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Vertrag Maastricht             Vertrag Nizza             Vertrag Amsterdam           Vertrag EWG 1957

 

                                                                              VERTRAG ÜBER EINE

                                                                         VERFASSUNG FÜR EUROPA

 

 

                                                                         

 

PRÄAMBEL

 

SEINE MAJESTÄT DER KÖNIG DER BELGIER, DER PRÄSIDENT DER TSCHECHISCHEN REPUBLIK, IHRE MAJESTÄT

DIE KÖNIGIN VON DÄNEMARK, DER PRÄSIDENT DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND, DER PRÄSIDENT DER

REPUBLIK ESTLAND, DER PRÄSIDENT DER HELLENISCHEN REPUBLIK, SEINE MAJESTÄT DER KÖNIG VON

SPANIEN, DER PRÄSIDENT DER FRANZÖSISCHEN REPUBLIK, DIE PRÄSIDENTIN IRLANDS, DER PRÄSIDENT DER

ITALIENISCHEN REPUBLIK, DER PRÄSIDENT DER REPUBLIK ZYPERN, DIE PRÄSIDENTIN DER REPUBLIK

LETTLAND, DER PRÄSIDENT DER REPUBLIK LITAUEN, SEINE KÖNIGLICHE HOHEIT DER GROSSHERZOG VON

LUXEMBURG, DER PRÄSIDENT DER REPUBLIK UNGARN, DER PRÄSIDENT MALTAS, IHRE MAJESTÄT DIE

KÖNIGIN DER NIEDERLANDE, DER BUNDESPRÄSIDENT DER REPUBLIK ÖSTERREICH, DER PRÄSIDENT DER

REPUBLIK POLEN, DER PRÄSIDENT DER PORTUGIESISCHEN REPUBLIK, DER PRÄSIDENT DER REPUBLIK

SLOWENIEN, DER PRÄSIDENT DER SLOWAKISCHEN REPUBLIK, DIE PRÄSIDENTIN DER REPUBLIK FINNLAND,

DIE REGIERUNG DES KÖNIGREICHS SCHWEDEN, IHRE MAJESTÄT DIE KÖNIGIN DES VEREINIGTEN KÖNIGREICHS

GROSSBRITANNIEN UND NORDIRLAND —

SCHÖPFEND aus dem kulturellen, religiösen und humanistischen Erbe Europas, aus dem sich die

unverletzlichen und unveräußerlichen Rechte des Menschen sowie Freiheit, Demokratie, Gleichheit

und Rechtsstaatlichkeit als universelle Werte entwickelt haben,

IN DER ÜBERZEUGUNG, dass ein nach schmerzlichen Erfahrungen nunmehr geeintes Europa auf dem

Weg der Zivilisation, des Fortschritts und des Wohlstands zum Wohl aller seiner Bewohner, auch der

Schwächsten und der Ärmsten, weiter voranschreiten will, dass es ein Kontinent bleiben will, der

offen ist für Kultur, Wissen und sozialen Fortschritt, dass es Demokratie und Transparenz als

Grundlage seines öffentlichen Lebens stärken und auf Frieden, Gerechtigkeit und Solidarität in der

Welt hinwirken will,

IN DER GEWISSHEIT, dass die Völker Europas, stolz auf ihre nationale Identität und Geschichte,

entschlossen sind, die alten Gegensätze zu überwinden und immer enger vereint ihr Schicksal

gemeinsam zu gestalten,

IN DER GEWISSHEIT, dass Europa, „in Vielfalt geeint“, ihnen die besten Möglichkeiten bietet, unter

Wahrung der Rechte des Einzelnen und im Bewusstsein ihrer Verantwortung gegenüber den

künftigen Generationen und der Erde dieses große Unterfangen fortzusetzen, das einen Raum

eröffnet, in dem sich die Hoffnung der Menschen entfalten kann,

ENTSCHLOSSEN, das Werk, das im Rahmen der Verträge zur Gründung der Europäischen

Gemeinschaften und des Vertrags über die Europäische Union geschaffen wurde, unter Wahrung

der Kontinuität des gemeinschaftlichen Besitzstands fortzuführen,

IN WÜRDIGUNG der Leistung der Mitglieder des Europäischen Konvents, die den Entwurf dieser

Verfassung im Namen der Bürgerinnen und Bürger und der Staaten Europas erarbeitet haben —

 

HABEN ZU BEVOLLMÄCHTIGTEN ERNANNT:

SEINE MAJESTÄT DER KÖNIG DER BELGIER,

Guy VERHOFSTADT

Premierminister

Karel DE GUCHT

Minister für auswärtige Angelegenheiten

DER PRÄSIDENT DER TSCHECHISCHEN REPUBLIK,

Stanislav GROSS

Premierminister

Cyril SVOBODA

Minister für auswärtige Angelegenheiten

IHRE MAJESTÄT DIE KÖNIGIN VON DÄNEMARK,

Anders Fogh RASMUSSEN                    

Ministerpräsident

Per Stig MØLLER

Minister für auswärtige Angelegenheiten

DER PRÄSIDENT DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND,

Gerhard SCHRÖDER

Bundeskanzler

Joseph FISCHER

Bundesminister des Auswärtigen und Stellvertreter des Bundeskanzlers

 

DER PRÄSIDENT DER REPUBLIK ESTLAND,

Juhan PARTS

Premierminister

Kristiina OJULAND

Ministerin für auswärtige Angelegenheiten

DER PRÄSIDENT DER HELLENISCHEN REPUBLIK,

Kostas KARAMANLIS

Premierminister

Petros G. MOLYVIATIS

Minister für auswärtige Angelegenheiten

SEINE MAJESTÄT DER KÖNIG VON SPANIEN,

José Luis RODRÍGUEZ ZAPATERO

Ministerpräsident

Miguel Angel MORATINOS CUYAUBÉ

Minister für auswärtige Angelegenheiten und Zusammenarbeit

DER PRÄSIDENT DER FRANZÖSISCHEN REPUBLIK,

Jacques CHIRAC

Präsident

Jean-Pierre RAFFARIN

Premierminister

Michel BARNIER

Minister für auswärtige Angelegenheiten

DIE PRÄSIDENTIN IRLANDS,

Bertie AHERN

Premierminister (Taoiseach)

Dermot AHERN

Minister für auswärtige Angelegenheiten

DER PRÄSIDENT DER ITALIENISCHEN REPUBLIK,

Silvio BERLUSCONI

Ministerpräsident

Franco FRATTINI

Minister für auswärtige Angelegenheiten

DER PRÄSIDENT DER REPUBLIK ZYPERN,

Tassos PAPADOPOULOS

Präsident

George IACOVOU

Minister für auswärtige Angelegenheiten

DIE PRÄSIDENTIN DER REPUBLIK LETTLAND,

Vaira VĪĶE FREIBERGA

Präsidentin

Indulis EMSIS

Premierminister

Artis PABRIKS

Minister für auswärtige Angelegenheiten

DER PRÄSIDENT DER REPUBLIK LITAUEN,

Valdas ADAMKUS

Präsident

Algirdas Mykolas BRAZAUSKAS

Premierminister

Antanas VALIONIS

Minister für auswärtige Angelegenheiten

SEINE KÖNIGLICHE HOHEIT DER GROSSHERZOG VON LUXEMBURG,

Jean-Claude JUNCKER

Premierminister, „Ministre d'Etat“

Jean ASSELBORN

Vizepremierminister, Minister für auswärtige Angelegenheiten and Einwanderung

DER PRÄSIDENT DER REPUBLIK UNGARN,

Ferenc GYURCSÁNY

Premierminister

László KOVÁCS

Minister für auswärtige Angelegenheiten

DER PRÄSIDENT MALTAS,

The Hon Lawrence GONZI

Premierminister

The Hon Michael FRENDO

Minister für auswärtige Angelegenheiten

 

IHRE MAJESTÄT DIE KÖNIGIN DER NIEDERLANDE,

Dr. J. P. BALKENENDE

Premierminister

Dr. B. R. BOT

Minister für auswärtige Angelegenheiten

DER BUNDESPRÄSIDENT DER REPUBLIK ÖSTERREICH,

Dr. Wolfgang SCHÜSSEL

Bundeskanzler

Dr. Ursula PLASSNIK

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten

DER PRÄSIDENT DER REPUBLIK POLEN,

Marek BELKA

Premierminister

Włodzimierz CIMOSZEWICZ

Minister für auswärtige Angelegenheiten

DER PRÄSIDENT DER PORTUGIESISCHEN REPUBLIK,

Pedro Miguel DE SANTANA LOPES

Premierminister

António Victor MARTINS MONTEIRO

Minister für auswärtige Angelegenheiten und die portugiesischen Gemeinschaften im Ausland

DER PRÄSIDENT DER REPUBLIK SLOWENIEN,

Anton ROP

Ministerpräsident

Ivo VAJGL

Minister für auswärtige Angelegenheiten

DER PRÄSIDENT DER SLOWAKISCHEN REPUBLIK,

Mikuláš DZURINDA

Premierminister

Eduard KUKAN

Minister für auswärtige Angelegenheiten

DIE PRÄSIDENTIN DER REPUBLIK FINNLAND,

Matti VANHANEN

Premierminister

Erkki TUOMIOJA

Minister für auswärtige Angelegenheiten

DIE REGIERUNG DES KÖNIGREICHS SCHWEDEN,

Göran PERSSON

Ministerpräsident

Laila FREIVALDS

Ministerin für auswärtige Angelegenheiten

IHRE MAJESTÄT DIE KÖNIGIN DES VEREINIGTEN KÖNIGREICHS GROSSBRITANNIEN UND NORDIRLAND,

The Rt. Hon Tony BLAIR

Premierminister

The Rt. Hon Jack STRAW

Minister für auswärtige Angelegenheiten und Commonwealth-Fragen

DIESE SIND nach Austausch ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten wie folgt

ÜBEREINGEKOMMEN:

 

TEIL I

 

TITEL I

 

DEFINITION UND ZIELE DER UNION

 

Artikel I-1

 

Gründung der Union

(1) Geleitet von dem Willen der Bürgerinnen und Bürger und der Staaten Europas, ihre Zukunft gemeinsam zu gestalten, begründet diese Verfassung die Europäische Union, der die Mitgliedstaaten Zuständigkeiten zur Verwirklichung ihrer gemeinsamen Ziele übertragen. Die Union koordiniert die diesen Zielen dienende Politik der Mitgliedstaaten und übt die ihr von den Mitgliedstaaten übertragenen Zuständigkeiten in gemeinschaftlicher Weise aus.

(2) Die Union steht allen europäischen Staaten offen, die ihre Werte achten und sich verpflichten, sie gemeinsam zu fördern.

 

Artikel I-2

 

Die Werte der Union

Die Werte, auf die sich die Union gründet, sind die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören. Diese Werte sind allen Mitgliedstaaten in einer Gesellschaft gemeinsam, die sich durch Pluralismus, Nichtdiskriminierung, Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität und die Gleichheit von Frauen und Männern auszeichnet.

 

Artikel I-3

 

Die Ziele der Union

 

(1) Ziel der Union ist es, den Frieden, ihre Werte und das Wohlergehen ihrer Völker zu fördern.

(2) Die Union bietet ihren Bürgerinnen und Bürgern einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ohne Binnengrenzen und einen Binnenmarkt mit freiem und unverfälschtem Wettbewerb.

(3) Die Union wirkt auf die nachhaltige Entwicklung Europas auf der Grundlage eines ausgewogenen Wirtschaftswachstums und von Preisstabilität, eine in hohem Maße wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft, die auf Vollbeschäftigung und sozialen Fortschritt abzielt, sowie ein hohes Maß an Umweltschutz und Verbesserung der Umweltqualität hin. Sie fördert den wissenschaftlichen und technischen Fortschritt.

Sie bekämpft soziale Ausgrenzung und Diskriminierungen und fördert soziale Gerechtigkeit und sozialen Schutz, die Gleichstellung von Frauen und Männern, die Solidarität zwischen den Generationen und den Schutz der Rechte des Kindes. Sie fördert den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt und die Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten. Sie wahrt den Reichtum ihrer kulturellen und sprachlichen Vielfalt und sorgt für den Schutz und die Entwicklung des kulturellen Erbes Europas.

(4) In ihren Beziehungen zur übrigen Welt schützt und fördert die Union ihre Werte und Interessen. Sie leistet einen Beitrag zu Frieden, Sicherheit, globaler nachhaltiger Entwicklung, Solidarität und gegenseitiger Achtung unter den Völkern, zu freiem und gerechtem Handel, zur Beseitigung der Armut und zum Schutz der Menschenrechte, insbesondere der Rechte des Kindes, sowie zur strikten Einhaltung und Weiterentwicklung des Völkerrechts, insbesondere zur Wahrung der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen.

(5) Die Union verfolgt ihre Ziele mit geeigneten Mitteln entsprechend den Zuständigkeiten, die ihr in der Verfassung übertragen sind.

 

Artikel I-4

 

Grundfreiheiten und Nichtdiskriminierung

 

(1) Der freie Personen-, Dienstleistungs-, Waren- und Kapitalverkehr sowie die Niederlassungsfreiheit werden von der Union und innerhalb der Union nach Maßgabe der Verfassung gewährleistet.

(2) Unbeschadet besonderer Bestimmungen der Verfassung ist in ihrem Anwendungsbereich jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten.

 

Artikel I-5

Beziehungen zwischen der Union und den Mitgliedstaaten

 

(1) Die Union achtet die Gleichheit der Mitgliedstaaten vor der Verfassung sowie die nationale Identität der Mitgliedstaaten, die in deren grundlegender politischer und verfassungsrechtlicher Struktur einschließlich der regionalen und kommunalen Selbstverwaltung zum Ausdruck kommt. Sie achtet die grundlegenden Funktionen des Staates, insbesondere die Wahrung der territorialen Unversehrtheit, die Aufrecht-erhaltung der öffentlichen Ordnung und den Schutz der nationalen Sicherheit.

(2) Nach dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit achten und unterstützen sich die Union und die Mitgliedstaaten gegenseitig bei der Erfüllung der Aufgaben, die sich aus der Verfassung ergeben. Die Mitgliedstaaten ergreifen alle geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zur Erfüllung der Verpflichtungen, die sich aus der Verfassung oder den Handlungen der Organe der Union ergeben. Die Mitgliedstaaten unterstützen die Union bei der Erfüllung ihrer Aufgabe und unterlassen alle Maßnahmen, welche die Verwirklichung der Ziele der Union gefährden könnten.

 

Artikel I-6

 

Das Unionsrecht

 

Die Verfassung und das von den Organen der Union in Ausübung der der Union übertragenen Zuständigkeiten gesetzte Recht haben Vorrang vor dem Recht der Mitgliedstaaten.

 

Artikel I-7

 

Rechtspersönlichkeit

 

Die Union besitzt Rechtspersönlichkeit.

 

Artikel I-8

 

Die Symbole der Union

 

Die Flagge der Union stellt einen Kreis von zwölf goldenen Sternen auf blauem Hintergrund dar.

Die Hymne der Union entstammt der „Ode an die Freude“ aus der Neunten Symphonie von Ludwig van Beethoven.

Der Leitspruch der Union lautet: „In Vielfalt geeint“.

Die Währung der Union ist der Euro.

Der Europatag wird in der gesamten Union am 9. Mai gefeiert.

 

TITEL II

 

GRUNDRECHTE UND UNIONSBÜRGERSCHAFT

 

Artikel I-9

 

Grundrechte

 

(1) Die Union erkennt die Rechte, Freiheiten und Grundsätze an, die in der Charta der Grundrechte, die den Teil II bildet, enthalten sind.

(2) Die Union tritt der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten bei. Dieser Beitritt ändert nicht die in der Verfassung festgelegten Zuständigkeiten der Union.

(3) Die Grundrechte, wie sie in der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten gewährleistet sind und wie sie sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergeben, sind als allgemeine Grundsätze Teil des Unionsrechts.

 

Artikel I-10

 

Unionsbürgerschaft

 

(1) Unionsbürgerin oder Unionsbürger ist, wer die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt. Die Unionsbürgerschaft tritt zur

nationalen Staatsangehörigkeit hinzu, ohne diese zu ersetzen.

(2) Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger haben die in der Verfassung vorgesehenen Rechte und Pflichten. Sie haben

a) das Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten;

b) in dem Mitgliedstaat, in dem sie ihren Wohnsitz haben, das aktive und passive Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament und bei den Kommunalwahlen, wobei für sie dieselben Bedingungen gelten wie für die Angehörigen des betreffenden Mitgliedstaats;

c) im Hoheitsgebiet eines Drittlandes, in dem der Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen, nicht vertreten ist, Recht auf Schutz durch die diplomatischen und konsularischen Behörden eines jeden Mitgliedstaats unter denselben Bedingungen wie Staatsangehörige dieses

Staates;

d) das Recht, Petitionen an das Europäische Parlament zu richten und sich an den Europäischen Bürgerbeauftragten zu wenden, sowie das Recht, sich in einer der Sprachen der Verfassung an die Organe und die beratenden Einrichtungen der Union zu wenden und eine Antwort in derselben Sprache zu erhalten. Diese Rechte werden unter den Bedingungen und innerhalb der Grenzen ausgeübt, die in der Verfassung und durch die in Anwendung der Verfassung erlassenen Maßnahmen festgelegt sind.

 

TITEL III

 

DIE ZUSTÄNDIGKEITEN DER UNION

 

Artikel I-11

 

Grundsätze

 

(1) Für die Abgrenzung der Zuständigkeiten der Union gilt der Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung. Für die Ausübung der Zuständigkeiten der Union gelten die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit.

(2) Nach dem Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung wird die Union innerhalb der Grenzen der Zuständigkeiten tätig, die die Mitgliedstaaten ihr in der Verfassung zur Verwirklichung der darin niedergelegten Ziele übertragen haben. Alle der Union nicht in der Verfassung übertragenen Zuständigkeiten verbleiben bei den Mitgliedstaaten.

(3) Nach dem Subsidiaritätsprinzip wird die Union in den Bereichen, die nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen, nur tätig, sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen von den Mitgliedstaaten weder auf zentraler noch auf regionaler oder lokaler Ebene

ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind. Die Organe der Union wenden das Subsidiaritätsprinzip nach dem Protokoll über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit an. Die nationalen Parlamente achten auf die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips nach dem in jenem Protokoll vorgesehenen Verfahren.

(4) Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gehen die Maßnahmen der Union inhaltlich wie formal nicht über das zur Erreichung der Ziele der Verfassung erforderliche Maß hinaus. Die Organe der Union wenden den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nach dem Protokoll über die

Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit an.

 

Artikel I-12

 

Arten von Zuständigkeiten

 

(1) Überträgt die Verfassung der Union für einen bestimmten Bereich eine ausschließliche Zuständigkeit, so kann nur die Union gesetzgeberisch tätig werden und verbindliche Rechtsakte erlassen; die Mitgliedstaaten dürfen in einem solchen Fall nur tätig werden, wenn sie von der Union hierzu ermächtigt werden, oder um Rechtsakte der Union durchzuführen.

(2) Überträgt die Verfassung der Union für einen bestimmten Bereich eine mit den Mitgliedstaaten geteilte Zuständigkeit, so können die Union und die Mitgliedstaaten in diesem Bereich gesetzgeberisch tätig werden und verbindliche Rechtsakte erlassen. Die Mitgliedstaaten nehmen ihre Zuständigkeit wahr, sofern und soweit die Union ihre Zuständigkeit nicht ausgeübt hat oder entschieden hat, diese nicht mehr auszuüben.

(3) Die Mitgliedstaaten koordinieren ihre Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik im Rahmen von Regelungen nach Maßgabe von Teil III, für deren Festlegung die Union zuständig ist.

(4) Die Union ist dafür zuständig, eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik einschließlich der schrittweisen Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik zu erarbeiten und zu verwirklichen.

(5) In bestimmten Bereichen ist die Union nach Maßgabe der Verfassung dafür zuständig, Maßnahmen zur Unterstützung, Koordinierung oder Ergänzung der Maßnahmen der Mitgliedstaaten durchzuführen, ohne dass dadurch die Zuständigkeit der Union für diese Bereiche an die Stelle der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten tritt. Die verbindlichen Rechtsakte der Union, die aufgrund der diese Bereiche betreffenden Bestimmungen des Teils III erlassen werden, dürfen keine Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten beinhalten.

(6) Der Umfang der Zuständigkeiten der Union und die Einzelheiten ihrer Ausübung ergeben sich aus den Bestimmungen des Teils III zu den einzelnen Bereichen.

 

Artikel I-13

 

Bereiche mit ausschließlicher Zuständigkeit

 

(1) Die Union hat ausschließliche Zuständigkeit in folgenden Bereichen:

a) Zollunion,

b) Festlegung der für das Funktionieren des Binnenmarkts erforderlichen Wettbewerbsregeln,

c) Währungspolitik für die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist,

d) Erhaltung der biologischen Meeresschätze im Rahmen der gemeinsamen Fischereipolitik,

e) gemeinsame Handelspolitik.

(2) Die Union hat ferner ausschließliche Zuständigkeit für den Abschluss internationaler Übereinkünfte, wenn der Abschluss einer solchen Übereinkunft in einem Gesetzgebungsakt der Union vorgesehen ist, wenn er notwendig ist, damit sie ihre interne Zuständigkeit ausüben kann,

oder soweit er gemeinsame Regeln beeinträchtigen oder deren Tragweite verändern könnte.

 

Artikel I-14

 

Bereiche mit geteilter Zuständigkeit

 

(1) Die Union teilt ihre Zuständigkeit mit den Mitgliedstaaten, wenn ihr die Verfassung außerhalb der in den Artikeln I-13 und I-17 genannten Bereiche eine Zuständigkeit überträgt.

(2) Die geteilte Zuständigkeit erstreckt sich auf die folgenden Hauptbereiche:

a) Binnenmarkt,

b) Sozialpolitik hinsichtlich der in Teil III genannten Aspekte,

c) wirtschaftlicher, sozialer und territorialer Zusammenhalt,

d) Landwirtschaft und Fischerei, ausgenommen die Erhaltung der biologischen Meeresschätze,

e) Umwelt,

f) Verbraucherschutz,

g) Verkehr,

h) transeuropäische Netze,

i) Energie,

j) Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts,

k) gemeinsame Sicherheitsanliegen im Bereich der öffentlichen Gesundheit hinsichtlich der in Teil III genannten Aspekte.

(3) In den Bereichen Forschung, technologische Entwicklung und Raumfahrt erstreckt sich die Zuständigkeit der Union darauf, Maßnahmen zu treffen, insbesondere Programme zu erstellen und durchzuführen, ohne dass die Ausübung dieser Zuständigkeit die Mitgliedstaaten hindert, ihre Zuständigkeit auszuüben.

(4) In den Bereichen Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe erstreckt sich die Zuständigkeit der Union darauf, Maßnahmen zu treffen und eine gemeinsame Politik zu verfolgen, ohne dass die Ausübung dieser Zuständigkeit die Mitgliedstaaten hindert, ihre Zuständigkeit

auszuüben.

 

Artikel I-15

 

Die Koordinierung der Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik

 

(1) Die Mitgliedstaaten koordinieren ihre Wirtschaftspolitik innerhalb der Union. Zu diesem Zweck erlässt der Ministerrat Maßnahmen; insbesondere beschließt er die Grundzüge dieser Politik. Für die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, gelten besondere Regelungen.

(2) Die Union trifft Maßnahmen zur Koordinierung der Beschäftigungspolitik der Mitgliedstaaten, insbesondere durch die Festlegung von Leitlinien für diese Politik.

(3) Die Union kann Initiativen zur Koordinierung der Sozialpolitik der Mitgliedstaaten ergreifen.

 

Artikel I-16

 

Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik

 

(1) Die Zuständigkeit der Union in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik erstreckt sich auf alle Bereiche der Außenpolitik sowie auf sämtliche Fragen im Zusammenhang mit der Sicherheit der Union, einschließlich der schrittweisen Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik, die zu einer gemeinsamen Verteidigung führen kann.

(2) Die Mitgliedstaaten unterstützen die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Union aktiv und vorbehaltlos im Geiste der Loyalität und der gegenseitigen Solidarität und achten das Handeln der Union in diesem Bereich. Sie enthalten sich jeder Handlung, die den Interessen der Union zuwiderläuft oder ihrer Wirksamkeit schaden könnte.

 

Artikel I-17

 

Unterstützungs-, Koordinierungs- und Ergänzungsmaßnahmen

 

Die Union ist für die Durchführung von Unterstützungs-, Koordinierungs- oder Ergänzungsmaßnahmen zuständig. Diese Maßnahmen mit europäischer Zielsetzung können in folgenden Bereichen getroffen werden:

a) Schutz und Verbesserung der menschlichen Gesundheit,

b) Industrie,

c) Kultur,

d) Tourismus,

e) allgemeine Bildung, Jugend, Sport und berufliche Bildung,

f) Katastrophenschutz,

g) Verwaltungszusammenarbeit.

 

Artikel I-18

 

Flexibilitätsklausel

 

(1) Erscheint ein Tätigwerden der Union im Rahmen der in Teil III festgelegten Politikbereiche erforderlich, um eines der Ziele der Verfassung zu verwirklichen, und sind in dieser Verfassung die hierfür erforderlichen Befugnisse nicht vorgesehen, so erlässt der Ministerrat einstimmig auf

Vorschlag der Europäischen Kommission und nach Zustimmung des Europäischen Parlaments die geeigneten Maßnahmen.

(2) Die Europäische Kommission macht die nationalen Parlamente im Rahmen des Verfahrens zur Kontrolle der Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips nach Artikel I-11 Absatz 3 auf die Vorschläge aufmerksam, die sich auf den vorliegenden Artikel stützen.

(3) Die auf diesem Artikel beruhenden Maßnahmen dürfen keine Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten in den Fällen beinhalten, in denen eine solche Harmonisierung nach der Verfassung ausgeschlossen ist.

 

TITEL IV

 

DIE ORGANE UND EINRICHTUNGEN DER UNION

 

KAPITEL I

 

INSTITUTIONELLER RAHMEN

 

Artikel I-19

 

Die Organe der Union

 

(1) Die Union verfügt über einen institutionellen Rahmen, der zum Zweck hat,

— ihren Werten Geltung zu verschaffen,

— ihre Ziele zu verfolgen,

— ihren Interessen, denen ihrer Bürgerinnen und Bürger und denen der Mitgliedstaaten zu dienen,

— die Kohärenz, Effizienz und Kontinuität ihrer Politik und ihrer Maßnahmen sicherzustellen.

Dieser institutionelle Rahmen umfasst

— das Europäische Parlament,

— den Europäischen Rat,

— den Ministerrat (im Folgenden „Rat“),

— die Europäische Kommission (im Folgenden „Kommission“),

— den Gerichtshof der Europäischen Union.

(2) Jedes Organ handelt nach Maßgabe der ihm in der Verfassung zugewiesenen Befugnisse nach den Verfahren und unter den Bedingungen, die in der Verfassung festgelegt sind. Die Organe arbeiten loyal zusammen.

 

Artikel I-20

 

Das Europäische Parlament

 

(1) Das Europäische Parlament wird gemeinsam mit dem Rat als Gesetzgeber tätig und übt gemeinsam mit ihm die Haushaltsbefugnisse aus. Es erfüllt Aufgaben der politischen Kontrolle und Beratungsfunktionen nach Maßgabe der Verfassung. Es wählt den Präsidenten der Kommission.

(2) Das Europäische Parlament setzt sich aus Vertretern der Unionsbürgerinnen und Unionsbürger zusammen. Ihre Anzahl darf 750 nicht überschreiten. Die Bürgerinnen und Bürger sind im Europäischen Parlament degressiv proportional, mindestens jedoch mit sechs Mitgliedern je Mitgliedstaat vertreten. Kein Mitgliedstaat erhält mehr als 96 Sitze. Der Europäische Rat erlässt einstimmig auf Initiative des Europäischen Parlaments und mit dessen Zustimmung einen Europäischen Beschluss über die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments, in dem die in Unterabsatz 1 genannten Grundsätze gewahrt sind.

(3) Die Mitglieder des Europäischen Parlaments werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier und geheimer Wahl für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt.

(4) Das Europäische Parlament wählt aus seiner Mitte seinen Präsidenten und sein Präsidium.

 

Artikel I-21

 

Der Europäische Rat

 

(1) Der Europäische Rat gibt der Union die für ihre Entwicklung erforderlichen Impulse und legt die allgemeinen politischen Zielvorstellungen und Prioritäten hierfür fest. Er wird nicht gesetzgeberisch tätig.

(2) Der Europäische Rat setzt sich zusammen aus den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten sowie dem Präsidenten des Europäischen Rates und dem Präsidenten der Kommission. Der Außenminister der Union nimmt an seinen Arbeiten teil.

(3) Der Europäische Rat tritt vierteljährlich zusammen; er wird von seinem Präsidenten einberufen. Wenn es die Tagesordnung erfordert, können die Mitglieder des Europäischen Rates beschließen, sich jeweils von einem Minister oder — im Fall des Präsidenten der Kommission — von einem Mitglied der Kommission unterstützen zu lassen. Wenn es die Lage erfordert, beruft der Präsident eine außerordentliche Tagung des Europäischen Rates ein.

(4) Soweit in der Verfassung nichts anderes festgelegt ist, entscheidet der Europäische Rat im Konsens.

 

Artikel I-22

 

Der Präsident des Europäischen Rates

 

(1) Der Europäische Rat wählt seinen Präsidenten mit qualifizierter Mehrheit für eine Amtszeit von zweieinhalb Jahren; der Präsident kann einmal wiedergewählt werden. Im Falle einer Verhinderung oder einer schweren Verfehlung kann der Europäische Rat ihn im Wege des gleichen Verfahrens von seinem Amt entbinden.

(2) Der Präsident des Europäischen Rates

a) führt den Vorsitz bei den Arbeiten des Europäischen Rates und gibt ihnen Impulse,

b) sorgt in Zusammenarbeit mit dem Präsidenten der Kommission auf der Grundlage der Arbeiten des Rates „Allgemeine Angelegenheiten“ für die Vorbereitung und Kontinuität der Arbeiten des Europäischen Rates,

c) wirkt darauf hin, dass Zusammenhalt und Konsens im Europäischen Rat gefördert werden,

d) legt dem Europäischen Parlament im Anschluss an jede Tagung des Europäischen Rates einen Bericht vor. Der Präsident des Europäischen Rates nimmt in seiner Eigenschaft auf seiner Ebene, unbeschadet der Befugnisse des Außenministers der Union, die Außenvertretung der Union in Angelegenheiten der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik wahr.

(3) Der Präsident des Europäischen Rates darf kein einzelstaatliches Amt ausüben.

 

Artikel I-23

 

Der Ministerrat

 

(1) Der Rat wird gemeinsam mit dem Europäischen Parlament als Gesetzgeber tätig und übt gemeinsam mit ihm die Haushaltsbefugnisse aus. Zu seinen Aufgaben gehört die Festlegung der Politik und die Koordinierung nach Maßgabe der Verfassung.

(2) Der Rat besteht aus je einem Vertreter jedes Mitgliedstaats auf Ministerebene, der befugt ist, für die Regierung des von ihm vertretenen Mitgliedstaats verbindlich zu handeln und das Stimmrecht auszuüben.

(3) Soweit in der Verfassung nichts anderes festgelegt ist, beschließt der Rat mit qualifizierter Mehrheit.

 

Artikel I-24

 

Die Zusammensetzung des Ministerrates

 

(1) Der Rat tagt in verschiedenen Zusammensetzungen.

(2) Als Rat „Allgemeine Angelegenheiten“ sorgt er für die Kohärenz der Arbeiten des Rates in seinen verschiedenen Zusammensetzungen.

In Verbindung mit dem Präsidenten des Europäischen Rates und mit der Kommission bereitet er die Tagungen des Europäischen Rates vor und sorgt für das weitere Vorgehen.

(3) Als Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ gestaltet er das auswärtige Handeln der Union entsprechend den strategischen Vorgaben des Europäischen Rates und sorgt für die Kohärenz des Handelns der Union.

(4) Der Europäische Rat erlässt mit qualifizierter Mehrheit einen Europäischen Beschluss, mit dem die anderen Zusammensetzungen des Rates festgelegt werden.

(5) Ein Ausschuss von Ständigen Vertretern der Regierungen der Mitgliedstaaten ist für die Vorbereitung der Arbeiten des Rates verantwortlich.

(6) Der Rat tagt öffentlich, wenn er über Entwürfe zu Gesetzgebungsakten berät oder abstimmt. Zu diesem Zweck wird jede Ratstagung in zwei Teile unterteilt, von denen der eine den Beratungen über die Gesetzgebungsakte der Union und der andere den nicht die Gesetzgebung betreffenden Tätigkeiten gewidmet ist.

(7) Der Vorsitz im Rat in allen seinen Zusammensetzungen mit Ausnahme des Rates „Auswärtige Angelegenheiten“ wird von den Vertretern der Mitgliedstaaten im Rat nach Maßgabe eines Europäischen Beschlusses des Europäischen Rates nach einem System der gleich-berechtigten Rotation wahrgenommen. Der Europäische Rat beschließt mit qualifizierter Mehrheit.

 

Artikel I-25

 

Definition der qualifizierten Mehrheit im Europäischen Rat und im Rat

 

(1) Als qualifizierte Mehrheit gilt eine Mehrheit von mindestens 55 % der Mitglieder des Rates, gebildet aus mindestens 15 Mitgliedern, sofern die von diesen vertretenen Mitgliedstaaten zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der Union ausmachen. Für eine Sperrminorität sind mindestens vier Mitglieder des Rates erforderlich, andernfalls gilt die qualifizierte Mehrheit als erreicht.

(2) Beschließt der Rat nicht auf Vorschlag der Kommission oder des Außenministers der Union, so gilt abweichend von Absatz 1 als qualifizierte Mehrheit eine Mehrheit von mindestens 72 % der Mitglieder des Rates, sofern die von diesen vertretenen Mitgliedstaaten zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der Union ausmachen.

(3) Beschließt der Europäische Rat mit qualifizierter Mehrheit, so gelten die Absätze 1 und 2 für ihn.

(4) Der Präsident des Europäischen Rates und der Präsident der Kommission nehmen an den Abstimmungen im Europäischen Rat nicht teil.

 

Artikel I-26

 

Die Europäische Kommission

 

(1) Die Kommission fördert die allgemeinen Interessen der Union und ergreift geeignete Initiativen zu diesem Zweck. Sie sorgt für die Anwendung der Verfassung sowie der von den Organen kraft der Verfassung erlassenen Maßnahmen. Sie überwacht die Anwendung des Unionsrechts unter der Kontrolle des Gerichtshofs der Europäischen Union. Sie führt den Haushaltsplan aus und verwaltet die Programme. Sie übt nach Maßgabe der Verfassung Koordinierungs-, Exekutiv- und Verwaltungsfunktionen aus. Außer in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und den übrigen in der Verfassung vorgesehenen Fällen nimmt sie die Vertretung der Union nach außen wahr. Sie leitet die

jährliche und die mehrjährige Programmplanung der Union mit dem Ziel ein, interinstitutionelle Vereinbarungen zu erreichen.

(2) Soweit in der Verfassung nichts anderes festgelegt ist, darf ein Gesetzgebungsakt der Union nur auf Vorschlag der Kommission erlassen werden. Andere Rechtsakte werden auf der Grundlage eines Kommissionsvorschlags erlassen, wenn dies in der Verfassung vorgesehen ist.

(3) Die Amtszeit der Kommission beträgt fünf Jahre.

(4) Die Mitglieder der Kommission werden aufgrund ihrer allgemeinen Befähigung und ihres Einsatzes für Europa unter Persönlichkeiten ausgewählt, die volle Gewähr für ihre Unabhängigkeit bieten.

(5) Die erste Kommission, die in Anwendung der Verfassung ernannt wird, einschließlich ihres Präsidenten und des Außenministers der Union, der einer der Vizepräsidenten der Kommission ist, besteht aus je einem Staatsangehörigen jedes Mitgliedstaats.

(6) Ab dem Ende der Amtszeit der Kommission nach Absatz 5 besteht die Kommission, einschließlich ihres Präsidenten und des Außenministers der Union, aus einer Anzahl von Mitgliedern, die zwei Dritteln der Zahl der Mitgliedstaaten entspricht, sofern der Europäische Rat nicht einstimmig eine Änderung dieser Anzahl beschließt. Die Kommissionsmitglieder werden unter den Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten in einem System der gleichberechtigten Rotation zwischen den Mitgliedstaaten ausgewählt. Dieses System wird durch

einen vom Europäischen Rat einstimmig erlassenen Europäischen Beschluss geschaffen,  der auf folgenden Grundsätzen beruht:

a) Die Mitgliedstaaten werden bei der Festlegung der Reihenfolge und der Dauer der Amtszeiten ihrer Staatsangehörigen in der Kommission vollkommen gleich behandelt; demzufolge kann die Gesamtzahl der Mandate, welche Staatsangehörige zweier beliebiger  Mitgliedstaaten innehaben, niemals um mehr als eines voneinander abweichen.

b) Vorbehaltlich des Buchstabens a ist jede der aufeinander folgenden Kommissionen so zusammengesetzt, dass das demografische und geografische Spektrum der Gesamtheit der Mitgliedstaaten auf zufrieden stellende Weise zum Ausdruck kommt.

(7) Die Kommission übt ihre Tätigkeit in voller Unabhängigkeit aus. Die Mitglieder der Kommission dürfen unbeschadet des Artikels I-28 Absatz 2 Weisungen von einer Regierung, einem Organ, einer Einrichtung oder jeder anderen Stelle weder einholen noch entgegennehmen. Sie enthalten sich jeder Handlung, die mit ihrem Amt oder der Erfüllung ihrer Aufgaben unvereinbar ist.

(8) Die Kommission ist als Kollegium dem Europäischen Parlament verantwortlich. Das Europäische Parlament kann nach Artikel III-340 einen Misstrauensantrag gegen die Kommission annehmen. Wird ein solcher Antrag angenommen, so müssen die Mitglieder der Kommission

geschlossen ihr Amt niederlegen, und der Außenminister der Union muss sein im Rahmen der Kommission ausgeübtes Amt niederlegen.

 

Artikel I-27

 

Der Präsident der Europäischen Kommission

 

(1) Der Europäische Rat schlägt dem Europäischen Parlament nach entsprechenden Konsultationen mit qualifizierter Mehrheit einen Kandidaten für das Amt des Präsidenten der Kommission vor; dabei berücksichtigt er das Ergebnis der Wahlen zum Europäischen Parlament. Das Europäische Parlament wählt diesen Kandidaten mit der Mehrheit seiner Mitglieder. Erhält dieser Kandidat nicht die Mehrheit,

so schlägt der Europäische Rat dem Europäischen Parlament innerhalb eines Monats mit qualifizierter Mehrheit einen neuen Kandidaten vor, für dessen Wahl das Europäische Parlament dasselbe Verfahren anwendet.

(2) Der Rat nimmt, im Einvernehmen mit dem gewählten Präsidenten, die Liste der anderen Persönlichkeiten an, die er als Mitglieder der Kommission vorschlägt. Diese werden auf der Grundlage der Vorschläge der Mitgliedstaaten entsprechend den Kriterien nach Artikel I-26 Absatz 4 und Absatz 6 Unterabsatz 2 ausgewählt. Der Präsident, der Außenminister der Union und die übrigen Mitglieder der Kommission stellen sich als Kollegium einem Zustimmungsvotum des Europäischen Parlaments. Auf der Grundlage dieser Zustimmung wird die Kommission vom Europäischen Rat mit qualifizierter Mehrheit ernannt.

