gilt § 11
Abs. 3 entsprechend. Ist Jugendarrest vollstreckt worden, so kann der Richter
die Auflagen ganz oder zum Teil für erledigt erklären.
§ 16 Jugendarrest
(1) Der Jugendarrest ist Freizeitarrest, Kurzarrest oder
Dauerarrest.
(2) Der Freizeitarrest wird für die wöchentliche Freizeit
des Jugendlichen verhängt und auf eine oder zwei Freizeiten bemessen.
(3) Der Kurzarrest wird statt des Freizeitarrestes
verhängt, wenn der zusammenhängende Vollzug aus Gründen der Erziehung
zweckmäßig erscheint und weder die Ausbildung noch die Arbeit des Jugendlichen
beeinträchtigt werden. Dabei stehen zwei Tage Kurzarrest einer Freizeit gleich.
(4) Der Dauerarrest beträgt mindestens eine Woche und
höchstens vier Wochen. Er wird nach vollen Tagen oder Wochen bemessen.
4. Abschnitt
Die Jugendstrafe (§§ 17 - 19)
§ 17 Form und Voraussetzungen
(1) Die Jugendstrafe ist Freiheitsentzug in einer
Jugendstrafanstalt.
(2) Der Richter verhängt Jugendstrafe, wenn wegen der schädlichen Neigungen des Jugendlichen, die in der Tat hervorgetreten sind, Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel zur Erziehung nicht ausreichen oder wenn wegen der Schwere der Schuld Strafe erforderlich ist.
§ 18 Dauer der Jugendstrafe
(1) Das Mindestmaß der Jugendstrafe beträgt sechs
Monate, das Höchstmaß fünf Jahre. Handelt es sich bei der Tat um ein
Verbrechen, für das nach dem allgemeinen Strafrecht eine Höchststrafe von mehr
als zehn Jahren Freiheitsstrafe angedroht ist, so ist das Höchstmaß zehn Jahre.
Die Strafrahmen des allgemeinen Strafrechts gelten nicht.
(2) Die Jugendstrafe ist so zu bemessen, daß die
erforderliche erzieherische Einwirkung möglich ist.
§ 19 (weggefallen)
5. Abschnitt
Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung (§§ 20 - 26a)
§ 20 (weggefallen)
§ 21 Strafaussetzung
(1) Bei der Verurteilung zu einer Jugendstrafe von nicht
mehr als einem Jahr setzt der Richter die Vollstreckung der Strafe zur
Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Jugendliche sich schon die
Verurteilung zur Warnung dienen lassen und auch ohne die Einwirkung des
Strafvollzugs unter der erzieherischen Einwirkung in der Bewährungszeit künftig
einen rechtschaffenen Lebenswandel führen wird. Dabei sind namentlich die
Persönlichkeit des Jugendlichen, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein
Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu
berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind.
(2) Der Richter setzt unter den Voraussetzungen des
Absatzes 1 auch die Vollstreckung einer höheren Jugendstrafe, die zwei Jahre nicht
übersteigt, zur Bewährung aus, wenn nicht die Vollstreckung im Hinblick auf die
Entwicklung des Jugendlichen geboten ist.
(3) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der
Jugendstrafe beschränkt werden. Sie wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft
oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht ausgeschlossen.
§
22 Bewährungszeit
(1) Der Richter bestimmt die Dauer der Bewährungszeit.
Sie darf drei Jahre nicht überschreiten und zwei Jahre nicht unterschreiten.
(2) Die Bewährungszeit beginnt mit der Rechtskraft der
Entscheidung über die Aussetzung der Jugendstrafe. Sie kann nachträglich bis
auf ein Jahr verkürzt oder vor ihrem Ablauf bis auf vier Jahre verlängert
werden. In den Fällen des § 21 Abs. 2 darf die Bewährungszeit jedoch nur bis auf
zwei Jahre verkürzt werden.
§ 23 Weisungen und Auflagen
(1) Der Richter soll für die Dauer der Bewährungszeit
die Lebensführung des Jugendlichen durch Weisungen erzieherisch beeinflussen.
Er kann dem Jugendlichen auch Auflagen erteilen. Diese Anordnungen kann er auch
nachträglich treffen, ändern oder aufheben. Die §§ 10, 11 Abs. 3 und § 15 Abs.
1, 2, 3 Satz 2 gelten entsprechend.
(2) Macht der Jugendliche Zusagen für seine künftige
Lebensführung oder erbietet er sich zu angemessenen Leistungen, die der
Genugtuung für das begangene Unrecht dienen, so sieht der Richter in der Regel
von entsprechenden Weisungen oder Auflagen vorläufig ab, wenn die Erfüllung der
Zusagen oder des Anerbietens zu erwarten ist.
§ 24 Bewährungshilfe
(1) Der Richter unterstellt den Jugendlichen in der
Bewährungszeit für höchstens zwei Jahre der Aufsicht und Leitung eines
hauptamtlichen Bewährungshelfers. Er kann ihn auch einem ehrenamtlichen
Bewährungshelfer unterstellen, wenn dies aus Gründen der Erziehung zweckmäßig
erscheint. § 22 Abs. 2 Satz 1 gilt entsprechend.
(2) Der Richter kann eine nach Absatz 1 getroffene
Entscheidung vor Ablauf der Unterstellungszeit ändern oder aufheben; er kann
auch die Unterstellung des Jugendlichen in der Bewährungszeit erneut anordnen.
Dabei kann das in Absatz 1 Satz 1 bestimmte Höchstmaß überschritten werden.
(3) Der Bewährungshelfer steht dem Jugendlichen helfend
und betreuend zur Seite. Er überwacht im Einvernehmen mit dem Richter die
Erfüllung der Weisungen, Auflagen, Zusagen und Anerbieten. Der Bewährungshelfer
soll die Erziehung des Jugendlichen fördern und möglichst mit dem
Erziehungsberechtigten und dem gesetzlichen Vertreter vertrauensvoll
zusammenwirken. Er hat bei der Ausübung seines Amtes das Recht auf Zutritt zu
dem Jugendlichen. Er kann von dem Erziehungsberechtigten, dem gesetzlichen
Vertreter, der Schule, dem Ausbildenden Auskunft über die Lebensführung des
Jugendlichen verlangen.
§ 25 Bestellung und Pflichten des Bewährungshelfers
Der Bewährungshelfer wird
vom Richter bestellt. Der Richter kann ihm für seine Tätigkeit nach § 24 Abs. 3
Anweisungen erteilen. Der Bewährungshelfer berichtet über die Lebensführung des
Jugendlichen in Zeitabständen, die der Richter bestimmt. Gröbliche oder
beharrliche Verstöße gegen Weisungen, Auflagen, Zusagen oder Anerbieten teilt
er dem Richter mit.
§ 26 Widerruf der Strafaussetzung
(1) Der Richter widerruft die Aussetzung der
Jugendstrafe, wenn der Jugendliche
1. in der Bewährungszeit
eine Straftat begeht und dadurch zeigt, daß die Erwartung, die der
Strafaussetzung zugrunde lag, sich nicht erfüllt hat,
2. gegen Weisungen gröblich
oder beharrlich verstößt oder sich der Aufsicht und Leitung des
Bewährungshelfers beharrlich entzieht und dadurch Anlaß zu der Besorgnis gibt, daß
er erneut Straftaten begehen wird, oder
3. gegen Auflagen gröblich
oder beharrlich verstößt.
Satz 1 Nr. 1 gilt
entsprechend, wenn die Tat in der Zeit zwischen der Entscheidung über die
Strafaussetzung und deren Rechtskraft begangen worden ist.
(2)
Der Richter sieht jedoch von dem
Widerruf ab, wenn es ausreicht,
1. weitere Weisungen oder
Auflagen zu erteilen,
2. die Bewährungs- oder
Unterstellungszeit bis zu einem Höchstmaß von vier Jahren zu verlängern oder
3. den Jugendlichen vor
Ablauf der Bewährungszeit erneut einem Bewährungshelfer zu unterstellen.
(3) Leistungen, die der Jugendliche zur Erfüllung von Weisungen, Auflagen, Zusagen oder Anerbieten (§ 23) erbracht hat, werden nicht erstattet. Der Richter kann jedoch, wenn er die Strafaussetzung widerruft, Leistungen, die der Jugendliche zur Erfüllung von Auflagen oder entsprechenden Anerbieten erbracht hat, auf die Jugendstrafe anrechnen.
§
26a Erlaß der Jugendstrafe
Widerruft der Richter die
Strafaussetzung nicht, so erläßt er die Jugendstrafe nach Ablauf der
Bewährungszeit. § 26 Abs. 3 Satz 1 ist anzuwenden.
6. Abschnitt
Aussetzung der Verhängung der Jugendstrafe (§§ 27 - 30)
§ 27 Voraussetzungen
Kann nach Erschöpfung der
Ermittlungsmöglichkeiten nicht mit Sicherheit beurteilt werden, ob in der
Straftat eines Jugendlichen schädliche Neigungen von einem Umfang
hervorgetreten sind, daß eine Jugendstrafe erforderlich ist, so kann der
Richter die Schuld des Jugendlichen feststellen, die Entscheidung über die
Verhängung der Jugendstrafe aber für eine von ihm zu bestimmende Bewährungszeit
aussetzen.
§ 28
Bewährungszeit
(1) Die Bewährungszeit darf zwei Jahre nicht
überschreiten und ein Jahr nicht unterschreiten.
(2) Die Bewährungszeit beginnt mit der Rechtskraft des Urteils, in dem die Schuld des Jugendlichen festgestellt wird. Sie kann nachträglich bis auf ein Jahr verkürzt oder vor ihrem Ablauf bis auf zwei Jahre verlängert werden.
§ 29 Bewährungshilfe
Der Jugendliche wird für die
Dauer oder einen Teil der Bewährungszeit der Aufsicht und Leitung eines
Bewährungshelfers unterstellt. Die §§ 23, 24 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 und 3
und die §§ 25, 28 Abs. 2 Satz 1 sind entsprechend anzuwenden.
§ 30 Verhängung der Jugendstrafe; Tilgung des
Schuldspruchs
(1) Stellt sich vor allem durch schlechte Führung des
Jugendlichen während der Bewährungszeit heraus, daß die in dem Schuldspruch
mißbilligte Tat auf schädliche Neigungen von einem Umfang zurückzuführen ist,
daß eine Jugendstrafe erforderlich ist, so erkennt der Richter auf die Strafe,
die er im Zeitpunkt des Schuldspruchs bei sicherer Beurteilung der schädlichen
Neigungen des Jugendlichen ausgesprochen hätte.
(2) Liegen die Voraussetzungen des Absatzes 1 nach Ablauf der Bewährungszeit nicht vor, so wird der Schuldspruch getilgt.
7. Abschnitt
Mehrere Straftaten (§§ 31 - 32)
§ 31 Mehrere Straftaten eines Jugendlichen
(1) Auch wenn ein Jugendlicher mehrere Straftaten
begangen hat, setzt der Richter nur einheitlich Erziehungsmaßregeln,
Zuchtmittel oder eine Jugendstrafe fest. Soweit es dieses Gesetz zuläßt (§ 8),
können ungleichartige Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel nebeneinander
angeordnet oder Maßnahmen mit der Strafe verbunden werden. Die gesetzlichen
Höchstgrenzen des Jugendarrestes und der Jugendstrafe dürfen nicht
überschritten werden.
(2) Ist gegen den Jugendlichen wegen eines Teils der
Straftaten bereits rechtskräftig die Schuld festgestellt oder eine Erziehungsmaßregel,
ein Zuchtmittel oder eine Jugendstrafe festgesetzt worden, aber noch nicht
vollständig ausgeführt, verbüßt oder sonst erledigt, so wird unter Einbeziehung
des Urteils in gleicher Weise nur einheitlich auf Maßnahmen oder Jugendstrafe erkannt.
Die Anrechnung bereits verbüßten Jugendarrestes steht im Ermessen des Richters,
wenn er auf Jugendstrafe erkennt.
(3) Ist es aus erzieherischen Gründen zweckmäßig, so kann der Richter davon absehen, schon abgeurteilte Straftaten in die neue Entscheidung einzubeziehen. Dabei kann er Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel für erledigt erklären, wenn er auf Jugendstrafe erkennt.
§ 32 Mehrere Straftaten in verschiedenen Alters- und
Reifestufen
Für mehrere Straftaten, die
gleichzeitig abgeurteilt werden und auf die teils Jugendstrafrecht und teils
allgemeines Strafrecht anzuwenden wäre, gilt einheitlich das Jugendstrafrecht,
wenn das Schwergewicht bei den Straftaten liegt, die nach Jugendstrafrecht zu
beurteilen wären. Ist dies nicht der Fall, so ist einheitlich das allgemeine
Strafrecht anzuwenden.
2. Hauptstück
Jugendgerichtsverfassung und Jugendstrafverfahren (§§ 33 -
81)
1. Abschnitt
Jugendgerichtsverfassung (§§ 33 - 38)
§ 33 Jugendgerichte
(1) Über Verfehlungen Jugendlicher entscheiden die Jugendgerichte.
(2) Jugendgerichte sind der Strafrichter als
Jugendrichter, das Schöffengericht (Jugendschöffengericht) und die Strafkammer
(Jugendkammer).
(3) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu regeln, daß ein Richter bei einem Amtsgericht zum Jugendrichter für den Bezirk mehrerer Amtsgerichte (Bezirksjugendrichter) bestellt und daß bei einem Amtsgericht ein gemeinsames Jugendschöffengericht für den Bezirk mehrerer Amtsgerichte eingerichtet wird. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.
§ 33a
(1) Das Jugendschöffengericht besteht aus dem
Jugendrichter als Vorsitzenden und zwei Jugendschöffen. Als Jugendschöffen
sollen zu jeder Hauptverhandlung ein Mann und eine Frau herangezogen werden.