(3) Der Präsident der Kommission

a) legt die Leitlinien fest, nach denen die Kommission ihre Aufgaben ausübt,

b) beschließt über die interne Organisation der Kommission, um die Kohärenz, die Effizienz und das Kollegialitätsprinzip im Rahmen ihrer Tätigkeit sicherzustellen,

c) ernennt, mit Ausnahme des Außenministers der Union, die Vizepräsidenten aus dem Kreis der Mitglieder der Kommission.

Ein Mitglied der Kommission legt sein Amt nieder, wenn es vom Präsidenten dazu aufgefordert wird. Der Außenminister der Union legt sein Amt nach dem Verfahren des Artikels I-28 Absatz 1 nieder, wenn er vom Präsidenten dazu aufgefordert wird.

 

Artikel I-28

 

Der Außenminister der Union

 

(1) Der Europäische Rat ernennt mit qualifizierter Mehrheit mit Zustimmung des Präsidenten der Kommission den Außenminister der Union. Der Europäische Rat kann die Amtszeit des Außenministers nach dem gleichen Verfahren beenden.

(2) Der Außenminister der Union leitet die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Union. Er trägt durch seine Vorschläge zur Festlegung dieser Politik bei und führt sie im Auftrag des Rates durch. Er handelt ebenso im Bereich der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik.

(3) Der Außenminister der Union führt den Vorsitz im Rat „Auswärtige Angelegenheiten“.

(4) Der Außenminister der Union ist einer der Vizepräsidenten der Kommission. Er sorgt für die Kohärenz des auswärtigen Handelns der Union. Er ist innerhalb der Kommission mit deren Zuständigkeiten im Bereich der Außenbeziehungen und mit der Koordinierung der übrigen Aspekte des auswärtigen Handelns der Union betraut. Bei der Wahrnehmung dieser Zuständigkeiten in der Kommission und ausschließlich im Hinblick auf diese Zuständigkeiten unterliegt der Außenminister der Union den Verfahren, die für die Arbeitsweise der Kommission gelten, soweit dies mit den Absätzen 2 und 3 vereinbar ist.

 

Artikel I-29

 

Der Gerichtshof der Europäischen Union

 

(1) Der Gerichtshof der Europäischen Union umfasst den Gerichtshof, das Gericht und Fachgerichte. Er sichert die Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung der Verfassung. Die Mitgliedstaaten schaffen die erforderlichen Rechtsbehelfe, damit ein wirksamer Rechtsschutz in den vom Unionsrecht erfassten Bereichen gewährleistet ist.

(2) Der Gerichtshof besteht aus einem Richter je Mitgliedstaat. Er wird von Generalanwälten unterstützt. Das Gericht besteht aus mindestens einem Richter je Mitgliedstaat. Als Richter und Generalanwälte des Gerichtshofs und als Richter des Gerichts sind Persönlichkeiten auszuwählen, die jede Gewähr für Unabhängigkeit bieten und die Voraussetzungen der Artikel III- 355 und III-356 erfüllen. Sie werden von den Regierungen der Mitgliedstaaten im gegenseitigen Einvernehmen für eine Amtszeit von sechs Jahren ernannt. Die Wiederernennung ausscheidender Richter und Generalanwälte ist zulässig.

(3) Der Gerichtshof der Europäischen Union entscheidet nach Maßgabe von Teil III

a) über Klagen eines Mitgliedstaats, eines Organs oder natürlicher oder juristischer Personen;

b) im Wege der Vorabentscheidung auf Antrag der einzelstaatlichen Gerichte über die Auslegung des Unionsrechts oder über die Gültigkeit der Handlungen der Organe;

c) in allen anderen in der Verfassung vorgesehenen Fällen.

 

KAPITEL II

 

DIE SONSTIGEN ORGANE UND DIE BERATENDEN EINRICHTUNGEN DER UNION

 

Artikel I-30

 

Die Europäische Zentralbank

 

(1) Die Europäische Zentralbank und die nationalen Zentralbanken bilden das Europäische System der Zentralbanken. Die Europäische Zentralbank und die nationalen Zentralbanken der Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, bilden das Eurosystem und betreiben die Währungspolitik der Union.

(2) Das Europäische System der Zentralbanken wird von den Beschlussorganen der Europäischen Zentralbank geleitet. Sein vorrangiges Ziel ist es, die Preisstabilität zu gewährleisten. Unbeschadet dieses Zieles unterstützt es die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Union, um zur Verwirklichung ihrer Ziele beizutragen. Es führt alle weiteren Aufgaben einer Zentralbank nach Maßgabe des Teils III und der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank aus.

(3) Die Europäische Zentralbank ist ein Organ. Sie besitzt Rechtspersönlichkeit. Sie allein ist befugt, die Ausgabe des Euro zu genehmigen. Sie ist in der Ausübung ihrer Befugnisse und der Verwaltung ihrer Mittel unabhängig. Die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union sowie die Regierungen der Mitgliedstaaten achten diese Unabhängigkeit.

(4) Die Europäische Zentralbank erlässt die für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Maßnahmen nach den Artikeln III-185 bis III-191und Artikel III-196 und nach Maßgabe der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank. Nach diesen

Artikeln behalten die Mitgliedstaaten, deren Währung nicht der Euro ist, sowie deren Zentralbanken ihre Zuständigkeiten im Währungsbereich.

(5) Die Europäische Zentralbank wird in den Bereichen, auf die sich ihre Befugnisse erstrecken, zu allen Entwürfen für Rechtsakte der Union sowie zu allen Entwürfen für Rechtsvorschriften auf einzelstaatlicher Ebene gehört und kann Stellungnahmen abgeben.

(6) Die Beschlussorgane der Europäischen Zentralbank, ihre Zusammensetzung und ihre Arbeitsweise sind in den Artikeln III-382 und III-383 sowie in der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank festgelegt.

 

Artikel I-31

 

Der Rechnungshof

 

(1) Der Rechnungshof ist ein Organ. Er nimmt die Rechnungsprüfung der Union wahr.

(2) Er prüft die Rechnung über alle Einnahmen und Ausgaben der Union und überzeugt sich von der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung.

(3) Der Rechnungshof besteht aus einem Staatsangehörigen je Mitgliedstaat. Seine Mitglieder üben ihre Aufgaben in voller Unabhängigkeit zum allgemeinen Wohl der Union aus.

 

Artikel I-32

 

Die beratenden Einrichtungen der Union

 

(1) Das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission werden von einem Ausschuss der Regionen sowie einem Wirtschafts- und Sozialausschuss unterstützt, die beratende Aufgaben wahrnehmen.

(2) Der Ausschuss der Regionen setzt sich aus Vertretern der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften zusammen, die entweder ein auf Wahlen beruhendes Mandat in einer regionalen oder lokalen Gebietskörperschaft innehaben oder gegenüber einer gewählten Versammlung

politisch verantwortlich sind.

(3) Der Wirtschafts- und Sozialausschuss setzt sich zusammen aus Vertretern der Organisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer sowie anderen Vertretern der Zivilgesellschaft, insbesondere aus dem sozialen und wirtschaftlichen, dem staatsbürgerlichen, dem beruflichen und dem kulturellen Bereich.

(4) Die Mitglieder des Ausschusses der Regionen und des Wirtschafts- und Sozialausschusses sind an keine Weisungen gebunden. Sie üben ihre Tätigkeit in voller Unabhängigkeit zum allgemeinen Wohl der Union aus.

(5) Die Zusammensetzung dieser Ausschüsse, die Ernennung ihrer Mitglieder, ihre Befugnisse  und ihre Arbeitsweise sind in den Artikeln III-386 bis III-392 geregelt. Die Vorschriften der Absätze 2 und 3 über die Art ihrer Zusammensetzung werden in regelmäßigen Abständen vom Rat überprüft, um der wirtschaftlichen, sozialen und demografischen Entwicklung in der Union Rechnung zu tragen. Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission Europäische Beschlüsse zu diesem Zweck.

 

TITEL V

 

AUSÜBUNG DER ZUSTÄNDIGKEITEN DER UNION

 

KAPITEL I

 

GEMEINSAME BESTIMMUNGEN

 

Artikel I-33

 

Die Rechtsakte der Union

 

(1) Bei der Ausübung der Zuständigkeiten der Union bedienen sich die Organe nach Maßgabe von Teil III folgender Rechtsakte: Europäisches Gesetz, Europäisches Rahmengesetz, Europäische Verordnung, Europäischer Beschluss, Empfehlung und Stellungnahme. Das Europäische Gesetz ist ein Gesetzgebungsakt mit allgemeiner Geltung. Es ist in allen seinen Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Das Europäische Rahmengesetz ist ein Gesetzgebungsakt, der für jeden Mitgliedstaat, an den es gerichtet ist, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich ist, jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel überlässt. Die Europäische Verordnung ist ein Rechtsakt ohne Gesetzescharakter mit allgemeiner Geltung; sie dient der Durchführung der Gesetzgebungsakte und einzelner Bestimmungen der Verfassung. Sie kann entweder in allen ihren Teilen verbindlich sein und unmittelbar in jedem Mitgliedstaat gelten oder für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet ist, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich sein, jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel überlassen. Der Europäische Beschluss ist ein Rechtsakt ohne Gesetzescharakter, der in allen seinen Teilen verbindlich ist. Ist er an bestimmte Adressaten gerichtet, so ist er nur für diese verbindlich. Empfehlungen und Stellungnahmen sind nicht verbindlich.

(2) Werden das Europäische Parlament und der Rat mit dem Entwurf eines Gesetzgebungsakts befasst, so nehmen sie keine Akte an, die nach dem für den betreffenden Bereich geltenden Gesetzgebungsverfahren nicht vorgesehen sind.

 

Artikel I-34

 

Gesetzgebungsakte

 

(1) Europäisches Gesetz und Rahmengesetz werden im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren nach Artikel III-396 auf Vorschlag der Kommission vom Europäischen Parlament und vom Rat gemeinsam erlassen. Gelangen die beiden Organe nicht zu einer Einigung, so kommt der betreffende Gesetzgebungsakt nicht zustande.

(2) In bestimmten, in der Verfassung vorgesehenen Fällen werden Europäisches Gesetz und Rahmengesetz nach besonderen Gesetzgebungs-verfahren vom Europäischen Parlament mit Beteiligung des Rates oder vom Rat mit Beteiligung des Europäischen Parlaments erlassen.

(3) In bestimmten, in der Verfassung vorgesehenen Fällen können Europäisches Gesetz und Rahmengesetz auf Initiative einer Gruppe von Mitgliedstaaten oder des Europäischen Parlaments, auf Empfehlung der Europäischen Zentralbank oder auf Antrag des Gerichtshofs oder der Europäischen Investitionsbank erlassen werden.

 

Artikel I-35

 

 

Rechtsakte ohne Gesetzescharakter

 

(1) Der Europäische Rat erlässt Europäische Beschlüsse in den in der Verfassung vorgesehenen Fällen.

(2) Der Rat und die Kommission erlassen insbesondere in den Fällen nach den Artikeln I-36 und I-37 Europäische Verordnungen oder Beschlüsse; die Europäische Zentralbank erlässt Europäische Verordnungen oder Beschlüsse in bestimmten, in der Verfassung vorgesehenen Fällen.

(3) Der Rat gibt Empfehlungen ab. Er beschließt auf Vorschlag der Kommission in allen Fällen, in denen er nach Maßgabe der Verfassung Rechtsakte auf Vorschlag der Kommission erlässt. In den Bereichen, in denen für den Erlass eines Rechtsakts der Union Einstimmigkeit vorgesehen ist, beschließt er einstimmig. Die Kommission und, in bestimmten in der Verfassung vorgesehenen Fällen, die Europäische Zentralbank geben Empfehlungen ab.

 

Artikel I-36

 

Delegierte Europäische Verordnungen

 

(1) In Europäischen Gesetzen und Rahmengesetzen kann der Kommission die Befugnis übertragen werden, delegierte Europäische Verordnungen zur Ergänzung oder Änderung bestimmter nicht wesentlicher Vorschriften des betreffenden Gesetzes oder Rahmengesetzes zu erlassen. In den betreffenden Europäischen Gesetzen oder Rahmengesetzen werden Ziele, Inhalt, Geltungsbereich und Dauer der Befugnisübertragung ausdrücklich festgelegt. Die wesentlichen Aspekte eines Bereichs sind dem Europäischen Gesetz oder Rahmengesetz vorbehalten und eine Befugnisübertragung ist für sie deshalb ausgeschlossen.

(2) Die Bedingungen, unter denen die Übertragung erfolgt, werden in Europäischen Gesetzen oder Rahmengesetzen ausdrücklich festgelegt, wobei folgende Möglichkeiten bestehen:

a) Das Europäische Parlament oder der Rat kann beschließen, die Übertragung zu widerrufen.

b) Die delegierte Europäische Verordnung kann nur in Kraft treten, wenn das Europäische Parlament oder der Rat innerhalb der im Europäischen Gesetz oder Rahmengesetz festgelegten Frist keine Einwände erhebt.

Für die Zwecke der Buchstaben a und b beschließt das Europäische Parlament mit der Mehrheit seiner Mitglieder und der Rat mit qualifizierter Mehrheit.

 

Artikel I-37

 

Durchführungsrechtsakte

 

(1) Die Mitgliedstaaten ergreifen alle zur Durchführung der verbindlichen Rechtsakte der Union erforderlichen Maßnahmen nach innerstaatlichem Recht.

(2) Bedarf es einheitlicher Bedingungen für die Durchführung der verbindlichen Rechtsakte der Union, so werden mit diesen Rechtsakten der Kommission oder, in entsprechend begründeten Sonderfällen und in den Fällen nach Artikel I-40, dem Rat Durchführungsbefugnisse übertragen.

(3) Für die Zwecke des Absatzes 2 werden durch Europäisches Gesetz im Voraus allgemeine Regeln und Grundsätze festgelegt, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren.

(4) Die Durchführungsrechtsakte der Union ergehen in der Form von Europäischen Durchführungsverordnungen oder Europäischen Durchführungsbeschlüssen.

 

Artikel I-38

 

Gemeinsame Grundsätze für die Rechtsakte der Union

 

(1) Wird die Art des zu erlassenden Rechtsakts von der Verfassung nicht vorgegeben, so entscheiden die Organe darüber von Fall zu Fall unter Einhaltung der geltenden Verfahren und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nach Artikel I-11.

(2) Die Rechtsakte sind mit einer Begründung zu versehen und nehmen auf die in der Verfassung vorgesehenen Vorschläge, Initiativen, Empfehlungen, Anträge oder Stellungnahmen Bezug.

 

Artikel I-39

 

Veröffentlichung und Inkrafttreten

 

(1) Europäische Gesetze und Rahmengesetze, die nach dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen wurden, werden vom Präsidenten des Europäischen Parlaments und vom Präsidenten des Rates unterzeichnet. In den übrigen Fällen werden sie vom Präsidenten des Organs, das sie erlassen hat, unterzeichnet. Die Europäischen Gesetze und Rahmengesetze werden im Amtsblatt der Europäischen Union

veröffentlicht und treten zu dem durch sie festgelegten Zeitpunkt oder anderenfalls am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung in Kraft.

(2) Europäische Beschlüsse, die an keinen bestimmten Adressaten gerichtet sind, sowie Europäische Verordnungen werden vom Präsidenten des Organs, das sie erlassen hat, unterzeichnet. Europäische Beschlüsse, die an keinen bestimmten Adressaten gerichtet sind, sowie Europäische Verordnungen werden im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und treten zu dem durch sie festgelegten Zeitpunkt oder anderenfalls am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung in Kraft.

(3) Andere als die in Absatz 2 genannten Europäischen Beschlüsse werden denjenigen, für die sie bestimmt sind, bekannt gegeben und durch diese Bekanntgabe wirksam.

 

KAPITEL II

 

BESONDERE BESTIMMUNGEN

 

Artikel I-40

 

Besondere Bestimmungen über die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik

 

(1) Die Europäische Union verfolgt eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, die auf einer Entwicklung der gegenseitigen politischen Solidarität der Mitgliedstaaten, der Ermittlung der Fragen von allgemeiner Bedeutung und der Erreichung einer immer stärkeren Konvergenz des Handelns der Mitgliedstaaten beruht.

(2) Der Europäische Rat bestimmt die strategischen Interessen der Union und legt die Ziele ihrer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik fest. Der Rat gestaltet diese Politik im Rahmen der vom Europäischen Rat festgelegten strategischen Leitlinien in Übereinstimmung mit Teil III.

(3) Der Europäische Rat und der Rat erlassen die erforderlichen Europäischen Beschlüsse.

(4) Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik wird vom Außenminister der Union und von den Mitgliedstaaten mit einzelstaatlichen Mitteln und den Mitteln der Union durchgeführt.

(5) Die Mitgliedstaaten stimmen sich im Europäischen Rat und im Rat zu jeder außen- und sicherheitspolitischen Frage von allgemeiner Bedeutung ab, um ein gemeinsames Vorgehen festzulegen. Bevor ein Mitgliedstaat in einer Weise, die die Interessen der Union berühren könnte, auf internationaler Ebene tätig wird oder eine Verpflichtung eingeht, konsultiert er die anderen Mitgliedstaaten im Europäischen Rat oder im Rat. Die Mitgliedstaaten gewährleisten durch konvergentes Handeln, dass die Union ihre Interessen und ihre Werte auf internationaler Ebene geltend machen kann. Die Mitgliedstaaten sind untereinander solidarisch.

(6) Im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik erlassen der Europäische Rat und der Rat außer in den in Teil III genannten Fällen Europäische Beschlüsse einstimmig. Sie beschließen auf Initiative eines Mitgliedstaates, auf Vorschlag des Außenministers der Union oder auf Vorschlag des Außenministers mit Unterstützung der Kommission. Europäische Gesetze und Rahmengesetze sind ausgeschlossen.

(7) Der Europäische Rat kann einstimmig einen Europäischen Beschluss erlassen, wonach der Rat in anderen als den in Teil III genannten Fällen mit qualifizierter Mehrheit beschließt.

(8) Das Europäische Parlament wird zu den wichtigsten Aspekten und den grundlegenden Weichenstellungen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik regelmäßig gehört. Es wird über ihre Entwicklung auf dem Laufenden gehalten.

 

Artikel I-41

 

Besondere Bestimmungen über die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik

 

(1) Die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik ist integraler Bestandteil der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. Sie sichert der Union eine auf zivile und militärische Mittel gestützte Fähigkeit zu Operationen. Auf diese kann die Union bei Missionen außerhalb der Union zur Friedenssicherung, Konfliktverhütung und Stärkung der internationalen Sicherheit in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen zurückgreifen. Sie erfüllt diese Aufgaben mit Hilfe der Fähigkeiten, die von den Mitgliedstaaten bereitgestellt werden.

(2) Die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik umfasst die schrittweise Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik der Union. Diese führt zu einer gemeinsamen Verteidigung, sobald der Europäische Rat dies einstimmig beschlossen hat. Er empfiehlt in diesem Fall den Mitgliedstaaten, einen Beschluss in diesem Sinne im Einklang mit ihren verfassungsrechtlichen

Vorschriften zu erlassen. Die Politik der Union nach diesem Artikel berührt nicht den besonderen Charakter der Sicherheits-  und

Verteidigungspolitik bestimmter Mitgliedstaaten; sie achtet die Verpflichtungen bestimmter Mitgliedstaaten, die ihre gemeinsame Verteidigung in der Nordatlantikvertrags-Organisation verwirklicht sehen, aufgrund des Nordatlantikvertrags und ist vereinbar mit der in jenem Rahmen

festgelegten gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik.

(3) Die Mitgliedstaaten stellen der Union für die Umsetzung der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik zivile und militärische Fähigkeiten als Beitrag zur Verwirklichung der vom Rat festgelegten Ziele zur Verfügung. Die Mitgliedstaaten, die zusammen multinationale Streitkräfte aufstellen, können diese auch für die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik zur Verfügung stellen. Die Mitgliedstaaten verpflichten sich, ihre militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern. Es wird eine Agentur für die Bereiche Entwicklung der Verteidigungsfähigkeiten, Forschung, Beschaffung und Rüstung (Europäische Verteidigungsagentur) eingerichtet, deren Aufgabe es ist, den operativen Bedarf zu ermitteln und Maßnahmen zur Bedarfsdeckung zu fördern, zur Ermittlung von Maßnahmen zur Stärkung der industriellen und technologischen Basis des Verteidigungssektors beizutragen und diese Maßnahmen gegebenenfalls durchzuführen, sich an der Festlegung einer europäischen Politik im Bereich der Fähigkeiten und der Rüstung zu beteiligen sowie den Rat bei der Beurteilung der Verbesserung der militärischen Fähigkeiten zu unterstützen.

(4) Europäische Beschlüsse zur Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, einschließlich der Beschlüsse über die Einleitung einer Mission nach diesem Artikel, werden vom Rat einstimmig auf Vorschlag des Außenministers der Union oder auf Initiative eines Mitgliedstaats erlassen. Der Außenminister der Union kann gegebenenfalls gemeinsam mit der Kommission den Rückgriff auf einzelstaatliche Mittel sowie auf Instrumente der Union vorschlagen.

(5) Der Rat kann zur Wahrung der Werte der Union und im Dienste ihrer Interessen eine Gruppe von Mitgliedstaaten mit der Durchführung einer Mission im Rahmen der Union beauftragen. Die Durchführung einer solchen Mission fällt unter Artikel III-310.

(6) Die Mitgliedstaaten, die anspruchsvollere Kriterien in Bezug auf die militärischen Fähigkeiten erfüllen und die im Hinblick auf Missionen mit höchsten Anforderungen untereinander weiter gehende Verpflichtungen eingegangen sind, begründen eine Ständige Strukturierte Zusammenarbeit im Rahmen der Union. Diese Zusammenarbeit erfolgt nach Maßgabe von Artikel III-312. Sie berührt nicht die Bestimmungen des Artikels III-309.

(7) Im Falle eines bewaffneten Angriffs auf das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats müssen die anderen Mitgliedstaaten nach Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen alle in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung leisten. Dies lässt den besonderen Charakter der Sicherheits- und Verteidigungspolitik bestimmter Mitgliedstaaten unberührt. Die Verpflichtungen und die Zusammenarbeit in diesem Bereich bleiben im Einklang mit den im Rahmen der Nordatlantikvertrags-Organisation eingegangenen Verpflichtungen, die für die ihr

angehörenden Staaten weiterhin das Fundament ihrer kollektiven Verteidigung und das Instrument für deren Verwirklichung ist.

(8) Das Europäische Parlament wird zu den wichtigsten Aspekten und den grundlegenden Weichenstellungen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik regelmäßig gehört. Es wird über ihre Entwicklung auf dem Laufenden gehalten.

 

Artikel I-42

 

Besondere Bestimmungen über den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts

 

(1) Die Union bildet einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts

a) durch den Erlass von Europäischen Gesetzen und Rahmengesetzen, mit denen, soweit erforderlich, die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten in den in Teil III genannten Bereichen einander angeglichen werden sollen;

b) durch Förderung des gegenseitigen Vertrauens zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, insbesondere auf der Grundlage der gegenseitigen Anerkennung der gerichtlichen und außergerichtlichen Entscheidungen;

c) durch operative Zusammenarbeit der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten einschließlich der Polizei, des Zolls und anderer auf die Verhütung und die Aufdeckung von Straftaten spezialisierter Behörden.

(2) Die nationalen Parlamente können sich im Rahmen des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts an den Bewertungs-mechanismen nach Artikel III-260 beteiligen. Sie werden in die politische Kontrolle von Europol und die Bewertung der Tätigkeit von Eurojust nach den Artikeln III- 276 und III-273 einbezogen.

(3) Die Mitgliedstaaten verfügen nach Artikel III-264 über ein Initiativrecht im Bereich der

polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen.

 

Artikel I-43

 

Solidaritätsklausel

 

(1) Die Union und ihre Mitgliedstaaten handeln gemeinsam im Geiste der Solidarität, wenn ein Mitgliedstaat von einem Terroranschlag, einer Naturkatastrophe oder einer vom Menschen verursachten Katastrophe betroffen ist. Die Union mobilisiert alle ihr zur Verfügung stehenden

Mittel, einschließlich der ihr von den Mitgliedstaaten bereitgestellten militärischen Mittel, um

a) — terroristische Bedrohungen im Hoheitsgebiet von Mitgliedstaaten abzuwenden;

    — die demokratischen Institutionen und die Zivilbevölkerung vor etwaigen Terroranschlägen zu schützen;

    im Falle eines Terroranschlags einen Mitgliedstaat auf Ersuchen seiner politischen Organe innerhalb seines Hoheitsgebiets

     zu unterstützen;

b) im Falle einer Naturkatastrophe oder einer vom Menschen verursachten Katastrophe einen Mitgliedstaat auf Ersuchen seiner politischen Organe innerhalb seines Hoheitsgebiets zu unterstützen.

(2) Die Einzelheiten der Durchführung dieses Artikels sind in Artikel III-329 vorgesehen.

 

KAPITEL III

 

VERSTÄRKTE ZUSAMMENARBEIT

 

Artikel I-44

 

Verstärkte Zusammenarbeit

 

(1) Die Mitgliedstaaten, die untereinander eine Verstärkte Zusammenarbeit im Rahmen der nicht ausschließlichen Zuständigkeiten der Union begründen wollen, können, in den Grenzen und nach Maßgabe dieses Artikels und der Artikel III-416 bis III-423, die Organe der Union in Anspruch nehmen und diese Zuständigkeiten unter Anwendung der einschlägigen Verfassungsbestimmungen ausüben. Eine Verstärkte Zusammenarbeit ist darauf ausgerichtet, die Verwirklichung der Ziele der Union zu fördern, ihre Interessen zu schützen und ihren Integrationsprozess zu stärken. Sie steht allen Mitgliedstaaten nach Artikel III-418 jederzeit offen.

(2) Der Europäische Beschluss über die Ermächtigung zu einer Verstärkten Zusammenarbeit wird vom Rat als letztes Mittel erlassen, wenn dieser feststellt, dass die mit dieser Zusammenarbeit angestrebten Ziele von der Union in ihrer Gesamtheit nicht innerhalb eines vertretbaren Zeitraums verwirklicht werden können, und sofern an der Zusammenarbeit mindestens ein Drittel der Mitgliedstaaten beteiligt ist. Der Rat beschließt nach dem in Artikel III-419 vorgesehenen Verfahren.

(3) Alle Mitglieder des Rates können an dessen Beratungen teilnehmen, aber nur die Mitglieder des Rates, welche die an der Verstärkten Zusammenarbeit beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, nehmen an der Abstimmung teil. Die Einstimmigkeit bezieht sich allein auf die Stimmen der Vertreter der an der Verstärkten Zusammenarbeit beteiligten Mitgliedstaaten. Als qualifizierte Mehrheit gilt eine Mehrheit von mindestens 55 % derjenigen Mitglieder des Rates, die die beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, sofern die betreffenden Mitgliedstaaten zusammen

mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten ausmachen. Für eine Sperrminorität ist mindestens die Mindestzahl der Mitglieder des Rates, die zusammen mehr als 35 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, zuzüglich eines Mitglieds

erforderlich; andernfalls gilt die qualifizierte Mehrheit als erreicht. Beschließt der Rat nicht auf Vorschlag der Kommission oder des Außenministers der Union, so gilt abweichend von den Unterabsätzen 3 und 4 als die erforderliche qualifizierte Mehrheit eine Mehrheit

von mindestens 72 % derjenigen Mitglieder des Rates, die die beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, sofern die betreffenden Mitgliedstaaten mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten ausmachen.

(4) An die im Rahmen einer Verstärkten Zusammenarbeit erlassenen Rechtsakte sind nur die an dieser Zusammenarbeit beteiligten Mitgliedstaaten gebunden. Sie gelten nicht als Besitzstand, der von beitrittswilligen Staaten angenommen werden muss.

 

TITEL VI

 

DAS DEMOKRATISCHE LEBEN DER UNION

 

Artikel I-45

 

Grundsatz der demokratischen Gleichheit

 

Die Union achtet in ihrem gesamten Handeln den Grundsatz der Gleichheit ihrer Bürgerinnen und Bürger, denen ein gleiches Maß an Aufmerksamkeit seitens der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union zuteil wird.

 

Artikel I-46

 

Grundsatz der repräsentativen Demokratie

 

(1) Die Arbeitsweise der Union beruht auf der repräsentativen Demokratie.

(2) Die Bürgerinnen und Bürger sind auf Unionsebene unmittelbar im Europäischen Parlament vertreten. Die Mitgliedstaaten werden im Europäischen Rat von ihrem jeweiligen Staats- oder Regierungschef und im Rat von ihrer jeweiligen Regierung vertreten, die ihrerseits in demokratischer Weise gegenüber ihrem nationalen Parlament oder gegenüber ihren Bürgerinnen und Bürgern Rechenschaft ablegen müssen.

(3) Alle Bürgerinnen und Bürger haben das Recht, am demokratischen Leben der Union teilzunehmen. Die Entscheidungen werden so offen und bürgernah wie möglich getroffen.

(4) Politische Parteien auf europäischer Ebene tragen zur Herausbildung eines europäischen

politischen Bewusstseins und zum Ausdruck des Willens der Bürgerinnen und Bürger der Union bei.

 

Artikel I-47

 

Grundsatz der partizipativen Demokratie

 

(1) Die Organe geben den Bürgerinnen und Bürgern und den repräsentativen Verbänden in geeigneter Weise die Möglichkeit, ihre Ansichten in allen Bereichen des Handelns der Union öffentlich bekannt zu geben und auszutauschen.

(2) Die Organe pflegen einen offenen, transparenten und regelmäßigen Dialog mit den repräsentativen Verbänden und der Zivilgesellschaft.

(3) Um die Kohärenz und die Transparenz des Handelns der Union zu gewährleisten, führt die Kommission umfangreiche Anhörungen der Betroffenen durch.

(4) Unionsbürgerinnen und Unionsbürger, deren Anzahl mindestens eine Million betragen und bei denen es sich um Staatsangehörige einer erheblichen Anzahl von Mitgliedstaaten handeln muss, können die Initiative ergreifen und die Kommission auffordern, im Rahmen ihrer Befugnisse geeignete Vorschläge zu Themen zu unterbreiten, zu denen es nach Ansicht jener Bürgerinnen und Bürger eines Rechtsakts der Union bedarf, um die Verfassung umzusetzen. Die Bestimmungen über die Verfahren und Bedingungen, die für eine solche Bürgerinitiative gelten, einschließlich der Mindestzahl von Mitgliedstaaten, aus denen diese Bürgerinnen und Bürger kommen müssen, werden durch Europäisches Gesetz festgelegt.

 

Artikel I-48

 

Die Sozialpartner und der autonome soziale Dialog

 

Die Union anerkennt und fördert die Rolle der Sozialpartner auf Ebene der Union unter Berücksichtigung der Unterschiedlichkeit der nationalen Systeme. Sie fördert den sozialen Dialog und achtet dabei die Autonomie der Sozialpartner. Der Dreigliedrige Sozialgipfel für Wachstum und Beschäftigung trägt zum sozialen Dialog bei.

 

Artikel I-49

 

Der Europäische Bürgerbeauftragte

 

Das Europäische Parlament wählt einen Europäischen Bürgerbeauftragten, der Beschwerden über Missstände bei der Tätigkeit der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union nach Maßgabe der Verfassung entgegennimmt. Er untersucht diese Beschwerden und erstattet darüber Bericht. Der Europäische Bürgerbeauftragte übt sein Amt in völliger Unabhängigkeit aus.

 

Artikel I-50

 

Transparenz der Arbeit der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union

 

(1) Um eine verantwortungsvolle Verwaltung zu fördern und die Beteiligung der Zivilgesellschaft sicherzustellen, handeln die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union unter weitestgehender Beachtung des Grundsatzes der Offenheit.

(2) Das Europäische Parlament tagt öffentlich; dies gilt auch für den Rat, wenn er über Entwürfe zu Gesetzgebungsakten berät oder abstimmt.

(3) Jede Unionsbürgerin und jeder Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat hat nach Maßgabe des Teils III das Recht auf Zugang zu Dokumenten der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, unabhängig von der Form der für diese Dokumente verwendeten Träger. Durch Europäisches Gesetz werden die allgemeinen Grundsätze und die aufgrund öffentlicher oder privater Interessen geltenden Einschränkungen für die Ausübung des Rechts auf Zugang zu solchen Dokumenten festgelegt.

(4) Im Einklang mit dem in Absatz 3 genannten Europäischen Gesetz legen die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen in ihren jeweiligen Geschäftsordnungen besondere Bestimmungen für den Zugang zu ihren Dokumenten fest.

 

Artikel I-51

 

Schutz personenbezogener Daten

 

(1) Jede Person hat das Recht auf Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten.

(2) Durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz werden Vorschriften über den Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union sowie durch die Mitgliedstaaten im Rahmen der

Ausübung von Tätigkeiten, die in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallen, und über den freien Datenverkehr festgelegt. Die Einhaltung dieser Vorschriften wird von unabhängigen Behörden überwacht.

 

Artikel I-52

 

Status der Kirchen und weltanschaulichen Gemeinschaften

 

(1) Die Union achtet den Status, den Kirchen und religiöse Vereinigungen oder Gemeinschaften in den Mitgliedstaaten nach deren Rechtsvorschriften genießen, und beeinträchtigt ihn nicht.

(2) Die Union achtet in gleicher Weise den Status, den weltanschauliche Gemeinschaften nach den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften genießen.

(3) Die Union pflegt mit diesen Kirchen und Gemeinschaften in Anerkennung ihrer Identität und ihres besonderen Beitrags einen offenen, transparenten und regelmäßigen Dialog.

 

TITEL VII

 

DIE FINANZEN DER UNION

 

Artikel I-53

 

Die Haushalts- und Finanzgrundsätze

 

(1) Alle Einnahmen und Ausgaben der Union werden im Einklang mit Teil III für jedes Haushaltsjahr veranschlagt und in den Haushaltsplan der Union eingesetzt.

(2) Der Haushaltsplan ist in Einnahmen und Ausgaben auszugleichen.

(3) Die in den Haushaltsplan eingesetzten Ausgaben werden für ein Haushaltsjahr entsprechend

dem Europäischen Gesetz nach Artikel III-412 bewilligt.

(4) Die Ausführung der in den Haushaltsplan eingesetzten Ausgaben setzt den Erlass eines verbindlichen Rechtsakts der Union voraus, mit dem die Maßnahme der Union und die Ausführung der entsprechenden Ausgabe entsprechend dem Europäischen Gesetz nach Artikel III-412 eine Rechtsgrundlage erhalten, soweit nicht dieses Gesetz Ausnahmen vorsieht.

(5) Damit die Haushaltsdisziplin gewährleistet wird, erlässt die Union keine Rechtsakte, die erhebliche Auswirkungen auf den Haushaltsplan haben könnten, ohne die Gewähr zu bieten, dass die mit diesen Rechtsakten verbundenen Ausgaben im Rahmen der Eigenmittel der Union und unter Einhaltung des mehrjährigen Finanzrahmens nach Artikel I-55 finanziert werden können.

(6) Der Haushaltsplan wird entsprechend dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung ausgeführt. Die Mitgliedstaaten arbeiten mit der Union zusammen, um sicherzustellen, dass die in den Haushaltsplan eingesetzten Mittel nach diesem Grundsatz verwendet werden.

(7) Die Union und die Mitgliedstaaten bekämpfen nach Artikel III-415 Betrügereien und sonstige gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtete rechtswidrige Handlungen.

 

Artikel I-54

 

Die Eigenmittel der Union

 

(1) Die Union stattet sich mit den erforderlichen Mitteln aus, um ihre Ziele erreichen und ihre Politik durchführen zu können.

(2) Der Haushalt der Union wird unbeschadet der sonstigen Einnahmen vollständig aus Eigenmitteln finanziert.

(3) Die Bestimmungen über das System der Eigenmittel der Union werden durch Europäisches Gesetz des Rates festgelegt. Darin können neue Kategorien von Eigenmitteln eingeführt und bestehende Kategorien abgeschafft werden. Der Rat beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments. Dieses Gesetz tritt erst nach Zustimmung der Mitgliedstaaten im Einklang mit ihren jeweiligen verfassungs-rechtlichen Vorschriften in Kraft.

(4) Durchführungsmaßnahmen zu dem System der Eigenmittel der Union werden durch Europäisches Gesetz des Rates festgelegt, sofern dies in dem nach Absatz 3 erlassenen Europäischen Gesetz vorgesehen ist. Der Rat beschließt nach Zustimmung des Europäischen Parlaments.

 

Artikel I-55

 

Der mehrjährige Finanzrahmen

 

(1) Mit dem mehrjährigen Finanzrahmen soll sichergestellt werden, dass die Ausgaben der Union innerhalb der Grenzen ihrer Eigenmittel eine geordnete Entwicklung nehmen. Im mehrjährigen Finanzrahmen werden die jährlichen Obergrenzen für die Mittel für Verpflichtungen je

Ausgabenkategorie nach Artikel III-402 festgesetzt.

(2) Der mehrjährige Finanzrahmen wird durch Europäisches Gesetz des Rates festgelegt. Dieser beschließt einstimmig nach Zustimmung des Europäischen Parlaments, die mit der Mehrheit seiner Mitglieder erteilt wird.

(3) Bei der Aufstellung des jährlichen Haushaltsplans der Union ist der mehrjährige Finanzrahmen einzuhalten.

(4) Der Europäische Rat kann einstimmig einen Europäischen Beschluss erlassen, wonach der Rat mit qualifizierter Mehrheit beschließen kann, wenn er das in Absatz 2 genannte Europäische Gesetz des Rates erlässt.

 

Artikel I-56

 

Der Haushaltsplan der Union

 

Der jährliche Haushaltsplan der Union wird durch Europäisches Gesetz nach Maßgabe des Artikels III-404 aufgestellt.

 

TITEL VIII

 

DIE UNION UND IHRE NACHBARN

 

Artikel I-57

 

Die Union und ihre Nachbarn

 

(1) Die Union entwickelt besondere Beziehungen zu den Ländern in ihrer Nachbarschaft, um  einen Raum des Wohlstands und der guten Nachbarschaft zu schaffen, der auf den Werten der Union aufbaut und sich durch enge, friedliche Beziehungen auf der Grundlage der Zusammenarbeit auszeichnet.

(2) Für die Zwecke des Absatzes 1 kann die Union spezielle Übereinkünfte mit den betreffenden Ländern schließen. Diese Übereinkünfte können gegenseitige Rechte und Pflichten umfassen und die Möglichkeit zu gemeinsamem Vorgehen eröffnen. Zur Durchführung der Übereinkünfte finden regelmäßige Konsultationen statt.

 

TITEL IX

 

ZUGEHÖRIGKEIT ZUR UNION

 

Artikel I-58

 

Kriterien und Verfahren für den Beitritt zur Union

 

(1) Die Union steht allen europäischen Staaten offen, die die in Artikel I-2 genannten Werte achten und sich verpflichten, ihnen gemeinsam Geltung zu verschaffen.

(2) Europäische Staaten, die Mitglied der Union werden möchten, richten ihren Antrag an den Rat. Das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente werden von diesem Antrag unterrichtet. Der Rat beschließt einstimmig nach Anhörung der Kommission und nach Zustimmung des Europäischen Parlaments, das mit der Mehrheit seiner Mitglieder beschließt. Die Bedingungen und Einzelheiten der Aufnahme werden durch ein Abkommen zwischen den Mitgliedstaaten und dem antragstellenden Staat geregelt. Dieses Abkommen bedarf der Ratifikation durch alle Vertragsstaaten im Einklang mit ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften.