(2) Bei Entscheidungen außerhalb der Hauptverhandlung
wirken die Jugendschöffen nicht mit.
§ 33b
(1) Die Jugendkammer ist mit drei Richtern
einschließlich des Vorsitzenden und zwei Jugendschöffen (große Jugendkammer),
in Verfahren über Berufungen gegen Urteile des Jugendrichters mit dem
Vorsitzenden und zwei Jugendschöffen (kleine Jugendkammer) besetzt.
(2) Bei Eröffnung des Hauptverfahrens beschließt die
große Jugendkammer, daß sie in der Hauptverhandlung mit zwei Richtern
einschließlich des Vorsitzenden und zwei Jugendschöffen besetzt ist, wenn nicht
die Sache nach den allgemeinen Vorschriften einschließlich der Regelung des §
74e des Gerichtsverfassungsgesetzes zur Zuständigkeit des Schwurgerichts gehört
oder nach dem Umfang oder der Schwierigkeit der Sache die Mitwirkung eines
dritten Richters notwendig erscheint. Ist eine Sache vom Revisionsgericht
zurückverwiesen worden, kann die nunmehr zuständige Jugendkammer erneut nach
Satz 1 über ihre Besetzung beschließen.
(3) § 33a Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 gilt entsprechend.
§ 34 Aufgaben des Jugendrichters
(1) Dem Jugendrichter obliegen alle Aufgaben, die ein
Richter beim Amtsgericht im Strafverfahren hat.
(2) Dem Jugendrichter sollen für die Jugendlichen die
familien- und vormundschaftsrichterlichen Erziehungsaufgaben übertragen werden.
Aus besonderen Gründen, namentlich wenn der Jugendrichter für den Bezirk
mehrerer Amtsgerichte bestellt ist, kann hiervon abgewichen werden.
(3) Familien- und vormundschaftsrichterliche
Erziehungsaufgaben sind
1. die Unterstützung der
Eltern, des Vormundes und des Pflegers durch geeignete Maßnahmen (§ 1631 Abs.
3, §§ 1800, 1915 des Bürgerlichen Gesetzbuches),
2. die Maßnahmen zur
Abwendung einer Gefährdung des Jugendlichen (§§ 1666, 1666a, 1837 Abs. 4, §
1915 des Bürgerlichen Gesetzbuches).
§ 35 Jugendschöffen
(1) Die Schöffen der Jugendgerichte (Jugendschöffen)
werden auf Vorschlag des Jugendhilfeausschusses für die Dauer von fünf Geschäftsjahren
von dem in § 40 des Gerichtsverfassungsgesetzes vorgesehenen Ausschuß gewählt.
Dieser soll eine gleiche Anzahl von Männern und Frauen wählen.
(2) Der Jugendhilfeausschuß soll ebensoviele Männer wie
Frauen und muss mindestens die doppelte Anzahl von Personen vorschlagen, die
als Jugendschöffen und -hilfsschöffen benötigt werden. Die Vorgeschlagenen
sollen erzieherisch befähigt und in der Jugenderziehung erfahren sein.
(3) Die Vorschlagsliste des Jugendhilfeausschusses gilt
als Vorschlagsliste im Sinne des § 36 des Gerichtsverfassungsgesetzes. Für die
Aufnahme in die Liste ist die Zustimmung von zwei Dritteln der
stimmberechtigten Mitglieder erforderlich. Die Vorschlagsliste ist im Jugendamt
eine Woche lang zu jedermanns Einsicht aufzulegen. Der Zeitpunkt der Auflegung
ist vorher öffentlich bekanntzumachen.
(4) Bei der Entscheidung über Einsprüche gegen die
Vorschlagsliste des Jugendhilfeausschusses und bei der Wahl der Jugendschöffen
und -hilfsschöffen führt der Jugendrichter den Vorsitz in dem
Schöffenwahlausschuß.
(5) Die Jugendschöffen werden in besondere für Männer und
Frauen getrennt zu führende Schöffenlisten aufgenommen.
§ 36 Jugendstaatsanwalt
Für Verfahren, die zur
Zuständigkeit der Jugendgerichte gehören, werden Jugendstaatsanwälte bestellt.
§ 37 Auswahl der Jugendrichter und Jugendstaatsanwälte
Die Richter bei den
Jugendgerichten und die Jugendstaatsanwälte sollen erzieherisch befähigt und in
der Jugenderziehung erfahren sein.
§ 38 Jugendgerichtshilfe
(1) Die Jugendgerichtshilfe wird von den Jugendämtern im
Zusammenwirken mit den Vereinigungen für Jugendhilfe ausgeübt.
(2) Die Vertreter der Jugendgerichtshilfe bringen die
erzieherischen, sozialen und fürsorgerischen Gesichtspunkte im Verfahren vor
den Jugendgerichten zur Geltung. Sie unterstützen zu diesem Zweck die
beteiligten Behörden durch Erforschung der Persönlichkeit, der Entwicklung und
der Umwelt des Beschuldigten und äußern sich zu den Maßnahmen, die zu ergreifen
sind. In Haftsachen berichten sie beschleunigt über das Ergebnis ihrer
Nachforschungen. In die Hauptverhandlung soll der Vertreter der
Jugendgerichtshilfe entsandt werden, der die Nachforschungen angestellt hat.
Soweit nicht ein Bewährungshelfer dazu berufen ist, wachen sie darüber, daß der
Jugendliche Weisungen und Auflagen nachkommt. Erhebliche Zuwiderhandlungen
teilen sie dem Richter mit. Im Fall der Unterstellung nach § 10 Abs. 1 Satz 3
Nr. 5 üben sie die Betreuung und Aufsicht aus, wenn der Richter nicht eine
andere Person damit betraut. Während der Bewährungszeit arbeiten sie eng mit
dem Bewährungshelfer zusammen. Während des Vollzugs bleiben sie mit dem
Jugendlichen in Verbindung und nehmen sich seiner Wiedereingliederung in die
Gemeinschaft an.
(3) Im gesamten Verfahren gegen einen Jugendlichen ist die Jugendgerichtshilfe heranzuziehen. Dies soll so früh wie möglich geschehen. Vor der Erteilung von Weisungen (§ 10) sind die Vertreter der Jugendgerichtshilfe stets zu hören; kommt eine Betreuungsweisung in Betracht, sollen sie sich auch dazu äußern, wer als Betreuungshelfer bestellt werden soll.
2. Abschnitt
Zuständigkeit (§§ 39 - 42)
§ 39 Sachliche Zuständigkeit des Jugendrichters
(1) Der Jugendrichter ist zuständig für Verfehlungen
Jugendlicher, wenn nur Erziehungsmaßregeln, Zuchtmittel, nach diesem Gesetz
zulässige Nebenstrafen und Nebenfolgen oder die Entziehung der Fahrerlaubnis zu
erwarten sind und der Staatsanwalt Anklage beim Strafrichter erhebt. Der
Jugendrichter ist nicht zuständig in Sachen, die nach § 103 gegen Jugendliche
und Erwachsene verbunden sind, wenn für die Erwachsenen nach allgemeinen
Vorschriften der Richter beim Amtsgericht nicht zuständig wäre. § 209 Abs. 2
der Strafprozeßordnung gilt entsprechend.
(2) Der Jugendrichter darf auf Jugendstrafe von mehr als
einem Jahr nicht erkennen; die Unterbringung in einem psychiatrischen
Krankenhaus darf er nicht anordnen.
§ 40 Sachliche Zuständigkeit des Jugendschöffengerichts
(1) Das Jugendschöffengericht ist zuständig für alle Verfehlungen,
die nicht zur Zuständigkeit eines anderen Jugendgerichts gehören. § 209 der
Strafprozeßordnung gilt entsprechend.
(2) Das Jugendschöffengericht kann bis zur Eröffnung des
Hauptverfahrens von Amts wegen die Entscheidung der Jugendkammer darüber
herbeiführen, ob sie eine Sache wegen ihres besonderen Umfangs übernehmen will.
(3) Vor Erlaß des Übernahmebeschlusses fordert der
Vorsitzende der Jugendkammer den Angeschuldigten auf, sich innerhalb einer zu
bestimmenden Frist zu erklären, ob er die Vornahme einzelner Beweiserhebungen
vor der Hauptverhandlung beantragen will.
(4) Der Beschluß, durch den die Jugendkammer die Sache übernimmt oder die Übernahme ablehnt, ist nicht anfechtbar. Der Übernahmebeschluß ist mit dem Eröffnungsbeschluß zu verbinden.
§
41 Sachliche Zuständigkeit der
Jugendkammer
(1) Die Jugendkammer ist als erkennendes Gericht des
ersten Rechtszuges zuständig in Sachen,
1. ie nach den allgemeinen
Vorschriften einschließlich der Regelung des § 74e des
Gerichtsverfassungsgesetzes zur Zuständigkeit des Schwurgerichts gehören,
2. die sie nach Vorlage
durch das Jugendschöffengericht wegen ihres besonderen Umfangs übernimmt (§ 40
Abs. 2),
3. ie nach § 103 gegen
Jugendliche und Erwachsene verbunden sind, wenn für die Erwachsenen nach
allgemeinen Vorschriften eine große Strafkammer zuständig wäre und
4. bei denen die
Staatsanwaltschaft wegen der besonderen Schutzbedürftigkeit von Verletzten der
Straftat, die als Zeugen in Betracht kommen, Anklage bei der Jugendkammer
erhebt.
(2) Die Jugendkammer ist außerdem zuständig für die
Verhandlung und Entscheidung über das Rechtsmittel der Berufung gegen die
Urteile des Jugendrichters und des Jugendschöffengerichts. Sie trifft auch die in
§ 73 Abs. 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Entscheidungen.
3. Abschnitt
Jugendstrafverfahren (§§ 43 - 81)
1.Unterabschnitt
Das Vorverfahren (§§ 43 - 46)
§ 42 Örtliche Zuständigkeit
(1) Neben dem Richter, der nach dem allgemeinen Verfahrensrecht
oder nach besonderen Vorschriften zuständig ist, sind zuständig
1. der Richter, dem die
familien- oder vormundschaftsrichterlichen Erziehungsaufgaben für den
Beschuldigten obliegen,
2. der Richter, in dessen
Bezirk sich der auf freiem Fuß befindliche Beschuldigte zur Zeit der Erhebung
der Anklage aufhält,
3. solange der Beschuldigte
eine Jugendstrafe noch nicht vollständig verbüßt hat, der Richter, dem die
Aufgaben des Vollstreckungsleiters obliegen.
(2) Der Staatsanwalt soll die Anklage nach Möglichkeit
vor dem Richter erheben, dem die familien- oder vormundschaftsrichterlichen
Erziehungsaufgaben obliegen, solange aber der Beschuldigte eine Jugendstrafe
noch nicht vollständig verbüßt hat, vor dem Richter, dem die Aufgaben des
Vollstreckungsleiters obliegen.
(3) Wechselt der Angeklagte seinen Aufenthalt, so kann der Richter das Verfahren mit Zustimmung des Staatsanwalts an den Richter abgeben, in dessen Bezirk sich der Angeklagte aufhält. Hat der Richter, an den das Verfahren abgegeben worden ist, gegen die Übernahme Bedenken, so entscheidet das gemeinschaftliche obere Gericht.
§ 43 Umfang der Ermittlungen
(1) Nach Einleitung des Verfahrens sollen so bald wie
möglich die Lebens- und Familienverhältnisse, der Werdegang, das bisherige
Verhalten des Beschuldigten und alle übrigen Umstände ermittelt werden, die zur
Beurteilung seiner seelischen, geistigen und charakterlichen Eigenart dienen
können. Der Erziehungsberechtigte und der gesetzliche Vertreter, die Schule und
der Ausbildende sollen, soweit möglich, gehört werden. Die Anhörung der Schule
oder des Ausbildenden unterbleibt, wenn der Jugendliche davon unerwünschte
Nachteile, namentlich den Verlust seines Ausbildungs- oder Arbeitsplatzes, zu
besorgen hätte. § 38 Abs. 3 ist zu beachten.
(2) Soweit erforderlich, ist eine Untersuchung des
Beschuldigten, namentlich zur Feststellung seines Entwicklungsstandes oder
anderer für das Verfahren wesentlicher Eigenschaften, herbeizuführen. Nach
Möglichkeit soll ein zur Untersuchung von Jugendlichen befähigter
Sachverständiger mit der Durchführung der Anordnung beauftragt werden.
§
44 Vernehmung des Beschuldigten
Ist Jugendstrafe zu
erwarten, so soll der Staatsanwalt oder der Vorsitzende des Jugendgerichts den
Beschuldigten vernehmen, ehe die Anklage erhoben wird.
§ 45 Absehen von der Verfolgung
(1) Der Staatsanwalt kann ohne Zustimmung des Richters
von der Verfolgung absehen, wenn die Voraussetzungen des § 153 der
Strafprozeßordnung vorliegen.
(2) Der Staatsanwalt sieht von der Verfolgung ab, wenn
eine erzieherische Maßnahme bereits durchgeführt oder eingeleitet ist und er
weder eine Beteiligung des Richters nach Absatz 3 noch die Erhebung der Anklage
für erforderlich hält. Einer erzieherischen Maßnahme steht das Bemühen des
Jugendlichen gleich, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Der Staatsanwalt regt die Erteilung einer Ermahnung,
von Weisungen nach § 10 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4, 7 und 9 oder von Auflagen durch
den Jugendrichter an, wenn der Beschuldigte geständig ist und der Staatsanwalt
die Anordnung einer solchen richterlichen Maßnahme für erforderlich, die
Erhebung der Anklage aber nicht für geboten hält. Entspricht der Jugendrichter
der Anregung, so sieht der Staatsanwalt von der Verfolgung ab, bei Erteilung
von Weisungen oder Auflagen jedoch nur, nachdem der Jugendliche ihnen
nachgekommen ist. § 11 Abs. 3 und § 15 Abs. 3 Satz 2 sind nicht anzuwenden. §
47 Abs. 3 findet entsprechende Anwendung.
§ 46 Wesentliches
Ergebnis der Ermittlungen
Der Staatsanwalt soll das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen in der Anklageschrift (§ 200 Abs. 2 der Strafprozeßordnung) so darstellen, daß die Kenntnisnahme durch den Beschuldigten möglichst keine Nachteile für seine Erziehung verursacht.
2. Unterabschnitt
Das Hauptverfahren (§§ 47 - 54)
§ 47 Einstellung des Verfahrens durch den Richter
(1) Ist die Anklage eingereicht, so kann der Richter das
Verfahren einstellen, wenn
1. die Voraussetzungen des §
153 der Strafprozeßordnung vorliegen,
2. eine erzieherische
Maßnahme im Sinne des § 45 Abs. 2, die eine Entscheidung durch Urteil
entbehrlich macht, bereits durchgeführt oder eingeleitet ist,
3. der Richter eine
Entscheidung durch Urteil für entbehrlich hält und gegen den geständigen
Jugendlichen eine in § 45 Abs. 3 Satz 1 bezeichnete Maßnahme anordnet oder
4. der Angeklagte mangels
Reife strafrechtlich nicht verantwortlich ist.
In den Fällen von Satz 1 Nr.
2 und 3 kann der Richter mit Zustimmung des Staatsanwalts das Verfahren
vorläufig einstellen und dem Jugendlichen eine Frist von höchstens sechs
Monaten setzen, binnen der er den Auflagen, Weisungen oder erzieherischen
Maßnahmen nachzukommen hat. Die Entscheidung ergeht durch Beschluß. Der
Beschluß ist nicht anfechtbar. Kommt der Jugendliche den Auflagen, Weisungen
oder erzieherischen Maßnahmen nach, so stellt der Richter das Verfahren ein. §
11 Abs. 3 und § 15 Abs. 3 Satz 2 sind nicht anzuwenden.
(2) Die Einstellung bedarf der Zustimmung des
Staatsanwalts, soweit er nicht bereits der vorläufigen Einstellung zugestimmt
hat. Der Einstellungsbeschluß kann auch in der Hauptverhandlung ergehen. Er
wird mit Gründen versehen und ist nicht anfechtbar. Die Gründe werden dem
Angeklagten nicht mitgeteilt, soweit davon Nachteile für die Erziehung zu befürchten
sind.
(3) Wegen derselben Tat kann nur auf Grund neuer Tatsachen oder Beweismittel von neuem Anklage erhoben werden.
§
47a Vorrang der Jugendgerichte
Ein Jugendgericht darf sich
nach Eröffnung des Hauptverfahrens nicht für unzuständig erklären, weil die
Sache vor ein für allgemeine Strafsachen zuständiges Gericht gleicher oder
niedrigerer Ordnung gehöre. § 103 Abs. 2 Satz 2, 3 bleibt unberührt.
§ 48 Nichtöffentlichkeit
(1) Die Verhandlung vor dem erkennenden Gericht
einschließlich der Verkündung der Entscheidungen ist nicht öffentlich.
(2) Neben den am Verfahren Beteiligten ist dem
Verletzten, seinem Erziehungsberechtigten und seinem gesetzlichen Vertreter
und, falls der Angeklagte der Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers oder
der Betreuung und Aufsicht eines Betreuungshelfers untersteht oder für ihn ein
Erziehungsbeistand bestellt ist, dem Helfer und dem Erziehungsbeistand die
Anwesenheit gestattet. Das gleiche gilt in den Fällen, in denen dem
Jugendlichen Hilfe zur Erziehung in einem Heim oder einer vergleichbaren
Einrichtung gewährt wird, für den Leiter der Einrichtung. Andere Personen kann
der Vorsitzende aus besonderen Gründen, namentlich zu Ausbildungszwecken,
zulassen.
(3) Sind in dem Verfahren auch Heranwachsende oder
Erwachsene angeklagt, so ist die Verhandlung öffentlich. Die Öffentlichkeit
kann ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Erziehung jugendlicher
Angeklagter geboten ist.
§ 49 (weggefallen)
§ 50 Anwesenheit in der Hauptverhandlung
(1) Die Hauptverhandlung kann nur dann ohne den
Angeklagten stattfinden, wenn dies im allgemeinen Verfahren zulässig wäre,
besondere Gründe dafür vorliegen und der Staatsanwalt zustimmt.
(2) Der Vorsitzende soll auch die Ladung des
Erziehungsberechtigten und des gesetzlichen Vertreters anordnen. Die
Vorschriften über die Ladung, die Folgen des Ausbleibens und die Entschädigung
von Zeugen gelten entsprechend.
(3) Dem Vertreter der Jugendgerichtshilfe sind Ort und
Zeit der Hauptverhandlung mitzuteilen. Er erhält auf Verlangen das Wort.
(4) Nimmt ein bestellter Bewährungshelfer an der Hauptverhandlung teil, so soll er zu der Entwicklung des Jugendlichen in der Bewährungszeit gehört werden. Satz 1 gilt für einen bestellten Betreuungshelfer und den Leiter eines sozialen Trainingskurses, an dem der Jugendliche teilnimmt, entsprechend.
§ 51 Zeitweilige Ausschließung von Beteiligten
(1) Der Vorsitzende soll den Angeklagten für die Dauer
solcher Erörterungen von der Verhandlung ausschließen, aus denen Nachteile für die
Erziehung entstehen können. Er hat ihn von dem, was in seiner Abwesenheit
verhandelt worden ist, zu unterrichten, soweit es für seine Verteidigung
erforderlich ist.
(2) Der Vorsitzende kann auch Erziehungsberechtigte und
gesetzliche Vertreter des Angeklagten von der Verhandlung ausschließen, soweit
1. erhebliche erzieherische
Nachteile drohen, weil zu befürchten ist, dass durch die Erörterung der
persönlichen Verhältnisse des Angeklagten in ihrer Gegenwart eine erforderliche
künftige Zusammenarbeit zwischen den genannten Personen und der
Jugendgerichtshilfe bei der Umsetzung zu erwartender jugendgerichtlicher
Sanktionen in erheblichem Maße erschwert wird,
2. sie verdächtig sind, an
der Verfehlung des Angeklagten beteiligt zu sein, oder soweit sie wegen einer
Beteiligung verurteilt sind,
3. eine Gefährdung des
Lebens, des Leibes oder der Freiheit des Angeklagten, eines Zeugen oder einer
anderen Person oder eine sonstige erhebliche Beeinträchtigung des Wohls des
Angeklagten zu besorgen ist,
4. zu befürchten ist, dass
durch ihre Anwesenheit die Ermittlung der Wahrheit beeinträchtigt wird, oder
5. Umstände aus dem
persönlichen Lebensbereich eines Verfahrensbeteiligten, Zeugen oder durch eine
rechtswidrige Tat Verletzten zur Sprache kommen, deren Erörterung in ihrer
Anwesenheit schutzwürdige Interessen verletzen würde, es sei denn, das
Interesse der Erziehungsberechtigten und gesetzlichen Vertreter an der
Erörterung dieser Umstände in ihrer Gegenwart überwiegt.
Der Vorsitzende kann in den
Fällen des Satzes 1 Nr. 3 bis 5 auch Erziehungsberechtigte und gesetzliche
Vertreter des Verletzten von der Verhandlung ausschließen, im Fall der Nummer 3
auch dann, wenn eine sonstige erhebliche Beeinträchtigung des Wohls des
Verletzten zu besorgen ist. Erziehungsberechtigte und gesetzliche Vertreter
sind auszuschließen, wenn die Voraussetzungen des Satzes 1 Nr. 5 vorliegen und
der Ausschluss von der Person, deren Lebensbereich betroffen ist, beantragt
wird. Satz 1 Nr. 5 gilt nicht, soweit die Personen, deren Lebensbereiche betroffen
sind, in der Hauptverhandlung dem Ausschluss widersprechen.
(3) § 177 des Gerichtsverfassungsgesetzes gilt
entsprechend.
(4) In den Fällen des Absatzes 2 ist vor einem
Ausschluss auf ein einvernehmliches Verlassen des Sitzungssaales hinzuwirken. Der
Vorsitzende hat die Erziehungsberechtigten und gesetzlichen Vertreter des
Angeklagten, sobald diese wieder anwesend sind, in geeigneter Weise von dem
wesentlichen Inhalt dessen zu unterrichten, was während ihrer Abwesenheit
ausgesagt oder sonst verhandelt worden ist.
(5) Der Ausschluss von Erziehungsberechtigten und gesetzlichen Vertretern nach den Absätzen 2 und 3 ist auch zulässig, wenn sie zum Beistand (§ 69) bestellt sind.
§ 52 Berücksichtigung von Untersuchungshaft bei
Jugendarrest
Wird auf Jugendarrest
erkannt und ist dessen Zweck durch Untersuchungshaft oder eine andere wegen der
Tat erlittene Freiheitsentziehung ganz oder teilweise erreicht, so kann der
Richter im Urteil aussprechen, daß oder wieweit der Jugendarrest nicht
vollstreckt wird.
§ 52a Anrechnung
von Untersuchungshaft bei Jugendstrafe
(1) Hat der Angeklagte aus Anlaß einer Tat, die
Gegenstand des Verfahrens ist oder gewesen ist, Untersuchungshaft oder eine
andere Freiheitsentziehung erlitten, so wird sie auf die Jugendstrafe angerechnet.
Der Richter kann jedoch anordnen, daß die Anrechnung ganz oder zum Teil
unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten des Angeklagten nach der
Tat oder aus erzieherischen Gründen nicht gerechtfertigt ist. Erzieherische
Gründe liegen namentlich vor, wenn bei Anrechnung der Freiheitsentziehung die
noch erforderliche erzieherische Einwirkung auf den Angeklagten nicht
gewährleistet ist.
(2) (weggefallen)
§
53 Überweisung an den Familien- oder
Vormundschaftsrichter
Der Richter kann dem
Familien- oder Vormundschaftsrichter im Urteil die Auswahl und Anordnung von
Erziehungsmaßregeln überlassen, wenn er nicht auf Jugendstrafe erkennt. Der
Familien- oder Vormundschaftsrichter muß dann eine Erziehungsmaßregel anordnen,
soweit sich nicht die Umstände, die für das Urteil maßgebend waren, verändert
haben.
§ 54 Urteilsgründe
(1) Wird der Angeklagte schuldig gesprochen, so wird in
den Urteilsgründen auch ausgeführt, welche Umstände für seine Bestrafung, für die
angeordneten Maßnahmen, für die Überlassung ihrer Auswahl und Anordnung an den
Familien- oder Vormundschaftsrichter oder für das Absehen von Zuchtmitteln und
Strafe bestimmend waren. Dabei soll namentlich die seelische, geistige und
körperliche Eigenart des Angeklagten berücksichtigt werden.
(2) Die Urteilsgründe werden dem Angeklagten nicht
mitgeteilt, soweit davon Nachteile für die Erziehung zu befürchten sind.
3. Unterabschnitt
Rechtsmittelverfahren (§§ 55 - 56)
§ 55 Anfechtung von Entscheidungen
(1) Eine Entscheidung, in der lediglich
Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel angeordnet oder die Auswahl und Anordnung
von Erziehungsmaßregeln dem Familien- oder Vormundschaftsrichter überlassen
sind, kann nicht wegen des Umfangs der Maßnahmen und nicht deshalb angefochten
werden, weil andere oder weitere Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel hätten
angeordnet werden sollen oder weil die Auswahl und Anordnung der
Erziehungsmaßregeln dem Familien- oder Vormundschaftsrichter überlassen worden
sind. Diese Vorschrift gilt nicht, wenn der Richter angeordnet hat, Hilfe zur
Erziehung nach § 12 Nr. 2 in Anspruch zu nehmen.
(2) Wer eine zulässige Berufung eingelegt hat, kann
gegen das Berufungsurteil nicht mehr Revision einlegen. Hat der Angeklagte, der
Erziehungsberechtigte oder der gesetzliche Vertreter eine zulässige Berufung
eingelegt, so steht gegen das Berufungsurteil keinem von ihnen das Rechtsmittel
der Revision zu.
(3) Der Erziehungsberechtigte oder der gesetzliche
Vertreter kann das von ihm eingelegte Rechtsmittel nur mit Zustimmung des
Angeklagten zurücknehmen.
(4) Soweit ein Beteiligter nach Absatz 1 Satz 1 an der Anfechtung einer Entscheidung gehindert ist oder nach Absatz 2 kein Rechtsmittel gegen die Berufungsentscheidung einlegen kann, gilt § 356a der Strafprozessordnung entsprechend.
§
56 Teilvollstreckung einer
Einheitsstrafe
(1) Ist ein Angeklagter wegen mehrerer Straftaten zu
einer Einheitsstrafe verurteilt worden, so kann das Rechtsmittelgericht vor der
Hauptverhandlung das Urteil für einen Teil der Strafe als vollstreckbar
erklären, wenn die Schuldfeststellungen bei einer Straftat oder bei mehreren
Straftaten nicht beanstandet worden sind. Die Anordnung ist nur zulässig, wenn
sie dem wohlverstandenen Interesse des Angeklagten entspricht. Der Teil der
Strafe darf nicht über die Strafe hinausgehen, die einer Verurteilung wegen der
Straftaten entspricht, bei denen die Schuldfeststellungen nicht beanstandet
worden sind.