 

Artikel I-59

 

Aussetzung bestimmter mit der Zugehörigkeit zur Union verbundener Rechte

 

(1) Auf begründete Initiative eines Drittels der Mitgliedstaaten, auf begründete Initiative des Europäischen Parlaments oder auf Vorschlag der Kommission kann der Rat einen Europäischen Beschluss erlassen, mit dem festgestellt wird, dass die eindeutige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der in Artikel I-2 genannten Werte durch einen Mitgliedstaat besteht. Der Rat beschließt mit der Mehrheit von vier Fünfteln seiner Mitglieder nach Zustimmung des Europäischen Parlaments. Der Rat hört, bevor er eine solche Feststellung trifft, den betroffenen Mitgliedstaat und kann Empfehlungen an ihn richten, über die er nach demselben Verfahren beschließt. Der Rat überprüft regelmäßig, ob die Gründe, die zu dieser Feststellung geführt haben, noch zutreffen.

(2) Auf Initiative eines Drittels der Mitgliedstaaten oder auf Vorschlag der Kommission kann der Europäische Rat einen Europäischen Beschluss erlassen, mit dem festgestellt wird, dass eine schwerwiegende und anhaltende Verletzung der in Artikel I-2 genannten Werte durch einen Mitgliedstaat vorliegt, nachdem er diesen Staat zu einer Stellungnahme aufgefordert hat. Der Europäische Rat beschließt einstimmig nach Zustimmung des Europäischen Parlaments.

(3) Wurde die Feststellung nach Absatz 2 getroffen, so kann der Rat mit qualifizierter Mehrheit einen Europäischen Beschluss erlassen, mit dem bestimmte Rechte, die sich aus der Anwendung der Verfassung auf den betreffenden Mitgliedstaat herleiten, einschließlich der Stimmrechte des Mitglieds des Rates, das diesen Staat vertritt, ausgesetzt werden. Dabei berücksichtigt der Rat die möglichen

Auswirkungen einer solchen Aussetzung auf die Rechte und Pflichten natürlicher und juristischer Personen. Der betreffende Staat bleibt auf jeden Fall durch seine Verpflichtungen aus der Verfassung gebunden.

(4) Der Rat kann mit qualifizierter Mehrheit einen Europäischen Beschluss erlassen, mit dem die nach Absatz 3 erlassenen Maßnahmen abgeändert oder aufgehoben werden, wenn in der Lage, die zur Verhängung dieser Maßnahmen geführt hat, Änderungen eingetreten sind.

(5) Für die Zwecke dieses Artikels nimmt das Mitglied des Europäischen Rates oder des Rates, das den betroffenen Mitgliedstaat vertritt, nicht an der Abstimmung teil und der betreffende Mitgliedstaat wird bei der Berechnung des Drittels oder der vier Fünftel der Mitgliedstaaten nach den Absätzen 1 und 2 nicht berücksichtigt. Die Stimmenthaltung von anwesenden oder vertretenen Mitgliedern steht dem Erlass von Europäischen Beschlüssen nach Absatz 2 nicht entgegen. Für den Erlass Europäischer Beschlüsse nach den Absätzen 3 und 4 gilt als qualifizierte Mehrheit eine Mehrheit von mindestens 72 % derjenigen Mitglieder des Rates, die die beteiligten Mitgliedstaaten

vertreten, sofern die betreffenden Mitgliedstaaten zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten ausmachen.

Beschließt der Rat nach dem Erlass eines Beschlusses über die Aussetzung der Stimmrechte nach Absatz 3 auf der Grundlage einer Bestimmung der Verfassung mit qualifizierter Mehrheit, so gilt als qualifizierte Mehrheit hierfür die in Unterabsatz 2 festgelegte qualifizierte Mehrheit oder, wenn der Rat auf Vorschlag der Kommission oder des Außenministers der Union handelt, eine Mehrheit von mindestens 55 % derjenigen Mitglieder des Rates, die die beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, sofern die betreffenden Mitgliedstaaten zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten ausmachen. In letzterem Fall ist für eine Sperrminorität mindestens die Mindestzahl

der Mitglieder des Rates, die zusammen mehr als 35 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, zuzüglich eines Mitglieds erforderlich; andernfalls gilt die qualifizierte Mehrheit als erreicht.

(6) Für die Zwecke dieses Artikels beschließt das Europäische Parlament mit der Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und mit der Mehrheit seiner Mitglieder.

 

Artikel I-60

 

Freiwilliger Austritt aus der Union

 

(1) Jeder Mitgliedstaat kann im Einklang mit seinen verfassungsrechtlichen Vorschriften beschließen, aus der Union auszutreten.

(2) Ein Mitgliedstaat, der auszutreten beschließt, teilt dem Europäischen Rat seine Absicht mit. Auf der Grundlage der Leitlinien des Europäischen Rates handelt die Union mit diesem Staat ein Abkommen über die Einzelheiten des Austritts aus und schließt es ab, wobei der Rahmen für die künftigen Beziehungen dieses Staates zur Union berücksichtigt wird. Das Abkommen wird nach Artikel III-325 Absatz 3 ausgehandelt. Es wird vom Rat im Namen der Union geschlossen; der Rat beschließt mit qualifizierter Mehrheit nach Zustimmung des Europäischen Parlaments.

(3) Die Verfassung findet auf den betroffenen Staat ab dem Tag des Inkrafttretens des Austrittsabkommens oder andernfalls zwei Jahre nach der in Absatz 2 genannten Mitteilung keine Anwendung mehr, es sei denn, der Europäische Rat beschließt im Einvernehmen mit dem betroffenen Mitgliedstaat einstimmig, diese Frist zu verlängern.

(4) Für die Zwecke der Absätze 2 und 3 nimmt das Mitglied des Europäischen Rates und des Rates, das den austretenden Mitgliedstaat vertritt, weder an den diesen Mitgliedstaat betreffenden Beratungen noch an der entsprechenden Beschlussfassung des Europäischen Rates oder des Rates teil. Als qualifizierte Mehrheit gilt eine Mehrheit von mindestens 72 % derjenigen Mitglieder des Rates, die die beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, sofern die betreffenden Mitgliedstaaten zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten ausmachen.

(5) Ein Staat, der aus der Union ausgetreten ist und erneut Mitglied werden möchte, muss dies nach dem Verfahren des Artikels I-58 beantragen.

 

TEIL I

 

TITEL I

 

DEFINITION UND ZIELE DER UNION

 

Artikel I-1

 

Gründung der Union

 

(1) Geleitet von dem Willen der Bürgerinnen und Bürger und der Staaten Europas, ihre Zukunft gemeinsam zu gestalten, begründet diese Verfassung die Europäische Union, der die Mitgliedstaaten Zuständigkeiten zur Verwirklichung ihrer gemeinsamen Ziele übertragen. Die Union koordiniert die diesen Zielen dienende Politik der Mitgliedstaaten und übt die ihr von den Mitgliedstaaten

übertragenen Zuständigkeiten in gemeinschaftlicher Weise aus.

(2) Die Union steht allen europäischen Staaten offen, die ihre Werte achten und sich verpflichten, sie gemeinsam zu fördern.

 

Artikel I-2

 

Die Werte der Union

 

Die Werte, auf die sich die Union gründet, sind die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören. Diese Werte sind allen Mitgliedstaaten in einer Gesellschaft gemeinsam, die sich durch Pluralismus, Nichtdiskriminierung, Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität und die Gleichheit von Frauen und Männern auszeichnet.

 

Artikel I-3

 

Die Ziele der Union

 

(1) Ziel der Union ist es, den Frieden, ihre Werte und das Wohlergehen ihrer Völker zu fördern.

(2) Die Union bietet ihren Bürgerinnen und Bürgern einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ohne Binnengrenzen und einen Binnenmarkt mit freiem und unverfälschtem Wettbewerb.

(3) Die Union wirkt auf die nachhaltige Entwicklung Europas auf der Grundlage eines  ausgewogenen Wirtschaftswachstums und von Preisstabilität, eine in hohem Maße wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft, die auf Vollbeschäftigung und sozialen Fortschritt abzielt, sowie ein hohes Maß an Umweltschutz und Verbesserung der Umweltqualität hin. Sie fördert den wissenschaftlichen und technischen Fortschritt.

Sie bekämpft soziale Ausgrenzung und Diskriminierungen und fördert soziale Gerechtigkeit und sozialen Schutz, die Gleichstellung von Frauen und Männern, die Solidarität zwischen den Generationen und den Schutz der Rechte des Kindes. Sie fördert den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt und die Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten. Sie wahrt den Reichtum ihrer kulturellen und sprachlichen Vielfalt und sorgt für den Schutz und die Entwicklung des kulturellen Erbes Europas.

(4) In ihren Beziehungen zur übrigen Welt schützt und fördert die Union ihre Werte und Interessen. Sie leistet einen Beitrag zu Frieden, Sicherheit, globaler nachhaltiger Entwicklung, Solidarität und gegenseitiger Achtung unter den Völkern, zu freiem und gerechtem Handel, zur Beseitigung der Armut und zum Schutz der Menschenrechte, insbesondere der Rechte des Kindes, sowie zur strikten Einhaltung und Weiterentwicklung des Völkerrechts, insbesondere zur Wahrung der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen.

(5) Die Union verfolgt ihre Ziele mit geeigneten Mitteln entsprechend den Zuständigkeiten, die ihr in der Verfassung übertragen sind.

 

Artikel I-4

 

Grundfreiheiten und Nichtdiskriminierung

 

(1) Der freie Personen-, Dienstleistungs-, Waren- und Kapitalverkehr sowie die Niederlassungsfreiheit werden von der Union und innerhalb der Union nach Maßgabe der Verfassung gewährleistet.

(2) Unbeschadet besonderer Bestimmungen der Verfassung ist in ihrem Anwendungsbereich jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten.

 

Artikel I-5

 

Beziehungen zwischen der Union und den Mitgliedstaaten

 

(1) Die Union achtet die Gleichheit der Mitgliedstaaten vor der Verfassung sowie die nationale Identität der Mitgliedstaaten, die in deren grundlegender politischer und verfassungsrechtlicher Struktur einschließlich der regionalen und kommunalen Selbstverwaltung zum Ausdruck kommt. Sie achtet die grundlegenden Funktionen des Staates, insbesondere die Wahrung der territorialen Unversehrtheit, die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und den Schutz der nationalen Sicherheit.

(2) Nach dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit achten und unterstützen sich die Union und die Mitgliedstaaten gegenseitig bei der Erfüllung der Aufgaben, die sich aus der Verfassung ergeben. Die Mitgliedstaaten ergreifen alle geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zur Erfüllung der Verpflichtungen, die sich aus der Verfassung oder den Handlungen der Organe der Union ergeben. Die Mitgliedstaaten unterstützen die Union bei der Erfüllung ihrer Aufgabe und unterlassen alle Maßnahmen, welche die Verwirklichung der Ziele der Union gefährden könnten.

 

Artikel I-6

 

Das Unionsrecht

 

Die Verfassung und das von den Organen der Union in Ausübung der der Union übertragenen Zuständigkeiten gesetzte Recht haben Vorrang vor dem Recht der Mitgliedstaaten.

 

Artikel I-7

Rechtspersönlichkeit

 

Die Union besitzt Rechtspersönlichkeit.

 

Artikel I-8

 

Die Symbole der Union

 

Die Flagge der Union stellt einen Kreis von zwölf goldenen Sternen auf blauem Hintergrund dar.

Die Hymne der Union entstammt der „Ode an die Freude“ aus der Neunten Symphonie von Ludwig van Beethoven.

Der Leitspruch der Union lautet: „In Vielfalt geeint“.

Die Währung der Union ist der Euro.

Der Europatag wird in der gesamten Union am 9. Mai gefeiert.

 

TITEL II

 

GRUNDRECHTE UND UNIONSBÜRGERSCHAFT

 

Artikel I-9

 

Grundrechte

 

(1) Die Union erkennt die Rechte, Freiheiten und Grundsätze an, die in der Charta der Grundrechte, die den Teil II bildet, enthalten sind.

(2) Die Union tritt der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten bei. Dieser Beitritt ändert nicht die in der Verfassung festgelegten Zuständigkeiten der Union.

(3) Die Grundrechte, wie sie in der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten gewährleistet sind und wie sie sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergeben, sind als allgemeine Grundsätze Teil des Unionsrechts.

 

Artikel I-10

 

Unionsbürgerschaft

 

(1) Unionsbürgerin oder Unionsbürger ist, wer die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt. Die Unionsbürgerschaft tritt zur nationalen Staatsangehörigkeit hinzu, ohne diese zu ersetzen.

(2) Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger haben die in der Verfassung vorgesehenen Rechte und Pflichten. Sie haben

a) das Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten;

b) in dem Mitgliedstaat, in dem sie ihren Wohnsitz haben, das aktive und passive Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament und bei den Kommunalwahlen, wobei für sie dieselben

Bedingungen gelten wie für die Angehörigen des betreffenden Mitgliedstaats;

c) im Hoheitsgebiet eines Drittlandes, in dem der Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen, nicht vertreten ist, Recht auf Schutz durch die diplomatischen und konsularischen Behörden eines jeden Mitgliedstaats unter denselben Bedingungen wie Staatsangehörige dieses

Staates;

d) das Recht, Petitionen an das Europäische Parlament zu richten und sich an den Europäischen Bürgerbeauftragten zu wenden, sowie das Recht, sich in einer der Sprachen der Verfassung an die Organe und die beratenden Einrichtungen der Union zu wenden und eine Antwort in derselben Sprache zu erhalten.

Diese Rechte werden unter den Bedingungen und innerhalb der Grenzen ausgeübt, die in der Verfassung und durch die in Anwendung der Verfassung erlassenen Maßnahmen festgelegt sind.

 

TITEL III

 

DIE ZUSTÄNDIGKEITEN DER UNION

 

Artikel I-11

 

Grundsätze

 

(1) Für die Abgrenzung der Zuständigkeiten der Union gilt der Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung. Für die Ausübung der Zuständigkeiten der Union gelten die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit.

(2) Nach dem Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung wird die Union innerhalb der Grenzen der Zuständigkeiten tätig, die die Mitgliedstaaten ihr in der Verfassung zur Verwirklichung der darin niedergelegten Ziele übertragen haben. Alle der Union nicht in der Verfassung übertragenen Zuständigkeiten verbleiben bei den Mitgliedstaaten.

(3) Nach dem Subsidiaritätsprinzip wird die Union in den Bereichen, die nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen, nur tätig, sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen von den Mitgliedstaaten weder auf zentraler noch auf regionaler oder lokaler Ebene

ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind. Die Organe der Union wenden das Subsidiaritätsprinzip nach dem Protokoll über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit an. Die nationalen Parlamente achten auf die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips nach dem in jenem Protokoll vorgesehenen Verfahren.

(4) Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gehen die Maßnahmen der Union inhaltlich wie formal nicht über das zur Erreichung der Ziele der Verfassung erforderliche Maß hinaus. Die Organe der Union wenden den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nach dem Protokoll über die

Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit an.

 

Artikel I-12

 

Arten von Zuständigkeiten

 

(1) Überträgt die Verfassung der Union für einen bestimmten Bereich eine ausschließliche Zuständigkeit, so kann nur die Union gesetz-geberisch tätig werden und verbindliche Rechtsakte erlassen; die Mitgliedstaaten dürfen in einem solchen Fall nur tätig werden, wenn sie von der Union hierzu ermächtigt werden, oder um Rechtsakte der Union durchzuführen.

(2) Überträgt die Verfassung der Union für einen bestimmten Bereich eine mit den Mitgliedstaaten geteilte Zuständigkeit, so können die Union und die Mitgliedstaaten in diesem Bereich gesetzgeberisch tätig werden und verbindliche Rechtsakte erlassen. Die Mitgliedstaaten nehmen ihre Zuständigkeit wahr, sofern und soweit die Union ihre Zuständigkeit nicht ausgeübt hat oder

entschieden hat, diese nicht mehr auszuüben.

(3) Die Mitgliedstaaten koordinieren ihre Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik im Rahmen von Regelungen nach Maßgabe von Teil III, für deren Festlegung die Union zuständig ist.

(4) Die Union ist dafür zuständig, eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik einschließlich der schrittweisen Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik zu erarbeiten und zu verwirklichen.

(5) In bestimmten Bereichen ist die Union nach Maßgabe der Verfassung dafür zuständig, Maßnahmen zur Unterstützung, Koordinierung oder Ergänzung der Maßnahmen der Mitgliedstaaten durchzuführen, ohne dass dadurch die Zuständigkeit der Union für diese Bereiche an die Stelle der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten tritt. Die verbindlichen Rechtsakte der Union, die aufgrund der diese Bereiche betreffend Bestimmungen

des Teils III erlassen werden, dürfen keine Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten beinhalten.

(6) Der Umfang der Zuständigkeiten der Union und die Einzelheiten ihrer Ausübung ergeben sich aus den Bestimmungen des Teils III zu den einzelnen Bereichen.

 

Artikel I-13

 

Bereiche mit ausschließlicher Zuständigkeit

 

(1) Die Union hat ausschließliche Zuständigkeit in folgenden Bereichen:

a) Zollunion,

b) Festlegung der für das Funktionieren des Binnenmarkts erforderlichen Wettbewerbsregeln,

c) Währungspolitik für die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist,

d) Erhaltung der biologischen Meeresschätze im Rahmen der gemeinsamen Fischereipolitik,

e) gemeinsame Handelspolitik.

(2) Die Union hat ferner ausschließliche Zuständigkeit für den Abschluss internationaler Übereinkünfte, wenn der Abschluss einer solchen Übereinkunft in einem Gesetzgebungsakt der Union vorgesehen ist, wenn er notwendig ist, damit sie ihre interne Zuständigkeit ausüben kann,

oder soweit er gemeinsame Regeln beeinträchtigen oder deren Tragweite verändern könnte.

 

Artikel I-14

 

Bereiche mit geteilter Zuständigkeit

 

(1) Die Union teilt ihre Zuständigkeit mit den Mitgliedstaaten, wenn ihr die Verfassung außerhalb der in den Artikeln I-13 und I-17 genannten Bereiche eine Zuständigkeit überträgt.

(2) Die geteilte Zuständigkeit erstreckt sich auf die folgenden Hauptbereiche:

a) Binnenmarkt,

b) Sozialpolitik hinsichtlich der in Teil III genannten Aspekte,

c) wirtschaftlicher, sozialer und territorialer Zusammenhalt,

d) Landwirtschaft und Fischerei, ausgenommen die Erhaltung der biologischen Meeresschätze,

e) Umwelt,

 f) Verbraucherschutz,

g) Verkehr,

h) transeuropäische Netze,

i) Energie,

j) Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts,

k) gemeinsame Sicherheitsanliegen im Bereich der öffentlichen Gesundheit hinsichtlich der in Teil III genannten Aspekte.

(3) In den Bereichen Forschung, technologische Entwicklung und Raumfahrt erstreckt sich die Zuständigkeit der Union darauf, Maßnahmen zu treffen, insbesondere Programme zu erstellen und durchzuführen, ohne dass die Ausübung dieser Zuständigkeit die Mitgliedstaaten hindert, ihre Zuständigkeit auszuüben.

(4) In den Bereichen Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe erstreckt sich die Zuständigkeit der Union darauf, Maßnahmen zu treffen und eine gemeinsame Politik zu verfolgen, ohne dass die Ausübung dieser Zuständigkeit die Mitgliedstaaten hindert, ihre Zuständigkeit

auszuüben.

 

Artikel I-15

 

Die Koordinierung der Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik

 

(1) Die Mitgliedstaaten koordinieren ihre Wirtschaftspolitik innerhalb der Union. Zu diesem Zweck erlässt der Ministerrat Maßnahmen; insbesondere beschließt er die Grundzüge dieser Politik. Für die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, gelten besondere Regelungen.

(2) Die Union trifft Maßnahmen zur Koordinierung der Beschäftigungspolitik der Mitgliedstaaten, insbesondere durch die Festlegung von Leitlinien für diese Politik.

(3) Die Union kann Initiativen zur Koordinierung der Sozialpolitik der Mitgliedstaaten ergreifen.

 

Artikel I-16

 

Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik

 

(1) Die Zuständigkeit der Union in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik erstreckt sich auf alle Bereiche der Außenpolitik sowie auf sämtliche Fragen im Zusammenhang mit der Sicherheit der Union, einschließlich der schrittweisen Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik, die zu einer gemeinsamen Verteidigung führen kann.

(2) Die Mitgliedstaaten unterstützen die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Union aktiv und vorbehaltlos im Geiste der Loyalität und der gegenseitigen Solidarität und achten das Handeln der Union in diesem Bereich. Sie enthalten sich jeder Handlung, die den Interessen der Union zuwiderläuft oder ihrer Wirksamkeit schaden könnte.

 

Artikel I-17

 

Unterstützungs-, Koordinierungs- und Ergänzungsmaßnahmen

 

Die Union ist für die Durchführung von Unterstützungs-, Koordinierungs- oder Ergänzungsmaßnahmen zuständig. Diese Maßnahmen mit europäischer Zielsetzung können in folgenden Bereichen getroffen werden:

a) Schutz und Verbesserung der menschlichen Gesundheit,

b) Industrie,

c) Kultur,

d) Tourismus,

e) allgemeine Bildung, Jugend, Sport und berufliche Bildung,

 f) Katastrophenschutz,

g) Verwaltungszusammenarbeit.

 

Artikel I-18

 

Flexibilitätsklausel

 

(1) Erscheint ein Tätigwerden der Union im Rahmen der in Teil III festgelegten Politikbereiche erforderlich, um eines der Ziele der Verfassung zu verwirklichen, und sind in dieser Verfassung die hierfür erforderlichen Befugnisse nicht vorgesehen, so erlässt der Ministerrat einstimmig auf

Vorschlag der Europäischen Kommission und nach Zustimmung des Europäischen Parlaments die geeigneten Maßnahmen.

(2) Die Europäische Kommission macht die nationalen Parlamente im Rahmen des Verfahrens zur Kontrolle der Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips nach Artikel I-11 Absatz 3 auf die Vorschläge aufmerksam, die sich auf den vorliegenden Artikel stützen.

(3) Die auf diesem Artikel beruhenden Maßnahmen dürfen keine Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten in den Fällen beinhalten, in denen eine solche Harmonisierung nach der Verfassung ausgeschlossen ist.

 

TITEL IV

 

DIE ORGANE UND EINRICHTUNGEN DER UNION

 

KAPITEL I

 

INSTITUTIONELLER RAHMEN

 

Artikel I-19

 

Die Organe der Union

 

(1) Die Union verfügt über einen institutionellen Rahmen, der zum Zweck hat,

      — ihren Werten Geltung zu verschaffen,

      — ihre Ziele zu verfolgen,

      — ihren Interessen, denen ihrer Bürgerinnen und Bürger und denen der Mitgliedstaaten zu dienen,

      — die Kohärenz, Effizienz und Kontinuität ihrer Politik und ihrer Maßnahmen sicherzustellen.

      Dieser institutionelle Rahmen umfasst

      — das Europäische Parlament,

      — den Europäischen Rat,

      — den Ministerrat (im Folgenden „Rat“),

      — die Europäische Kommission (im Folgenden „Kommission“),

      — den Gerichtshof der Europäischen Union.

(2) Jedes Organ handelt nach Maßgabe der ihm in der Verfassung zugewiesenen Befugnisse nach den Verfahren und unter den Bedingungen, die in der Verfassung festgelegt sind. Die Organe arbeiten loyal zusammen.

 

Artikel I-20

 

Das Europäische Parlament

 

(1) Das Europäische Parlament wird gemeinsam mit dem Rat als Gesetzgeber tätig und übt gemeinsam mit ihm die Haushaltsbefugnisse aus. Es erfüllt Aufgaben der politischen Kontrolle und Beratungsfunktionen nach Maßgabe der Verfassung. Es wählt den Präsidenten der Kommission.

(2) Das Europäische Parlament setzt sich aus Vertretern der Unionsbürgerinnen und Unionsbürger zusammen. Ihre Anzahl darf 750 nicht überschreiten. Die Bürgerinnen und Bürger sind im Europäischen Parlament degressiv proportional, mindestens jedoch mit sechs Mitgliedern je Mitgliedstaat vertreten. Kein Mitgliedstaat erhält mehr als 96 Sitze. Der Europäische Rat erlässt einstimmig auf Initiative des Europäischen Parlaments und mit dessen Zustimmung einen Europäischen Beschluss über die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments, in dem die in Unterabsatz 1 genannten Grundsätze gewahrt sind.

(3) Die Mitglieder des Europäischen Parlaments werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier und geheimer Wahl für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt.

(4) Das Europäische Parlament wählt aus seiner Mitte seinen Präsidenten und sein Präsidium.

 

Artikel I-21

 

Der Europäische Rat

 

(1) Der Europäische Rat gibt der Union die für ihre Entwicklung erforderlichen Impulse und legt die allgemeinen politischen Zielvorstellungen und Prioritäten hierfür fest. Er wird nicht gesetzgeberisch tätig.

(2) Der Europäische Rat setzt sich zusammen aus den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten sowie dem Präsidenten des Europäischen Rates und dem Präsidenten der Kommission. Der Außenminister der Union nimmt an seinen Arbeiten teil.

(3) Der Europäische Rat tritt vierteljährlich zusammen; er wird von seinem Präsidenten einberufen. Wenn es die Tagesordnung erfordert, können die Mitglieder des Europäischen Rates beschließen, sich jeweils von einem Minister oder — im Fall des Präsidenten der Kommission — von einem Mitglied der Kommission unterstützen zu lassen. Wenn es die Lage erfordert, beruft der Präsident eine außerordentliche Tagung des Europäischen Rates ein.

(4) Soweit in der Verfassung nichts anderes festgelegt ist, entscheidet der Europäische Rat im Konsens.

 

Artikel I-22

 

Der Präsident des Europäischen Rates

 

 

(1) Der Europäische Rat wählt seinen Präsidenten mit qualifizierter Mehrheit für eine Amtszeit von zweieinhalb Jahren; der Präsident kann einmal wiedergewählt werden. Im Falle einer Verhinderung oder einer schweren Verfehlung kann der Europäische Rat ihn im Wege des gleichen Verfahrens von seinem Amt entbinden.

(2) Der Präsident des Europäischen Rates

a) führt den Vorsitz bei den Arbeiten des Europäischen Rates und gibt ihnen Impulse,

b) sorgt in Zusammenarbeit mit dem Präsidenten der Kommission auf der Grundlage der Arbeiten des Rates „Allgemeine Angelegenheiten“ für die Vorbereitung und Kontinuität der Arbeiten des Europäischen Rates,

c) wirkt darauf hin, dass Zusammenhalt und Konsens im Europäischen Rat gefördert werden,

d) legt dem Europäischen Parlament im Anschluss an jede Tagung des Europäischen Rates einen Bericht vor.

Der Präsident des Europäischen Rates nimmt in seiner Eigenschaft auf seiner Ebene, unbeschadet der Befugnisse des Außenministers der Union, die Außenvertretung der Union in Angelegenheiten der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik wahr.

(3) Der Präsident des Europäischen Rates darf kein einzelstaatliches Amt ausüben.

 

Artikel I-23

 

Der Ministerrat

 

(1) Der Rat wird gemeinsam mit dem Europäischen Parlament als Gesetzgeber tätig und übt gemeinsam mit ihm die Haushaltsbefugnisse aus. Zu seinen Aufgaben gehört die Festlegung der Politik und die Koordinierung nach Maßgabe der Verfassung.

(2) Der Rat besteht aus je einem Vertreter jedes Mitgliedstaats auf Ministerebene, der befugt ist, für die Regierung des von ihm vertretenen Mitgliedstaats verbindlich zu handeln und das Stimmrecht auszuüben.

(3) Soweit in der Verfassung nichts anderes festgelegt ist, beschließt der Rat mit qualifizierter Mehrheit.

 

Artikel I-24

 

Die Zusammensetzung des Ministerrates

 

(1) Der Rat tagt in verschiedenen Zusammensetzungen.

(2) Als Rat „Allgemeine Angelegenheiten“ sorgt er für die Kohärenz der Arbeiten des Rates in seinen verschiedenen Zusammensetzungen.

In Verbindung mit dem Präsidenten des Europäischen Rates und mit der Kommission bereitet er die Tagungen des Europäischen Rates vor und sorgt für das weitere Vorgehen.

(3) Als Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ gestaltet er das auswärtige Handeln der Union entsprechend den strategischen Vorgaben des Europäischen Rates und sorgt für die Kohärenz des Handelns der Union.

(4) Der Europäische Rat erlässt mit qualifizierter Mehrheit einen Europäischen Beschluss, mit dem die anderen Zusammensetzungen des Rates festgelegt werden.

(5) Ein Ausschuss von Ständigen Vertretern der Regierungen der Mitgliedstaaten ist für die Vorbereitung der Arbeiten des Rates verantwortlich.

(6) Der Rat tagt öffentlich, wenn er über Entwürfe zu Gesetzgebungsakten berät oder abstimmt. Zu diesem Zweck wird jede Ratstagung in zwei Teile unterteilt, von denen der eine den Beratungen über die Gesetzgebungsakte der Union und der andere den nicht die Gesetzgebung betreffenden Tätigkeiten gewidmet ist.

(7) Der Vorsitz im Rat in allen seinen Zusammensetzungen mit Ausnahme des Rates „Auswärtige Angelegenheiten“ wird von den Vertretern der Mitgliedstaaten im Rat nach Maßgabe eines Europäischen Beschlusses des Europäischen Rates nach einem System der gleichberechtigten Rotation wahrgenommen. Der Europäische Rat beschließt mit qualifizierter Mehrheit.

 

Artikel I-25

 

Definition der qualifizierten Mehrheit im Europäischen Rat und im Rat

 

(1) Als qualifizierte Mehrheit gilt eine Mehrheit von mindestens 55 % der Mitglieder des Rates, gebildet aus mindestens 15 Mitgliedern, sofern die von diesen vertretenen Mitgliedstaaten zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der Union ausmachen.

Für eine Sperrminorität sind mindestens vier Mitglieder des Rates erforderlich, andernfalls gilt die qualifizierte Mehrheit als erreicht.

(2) Beschließt der Rat nicht auf Vorschlag der Kommission oder des Außenministers der Union, so gilt abweichend von Absatz 1 als qualifizierte Mehrheit eine Mehrheit von mindestens 72 % der Mitglieder des Rates, sofern die von diesen vertretenen Mitgliedstaaten zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der Union ausmachen.

(3) Beschließt der Europäische Rat mit qualifizierter Mehrheit, so gelten die Absätze 1 und 2 für ihn.

(4) Der Präsident des Europäischen Rates und der Präsident der Kommission nehmen an den Abstimmungen im Europäischen Rat nicht teil.

 

Artikel I-26

 

Die Europäische Kommission

 

(1) Die Kommission fördert die allgemeinen Interessen der Union und ergreift geeignete Initiativen zu diesem Zweck. Sie sorgt für die Anwendung der Verfassung sowie der von den Organen kraft der Verfassung erlassenen Maßnahmen. Sie überwacht die Anwendung des Unionsrechts unter der Kontrolle des Gerichtshofs der Europäischen Union. Sie führt den Haushaltsplan aus und verwaltet die Programme. Sie übt nach Maßgabe der Verfassung Koordinierungs-, Exekutiv- und Verwaltungsfunktionen aus. Außer in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und den übrigen in der Verfassung vorgesehenen Fällen nimmt sie die Vertretung der Union nach außen wahr. Sie leitet die

jährliche und die mehrjährige Programmplanung der Union mit dem Ziel ein, interinstitutionelle Vereinbarungen zu erreichen.

(2) Soweit in der Verfassung nichts anderes festgelegt ist, darf ein Gesetzgebungsakt der Union nur auf Vorschlag der Kommission erlassen werden. Andere Rechtsakte werden auf der Grundlage eines Kommissionsvorschlags erlassen, wenn dies in der Verfassung vorgesehen ist.

(3) Die Amtszeit der Kommission beträgt fünf Jahre.

(4) Die Mitglieder der Kommission werden aufgrund ihrer allgemeinen Befähigung und ihres Einsatzes für Europa unter Persönlichkeiten ausgewählt, die volle Gewähr für ihre Unabhängigkeit bieten.

(5) Die erste Kommission, die in Anwendung der Verfassung ernannt wird, einschließlich ihres Präsidenten und des Außenministers der Union, der einer der Vizepräsidenten der Kommission ist, besteht aus je einem Staatsangehörigen jedes Mitgliedstaats.

(6) Ab dem Ende der Amtszeit der Kommission nach Absatz 5 besteht die Kommission, einschließlich ihres Präsidenten und des Außenministers der Union, aus einer Anzahl von Mitgliedern, die zwei Dritteln der Zahl der Mitgliedstaaten entspricht, sofern der Europäische Rat nicht einstimmig eine Änderung dieser Anzahl beschließt. Die Kommissionsmitglieder werden unter den Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten in einem System der gleichberechtigten Rotation zwischen den Mitgliedstaaten ausgewählt. Dieses System wird durch

einen vom Europäischen Rat einstimmig erlassenen Europäischen Beschluss geschaffen, der auf folgenden Grundsätzen beruht:

a) Die Mitgliedstaaten werden bei der Festlegung der Reihenfolge und der Dauer der Amtszeiten ihrer Staatsangehörigen in der Kommission vollkommen gleich behandelt; demzufolge kann die Gesamtzahl der Mandate, welche Staatsangehörige zweier beliebiger Mitgliedstaaten innehaben, niemals um mehr als eines voneinander abweichen.

b) Vorbehaltlich des Buchstabens a ist jede der aufeinander folgenden Kommissionen so zusammengesetzt, dass das demografische und geografische Spektrum der Gesamtheit der Mitgliedstaaten auf zufrieden stellende Weise zum Ausdruck kommt.

(7) Die Kommission übt ihre Tätigkeit in voller Unabhängigkeit aus. Die Mitglieder der Kommission dürfen unbeschadet des Artikels I-28 Absatz 2 Weisungen von einer Regierung, einem Organ, einer Einrichtung oder jeder anderen Stelle weder einholen noch entgegennehmen. Sie enthalten sich jeder Handlung, die mit ihrem Amt oder der Erfüllung ihrer Aufgaben unvereinbar ist.

(8) Die Kommission ist als Kollegium dem Europäischen Parlament verantwortlich. Das Europäische Parlament kann nach Artikel III-340 einen Misstrauensantrag gegen die Kommission annehmen. Wird ein solcher Antrag angenommen, so müssen die Mitglieder der Kommission

geschlossen ihr Amt niederlegen, und der Außenminister der Union muss sein im Rahmen der Kommission ausgeübtes Amt niederlegen.

 

Artikel I-27

 

Der Präsident der Europäischen Kommission

 

(1) Der Europäische Rat schlägt dem Europäischen Parlament nach entsprechenden Konsultationen mit qualifizierter Mehrheit einen Kandidaten für das Amt des Präsidenten der Kommission vor; dabei berücksichtigt er das Ergebnis der Wahlen zum Europäischen Parlament. Das Europäische Parlament wählt diesen Kandidaten mit der Mehrheit seiner Mitglieder. Erhält dieser Kandidat nicht die Mehrheit,

so schlägt der Europäische Rat dem Europäischen Parlament innerhalb eines Monats mit qualifizierter Mehrheit einen neuen Kandidaten vor, für dessen Wahl das Europäische Parlament dasselbe Verfahren anwendet.

(2) Der Rat nimmt, im Einvernehmen mit dem gewählten Präsidenten, die Liste der anderen Persönlichkeiten an, die er als Mitglieder der Kommission vorschlägt. Diese werden auf der Grundlage der Vorschläge der Mitgliedstaaten entsprechend den Kriterien nach Artikel I‑26 Absatz 4 und Absatz 6 Unterabsatz 2 ausgewählt. Der Präsident, der Außenminister der Union und die übrigen Mitglieder der Kommission stellen sich als Kollegium einem Zustimmungsvotum des Europäischen Parlaments. Auf der Grundlage dieser Zustimmung wird die Kommission vom Europäischen Rat mit qualifizierter Mehrheit ernannt.

(3) Der Präsident der Kommission

a) legt die Leitlinien fest, nach denen die Kommission ihre Aufgaben ausübt,

b) beschließt über die interne Organisation der Kommission, um die Kohärenz, die Effizienz und das Kollegialitätsprinzip im Rahmen ihrer Tätigkeit sicherzustellen,

c) ernennt, mit Ausnahme des Außenministers der Union, die Vizepräsidenten aus dem Kreis der

Mitglieder der Kommission.

Ein Mitglied der Kommission legt sein Amt nieder, wenn es vom Präsidenten dazu aufgefordert wird.

Der Außenminister der Union legt sein Amt nach dem Verfahren des Artikels I-28 Absatz 1 nieder, wenn er vom Präsidenten dazu aufgefordert wird.

 

Artikel I-28

 

Der Außenminister der Union

 

(1) Der Europäische Rat ernennt mit qualifizierter Mehrheit mit Zustimmung des Präsidenten der Kommission den Außenminister der Union. Der Europäische Rat kann die Amtszeit des Außenministers nach dem gleichen Verfahren beenden.

(2) Der Außenminister der Union leitet die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Union. Er trägt durch seine Vorschläge zur Festlegung dieser Politik bei und führt sie im Auftrag des Rates durch. Er handelt ebenso im Bereich der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik.

(3) Der Außenminister der Union führt den Vorsitz im Rat „Auswärtige Angelegenheiten“.

(4) Der Außenminister der Union ist einer der Vizepräsidenten der Kommission. Er sorgt für die Kohärenz des auswärtigen Handelns der Union. Er ist innerhalb der Kommission mit deren Zuständigkeiten im Bereich der Außenbeziehungen und mit der Koordinierung der übrigen Aspekte des auswärtigen Handelns der Union betraut. Bei der Wahrnehmung dieser Zuständigkeiten in der Kommission und ausschließlich im Hinblick auf diese Zuständigkeiten unterliegt der Außenminister der Union den Verfahren, die für die Arbeitsweise der Kommission gelten, soweit dies mit den Absätzen 2 und 3 vereinbar ist.

 

Artikel I-29

 

Der Gerichtshof der Europäischen Union

 

(1) Der Gerichtshof der Europäischen Union umfasst den Gerichtshof, das Gericht und Fachgerichte. Er sichert die Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung der Verfassung. Die Mitgliedstaaten schaffen die erforderlichen Rechtsbehelfe, damit ein wirksamer Rechtsschutz in den vom Unionsrecht erfassten Bereichen gewährleistet ist.

(2) Der Gerichtshof besteht aus einem Richter je Mitgliedstaat. Er wird von Generalanwälten unterstützt. Das Gericht besteht aus mindestens einem Richter je Mitgliedstaat. Als Richter und Generalanwälte des Gerichtshofs und als Richter des Gerichts sind Persönlichkeiten

auszuwählen, die jede Gewähr für Unabhängigkeit bieten und die Voraussetzungen der Artikel III- 355 und III-356 erfüllen. Sie werden von den Regierungen der Mitgliedstaaten im gegenseitigen Einvernehmen für eine Amtszeit von sechs Jahren ernannt. Die Wiederernennung ausscheidender Richter und Generalanwälte ist zulässig.