(2) Gegen den Beschluß ist sofortige Beschwerde zulässig.
4.Unterabschnitt
Verfahren bei Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung (§§
57 - 60)
§ 57 Entscheidung über die Aussetzung
(1) Die Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung wird
im Urteil oder, solange der Strafvollzug noch nicht begonnen hat, nachträglich
durch Beschluß angeordnet. Für den nachträglichen Beschluß ist der Richter
zuständig, der in der Sache im ersten Rechtszuge erkannt hat; der Staatsanwalt
und der Jugendliche sind zu hören.
(2) Hat der Richter die Aussetzung im Urteil abgelehnt, so
ist ihre nachträgliche Anordnung nur zulässig, wenn seit Erlaß des Urteils
Umstände hervorgetreten sind, die allein oder in Verbindung mit den bereits
bekannten Umständen eine Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung
rechtfertigen.
(3) Kommen Weisungen oder Auflagen (§ 23) in Betracht,
so ist der Jugendliche in geeigneten Fällen zu befragen, ob er Zusagen für
seine künftige Lebensführung macht oder sich zu Leistungen erbietet, die der
Genugtuung für das begangene Unrecht dienen. Kommt die Weisung in Betracht,
sich einer heilerzieherischen Behandlung oder einer Entziehungskur zu
unterziehen, so ist der Jugendliche, der das sechzehnte Lebensjahr vollendet
hat, zu befragen, ob er hierzu seine Einwilligung gibt. (4) § 260 Abs. 4 Satz 4
und § 267 Abs. 3 Satz 4 der Strafprozeßordnung gelten entsprechend.
§ 58 Weitere Entscheidungen
(1) Entscheidungen, die infolge der Aussetzung
erforderlich werden (§§ 22, 23, 24, 26, 26a), trifft der Richter durch
Beschluß. Der Staatsanwalt, der Jugendliche und der Bewährungshelfer sind zu
hören. Wenn eine Entscheidung nach § 26 oder die Verhängung von Jugendarrest in
Betracht kommt, ist dem Jugendlichen Gelegenheit zur mündlichen Äußerung vor
dem Richter zu geben. Der Beschluß ist zu begründen.
(2) Der Richter leitet auch die Vollstreckung der
vorläufigen Maßnahmen nach § 453c der Strafprozeßordnung.
(3) Zuständig ist der Richter, der die Aussetzung angeordnet hat. Er kann die Entscheidungen ganz oder teilweise dem Jugendrichter übertragen, in dessen Bezirk sich der Jugendliche aufhält. § 42 Abs. 3 Satz 2 gilt entsprechend.
§ 59 Anfechtung
(1) Gegen eine Entscheidung, durch welche die Aussetzung
der Jugendstrafe angeordnet oder abgelehnt wird, ist, wenn sie für sich allein
angefochten wird, sofortige Beschwerde zulässig. Das gleiche gilt, wenn ein
Urteil nur deshalb angefochten wird, weil die Strafe nicht ausgesetzt worden
ist.
(2) Gegen eine Entscheidung über die Dauer der
Bewährungszeit (§ 22), die Dauer der Unterstellungszeit (§ 24), die erneute
Anordnung der Unterstellung in der Bewährungszeit (§ 24 Abs. 2) und über
Weisungen oder Auflagen (§ 23) ist Beschwerde zulässig. Sie kann nur darauf
gestützt werden, daß die Bewährungs- oder die Unterstellungszeit nachträglich
verlängert, die Unterstellung erneut angeordnet worden oder daß eine getroffene
Anordnung gesetzwidrig ist.
(3) Gegen den Widerruf der Aussetzung der Jugendstrafe
(§ 26 Abs. 1) ist sofortige Beschwerde zulässig.
(4) Der Beschluß über den Straferlaß (§ 26a) ist nicht
anfechtbar.
(5) Wird gegen ein Urteil eine zulässige Revision und gegen eine Entscheidung, die sich auf eine in dem Urteil angeordnete Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung bezieht, Beschwerde eingelegt, so ist das Revisionsgericht auch zur Entscheidung über die Beschwerde zuständig.
§ 60 Bewährungsplan
(1) Der Vorsitzende stellt die erteilten Weisungen und
Auflagen in einem Bewährungsplan zusammen. Er händigt ihn dem Jugendlichen aus
und belehrt ihn zugleich über die Bedeutung der Aussetzung, die Bewährungs- und
Unterstellungszeit, die Weisungen und Auflagen sowie über die Möglichkeit des
Widerrufs der Aussetzung. Zugleich ist ihm aufzugeben, jeden Wechsel seines
Aufenthalts, Ausbildungs- oder Arbeitsplatzes während der Bewährungszeit
anzuzeigen. Auch bei nachträglichen Änderungen des Bewährungsplans ist der
Jugendliche über den wesentlichen Inhalt zu belehren.
(2) Der Name des Bewährungshelfers wird in den
Bewährungsplan eingetragen.
(3) Der Jugendliche soll durch seine Unterschrift
bestätigen, daß er den Bewährungsplan gelesen hat, und versprechen, daß er den
Weisungen und Auflagen nachkommen will. Auch der Erziehungsberechtigte und der
gesetzliche Vertreter sollen den Bewährungsplan unterzeichnen.
5. Unterabschnitt
Verfahren bei Aussetzung der Verhängung der Jugendstrafe (§§
62 - 64)
§ 61 (weggefallen)
§
62 Entscheidungen
(1) Entscheidungen nach den §§ 27 und 30 ergehen auf
Grund einer Hauptverhandlung durch Urteil. Für die Entscheidung über die
Aussetzung der Verhängung der Jugendstrafe gilt § 267 Abs. 3 Satz 4 der Strafprozeßordnung
sinngemäß.
(2) Mit Zustimmung des
Staatsanwalts kann die Tilgung des Schuldspruchs nach Ablauf der Bewährungszeit
auch ohne Hauptverhandlung durch Beschluß angeordnet werden.
(3) Ergibt eine während der Bewährungszeit durchgeführte
Hauptverhandlung nicht, daß eine Jugendstrafe erforderlich ist (§ 30 Abs. 1),
so ergeht der Beschluß, daß die Entscheidung über die Verhängung der Strafe
ausgesetzt bleibt.
(4) Für die übrigen Entscheidungen, die infolge einer
Aussetzung der Verhängung der Jugendstrafe erforderlich werden, gilt § 58 Abs.
1 Satz 1, 2 und 4 und Abs. 3 Satz 1 sinngemäß.
§ 63 Anfechtung
(1) Ein Beschluß, durch den der Schuldspruch nach Ablauf
der Bewährungszeit getilgt wird (§ 62 Abs. 2) oder die Entscheidung über die
Verhängung der Jugendstrafe ausgesetzt bleibt (§ 62 Abs. 3), ist nicht
anfechtbar.
(2) Im übrigen gilt § 59 Abs. 2 und 5 sinngemäß.
§ 64 Bewährungsplan
§ 60 gilt sinngemäß. Der
Jugendliche ist über die Bedeutung der Aussetzung, die Bewährungs- und
Unterstellungszeit, die Weisungen und Auflagen sowie darüber zu belehren, daß
er die Festsetzung einer Jugendstrafe zu erwarten habe, wenn er sich während
der Bewährungszeit schlecht führe.
6. Unterabschnitt
Ergänzende Entscheidungen (§§ 65 - 66)
§ 65 Nachträgliche Entscheidungen über Weisungen und
Auflagen
(1) Nachträgliche Entscheidungen, die sich auf Weisungen
(§ 11 Abs. 2, 3) oder Auflagen (§ 15 Abs. 3) beziehen, trifft der Richter des
ersten Rechtszuges nach Anhören des Staatsanwalts und des Jugendlichen durch
Beschluß. Soweit erforderlich, sind der Vertreter der Jugendgerichtshilfe, der
nach § 10 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 bestellte Betreuungshelfer und der nach § 10 Abs.
1 Satz 3 Nr. 6 tätige Leiter eines sozialen Trainingskurses zu hören. Wenn die
Verhängung von Jugendarrest in Betracht kommt, ist dem Jugendlichen Gelegenheit
zur mündlichen Äußerung vor dem Richter zu geben. Der Richter kann das
Verfahren an den Jugendrichter abgeben, in dessen Bezirk sich der Jugendliche
aufhält, wenn dieser seinen Aufenthalt gewechselt hat. § 42 Abs. 3 Satz 2 gilt
entsprechend.
(2) Hat der Richter die Änderung von Weisungen abgelehnt, so ist der Beschluß nicht anfechtbar. Hat er Jugendarrest verhängt, so ist gegen den Beschluß sofortige Beschwerde zulässig. Diese hat aufschiebende Wirkung.
§ 66 Ergänzung rechtskräftiger Entscheidungen bei
mehrfacher Verurteilung
(1) Ist die einheitliche Festsetzung von Maßnahmen oder
Jugendstrafe (§ 31) unterblieben und sind die durch die rechtskräftigen Entscheidungen
erkannten Erziehungsmaßregeln, Zuchtmittel und Strafen noch nicht vollständig
ausgeführt, verbüßt oder sonst erledigt, so trifft der Richter eine solche
Entscheidung nachträglich. Dies gilt nicht, soweit der Richter nach § 31 Abs. 3
von der Einbeziehung rechtskräftig abgeurteilter Straftaten abgesehen hatte.
(2) Die Entscheidung ergeht auf Grund einer Hauptverhandlung durch Urteil, wenn der Staatsanwalt es beantragt oder der Vorsitzende es für angemessen hält. Wird keine Hauptverhandlung durchgeführt, so entscheidet der Richter durch Beschluß. Für die Zuständigkeit und das Beschlußverfahren gilt dasselbe wie für die nachträgliche Bildung einer Gesamtstrafe nach den allgemeinen Vorschriften. Ist eine Jugendstrafe teilweise verbüßt, so ist der Richter zuständig, dem die Aufgaben des Vollstreckungsleiters obliegen.
7. Unterabschnitt
Gemeinsame Verfahrensvorschriften (§§ 67 - 74)
§ 67 Stellung des Erziehungsberechtigten und des
gesetzlichen Vertreters
(1) Soweit der Beschuldigte ein Recht darauf hat, gehört
zu werden, Fragen und Anträge zu stellen oder bei Untersuchungshandlungen
anwesend zu sein, steht dieses Recht auch dem Erziehungsberechtigten und dem
gesetzlichen Vertreter zu.
(2) Ist eine Mitteilung an den Beschuldigten
vorgeschrieben, so soll die entsprechende Mitteilung an den
Erziehungsberechtigten und den gesetzlichen Vertreter gerichtet werden.
(3) Die Rechte des gesetzlichen Vertreters zur Wahl
eines Verteidigers und zur Einlegung von Rechtsbehelfen stehen auch dem
Erziehungsberechtigten zu.
(4) Der Richter kann diese Rechte dem
Erziehungsberechtigten und dem gesetzlichen Vertreter entziehen, soweit sie
verdächtig sind, an der Verfehlung des Beschuldigten beteiligt zu sein, oder
soweit sie wegen einer Beteiligung verurteilt sind. Liegen die Voraussetzungen
des Satzes 1 bei dem Erziehungsberechtigten oder dem gesetzlichen Vertreter
vor, so kann der Richter die Entziehung gegen beide aussprechen, wenn ein
Mißbrauch der Rechte zu befürchten ist. Stehen dem Erziehungsberechtigten und dem
gesetzlichen Vertreter ihre Rechte nicht mehr zu, so bestellt der
Vormundschaftsrichter einen Pfleger zur Wahrnehmung der Interessen des
Beschuldigten im anhängigen Strafverfahren. Die Hauptverhandlung wird bis zur
Bestellung des Pflegers ausgesetzt.
(5) Sind mehrere erziehungsberechtigt, so kann jeder von ihnen die in diesem Gesetz bestimmten Rechte des Erziehungsberechtigten ausüben. In der Hauptverhandlung oder in einer sonstigen Verhandlung vor dem Richter wird der abwesende Erziehungsberechtigte als durch den Anwesenden vertreten angesehen. Sind Mitteilungen oder Ladungen vorgeschrieben, so genügt es, wenn sie an einen Erziehungsberechtigten gerichtet werden.
§ 68 Notwendige Verteidigung
Der Vorsitzende bestellt dem
Beschuldigten einen Verteidiger, wenn
1. einem Erwachsenen ein
Verteidiger zu bestellen wäre,
2. dem
Erziehungsberechtigten und dem gesetzlichen Vertreter ihre Rechte nach diesem
Gesetz entzogen sind,
3. der Erziehungsberechtigte
und der gesetzliche Vertreter nach § 51 Abs. 2 von der Verhandlung
ausgeschlossen worden sind und die Beeinträchtigung in der Wahrnehmung ihrer
Rechte durch eine nachträgliche Unterrichtung (§ 51 Abs. 4 Satz 2) nicht
hinreichend ausgeglichen werden kann,
4. zur Vorbereitung eines
Gutachtens über den Entwicklungsstand des Beschuldigten (§ 73) seine
Unterbringung in einer Anstalt in Frage kommt oder
5. gegen ihn
Untersuchungshaft oder einstweilige Unterbringung gemäß § 126a der
Strafprozeßordnung vollstreckt wird, solange er das achtzehnte Lebensjahr nicht
vollendet hat; der Verteidiger wird unverzüglich bestellt.
§
69 Beistand
(1) Der Vorsitzende kann dem Beschuldigten in jeder Lage
des Verfahrens einen Beistand bestellen, wenn kein Fall der notwendigen
Verteidigung vorliegt.
(2) Der Erziehungsberechtigte und der gesetzliche
Vertreter dürfen nicht zum Beistand bestellt werden, wenn hierdurch ein
Nachteil für die Erziehung zu erwarten wäre.