(3) Der Gerichtshof der Europäischen Union entscheidet nach Maßgabe von Teil III

a) über Klagen eines Mitgliedstaats, eines Organs oder natürlicher oder juristischer Personen;

b) im Wege der Vorabentscheidung auf Antrag der einzelstaatlichen Gerichte über die Auslegung des Unionsrechts oder über die Gültigkeit der Handlungen der Organe;

c) in allen anderen in der Verfassung vorgesehenen Fällen.

 

KAPITEL II

 

DIE SONSTIGEN ORGANE UND DIE BERATENDEN EINRICHTUNGEN DER UNION

 

Artikel I-30

 

Die Europäische Zentralbank

 

(1) Die Europäische Zentralbank und die nationalen Zentralbanken bilden das Europäische System der Zentralbanken. Die Europäische Zentralbank und die nationalen Zentralbanken der Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, bilden das Eurosystem und betreiben die Währungspolitik der Union.

(2) Das Europäische System der Zentralbanken wird von den Beschlussorganen der Europäischen Zentralbank geleitet. Sein vorrangiges Ziel ist es, die Preisstabilität zu gewährleisten. Unbeschadet dieses Zieles unterstützt es die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Union, um zur Verwirklichung ihrer Ziele beizutragen. Es führt alle weiteren Aufgaben einer Zentralbank nach Maßgabe des Teils III und der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank aus.

(3) Die Europäische Zentralbank ist ein Organ. Sie besitzt Rechtspersönlichkeit. Sie allein ist befugt, die Ausgabe des Euro zu genehmigen. Sie ist in der Ausübung ihrer Befugnisse und der Verwaltung ihrer Mittel unabhängig. Die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union sowie die Regierungen der Mitgliedstaaten achten diese Unabhängigkeit.

(4) Die Europäische Zentralbank erlässt die für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Maßnahmen nach den Artikeln III-185 bis III-191und Artikel III-196 und nach Maßgabe der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank. Nach diesen

Artikeln behalten die Mitgliedstaaten, deren Währung nicht der Euro ist, sowie deren Zentralbanken ihre Zuständigkeiten im Währungsbereich.

(5) Die Europäische Zentralbank wird in den Bereichen, auf die sich ihre Befugnisse erstrecken, zu allen Entwürfen für Rechtsakte der Union sowie zu allen Entwürfen für Rechtsvorschriften auf einzelstaatlicher Ebene gehört und kann Stellungnahmen abgeben.

(6) Die Beschlussorgane der Europäischen Zentralbank, ihre Zusammensetzung und ihre Arbeitsweise sind in den Artikeln III-382 und III-383 sowie in der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank festgelegt.

 

Artikel I-31

 

Der Rechnungshof

 

(1) Der Rechnungshof ist ein Organ. Er nimmt die Rechnungsprüfung der Union wahr.

(2) Er prüft die Rechnung über alle Einnahmen und Ausgaben der Union und überzeugt sich von der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung.

(3) Der Rechnungshof besteht aus einem Staatsangehörigen je Mitgliedstaat. Seine Mitglieder üben ihre Aufgaben in voller Unabhängigkeit zum allgemeinen Wohl der Union aus.

 

Artikel I-32

 

Die beratenden Einrichtungen der Union

 

(1) Das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission werden von einem Ausschuss der Regionen sowie einem Wirtschafts- und Sozialausschuss unterstützt, die beratende Aufgaben wahrnehmen.

(2) Der Ausschuss der Regionen setzt sich aus Vertretern der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften zusammen, die entweder ein auf Wahlen beruhendes Mandat in einer regionalen oder lokalen Gebietskörperschaft innehaben oder gegenüber einer gewählten Versammlung

politisch verantwortlich sind.

(3) Der Wirtschafts- und Sozialausschuss setzt sich zusammen aus Vertretern der Organisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer sowie anderen Vertretern der Zivilgesellschaft, insbesondere aus dem sozialen und wirtschaftlichen, dem staatsbürgerlichen, dem beruflichen und dem kulturellen Bereich.

(4) Die Mitglieder des Ausschusses der Regionen und des Wirtschafts- und Sozialausschusses sind an keine Weisungen gebunden. Sie üben ihre Tätigkeit in voller Unabhängigkeit zum allgemeinen Wohl der Union aus.

(5) Die Zusammensetzung dieser Ausschüsse, die Ernennung ihrer Mitglieder, ihre Befugnisse und ihre Arbeitsweise sind in den Artikeln III-386 bis III-392 geregelt. Die Vorschriften der Absätze 2 und 3 über die Art ihrer Zusammensetzung werden in regelmäßigen Abständen vom Rat überprüft, um der wirtschaftlichen, sozialen und demografischen Entwicklung in der Union Rechnung zu tragen. Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission Europäische Beschlüsse zu diesem Zweck.

 

TITEL V

 

AUSÜBUNG DER ZUSTÄNDIGKEITEN DER UNION

 

KAPITEL I

 

GEMEINSAME BESTIMMUNGEN

 

Artikel I-33

 

Die Rechtsakte der Union

 

(1) Bei der Ausübung der Zuständigkeiten der Union bedienen sich die Organe nach Maßgabe von Teil III folgender Rechtsakte: Europäisches Gesetz, Europäisches Rahmengesetz, Europäische Verordnung, Europäischer Beschluss, Empfehlung und Stellungnahme. Das Europäische Gesetz ist ein Gesetzgebungsakt mit allgemeiner Geltung. Es ist in allen seinen Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Das Europäische Rahmengesetz ist ein Gesetzgebungsakt, der für jeden Mitgliedstaat, an den es gerichtet ist, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich ist, jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel überlässt. Die Europäische Verordnung ist ein Rechtsakt ohne Gesetzescharakter mit allgemeiner Geltung; sie dient der Durchführung der Gesetzgebungsakte und einzelner Bestimmungen der Verfassung. Sie kann entweder in allen ihren Teilen verbindlich sein und unmittelbar in jedem Mitgliedstaat gelten oder für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet ist, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich sein, jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel überlassen. Der Europäische Beschluss ist ein Rechtsakt ohne Gesetzescharakter, der in allen seinen Teilen verbindlich ist. Ist er an bestimmte Adressaten gerichtet, so ist er nur für diese verbindlich. Empfehlungen und Stellungnahmen sind nicht verbindlich.

(2) Werden das Europäische Parlament und der Rat mit dem Entwurf eines Gesetzgebungsakts befasst, so nehmen sie keine Akte an, die nach dem für den betreffenden Bereich geltende Gesetzgebungsverfahren nicht vorgesehen sind.

 

Artikel I-34

 

Gesetzgebungsakte

 

(1) Europäisches Gesetz und Rahmengesetz werden im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren nach Artikel III-396 auf Vorschlag der Kommission vom Europäischen Parlament und vom Rat gemeinsam erlassen. Gelangen die beiden Organe nicht zu einer Einigung, so kommt der betreffende Gesetzgebungsakt nicht zustande.

(2) In bestimmten, in der Verfassung vorgesehenen Fällen werden Europäisches Gesetz und Rahmengesetz nach besonderen Gesetzgebungsverfahren vom Europäischen Parlament mit Beteiligung des Rates oder vom Rat mit Beteiligung des Europäischen Parlaments erlassen.

(3) In bestimmten, in der Verfassung vorgesehenen Fällen können Europäisches Gesetz und Rahmengesetz auf Initiative einer Gruppe von Mitgliedstaaten oder des Europäischen Parlaments, auf Empfehlung der Europäischen Zentralbank oder auf Antrag des Gerichtshofs oder der Europäischen Investitionsbank erlassen werden.

 

Artikel I-35

 

Rechtsakte ohne Gesetzescharakter

 

(1) Der Europäische Rat erlässt Europäische Beschlüsse in den in der Verfassung vorgesehenen Fällen.

(2) Der Rat und die Kommission erlassen insbesondere in den Fällen nach den Artikeln I-36 und I-37 Europäische Verordnungen oder Beschlüsse; die Europäische Zentralbank erlässt Europäische Verordnungen oder Beschlüsse in bestimmten, in der Verfassung vorgesehenen Fällen.

(3) Der Rat gibt Empfehlungen ab. Er beschließt auf Vorschlag der Kommission in allen Fällen, in denen er nach Maßgabe der Verfassung Rechtsakte auf Vorschlag der Kommission erlässt. In den Bereichen, in denen für den Erlass eines Rechtsakts der Union Einstimmigkeit vorgesehen ist, beschließt er einstimmig. Die Kommission und, in bestimmten in der Verfassung vorgesehenen Fällen, die Europäische Zentralbank geben Empfehlungen ab.

 

Artikel I-36

 

Delegierte Europäische Verordnungen

 

(1) In Europäischen Gesetzen und Rahmengesetzen kann der Kommission die Befugnis übertragen werden, delegierte Europäische Verordnungen zur Ergänzung oder Änderung bestimmter nicht wesentlicher Vorschriften des betreffenden Gesetzes oder Rahmengesetzes zu erlassen. In den betreffenden Europäischen Gesetzen oder Rahmengesetzen werden Ziele, Inhalt, Geltungsbereich und Dauer der Befugnisübertragung ausdrücklich festgelegt. Die wesentlichen Aspekte eines Bereichs sind dem Europäischen Gesetz oder Rahmengesetz vorbehalten und eine Befugnisübertragung ist für sie deshalb ausgeschlossen.

(2) Die Bedingungen, unter denen die Übertragung erfolgt, werden in Europäischen Gesetzen oder Rahmengesetzen ausdrücklich festgelegt, wobei folgende Möglichkeiten bestehen:

a) Das Europäische Parlament oder der Rat kann beschließen, die Übertragung zu widerrufen.

b) Die delegierte Europäische Verordnung kann nur in Kraft treten, wenn das Europäische Parlament oder der Rat innerhalb der im Europäischen Gesetz oder Rahmengesetz festgelegten Frist keine Einwände erhebt.

Für die Zwecke der Buchstaben a und b beschließt das Europäische Parlament mit der Mehrheit seiner Mitglieder und der Rat mit qualifizierter Mehrheit.

 

Artikel I-37

 

Durchführungsrechtsakte

 

(1) Die Mitgliedstaaten ergreifen alle zur Durchführung der verbindlichen Rechtsakte der Union erforderlichen Maßnahmen nach innerstaatlichem Recht.

(2) Bedarf es einheitlicher Bedingungen für die Durchführung der verbindlichen Rechtsakte der Union, so werden mit diesen Rechtsakten der Kommission oder, in entsprechend begründeten Sonderfällen und in den Fällen nach Artikel I-40, dem Rat Durchführungsbefugnisse übertragen.

(3) Für die Zwecke des Absatzes 2 werden durch Europäisches Gesetz im Voraus allgemeine Regeln

und Grundsätze festgelegt, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse

durch die Kommission kontrollieren.

(4) Die Durchführungsrechtsakte der Union ergehen in der Form von Europäischen Durchführungsverordnungen

oder Europäischen Durchführungsbeschlüssen.

 

Artikel I-38

 

Gemeinsame Grundsätze für die Rechtsakte der Union

 

(1) Wird die Art des zu erlassenden Rechtsakts von der Verfassung nicht vorgegeben, so entscheiden die Organe darüber von Fall zu Fall unter Einhaltung der geltenden Verfahren und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nach Artikel I-11.

(2) Die Rechtsakte sind mit einer Begründung zu versehen und nehmen auf die in der Verfassung vorgesehenen Vorschläge, Initiativen, Empfehlungen, Anträge oder Stellungnahmen Bezug.

 

Artikel I-39

 

Veröffentlichung und Inkrafttreten

 

(1) Europäische Gesetze und Rahmengesetze, die nach dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen wurden, werden vom Präsidenten des Europäischen Parlaments und vom Präsidenten des Rates unterzeichnet. In den übrigen Fällen werden sie vom Präsidenten des Organs, das sie erlassen hat, unterzeichnet. Die Europäischen Gesetze und Rahmengesetze werden im Amtsblatt der Europäischen Union

veröffentlicht und treten zu dem durch sie festgelegten Zeitpunkt oder anderenfalls am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung in Kraft.

(2) Europäische Beschlüsse, die an keinen bestimmten Adressaten gerichtet sind, sowie Europäische Verordnungen werden vom Präsidenten des Organs, das sie erlassen hat, unterzeichnet. Europäische Beschlüsse, die an keinen bestimmten Adressaten gerichtet sind, sowie Europäische Verordnungen werden im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und treten zu dem durch sie festgelegten Zeitpunkt oder anderenfalls am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung in Kraft.

(3) Andere als die in Absatz 2 genannten Europäischen Beschlüsse werden denjenigen, für die sie

bestimmt sind, bekannt gegeben und durch diese Bekanntgabe wirksam.

 

KAPITEL II

 

BESONDERE BESTIMMUNGEN

 

Artikel I-40

 

Besondere Bestimmungen über die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik

 

(1) Die Europäische Union verfolgt eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, die auf einer Entwicklung der gegenseitigen politischen Solidarität der Mitgliedstaaten, der Ermittlung der Fragen von allgemeiner Bedeutung und der Erreichung einer immer stärkeren Konvergenz des Handelns der Mitgliedstaaten beruht.

(2) Der Europäische Rat bestimmt die strategischen Interessen der Union und legt die Ziele ihrer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik fest. Der Rat gestaltet diese Politik im Rahmen der vom Europäischen Rat festgelegten strategischen Leitlinien in Übereinstimmung mit Teil III.

(3) Der Europäische Rat und der Rat erlassen die erforderlichen Europäischen Beschlüsse.

(4) Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik wird vom Außenminister der Union und von den Mitgliedstaaten mit einzelstaatlichen Mitteln und den Mitteln der Union durchgeführt.

(5) Die Mitgliedstaaten stimmen sich im Europäischen Rat und im Rat zu jeder außen- und sicherheitspolitischen Frage von allgemeiner Bedeutung ab, um ein gemeinsames Vorgehen festzulegen. Bevor ein Mitgliedstaat in einer Weise, die die Interessen der Union berühren könnte, auf internationaler Ebene tätig wird oder eine Verpflichtung eingeht, konsultiert er die anderen Mitgliedstaaten im Europäischen Rat oder im Rat. Die Mitgliedstaaten gewährleisten durch konvergentes Handeln, dass die Union ihre Interessen und ihre Werte auf internationaler Ebene geltend machen kann. Die Mitgliedstaaten sind untereinander solidarisch.

(6) Im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik erlassen der Europäische Rat und der Rat außer in den in Teil III genannten Fällen Europäische Beschlüsse einstimmig. Sie beschließen auf Initiative eines Mitgliedstaates, auf Vorschlag des Außenministers der Union oder auf Vorschlag des Außenministers mit Unterstützung der Kommission. Europäische Gesetze und Rahmengesetze sind ausgeschlossen.

(7) Der Europäische Rat kann einstimmig einen Europäischen Beschluss erlassen, wonach der Rat in

anderen als den in Teil III genannten Fällen mit qualifizierter Mehrheit beschließt.

(8) Das Europäische Parlament wird zu den wichtigsten Aspekten und den grundlegenden Weichenstellungen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik regelmäßig gehört. Es wird über ihre Entwicklung auf dem Laufenden gehalten.

 

Artikel I-41

 

Besondere Bestimmungen über die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik

 

(1) Die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik ist integraler Bestandteil der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. Sie sichert der Union eine auf zivile und militärische Mittel gestützte Fähigkeit zu Operationen. Auf diese kann die Union bei Missionen außerhalb der Union zur Friedenssicherung, Konfliktverhütung und Stärkung der internationalen Sicherheit in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen zurückgreifen. Sie erfüllt diese Aufgaben mit Hilfe der Fähigkeiten, die von den Mitgliedstaaten bereitgestellt werden.

(2) Die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik umfasst die schrittweise Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik der Union. Diese führt zu einer gemeinsamen Verteidigung, sobald der Europäische Rat dies einstimmig beschlossen hat. Er empfiehlt in diesem Fall den Mitgliedstaaten, einen Beschluss in diesem Sinne im Einklang mit ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften zu erlassen. Die Politik der Union nach diesem Artikel berührt nicht den besonderen Charakter der Sicherheits- und Verteidigungspolitik bestimmter Mitgliedstaaten; sie achtet die Verpflichtungen bestimmter Mitgliedstaaten, die ihre gemeinsame Verteidigung in der Nordatlantikvertrags-Organisation

verwirklicht sehen, aufgrund des Nordatlantikvertrags und ist vereinbar mit der in jenem Rahmen festgelegten gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik.

(3) Die Mitgliedstaaten stellen der Union für die Umsetzung der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik zivile und militärische Fähigkeiten als Beitrag zur Verwirklichung der vom Rat festgelegten Ziele zur Verfügung. Die Mitgliedstaaten, die zusammen multinationale Streitkräfte aufstellen, können diese auch für die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik zur Verfügung stellen. Die Mitgliedstaaten verpflichten sich, ihre militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern. Es wird eine Agentur für die Bereiche Entwicklung der Verteidigungsfähigkeiten, Forschung, Beschaffung und Rüstung (Europäische Verteidigungsagentur) eingerichtet, deren Aufgabe es ist, den operativen Bedarf zu ermitteln und Maßnahmen zur Bedarfsdeckung zu fördern, zur Ermittlung von Maßnahmen zur Stärkung der industriellen und technologischen Basis des Verteidigungssektors beizutragen und diese Maßnahmen gegebenenfalls durchzuführen, sich an der Festlegung einer europäischen Politik im Bereich der Fähigkeiten und der Rüstung zu beteiligen sowie den Rat bei der Beurteilung der Verbesserung der militärischen Fähigkeiten zu unterstützen.

(4) Europäische Beschlüsse zur Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, einschließlich der Beschlüsse über die Einleitung einer Mission nach diesem Artikel, werden vom Rat einstimmig auf Vorschlag des Außenministers der Union oder auf Initiative eines Mitgliedstaats erlassen. Der Außenminister der Union kann gegebenenfalls gemeinsam mit der Kommission den Rückgriff auf einzelstaatliche Mittel sowie auf Instrumente der Union vorschlagen.

(5) Der Rat kann zur Wahrung der Werte der Union und im Dienste ihrer Interessen eine Gruppe von Mitgliedstaaten mit der Durchführung einer Mission im Rahmen der Union beauftragen. Die Durchführung einer solchen Mission fällt unter Artikel III-310.

(6) Die Mitgliedstaaten, die anspruchsvollere Kriterien in Bezug auf die militärischen Fähigkeiten erfüllen und die im Hinblick auf Missionen mit höchsten Anforderungen untereinander weiter gehende Verpflichtungen eingegangen sind, begründen eine Ständige Strukturierte Zusammenarbeit im Rahmen der Union. Diese Zusammenarbeit erfolgt nach Maßgabe von Artikel III-312. Sie berührt nicht die Bestimmungen des Artikels III-309.

(7) Im Falle eines bewaffneten Angriffs auf das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats müssen die anderen Mitgliedstaaten nach Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen alle in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung leisten. Dies lässt den besonderen Charakter der Sicherheits- und Verteidigungspolitik bestimmter Mitgliedstaaten unberührt. Die Verpflichtungen und die Zusammenarbeit in diesem Bereich bleiben im Einklang mit den im Rahmen der Nordatlantikvertrags-Organisation eingegangenen Verpflichtungen, die für die ihr angehörenden Staaten weiterhin das Fundament ihrer kollektiven Verteidigung und das Instrument für deren Verwirklichung ist.

(8) Das Europäische Parlament wird zu den wichtigsten Aspekten und den grundlegenden Weichenstellungen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik regelmäßig gehört. Es wird über ihre Entwicklung auf dem Laufenden gehalten.

 

Artikel I-42

 

Besondere Bestimmungen über den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts

 

(1) Die Union bildet einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts

a) durch den Erlass von Europäischen Gesetzen und Rahmengesetzen, mit denen, soweit erforderlich, die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten in den in Teil III genannten Bereichen einander angeglichen werden sollen;

b) durch Förderung des gegenseitigen Vertrauens zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, insbesondere auf der Grundlage der gegenseitigen Anerkennung der gerichtlichen und außergerichtlichen Entscheidungen;

c) durch operative Zusammenarbeit der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten einschließlich der Polizei, des Zolls und anderer auf die Verhütung und die Aufdeckung von Straftaten spezialisierter Behörden.

(2) Die nationalen Parlamente können sich im Rahmen des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts an den Bewertungsmechanismen nach Artikel III-260 beteiligen. Sie werden in die politische Kontrolle von Europol und die Bewertung der Tätigkeit von Eurojust nach den Artikeln III- 276 und III-273 einbezogen.

(3) Die Mitgliedstaaten verfügen nach Artikel III-264 über ein Initiativrecht im Bereich der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen.

 

Artikel I-43

 

Solidaritätsklausel

 

(1) Die Union und ihre Mitgliedstaaten handeln gemeinsam im Geiste der Solidarität, wenn ein

Mitgliedstaat von einem Terroranschlag, einer Naturkatastrophe oder einer vom Menschen

verursachten Katastrophe betroffen ist. Die Union mobilisiert alle ihr zur Verfügung stehenden

Mittel, einschließlich der ihr von den Mitgliedstaaten bereitgestellten militärischen Mittel, um

a) — terroristische Bedrohungen im Hoheitsgebiet von Mitgliedstaaten abzuwenden;

    — die demokratischen Institutionen und die Zivilbevölkerung vor etwaigen Terroranschlägen zu schützen;

    im Falle eines Terroranschlags einen Mitgliedstaat auf Ersuchen seiner politischen Organe innerhalb seines Hoheitsgebiets

      zu  unterstützen;

b) im Falle einer Naturkatastrophe oder einer vom Menschen verursachten Katastrophe einen Mitgliedstaat auf Ersuchen seiner politischen Organe innerhalb seines Hoheitsgebiets zu unterstützen.

(2) Die Einzelheiten der Durchführung dieses Artikels sind in Artikel III-329 vorgesehen.

 

KAPITEL III

 

VERSTÄRKTE ZUSAMMENARBEIT

 

Artikel I-44

 

Verstärkte Zusammenarbeit

 

(1) Die Mitgliedstaaten, die untereinander eine Verstärkte Zusammenarbeit im Rahmen der nicht ausschließlichen Zuständigkeiten der Union begründen wollen, können, in den Grenzen und nach Maßgabe dieses Artikels und der Artikel III-416 bis III-423, die Organe der Union in Anspruch nehmen und diese Zuständigkeiten unter Anwendung der einschlägigen Verfassungsbestimmungen ausüben. Eine Verstärkte Zusammenarbeit ist darauf ausgerichtet, die Verwirklichung der Ziele der Union zu fördern, ihre Interessen zu schützen und ihren Integrationsprozess zu stärken. Sie steht allen Mitgliedstaaten nach Artikel III-418 jederzeit offen.

(2) Der Europäische Beschluss über die Ermächtigung zu einer Verstärkten Zusammenarbeit wird vom Rat als letztes Mittel erlassen, wenn dieser feststellt, dass die mit dieser Zusammenarbeit angestrebten Ziele von der Union in ihrer Gesamtheit nicht innerhalb eines vertretbaren Zeitraums verwirklicht werden können, und sofern an der Zusammenarbeit mindestens ein Drittel der Mitgliedstaaten beteiligt ist. Der Rat beschließt nach dem in Artikel III-419 vorgesehenen Verfahren.

(3) Alle Mitglieder des Rates können an dessen Beratungen teilnehmen, aber nur die Mitglieder des Rates, welche die an der Verstärkten Zusammenarbeit beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, nehmen an der Abstimmung teil. Die Einstimmigkeit bezieht sich allein auf die Stimmen der Vertreter der an der Verstärkten Zusammenarbeit beteiligten Mitgliedstaaten. Als qualifizierte Mehrheit gilt eine Mehrheit von mindestens 55 % derjenigen Mitglieder des Rates, die die beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, sofern die betreffenden Mitgliedstaaten zusammen

mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten ausmachen. Für eine Sperrminorität ist mindestens die Mindestzahl der Mitglieder des Rates, die zusammen mehr als 35 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, zuzüglich eines Mitglieds

erforderlich; andernfalls gilt die qualifizierte Mehrheit als erreicht. Beschließt der Rat nicht auf Vorschlag der Kommission oder des Außenministers der Union, so gilt abweichend von den Unterabsätzen 3 und 4 als die erforderliche qualifizierte Mehrheit eine Mehrheit

von mindestens 72 % derjenigen Mitglieder des Rates, die die beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, sofern die betreffenden Mitgliedstaaten mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten ausmachen.

(4) An die im Rahmen einer Verstärkten Zusammenarbeit erlassenen Rechtsakte sind nur die an dieser Zusammenarbeit beteiligten Mitgliedstaaten gebunden. Sie gelten nicht als Besitzstand, der von beitrittswilligen Staaten angenommen werden muss.

 

TITEL VI

 

DAS DEMOKRATISCHE LEBEN DER UNION

 

Artikel I-45

 

Grundsatz der demokratischen Gleichheit

 

Die Union achtet in ihrem gesamten Handeln den Grundsatz der Gleichheit ihrer Bürgerinnen und Bürger, denen ein gleiches Maß an Aufmerksamkeit seitens der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union zuteil wird.

 

Artikel I-46

 

Grundsatz der repräsentativen Demokratie

 

(1) Die Arbeitsweise der Union beruht auf der repräsentativen Demokratie.

(2) Die Bürgerinnen und Bürger sind auf Unionsebene unmittelbar im Europäischen Parlament vertreten. Die Mitgliedstaaten werden im Europäischen Rat von ihrem jeweiligen Staats- oder Regierungschef und im Rat von ihrer jeweiligen Regierung vertreten, die ihrerseits in demokratischer Weise gegenüber ihrem nationalen Parlament oder gegenüber ihren Bürgerinnen und Bürgern Rechenschaft ablegen müssen.

(3) Alle Bürgerinnen und Bürger haben das Recht, am demokratischen Leben der Union teilzunehmen. Die Entscheidungen werden so offen und bürgernah wie möglich getroffen.

(4) Politische Parteien auf europäischer Ebene tragen zur Herausbildung eines europäischen politischen Bewusstseins und zum Ausdruck des Willens der Bürgerinnen und Bürger der Union bei.

 

Artikel I-47

 

Grundsatz der partizipativen Demokratie

 

(1) Die Organe geben den Bürgerinnen und Bürgern und den repräsentativen Verbänden in geeigneter Weise die Möglichkeit, ihre Ansichten in allen Bereichen des Handelns der Union öffentlich bekannt zu geben und auszutauschen.

(2) Die Organe pflegen einen offenen, transparenten und regelmäßigen Dialog mit den repräsentativen Verbänden und der Zivilgesellschaft.

(3) Um die Kohärenz und die Transparenz des Handelns der Union zu gewährleisten, führt die Kommission umfangreiche Anhörungen der Betroffenen durch.

(4) Unionsbürgerinnen und Unionsbürger, deren Anzahl mindestens eine Million betragen und bei denen es sich um Staatsangehörige einer erheblichen Anzahl von Mitgliedstaaten handeln muss, können die Initiative ergreifen und die Kommission auffordern, im Rahmen ihrer Befugnisse geeignete Vorschläge zu Themen zu unterbreiten, zu denen es nach Ansicht jener Bürgerinnen und Bürger eines Rechtsakts der Union bedarf, um die Verfassung umzusetzen. Die Bestimmungen über die Verfahren und Bedingungen, die für eine solche Bürgerinitiative gelten, einschließlich der Mindestzahl von Mitgliedstaaten, aus denen diese Bürgerinnen und Bürger kommen müssen, werden

durch Europäisches Gesetz festgelegt.

 

Artikel I-48

 

Die Sozialpartner und der autonome soziale Dialog

 

Die Union anerkennt und fördert die Rolle der Sozialpartner auf Ebene der Union unter Berücksichtigung der Unterschiedlichkeit der nationalen Systeme. Sie fördert den sozialen Dialog und achtet dabei die Autonomie der Sozialpartner. Der Dreigliedrige Sozialgipfel für Wachstum und Beschäftigung trägt zum sozialen Dialog bei.

 

Artikel I-49

 

Der Europäische Bürgerbeauftragte

 

Das Europäische Parlament wählt einen Europäischen Bürgerbeauftragten, der Beschwerden über Missstände bei der Tätigkeit der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union nach Maßgabe der Verfassung entgegennimmt. Er untersucht diese Beschwerden und erstattet darüber Bericht. Der Europäische Bürgerbeauftragte übt sein Amt in völliger Unabhängigkeit aus.

 

Artikel I-50

 

Transparenz der Arbeit der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union

 

(1) Um eine verantwortungsvolle Verwaltung zu fördern und die Beteiligung der Zivilgesellschaft sicherzustellen, handeln die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union unter weitestgehender Beachtung des Grundsatzes der Offenheit.

(2) Das Europäische Parlament tagt öffentlich; dies gilt auch für den Rat, wenn er über Entwürfe zu Gesetzgebungsakten berät oder abstimmt.

(3) Jede Unionsbürgerin und jeder Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat hat nach Maßgabe des Teils III das Recht auf Zugang zu Dokumenten der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, unabhängig von der Form der für diese Dokumente verwendeten Träger. Durch Europäisches Gesetz werden die allgemeinen Grundsätze und die aufgrund öffentlicher oder privater Interessen geltenden Einschränkungen für die Ausübung des Rechts auf Zugang zu solchen Dokumenten festgelegt.

(4) Im Einklang mit dem in Absatz 3 genannten Europäischen Gesetz legen die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen in ihren jeweiligen Geschäftsordnungen besondere Bestimmungen für den Zugang zu ihren Dokumenten fest.

 

Artikel I-51

 

Schutz personenbezogener Daten

 

(1) Jede Person hat das Recht auf Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten.

(2) Durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz werden Vorschriften über den Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union sowie durch die Mitgliedstaaten im Rahmen der

Ausübung von Tätigkeiten, die in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallen, und über den freien Datenverkehr festgelegt. Die Einhaltung dieser Vorschriften wird von unabhängigen Behörden überwacht.

 

Artikel I-52

 

Status der Kirchen und weltanschaulichen Gemeinschaften

 

(1) Die Union achtet den Status, den Kirchen und religiöse Vereinigungen oder Gemeinschaften in den Mitgliedstaaten nach deren Rechtsvorschriften genießen, und beeinträchtigt ihn nicht.

(2) Die Union achtet in gleicher Weise den Status, den weltanschauliche Gemeinschaften nach den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften genießen.

(3) Die Union pflegt mit diesen Kirchen und Gemeinschaften in Anerkennung ihrer Identität und ihres besonderen Beitrags einen offenen, transparenten und regelmäßigen Dialog.

TITEL VII

 

DIE FINANZEN DER UNION

 

Artikel I-53

 

Die Haushalts- und Finanzgrundsätze

 

(1) Alle Einnahmen und Ausgaben der Union werden im Einklang mit Teil III für jedes Haushaltsjahr veranschlagt und in den Haushaltsplan der Union eingesetzt.

(2) Der Haushaltsplan ist in Einnahmen und Ausgaben auszugleichen.

(3) Die in den Haushaltsplan eingesetzten Ausgaben werden für ein Haushaltsjahr entsprechend dem Europäischen Gesetz nach Artikel III‑412 bewilligt.

(4) Die Ausführung der in den Haushaltsplan eingesetzten Ausgaben setzt den Erlass eines verbindlichen Rechtsakts der Union voraus, mit dem die Maßnahme der Union und die Ausführung der entsprechenden Ausgabe entsprechend dem Europäischen Gesetz nach Artikel III‑412 eine Rechtsgrundlage erhalten, soweit nicht dieses Gesetz Ausnahmen vorsieht.

(5) Damit die Haushaltsdisziplin gewährleistet wird, erlässt die Union keine Rechtsakte, die erhebliche Auswirkungen auf den Haushaltsplan haben könnten, ohne die Gewähr zu bieten, dass die mit diesen Rechtsakten verbundenen Ausgaben im Rahmen der Eigenmittel der Union und unter Einhaltung des mehrjährigen Finanzrahmens nach Artikel I-55 finanziert werden können.

(6) Der Haushaltsplan wird entsprechend dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung ausgeführt. Die Mitgliedstaaten arbeiten mit der Union zusammen, um sicherzustellen, dass die in den Haushaltsplan eingesetzten Mittel nach diesem Grundsatz verwendet werden.

(7) Die Union und die Mitgliedstaaten bekämpfen nach Artikel III-415 Betrügereien und sonstige gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtete rechtswidrige Handlungen.

 

Artikel I-54

 

Die Eigenmittel der Union

 

(1) Die Union stattet sich mit den erforderlichen Mitteln aus, um ihre Ziele erreichen und ihre Politik durchführen zu können.

(2) Der Haushalt der Union wird unbeschadet der sonstigen Einnahmen vollständig aus Eigenmitteln finanziert.

(3) Die Bestimmungen über das System der Eigenmittel der Union werden durch Europäisches Gesetz des Rates festgelegt. Darin können neue Kategorien von Eigenmitteln eingeführt und bestehende Kategorien abgeschafft werden. Der Rat beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments. Dieses Gesetz tritt erst nach Zustimmung der Mitgliedstaaten im Einklang mit ihren jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften in Kraft.

(4) Durchführungsmaßnahmen zu dem System der Eigenmittel der Union werden durch Europäisches Gesetz des Rates festgelegt, sofern dies in dem nach Absatz 3 erlassenen Europäischen Gesetz vorgesehen ist. Der Rat beschließt nach Zustimmung des Europäischen Parlaments.

 

Artikel I-55

 

Der mehrjährige Finanzrahmen

 

(1) Mit dem mehrjährigen Finanzrahmen soll sichergestellt werden, dass die Ausgaben der Union innerhalb der Grenzen ihrer Eigenmittel eine geordnete Entwicklung nehmen. Im mehrjährigen Finanzrahmen werden die jährlichen Obergrenzen für die Mittel für Verpflichtungen je

Ausgabenkategorie nach Artikel III-402 festgesetzt.

(2) Der mehrjährige Finanzrahmen wird durch Europäisches Gesetz des Rates festgelegt. Dieser beschließt einstimmig nach Zustimmung des Europäischen Parlaments, die mit der Mehrheit seiner Mitglieder erteilt wird.

(3) Bei der Aufstellung des jährlichen Haushaltsplans der Union ist der mehrjährige Finanzrahmen einzuhalten.

(4) Der Europäische Rat kann einstimmig einen Europäischen Beschluss erlassen, wonach der Rat mit qualifizierter Mehrheit beschließen kann, wenn er das in Absatz 2 genannte Europäische Gesetz des Rates erlässt.

 

Artikel I-56

 

Der Haushaltsplan der Union

 

Der jährliche Haushaltsplan der Union wird durch Europäisches Gesetz nach Maßgabe des Artikels III 404 aufgestellt.

 

TITEL VIII

 

DIE UNION UND IHRE NACHBARN

 

Artikel I-57

 

Die Union und ihre Nachbarn

 

(1) Die Union entwickelt besondere Beziehungen zu den Ländern in ihrer Nachbarschaft, um einen Raum des Wohlstands und der guten Nachbarschaft zu schaffen, der auf den Werten der Union aufbaut und sich durch enge, friedliche Beziehungen auf der Grundlage der Zusammenarbeit auszeichnet.

(2) Für die Zwecke des Absatzes 1 kann die Union spezielle Übereinkünfte mit den betreffenden Ländern schließen. Diese Übereinkünfte können gegenseitige Rechte und Pflichten umfassen und die Möglichkeit zu gemeinsamem Vorgehen eröffnen. Zur Durchführung der Übereinkünfte finden regelmäßige Konsultationen statt.

 

TITEL IX

 

ZUGEHÖRIGKEIT ZUR UNION

 

Artikel I-58

 

Kriterien und Verfahren für den Beitritt zur Union

 

(1) Die Union steht allen europäischen Staaten offen, die die in Artikel I-2 genannten Werte achten und sich verpflichten, ihnen gemeinsam Geltung zu verschaffen.

(2) Europäische Staaten, die Mitglied der Union werden möchten, richten ihren Antrag an den Rat. Das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente werden von diesem Antrag unterrichtet. Der Rat beschließt einstimmig nach Anhörung der Kommission und nach Zustimmung des Europäischen Parlaments, das mit der Mehrheit seiner Mitglieder beschließt. Die Bedingungen und Einzelheiten der Aufnahme werden durch ein Abkommen zwischen den Mitgliedstaaten und dem antragstellenden Staat geregelt. Dieses Abkommen bedarf der Ratifikation durch alle Vertragsstaaten im Einklang mit ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften.

 

Artikel I-59

 

Aussetzung bestimmter mit der Zugehörigkeit zur Union verbundener Rechte

 

(1) Auf begründete Initiative eines Drittels der Mitgliedstaaten, auf begründete Initiative des Europäischen Parlaments oder auf Vorschlag der Kommission kann der Rat einen Europäischen Beschluss erlassen, mit dem festgestellt wird, dass die eindeutige Gefahr einer schwer-wiegenden Verletzung der in Artikel I-2 genannten Werte durch einen Mitgliedstaat besteht. Der Rat beschließt mit der Mehrheit von vier Fünfteln seiner Mitglieder nach Zustimmung des Europäischen Parlaments. Der Rat hört, bevor er eine solche Feststellung trifft, den betroffenen Mitgliedstaat und kann Empfehlungen an ihn richten, über die er nach demselben Verfahren beschließt. Der Rat überprüft regelmäßig, ob die Gründe, die zu dieser Feststellung geführt haben, noch zutreffen.

(2) Auf Initiative eines Drittels der Mitgliedstaaten oder auf Vorschlag der Kommission kann der Europäische Rat einen Europäischen Beschluss erlassen, mit dem festgestellt wird, dass eine schwerwiegende und anhaltende Verletzung der in Artikel I-2 genannten Werte durch einen Mitgliedstaat vorliegt, nachdem er diesen Staat zu einer Stellungnahme aufgefordert hat. Der Europäische Rat beschließt einstimmig nach Zustimmung des Europäischen Parlaments.

(3) Wurde die Feststellung nach Absatz 2 getroffen, so kann der Rat mit qualifizierter Mehrheit einen Europäischen Beschluss erlassen, mit dem bestimmte Rechte, die sich aus der Anwendung der Verfassung auf den betreffenden Mitgliedstaat herleiten, einschließlich der Stimmrechte des Mitglieds des Rates, das diesen Staat vertritt, ausgesetzt werden. Dabei berücksichtigt der Rat die möglichen Auswirkungen einer solchen Aussetzung auf die Rechte und Pflichten natürlicher und juristischer Personen. Der betreffende Staat bleibt auf jeden Fall durch seine Verpflichtungen aus der Verfassung gebunden.

(4) Der Rat kann mit qualifizierter Mehrheit einen Europäischen Beschluss erlassen, mit dem die nach Absatz 3 erlassenen Maßnahmen abgeändert oder aufgehoben werden, wenn in der Lage, die zur Verhängung dieser Maßnahmen geführt hat, Änderungen eingetreten sind.

(5) Für die Zwecke dieses Artikels nimmt das Mitglied des Europäischen Rates oder des Rates, das den betroffenen Mitgliedstaat vertritt, nicht an der Abstimmung teil und der betreffende Mitgliedstaat wird bei der Berechnung des Drittels oder der vier Fünftel der Mitgliedstaaten nach den Absätzen 1 und 2 nicht berücksichtigt. Die Stimmenthaltung von anwesenden oder vertretenen Mitgliedern steht dem Erlass von Europäischen Beschlüssen nach Absatz 2 nicht entgegen. Für den Erlass Europäischer Beschlüsse nach den Absätzen 3 und 4 gilt als qualifizierte Mehrheit eine Mehrheit von mindestens 72 % derjenigen Mitglieder des Rates, die die beteiligten Mitgliedstaaten

vertreten, sofern die betreffenden Mitgliedstaaten zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten ausmachen.

Beschließt der Rat nach dem Erlass eines Beschlusses über die Aussetzung der Stimmrechte nach Absatz 3 auf der Grundlage einer Bestimmung der Verfassung mit qualifizierter Mehrheit, so gilt als qualifizierte Mehrheit hierfür die in Unterabsatz 2 festgelegte qualifizierte Mehrheit oder, wenn der Rat auf Vorschlag der Kommission oder des Außenministers der Union handelt, eine Mehrheit von

mindestens 55 % derjenigen Mitglieder des Rates, die die beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, sofern die betreffenden Mitgliedstaaten zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten ausmachen. In letzterem Fall ist für eine Sperrminorität mindestens die Mindestzahl der Mitglieder des Rates, die zusammen mehr als 35 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, zuzüglich eines Mitglieds erforderlich; andernfalls gilt die qualifizierte Mehrheit als erreicht.

(6) Für die Zwecke dieses Artikels beschließt das Europäische Parlament mit der Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und mit der Mehrheit seiner Mitglieder.

 

Artikel I-60

 

Freiwilliger Austritt aus der Union

 

(1) Jeder Mitgliedstaat kann im Einklang mit seinen verfassungsrechtlichen Vorschriften beschließen, aus der Union auszutreten.

(2) Ein Mitgliedstaat, der auszutreten beschließt, teilt dem Europäischen Rat seine Absicht mit. Auf der Grundlage der Leitlinien des Europäischen Rates handelt die Union mit diesem Staat ein Abkommen über die Einzelheiten des Austritts aus und schließt es ab, wobei der Rahmen für die künftigen Beziehungen dieses Staates zur Union berücksichtigt wird. Das Abkommen wird nach Artikel III-325 Absatz 3 ausgehandelt. Es wird vom Rat im Namen der Union geschlossen; der Rat beschließt mit qualifizierter Mehrheit nach Zustimmung des Europäischen Parlaments.

(3) Die Verfassung findet auf den betroffenen Staat ab dem Tag des Inkrafttretens des Austrittsabkommens oder andernfalls zwei Jahre nach der in Absatz 2 genannten Mitteilung keine Anwendung mehr, es sei denn, der Europäische Rat beschließt im Einvernehmen mit dem betroffenen Mitgliedstaat einstimmig, diese Frist zu verlängern.

(4) Für die Zwecke der Absätze 2 und 3 nimmt das Mitglied des Europäischen Rates und des Rates, das den austretenden Mitgliedstaat vertritt, weder an den diesen Mitgliedstaat betreffenden Beratungen noch an der entsprechenden Beschlussfassung des Europäischen Rates oder des Rates teil. Als qualifizierte Mehrheit gilt eine Mehrheit von mindestens 72 % derjenigen Mitglieder des Rates, die die beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, sofern die betreffenden Mitgliedstaaten zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten ausmachen.

(5) Ein Staat, der aus der Union ausgetreten ist und erneut Mitglied werden möchte, muss dies nach dem Verfahren des Artikels I-58 beantragen.

 

 

TEIL III

 

DIE POLITIKBEREICHE UND DIE ARBEITSWEISE DER UNION

 

TITEL I

 

ALLGEMEIN ANWENDBARE BESTIMMUNGEN

 

Artikel III-115

 

Die Union achtet auf die Kohärenz zwischen der Politik und den Maßnahmen in den verschiedenen in diesem Teil genannten Bereichen und trägt dabei unter Einhaltung des Grundsatzes der begrenzten Einzelermächtigung ihren Zielen in ihrer Gesamtheit Rechnung.

 

Artikel III-116

 

Bei allen in diesem Teil genannten Maßnahmen wirkt die Union darauf hin, dass Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern beseitigt werden und die Gleichstellung von Frauen und Männern gefördert wird.

 

Artikel III-117

 

Bei der Festlegung und Durchführung der Politik und der Maßnahmen in den in diesem Teil genannten Bereichen trägt die Union den Erfordernissen im Zusammenhang mit der Förderung eines hohen Beschäftigungsniveaus, der Gewährleistung eines angemessenen sozialen Schutzes, der Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung sowie mit einem hohen Niveau der allgemeinen und beruflichen Bildung und des Gesundheitsschutzes Rechnung.

 

Artikel III-118

 

Bei der Festlegung und Durchführung der Politik und der Maßnahmen in den in diesem Teil genannten Bereichen zielt die Union darauf ab, Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung zu bekämpfen.

 

Artikel III-119

 

Die Erfordernisse des Umweltschutzes müssen bei der Festlegung und Durchführung der Politik und

der Maßnahmen in den in diesem Teil genannten Bereichen, insbesondere zur Förderung einer

nachhaltigen Entwicklung, einbezogen werden.

 

Artikel III-120

 

Den Erfordernissen des Verbraucherschutzes wird bei der Festlegung und Durchführung der Politik und der Maßnahmen der Union in den anderen Bereichen Rechnung getragen.

 

Artikel III-121

 

Bei der Festlegung und Durchführung der Politik der Union in den Bereichen Landwirtschaft, Fischerei, Verkehr, Binnenmarkt, Forschung, technologische Entwicklung und Raumfahrt tragen die Union und die Mitgliedstaaten den Erfordernissen des Wohlergehens der Tiere als fühlende Wesen in vollem Umfang Rechnung; sie berücksichtigen hierbei die Rechts- und Verwaltungsvorschriften und die Gepflogenheiten der Mitgliedstaaten insbesondere in Bezug auf religiöse Riten, kulturelle Traditionen und das regionale Erbe.

 

Artikel III-122

 

Unbeschadet der Artikel I-5, III-166, III-167 und III-238 und in Anbetracht des von allen in der Union anerkannten Stellenwerts der Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse sowie ihrer Bedeutung bei der Förderung des sozialen und territorialen Zusammenhalts tragen die Union und die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten im Anwendungsbereich der Verfassung dafür Sorge, dass die Grundsätze und Bedingungen, insbesondere jene wirtschaftlicher und finanzieller Art, für das Funktionieren dieser Dienste so gestaltet sind, dass diese ihren Aufgaben nachkommen können. Diese Grundsätze und Bedingungen werden durch Europäisches Gesetz unbeschadet der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten festgelegt, diese Dienste im Einklang mit der Verfassung zur Verfügung zu stellen, in Auftrag zu geben und zu finanzieren.

 

TITEL II

 

NICHTDISKRIMINIERUNG UND UNIONSBÜRGERSCHAFT

 

Artikel III-123

 

Das in Artikel I-4 Absatz 2 genannte Verbot von Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit kann durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz geregelt werden.

 

Artikel III-124

 

(1) Unbeschadet der sonstigen Bestimmungen der Verfassung und im Rahmen der durch die Verfassung der Union übertragenen

Zuständigkeiten können die für die Bekämpfung von Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung erforderlichen Maßnahmen durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz des Rates festgelegt werden. Der Rat beschließt einstimmig nach Zustimmung des Europäischen Parlaments.

(2) Abweichend von Absatz 1 können durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz unter Ausschluss jeglicher Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten die Grundprinzipien für die Fördermaßnahmen der Union festgelegt werden; dies gilt auch für Maßnahmen zur Unterstützung der Tätigkeit der Mitgliedstaaten zur Verwirklichung der in Absatz 1 genannten Ziele.

 

Artikel III-125

 

(1) Erscheint zur Erleichterung der Ausübung des in Artikel I-10 Absatz 2 Buchstabe a genannten Rechts der Unionsbürgerinnen und Unionsbürger, sich frei zu bewegen und aufzuhalten, ein Tätigwerden der Union erforderlich, so können entsprechende Maßnahmen durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz festgelegt werden, sofern die Verfassung hierfür anderweitig keine Befugnisse vorsieht.

(2) Zu den gleichen wie den in Absatz 1 genannten Zwecken können, sofern die Verfassung hierfür anderweitig keine Befugnisse vorsieht, Maßnahmen, die Pässe, Personalausweise, Aufenthaltstitel oder diesen gleichgestellte Dokumente betreffen, sowie Maßnahmen, die die soziale Sicherheit oder den sozialen Schutz betreffen, durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz des Rates festgelegt werden.

Der Rat beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments.

 

Artikel III-126

 

Die Einzelheiten der Ausübung des in Artikel I-10 Absatz 2 Buchstabe b genannten aktiven und passiven Wahlrechts aller Unionsbürgerinnen und Unionsbürger bei den Kommunalwahlen und bei den Wahlen zum Europäischen Parlament in dem Mitgliedstaat, in dem sie ihren Wohnsitz haben, ohne dessen Staatsangehörigkeit zu besitzen, werden durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz des Rates festgelegt. Der Rat beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments. In diesen Einzelheiten können Ausnahmeregelungen vorgesehen werden, wenn dies aufgrund besonderer Probleme eines Mitgliedstaats gerechtfertigt ist. Das aktive und passive Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament wird unbeschadet des Artikels III-330 Absatz 1 und der Maßnahmen zu dessen Durchführung ausgeübt.  

                               

Artikel III-127

 

Die Mitgliedstaaten erlassen die notwendigen Bestimmungen, um den diplomatischen und konsularischen Schutz der Unionsbürgerinnen und Unionsbürger in Drittländern nach Artikel I-10 Absatz 2 Buchstabe c zu gewährleisten. Die Mitgliedstaaten leiten die für diesen Schutz erforderlichen internationalen Verhandlungen ein. Die zur Erleichterung dieses Schutzes notwendigen Maßnahmen können durch Europäisches Gesetz des Rates festgelegt werden. Der Rat beschließt nach Anhörung des Europäischen Parlaments.

 

Artikel III-128

 

Die Sprachen, in denen die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sich nach Artikel I-10 Absatz 2 Buchstabe d an die Organe oder Einrichtungen wenden können und in denen sie eine Antwort erhalten müssen, sind in Artikel IV-448 Absatz 1 aufgeführt. Die Organe und Einrichtungen im Sinne des Artikels I-10 Absatz 2 Buchstabe d sind jene, die in Artikel I-19 Absatz 1 Unterabsatz 2 und in den Artikeln I-30, I-31 und I-32 genannt werden, sowie der Europäische Bürgerbeauftragte.

 

Artikel III-129

 

Die Kommission erstattet dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Wirtschafts- und Sozialausschuss alle drei Jahre über die Anwendung des Artikels I-10 und dieses Titels Bericht. In dem Bericht wird der Fortentwicklung der Union Rechnung getragen. Auf der Grundlage dieses Berichts und unbeschadet der anderen Bestimmungen der Verfassung können die in Artikel I-10 vorgesehenen Rechte durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz des Rates ergänzt werden. Der Rat beschließt einstimmig nach Zustimmung des Europäischen

Parlaments. Dieses Gesetz oder Rahmengesetz tritt erst nach Zustimmung der Mitgliedstaaten im Einklang mit ihren jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften in Kraft.

 

TITEL III

 

INTERNE POLITIKBEREICHE UND MASSNAHMEN

 

KAPITEL I

 

BINNENMARKT

 

ABSCHNITT 1

 

VERWIRKLICHUNG UND FUNKTIONIEREN DES BINNENMARKTS

 

Artikel III-130

 

(1) Die Union erlässt die erforderlichen Maßnahmen, um nach Maßgabe der einschlägigen Bestimmungen der Verfassung den Binnenmarkt zu verwirklichen beziehungsweise dessen Funktionieren zu gewährleisten.

(2) Der Binnenmarkt umfasst einen Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von Personen, Dienstleistungen, Waren und Kapital nach Maßgabe der Verfassung gewährleistet ist.

(3) Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission die Europäischen Verordnungen oder Beschlüsse, mit denen die Leitlinien und Bedingungen festgelegt werden, die erforderlich sind, um in allen betroffenen Sektoren einen ausgewogenen Fortschritt zu gewährleisten.

(4) Bei der Formulierung ihrer Vorschläge zur Verwirklichung der Ziele der Absätze 1 und 2 berücksichtigt die Kommission den Umfang der Anstrengungen, die einigen Volkswirtschaften mit unterschiedlichem Entwicklungsstand für die Verwirklichung des Binnenmarkts abverlangt werden; sie kann geeignete Maßnahmen vorschlagen. Erhalten diese Maßnahmen die Form von Ausnahmeregelungen, so müssen sie vorübergehender Art sein und dürfen das Funktionieren des Binnenmarkts so wenig wie möglich stören.

 

Artikel III-131

 

Die Mitgliedstaaten setzen sich miteinander ins Benehmen, um durch gemeinsames Vorgehen zu verhindern, dass das Funktionieren des Binnenmarkts durch Maßnahmen beeinträchtigt wird, die ein Mitgliedstaat bei einer schwerwiegenden innerstaatlichen Störung der öffentlichen Ordnung, im Kriegsfall, bei einer ernsten, eine Kriegsgefahr darstellenden internationalen Spannung oder in Erfüllung der Verpflichtungen trifft, die er im Hinblick auf die Aufrechterhaltung des Friedens und der internationalen Sicherheit übernommen hat.

 

Artikel III-132

 

Werden im Binnenmarkt die Wettbewerbsbedingungen durch Maßnahmen aufgrund der Artikel III-131 und III-436 verfälscht, so prüft die Kommission gemeinsam mit dem beteiligten Mitgliedstaat, wie diese Maßnahmen den Vorschriften der Verfassung angepasst werden können.

In Abweichung von dem in den Artikeln III-360 und III-361 vorgesehenen Verfahren kann die Kommission oder ein Mitgliedstaat den Gerichtshof unmittelbar anrufen, wenn die Kommission oder der Mitgliedstaat der Auffassung ist, dass ein anderer Mitgliedstaat die in den Artikeln III-131 und III-436 vorgesehenen Befugnisse missbraucht. Der Gerichtshof entscheidet unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

 

ABSCHNITT 2

 

FREIZÜGIGKEIT UND FREIER DIENSTLEISTUNGSVERKEHR

 

Unterabschnitt 1

 

Arbeitnehmer

 

Artikel III-133

 

(1) Die Arbeitnehmer haben das Recht, sich innerhalb der Union frei zu bewegen.

(2) Jede auf der Staatsangehörigkeit beruhende unterschiedliche Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen ist verboten.

(3) Die Arbeitnehmer haben — vorbehaltlich der aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigten Beschränkungen — das Recht,

a) sich um tatsächlich angebotene Stellen zu bewerben;

b) sich zu diesem Zweck im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen;

c) sich in einem Mitgliedstaat aufzuhalten, um dort nach den für die Arbeitnehmer dieses Staates geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften eine Beschäftigung auszuüben;

d) nach Beendigung einer Beschäftigung im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats unter Bedingungen zu verbleiben, welche in Europäischen Verordnungen der Kommission festgelegt sind.

(4) Dieser Artikel findet keine Anwendung auf die Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung.

 

Artikel III-134

 

Die zur Herstellung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer im Sinne des Artikels III-133 erforderlichen Maßnahmen werden durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz festgelegt. Es wird nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen. Das Europäische Gesetz oder Rahmengesetz hat insbesondere Folgendes zum Ziel:

a) die Sicherstellung einer engen Zusammenarbeit zwischen den einzelstaatlichen Arbeitsverwaltungen;

b) die Beseitigung der Verwaltungsverfahren und -praktiken sowie der für den Zugang zu verfügbaren Arbeitsplätzen vorgeschriebenen Fristen, die sich aus innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder zuvor zwischen den Mitgliedstaaten geschlossenen Übereinkünften ergeben und deren Beibehaltung die Herstellung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer hindert;

c) die Beseitigung aller Fristen und sonstigen Beschränkungen, die in innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder zuvor zwischen den Mitgliedstaaten geschlossenen Übereinkünften vorgesehen sind und die den Arbeitnehmern der anderen Mitgliedstaaten für die freie Wahl des Arbeitsplatzes andere Bedingungen als den inländischen Arbeitnehmern auferlegen;

d) die Schaffung geeigneter Verfahren für die Zusammenführung und den Ausgleich von Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt zu Bedingungen, die eine ernstliche Gefährdung des Lebensstandards und des Beschäftigungsstands in den einzelnen Gebieten und Industrien

ausschließen.

 

Artikel III-135

 

Die Mitgliedstaaten fördern den Austausch junger Arbeitnehmer im Rahmen eines gemeinsamen Programms.

 

Artikel III-136

 

(1) Die auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit für die Herstellung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen werden durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz festgelegt; zu diesem Zweck wird darin insbesondere ein System eingeführt, welches zu- und

abwandernden Arbeitnehmern und Selbstständigen sowie deren anspruchsberechtigten Angehörigen Folgendes sichert:

a) die Zusammenrechnung aller nach den verschiedenen innerstaatlichen Rechtsvorschriften berücksichtigten Zeiten für den Erwerb und die Aufrechterhaltung des Leistungsanspruchs sowie für die Berechnung der Leistungen;

b) die Zahlung der Leistungen an Personen, die in den Hoheitsgebieten der Mitgliedstaaten wohnen.

(2) Ist ein Mitglied des Rates der Auffassung, dass ein Entwurf eines Europäischen Gesetzes oder Rahmengesetzes nach Absatz 1 wesentliche Aspekte wie den Geltungsbereich, die Kosten oder die Finanzstruktur seines Systems der sozialen Sicherheit verletzen oder dessen finanzielles Gleichgewicht beeinträchtigen würde, so kann es beantragen, dass der Europäische Rat befasst wird. In diesem Fall wird das Verfahren nach Artikel III-396 ausgesetzt. Nach einer Aussprache geht der Europäische Rat binnen vier Monaten nach Aussetzung des Verfahrens wie folgt vor:

a) Er verweist den Entwurf an den Rat zurück, wodurch die Aussetzung des Verfahrens nach Artikel III-396 beendet wird, oder

b) er ersucht die Kommission um Vorlage eines neuen Vorschlags; in diesem Fall gilt der ursprünglich vorgeschlagene Rechtsakt als nicht erlassen.

 

Unterabschnitt 2

 

Niederlassungsfreiheit

 

Artikel III-137

 

Die Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats sind nach Maßgabe dieses Unterabschnitts verboten. Das Gleiche gilt für Beschränkungen der Gründung von Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften durch Angehörige eines Mitgliedstaats, die im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats ansässig sind. Vorbehaltlich des Abschnitts 4 über den Kapital- und Zahlungsverkehr haben die Angehörigen eines Mitgliedstaats das Recht, im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats selbstständige Erwerbstätigkeiten aufzunehmen und auszuüben sowie Unternehmen, insbesondere Gesellschaften im Sinne des Artikels III-142 Absatz 2, nach den Bestimmungen des Aufnahmemitgliedstaats für seine eigenen

Angehörigen zu gründen und zu leiten.

 

Artikel III-138

 

(1) Die Maßnahmen zur Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit für eine bestimmte Tätigkeit werden durch Europäisches Rahmengesetz festgelegt. Es wird nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.

(2) Das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission erfüllen die Aufgaben, die ihnen aufgrund von Absatz 1 übertragen sind, indem sie insbesondere

a) im Allgemeinen diejenigen Tätigkeiten mit Vorrang behandeln, bei denen die Niederlassungsfreiheit die Entwicklung der Produktion und des Handels in besonderer Weise fördert;

b) eine enge Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Verwaltungen der Mitgliedstaaten sicherstellen, um sich über die besondere Lage auf den verschiedenen Tätigkeitsgebieten innerhalb der Union zu unterrichten;

c) die aus innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder zuvor zwischen den Mitgliedstaaten geschlossenen Übereinkünften abgeleiteten Verwaltungsverfahren und -praktiken ausschalten, deren Beibehaltung der Niederlassungsfreiheit entgegensteht;

d) dafür Sorge tragen, dass Arbeitnehmer eines Mitgliedstaats, die im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats beschäftigt sind, dort verbleiben und eine selbstständige Tätigkeit unter denselben Voraussetzungen ausüben können, die sie erfüllen müssten, wenn sie in diesen Staat erst zu dem Zeitpunkt einreisen würden, zu dem sie diese Tätigkeit aufzunehmen beabsichtigen;

e) den Erwerb und die Nutzung von Grundbesitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats durch Angehörige eines anderen Mitgliedstaats ermöglichen, soweit hierdurch die Grundsätze des Artikels III-227 Absatz 2 nicht beeinträchtigt werden;

f) veranlassen, dass bei jedem in Betracht kommenden Wirtschaftszweig die Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit in Bezug auf die Voraussetzungen für die Errichtung von Agenturen, Zweigniederlassungen und Tochtergesellschaften im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats sowie für den Eintritt des Personals der Hauptniederlassung in ihre Leitungs- oder Überwachungsorgane schrittweise aufgehoben werden;

g) soweit erforderlich die Schutzbestimmungen koordinieren, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels III-142 Absatz 2 im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten;

h) sicherstellen, dass die Bedingungen für die Niederlassung nicht durch Beihilfen der Mitgliedstaaten verfälscht werden.

 

Artikel III-139

 

Auf Tätigkeiten, die in einem Mitgliedstaat dauernd oder zeitweise mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind, findet dieser Unterabschnitt in dem betreffenden Mitgliedstaat keine Anwendung. Durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz können bestimmte Tätigkeiten von der Anwendung dieses Unterabschnitts ausgenommen werden.

 

Artikel III-140

 

(1) Dieser Unterabschnitt und die aufgrund dessen erlassenen Maßnahmen beeinträchtigen nicht  die Anwendbarkeit der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, die eine Sonderregelung für Ausländer vorsehen und aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind.

(2) Die in Absatz 1 genannten nationalen Vorschriften werden durch Europäisches Rahmengesetz koordiniert.

 

Artikel III-141

 

(1) Die Aufnahme und die Ausübung selbstständiger Tätigkeiten werden durch Europäisches Rahmengesetz erleichtert. Dieses hat Folgendes zum Ziel:

a) die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise;

b) die Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Aufnahme und Ausübung  selbstständiger Tätigkeiten.

(2) Die schrittweise Aufhebung der Beschränkungen für die ärztlichen, arztähnlichen und pharmazeutischen Berufe setzt die Koordinierung der Bedingungen für die Ausübung dieser Berufe in den einzelnen Mitgliedstaaten voraus.

 

Artikel III-142

 

Für die Anwendung dieses Unterabschnitts stehen die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaften, die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Union haben, den natürlichen Personen gleich, die

Angehörige der Mitgliedstaaten sind. Als Gesellschaften gelten die Gesellschaften des bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts

einschließlich der Genossenschaften und die sonstigen juristischen Personen des öffentlichen und privaten Rechts mit Ausnahme derjenigen, die keinen Erwerbszweck verfolgen.

 

Artikel III-143

 

Unbeschadet der sonstigen Bestimmungen der Verfassung stellen die Mitgliedstaaten die Staatsangehörigen der anderen Mitgliedstaaten hinsichtlich ihrer Beteiligung am Kapital von Gesellschaften im Sinne des Artikels III-142 Absatz 2 den eigenen Staatsangehörigen gleich.

 

Unterabschnitt 3

 

Freier Dienstleistungsverkehr

 

Artikel III-144

 

Die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Union für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind, sind nach Maßgabe dieses Unterabschnitts verboten. Durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz kann die Anwendung dieses Unterabschnitts auf Erbringer von Dienstleistungen ausgedehnt werden, welche die Staatsangehörigkeit eines Drittlandes besitzen und innerhalb der Union ansässig sind.

 

Artikel III-145

 

Dienstleistungen im Sinne der Verfassung sind Leistungen, die in der Regel gegen Entgelt erbracht  werden, soweit sie nicht den Vorschriften über die Freizügigkeit der Personen und über den freien Waren- und Kapitalverkehr unterliegen.

Als Dienstleistungen gelten insbesondere:

a) gewerbliche Tätigkeiten,

b) kaufmännische Tätigkeiten,

c) handwerkliche Tätigkeiten,

d) freiberufliche Tätigkeiten.

Unbeschadet des Unterabschnitts 2 über die Niederlassungsfreiheit kann der Leistende zwecks Erbringung seiner Leistungen seine Tätigkeit vorübergehend in dem Mitgliedstaat ausüben, in dem die Leistung erbracht wird, und zwar unter den Voraussetzungen, welche dieser Staat für seine eigenen Angehörigen vorschreibt.

 

Artikel III-146

 

(1) Für den freien Dienstleistungsverkehr auf dem Gebiet des Verkehrs gilt Kapitel III Abschnitt 7 über den Verkehr.

(2) Die Liberalisierung der mit dem Kapitalverkehr verbundenen Dienstleistungen der Banken und Versicherungen wird im Einklang mit der Liberalisierung des Kapitalverkehrs durchgeführt.

 

Artikel III-147

 

(1) Die Maßnahmen zur Liberalisierung einer bestimmten Dienstleistung werden durch Europäisches Rahmengesetz festgelegt. Es wird nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.

(2) Bei dem in Absatz 1 genannten Europäischen Rahmengesetz sind im Allgemeinen mit Vorrang diejenigen Dienstleistungen zu berücksichtigen, welche die Produktionskosten unmittelbar beeinflussen oder deren Liberalisierung zur Förderung des Warenverkehrs beiträgt.

 

Artikel III-148

 

Die Mitgliedstaaten bemühen sich, über das Ausmaß der Liberalisierung der Dienstleistungen, zu dem sie aufgrund des nach Artikel III-147 Absatz 1 erlassenen Europäischen Rahmengesetzes verpflichtet sind, hinauszugehen, falls ihre wirtschaftliche Gesamtlage und die Lage des betreffenden Wirtschaftszweigs dies zulassen. Die Kommission richtet entsprechende Empfehlungen an die betreffenden Mitgliedstaaten.

 

Artikel III-149

 

Solange die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs nicht aufgehoben sind, wenden sie die Mitgliedstaaten ohne Unterscheidung nach Staatsangehörigkeit oder Aufenthaltsort auf alle Erbringer von Dienstleistungen nach Artikel III-144 Absatz 1 an.

 

Artikel III-150

 

Die Artikel III-139 bis III-142 finden auf das in diesem Unterabschnitt geregelte Sachgebiet  Anwendung.

 

ABSCHNITT 3

 

FREIER WARENVERKEHR

 

Unterabschnitt 1

 

Zollunion

 

Artikel III-151

 

(1) Die Union umfasst eine Zollunion, die sich auf den gesamten Warenaustausch erstreckt und das Verbot umfasst, zwischen den Mitgliedstaaten Ein- und Ausfuhrzölle und Abgaben gleicher Wirkung zu erheben, sowie die Einführung eines Gemeinsamen Zolltarifs gegenüber Drittländern.

(2) Absatz 4 und Unterabschnitt 3 über das Verbot von mengenmäßigen Beschränkungen gelten für die aus den Mitgliedstaaten stammenden Waren sowie für diejenigen Waren aus Drittländern, die sich in den Mitgliedstaaten im freien Verkehr befinden.

(3) Als im freien Verkehr eines Mitgliedstaats befindlich gelten diejenigen Waren aus Drittländern, für die in dem betreffenden Mitgliedstaat die Einfuhrförmlichkeiten erfüllt sowie die vorgeschriebenen Zölle und Abgaben gleicher Wirkung erhoben und nicht ganz oder teilweise rückvergütet worden sind.

(4) Ein- und Ausfuhrzölle oder Abgaben gleicher Wirkung sind zwischen den Mitgliedstaaten verboten. Dieses Verbot gilt auch für Finanzzölle.

(5) Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission die Europäischen Verordnungen oder Beschlüsse zur Festsetzung der Sätze des Gemeinsamen Zolltarifs.

(6) Bei der Ausübung der ihr aufgrund dieses Artikels übertragenen Aufgaben geht die Kommission von folgenden Gesichtspunkten aus:

a) der Notwendigkeit, den Handelsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten und Drittländern zu

fördern;

b) der Entwicklung der Wettbewerbsbedingungen innerhalb der Union, soweit diese Entwicklung zu einer Zunahme der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen führt;

c) dem Versorgungsbedarf der Union an Rohstoffen und Halbfertigwaren; hierbei achtet die Kommission darauf, zwischen den Mitgliedstaaten die Wettbewerbsbedingungen für Fertigwaren nicht zu verfälschen;

d) der Notwendigkeit, ernsthafte Störungen im Wirtschaftsleben der Mitgliedstaaten zu vermeiden und eine rationelle Entwicklung der Erzeugung sowie eine Ausweitung des Verbrauchs innerhalb der Union zu gewährleisten.

 

Unterabschnitt 2

 

Zusammenarbeit im Zollwesen

 

Artikel III-152

 

Im Rahmen des Geltungsbereichs der Verfassung werden durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz Maßnahmen zum Ausbau der Zusammenarbeit im Zollwesen zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission festgelegt.

 

Unterabschnitt 3

 

Verbot von mengenmäßigen Beschränkungen

 

Artikel III-153

 

Mengenmäßige Einfuhr- und Ausfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung sind zwischen den Mitgliedstaaten verboten.

 

Artikel III-154

 

Artikel III-153 steht Einfuhr-, Ausfuhr- und Durchfuhrverboten oder -beschränkungen nicht entgegen, die aus Gründen der öffentlichen Sittlichkeit, Ordnung und Sicherheit, zum Schutze der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren oder Pflanzen, des nationalen Kulturguts von

künstlerischem, geschichtlichem oder archäologischem Wert oder des gewerblichen und kommerziellen Eigentums gerechtfertigt sind. Diese Verbote oder Beschränkungen dürfen jedoch  weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten darstellen.

 

Artikel III-155

 

(1) Die Mitgliedstaaten formen ihre staatlichen Handelsmonopole derart um, dass jede Diskriminierung in den Versorgungs- und Absatzbedingungen zwischen den Angehörigen der Mitgliedstaaten ausgeschlossen ist. Dieser Artikel gilt für alle Einrichtungen, durch die ein Mitgliedstaat unmittelbar oder mittelbar die Einfuhr oder die Ausfuhr zwischen den Mitgliedstaaten rechtlich oder tatsächlich kontrolliert, lenkt

oder merklich beeinflusst. Er gilt auch für die von einem Staat auf andere Rechtsträger übertragenen Monopole.

(2) Die Mitgliedstaaten unterlassen jede neue Maßnahme, die den in Absatz 1 genannten Grundsätzen widerspricht oder die Tragweite der Artikel über das Verbot von Zöllen und mengenmäßigen Beschränkungen zwischen den Mitgliedstaaten einengt.

(3) Ist mit einem staatlichen Handelsmonopol eine Regelung zur Erleichterung des Absatzes oder der Verwertung landwirtschaftlicher Erzeugnisse verbunden, so sollen bei der Anwendung dieses Artikels gleichwertige Sicherheiten für die Beschäftigung und den Lebensstandard der betreffenden Erzeuger gewährleistet werden.

 

ABSCHNITT 4

 

DER KAPITAL- UND ZAHLUNGSVERKEHR

 

Artikel III-156

 

Im Rahmen dieses Abschnitts sind Beschränkungen des Kapital- und des Zahlungsverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und Drittländern verboten.

 

Artikel III-157

 

(1) Artikel III-156 berührt nicht die Anwendung derjenigen Beschränkungen auf Drittländer, die am 31. Dezember 1993 aufgrund einzelstaatlicher Rechtsvorschriften oder von Rechtsvorschriften der Union für den Kapitalverkehr mit Drittländern im Zusammenhang mit Direktinvestitionen einschließlich Anlagen in Immobilien, mit der Niederlassung, der Erbringung von Finanzdienstleistungen

oder der Zulassung von Wertpapieren zu den Kapitalmärkten bestanden. Für in Estland und Ungarn bestehende Beschränkungen nach innerstaatlichem Recht ist der maßgebliche Zeitpunkt der 31. Dezember 1999.

(2) Die Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Kapitalverkehr mit Drittländern im Zusammenhang mit Direktinvestitionen einschließlich Anlagen in Immobilien, mit der Niederlassung, der Erbringung von Finanzdienstleistungen oder der Zulassung von Wertpapieren zu den Kapitalmärkten werden durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz festgelegt. Unbeschadet sonstiger Bestimmungen der Verfassung bemühen sich das Europäische Parlament und der Rat um eine möglichst weit gehende Verwirklichung des Zieles eines freien Kapitalverkehrs

zwischen den Mitgliedstaaten und Drittländern.

(3) In Abweichung von Absatz 2 können Maßnahmen, die im Rahmen des Unionsrechts für die Liberalisierung des Kapitalverkehrs mit Drittländern einen Rückschritt darstellen, nur durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz des Rates festgelegt werden. Dieser beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments.

 

Artikel III-158

 

(1) Artikel III-156 berührt nicht das Recht der Mitgliedstaaten,

a) die einschlägigen Bestimmungen ihres Steuerrechts anzuwenden, die Steuerpflichtige mit unterschiedlichem Wohnort oder Kapitalanlageort unterschiedlich behandeln,

b) die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um Zuwiderhandlungen gegen innerstaatliche Rechtsvorschriften, insbesondere auf dem Gebiet des Steuerrechts und der Aufsicht über Finanzinstitute, zu verhindern, sowie Meldeverfahren für den Kapitalverkehr zwecks administrativer

oder statistischer Information vorzusehen oder Maßnahmen zu erlassen, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit gerechtfertigt sind.

(2) Dieser Abschnitt berührt nicht die Anwendbarkeit von Beschränkungen des Niederlassungsrechts, die mit der Verfassung vereinbar sind.

(3) Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Maßnahmen und Verfahren dürfen weder ein Mittel zur

willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des freien Kapital- und

Zahlungsverkehrs im Sinne des Artikels III-156 darstellen.

(4) Ist kein Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz nach Artikel III-157 Absatz 3 erlassen worden, so kann die Kommission oder, wenn diese binnen drei Monaten nach der Vorlage eines entsprechenden Antrags des betreffenden Mitgliedstaats keinen Europäischen Beschluss erlassen hat, der Rat einen Europäischen Beschluss erlassen, mit dem festgelegt wird, dass die von einem Mitgliedstaat in Bezug auf ein oder mehrere Drittländer getroffenen restriktiven steuerlichen Maßnahmen insofern als mit der Verfassung vereinbar anzusehen sind, als sie durch eines der Ziele der Union gerechtfertigt und mit dem ordnungsgemäßen Funktionieren des Binnenmarktes vereinbar sind. Der Rat beschließt einstimmig auf Antrag eines Mitgliedstaats.

 

Artikel III-159

 

Falls Kapitalbewegungen aus oder nach Drittländern unter außergewöhnlichen Umständen das Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion schwerwiegend stören oder zu stören drohen, kann der Rat auf Vorschlag der Kommission Europäische Verordnungen oder Beschlüsse zur Einführung von Schutzmaßnahmen gegenüber Drittländern mit einer Geltungsdauer von höchstens sechs Monaten erlassen, wenn diese unbedingt erforderlich sind. Er beschließt nach Anhörung der Europäischen Zentralbank.

 

Artikel III-160

 

Sofern dies notwendig ist, um die Ziele des Artikels III-257 in Bezug auf die Verhütung und Bekämpfung von Terrorismus und damit verbundenen Aktivitäten zu verwirklichen, wird durch Europäisches Gesetz ein Rahmen für Verwaltungsmaßnahmen in Bezug auf Kapitalbewegungen und Zahlungen geschaffen, wozu das Einfrieren von Geldern, finanziellen Vermögenswerten oder

wirtschaftlichen Erträgen gehören kann, deren Eigentümer oder Besitzer natürliche oder juristische Personen, Gruppierungen oder nichtstaatliche Einheiten sind. Zur Durchführung des in Absatz 1 genannten Europäischen Gesetzes erlässt der Rat auf Vorschlag der Kommission Europäische Verordnungen oder Beschlüsse. In den Rechtsakten nach diesem Artikel müssen die erforderlichen Bestimmungen über den Rechtsschutz vorgesehen sein.

 

ABSCHNITT 5

 

WETTBEWERBSREGELN

 

Unterabschnitt 1

 

Vorschriften für Unternehmen

 

Artikel III-161

 

(1) Mit dem Binnenmarkt unvereinbar und verboten sind alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts bezwecken oder bewirken, insbesondere

a) die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An- oder Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen;

b) die Einschränkung oder Kontrolle der Erzeugung, des Absatzes, der technischen Entwicklung oder der Investitionen;

c) die Aufteilung der Märkte oder Versorgungsquellen;

d) die Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen gegenüber Handelspartnern, wodurch diese im Wettbewerb benachteiligt werden;

e) die an den Abschluss von Verträgen geknüpfte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen, die weder sachlich noch nach Handelsbrauch in Beziehung zum Vertragsgegenstand stehen.

(2) Die nach diesem Artikel verbotenen Vereinbarungen oder Beschlüsse sind nichtig.

(3) Absatz 1 kann jedoch für nicht anwendbar erklärt werden auf

 — Vereinbarungen oder Gruppen von Vereinbarungen zwischen Unternehmen,

 — Beschlüsse oder Gruppen von Beschlüssen von Unternehmensvereinigungen,

 — aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen oder Gruppen von solchen, die unter angemessener Beteiligung der Verbraucher an dem   entstehenden Gewinn zur Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen

Fortschritts beitragen, ohne dass den beteiligten Unternehmen

a) Beschränkungen auferlegt werden, die für die Verwirklichung dieser Ziele nicht unerlässlich sind,

oder

b) Möglichkeiten eröffnet werden, für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren den Wettbewerb auszuschalten.

 

Artikel III-162

 

Mit dem Binnenmarkt unvereinbar und verboten ist die missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem Binnenmarkt oder auf einem wesentlichen Teil desselben durch ein oder mehrere Unternehmen, soweit dies dazu führen kann, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen.

Dieser Missbrauch kann insbesondere in Folgendem bestehen:

a) der unmittelbaren oder mittelbaren Erzwingung von unangemessenen Einkaufs- oder Verkaufspreisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;

b) der Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung zum Schaden der Verbraucher;

c) der Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen gegenüber Handelspartnern, wodurch diese im Wettbewerb benachteiligt werden;

d) der an den Abschluss von Verträgen geknüpften Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen, die weder sachlich noch nach Handelsbrauch in Beziehung zum Vertragsgegenstand stehen.

 

Artikel III-163

 

Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission die Europäischen Verordnungen zur Verwirklichung der in den Artikeln III-161 und III-162 niedergelegten Grundsätze. Er beschließt nach Anhörung des Europäischen Parlaments.

Diese Verordnungen bezwecken insbesondere:

a) die Beachtung der in Artikel III-161 Absatz 1 und Artikel III-162 genannten Verbote durch die Einführung von Geldbußen und Zwangsgeldern zu gewährleisten;

b) die Einzelheiten der Anwendung des Artikels III-161 Absatz 3 festzulegen; dabei ist dem Erfordernis einer wirksamen Überwachung bei möglichst einfacher Verwaltungskontrolle Rechnung zu tragen;

c) gegebenenfalls den Anwendungsbereich der Artikel III-161 und III-162 für die einzelnen Wirtschaftszweige näher zu bestimmen;

d) die Aufgaben der Kommission und des Gerichtshofs der Europäischen Union bei der Anwendung der in diesem Absatz vorgesehenen Vorschriften gegeneinander abzugrenzen;

e) das Verhältnis zwischen den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten einerseits und diesem Unterabschnitt sowie den aufgrund dieses Artikels erlassenen Europäischen Verordnungen andererseits festzulegen.

 

Artikel III-164

 

Bis zum Inkrafttreten der nach Artikel III-163 erlassenen Europäischen Verordnungen entscheiden die Behörden der Mitgliedstaaten im Einklang mit ihrem innerstaatlichen Recht und Artikel III-161, insbesondere Absatz 3, und Artikel III-162 über die Zulässigkeit von Vereinbarungen, Beschlüssen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen sowie über die missbräuchliche Ausnutzung einer

beherrschenden Stellung auf dem Binnenmarkt.