(3) Dem Beistand kann Akteneinsicht gewährt werden. Im
übrigen hat er in der Hauptverhandlung die Rechte eines Verteidigers.
§ 70 Mitteilungen
Die Jugendgerichtshilfe, in
geeigneten Fällen auch der Vormundschaftsrichter, der Familienrichter und die
Schule werden von der Einleitung und dem Ausgang des Verfahrens unterrichtet.
Sie benachrichtigen den Staatsanwalt, wenn ihnen bekannt wird, daß gegen den
Beschuldigten noch ein anderes Strafverfahren anhängig ist. Der Familien- und
Vormundschaftsrichter teilt dem Staatsanwalt ferner familien- und
vormundschaftsgerichtliche Maßnahmen sowie ihre Änderung und Aufhebung mit,
soweit nicht für den Familien- und Vormundschaftsrichter erkennbar ist, daß
schutzwürdige Interessen des Beschuldigten oder des sonst von der Mitteilung
Betroffenen an dem Ausschluß der Übermittlung überwiegen.
§ 71 Vorläufige Anordnungen über die Erziehung
(1) Bis zur Rechtskraft des Urteils kann der Richter
vorläufige Anordnungen über die Erziehung des Jugendlichen treffen oder die
Gewährung von Leistungen nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch anregen.
(2) Der Richter kann die einstweilige Unterbringung in
einem geeigneten Heim der Jugendhilfe anordnen, wenn dies auch im Hinblick auf
die zu erwartenden Maßnahmen geboten ist, um den Jugendlichen vor einer
weiteren Gefährdung seiner Entwicklung, insbesondere vor der Begehung neuer Straftaten,
zu bewahren. Für die einstweilige Unterbringung gelten die §§ 114 bis 115a, 117
bis 118b, 120, 125 und 126 der Strafprozeßordnung sinngemäß. Die Ausführung der
einstweiligen Unterbringung richtet sich nach den für das Heim der Jugendhilfe
geltenden Regelungen.
§ 72 Untersuchungshaft
(1) Untersuchungshaft darf nur verhängt und vollstreckt
werden, wenn ihr Zweck nicht durch eine vorläufige Anordnung über die Erziehung
oder durch andere Maßnahmen erreicht werden kann. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit
(§ 112 Abs. 1 Satz 2 der Strafprozeßordnung) sind auch die besonderen
Belastungen des Vollzuges für Jugendliche zu berücksichtigen. Wird
Untersuchungshaft verhängt, so sind im Haftbefehl die Gründe anzuführen, aus
denen sich ergibt, daß andere Maßnahmen, insbesondere die einstweilige
Unterbringung in einem Heim der Jugendhilfe, nicht ausreichen und die
Untersuchungshaft nicht unverhältnismäßig ist.
(2) Solange der Jugendliche das sechzehnte Lebensjahr
noch nicht vollendet hat, ist die Verhängung von Untersuchungshaft wegen
Fluchtgefahr nur zulässig, wenn er
1. sich dem Verfahren
bereits entzogen hatte oder Anstalten zur Flucht getroffen hat oder
2. im Geltungsbereich dieses
Gesetzes keinen festen Wohnsitz oder Aufenthalt hat.
(3) Über die Vollstreckung eines Haftbefehls und über
die Maßnahmen zur Abwendung seiner Vollstreckung entscheidet der Richter, der
den Haftbefehl erlassen hat, in dringenden Fällen der Jugendrichter, in dessen
Bezirk die Untersuchungshaft vollzogen werden müßte.
(4) Unter denselben Voraussetzungen, unter denen ein
Haftbefehl erlassen werden kann, kann auch die einstweilige Unterbringung in
einem Heim der Jugendhilfe (§ 71 Abs. 2) angeordnet werden. In diesem Falle
kann der Richter den Unterbringungsbefehl nachträglich durch einen Haftbefehl
ersetzen, wenn sich dies als notwendig erweist.
(5) Befindet sich ein Jugendlicher in Untersuchungshaft,
so ist das Verfahren mit besonderer Beschleunigung durchzuführen.
(6) Die richterlichen Entscheidungen, welche die Untersuchungshaft betreffen, kann der zuständige Richter aus wichtigen Gründen sämtlich oder zum Teil einem anderen Jugendrichter übertragen.
§ 72a Heranziehung der Jugendgerichtshilfe in Haftsachen
Die Jugendgerichtshilfe ist
unverzüglich von der Vollstreckung eines Haftbefehls zu unterrichten; ihr soll
bereits der Erlaß eines Haftbefehls mitgeteilt werden. Von der vorläufigen
Festnahme eines Jugendlichen ist die Jugendgerichtshilfe zu unterrichten, wenn
nach dem Stand der Ermittlungen zu erwarten ist, daß der Jugendliche gemäß §
128 der Strafprozeßordnung dem Richter vorgeführt wird.
§ 73 Unterbringung zur Beobachtung
(1) Zur Vorbereitung eines Gutachtens über den Entwicklungsstand
des Beschuldigten kann der Richter nach Anhören eines Sachverständigen und des
Verteidigers anordnen, daß der Beschuldigte in eine zur Untersuchung
Jugendlicher geeignete Anstalt gebracht und dort beobachtet wird. Im
vorbereitenden Verfahren entscheidet der Richter, der für die Eröffnung des
Hauptverfahrens zuständig wäre.
(2) Gegen den Beschluß ist sofortige Beschwerde
zulässig. Sie hat aufschiebende Wirkung.
(3) Die Verwahrung in der Anstalt darf die Dauer von
sechs Wochen nicht überschreiten.
§
74 Kosten und Auslagen
Im Verfahren gegen einen Jugendlichen kann davon abgesehen werden, dem Angeklagten Kosten und Auslagen aufzuerlegen.
8. Unterabschnitt
Vereinfachtes Jugendverfahren (§§ 76 - 78)
§ 75 (weggefallen)
§ 76 Voraussetzungen des vereinfachten Jugendverfahrens
Der Staatsanwalt kann bei
dem Jugendrichter schriftlich oder mündlich beantragen, im vereinfachten
Jugendverfahren zu entscheiden, wenn zu erwarten ist, daß der Jugendrichter
ausschließlich Weisungen erteilt, Hilfe zur Erziehung im Sinne des § 12 Nr. 1
anordnen, Zuchtmittel verhängen, auf ein Fahrverbot erkennen, die Fahrerlaubnis
entziehen und eine Sperre von nicht mehr als zwei Jahren festsetzen oder den
Verfall oder die Einziehung aussprechen wird. Der Antrag des Staatsanwalts
steht der Anklage gleich.
§77 Ablehnung des Antrags
(1) Der Jugendrichter lehnt die Entscheidung im
vereinfachten Verfahren ab, wenn sich die Sache hierzu nicht eignet, namentlich
wenn die Anordnung von Hilfe zur Erziehung im Sinne des § 12 Nr. 2 oder die
Verhängung von Jugendstrafe wahrscheinlich oder eine umfangreiche
Beweisaufnahme erforderlich ist. Der Beschluß kann bis zur Verkündung des
Urteils ergehen. Er ist nicht anfechtbar.
(2) Lehnt der Jugendrichter die Entscheidung im vereinfachten Verfahren ab, so reicht der Staatsanwalt eine Anklageschrift ein.
§ 78 Verfahren und Entscheidung
(1) Der Jugendrichter entscheidet im vereinfachten
Jugendverfahren auf Grund einer mündlichen Verhandlung durch Urteil. Er darf
auf Hilfe zur Erziehung im Sinne des § 12 Nr. 2, Jugendstrafe oder
Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nicht erkennen.
(2) Der Staatsanwalt ist nicht verpflichtet, an der
Verhandlung teilzunehmen. Nimmt er nicht teil, so bedarf es seiner Zustimmung
zu einer Einstellung des Verfahrens in der Verhandlung oder zur Durchführung
der Verhandlung in Abwesenheit des Angeklagten nicht.
(3) Zur Vereinfachung, Beschleunigung und jugendgemäßen Gestaltung des Verfahrens darf von Verfahrensvorschriften abgewichen werden, soweit dadurch die Erforschung der Wahrheit nicht beeinträchtigt wird. Die Vorschriften über die Anwesenheit des Angeklagten (§ 50), die Stellung des Erziehungsberechtigten und des gesetzlichen Vertreters (§ 67) und die Mitteilung von Entscheidungen (§ 70) müssen beachtet werden. Bleibt der Beschuldigte der mündlichen Verhandlung fern und ist sein Fernbleiben nicht genügend entschuldigt, so kann die Vorführung angeordnet werden, wenn dies mit der Ladung angedroht worden ist.
9. Unterabschnitt
Ausschluß von Vorschriften des
allgemeinen Verfahrensrechts (§§ 79 - 81)
§
79 Strafbefehl und beschleunigtes
Verfahren
(1) Gegen einen Jugendlichen darf kein Strafbefehl
erlassen werden.
(2) Das beschleunigte Verfahren des allgemeinen
Verfahrensrechts ist unzulässig.
§ 80 Privatklage und Nebenklage
(1) Gegen einen Jugendlichen kann Privatklage nicht
erhoben werden. Eine Verfehlung, die nach den allgemeinen Vorschriften durch
Privatklage verfolgt werden kann, verfolgt der Staatsanwalt auch dann, wenn
Gründe der Erziehung oder ein berechtigtes Interesse des Verletzten, das dem
Erziehungszweck nicht entgegensteht, es erfordern.
(2) Gegen einen jugendlichen Privatkläger ist Widerklage
zulässig. Auf Jugendstrafe darf nicht erkannt werden.
(3) Der erhobenen öffentlichen Klage kann sich als Nebenkläger nur anschließen, wer durch ein Verbrechen gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit oder die sexuelle Selbstbestimmung oder nach § 239 Abs. 3, § 239a oder § 239b des Strafgesetzbuchs, durch welches das Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt oder einer solchen Gefahr ausgesetzt worden ist, oder durch ein Verbrechen nach § 251 des Strafgesetzbuchs, auch in Verbindung mit § 252 oder § 255 des Strafgesetzbuchs, verletzt worden ist. Im Übrigen gelten § 395 Abs. 2 Nr. 1 und §§ 396 bis 402 der Strafprozessordnung entsprechend.
§
81 Entschädigung des Verletzten
Die Vorschriften der
Strafprozeßordnung über die Entschädigung des Verletzten (§§ 403 bis 406c der
Strafprozeßordnung) werden im Verfahren gegen einen Jugendlichen nicht
angewendet.
3. Hauptstück
Vollstreckung und Vollzug (§§ 82 - 93a)
1.Abschnitt
Vollstreckung (§§ 82 - 89a)
1. Unterabschnitt
Verfassung der Vollstreckung und Zuständigkeit (§§ 82 - 85)
§ 82 Vollstreckungsleiter
(1) Vollstreckungsleiter ist der Jugendrichter. Er nimmt
auch die Aufgaben wahr, welche die Strafprozeßordnung der
Strafvollstreckungskammer zuweist.
(2) Soweit der Richter Hilfe zur Erziehung im Sinne des § 12 angeordnet hat, richtet sich die weitere Zuständigkeit nach den Vorschriften des Achten Buches Sozialgesetzbuch.
§ 83 Entscheidungen im Vollstreckungsverfahren
(1) Die Entscheidungen des Vollstreckungsleiters nach
den §§ 86 bis 89a und 92 Abs. 3 sowie nach den §§ 462a und 463 der
Strafprozeßordnung sind jugendrichterliche Entscheidungen.
(2) Für die bei der Vollstreckung notwendig werdenden
gerichtlichen Entscheidungen gegen eine vom Vollstreckungsleiter getroffene
Anordnung ist die Jugendkammer in den Fällen zuständig, in denen
1, der Vollstreckungsleiter
selbst oder unter seinem Vorsitz das Jugendschöffengericht im ersten Rechtszug
erkannt hat,
2. der Vollstreckungsleiter
in Wahrnehmung der Aufgaben der Strafvollstreckungskammer über seine eigene
Anordnung zu entscheiden hätte.
(3) Die Entscheidungen nach den Absätzen 1 und 2 können,
soweit nichts anderes bestimmt ist, mit sofortiger Beschwerde angefochten
werden. Die §§ 67 bis 69 gelten sinngemäß.
§ 84 Örtliche Zuständigkeit
(1) Der Jugendrichter leitet die Vollstreckung in allen
Verfahren ein, in denen er selbst oder unter seinem Vorsitz das
Jugendschöffengericht im ersten Rechtszuge erkannt hat.
(2) Soweit, abgesehen von den Fällen des Absatzes 1, die
Entscheidung eines anderen Richters zu vollstrecken ist, steht die Einleitung
der Vollstreckung dem Jugendrichter des Amtsgerichts zu, dem die familien- oder
vormundschaftsrichterlichen Erziehungsaufgaben obliegen. Ist in diesen Fällen
der Verurteilte volljährig, steht die Einleitung der Vollstreckung dem
Jugendrichter des Amtsgerichts zu, dem die familien- oder
vormundschaftsrichterlichen Erziehungsaufgaben bei noch fehlender
Volljährigkeit oblägen.
(3) In den Fällen der Absätze 1 und 2 führt der Jugendrichter die Vollstreckung durch, soweit § 85 nichts anderes bestimmt.
§ 85 Abgabe und Übergang der Vollstreckung
(1) Ist Jugendarrest zu vollstrecken, so gibt der
zunächst zuständige Jugendrichter die Vollstreckung an den Jugendrichter ab,
der nach § 90 Abs. 2 Satz 2 als Vollzugsleiter zuständig ist.