 

Artikel III-165

 

(1) Unbeschadet des Artikels III-164 achtet die Kommission auf die Verwirklichung der in den Artikeln III-161 und III-162 niedergelegten Grundsätze. Sie untersucht auf Antrag eines Mitgliedstaats oder von Amts wegen in Verbindung mit den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, die ihr Amtshilfe zu leisten haben, die Fälle, in denen Zuwiderhandlungen gegen diese Grundsätze vermutet werden. Stellt sie eine Zuwiderhandlung fest, so schlägt sie geeignete Mittel vor, um diese abzustellen.

(2) Wird die Zuwiderhandlung nach Absatz 1 nicht abgestellt, so erlässt die Kommission einen mit Gründen versehenen Europäischen Beschluss, in dem festgestellt wird, dass eine Zuwiderhandlung gegen die Grundsätze vorliegt. Sie kann ihren Beschluss veröffentlichen und die Mitgliedstaaten ermächtigen, die erforderlichen Abhilfemaßnahmen zu treffen, deren Bedingungen und Einzelheiten

sie festlegt.

(3) Die Kommission kann Europäische Verordnungen zu den Gruppen von Vereinbarungen erlassen, zu denen der Rat nach Artikel III-163 Absatz 2 Buchstabe b eine Europäische Verordnung erlassen hat.

 

Artikel III-166

 

(1) Die Mitgliedstaaten werden in Bezug auf öffentliche Unternehmen und auf Unternehmen, denen sie besondere oder ausschließliche Rechte gewähren, keine den Bestimmungen der Verfassung und insbesondere deren Artikel I-4 Absatz 2 und den Artikeln III-161 bis III-169 widersprechende Maßnahmen treffen oder beibehalten.

(2) Für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind oder den Charakter eines Finanzmonopols haben, gelten die Bestimmungen der Verfassung, insbesondere die Wettbewerbsregeln, soweit die Anwendung dieser Bestimmungen nicht die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindert. Die

Entwicklung des Handelsverkehrs darf nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt werden, das dem Interesse der Union zuwiderläuft.

(3) Die Kommission achtet auf die Anwendung dieses Artikels und erlässt erforderlichenfalls geeignete Europäische Verordnungen oder Beschlüsse.

 

Unterabschnitt 2

 

Beihilfen der Mitgliedstaaten

 

Artikel III-167

 

(1) Soweit in der Verfassung nicht etwas anderes bestimmt ist, sind Beihilfen der Mitgliedstaaten oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten

beeinträchtigen.

(2) Mit dem Binnenmarkt vereinbar sind:

a) Beihilfen sozialer Art an einzelne Verbraucher, wenn sie ohne Diskriminierung nach der Herkunft der Waren gewährt werden;

b) Beihilfen zur Beseitigung von Schäden, die durch Naturkatastrophen oder sonstige außergewöhnliche Ereignisse entstanden sind;

c) Beihilfen für die Wirtschaft bestimmter, durch die Teilung Deutschlands betroffener Gebiete der Bundesrepublik Deutschland, soweit sie zum Ausgleich der durch die Teilung verursachten wirtschaftlichen Nachteile erforderlich sind. Der Rat kann fünf Jahre nach dem Inkrafttreten des

Vertrags über eine Verfassung für Europa auf Vorschlag der Kommission einen Europäischen Beschluss erlassen, mit dem dieser Buchstabe aufgehoben wird.

(3) Als mit dem Binnenmarkt vereinbar können angesehen werden:

a) Beihilfen zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung von Gebieten, in denen der Lebensstandard außergewöhnlich niedrig ist oder eine erhebliche Unterbeschäftigung herrscht, und der in Artikel III-424 genannten Gebiete unter Berücksichtigung ihrer strukturellen,

wirtschaftlichen und sozialen Lage;

b) Beihilfen zur Förderung wichtiger Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse oder zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats;

c) Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft;

d) Beihilfen zur Förderung der Kultur und der Erhaltung des kulturellen Erbes, soweit sie die Handels- und Wettbewerbsbedingungen in der Union nicht in einem Maß beeinträchtigen, das dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft;

e) sonstige Arten von Beihilfen, die durch vom Rat auf Vorschlag der Kommission erlassene Europäische Verordnungen oder Beschlüsse bestimmt werden.

 

Artikel III-168

 

(1) Die Kommission überprüft fortlaufend in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten die in diesen bestehenden Beihilferegelungen. Sie schlägt ihnen die zweckdienlichen Maßnahmen vor, welche die fortschreitende Entwicklung und das Funktionieren des Binnenmarkts erfordern.

(2) Stellt die Kommission fest, nachdem sie den Beteiligten eine Frist zur Äußerung gesetzt hat, dass eine von einem Mitgliedstaat oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfe mit dem Binnenmarkt nach Artikel III-167 unvereinbar ist oder dass sie missbräuchlich angewandt wird, so erlässt sie einen Europäischen Beschluss, der darauf abzielt, dass der betreffende Mitgliedstaat sie binnen einer von ihr

bestimmten Frist aufhebt oder umgestaltet. Kommt der betreffende Mitgliedstaat diesem Europäischen Beschluss innerhalb der festgesetzten Frist nicht nach, so kann die Kommission oder jeder betroffene Mitgliedstaat in Abweichung von den Artikeln III-360 und III-361 den Gerichtshof der Europäischen Union unmittelbar anrufen. Der Rat kann einstimmig auf Antrag eines Mitgliedstaats einen Europäischen Beschluss erlassen, dem zufolge eine von diesem Staat gewährte oder geplante Beihilfe in Abweichung von Artikel III-167 oder von den in Artikel III-169 vorgesehenen Europäischen Verordnungen als mit dem Binnenmarkt vereinbar gilt, wenn außergewöhnliche Umstände einen solchen Beschluss rechtfertigen. Hat die Kommission bezüglich dieser Beihilfe das in Unterabsatz 1 vorgesehene Verfahren bereits eingeleitet, so bewirkt der Antrag des betreffenden Mitgliedstaats an den Rat die Aussetzung dieses Verfahrens, bis der Rat sich geäußert hat. Äußert sich der Rat nicht binnen drei Monaten nach Antragstellung, so entscheidet die Kommission.

(3) Die Kommission wird von den Mitgliedstaaten über jede beabsichtigte Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen so rechtzeitig unterrichtet, dass sie sich dazu äußern kann. Ist sie der Auffassung, dass ein derartiges Vorhaben nach Artikel III-167 mit dem Binnenmarkt unvereinbar ist, so leitet sie unverzüglich das in Absatz 2 vorgesehene Verfahren ein. Der betreffende Mitgliedstaat darf die beabsichtigten Maßnahmen nicht durchführen, bevor dieses Verfahren zu einem abschließenden Beschluss geführt hat.

(4) Die Kommission kann Europäische Verordnungen zu den Arten von staatlichen Beihilfen erlassen, die, wie vom Rat nach Artikel III-169 festgelegt, von dem Verfahren nach Absatz 3 ausgenommen werden können.

 

Artikel III-169

 

Der Rat kann auf Vorschlag der Kommission Europäische Verordnungen zur Durchführung der Artikel III-167 und III-168 und insbesondere zur Festlegung der Bedingungen für die Anwendung des Artikels III-168 Absatz 3 sowie zur Festlegung derjenigen Arten von Beihilfen erlassen, die von dem Verfahren nach dem genannten Absatz ausgenommen sind. Er beschließt nach Anhörung des Europäischen Parlaments.

 

ABSCHNITT 6

 

STEUERLICHE VORSCHRIFTEN

 

Artikel III-170

 

(1) Die Mitgliedstaaten erheben auf Waren aus anderen Mitgliedstaaten weder unmittelbar noch mittelbar höhere inländische Abgaben gleich welcher Art, als gleichartige inländische Waren unmittelbar oder mittelbar zu tragen haben. Die Mitgliedstaaten erheben auf Waren aus anderen Mitgliedstaaten keine inländischen Abgaben, die geeignet sind, andere Produktionen mittelbar zu schützen.

(2) Werden Waren aus einem Mitgliedstaat in das Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ausgeführt, so darf die Rückvergütung für inländische Abgaben nicht höher sein als die auf die ausgeführten Waren mittelbar oder unmittelbar erhobenen inländischen Abgaben.

(3) Für Abgaben außer Umsatzsteuern, Verbrauchsabgaben und sonstigen indirekten Steuern sind Entlastungen und Rückvergütungen bei der Ausfuhr in andere Mitgliedstaaten sowie Ausgleichsabgaben bei der Einfuhr aus den Mitgliedstaaten nur zulässig, soweit der Rat die betreffenden Bestimmungen zuvor durch einen auf Vorschlag der Kommission erlassenen Europäischen Beschluss für eine begrenzte Frist genehmigt hat.

 

Artikel III-171

 

Durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz des Rates werden Maßnahmen zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften über die Umsatzsteuern, die Verbrauchsabgaben und sonstige indirekte Steuern festgelegt, soweit diese Harmonisierung für die Verwirklichung oder das Funktionieren des Binnenmarkts und die Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen notwendig ist. Der Rat beschließt

einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments und des Wirtschafts- und Sozialausschusses.

 

ABSCHNITT 7

 

GEMEINSAME BESTIMMUNGEN

 

Artikel III-172

 

(1) Soweit in der Verfassung nichts anderes bestimmt ist, gilt dieser Artikel für die Verwirklichung der Ziele des Artikels III-130. Die Maßnahmen zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, welche die Verwirklichung oder das Funktionieren des Binnenmarkts zum Gegenstand haben, werden durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz festgelegt. Es wird nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.

(2) Absatz 1 gilt nicht für die Bestimmungen über die Steuern, die Bestimmungen über die Freizügigkeit und die Bestimmungen über die Rechte und Interessen der Arbeitnehmer.

(3) Die Kommission geht in ihren nach Absatz 1 in den Bereichen Gesundheit, Sicherheit, Umweltschutz und Verbraucherschutz vorgelegten Vorschlägen von einem hohen Schutzniveau aus und berücksichtigt dabei insbesondere alle auf wissenschaftliche Ergebnisse gestützten neuen Entwicklungen. Im Rahmen ihrer jeweiligen Befugnisse streben das Europäische Parlament und der Rat dieses Ziel ebenfalls an.

(4) Hält es ein Mitgliedstaat nach Erlass einer Harmonisierungsmaßnahme durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz oder durch eine Europäische Verordnung der Kommission für erforderlich, einzelstaatliche Bestimmungen beizubehalten, die durch wichtige Erfordernisse im

Sinne des Artikels III-154 oder in Bezug auf den Schutz der Arbeitsumwelt oder den Umweltschutz gerechtfertigt sind, so teilt er diese Bestimmungen sowie die Gründe für ihre Beibehaltung der Kommission mit.

(5) Unbeschadet des Absatzes 4 teilt ein Mitgliedstaat, der es nach Erlass einer Harmonisierungsmaßnahme durch  Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz oder durch eine Europäische Verordnung der Kommission für erforderlich hält, auf neue wissenschaftliche Erkenntnisse gestützte einzelstaatliche Bestimmungen zum Schutz der Umwelt oder der Arbeitsumwelt aufgrund eines spezifischen

Problems für diesen Mitgliedstaat, das sich nach dem Erlass der Harmonisierungsmaßnahme ergibt, einzuführen, der Kommission die in Aussicht genommenen Bestimmungen sowie die entsprechende Begründung mit.

(6) Die Kommission erlässt binnen sechs Monaten nach den Mitteilungen nach den Absätzen 4 und 5 einen Europäischen Beschluss, in dem die betreffenden einzelstaatlichen Bestimmungen gebilligt oder abgelehnt werden, nachdem sie geprüft hat, ob sie ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung und eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten darstellen und ob sie das Funktionieren des Binnenmarkts behindern. Erlässt die Kommission innerhalb dieses Zeitraums keinen Beschluss, so gelten die in den Absätzen 4 und 5 genannten einzelstaatlichen Bestimmungen als gebilligt. Sofern dies aufgrund eines schwierigen Sachverhalts gerechtfertigt ist und keine Gefahr für die menschliche Gesundheit besteht, kann die Kommission dem betreffenden Mitgliedstaat mitteilen, dass der in diesem Absatz genannte Zeitraum um einen weiteren Zeitraum von bis zu sechs Monaten verlängert wird.

(7) Wird es einem Mitgliedstaat nach Absatz 6 gestattet, von der Harmonisierungsmaßnahme abweichende einzelstaatliche Bestimmungen beizubehalten oder einzuführen, so prüft die Kommission unverzüglich, ob sie eine Anpassung dieser Maßnahme vorschlägt.

(8) Stellt sich einem Mitgliedstaat in einem Bereich, der zuvor bereits Gegenstand von Harmonisierungsmaßnahmen war, ein spezielles Problem für die öffentliche Gesundheit, so teilt er dies der Kommission mit, die umgehend prüft, ob sie entsprechende Maßnahmen vorschlägt.

(9) Abweichend von dem Verfahren der Artikel III-360 und III-361 kann die Kommission oder ein Mitgliedstaat den Gerichtshof der Europäischen Union unmittelbar anrufen, wenn die Kommission oder der Mitgliedstaat der Auffassung ist, dass ein anderer Mitgliedstaat die in diesem Artikel vorgesehenen Befugnisse missbraucht.

(10) Die in diesem Artikel genannten Harmonisierungsmaßnahmen sind in geeigneten Fällen mit einer Schutzklausel verbunden, welche die Mitgliedstaaten ermächtigt, aus einem oder mehreren der in Artikel III-154 genannten nichtwirtschaftlichen Gründe vorläufige Maßnahmen zu ergreifen, die einem Kontrollverfahren der Union unterliegen.

 

Artikel III-173

 

Unbeschadet des Artikels III-172 werden die Maßnahmen zur Angleichung derjenigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, die sich unmittelbar auf die Verwirklichung oder das Funktionieren des Binnenmarkts auswirken, durch Europäisches Rahmengesetz des Rates festgelegt. Dieser beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments und des Wirtschafts- und

Sozialausschusses.

 

Artikel III-174

 

Stellt die Kommission fest, dass Unterschiede in den Rechts- oder Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten die Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt verfälschen und eine Verzerrung hervorrufen, die zu beseitigen ist, so berät sie sich mit den betreffenden Mitgliedstaaten.

Führen diese Beratungen nicht zu einem Einvernehmen, so werden die zur Beseitigung der betreffenden Verzerrung erforderlichen Maßnahmen durch Europäisches Rahmengesetz festgelegt. Es können alle sonstigen in der Verfassung vorgesehenen zweckdienlichen Maßnahmen erlassen werden.

 

Artikel III-175

 

(1) Ist zu befürchten, dass der Erlass oder die Änderung einer Rechts- oder Verwaltungsvorschrift eines Mitgliedstaats eine Verzerrung im Sinne des Artikels III-174 verursacht, so setzt sich der Mitgliedstaat, der diese Maßnahme beabsichtigt, mit der Kommission ins Benehmen. Diese richtet nach Beratung mit den Mitgliedstaaten an die beteiligten Mitgliedstaaten eine Empfehlung über die zur Vermeidung dieser Verzerrung geeigneten Maßnahmen.

(2) Kommt der Mitgliedstaat, der innerstaatliche Vorschriften erlassen oder ändern will, der an ihn gerichteten Empfehlung der Kommission nicht nach, so kann nicht nach Artikel III-174 verlangt werden, dass die anderen Mitgliedstaaten ihre innerstaatlichen Vorschriften ändern, um die Verzerrung zu beseitigen. Verursacht ein Mitgliedstaat, der die Empfehlung der Kommission außer Acht lässt, eine Verzerrung lediglich zu seinem eigenen Nachteil, so findet Artikel III-174 keine Anwendung.

 

Artikel III-176

 

Im Rahmen der Verwirklichung oder des Funktionierens des Binnenmarkts werden durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz Maßnahmen zur Schaffung europäischer Rechtstitel über einen einheitlichen Schutz der Rechte des geistigen Eigentums in der Union sowie zur Einführung von zentralisierten Zulassungs-, Koordinierungs- und Kontrollregelungen auf Unionsebene festgelegt. Die Sprachenregelungen für die europäischen Rechtstitel werden durch Europäisches Gesetz des Rates festgelegt. Dieser beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments.

 

KAPITEL II

 

WIRTSCHAFTS- UND WÄHRUNGSPOLITIK

 

Artikel III-177

 

Die Tätigkeit der Mitgliedstaaten und der Union im Sinne des Artikels I-3 umfasst nach Maßgabe der Verfassung die Einführung einer Wirtschaftspolitik, die auf einer engen Koordinierung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten, dem Binnenmarkt und der Festlegung gemeinsamer Ziele beruht und dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb verpflichtet ist. Parallel dazu umfasst diese Tätigkeit nach Maßgabe der Verfassung und der darin vorgesehenen Verfahren eine einheitliche Währung, den Euro, sowie die Festlegung und Durchführung einer einheitlichen Geld- sowie Wechselkurspolitik, die beide vorrangig das Ziel der Preisstabilität verfolgen und unbeschadet dieses Zieles die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Union unter Beachtung des Grundsatzes einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb unterstützen sollen. Diese Tätigkeit der Mitgliedstaaten und der Union setzt die Einhaltung der folgenden

Rahmenbedingungen sowie eine dauerhaft finanzierbare Zahlungsbilanz.

 

ABSCHNITT 1

 

WIRTSCHAFTSPOLITIK

 

Artikel III-178

 

Die Mitgliedstaaten richten ihre Wirtschaftspolitik so aus, dass sie im Rahmen der in Artikel III-179 Absatz 2 genannten Grundzüge zur Verwirklichung der Ziele der Union im Sinne des Artikels I-3 beitragen. Die Mitgliedstaaten und die Union handeln im Einklang mit dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb, wodurch ein effizienter Einsatz der Ressourcen gefördert wird, und halten sich dabei an die in Artikel III-177 genannten Grundsätze.

 

Artikel III-179

 

(1) Die Mitgliedstaaten betrachten ihre Wirtschaftspolitik als eine Angelegenheit von gemeinsamem Interesse und koordinieren sie im Rat nach Maßgabe des Artikels III-178.

(2) Der Rat erstellt auf Empfehlung der Kommission einen Entwurf für die Grundzüge der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union und erstattet dem Europäischen Rat hierüber Bericht. Der Europäische Rat erörtert auf der Grundlage dieses Berichts des Rates eine Schlussfolgerung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union. Auf der Grundlage dieser Schlussfolgerung gibt der Rat eine Empfehlung ab, in der diese Grundzüge dargelegt werden. Er unterrichtet das Europäische Parlament davon.

(3) Um eine engere Koordinierung der Wirtschaftspolitik und eine dauerhafte Konvergenz der Wirtschaftsleistungen der Mitgliedstaaten zu gewährleisten, überwacht der Rat anhand von Berichten der Kommission die wirtschaftliche Entwicklung in jedem Mitgliedstaat und in der Union sowie die Vereinbarkeit der Wirtschaftspolitik mit den in Absatz 2 genannten Grundzügen und nimmt in

regelmäßigen Abständen eine Gesamtbewertung vor. Zum Zwecke dieser multilateralen Überwachung übermitteln die Mitgliedstaaten der Kommission Angaben zu wichtigen einzelstaatlichen Maßnahmen auf dem Gebiet ihrer Wirtschaftspolitik sowie weitere von ihnen für erforderlich erachtete Angaben.

(4) Wird im Rahmen des Verfahrens nach Absatz 3 festgestellt, dass die Wirtschaftspolitik eines Mitgliedstaats nicht mit den in Absatz 2 genannten Grundzügen vereinbar ist oder das ordnungsgemäße Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion zu gefährden droht, so kann die Kommission an den betreffenden Mitgliedstaat eine Verwarnung richten. Der Rat kann auf Empfehlung der Kommission die erforderlichen Empfehlungen an den betreffenden Mitgliedstaat richten. Der Rat kann auf Vorschlag der Kommission beschließen, seine Empfehlungen zu veröffentlichen. Der Rat beschließt im Rahmen dieses Absatzes ohne Berücksichtigung der Stimme des den

betreffenden Mitgliedstaat vertretenden Mitglieds des Rates. Als qualifizierte Mehrheit gilt eine Mehrheit von mindestens 55 % der übrigen Mitglieder des Rates, sofern diese Mitgliedstaaten vertreten, die zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten ausmachen. Für eine Sperrminorität ist mindestens die Mindestzahl dieser übrigen Mitglieder des Rates, die zusammen mehr als 35 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, zuzüglich eines Mitglieds erforderlich; andernfalls gilt die qualifizierte Mehrheit als erreicht.

(5) Der Präsident des Rates und die Kommission erstatten dem Europäischen Parlament über die Ergebnisse der multilateralen Überwachung Bericht. Der Präsident des Rates kann ersucht werden, vor dem zuständigen Ausschuss des Europäischen Parlaments zu erscheinen, wenn der Rat seine Empfehlungen veröffentlicht hat.

(6) Die Einzelheiten des Verfahrens der multilateralen Überwachung im Sinne der Absätze 3 und 4 können durch Europäisches Gesetz festgelegt werden.

 

Artikel III-180

 

(1) Unbeschadet der sonstigen in der Verfassung vorgesehenen Verfahren kann der Rat auf Vorschlag der Kommission einen Europäischen Beschluss erlassen, in dem die der Wirtschaftslage angemessenen Maßnahmen festgelegt werden, insbesondere falls gravierende Schwierigkeiten in der Versorgung mit bestimmten Waren auftreten.

(2) Ist ein Mitgliedstaat aufgrund von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Ereignissen, die sich seiner Kontrolle entziehen, von Schwierigkeiten betroffen oder von gravierenden Schwierigkeiten ernstlich bedroht, so kann der Rat auf Vorschlag der Kommission einen Europäischen Beschluss erlassen, durch den dem betreffenden Mitgliedstaat unter bestimmten Bedingungen finanzieller Beistand durch die Union gewährt wird. Der Präsident des Rates unterrichtet das Europäische Parlament davon.

 

Artikel III-181

 

(1) Überziehungs- oder andere Kreditfazilitäten bei der Europäischen Zentralbank oder den Zentralbanken der Mitgliedstaaten (im Folgenden „nationale Zentralbanken“) für Organe, Einrichtungen oder sonstige Stellen der Union, Zentralregierungen, regionale oder lokale Gebietskörperschaften oder andere öffentlich-rechtliche Körperschaften, sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder öffentliche Unternehmen der Mitgliedstaaten sind verboten. Der unmittelbare Erwerb von Schuldtiteln von diesen durch die Europäische Zentralbank oder die nationalen Zentralbanken ist ebenfalls verboten.

(2) Absatz 1 gilt nicht für Kreditinstitute in öffentlichem Eigentum; diese werden von der jeweiligen nationalen Zentralbank und der Europäischen Zentralbank bei der Bereitstellung von Zentralbankgeld wie private Kreditinstitute behandelt.

 

Artikel III-182

 

Maßnahmen und Bestimmungen, die nicht aus aufsichtsrechtlichen Gründen erlassen werden und einen bevorrechtigten Zugang der Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union, der Zentralregierungen, der regionalen oder lokalen Gebietskörperschaften oder anderen öffentlichrechtlichen Körperschaften, sonstiger Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder öffentlicher Unternehmen der Mitgliedstaaten zu den Finanzinstituten schaffen, sind verboten.

 

Artikel III-183

 

(1) Die Union haftet nicht für die Verbindlichkeiten der Zentralregierungen, der regionalen oder lokalen Gebietskörperschaften oder anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften, sonstiger Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder öffentlicher Unternehmen von Mitgliedstaaten und tritt nicht für derartige Verbindlichkeiten ein; dies gilt unbeschadet der gegenseitigen finanziellen Garantien für die gemeinsame Durchführung eines bestimmten Vorhabens. Ein Mitgliedstaat haftet nicht für die Verbindlichkeiten der Zentralregierungen, der regionalen oder lokalen Gebietskörperschaften oder anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften, sonstiger Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder öffentlicher Unternehmen eines anderen Mitgliedstaats und tritt nicht für derartige Verbindlichkeiten ein; dies gilt unbeschadet der gegenseitigen finanziellen Garantien für die gemeinsame Durchführung eines bestimmten Vorhabens.

(2) Der Rat kann auf Vorschlag der Kommission Europäische Verordnungen oder Beschlüsse zur Festlegung der Begriffsbestimmungen für die Anwendung der in Artikel III-181 und III-182 sowie in diesem Artikel vorgesehenen Verbote erlassen. Er beschließt nach Anhörung des Europäischen Parlaments.

 

Artikel III-184

 

(1) Die Mitgliedstaaten vermeiden übermäßige öffentliche Defizite.

(2) Die Kommission überwacht die Entwicklung der Haushaltslage und der Höhe des öffentlichen Schuldenstands in den Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Feststellung schwerwiegender Fehler. Insbesondere prüft sie die Einhaltung der Haushaltsdisziplin anhand der zwei nachstehenden Kriterien:

a) ob das Verhältnis des geplanten oder tatsächlichen öffentlichen Defizits zum Bruttoinlandsprodukt einen bestimmten Referenzwert überschreitet, es sei denn,

i) dass das Verhältnis erheblich und laufend zurückgegangen ist und einen Wert in der Nähe des Referenzwerts erreicht hat oder

ii) dass der Referenzwert nur ausnahmsweise und vorübergehend überschritten wird und das Verhältnis in der Nähe des Referenzwerts bleibt,

b) ob das Verhältnis des öffentlichen Schuldenstands zum Bruttoinlandsprodukt einen bestimmten Referenzwert überschreitet, es sei denn, dass das Verhältnis hinreichend rückläufig ist und sich rasch genug dem Referenzwert nähert. Die Referenzwerte sind in dem Protokoll über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit im Einzelnen festgelegt.

(3) Erfüllt ein Mitgliedstaat keines oder nur eines dieser Kriterien, so erstellt die Kommission einen Bericht. In diesem Bericht wird ferner geprüft, ob das öffentliche Defizit die öffentlichen Ausgaben für Investitionen übertrifft; berücksichtigt werden ferner alle sonstigen einschlägigen Faktoren, einschließlich der mittelfristigen Wirtschafts- und Haushaltslage des Mitgliedstaats. Die Kommission kann auch einen Bericht erstellen, wenn sie ungeachtet der Erfüllung der Kriterien der Auffassung ist, dass in einem Mitgliedstaat die Gefahr eines übermäßigen Defizits besteht.

(4) Der nach Artikel III-192 eingesetzte Wirtschafts- und Finanzausschuss gibt eine Stellungnahme zu dem Bericht der Kommission ab.

(5) Ist die Kommission der Auffassung, dass in einem Mitgliedstaat ein übermäßiges Defizit besteht oder sich ergeben könnte, so legt sie dem betreffenden Mitgliedstaat eine Stellungnahme vor und unterrichtet den Rat.

(6) Der Rat entscheidet auf Vorschlag der Kommission unter Berücksichtigung der Bemerkungen, die der betreffende Mitgliedstaat gegebenenfalls abzugeben wünscht, sowie nach Prüfung der Gesamtlage darüber, ob ein übermäßiges Defizit besteht. In diesem Fall gibt der Rat auf Empfehlung der Kommission unverzüglich Empfehlungen ab, die er an den betreffenden Mitgliedstaat richtet mit dem Ziel, dieser Lage innerhalb einer bestimmten Frist abzuhelfen. Vorbehaltlich des Absatzes 8 werden diese Empfehlungen nicht veröffentlicht. Der Rat beschließt im Rahmen dieses Absatzes ohne Berücksichtigung der Stimme des den betreffenden Mitgliedstaat vertretenden Mitglieds des Rates.

Als qualifizierte Mehrheit gilt eine Mehrheit von mindestens 55 % der übrigen Mitglieder des Rates, sofern diese Mitgliedstaaten vertreten, die zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten ausmachen. Für eine Sperrminorität ist mindestens die Mindestzahl dieser übrigen Mitglieder des Rates, die zusammen mehr als 35 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, zuzüglich eines Mitglieds erforderlich; andernfalls gilt die qualifizierte Mehrheit als erreicht.

(7) Der Rat erlässt auf Empfehlung der Kommission die Europäischen Beschlüsse und Empfehlungen nach den Absätzen 8 bis 11.

Er beschließt ohne Berücksichtigung der Stimme des den betreffenden Mitgliedstaat vertretenden Mitglieds des Rates.

Als qualifizierte Mehrheit gilt eine Mehrheit von mindestens 55 % der übrigen Mitglieder des Rates, sofern diese Mitgliedstaaten vertreten, die zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten ausmachen. Für eine Sperrminorität ist mindestens die Mindestzahl dieser übrigen Mitglieder des Rates, die zusammen mehr als 35 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, zuzüglich eines Mitglieds erforderlich; andernfalls gilt die qualifizierte Mehrheit als erreicht.

(8) Erlässt der Rat einen Europäischen Beschluss, in dem er feststellt, dass seine Empfehlungen innerhalb der gesetzten Frist keine wirksamen Maßnahmen ausgelöst haben, so kann er seine Empfehlungen veröffentlichen.

(9) Falls ein Mitgliedstaat den Empfehlungen des Rates weiterhin nicht Folge leistet, kann der Rat einen Europäischen Beschluss erlassen, durch den der Mitgliedstaat mit der Maßgabe in Verzug gesetzt wird, innerhalb einer bestimmten Frist Maßnahmen für den nach Auffassung des Rates zur Sanierung erforderlichen Defizitabbau zu erlassen. Der Rat kann in diesem Fall den betreffenden Mitgliedstaat ersuchen, nach einem konkreten Zeitplan Berichte vorzulegen, um die Anpassungsbemühungen des Mitgliedstaats überprüfen zu können.

(10) Solange ein Mitgliedstaat einem nach Absatz 9 erlassenen Europäischen Beschluss nicht nachkommt, kann der Rat beschließen, eine oder mehrere der nachstehenden Maßnahmen anzuwenden oder gegebenenfalls zu verschärfen, nämlich

a) von dem betreffenden Mitgliedstaat verlangen, vor der Emission von Schuldverschreibungen und sonstigen Wertpapieren vom Rat näher zu bezeichnende zusätzliche Angaben zu veröffentlichen,

b) die Europäische Investitionsbank ersuchen, ihre Darlehenspolitik gegenüber dem Mitgliedstaat zu überprüfen,

c) von dem Mitgliedstaat verlangen, eine unverzinsliche Einlage in angemessener Höhe bei der Union zu hinterlegen, bis der Rat der Auffassung ist, dass das übermäßige Defizit korrigiert worden ist,

d) Geldbußen in angemessener Höhe verhängen. Der Präsident des Rates unterrichtet das Europäische Parlament von den erlassenen Maßnahmen.

(11) Der Rat hebt einige oder sämtliche Maßnahmen nach den Absätzen 6, 8, 9 und 10 auf, wenn er der Auffassung ist, dass das übermäßige Defizit in dem betreffenden Mitgliedstaat korrigiert worden ist. Hat der Rat zuvor seine Empfehlungen veröffentlicht, so stellt er, sobald der Europäische Beschluss nach Absatz 8 aufgehoben worden ist, in einer öffentlichen Erklärung fest, dass in dem betreffenden Mitgliedstaat kein übermäßiges Defizit mehr besteht.

(12) Das Recht auf Klageerhebung nach den Artikeln III-360 und III-361 kann im Rahmen der Absätze 1 bis 6 sowie 8 und 9 nicht ausgeübt werden.

(13) Weitere Bestimmungen über die Durchführung des in diesem Artikel beschriebenen Verfahrens sind in dem Protokoll über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit enthalten. Durch Europäisches Gesetz des Rates werden geeignete Maßnahmen festgelegt, mit denen das genannte Protokoll abgelöst wird. Der Rat beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments und der Europäischen Zentralbank. Der Rat erlässt vorbehaltlich der sonstigen Bestimmungen dieses Absatzes auf Vorschlag der Kommission Europäische Verordnungen oder Beschlüsse, in denen nähere Einzelheiten und Begriffsbestimmungen für die Durchführung des genannten Protokolls festgelegt werden. Er beschließt nach Anhörung des Europäischen Parlaments.

 

ABSCHNITT 2

 

WÄHRUNGSPOLITIK

 

Artikel III-185

 

(1) Das vorrangige Ziel des Europäischen Systems der Zentralbanken ist es, die Preisstabilität zu gewährleisten. Soweit dies ohne Beeinträchtigung dieses Ziels möglich ist, unterstützt das Europäische System der Zentralbanken die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Union, um zur Verwirklichung der in Artikel I-3 festgelegten Ziele der Union beizutragen. Das Europäische System der Zentralbanken handelt im Einklang mit dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb, wodurch ein effizienter Einsatz der Ressourcen gefördert wird, und hält sich dabei an die in Artikel III-177 genannten Grundsätze.

(2) Die grundlegenden Aufgaben des Europäischen Systems der Zentralbanken bestehen darin,

a) die Geldpolitik der Union festzulegen und auszuführen,

b) Devisengeschäfte im Einklang mit Artikel III-326 durchzuführen,

c) die offiziellen Währungsreserven der Mitgliedstaaten zu halten und zu verwalten,

d) das reibungslose Funktionieren der Zahlungssysteme zu fördern.

(3) Absatz 2 Buchstabe c berührt nicht die Haltung und Verwaltung von Arbeitsguthaben in Fremdwährungen durch die Regierungen der Mitgliedstaaten.

(4) Die Europäische Zentralbank wird gehört

a) zu allen Vorschlägen für Rechtsakte der Union im Bereich der Befugnisse der Europäischen Zentralbank,

b) von den nationalen Behörden zu allen Entwürfen für Rechtsvorschriften im Bereich der Befugnisse der Europäischen Zentralbank, und zwar innerhalb der Grenzen und unter den Bedingungen, die der Rat nach dem Verfahren des Artikels III-187 Absatz 4 festlegt. Die Europäische Zentralbank kann gegenüber den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union und gegenüber den nationalen Behörden Stellungnahmen zu Fragen abgeben, die in den Bereich ihrer Befugnisse fallen.

(5) Das Europäische System der Zentralbanken trägt zur reibungslosen Durchführung der von den zuständigen Behörden auf dem Gebiet der Aufsicht über die Kreditinstitute und der Stabilität des Finanzsystems ergriffenen Maßnahmen bei.

(6) Durch Europäisches Gesetz des Rates können der Europäischen Zentralbank besondere Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute und sonstige Finanzinstitute  mit Ausnahme von Versicherungsunternehmen übertragen werden. Der Rat beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments und der Europäischen Zentralbank.

 

Artikel III-186

 

(1) Die Europäische Zentralbank hat das ausschließliche Recht, die Ausgabe von Euro-Banknoten innerhalb der Union zu genehmigen. Die Europäische Zentralbank und die nationalen Zentralbanken sind zur Ausgabe von Euro-Banknoten berechtigt. Die von der Europäischen Zentralbank und den nationalen Zentralbanken ausgegebenen Banknoten sind die einzigen Banknoten, die in der Union als

gesetzliches Zahlungsmittel gelten.

(2) Die Mitgliedstaaten haben das Recht zur Ausgabe von Euro-Münzen, wobei der Umfang dieser Ausgabe der Genehmigung durch die Europäische Zentralbank bedarf. Der Rat kann auf Vorschlag der Kommission Europäische Verordnungen zur Festlegung von Maßnahmen erlassen mit dem Ziel, die Stückelung und die technischen Merkmale der für den Umlauf bestimmten Münzen so weit zu harmonisieren, wie dies für deren reibungslosen Umlauf innerhalb der Union erforderlich ist. Der Rat beschließt nach Anhörung des Europäischen Parlaments und der Europäischen Zentralbank.

 

Artikel III-187

 

(1) Das Europäische System der Zentralbanken wird von den Beschlussorganen der Europäischen Zentralbank, nämlich dem Rat und dem Direktorium der Europäischen Zentralbank, geleitet.

(2) Die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken ist in dem Protokoll über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank festgelegt.

(3) Artikel 5 Absätze 1, 2 und 3, die Artikel 17 und 18, Artikel 19 Absatz 1, die Artikel 22, 23, 24 und 26, Artikel 32 Absätze 2, 3, 4 und 6, Artikel 33 Absatz 1 Buchstabe a und Artikel 36 der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank können

a) entweder auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung der Europäischen Zentralbank

b) oder auf Empfehlung der Europäischen Zentralbank und nach Anhörung der Kommission durch Europäisches Gesetz geändert werden.

(4) Der Rat erlässt die Europäischen Verordnungen und Beschlüsse zur Festlegung der in Artikel 4, Artikel 5 Absatz 4, Artikel 19 Absatz 2, Artikel 20, Artikel 28 Absatz 1, Artikel 29 Absatz 2, Artikel 30 Absatz 4 und Artikel 34 Absatz 3 der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen  Zentralbank genannten Maßnahmen. Er beschließt nach Anhörung des Europäischen Parlaments

a) entweder auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung der Europäischen Zentralbank

b) oder auf Empfehlung der Europäischen Zentralbank und nach Anhörung der Kommission.

 

Artikel III-188

 

Bei der Wahrnehmung der ihnen durch die Verfassung und die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank übertragenen Befugnisse, Aufgaben und Pflichten darf weder die Europäische Zentralbank noch eine nationale Zentralbank noch ein Mitglied ihrer Beschlussorgane Weisungen von Organen, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union,

Regierungen der Mitgliedstaaten oder anderen Stellen einholen oder entgegennehmen. Die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union sowie die Regierungen der Mitgliedstaaten verpflichten sich, diesen Grundsatz zu beachten und nicht zu versuchen, die Mitglieder der

Beschlussorgane der Europäischen Zentralbank oder der nationalen Zentralbanken bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu beeinflussen.

 

Artikel III-189

 

Jeder Mitgliedstaat stellt sicher, dass seine innerstaatlichen Rechtsvorschriften einschließlich der Satzung seiner Zentralbank mit der Verfassung sowie mit der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank im Einklang stehen.

 

Artikel III-190

 

(1) Zur Erfüllung der dem Europäischen System der Zentralbanken übertragenen Aufgaben werden von der Europäischen Zentralbank nach Maßgabe der Verfassung und unter den in der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank vorgesehenen Bedingungen

a) Europäische Verordnungen erlassen, insoweit dies für die Erfüllung der in Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a, Artikel 19 Absatz 1, Artikel 22 oder Artikel 25 Absatz 2 der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank festgelegten Aufgaben erforderlich ist; sie erlässt Europäische Verordnungen ferner in den Fällen, die in den Europäischen Verordnungen und Beschlüssen nach Artikel III-187 Absatz 4 vorgesehen werden,

b) Europäische Beschlüsse erlassen, die zur Erfüllung der dem Europäischen System der Zentralbanken nach der Verfassung und der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank übertragenen Aufgaben erforderlich sind,

c) Empfehlungen und Stellungnahmen abgegeben.

(2) Die Europäische Zentralbank kann die Veröffentlichung ihrer Europäischen Beschlüsse, ihrer Empfehlungen und Stellungnahmenbeschließen.

(3) Der Rat erlässt nach dem Verfahren des Artikels III-187 Absatz 4 die Europäischen Verordnungen, in denen festgelegt wird, innerhalb welcher Grenzen und unter welchen Bedingungen die Europäische Zentralbank befugt ist, Unternehmen bei Nichteinhaltung ihrer Europäischen

Verordnungen und Beschlüsse mit Geldbußen oder Zwangsgeldern zu belegen.