(2) Ist Jugendstrafe zu vollstrecken, so geht nach der
Aufnahme des Verurteilten in die Jugendstrafanstalt die Vollstreckung auf den
Jugendrichter des Amtsgerichts über, in dessen Bezirk die Jugendstrafanstalt
liegt. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu
bestimmen, daß die Vollstreckung auf den Jugendrichter eines anderen
Amtsgerichts übergeht, wenn dies aus verkehrsmäßigen Gründen günstiger
erscheint. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung
auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.
(3) Unterhält ein Land eine Jugendstrafanstalt auf dem
Gebiet eines anderen Landes, so können die beteiligten Länder vereinbaren, daß
der Jugendrichter eines Amtsgerichts des Landes, das die Jugendstrafanstalt
unterhält, zuständig sein soll. Wird eine solche Vereinbarung getroffen, so
geht die Vollstreckung auf den Jugendrichter des Amtsgerichts über, in dessen
Bezirk die für die Jugendstrafanstalt zuständige Aufsichtsbehörde ihren Sitz
hat. Die Regierung des Landes, das die Jugendstrafanstalt unterhält, wird
ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, daß der Jugendrichter eines
anderen Amtsgerichts zuständig wird, wenn dies aus verkehrsmäßigen Gründen
günstiger erscheint. Die Landesregierung kann die Ermächtigung durch
Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltung übertragen.
(4) Absatz 2 gilt entsprechend bei der Vollstreckung
einer Maßregel der Besserung und Sicherung nach § 61 Nr. 1 oder 2 des
Strafgesetzbuches.
(5) Aus wichtigen Gründen kann der Vollstreckungsleiter
die Vollstreckung widerruflich an einen sonst nicht oder nicht mehr zuständigen
Jugendrichter abgeben.
(6) Hat der Verurteilte das vierundzwanzigste Lebensjahr
vollendet, so kann der nach den Absätzen 2 bis 4 zuständige
Vollstreckungsleiter die Vollstreckung einer nach den Vorschriften des
Strafvollzugs für Erwachsene vollzogenen Jugendstrafe oder einer Maßregel der
Besserung und Sicherung an die nach den allgemeinen Vorschriften zuständige
Vollstreckungsbehörde abgeben, wenn der Straf- oder Maßregelvollzug
voraussichtlich noch länger dauern wird und die besonderen Grundgedanken des
Jugendstrafrechts unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des Verurteilten
für die weiteren Entscheidungen nicht mehr maßgebend sind; die Abgabe ist
bindend. Mit der Abgabe sind die Vorschriften der Strafprozeßordnung und des
Gerichtsverfassungsgesetzes über die Strafvollstreckung anzuwenden.
(7) Für die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft im Vollstreckungsverfahren gilt § 451 Abs. 3 der Strafprozeßordnung entsprechend.
2. Unterabschnitt
Jugendarrest (§§ 86 - 87)
§ 86 Umwandlung des Freizeitarrestes
Der Vollstreckungsleiter
kann Freizeitarrest in Kurzarrest umwandeln, wenn die Voraussetzungen des § 16
Abs. 3 nachträglich eingetreten sind.
§ 87 Vollstreckung des Jugendarrestes
(1) Die Vollstreckung des Jugendarrestes wird nicht zur
Bewährung ausgesetzt.
(2) Für die Anrechnung von Untersuchungshaft auf
Jugendarrest gilt § 450 der Strafprozeßordnung sinngemäß.
(3) Der Vollstreckungsleiter sieht von der Vollstreckung
des Jugendarrestes ganz oder, ist Jugendarrest teilweise verbüßt, von der
Vollstreckung des Restes ab, wenn seit Erlaß des Urteils Umstände
hervorgetreten sind, die allein oder in Verbindung mit den bereits bekannten
Umständen ein Absehen von der Vollstreckung aus Gründen der Erziehung
rechtfertigen. Sind seit Eintritt der Rechtskraft sechs Monate verstrichen,
sieht er von der Vollstreckung ganz ab, wenn dies aus Gründen der Erziehung
geboten ist. Von der Vollstreckung des Jugendarrestes kann er ganz absehen,
wenn zu erwarten ist, daß der Jugendarrest neben einer Strafe, die gegen den
Verurteilten wegen einer anderen Tat verhängt worden ist oder die er wegen
einer anderen Tat zu erwarten hat, seinen erzieherischen Zweck nicht mehr
erfüllen wird. Vor der Entscheidung hört der Vollstreckungsleiter nach
Möglichkeit den erkennenden Richter, den Staatsanwalt und den Vertreter der
Jugendgerichtshilfe.
(4) Die Vollstreckung des Jugendarrestes ist unzulässig, wenn seit Eintritt der Rechtskraft ein Jahr verstrichen ist.
3. Unterabschnitt
Jugendstrafe (§§ 88 - 89a)
§ 88 Aussetzung des Restes der Jugendstrafe
(1) Der Vollstreckungsleiter kann die Vollstreckung des
Restes der Jugendstrafe zur Bewährung aussetzen, wenn der Verurteilte einen
Teil der Strafe verbüßt hat und dies im Hinblick auf die Entwicklung des
Jugendlichen, auch unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der
Allgemeinheit, verantwortet werden kann.
(2) Vor Verbüßung von sechs Monaten darf die Aussetzung
der Vollstreckung des Restes nur aus besonders wichtigen Gründen angeordnet
werden. Sie ist bei einer Jugendstrafe von mehr als einem Jahr nur zulässig,
wenn der Verurteilte mindestens ein Drittel der Strafe verbüßt hat.
(3) Der Vollstreckungsleiter soll in den Fällen der
Absätze 1 und 2 seine Entscheidung so frühzeitig treffen, daß die
erforderlichen Maßnahmen zur Vorbereitung des Verurteilten auf sein Leben nach
der Entlassung durchgeführt werden können. Er kann seine Entscheidung bis zur
Entlassung des Verurteilten wieder aufheben, wenn die Aussetzung aufgrund neu
eingetretener oder bekanntgewordener Tatsachen im Hinblick auf die Entwicklung
des Jugendlichen, auch unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der
Allgemeinheit, nicht mehr verantwortet werden kann.
(4) Der Vollstreckungsleiter entscheidet nach Anhören
des Staatsanwalts und des Vollzugsleiters. Dem Verurteilten ist Gelegenheit zur
mündlichen Äußerung zu geben.
(5) Der Vollstreckungsleiter kann Fristen von höchstens sechs
Monaten festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag des Verurteilten, den Strafrest
zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.
(6) Ordnet der Vollstreckungsleiter die Aussetzung der Vollstreckung des Restes der Jugendstrafe an, so gelten § 22 Abs. 1, 2 Satz 1 und 2 sowie die §§ 23 bis 26a sinngemäß. An die Stelle des erkennenden Richters tritt der Vollstreckungsleiter. Auf das Verfahren und die Anfechtung von Entscheidungen sind die §§ 58, 59 Abs. 2 bis 4 und § 60 entsprechend anzuwenden. Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Aussetzung des Strafrestes anordnet, hat aufschiebende Wirkung.
§ 89 Aussetzung des Restes einer Jugendstrafe von
unbestimmter Dauer
(1) Hat der zu einer Jugendstrafe von unbestimmter Dauer
Verurteilte das Mindestmaß seiner Strafe verbüßt und kann verantwortet werden
zu erproben, ob er außerhalb des Jugendstrafvollzugs einen rechtschaffenen
Lebenswandel führen wird, so wandelt der Vollstreckungsleiter die Jugendstrafe
von unbestimmter Dauer in eine bestimmte um und setzt die Vollstreckung des
Strafrestes zur Bewährung aus.
(2) Die Umwandlung erfolgt in der Weise, daß für den
Fall des Widerrufs der Strafaussetzung ein Strafrest von mindestens drei
Monaten und höchstens einem Jahr zu vollstrecken ist. Der Strafrest darf
zusammen mit dem bereits verbüßten Teil der Strafe das Höchstmaß der
Jugendstrafe von unbestimmter Dauer nicht überschreiten.
(3) § 88 Abs. 3 bis 6 gilt sinngemäß.
(4) Wenn es aus besonderen Gründen geboten erscheint, kann der Vollstreckungsleiter auch die endgültige Entlassung anordnen. Dabei wandelt er die Jugendstrafe von unbestimmter Dauer in der Weise in eine bestimmte um, daß die Strafe im Zeitpunkt der Entlassung verbüßt ist.
§ 89a Unterbrechung und Vollstreckung der Jugendstrafe neben
Freiheitsstrafe
(1) Ist gegen den zu Jugendstrafe Verurteilten auch
Freiheitsstrafe zu vollstrecken, so wird die Jugendstrafe in der Regel zuerst
vollstreckt. Der Vollstreckungsleiter unterbricht die Vollstreckung der
Jugendstrafe, wenn die Hälfte, mindestens jedoch sechs Monate, der Jugendstrafe
verbüßt sind. Er kann die Vollstreckung zu einem früheren Zeitpunkt
unterbrechen, wenn die Aussetzung des Strafrestes in Betracht kommt. Ein
Strafrest, der auf Grund des Widerrufs seiner Aussetzung vollstreckt wird, kann
unterbrochen werden, wenn die Hälfte, mindestens jedoch sechs Monate, des
Strafrestes verbüßt sind und eine erneute Aussetzung in Betracht kommt. § 454b
Abs. 3 der Strafprozeßordnung gilt entsprechend.
(2) Ist gegen einen Verurteilten außer lebenslanger
Freiheitsstrafe auch Jugendstrafe zu vollstrecken, so wird, wenn die letzte
Verurteilung eine Straftat betrifft, die der Verurteilte vor der früheren
Verurteilung begangen hat, nur die lebenslange Freiheitsstrafe vollstreckt; als
Verurteilung gilt das Urteil in dem Verfahren, in dem die zugrundeliegenden
tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten. Wird die
Vollstreckung des Restes der lebenslangen Freiheitsstrafe durch das Gericht zur
Bewährung ausgesetzt, so erklärt das Gericht die Vollstreckung der Jugendstrafe
für erledigt.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 gilt § 85 Abs. 6
entsprechend mit der Maßgabe, daß der Vollstreckungsleiter die Vollstreckung
der Jugendstrafe abgeben kann, wenn der Verurteilte das einundzwanzigste Lebensjahr
vollendet hat.
2. Abschnitt
Vollzug (§§ 90 - 93)
§ 90 Jugendarrest
(1) Der Vollzug des Jugendarrestes soll das Ehrgefühl
des Jugendlichen wecken und ihm eindringlich zum Bewußtsein bringen, daß er für
das von ihm begangene Unrecht einzustehen hat. Der Vollzug des Jugendarrestes
soll erzieherisch gestaltet werden. Er soll dem Jugendlichen helfen, die
Schwierigkeiten zu bewältigen, die zur Begehung der Straftat beigetragen haben.
(2) Der Jugendarrest wird in Jugendarrestanstalten oder
Freizeitarresträumen der Landesjustizverwaltung vollzogen. Vollzugsleiter ist
der Jugendrichter am Ort des Vollzugs.
§ 91 Aufgabe des Jugendstrafvollzugs
(1) Durch den Vollzug der Jugendstrafe soll der
Verurteilte dazu erzogen werden, künftig einen rechtschaffenen und
verantwortungsbewußten Lebenswandel zu führen.
(2) Ordnung, Arbeit, Unterricht, Leibesübungen und
sinnvolle Beschäftigung in der freien Zeit sind die Grundlagen dieser
Erziehung. Die beruflichen Leistungen des Verurteilten sind zu fördern.
Ausbildungsstätten sind einzurichten. Die seelsorgerische Betreuung wird
gewährleistet.
(3) Um das angestrebte Erziehungsziel zu erreichen, kann
der Vollzug aufgelockert und in geeigneten Fällen weitgehend in freien Formen
durchgeführt werden.
(4) Die Beamten müssen für die Erziehungsaufgabe des
Vollzugs geeignet und ausgebildet sein.
§ 92 Jugendstrafanstalten
(1) Die Jugendstrafe wird in Jugendstrafanstalten
vollzogen.
(2) An einem Verurteilten, der das achtzehnte Lebensjahr
vollendet hat und sich nicht für den Jugendstrafvollzug eignet, braucht die
Strafe nicht in der Jugendstrafanstalt vollzogen zu werden. Jugendstrafe, die
nicht in der Jugendstrafanstalt vollzogen wird, wird nach den Vorschriften des
Strafvollzugs für Erwachsene vollzogen. Hat der Verurteilte das
vierundzwanzigste Lebensjahr vollendet, so soll Jugendstrafe nach den
Vorschriften des Strafvollzugs für Erwachsene vollzogen werden.
(3) Über die Ausnahme vom Jugendstrafvollzug entscheidet der Vollstreckungsleiter.
§ 93 Untersuchungshaft
(1) An Jugendlichen wird die Untersuchungshaft nach
Möglichkeit in einer besonderen Anstalt oder wenigstens in einer besonderen
Abteilung der Haftanstalt oder in einer Jugendarrestanstalt vollzogen.
(2) Der Vollzug der Untersuchungshaft soll erzieherisch
gestaltet werden.
(3) Den Vertretern der Jugendgerichtshilfe und, wenn der
Beschuldigte der Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers oder der
Betreuung und Aufsicht eines Betreuungshelfers untersteht oder für ihn ein
Erziehungsbeistand bestellt ist, dem Helfer und dem Erziehungsbeistand ist der
Verkehr mit dem Beschuldigten in demselben Umfang wie einem Verteidiger
gestattet.
4. Hauptstück
Beseitigung des Strafmakels (§§ 97 - 101)
§ 93a Unterbringung in einer Entziehungsanstalt
(1) Die Maßregel nach § 61 Nr. 2 des Strafgesetzbuches
wird in einer Einrichtung vollzogen, in der die für die Behandlung suchtkranker
Jugendlicher erforderlichen besonderen therapeutischen Mittel und sozialen
Hilfen zur Verfügung stehen.