 

Artikel III-191

 

Unbeschadet der Befugnisse der Europäischen Zentralbank werden durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz die Maßnahmen festgelegt, die für die Verwendung des Euro als einheitlicher Währung erforderlich sind. Es wird nach Anhörung der Europäischen Zentralbank erlassen.

 

ABSCHNITT 3

 

INSTITUTIONELLE BESTIMMUNGEN

 

Artikel III-192

 

(1) Um die Koordinierung der Politik der Mitgliedstaaten in dem für das Funktionieren des Binnenmarkts erforderlichen Umfang zu fördern, wird ein Wirtschafts- und Finanzausschuss eingesetzt.

(2) Der Ausschuss hat die Aufgabe,

a) auf Ersuchen des Rates oder der Kommission oder von sich aus Stellungnahmen an diese Organe abzugeben;

b) die Wirtschafts- und Finanzlage der Mitgliedstaaten und der Union zu beobachten und dem Rat und der Kommission regelmäßig darüber Bericht zu erstatten, insbesondere über die finanziellen Beziehungen zu Drittländern und internationalen Einrichtungen;

c) unbeschadet des Artikels III-344 an der Vorbereitung der in Artikel III-159, Artikel III-179 Absätze 2, 3, 4 und 6, den Artikeln III-180, III-183 und III-184, Artikel III-185 Absatz 6, Artikel III-186 Absatz 2, Artikel III-187 Absätze 3 und 4, den Artikeln III-191 und III-196, Artikel III-198 Absätze 2 und 3, Artikel III-201, Artikel III-202 Absätze 2 und 3 und den Artikeln III-322 und III-326 genannten Arbeiten des Rates mitzuwirken und die sonstigen ihm vom Rat übertragenen Beratungsaufgaben und vorbereitenden Arbeiten auszuführen;

d) mindestens einmal jährlich die Lage hinsichtlich des Kapitalverkehrs und der Freiheit des Zahlungsverkehrs, wie sie sich aus der Anwendung der Verfassung und der Rechtsakte der Union ergeben, zu prüfen; die Prüfung erstreckt sich auf alle Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Kapital- und Zahlungsverkehr; der Ausschuss erstattet der Kommission und dem Rat Bericht über das Ergebnis dieser Prüfung. Jeder Mitgliedstaat sowie die Kommission und die Europäische Zentralbank ernennen jeweils höchstens zwei Mitglieder des Ausschusses.

(3) Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission einen Europäischen Beschluss über die Einzelheiten der Zusammensetzung des Wirtschafts- und Finanzausschusses. Er beschließt nach Anhörung der Europäischen Zentralbank und dieses Ausschusses. Der Präsident des Rates unterrichtet das Europäische Parlament über diesen Beschluss.

(4) Sofern und solange es Mitgliedstaaten gibt, für die eine Ausnahmeregelung im Sinne des Artikels III-197 gilt, hat der Ausschuss zusätzlich zu den in Absatz 2 beschriebenen Aufgaben die Währungs- und Finanzlage sowie den allgemeinen Zahlungsverkehr der betreffenden Mitgliedstaaten zu beobachten und dem Rat und der Kommission regelmäßig darüber Bericht zu erstatten.

 

Artikel III-193

 

Bei Fragen, die in den Geltungsbereich des Artikels III-179 Absatz 4, des Artikels III-184, mit Ausnahme von dessen Absatz 13, der Artikel III-191 und III-196, des Artikels III-198 Absatz 3 sowie des Artikels III-326 fallen, kann der Rat oder ein Mitgliedstaat die Kommission ersuchen, je nach Zweckmäßigkeit eine Empfehlung oder einen Vorschlag zu unterbreiten. Die Kommission prüft dieses Ersuchen und unterbreitet dem Rat umgehend ihre Schlussfolgerungen.

 

ABSCHNITT 4

 

BESONDERE BESTIMMUNGEN FÜR DIE MITGLIEDSTAATEN, DEREN WÄHRUNG DER EURO IST

 

Artikel III-194

 

(1) Im Hinblick auf das reibungslose Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion erlässt der Rat nach Maßgabe der einschlägigen Bestimmungen der Verfassung und nach dem entsprechenden Verfahren unter den in den Artikeln III-179 und III-184 genannten Verfahren mit

Ausnahme des in Artikel III-184 Absatz 13 genannten Verfahrens für die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, Maßnahmen, um

a) die Koordinierung und Überwachung ihrer Haushaltsdisziplin zu verstärken,

b) für diese Staaten Grundzüge der Wirtschaftspolitik auszuarbeiten, wobei darauf zu achten ist, dass diese mit den für die gesamte Union angenommenen Grundzügen der Wirtschaftspolitik vereinbar sind, und ihre Einhaltung zu überwachen.

(2) Bei den in Absatz 1 genannten Maßnahmen sind nur die Mitglieder des Rates stimmberechtigt, die die Mitgliedstaaten vertreten, deren Währung der Euro ist. Als qualifizierte Mehrheit gilt eine Mehrheit von mindestens 55 % dieser Mitglieder des Rates, sofern sie Mitgliedstaaten vertreten, die zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligen Mitgliedstaaten ausmachen. Für eine Sperrminorität ist mindestens die Mindestzahl dieser Mitglieder des Rates, die zusammen mehr als 35 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, zuzüglich eines Mitglieds erforderlich; andernfalls gilt die qualifizierte Mehrheit als erreicht.

 

Artikel III-195

 

Die Einzelheiten für die Tagungen der Minister der Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, sind in dem Protokoll betreffend die Euro-Gruppe festgelegt.

 

Artikel III-196

 

(1) Um die Stellung des Euro im internationalen Währungssystem sicherzustellen, erlässt der Rat auf Vorschlag der Kommission einen Europäischen Beschluss zur Festlegung der gemeinsamen Standpunkte zu den Fragen, die für die Wirtschafts- und Währungsunion von besonderem Interesse sind, innerhalb der zuständigen internationalen Einrichtungen und Konferenzen im Finanzbereich. Der Rat beschließt nach Anhörung der Europäischen Zentralbank.

(2) Der Rat kann auf Vorschlag der Kommission geeignete Maßnahmen mit dem Ziel erlassen, eine einheitliche Vertretung bei den internationalen Einrichtungen und Konferenzen im Finanzbereich sicherzustellen. Der Rat beschließt nach Anhörung der Europäischen Zentralbank.

(3) Bei den in den Absätzen 1 und 2 genannten Maßnahmen sind nur die Mitglieder des Rates stimmberechtigt, die die Mitgliedstaaten vertreten, deren Währung der Euro ist. Als qualifizierte Mehrheit gilt eine Mehrheit von mindestens 55 % dieser Mitglieder des Rates, sofern

sie Mitgliedstaaten vertreten, die mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten ausmachen. Für eine Sperrminorität ist mindestens die Mindestzahl dieser Mitglieder des Rates, die zusammen mehr als 35 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, zuzüglich eines Mitglieds erforderlich; andernfalls gilt die qualifizierte Mehrheit als erreicht.

 

ABSCHNITT 5

 

ÜBERGANGSBESTIMMUNGEN

 

Artikel III-197

 

(1) Die Mitgliedstaaten, für die der Rat nicht beschlossen hat, dass sie die erforderlichen Voraussetzungen für die Einführung des Euro erfüllen, werden nachstehend als „Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt“ bezeichnet.

(2) Die nachstehend aufgeführten Bestimmungen der Verfassung finden keine Anwendung auf die Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt:

a) Annahme der das Euro-Währungsgebiet generell betreffenden Teile der Grundzüge der Wirtschaftspolitik (Artikel III-179 Absatz 2);

b) Zwangsmittel zum Abbau eines übermäßigen Defizits (Artikel III-184 Absätze 9 und 10);

c) Ziele und Aufgaben des Europäischen Systems der Zentralbanken (Artikel III-185 Absätze 1, 2, 3 und 5);

d) Ausgabe des Euro (Artikel III-186);

e) Rechtsakte der Europäischen Zentralbank (Artikel III-190);

f) Maßnahmen bezüglich der Verwendung des Euro (Artikel III-191);

g) Währungsvereinbarungen und andere Maßnahmen bezüglich der Wechselkurspolitik (Artikel III-326);

h) Ernennung der Mitglieder des Direktoriums der Europäischen Zentralbank (Artikel III-382 Absatz 2);

i) Europäische Beschlüsse zur Festlegung der innerhalb der zuständigen internationalen Einrichtungen und Konferenzen im Finanzbereich einzunehmenden gemeinsamen Standpunkte zu den Fragen, die von besonderer Bedeutung für die Wirtschafts- und Währungsunion sind

(Artikel III-196 Absatz 1);

j) Maßnahmen zur Sicherstellung einer einheitlichen Vertretung bei den internationalen Einrichtungen und Konferenzen im Finanzbereich (Artikel III-196 Absatz 2). „Mitgliedstaaten“ im Sinne der in den Buchstaben a bis j genannten Artikel sind daher die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist.

(3) Die Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt, und deren Zentralbanken sind nach Kapitel IX der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank von den Rechten und Pflichten im Rahmen des Europäischen Systems der

Zentralbanken ausgeschlossen.

(4) Das Stimmrecht der Mitglieder des Rates, die die Mitgliedstaaten vertreten, für die eine Ausnahmeregelung gilt, ruht beim Erlass von Maßnahmen nach den in Absatz 2 genannten Artikeln durch den Rat sowie in den folgenden Fällen:

a) Empfehlungen an die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, im Rahmen der multilateralen Überwachung, einschließlich Empfehlungen zu den Stabilitätsprogrammen und Verwarnungen (Artikel III-179 Absatz 4);

b) Maßnahmen bei übermäßigem Defizit von Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist (Artikel III-184 Absätze 6, 7, 8 und 11).

Als qualifizierte Mehrheit gilt eine Mehrheit von mindestens 55 % der übrigen Mitglieder des Rates, sofern diese Mitgliedstaaten vertreten, die zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten ausmachen. Für eine Sperrminorität ist mindestens die Mindestzahl dieser übrigen Mitglieder des Rates, die zusammen mehr als 35 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, zuzüglich eines Mitglieds erforderlich; andernfalls gilt die qualifizierte Mehrheit als erreicht.

 

Artikel III-198

 

(1) Mindestens einmal alle zwei Jahre beziehungsweise auf Antrag eines Mitgliedstaats, für den eine Ausnahmeregelung gilt, berichten die Kommission und die Europäische Zentralbank dem Rat, inwieweit die Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt, bei der Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion ihren Verpflichtungen bereits nachgekommen sind. In ihren Berichten wird auch die Frage geprüft, inwieweit die innerstaatlichen Rechtsvorschriften jedes einzelnen dieser Mitgliedstaaten einschließlich der Satzung der jeweiligen nationalen Zentralbank mit den Artikeln III-188 und III-189 sowie der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank vereinbar sind. Ferner wird darin geprüft, ob ein hoher Grad an dauerhafter Konvergenz erreicht ist; Maßstab hierfür ist, ob jeder einzelne dieser Mitgliedstaaten folgende Kriterien erfüllt:

a) Erreichung eines hohen Grades an Preisstabilität, ersichtlich aus einer Inflationsrate, die der Inflationsrate jener — höchstens drei — Mitgliedstaaten nahe kommt, die auf dem Gebiet der Preisstabilität das beste Ergebnis erzielt haben;

b) eine auf Dauer tragbare Finanzlage der öffentlichen Hand, ersichtlich aus einer öffentlichen Haushaltslage ohne übermäßiges Defizit im Sinne des Artikels III-184 Absatz 6;

c) Einhaltung der normalen Bandbreiten des Wechselkursmechanismus des Europäischen Währungssystems seit mindestens zwei Jahren ohne Abwertung gegenüber dem Euro;

d) Dauerhaftigkeit der von dem Mitgliedstaat, für den eine Ausnahmeregelung gilt, erreichten Konvergenz und seiner Teilnahme am Wechselkursmechanismus, die im Niveau der langfristigen Zinssätze zum Ausdruck kommt. Die vier Kriterien in diesem Absatz sowie die jeweils erforderliche Dauer ihrer Einhaltung sind in dem Protokoll über die Konvergenzkriterien näher festgelegt. Die Berichte der Kommission und der Europäischen Zentralbank berücksichtigen auch die Ergebnisse bei der Integration der Märkte, den Stand und die Entwicklung der Leistungsbilanzen, die Entwicklung bei den Lohnstückkosten und andere Preisindizes.

(2) Der Rat erlässt nach Anhörung des Europäischen Parlaments und nach Aussprache im Europäischen Rat auf Vorschlag der Kommission einen Europäischen Beschluss, durch den festgelegt wird, welche der Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt, die auf den Kriterien des Absatzes 1 beruhenden Voraussetzungen erfüllen, und hebt die Ausnahmeregelungen für die betreffenden Mitgliedstaaten auf.

Der Rat beschließt auf Empfehlung einer qualifizierten Mehrheit derjenigen seiner Mitglieder, die Mitgliedstaaten vertreten, deren Währung der Euro ist. Diese Mitglieder beschließen innerhalb von sechs Monaten nach Befassung des Rates mit dem Kommissionsvorschlag.

Als qualifizierte Mehrheit nach Unterabsatz 2 gilt eine Mehrheit von mindestens 55 % dieser Mitglieder des Rates, sofern diese Mitgliedstaaten vertreten, die zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten ausmachen. Für eine Sperrminorität ist mindestens die Mindestzahl dieser übrigen Mitglieder des Rates, die zusammen mehr als 35 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, zuzüglich eines Mitglieds erforderlich; andernfalls gilt die qualifizierte Mehrheit als erreicht.

(3) Wird nach dem Verfahren des Absatzes 2 beschlossen, eine Ausnahmeregelung aufzuheben, so erlässt der Rat auf Vorschlag der Kommission Europäische Verordnungen oder Beschlüsse zur unwiderruflichen Festsetzung des Kurses, zu dem die Währung des betreffenden Mitgliedstaats durch den Euro ersetzt wird und zur Festlegung der sonstigen erforderlichen Maßnahmen zur Einführung des Euro als einheitliche Währung in diesem Mitgliedstaat. Der Rat beschließt mit Einstimmigkeit der Mitglieder, die die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, und den betreffenden Mitgliedstaat vertreten, nach Anhörung der Europäischen Zentralbank.

 

Artikel III-199

 

(1) Sofern und solange es Mitgliedstaaten gibt, für die eine Ausnahmeregelung gilt, wird unbeschadet des Artikels III-187 Absatz 1 der in Artikel 45 der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank bezeichnete Erweiterte Rat der Europäischen Zentralbank als drittes Beschlussorgan der Europäischen Zentralbank errichtet.

(2) Sofern und solange es Mitgliedstaaten gibt, für die eine Ausnahmeregelung gilt, ist es die Aufgabe der Europäischen Zentralbank, in Bezug auf diese Mitgliedstaaten

a) die Zusammenarbeit zwischen den nationalen Zentralbanken zu verstärken;

b) die Koordinierung der Geldpolitik der Mitgliedstaaten mit dem Ziel zu verstärken, die Preisstabilität aufrechtzuerhalten;

c) das Funktionieren des Wechselkursmechanismus zu überwachen;

d) Konsultationen zu Fragen durchzuführen, die in die Zuständigkeit der nationalen Zentralbanken fallen und die Stabilität der Finanzinstitute und -märkte berühren;

e) die seinerzeitigen Aufgaben des Europäischen Fonds für währungspolitische Zusammenarbeit, die zuvor vom Europäischen Währungsinstitut übernommen worden waren, wahrzunehmen.

 

Artikel III-200

 

Jeder Mitgliedstaat, für den eine Ausnahmeregelung gilt, behandelt seine Wechselkurspolitik als eine Angelegenheit von gemeinsamem Interesse. Er berücksichtigt dabei die Erfahrungen, die bei der Zusammenarbeit im Rahmen des Wechselkursmechanismus gesammelt worden sind.

 

Artikel III-201

 

(1) Ist ein Mitgliedstaat, für den eine Ausnahmeregelung gilt, hinsichtlich seiner Zahlungsbilanz von Schwierigkeiten betroffen oder ernstlich bedroht, die sich entweder aus einem Ungleichgewicht seiner Gesamtzahlungsbilanz oder aus der Art der ihm zur Verfügung stehenden Devisen ergeben, und sind diese Schwierigkeiten geeignet, insbesondere das Funktionieren des Binnenmarkts oder die Verwirklichung der gemeinsamen Handelspolitik zu gefährden, so prüft die Kommission unverzüglich die Lage dieses Staates sowie die Maßnahmen, die er getroffen hat oder unter Einsatz aller ihm zur Verfügung stehenden Mittel nach der Verfassung treffen kann. Die Kommission gibt die

Maßnahmen an, die sie dem betreffenden Mitgliedstaat empfiehlt. Erweisen sich die von einem Mitgliedstaat, für den eine Ausnahmeregelung gilt, ergriffenen und die von der Kommission angeregten Maßnahmen als unzureichend, die aufgetretenen oder drohenden

Schwierigkeiten zu beheben, so empfiehlt die Kommission dem Rat nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses einen gegenseitigen Beistand und die dafür geeigneten Methoden. Die Kommission unterrichtet den Rat regelmäßig über die Lage und ihre Entwicklung.

(2) Der Rat erlässt die Europäischen Verordnungen oder Beschlüsse zur Gewährung des gegenseitigen Beistands und zur Festlegung der entsprechenden Bedingungen und Einzelheiten. Der gegenseitige Beistand kann insbesondere erfolgen

a) durch ein abgestimmtes Vorgehen bei anderen internationalen Organisationen, an die sich die Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahme-regelung gilt, wenden können;

b) durch Maßnahmen, die notwendig sind, um Verlagerungen von Handelsströmen zu vermeiden, falls der in Schwierigkeiten befindliche Mitgliedstaat, für den eine Ausnahmeregelung gilt, mengenmäßige Beschränkungen gegenüber Drittländern beibehält oder wieder einführt;

c) durch Bereitstellung von Krediten in begrenzter Höhe seitens anderer Mitgliedstaaten; hierzu ist ihr Einverständnis erforderlich.

(3) Stimmt der Rat dem von der Kommission empfohlenen gegenseitigen Beistand nicht zu oder sind der gewährte Beistand und die getroffenen Maßnahmen unzureichend, so ermächtigt die Kommission den in Schwierigkeiten befindlichen Mitgliedstaat, für den eine Ausnahmeregelung gilt, Schutzmaßnahmen zu treffen, deren Bedingungen und Einzelheiten sie festlegt. Der Rat kann diese Ermächtigung aufheben und die Bedingungen und Einzelheiten ändern.

 

Artikel III-202

 

(1) Gerät ein Mitgliedstaat, für den eine Ausnahmeregelung gilt, in eine plötzliche Zahlungsbilanzkrise und wird ein Europäischer Beschluss nach Artikel III-201 Absatz 2 nicht unverzüglich erlassen, so kann dieser Mitgliedstaat vorsorglich die erforderlichen Schutzmaßnahmen ergreifen. Sie dürfen nur ein Mindestmaß an Störungen im Funktionieren des Binnenmarkts verursachen und nicht über das zur Behebung der plötzlich aufgetretenen Schwierigkeiten unbedingt erforderliche Ausmaß hinausgehen.

(2) Die Kommission und die anderen Mitgliedstaaten werden über die Schutzmaßnahmen nach Absatz 1 spätestens bei deren Inkrafttreten unterrichtet. Die Kommission kann dem Rat den gegenseitigen Beistand nach Artikel III-201 empfehlen.

(3) Der Rat kann auf Empfehlung der Kommission und nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses einen Europäischen Beschluss erlassen, in dem festgestellt wird, dass der betreffende Mitgliedstaat die Schutzmaßnahmen nach Absatz 1 zu ändern, auszusetzen oder

aufzuheben hat.

 

KAPITEL III

 

DIE POLITIK IN ANDEREN BEREICHEN

 

ABSCHNITT 1

 

BESCHÄFTIGUNG

 

Artikel III-203

 

Die Union und die Mitgliedstaaten arbeiten nach diesem Abschnitt auf die Entwicklung einer koordinierten Beschäftigungsstrategie und insbesondere auf die Förderung der Qualifizierung, Ausbildung und Anpassungsfähigkeit der Arbeitnehmer sowie der Fähigkeit der Arbeitsmärkte hin, auf die Erfordernisse des wirtschaftlichen Wandels zu reagieren, um die Ziele des Artikels I-3 zu erreichen.

 

Artikel III-204

 

(1) Die Mitgliedstaaten tragen durch ihre Beschäftigungspolitik im Einklang mit den nach Artikel III-179 Absatz 2 verabschiedeten Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union zur Erreichung der in Artikel III-203 genannten Ziele bei.

(2) Die Mitgliedstaaten betrachten die Förderung der Beschäftigung als Angelegenheit von gemeinsamem Interesse und stimmen ihre darauf gerichteten Tätigkeiten nach Maßgabe des Artikels III-206 im Rat aufeinander ab, wobei die einzelstaatlichen Gepflogenheiten in Bezug auf die

Verantwortung der Sozialpartner berücksichtigt werden.

 

Artikel III-205

 

(1) Die Union trägt zu einem hohen Beschäftigungsniveau bei, indem sie die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten fördert und deren Maßnahmen in diesem Bereich unterstützt und erforderlichenfalls ergänzt. Hierbei wird die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten beachtet.

(2) Das Ziel eines hohen Beschäftigungsniveaus wird bei der Festlegung und Durchführung der Politik und der Maßnahmen der Union berücksichtigt.

 

Artikel III-206

 

(1) Anhand eines gemeinsamen Jahresberichts des Rates und der Kommission prüft der Europäische Rat jährlich die Beschäftigungslage in der Union und nimmt hierzu Schlussfolgerungen an.

(2) Anhand der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates legt der Rat auf Vorschlag der Kommission jährlich Leitlinien fest, welche die Mitgliedstaaten in ihrer Beschäftigungspolitik berücksichtigen. Er beschließt nach Anhörung des Europäischen Parlaments, des Ausschusses der Regionen, des Wirtschafts- und Sozialausschusses und des Beschäftigungsausschusses. Diese Leitlinien müssen mit den nach Artikel III 179 Absatz 2 verabschiedeten Grundzügen in Einklang stehen.

(3) Jeder Mitgliedstaat übermittelt dem Rat und der Kommission jährlich einen Bericht über die wichtigsten Bestimmungen, die er zur Durchführung seiner Beschäftigungspolitik auf der Grundlage der beschäftigungspolitischen Leitlinien nach Absatz 2 erlassen hat.

(4) Anhand der in Absatz 3 genannten Berichte und nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses unterzieht der Rat die Durchführung der Beschäftigungspolitik der Mitgliedstaaten auf der Grundlage der beschäftigungspolitischen Leitlinien jährlich einer Prüfung. Der Rat kann dabei auf Empfehlung der Kommission an die Mitgliedstaaten gerichtete Empfehlungen abgeben.

(5) Auf der Grundlage der Ergebnisse der genannten Prüfung erstellen der Rat und die Kommission einen gemeinsamen Jahresbericht für den Europäischen Rat über die Beschäftigungslage in der Union und über die Umsetzung der beschäftigungspolitischen Leitlinien.

 

Artikel III-207

 

Durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz können Anreizmaßnahmen zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und zur Unterstützung ihrer Beschäftigungsmaßnahmen durch Initiativen festgelegt werden, die darauf abzielen, den Austausch von Informationen und bewährten Verfahren zu entwickeln, vergleichende Analysen und Gutachten bereitzustellen sowie innovative Ansätze zu fördern und Erfahrungen zu bewerten, und zwar insbesondere durch Pilotvorhaben. Es wird nach Anhörung des Ausschusses der Regionen und des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen. Das Europäische Gesetz oder Rahmengesetz enthält keinerlei Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten.

 

Artikel III-208

 

Der Rat erlässt mit einfacher Mehrheit einen Europäischen Beschluss zur Einsetzung eines Beschäftigungsausschusses mit beratender Funktion zur Förderung der Koordinierung der Beschäftigungs- und Arbeitsmarktpolitik der Mitgliedstaaten. Er beschließt nach Anhörung des Europäischen Parlaments.

Der Ausschuss hat folgende Aufgaben:

a) Er verfolgt die Beschäftigungslage und die Beschäftigungspolitik in der Union und in den Mitgliedstaaten;

b) er gibt unbeschadet des Artikels III-344 auf Ersuchen des Rates oder der Kommission oder von sich aus Stellungnahmen ab und trägt zur Vorbereitung der in Artikel III-206 genannten Beratungen des Rates bei. Bei der Erfüllung seines Auftrags hört der Ausschuss die Sozialpartner.

Jeder Mitgliedstaat und die Kommission ernennen zwei Mitglieder des Ausschusses.

 

ABSCHNITT 2

 

SOZIALPOLITIK

 

Artikel III-209

 

Die Union und die Mitgliedstaaten verfolgen eingedenk der sozialen Grundrechte, wie sie in der am 18. Oktober 1961 in Turin unterzeichneten Europäischen Sozialcharta und in der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer von 1989 festgelegt sind, folgende Ziele: die Förderung der Beschäftigung, die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen, um dadurch auf dem Wege des Fortschritts ihre Angleichung zu ermöglichen, einen angemessenen sozialen Schutz, den sozialen Dialog, die Entwicklung des Arbeitskräftepotenzials im Hinblick auf ein dauerhaft hohes Beschäftigungsniveau und die Bekämpfung von Ausgrenzungen. Zu diesem Zweck tragen die Union und die Mitgliedstaaten bei ihrer Tätigkeit der Vielfalt der einzelstaatlichen Gepflogenheiten, insbesondere in den vertraglichen Beziehungen, sowie der

Notwendigkeit, die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft der Union zu erhalten, Rechnung. Sie sind der Auffassung, dass sich eine solche Entwicklung sowohl aus dem eine Abstimmung der Sozialordnungen begünstigenden Wirken des Binnenmarktes als auch aus den in der Verfassung vorgesehenen Verfahren sowie aus der Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten ergeben wird.

 

Artikel III-210

 

(1) Zur Verwirklichung der Ziele des Artikels III-209 unterstützt und ergänzt die Union die Tätigkeit der Mitgliedstaaten in folgenden Bereichen:

a) Verbesserung insbesondere der Arbeitsumwelt zum Schutz der Gesundheit und der Sicherheit der Arbeitnehmer,

b) Arbeitsbedingungen,

c) soziale Sicherheit und sozialer Schutz der Arbeitnehmer,

d) Schutz der Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsvertrags,

e) Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer,

f) Vertretung und kollektive Wahrnehmung der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen, einschließlich der Mitbestimmung, vorbehaltlich des Absatzes 6,

g) Beschäftigungsbedingungen der Staatsangehörigen von Drittländern, die sich rechtmäßig im Gebiet der Union aufhalten,

h) berufliche Eingliederung der aus dem Arbeitsmarkt ausgegrenzten Personen, unbeschadet des Artikels III-283,

i) Chancengleichheit von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt und Gleichbehandlung am Arbeitsplatz,

j) Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung,

k) Modernisierung der Systeme des sozialen Schutzes, unbeschadet des Buchstabens c.

(2) Für die Zwecke des Absatzes 1 können

a) durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz Maßnahmen festgelegt werden, die dazu bestimmt sind, die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten durch Initiativen zu fördern, die die Verbesserung des Wissensstandes, die Entwicklung des Austausches von Informationen und bewährten Verfahren, die Förderung innovativer Ansätze und die Bewertung von Erfahrungen zum Ziel haben, unter Ausschluss jeglicher Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten;

b) in den in Absatz 1 Buchstaben a bis i genannten Bereichen unter Berücksichtigung der in den einzelnen Mitgliedstaaten bestehenden Bedingungen und technischen Regelungen Mindestvorschriften, die schrittweise anzuwenden sind, durch Europäisches Rahmengesetz festgelegt werden. Dieses soll keine verwaltungsmäßigen, finanziellen oder rechtlichen Auflagen vorschreiben, die der Gründung und Entwicklung von kleinen und mittleren Unternehmen entgegenstehen. In allen Fällen wird das Europäische Gesetz oder Rahmengesetz nach Anhörung des Ausschusses der Regionen und des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.

(3) Abweichend von Absatz 2 wird in den in Absatz 1 Buchstaben c, d, f und g genannten Bereichen das Europäische Gesetz oder Rahmengesetz vom Rat nach Anhörung des Europäischen Parlaments, des Ausschusses der Regionen sowie des Wirtschafts- und Sozialausschusses einstimmig erlassen. Der Rat kann auf Vorschlag der Kommission einen Europäischen Beschluss erlassen, wonach für

Absatz 1 Buchstaben d, f und g das ordentliche Gesetzgebungsverfahren gilt. Er beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments.

(4) Ein Mitgliedstaat kann den Sozialpartnern auf deren gemeinsamen Antrag die Durchführung von aufgrund der Absätze 2 und 3 erlassenen Europäischen Rahmengesetzen oder gegebenenfalls die Durchführung von nach Artikel III-212 erlassenen Europäischen Verordnungen oder Beschlüssen übertragen. In diesem Fall vergewissert sich der Mitgliedstaat, dass die Sozialpartner spätestens zu dem Zeitpunkt, zu dem ein Europäisches Rahmengesetz umgesetzt sein muss, und zu dem Zeitpunkt, zu dem eine Europäische Verordnung oder ein Europäischer Beschluss zur Anwendung gelangt sein muss, im Wege einer Vereinbarung die erforderlichen Vorkehrungen getroffen haben; dabei hat der

Mitgliedstaat alle erforderlichen Bestimmungen zu erlassen, um jederzeit gewährleisten zu können, dass die durch dieses Rahmengesetz, diese Verordnung oder diesen Beschluss vorgeschriebenen Ergebnisse erzielt werden.

(5) Die aufgrund dieses Artikels erlassenen Europäischen Gesetze und Rahmengesetze

a) berühren nicht die anerkannte Befugnis der Mitgliedstaaten, die Grundprinzipien ihres Systems der sozialen Sicherheit festzulegen, und dürfen das finanzielle Gleichgewicht dieser Systeme nicht erheblich beeinträchtigen;

b) hindern die Mitgliedstaaten nicht daran, strengere Schutzmaßnahmen beizubehalten oder zu erlassen, die mit der Verfassung vereinbar sind.

(6) Dieser Artikel gilt nicht für das Arbeitsentgelt, das Koalitionsrecht, das Streikrecht sowie das Aussperrungsrecht.

 

Artikel III-211

 

(1) Die Kommission fördert die Anhörung der Sozialpartner auf Unionsebene und erlässt alle zweckdienlichen Maßnahmen, um den Dialog zwischen den Sozialpartnern zu erleichtern, wobei sie für Ausgewogenheit bei der Unterstützung der Parteien sorgt.

(2) Für die Zwecke des Absatzes 1 hört die Kommission vor Unterbreitung von Vorschlägen im Bereich der Sozialpolitik die Sozialpartner zu der Frage, wie eine Unionsmaßnahme gegebenenfalls ausgerichtet werden sollte.

(3) Hält die Kommission nach der Anhörung nach Absatz 2 eine Unionsmaßnahme für zweckmäßig, so hört sie die Sozialpartner zum Inhalt des in Aussicht genommenen Vorschlags. Die Sozialpartner übermitteln der Kommission eine Stellungnahme oder gegebenenfalls eine Empfehlung.

(4) Bei der Anhörung nach den Absätzen 2 und 3 können die Sozialpartner der Kommission mitteilen, dass sie den Prozess nach Artikel III-212 Absatz 1 in Gang setzen wollen. Die Dauer des Verfahrens darf höchstens neun Monate betragen, sofern die betroffenen Sozialpartner und die

Kommission nicht gemeinsam eine Verlängerung beschließen.

 

Artikel III-212

 

(1) Der Dialog zwischen den Sozialpartnern auf Unionsebene kann, falls sie es wünschen, zur Herstellung vertraglicher Beziehungen, einschließlich des Abschlusses von Vereinbarungen, führen.

(2) Die Durchführung der auf Unionsebene geschlossenen Vereinbarungen erfolgt entweder nach den jeweiligen Verfahren und Gepflogenheiten der Sozialpartner und der Mitgliedstaaten oder, in den durch Artikel III-210 erfassten Bereichen, auf gemeinsamen Antrag der Unterzeichnerparteien durch Europäische Verordnungen oder Beschlüsse, die vom Rat auf Vorschlag der Kommission erlassen werden. Das Europäische Parlament wird unterrichtet. Enthält die betreffende Vereinbarung eine oder mehrere Bestimmungen, die einen der Bereiche

betreffen, für die nach Artikel III-210 Absatz 3 Einstimmigkeit erforderlich ist, so beschließt der Rat

einstimmig.

 

Artikel III-213

 

Unbeschadet der sonstigen Bestimmungen der Verfassung fördert die Kommission im Hinblick auf die Erreichung der Ziele des Artikels III-209 die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und erleichtert die Koordinierung ihres Vorgehens in allen unter diesen Abschnitt fallenden Bereichen der Sozialpolitik, insbesondere auf dem Gebiet

a) der Beschäftigung,

b) des Arbeitsrechts und der Arbeitsbedingungen,

c) der beruflichen Ausbildung und Fortbildung,

d) der sozialen Sicherheit,

e) der Verhütung von Berufsunfällen und Berufskrankheiten,

f) des Gesundheitsschutzes bei der Arbeit,

g) des Koalitionsrechts und der Kollektivverhandlungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Zu diesem Zweck wird die Kommission in enger Verbindung mit den Mitgliedstaaten durch Untersuchungen, Stellungnahmen und die Vorbereitung von Beratungen tätig, gleichviel ob es sich um innerstaatliche Probleme oder um Probleme handelt, die internationale Organisationen betreffen, und zwar insbesondere im Wege von Initiativen, die darauf abzielen, Leitlinien und Indikatoren festzulegen, den Austausch bewährter Verfahren durchzuführen und die erforderlichen Elemente für eine regelmäßige Überwachung und Bewertung auszuarbeiten. Das Europäische Parlament wird in vollem Umfang unterrichtet. Vor Abgabe der in diesem Artikel vorgesehenen Stellungnahmen hört die Kommission den Wirtschafts- und Sozialausschuss.

 

Artikel III-214

 

(1) Jeder Mitgliedstaat stellt die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Frauen und Männer bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit sicher.

(2) Unter Entgelt im Sinne dieses Artikels sind die üblichen Grund- oder Mindestlöhne und -gehälter sowie alle sonstigen Vergütungen zu verstehen, die der Arbeitgeber aufgrund des Dienstverhältnisses dem Arbeitnehmer unmittelbar oder mittelbar in bar oder in Sachleistungen

zahlt. Gleichheit des Arbeitsentgelts ohne Diskriminierung aufgrund des Geschlechts bedeutet,

a) dass das Entgelt für eine gleiche nach Akkord bezahlte Arbeit aufgrund der gleichen Maßeinheit festgesetzt wird,

b) dass für eine nach Zeit bezahlte Arbeit das Entgelt bei gleichem Arbeitsplatz gleich ist.

(3) Die Maßnahmen, die die Anwendung des Grundsatzes der Chancengleichheit und der Gleichbehandlung von Frauen und Männern in Arbeits- und Beschäftigungsfragen, einschließlich des Grundsatzes des gleichen Entgelts bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit, gewährleisten, werden durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz festgelegt. Es wird nach Anhörung des Wirtschaftsund

Sozialausschusses erlassen.

(4) Im Hinblick auf die effektive Gewährleistung der vollen Gleichstellung von Frauen und Männern im Arbeitsleben hindert der Grundsatz der Gleichbehandlung die Mitgliedstaaten nicht daran, zur Erleichterung der Berufstätigkeit des unterrepräsentierten Geschlechts oder zur Verhinderung beziehungsweise zum Ausgleich von Benachteiligungen in der beruflichen Laufbahn spezifische Vergünstigungen beizubehalten oder zu beschließen.

 

Artikel III-215

 

Die Mitgliedstaaten sind bestrebt, die bestehende Gleichwertigkeit der Regelungen über die bezahlte Freizeit beizubehalten.

 

Artikel III-216

 

Die Kommission erstellt jährlich einen Bericht über den Stand der Verwirklichung der in Artikel III-209 genannten Ziele sowie über die demografische Lage in der Union. Sie übermittelt diesen Bericht dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Wirtschafts- und Sozialausschuss.

 

Artikel III-217

 

Der Rat erlässt mit einfacher Mehrheit einen Europäischen Beschluss zur Einsetzung eines Ausschusses für Sozialschutz mit beratender Aufgabe, um die Zusammenarbeit im Bereich des sozialen Schutzes zwischen den Mitgliedstaaten und mit der Kommission zu fördern. Der Rat beschließt nach Anhörung des Europäischen Parlaments.

Der Ausschuss hat folgende Aufgaben:

a) Er verfolgt die soziale Lage und die Entwicklung der Politik im Bereich des sozialen Schutzes in den Mitgliedstaaten und der Union;

b) er fördert den Austausch von Informationen, Erfahrungen und bewährten Verfahren zwischen den Mitgliedstaaten und mit der Kommission;

c) unbeschadet des Artikels III-344 arbeitet er auf Ersuchen des Rates oder der Kommission oder von sich aus im Bereich seiner Befugnisse Berichte aus, gibt Stellungnahmen ab oder wird auf andere Weise tätig.

Bei der Erfüllung seines Auftrags stellt der Ausschuss geeignete Kontakte zu den Sozialpartnern her. Jeder Mitgliedstaat und die Kommission ernennen zwei Mitglieder des Ausschusses.

 

Artikel III-218

 

Der Jahresbericht der Kommission an das Europäische Parlament enthält ein besonderes Kapitel über die Entwicklung der sozialen Lage in der Union. Das Europäische Parlament kann die Kommission auffordern, Berichte über besondere, die soziale Lage betreffende Fragen auszuarbeiten.

 

Artikel III-219

 

(1) Um die Beschäftigungsmöglichkeiten der Arbeitnehmer im Binnenmarkt zu verbessern und damit zur Anhebung des Lebensstandards beizutragen, wird ein Europäischer Sozialfonds errichtet, dessen Ziel es ist, innerhalb der Union die berufliche Verwendbarkeit und die örtliche und berufliche Mobilität der Arbeitnehmer zu fördern sowie die Anpassung an die industriellen Wandlungsprozesse und an Veränderungen der Produktionssysteme insbesondere durch berufliche Bildung und Umschulung zu erleichtern.

(2) Die Kommission verwaltet den Fonds. Sie wird hierbei von einem Ausschuss unterstützt, der aus Vertretern der Mitgliedstaaten sowie der Arbeitgeber- und der Arbeitnehmerverbände besteht; den Vorsitz führt ein Mitglied der Kommission.

(3) Die den Fonds betreffenden Durchführungsmaßnahmen werden durch Europäisches Gesetz festgelegt. Es wird nach Anhörung des Ausschusses der Regionen sowie des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.

 

ABSCHNITT 3

 

WIRTSCHAFTLICHER, SOZIALER UND TERRITORIALER ZUSAMMENHALT

 

Artikel III-220

 

Die Union entwickelt und verfolgt weiterhin ihre Politik zur Stärkung ihres wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts, um eine harmonische Entwicklung der Union als Ganzes zu fördern. Die Union setzt sich insbesondere zum Ziel, die Unterschiede im Entwicklungsstand der verschiedenen Regionen und den Rückstand der am stärksten benachteiligten Gebiete zu verringern. Unter den betreffenden Gebieten wird den ländlichen Gebieten, den vom industriellen Wandel betroffenen Gebieten und den Gebieten mit schweren und dauerhaften natürlichen oder

demografischen Nachteilen, wie den nördlichsten Regionen mit sehr geringer Bevölkerungsdichte sowie den Insel-, Grenz- und Bergregionen, besondere Aufmerksamkeit geschenkt.