(2) Um das angestrebte Behandlungsziel zu erreichen,
kann der Vollzug aufgelockert und weitgehend in freien Formen durchgeführt
werden.
§§ 94 – 96 (weggefallen)
§ 97 Beseitigung des Strafmakels durch Richterspruch
(1) Hat der Jugendrichter die Überzeugung erlangt, daß
sich ein zu Jugendstrafe verurteilter Jugendlicher durch einwandfreie Führung
als rechtschaffener Mensch erwiesen hat, so erklärt er von Amts wegen oder auf
Antrag des Verurteilten, des Erziehungsberechtigten oder des gesetzlichen
Vertreters den Strafmakel als beseitigt. Dies kann auch auf Antrag des
Staatsanwalts oder, wenn der Verurteilte im Zeitpunkt der Antragstellung noch
minderjährig ist, auf Antrag des Vertreters der Jugendgerichtshilfe geschehen. Die
Erklärung ist unzulässig, wenn es sich um eine Verurteilung nach den §§ 174 bis
180 oder 182 des Strafgesetzbuches handelt.
(2) Die Anordnung kann erst zwei Jahre nach Verbüßung
oder Erlaß der Strafe ergehen, es sei denn, daß der Verurteilte sich der Beseitigung
des Strafmakels besonders würdig gezeigt hat. Während des Vollzugs oder während
einer Bewährungszeit ist die Anordnung unzulässig.
§ 98 Verfahren
(1) Zuständig ist der Jugendrichter des Amtsgerichts,
dem die familien- oder vormundschaftsrichterlichen Erziehungsaufgaben für den
Verurteilten obliegen. Ist der Verurteilte volljährig, so ist der Jugendrichter
zuständig, in dessen Bezirk der Verurteilte seinen Wohnsitz hat.
(2) Der Jugendrichter beauftragt mit den Ermittlungen
über die Führung des Verurteilten und dessen Bewährung vorzugsweise die Stelle,
die den Verurteilten nach der Verbüßung der Strafe betreut hat. Er kann eigene
Ermittlungen anstellen. Er hört den Verurteilten und, wenn dieser minderjährig
ist, den Erziehungsberechtigten und den gesetzlichen Vertreter, ferner die
Schule und die zuständige Verwaltungsbehörde.
(3) Nach Abschluß der Ermittlungen ist der Staatsanwalt zu hören.
§ 99 Entscheidung
(1) Der Jugendrichter entscheidet durch Beschluß.
(2) Hält er die Voraussetzungen für eine Beseitigung des
Strafmakels noch nicht für gegeben, so kann er die Entscheidung um höchstens
zwei Jahre aufschieben.
(3) Gegen den Beschluß ist sofortige Beschwerde
zulässig.
§ 100 Beseitigung des Strafmakels nach Erlaß einer Strafe
oder eines Strafrestes
Wird die Strafe oder ein Strafrest bei Verurteilung zu nicht mehr als zwei Jahren Jugendstrafe nach Aussetzung zur Bewährung erlassen, so erklärt der Richter zugleich den Strafmakel als beseitigt. Dies gilt nicht, wenn es sich um eine Verurteilung nach den §§ 174 bis 180 oder 182 des Strafgesetzbuches handelt.
§ 101 Widerruf
Wird der Verurteilte, dessen
Strafmakel als beseitigt erklärt worden ist, vor der Tilgung des Vermerks wegen
eines Verbrechens oder vorsätzlichen Vergehens erneut zu Freiheitsstrafe
verurteilt, so widerruft der Richter in dem Urteil oder nachträglich durch
Beschluß die Beseitigung des Strafmakels. In besonderen Fällen kann er von dem
Widerruf absehen.
5. Hauptstück
Jugendliche vor Gerichten, die für allgemeine Strafsachen
zuständig sind (§§ 102 - 104)
§ 102 Zuständigkeit
Die Zuständigkeit des Bundesgerichtshofes und des Oberlandesgerichts werden durch die Vorschriften dieses Gesetzes nicht berührt. In den zur Zuständigkeit von Oberlandesgerichten im ersten Rechtszug gehörenden Strafsachen (§ 120 Abs. 1 und 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes) entscheidet der Bundesgerichtshof auch über Beschwerden gegen Entscheidungen dieser Oberlandesgerichte, durch welche die Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung angeordnet oder abgelehnt wird (§ 59 Abs. 1).
§ 103 Verbindung mehrerer Strafsachen
(1) Strafsachen gegen Jugendliche und Erwachsene können
nach den Vorschriften des allgemeinen Verfahrensrechts verbunden werden, wenn
es zur Erforschung der Wahrheit oder aus anderen wichtigen Gründen geboten ist.
(2) Zuständig ist das Jugendgericht. Dies gilt nicht,
wenn die Strafsache gegen Erwachsene nach den allgemeinen Vorschriften
einschließlich der Regelung des § 74e des Gerichtsverfassungsgesetzes zur
Zuständigkeit der Wirtschaftsstrafkammer oder der Strafkammer nach § 74a des
Gerichtsverfassungsgesetzes gehört; in einem solchen Fall sind diese
Strafkammern auch für die Strafsache gegen den Jugendlichen zuständig. Für die
Prüfung der Zuständigkeit der Wirtschaftsstrafkammer und der Strafkammer nach §
74a des Gerichtsverfassungsgesetzes gelten im Falle des Satzes 2 die §§ 6a,
225a Abs. 4, § 270 Abs. 1 Satz 2 der Strafprozeßordnung entsprechend; § 209a
der Strafprozeßordnung ist mit der Maßgabe anzuwenden, daß diese Strafkammern
auch gegenüber der Jugendkammer einem Gericht höherer Ordnung gleichstehen.
(3) Beschließt der Richter die Trennung der verbundenen Sachen, so erfolgt zugleich Abgabe der abgetrennten Sache an den Richter, der ohne die Verbindung zuständig gewesen wäre.
§
104 Verfahren gegen Jugendliche
(1) In Verfahren gegen Jugendliche vor den für
allgemeine Strafsachen zuständigen Gerichten gelten die Vorschriften dieses
Gesetzes über
1. Verfehlungen Jugendlicher
und ihre Folgen (§§ 3 bis 32),
2. die Heranziehung und die
Rechtsstellung der Jugendgerichtshilfe (§§ 38, 50 Abs. 3),
3. den Umfang der
Ermittlungen im Vorverfahren (§ 43),
4. das Absehen von der
Verfolgung und die Einstellung des Verfahrens durch den Richter (§§ 45, 47),
5. die Untersuchungshaft (§§
52, 52a, 72),
6. die Urteilsgründe (§ 54),
7. das Rechtsmittelverfahren
(§§ 55, 56),
8. das Verfahren bei
Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung und der Verhängung der Jugendstrafe
(§§ 57 bis 64),
9. die Beteiligung und die
Rechtsstellung des Erziehungsberechtigten und des gesetzlichen Vertreters (§§
67, 50 Abs. 2),
10. die notwendige
Verteidigung (§ 68),
11. Mitteilungen (§ 70),
12 die Unterbringung zur
Beobachtung (§ 73),
13. Kosten und Auslagen (§
74) und
14. den Ausschluß von
Vorschriften des allgemeinen Verfahrensrechts (§§ 79 bis 81).
(2) Die Anwendung weiterer Verfahrensvorschriften dieses
Gesetzes steht im Ermessen des Richters.
(3) Soweit es aus Gründen der Staatssicherheit geboten
ist, kann der Richter anordnen, daß die Heranziehung der Jugendgerichtshilfe
und die Beteiligung des Erziehungsberechtigten und des gesetzlichen Vertreters
unterbleiben.
(4) Hält der Richter Erziehungsmaßregeln für
erforderlich, so hat er deren Auswahl und Anordnung dem Familien- oder Vormundschaftsrichter
zu überlassen. § 53 Satz 2 gilt entsprechend.
(5) Entscheidungen, die nach einer Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung erforderlich werden, sind dem Jugendrichter zu übertragen, in dessen Bezirk sich der Jugendliche aufhält. Das gleiche gilt für Entscheidungen nach einer Aussetzung der Verhängung der Jugendstrafe mit Ausnahme der Entscheidungen über die Festsetzung der Strafe und die Tilgung des Schuldspruchs (§ 30).
.
3. Teil
Heranwachsende (§§ 105 - 112)
1. Abschnitt
Anwendung des sachlichen Strafrechts (§§ 105 - 106)
§ 105 Anwendung des Jugendstrafrechts auf Heranwachsende
(1) Begeht ein Heranwachsender eine Verfehlung, die nach
den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist, so wendet der Richter die
für einen Jugendlichen geltenden Vorschriften der §§ 4 bis 8, 9 Nr. 1, §§ 10,
11 und 13 bis 32 entsprechend an, wenn
1. die Gesamtwürdigung der
Persönlichkeit des Täters bei Berücksichtigung auch der Umweltbedingungen
ergibt, daß er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen
Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand, oder
2. es sich nach der Art, den
Umständen oder den Beweggründen der Tat um eine Jugendverfehlung handelt.
(2) § 31 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ist auch dann anzuwenden,
wenn der Heranwachsende wegen eines Teils der Straftaten bereits rechtskräftig
nach allgemeinem Strafrecht verurteilt worden ist.
(3) Das Höchstmaß der Jugendstrafe für Heranwachsende beträgt zehn Jahre.
§ 106 Milderung des allgemeinen Strafrechts für Heranwachsende;
Sicherungsverwahrung
(1) Ist wegen der Straftat eines Heranwachsenden das
allgemeine Strafrecht anzuwenden, so kann das Gericht an Stelle von
lebenslanger Freiheitsstrafe auf eine Freiheitsstrafe von zehn bis zu fünfzehn
Jahren erkennen.
(2) Das Gericht kann anordnen, daß der Verlust der
Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden und Rechte aus öffentlichen Wahlen zu
erlangen (§ 45 Abs. 1 des Strafgesetzbuches), nicht eintritt.
(3) Sicherungsverwahrung darf neben der Strafe nicht
angeordnet werden. Unter den übrigen Voraussetzungen des § 66 des
Strafgesetzbuches kann das Gericht die Anordnung der Sicherungsverwahrung
vorbehalten, wenn
1. der Heranwachsende wegen
einer Straftat der in § 66 Abs. 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches bezeichneten Art,
durch welche das Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt oder einer
solchen Gefahr ausgesetzt worden ist, zu einer Freiheitsstrafe von mindestens
fünf Jahren verurteilt wird,
2. es sich auch bei den nach
den allgemeinen Vorschriften maßgeblichen früheren Taten um solche der in
Nummer 1 bezeichneten Art handelt und
3. die Gesamtwürdigung des
Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu solchen
Straftaten für die Allgemeinheit gefährlich ist.
§ 66a Abs. 2 und 3 des
Strafgesetzbuches gilt entsprechend.
(4) Wird neben der Strafe die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten und hat der Verurteilte das siebenundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet, so ordnet das Gericht an, dass bereits die Strafe in einer sozialtherapeutischen Anstalt zu vollziehen ist, es sei denn, dass die Resozialisierung des Täters dadurch nicht besser gefördert werden kann. Diese Anordnung kann auch nachträglich erfolgen. Solange der Vollzug in einer sozialtherapeutischen Anstalt noch nicht angeordnet oder der Gefangene noch nicht in eine sozialtherapeutische Anstalt verlegt worden ist, ist darüber jeweils nach sechs Monaten neu zu entscheiden. Für die nachträgliche Anordnung nach Satz 2 ist die Strafvollstreckungskammer zuständig.
(5) Werden nach einer Verurteilung wegen einer Straftat
der in Absatz 3 Satz 2 Nr. 1 bezeichneten Art zu einer Freiheitsstrafe von
mindestens fünf Jahren vor Ende des Vollzugs dieser Freiheitsstrafe Tatsachen
erkennbar, die auf eine erhebliche Gefährlichkeit des Verurteilten für die
Allgemeinheit hinweisen, so kann das Gericht die Unterbringung in der
Sicherungsverwahrung nachträglich anordnen, wenn die Gesamtwürdigung des
Verurteilten, seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung während des
Strafvollzugs ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut Straftaten
der in Absatz 3 Satz 2 Nr. 1 bezeichneten Art begehen wird. War keine der
Straftaten dieser Art, die der Verurteilung zugrunde lagen, nach dem 1. April
2004 begangen worden und konnte die Sicherungsverwahrung deshalb nicht nach
Absatz 3 Satz 2 vorbehalten werden, so berücksichtigt das Gericht als Tatsachen
im Sinne des Satzes 1 auch solche, die im Zeitpunkt der Verurteilung bereits
erkennbar waren.
(6) Ist die wegen einer Tat der in Absatz 3 Satz 2 Nr. 1
bezeichneten Art angeordnete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus
nach § 67d Abs. 6 des Strafgesetzbuches für erledigt erklärt worden, weil der
die Schuldfähigkeit ausschließende oder vermindernde Zustand, auf dem die
Unterbringung beruhte, im Zeitpunkt der Erledigungsentscheidung nicht bestanden
hat, so kann das Gericht die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung
nachträglich anordnen, wenn
1. die Unterbringung des
Betroffenen nach § 63 des Strafgesetzbuches wegen mehrerer solcher Taten
angeordnet wurde oder wenn der Betroffene wegen einer oder mehrerer solcher
Taten, die er vor der zur Unterbringung nach § 63 des Strafgesetzbuches
führenden Tat begangen hat, schon einmal zu einer Freiheitsstrafe von
mindestens drei Jahren verurteilt oder in einem psychiatrischen Krankenhaus
untergebracht worden war und
2. die Gesamtwürdigung des Betroffenen, seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung während des Vollzugs der Maßregel ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut Straftaten der in Absatz 3 Satz 2 Nr. 1 bezeichneten Art begehen wird.
2. Abschnitt
Gerichtsverfassung und Verfahren (§§ 107 - 109)
§
107 Gerichtsverfassung
Von den Vorschriften über
die Jugendgerichtsverfassung gelten die §§ 33 bis 34 Abs. 1 und §§ 35 bis 38
für Heranwachsende entsprechend.
§ 108 Zuständigkeit
(1) Die Vorschriften über die Zuständigkeit der
Jugendgerichte (§§ 39 bis 42) gelten auch bei Verfehlungen Heranwachsender.
(2) Der Jugendrichter ist für Verfehlungen Heranwachsender
auch zuständig, wenn die Anwendung des allgemeinen Strafrechts zu erwarten ist
und nach § 25 des Gerichtsverfassungsgesetzes der Strafrichter zu entscheiden
hätte.
(3) Ist wegen der rechtswidrigen Tat eines Heranwachsenden das allgemeine Strafrecht anzuwenden, so gilt § 24 Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes. Ist im Einzelfall eine höhere Strafe als vier Jahre Freiheitsstrafe oder die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus, allein oder neben einer Strafe, oder in der Sicherungsverwahrung (§ 106 Abs. 3, 5, 6) zu erwarten, so ist die Jugendkammer zuständig.
§
109 Verfahren
(1) Von den Vorschriften über das Jugendstrafverfahren
(§§ 43 bis 81) sind im Verfahren gegen einen Heranwachsenden die §§ 43, 47a, 50
Abs. 3 und 4, § 68 Nr. 1 und 4 sowie § 73 entsprechend anzuwenden. Die
Jugendgerichtshilfe und in geeigneten Fällen auch die Schule werden von der
Einleitung und dem Ausgang des Verfahrens unterrichtet. Sie benachrichtigen den
Staatsanwalt, wenn ihnen bekannt wird, daß gegen den Beschuldigten noch ein
anderes Strafverfahren anhängig ist. Die Öffentlichkeit kann ausgeschlossen
werden, wenn dies im Interesse des Heranwachsenden geboten ist.
(2) Wendet der Richter Jugendstrafrecht an (§ 105), so
gelten auch die §§ 45, 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 und 3, Abs. 2, 3, §§ 52, 52a,
54 Abs. 1, §§ 55 bis 66, 74 und 79 Abs. 1 entsprechend. § 66 ist auch dann
anzuwenden, wenn die einheitliche Festsetzung von Maßnahmen oder Jugendstrafe
nach § 105 Abs. 2 unterblieben ist. § 55 Abs. 1 und 2 ist nicht anzuwenden,
wenn die Entscheidung im beschleunigten Verfahren des allgemeinen
Verfahrensrechts ergangen ist. § 74 ist im Rahmen einer Entscheidung über die
Auslagen des Verletzten nach § 472a der Strafprozessordnung nicht anzuwenden.
(3) In einem Verfahren gegen einen Heranwachsenden findet § 407 Abs. 2 Satz 2 der Strafprozeßordnung keine Anwendung.
3. Abschnitt
Vollstreckung - Vollzug und Beseitigung des Strafmakels (§§
110 - 111)
§ 110 Vollstreckung und Vollzug
(1) Von den Vorschriften über die Vollstreckung und den
Vollzug bei Jugendlichen gelten § 82 Abs. 1, §§ 83 bis 93a für Heranwachsende
entsprechend, soweit der Richter Jugendstrafrecht angewendet (§ 105) und nach
diesem Gesetz zulässige Maßnahmen oder Jugendstrafe verhängt hat.
(2) § 93 ist entsprechend anzuwenden, solange der zur
Tatzeit Heranwachsende das einundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet
hat. Bei Heranwachsenden, die einundzwanzig, aber noch nicht vierundzwanzig
Jahre alt sind, kann die Untersuchungshaft nach den Vorschriften des § 93
vollzogen werden.
§ 111 Beseitigung des Strafmakels
Die Vorschriften über die
Beseitigung des Strafmakels (§§ 97 bis 101) gelten für Heranwachsende
entsprechend, soweit der Richter Jugendstrafe verhängt hat.
4. Abschnitt
Heranwachsende vor Gerichten, die für allgemeine Strafsachen
zuständig sind (§ 112)
§ 112 Entsprechende Anwendung
Die §§ 102, 103, 104 Abs. 1 bis 3 und 5 gelten für Verfahren gegen Heranwachsende entsprechend. Die in § 104 Abs. 1 genannten Vorschriften sind nur insoweit anzuwenden, als sie nach dem für die Heranwachsenden geltenden Recht nicht ausgeschlossen sind. Hält der Richter die Erteilung von Weisungen für erforderlich, so überläßt er die Auswahl und Anordnung dem Jugendrichter, in dessen Bezirk sich der Heranwachsende aufhält.
4. Teil
Sondervorschriften für Soldaten der Bundeswehr (§§ 112a -
112e)
§ 112a Anwendung des Jugendstrafrechts
Das Jugendstrafrecht (§§ 3
bis 32, 105) gilt für die Dauer des Wehrdienstverhältnisses eines Jugendlichen
oder Heranwachsenden mit folgenden Abweichungen:
1. Hilfe zur Erziehung im
Sinne des § 12 darf nicht angeordnet werden.
2. Bedarf der Jugendliche
oder Heranwachsende nach seiner sittlichen oder geistigen Entwicklung
besonderer erzieherischer Einwirkung, so kann der Richter Erziehungshilfe durch
den Disziplinarvorgesetzten als Erziehungsmaßregel anordnen.
3. Bei der Erteilung von
Weisungen und Auflagen soll der Richter die Besonderheiten des Wehrdienstes
berücksichtigen. Weisungen und Auflagen, die bereits erteilt sind, soll er
diesen Besonderheiten anpassen
4. Als ehrenamtlicher
Bewährungshelfer kann ein Soldat bestellt werden. Er untersteht bei seiner
Tätigkeit (§ 25 Satz 2) nicht den Anweisungen des Richters.
5. Von der Überwachung durch
einen Bewährungshelfer, der nicht Soldat ist, sind Angelegenheiten
ausgeschlossen, für welche die militärischen Vorgesetzten des Jugendlichen oder
Heranwachsenden zu sorgen haben. Maßnahmen des Disziplinarvorgesetzten haben
den Vorrang.
§
112b Erziehungshilfe durch den
Disziplinarvorgesetzten
(1) Hat der Richter Erziehungshilfe (§ 112a Nr. 2)
angeordnet, so sorgt der nächste Disziplinarvorgesetzte dafür, daß der
Jugendliche oder Heranwachsende, auch außerhalb des Dienstes, überwacht und
betreut wird.
(2) Zu diesem Zweck werden dem Jugendlichen oder
Heranwachsenden Pflichten und Beschränkungen auferlegt, die sich auf den
Dienst, die Freizeit, den Urlaub und die Auszahlung der Besoldung beziehen
können. Das Nähere wird durch Rechtsverordnung (§ 115 Abs. 3) geregelt.
(3) Die Erziehungshilfe dauert so lange, bis ihr Zweck
erreicht ist. Sie endet jedoch spätestens, wenn sie ein Jahr gedauert hat oder
wenn der Soldat zweiundzwanzig Jahre alt oder aus dem Wehrdienst entlassen
wird.
(4) Die Erziehungshilfe kann auch neben Jugendstrafe angeordnet werden.
§ 112c Vollstreckung
(1) Der Vollstreckungsleiter erklärt die
Erziehungsmaßregel nach § 112a Nr. 2 für erledigt, wenn ihr Zweck erreicht ist.
(2) Der Vollstreckungsleiter sieht davon ab, Jugendarrest, der wegen einer vor Beginn des Wehrdienstverhältnisses begangenen Tat verhängt ist, gegenüber Soldaten der Bundeswehr zu vollstrecken, wenn die Besonderheiten des Wehrdienstes es erfordern und ihnen nicht durch einen Aufschub der Vollstreckung Rechnung getragen werden kann.
(3) Die Entscheidungen des Vollstreckungsleiters nach
den Absätzen 1 und 2 sind jugendrichterliche Entscheidungen im Sinne des § 83.
§ 112d Anhörung des Disziplinarvorgesetzten
Bevor der Richter oder der
Vollstreckungsleiter einem Soldaten der Bundeswehr Weisungen oder Auflagen
erteilt, die Erziehungsmaßregel nach § 112a Nr. 2 anordnet oder für erledigt
erklärt, von der Vollstreckung des Jugendarrestes nach § 112c Abs. 2 absieht
oder einen Soldaten als Bewährungshelfer bestellt, soll er den nächsten
Disziplinarvorgesetzten des Jugendlichen oder Heranwachsenden hören.
§ 112e Verfahren vor Gerichten, die für allgemeine
Strafsachen zuständig sind
In Verfahren gegen
Jugendliche oder Heranwachsende vor den für allgemeine Strafsachen zuständigen Gerichten
(§ 104) sind die §§ 112a, 112b und 112d anzuwenden.
5. Teil
Schluß- und Übergangsvorschriften (§§ 113 - 125)
§ 113 Bewährungshelfer
Für den Bezirk eines jeden
Jugendrichters ist mindestens ein hauptamtlicher Bewährungshelfer anzustellen. Die
Anstellung kann für mehrere Bezirke erfolgen oder ganz unterbleiben, wenn wegen
des geringen Anfalls von Strafsachen unverhältnismäßig hohe Aufwendungen
entstehen würden. Das Nähere über die Tätigkeit des Bewährungshelfers ist durch
Landesgesetz zu regeln.
§ 114 Vollzug von Freiheitsstrafe in der
Jugendstrafanstalt
In der Jugendstrafanstalt dürfen an Verurteilten, die das vierundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet haben und sich für den Jugendstrafvollzug eignen, auch Freiheitsstrafen vollzogen werden, die nach allgemeinem Strafrecht verhängt worden sind.
§ 115 Rechtsvorschriften der Bundesregierung über den
Vollzug
(1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch
Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates für den Vollzug der
Jugendstrafe, des Jugendarrestes und der Untersuchungshaft Vorschriften zu
erlassen über die Art der Unterbringung, die Behandlung, die Lebenshaltung, die
erzieherische, seelsorgerische und berufliche Betreuung, die Arbeit, den
Unterricht, die Gesundheitspflege und körperliche Ertüchtigung, die Freizeit,
den Verkehr mit der Außenwelt, die Ordnung und Sicherheit in der
Vollzugsanstalt und die Ahndung von Verstößen hiergegen, die Aufnahme und die
Entlassung sowie das Zusammenwirken mit den der Jugendpflege und Jugendfürsorge
dienenden Behörden und Stellen.
(2) Die Rechtsverordnungen der Bundesregierung dürfen
für die Ahndung von Verstößen gegen die Ordnung oder Sicherheit der Anstalt nur
Hausstrafen vorsehen, die der Vollzugsleiter oder bei Untersuchungshaft der
Richter verhängt. Die schwersten Hausstrafen sind die Beschränkung des Verkehrs
mit der Außenwelt auf dringende Fälle bis zu drei Monaten und Arrest bis zu
zwei Wochen. Mildere Hausstrafen sind zulässig. Dunkelhaft ist verboten.
(3) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zur Durchführung des § 112b Abs. 2 Vorschriften über Art, Umfang und Dauer der Pflichten und Beschränkungen zu erlassen, die dem Jugendlichen oder Heranwachsenden hinsichtlich des Dienstes, der Freizeit, des Urlaubs und der Auszahlung der Besoldung auferlegt werden oder durch den nächsten Disziplinarvorgesetzten auferlegt werden können.
§ 116 Zeitlicher Geltungsbereich
(1) Das Gesetz wird auch auf Verfehlungen angewendet,
die vor seinem Inkrafttreten begangen worden sind. Für diese Verfehlungen ist
das Mindestmaß der Jugendstrafe drei Monate.
(2) Auf Jugendstrafe darf gegen einen Heranwachsenden
nicht erkannt werden, wenn die Straftat vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes
begangen ist und nach dem allgemeinen Strafrecht die Verhängung einer
Freiheitsstrafe von weniger als drei Monaten zu erwarten gewesen wäre.
(3) (weggefallen)
§ 117 Gerichtsverfassung
(1) Die Wahl der Jugendschöffen nach § 35 erfolgt
erstmalig innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten dieses Gesetzes,
später gleichzeitig mit der Wahl der Schöffen für die Schöffengerichte und die
Strafkammern.
(2) Wo ein Jugendwohlfahrtsausschuß noch nicht besteht,
wird die Vorschlagsliste nach § 35 Abs. 3 vom Jugendamt aufgestellt.
§ 118 (überholt)
§ 119 Freiheitsstrafen
Jugendgefängnisstrafen, auf die gegen einen Jugendlichen vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes erkannt worden ist, werden für die Anwendung dieses Gesetzes der Jugendstrafe gleichgestellt.
§ 120 Verweisungen
Verweisungen auf
Vorschriften des Reichsjugendgerichtsgesetzes vom 6. November 1943
(Reichsgesetzbl. I S. 637) gelten als Verweisungen auf die an ihre Stelle
getretenen Vorschriften dieses Gesetzes.
§ 121 Übergang der Vollstreckung
Unterhält ein Land eine
Jugendstrafanstalt auf dem Gebiet eines anderen Landes (§ 85 Abs. 3 in der vom
1. Dezember 1990 an geltenden Fassung), so ist bis zum Ablauf des 4. September
1991 für die Vollstreckung einer Jugendstrafe der Jugendrichter des
Amtsgerichts zuständig, in dessen Bezirk die für die Jugendstrafanstalt
zuständige Aufsichtsbehörde ihren Sitz hat.
§§ 122 – 124 (gegenstandslos)
§
125 Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am 1. Oktober 1953 in Kraft.