 

Artikel III-221

 

Die Mitgliedstaaten führen und koordinieren ihre Wirtschaftspolitik in der Weise, dass auch die in Artikel III-220 genannten Ziele erreicht werden. Mit der Festlegung und Durchführung der Politik und der Aktionen der Union sowie mit der Errichtung des Binnenmarkts werden diese Ziele berücksichtigt und wird zu deren Verwirklichung beigetragen. Die Union unterstützt diese Bemühungen auch durch die Politik, die sie mit Hilfe der Strukturfonds (Europäischer Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft — Abteilung Ausrichtung, Europäischer Sozialfonds, Europäischer Fonds für regionale Entwicklung), der Europäischen Investitionsbank und der sonstigen vorhandenen Finanzierungsinstrumente führt. Die Kommission erstattet dem Europäischen Parlament, dem Rat, dem Ausschuss der Regionen und dem Wirtschafts- und Sozialausschuss alle drei Jahre Bericht über die Fortschritte bei der Verwirklichung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts und über die Art und Weise, in der die in diesem Artikel vorgesehenen Mittel hierzu beigetragen haben. Diesem Bericht werden erforderlichenfalls entsprechende Vorschläge beigefügt. Unbeschadet der im Rahmen der anderen Politikbereiche der Union erlassenen Maßnahmen können spezifische Maßnahmen außerhalb der Fonds durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz festgelegt werden. Es wird nach Anhörung des Ausschusses der Regionen sowie des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.

 

Artikel III-222

 

Aufgabe des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung ist es, durch Beteiligung an der Entwicklung und an der strukturellen Anpassung der rückständigen Gebiete und an der Umstellung der Industriegebiete mit rückläufiger Entwicklung zum Ausgleich der wichtigsten regionalen

Ungleichgewichte in der Union beizutragen.

 

Artikel III-223

 

(1) Unbeschadet des Artikels III-224 werden die Aufgaben, die vorrangigen Ziele und die Organisation der Strukturfonds, einschließlich ihrer etwaigen Neuordnung, und die für die Fonds geltenden allgemeinen Regeln sowie die Bestimmungen, die zur Gewährleistung einer wirksamen

Arbeitsweise und zur Koordinierung der Fonds sowohl untereinander als auch mit den anderen vorhandenen Finanzierungsinstrumenten erforderlich sind, durch Europäisches Gesetz festgelegt. Ein durch Europäisches Gesetz eingerichteter Kohäsionsfonds trägt zu Vorhaben in den Bereichen Umwelt und transeuropäische Netze auf dem Gebiet der Verkehrsinfrastruktur finanziell bei. In allen Fällen wird das Europäische Gesetz nach Anhörung des Ausschusses der Regionen sowie des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.

(2) Die ersten Bestimmungen über die Strukturfonds und den Kohäsionsfonds, die im Anschluss an die zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Vertrags über eine Verfassung für Europa geltenden Bestimmungen erlassen werden, werden durch Europäisches Gesetz des Rates festgelegt. Der Rat beschließt einstimmig nach Zustimmung des Europäischen Parlaments.

 

Artikel III-224

 

Die den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung betreffenden Durchführungsmaßnahmen werden durch Europäisches Gesetz festgelegt. Es wird nach Anhörung des Ausschusses der Regionen sowie des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.

Für den Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft — Abteilung Ausrichtung, und den Europäischen Sozialfonds gelten Artikel III-231 und Artikel III-219 Absatz 3.

 

ABSCHNITT 4

 

LANDWIRTSCHAFT UND FISCHEREI

 

Artikel III-225

 

Die Union legt eine gemeinsame Agrar- und Fischereipolitik fest und führt sie durch. Unter landwirtschaftlichen Erzeugnissen sind die Erzeugnisse des Bodens, der Viehzucht und der Fischerei sowie die mit diesen in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Erzeugnisse der ersten Verarbeitungsstufe zu verstehen. Die Bezugnahmen auf die gemeinsame Agrarpolitik oder auf die Landwirtschaft und die Verwendung des Wortes „landwirtschaftlich“ sind in dem Sinne zu verstehen, dass damit unter Berücksichtigung der besonderen Merkmale des Fischereisektors auch die Fischerei gemeint ist.

 

Artikel III-226

 

(1) Der Binnenmarkt umfasst auch die Landwirtschaft und den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen.

(2) Die Vorschriften für die Verwirklichung und das Funktionieren des Binnenmarkts finden auf die landwirtschaftlichen Erzeugnisse Anwendung, soweit in den Artikeln III-227 bis III-232 nicht etwas anderes bestimmt ist.

(3) Für die in Anhang I aufgeführten Erzeugnisse gelten die Artikel III-227 bis III-232.

(4) Mit dem Funktionieren und der Entwicklung des Binnenmarkts für landwirtschaftliche Erzeugnisse muss eine gemeinsame Agrarpolitik Hand in Hand gehen.

 

Artikel III-227

 

(1) Ziel der gemeinsamen Agrarpolitik ist es,

a) die Produktivität der Landwirtschaft durch Förderung des technischen Fortschritts, Rationalisierung der landwirtschaftlichen Erzeugung und den bestmöglichen Einsatz der Produktionsfaktoren, insbesondere der Arbeitskräfte, zu steigern;

b) auf diese Weise der landwirtschaftlichen Bevölkerung, insbesondere durch Erhöhung des Pro-Kopf-Einkommens der in der Landwirtschaft tätigen Personen, einen angemessenen Lebensstandard zu gewährleisten;

c) die Märkte zu stabilisieren;

d) die Versorgung sicherzustellen;

e) für die Belieferung der Verbraucher zu angemessenen Preisen Sorge zu tragen.

(2) Bei der Gestaltung der gemeinsamen Agrarpolitik und der hierfür anzuwendenden besonderen Methoden wird Folgendes berücksichtigt:

a) die besondere Eigenart der landwirtschaftlichen Tätigkeit, die sich aus dem sozialen Aufbau der Landwirtschaft und den strukturellen und naturbedingten Unterschieden der verschiedenen landwirtschaftlichen Gebiete ergibt;

b) die Notwendigkeit, die geeigneten Anpassungen stufenweise durchzuführen;

c) die Tatsache, dass die Landwirtschaft in den Mitgliedstaaten einen mit der gesamten Volkswirtschaft eng verflochtenen Wirtschaftsbereich darstellt.

 

Artikel III-228

 

(1) Um die Ziele des Artikels III-227 zu erreichen, wird eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte geschaffen. Diese besteht je nach Erzeugnis aus einer der folgenden Organisationsformen:

a) gemeinsame Wettbewerbsregeln;

b) bindende Koordinierung der verschiedenen einzelstaatlichen Marktordnungen;

c) eine europäische Marktordnung.

(2) Die nach Absatz 1 gestaltete gemeinsame Organisation kann alle zur Durchführung des Artikels III-227 erforderlichen Maßnahmen einschließen, insbesondere Preisregelungen, Beihilfen für die Erzeugung und die Vermarktung der verschiedenen Erzeugnisse, Einlagerungs- und Ausgleichsmaßnahmen und gemeinsame Einrichtungen zur Stabilisierung der Ein- oder Ausfuhr. Die gemeinsame Organisation muss sich auf die Verfolgung der Ziele des Artikels III-227 beschränken und jede Diskriminierung zwischen Erzeugern oder Verbrauchern innerhalb der Union ausschließen. Eine etwaige gemeinsame Preispolitik muss auf gemeinsamen Grundsätzen und einheitlichen Berechnungsmethoden beruhen.

(3) Um der in Absatz 1 genannten gemeinsamen Organisation die Erreichung ihrer Ziele zu ermöglichen, können ein oder mehrere Ausrichtungs- oder Garantiefonds für die Landwirtschaft geschaffen werden.

 

Artikel III-229

 

Um die Ziele des Artikels III-227 zu erreichen, können im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik folgende Maßnahmen vorgesehen werden:

a) eine wirksame Koordinierung der Bestrebungen auf dem Gebiet der Berufsausbildung, der Forschung und der Verbreitung landwirtschaftlicher Fachkenntnisse; hierbei können Vorhaben oder Einrichtungen gemeinsam finanziert werden;

b) gemeinsame Maßnahmen zur Förderung des Verbrauchs bestimmter Erzeugnisse.

 

Artikel III-230

 

(1) Der Abschnitt über die Wettbewerbsregeln findet auf die Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse und den Handel mit diesen nur insoweit Anwendung, als Europäische Gesetze oder Rahmengesetze dies nach Artikel III-231 Absatz 2 unter Berücksichtigung der Ziele des

Artikels III-227 bestimmen.

(2) Der Rat kann auf Vorschlag der Kommission eine Europäische Verordnung oder einen Europäischen Beschluss erlassen, mit denen die Gewährung von Beihilfen genehmigt wird

a) zum Schutz von Betrieben, die durch strukturelle oder naturgegebene Bedingungen benachteiligt sind, oder

b) im Rahmen wirtschaftlicher Entwicklungsprogramme.

 

Artikel III-231

 

(1) Die Kommission legt zur Gestaltung und Durchführung der gemeinsamen Agrarpolitik Vorschläge vor, die unter anderem die Ablösung der einzelstaatlichen Marktordnungen durch eine der in Artikel III-228 Absatz 1 vorgesehenen gemeinsamen Organisationsformen sowie die Durchführung der in diesem Abschnitt bezeichneten Maßnahmen vorsehen. Diese Vorschläge tragen dem inneren Zusammenhang der in diesem Abschnitt aufgeführten landwirtschaftlichen Fragen Rechnung.

(2) Durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz werden die gemeinsame Organisation der Agrarmärkte nach Artikel III-228 Absatz 1 sowie die anderen Bestimmungen festgelegt, die für die Verwirklichung der Ziele der gemeinsamen Agrar- und Fischereipolitik notwendig sind. Es wird nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.

(3) Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission die Europäischen Verordnungen oder Beschlüsse zur Festsetzung der Preise, der Abschöpfungen, der Beihilfen und der mengenmäßigen Beschränkungen sowie zur Festsetzung und Aufteilung der Fangmöglichkeiten in der Fischerei.

(4) Die einzelstaatlichen Marktordnungen können nach Maßgabe des Absatzes 2 durch die in Artikel III-228 Absatz 1 vorgesehene gemeinsame Organisation ersetzt werden,

a) wenn diese den Mitgliedstaaten, die sich gegen diese Maßnahme ausgesprochen haben und eine eigene Marktordnung für die in Betracht kommende Erzeugung besitzen, gleichwertige Sicherheiten für die Beschäftigung und den Lebensstandard der betreffenden Erzeuger bietet;

hierbei sind die im Zeitablauf möglichen Anpassungen und erforderlichen Spezialisierungen zu berücksichtigen, und

b) wenn die gemeinsame Organisation für den Handelsverkehr innerhalb der Union Bedingungen sicherstellt, die denen eines Binnenmarkts entsprechen.

(5) Wird eine gemeinsame Organisation für bestimmte Rohstoffe geschaffen, bevor eine gemeinsame Organisation für die entsprechenden weiterverarbeiteten Erzeugnisse besteht, so können die betreffenden Rohstoffe aus Ländern außerhalb der Union eingeführt werden, wenn sie für weiterverarbeitete Erzeugnisse verwendet werden, die zur Ausfuhr in Drittländer bestimmt sind.

 

Artikel III-232

 

Besteht in einem Mitgliedstaat für ein Erzeugnis eine innerstaatliche Marktordnung oder Regelung gleicher Wirkung und wird dadurch eine gleichartige Erzeugung in einem anderen Mitgliedstaat in ihrer Wettbewerbslage beeinträchtigt, so erheben die Mitgliedstaaten bei der Einfuhr des betreffenden Erzeugnisses aus dem Mitgliedstaat, in dem die genannte Marktordnung oder Regelung besteht, eine Ausgleichsabgabe, es sei denn, dass dieser Mitgliedstaat eine Ausgleichsabgabe bei der Ausfuhr erhebt. Die Kommission erlässt Europäische Verordnungen oder Beschlüsse, durch die diese Abgaben in der zur Wiederherstellung des Gleichgewichts erforderlichen Höhe festgesetzt werden. Sie kann auch

andere Maßnahmen genehmigen, deren Bedingungen und Einzelheiten sie festlegt.

 

ABSCHNITT 5

 

UMWELT

 

Artikel III-233

 

(1) Die Umweltpolitik der Union trägt zur Verfolgung der nachstehenden Ziele bei:

a) Erhaltung und Schutz der Umwelt sowie Verbesserung ihrer Qualität;

b) Schutz der menschlichen Gesundheit;

c) umsichtige und rationelle Verwendung der natürlichen Ressourcen;

d) Förderung von Maßnahmen auf internationaler Ebene zur Bewältigung regionaler oder globaler Umweltprobleme.

(2) Die Umweltpolitik der Union zielt unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Gegebenheiten in den einzelnen Regionen der Union auf ein hohes Schutzniveau ab. Sie beruht auf den Grundsätzen der Vorsorge und Vorbeugung, auf dem Grundsatz, Umweltbeeinträchtigungen mit Vorrang an ihrem Ursprung zu bekämpfen, sowie auf dem Verursacherprinzip. Im Hinblick hierauf umfassen die den Erfordernissen des Umweltschutzes entsprechenden Harmonisierungsmaßnahmen gegebenenfalls eine Schutzklausel, mit der die Mitgliedstaaten ermächtigt werden, aus nicht wirtschaftlich bedingten umweltpolitischen Gründen vorläufige Maßnahmen zu erlassen, die einem Kontrollverfahren der Union unterliegen.

(3) Bei der Erarbeitung ihrer Umweltpolitik berücksichtigt die Union

a) die verfügbaren wissenschaftlichen und technischen Daten;

b) die Umweltbedingungen in den einzelnen Regionen der Union;

c) die Vorteile und die Belastung aufgrund des Tätigwerdens beziehungsweise eines Nichttätigwerdens;

d) die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Union insgesamt sowie die ausgewogene Entwicklung ihrer Regionen.

(4) Die Union und die Mitgliedstaaten arbeiten im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten mit Drittländern und den zuständigen internationalen Organisationen zusammen. Die Einzelheiten der Zusammenarbeit der Union können Gegenstand von Übereinkünften zwischen dieser und den

betreffenden dritten Parteien sein. Unterabsatz 1 berührt nicht die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, in internationalen Gremien zu

verhandeln und internationale Übereinkünfte zu schließen.

 

Artikel III-234

 

(1) Die Maßnahmen zur Erreichung der in Artikel III-233 genannten Ziele werden durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz festgelegt. Es wird nach Anhörung des Ausschusses der Regionen und des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.

(2) Abweichend von Absatz 1 und unbeschadet des Artikels III-172 erlässt der Rat einstimmig Europäische Gesetze oder Rahmengesetze, durch die Folgendes festgelegt wird:

a) Bestimmungen überwiegend steuerlicher Art;

b) Maßnahmen, die

i) die Raumordnung berühren;

ii) die mengenmäßige Bewirtschaftung der Wasserressourcen berühren oder die Verfügbarkeit dieser Ressourcen mittelbar oder unmittelbar betreffen;

iii) die Bodennutzung mit Ausnahme der Abfallbewirtschaftung berühren;

c) Maßnahmen, welche die Wahl eines Mitgliedstaats zwischen verschiedenen Energiequellen und die allgemeine Struktur seiner Energieversorgung erheblich berühren. Der Rat kann auf Vorschlag der Kommission einstimmig einen Europäischen Beschluss erlassen, in

dem festgelegt wird, dass für die in Unterabsatz 1 genannten Bereiche das ordentliche Gesetzgebungsverfahren gilt. In allen Fällen beschließt der Rat nach Anhörung des Europäischen Parlaments, des Ausschusses der Regionen und des Wirtschafts- und Sozialausschusses.

(3) Allgemeine Aktionsprogramme, in denen die vorrangigen Ziele festgelegt werden, werden durch Europäisches Gesetz festgelegt. Es wird nach Anhörung des Ausschusses der Regionen sowie des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen. Die zur Durchführung dieser Programme erforderlichen Maßnahmen werden, je nach Fall, nach dem in Absatz 1 beziehungsweise Absatz 2 vorgesehenen Verfahren erlassen.

(4) Unbeschadet bestimmter Maßnahmen der Union tragen die Mitgliedstaaten für die Finanzierung und Durchführung der Umweltpolitik Sorge.

(5) Ist eine Maßnahme nach Absatz 1 mit unverhältnismäßig hohen Kosten für die Behörden eines Mitgliedstaats verbunden, so wird darin unbeschadet des Verursacherprinzips in geeigneter Form Folgendes vorgesehen:

a) vorübergehende Ausnahmeregelungen und/oder

b) eine finanzielle Unterstützung aus dem Kohäsionsfonds.

(6) Die Schutzmaßnahmen, die aufgrund dieses Artikels getroffen werden, hindern die einzelnen Mitgliedstaaten nicht daran, verstärkte Schutzmaßnahmen beizubehalten oder zu ergreifen. Die betreffenden Maßnahmen müssen mit der Verfassung vereinbar sein. Sie werden der Kommission notifiziert.

 

ABSCHNITT 6

 

VERBRAUCHERSCHUTZ

 

Artikel III-235

 

(1) Zur Förderung der Interessen der Verbraucher und zur Gewährleistung eines hohen Verbraucherschutzniveaus leistet die Union einen Beitrag zum Schutz der Gesundheit, der Sicherheit und der wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher sowie zur Förderung ihres Rechtes auf

Information, Erziehung und Bildung von Vereinigungen zur Wahrung ihrer Interessen.

(2) Die Union leistet einen Beitrag zur Erreichung der in Absatz 1 genannten Ziele durch

a) Maßnahmen, die im Rahmen der Verwirklichung oder des Funktionierens des Binnenmarkts nach Artikel III-172 erlassen werden;

b) Maßnahmen zur Unterstützung, Ergänzung und Überwachung der Politik der Mitgliedstaaten.

(3) Die Maßnahmen nach Absatz 2 Buchstabe b werden durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz festgelegt. Es wird nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.

(4) Die nach Absatz 3 erlassenen Rechtsakte hindern die einzelnen Mitgliedstaaten nicht daran, strengere Schutzbestimmungen beizubehalten oder zu erlassen. Diese Bestimmungen müssen mit der Verfassung vereinbar sein. Sie werden der Kommission notifiziert.

 

ABSCHNITT 7

 

VERKEHR

 

Artikel III-236

 

(1) Auf dem in diesem Abschnitt geregelten Sachgebiet werden die Ziele der Verfassung im Rahmen einer gemeinsamen Verkehrspolitik verfolgt.

(2) Absatz 1 wird unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Verkehrs durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz umgesetzt. Es wird nach Anhörung des Ausschusses der Regionen und des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen. Durch das Europäische Gesetz oder Rahmengesetz wird Folgendes festgelegt:

a) gemeinsame Regeln für den internationalen Verkehr aus oder nach dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats oder für den Durchgangsverkehr durch das Hoheitsgebiet eines oder mehrerer Mitgliedstaaten;

b) Bedingungen für die Zulassung von Verkehrsunternehmern zum Verkehr innerhalb eines Mitgliedstaats, in dem sie nicht ansässig sind;

c) Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit;

d) alle sonstigen zweckdienlichen Maßnahmen.

(3) Beim Erlass eines Europäischen Gesetzes oder Rahmengesetzes nach Absatz 2 wird den Fällen Rechnung getragen, in denen seine Anwendung den Lebensstandard und die Beschäftigungslage in bestimmten Regionen sowie den Betrieb der Verkehrseinrichtungen ernstlich beeinträchtigen könnte.

 

Artikel III-237

 

Bis zum Erlass des in Artikel III-236 Absatz 2 genannten Europäischen Gesetzes oder Rahmengesetzes darf ein Mitgliedstaat die verschiedenen, am 1. Januar 1958 oder, im Falle später beigetretener Staaten, zum Zeitpunkt ihres Beitritts auf diesem Gebiet geltenden Vorschriften in ihren unmittelbaren oder mittelbaren Auswirkungen auf die Verkehrsunternehmer anderer Mitgliedstaaten

im Vergleich zu den inländischen Verkehrsunternehmern nicht ungünstiger gestalten, es sei denn, dass der Rat einstimmig einen Europäischen Beschluss erlässt, der eine Ausnahmeregelung vorsieht.

 

Artikel III-238

 

Mit der Verfassung vereinbar sind Beihilfen, die den Erfordernissen der Koordinierung des Verkehrs oder der Abgeltung bestimmter, mit dem Begriff des öffentlichen Dienstes zusammenhängender Leistungen entsprechen.

 

Artikel III-239

 

Jede Maßnahme auf dem Gebiet der Beförderungsentgelte und -bedingungen, die im Rahmen der Verfassung erlassen wird, hat der wirtschaftlichen Lage der Verkehrsunternehmer Rechnung zu tragen.

 

Artikel III-240

 

(1) Im Verkehr innerhalb der Union sind die Diskriminierungen verboten, die darin bestehen, dass ein Verkehrsunternehmer in denselben Verkehrsverbindungen für die gleichen Güter je nach ihrem Herkunfts- oder Bestimmungsmitgliedstaat unterschiedliche Frachten und Beförderungsbedingungen anwendet.

(2) Absatz 1 schließt nicht aus, dass sonstige Europäische Gesetze oder Rahmengesetze nach Artikel III-236 Absatz 2 erlassen werden können.

(3) Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission Europäische Verordnungen oder Beschlüsse zur Umsetzung des Absatzes 1. Er beschließt nach Anhörung des Europäischen Parlaments und des Wirtschafts- und Sozialausschusses. Er kann insbesondere die erforderlichen Europäischen Verordnungen oder Beschlüsse erlassen, um es den Organen zu ermöglichen, für die Beachtung des Absatzes 1 Sorge zu tragen, und um den Verkehrsnutzern die Vorteile dieser Bestimmung voll zugute kommen zu lassen.

(4) Die Kommission prüft von sich aus oder auf Antrag eines Mitgliedstaats die Diskriminierungsfälle nach Absatz 1 und erlässt nach Beratung mit jedem in Betracht kommenden Mitgliedstaat die erforderlichen Europäischen Beschlüsse im Rahmen der in Absatz 3 genannten Europäischen Verordnungen oder Beschlüsse.

 

Artikel III-241

 

(1) Im Verkehr innerhalb der Union sind die von einem Mitgliedstaat auferlegten Frachten und Beförderungsbedingungen verboten, die in irgendeiner Weise der Unterstützung oder dem Schutz eines oder mehrerer bestimmter Unternehmen oder Industrien dienen, es sei denn, dass die Kommission mit einem Europäischen Beschluss die Genehmigung hierzu erteilt.

(2) Die Kommission prüft von sich aus oder auf Antrag eines Mitgliedstaats die in Absatz 1 bezeichneten Frachten und Beförderungsbedingungen; hierbei berücksichtigt sie insbesondere sowohl die Erfordernisse einer angemessenen Standortpolitik, die Bedürfnisse der unterentwickelten Gebiete und die Probleme der durch politische Umstände schwer betroffenen Gebiete als auch die Auswirkungen dieser Frachten und Beförderungsbedingungen auf den Wettbewerb zwischen den Verkehrsarten. Die Kommission erlässt die erforderlichen Europäischen Beschlüsse nach Anhörung jedes in Betracht kommenden Mitgliedstaats.

(3) Das in Absatz 1 genannte Verbot gilt nicht für die Wettbewerbstarife.

 

Artikel III-242

 

Die Abgaben oder Gebühren, die ein Verkehrsunternehmer neben den Frachten beim Grenzübergang in Rechnung stellt, dürfen unter Berücksichtigung der hierdurch tatsächlich verursachten Kosten eine angemessene Höhe nicht übersteigen.

Die Mitgliedstaaten bemühen sich, diese Kosten zu verringern. Die Kommission kann zur Durchführung dieses Artikels Empfehlungen an die Mitgliedstaaten richten.

 

Artikel III-243

 

Die Bestimmungen dieses Abschnitts stehen Maßnahmen in der Bundesrepublik Deutschland nicht entgegen, soweit sie erforderlich sind, um die wirtschaftlichen Nachteile auszugleichen, die der Wirtschaft bestimmter, von der Teilung Deutschlands betroffener Gebiete der Bundesrepublik aus dieser Teilung entstehen. Der Rat kann fünf Jahre nach dem Inkrafttreten des Vertrags über eine Verfassung für Europa auf Vorschlag der Kommission einen Europäischen Beschluss erlassen, mit dem dieser Artikel aufgehoben wird.

 

Artikel III-244

 

Bei der Kommission wird ein beratender Ausschuss gebildet; er besteht aus Sachverständigen, die von  den Regierungen der Mitgliedstaaten ernannt werden. Die Kommission hört den Ausschuss je nach Bedarf in Verkehrsfragen an.

 

Artikel III-245

 

(1) Dieser Abschnitt gilt für die Beförderungen im Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehr.

(2) Durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz können geeignete Maßnahmen für die Seeschifffahrt und Luftfahrt festgelegt werden. Es wird nach Anhörung des Ausschusses der Regionen und des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.

 

ABSCHNITT 8

 

TRANSEUROPÄISCHE NETZE

 

Artikel III-246

 

(1) Um einen Beitrag zur Verwirklichung der Ziele der Artikel III-130 und III-220 zu leisten und den Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern, den Wirtschaftsbeteiligten sowie den regionalen und lokalen Gebietskörperschaften in vollem Umfang die Vorteile zugute kommen zu lassen, die sich aus der Schaffung eines Raums ohne Binnengrenzen ergeben, trägt die Union zum Auf- und Ausbau transeuropäischer Netze in den Bereichen der Verkehrs-, Telekommunikations- und Energieinfrastruktur bei.

(2) Die Tätigkeit der Union zielt im Rahmen eines Systems offener und wettbewerbsorientierter Märkte auf die Förderung des Verbunds und der Interoperabilität der einzelstaatlichen Netze sowie des Zugangs zu diesen Netzen ab. Sie trägt insbesondere der Notwendigkeit Rechnung, insulare, eingeschlossene und am Rande gelegene Gebiete mit den zentralen Gebieten der Union zu verbinden.

 

Artikel III-247

 

(1) Zur Erreichung der Ziele des Artikels III-246 geht die Union wie folgt vor:

a) Sie stellt eine Reihe von Leitlinien auf, in denen die Ziele, die Prioritäten und die Grundzüge der im Bereich der transeuropäischen Netze in Betracht gezogenen Aktionen erfasst werden; in diesen Leitlinien werden Vorhaben von gemeinsamem Interesse ausgewiesen;

b) sie führt jede Aktion durch, die sich gegebenenfalls als notwendig erweist, um die Interoperabilität der Netze zu gewährleisten, insbesondere im Bereich der Harmonisierung der technischen Normen;

c) sie kann von den Mitgliedstaaten unterstützte Vorhaben von gemeinsamem Interesse, die im Rahmen der Leitlinien nach Buchstabe a ausgewiesen sind, insbesondere in Form von Durchführbarkeitsstudien, Anleihebürgschaften oder Zinszuschüssen unterstützen; die Union

kann auch über den Kohäsionsfonds zu spezifischen Verkehrsinfrastrukturvorhaben in den Mitgliedstaaten finanziell beitragen. Die Union berücksichtigt bei ihren Maßnahmen die potenzielle wirtschaftliche Lebensfähigkeit der Vorhaben.

(2) Die Leitlinien und die übrigen Maßnahmen nach Absatz 1 werden durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz festgelegt. Es wird nach Anhörung des Ausschusses der Regionen sowie des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen. Leitlinien und Vorhaben von gemeinsamem Interesse, die das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats betreffen, bedürfen der Zustimmung des betroffenen Mitgliedstaats.

(3) Die Mitgliedstaaten koordinieren untereinander in Verbindung mit der Kommission die einzelstaatliche Politik in den Bereichen, in denen sie sich erheblich auf die Verwirklichung der Ziele des Artikels III-246 auswirken kann. Die Kommission kann in enger Zusammenarbeit mit den

Mitgliedstaaten alle Initiativen ergreifen, die dieser Koordinierung förderlich sind.

(4) Die Union kann zur Förderung von Vorhaben von gemeinsamem Interesse sowie zur Sicherstellung der Interoperabilität der Netze mit Drittländern zusammenarbeiten.

 

ABSCHNITT 9

 

FORSCHUNG, TECHNOLOGISCHE ENTWICKLUNG UND RAUMFAHRT

 

Artikel III-248

 

(1) Das Handeln der Union zielt darauf ab, die wissenschaftlichen und technologischen Grundlagen der Union dadurch zu stärken, dass ein europäischer Raum der Forschung geschaffen wird, in dem Freizügigkeit für Forscher herrscht und wissenschaftliche Erkenntnisse und Technologien frei ausgetauscht werden, die Entwicklung ihrer Wettbewerbsfähigkeit einschließlich der ihrer Industrie zu fördern sowie alle Forschungsmaßnahmen zu unterstützen, die aufgrund anderer Kapitel der Verfassung für erforderlich gehalten werden.

(2) Für die Zwecke des Absatzes 1 unterstützt sie in der gesamten Union die Unternehmen — einschließlich der kleinen und mittleren Unternehmen —, die Forschungszentren und die Hochschulen bei ihren Bemühungen auf dem Gebiet der Forschung und technologischen

Entwicklung von hoher Qualität. Sie fördert ihre Zusammenarbeitsbestrebungen, damit vor allem die Forscher ungehindert über die Grenzen hinweg zusammenarbeiten und die Unternehmen die Möglichkeiten des Binnenmarkts nutzen können, und zwar insbesondere durch Öffnen des

einzelstaatlichen öffentlichen Auftragswesens, Festlegung gemeinsamer Normen und Beseitigung der dieser Zusammenarbeit entgegenstehenden rechtlichen und steuerlichen Hindernisse.

(3) Alle Maßnahmen der Union auf dem Gebiet der Forschung und der technologischen Entwicklung, einschließlich der Demonstrationsvorhaben, werden nach Maßgabe dieses Abschnitts beschlossen und durchgeführt.

 

Artikel III-249

 

Zur Erreichung der Ziele nach Artikel III-248 trifft die Union folgende Maßnahmen, welche die in den Mitgliedstaaten durchgeführten Aktionen ergänzen:

a) Durchführung von Programmen für Forschung, technologische Entwicklung und Demonstration unter Förderung der Zusammenarbeit mit und zwischen Unternehmen, Forschungszentren und Hochschulen;

b) Förderung der Zusammenarbeit der Union mit Drittländern und internationalen Organisationen auf dem Gebiet der Forschung, technologischen Entwicklung und Demonstration;

c) Verbreitung und Auswertung der Ergebnisse der Tätigkeiten der Union auf dem Gebiet der Forschung, technologischen Entwicklung und Demonstration;

d) Förderung der Ausbildung und der Mobilität der Forscher aus der Union.

 

Artikel III-250

 

(1) Die Union und die Mitgliedstaaten koordinieren ihre Tätigkeiten auf dem Gebiet der Forschung und der technologischen Entwicklung, um die Kohärenz der einzelstaatlichen Politik und der Politik der Union sicherzustellen.

(2) Die Kommission kann in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten alle Initiativen ergreifen, die der Koordinierung nach Absatz 1 förderlich sind, insbesondere Initiativen, die darauf abzielen, Leitlinien und Indikatoren festzulegen, den Austausch bewährter Verfahren durchzuführen und die erforderlichen Elemente für eine regelmäßige Überwachung und Bewertung auszuarbeiten. Das Europäische Parlament wird in vollem Umfang unterrichtet.

 

Artikel III-251

 

(1) Durch Europäisches Gesetz wird ein mehrjähriges Rahmenprogramm festgelegt, in dem alle von der Union finanzierten Aktionen zusammengefasst werden. Es wird nach Anhörung des Wirtschaftsund Sozialausschusses erlassen. In dem Rahmenprogramm werden

a) die wissenschaftlichen und technologischen Ziele, die mit den Maßnahmen nach Artikel III-24 erreicht werden sollen, sowie die jeweiligen Prioritäten festgelegt;

b) die Grundzüge dieser Maßnahmen angegeben;

c) der Gesamthöchstbetrag und die Einzelheiten der finanziellen Beteiligung der Union am Rahmenprogramm sowie die jeweiligen Anteile der vorgesehenen Maßnahmen festgelegt.

(2) Das mehrjährige Rahmenprogramm wird je nach Entwicklung der Lage angepasst oder ergänzt.

(3) Durch Europäisches Gesetz des Rates werden die spezifischen Programme festgelegt, durch die das mehrjährige Rahmenprogramm innerhalb einer jeden Aktion durchgeführt wird. In jedem spezifischen Programm werden die Einzelheiten seiner Durchführung, seine Laufzeit und die für notwendig erachteten Mittel festgelegt. Die Summe der in den spezifischen Programmen für notwendig erachteten Beträge darf den für das Rahmenprogramm und für jede Aktion festgesetzten Gesamthöchstbetrag nicht überschreiten. Dieses Gesetz wird nach Anhörung des Europäischen Parlaments und des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.

(4) Durch Europäisches Gesetz werden ergänzend zu den in dem mehrjährigen Rahmenprogramm vorgesehenen Aktionen die Maßnahmen festgelegt, die für die Verwirklichung des Europäischen Raums der Forschung notwendig sind. Es wird nach Anhörung des Wirtschafts- und

Sozialausschusses erlassen.

 

Artikel III-252

 

(1) Zur Durchführung des mehrjährigen Rahmenprogramms wird durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz Folgendes festgelegt:

a) die Regeln für die Beteiligung der Unternehmen, der Forschungszentren und der Hochschulen;

b) die Regeln für die Verbreitung der Forschungsergebnisse. Das Europäische Gesetz oder Rahmengesetz wird nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.

(2) Bei der Durchführung des mehrjährigen Rahmenprogramms können durch Europäisches Gesetz Zusatzprogramme festgelegt werden, an denen nur bestimmte Mitgliedstaaten teilnehmen, die sie vorbehaltlich einer etwaigen Beteiligung der Union auch finanzieren. In dem Europäischen Gesetz werden die Regeln für die Zusatzprogramme, insbesondere hinsichtlich der Verbreitung der Kenntnisse und des Zugangs anderer Mitgliedstaaten, festgelegt. Es wird nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses und mit Zustimmung der betreffenden Mitgliedstaaten erlassen.

(3) Durch Europäisches Gesetz kann im Einvernehmen mit den betreffenden Mitgliedstaaten bei der Durchführung des mehrjährigen Rahmenprogramms eine Beteiligung an Forschungs- und Entwicklungsprogrammen mehrerer Mitgliedstaaten, einschließlich der Beteiligung an den zu ihrer Durchführung geschaffenen Strukturen, vorgesehen werden. Das Europäische Gesetz wird nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.

(4) Die Union kann bei der Durchführung des mehrjährigen Rahmenprogramms eine Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Forschung, technologischen Entwicklung und Demonstration der Union mit Drittländern oder internationalen Organisationen vorsehen. Die Einzelheiten dieser Zusammenarbeit können Gegenstand von Übereinkünften zwischen der Union und den betreffenden dritten Parteien sein.

 

Artikel III-253

 

Der Rat kann auf Vorschlag der Kommission Europäische Verordnungen oder Beschlüsse erlassen, durch die gemeinsame Unternehmen gegründet oder andere Strukturen geschaffen werden, die für die ordnungsgemäße Durchführung der Programme für Forschung, technologische Entwicklung und Demonstration der Union erforderlich sind. Er beschließt nach Anhörung des Europäischen Parlaments und des Wirtschafts- und Sozialausschusses.

 

Artikel III-254

 

(1) Zur Förderung des wissenschaftlichen und technischen Fortschritts, der Wettbewerbsfähigkeit der Industrie und der Durchführung ihrer Politik arbeitet die Union eine europäische Raumfahrtpolitik aus. Sie kann zu diesem Zweck gemeinsame Initiativen fördern, die Forschung und

technologische Entwicklung unterstützen und die Anstrengungen zur Erforschung und Nutzung des Weltraums koordinieren.

(2) Als Beitrag zur Erreichung der Ziele nach Absatz 1 können durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz die notwendigen Maßnahmen festgelegt werden; dies kann in Form eines europäischen Raumfahrtprogramms geschehen.

(3) Die Union stellt die zweckdienlichen Verbindungen zur Europäischen Weltraumorganisation her.

 

Artikel III-255

 

Zu Beginn jedes Jahres unterbreitet die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht. Dieser Bericht erstreckt sich insbesondere auf die Tätigkeiten auf dem Gebiet der Forschung, der technologischen Entwicklung und der Verbreitung der Ergebnisse dieser Tätigkeiten während des Vorjahrs sowie auf das Arbeitsprogramm des laufenden Jahres.

 

ABSCHNITT 10

 

ENERGIE

 

Artikel III-256

 

(1) Die Energiepolitik der Union hat im Rahmen der Verwirklichung oder des Funktionierens des Binnenmarkts und unter Berücksichtigung der Erfordernisse der Erhaltung und der Verbesserung der Umwelt folgende Ziele:

a) Sicherstellung des Funktionierens des Energiemarkts,

b) Gewährleistung der Energieversorgungssicherheit in der Union und

c) Förderung der Energieeffizienz und von Energieeinsparungen sowie Entwicklung neuer und erneuerbarer Energiequellen.

(2) Unbeschadet der Anwendung anderer Bestimmungen der Verfassung werden die Maßnahmen, die erforderlich sind, um die Ziele des Absatzes 1 zu verwirklichen, durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz festgelegt. Es wird nach Anhörung des Ausschusses der Regionen sowie des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen. Das Europäische Gesetz oder Rahmengesetz berührt unbeschadet des Artikels III-234 Absatz 2 Buchstabe c nicht das Recht eines Mitgliedstaats, die Bedingungen für die Nutzung seiner Energieressourcen, seine Wahl zwischen verschiedenen Energiequellen und die allgemeine Struktur seiner Energieversorgung zu bestimmen.

(3) Abweichend von Absatz 2 werden die darin genannten Maßnahmen durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz des Rates festgelegt, wenn sie überwiegend steuerlicher Art sind. Der Rat beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments.

 

KAPITEL IV

 

RAUM DER FREIHEIT, DER SICHERHEIT UND DES RECHTS

 

ABSCHNITT 1

 

ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN

 

Artikel III-257

 

(1) Die Union bildet einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, in dem die Grundrechte und die verschiedenen Rechtsordnungen und -traditionen der Mitgliedstaaten geachtet werden.

(2) Sie stellt sicher, dass Personen an den Binnengrenzen nicht kontrolliert werden, und entwickelt eine gemeinsame Politik in den Bereichen Asyl, Einwanderung und Kontrollen an den Außengrenzen, die sich auf die Solidarität der Mitgliedstaaten gründet und gegenüber Drittstaatsangehörigen angemessen ist. Für die Zwecke dieses Kapitels werden Staatenlose den Drittstaatsangehörigen gleichgestellt.

(3) Die Union wirkt darauf hin, durch Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung von Kriminalität sowie von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, zur Koordinierung und Zusammenarbeit von Polizeibehörden und Organen der Strafrechtspflege und den anderen zuständigen Behörden sowie durch die gegenseitige Anerkennung strafrechtlicher Entscheidungen und erforderlichenfalls durch die Angleichung der strafrechtlichen Bestimmungen ein hohes Maß an Sicherheit zu gewährleisten.

(4) Die Union erleichtert den Zugang zum Recht, insbesondere durch den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher und außergerichtlicher Entscheidungen in Zivilsachen.

 

Artikel III-258

 

Der Europäische Rat legt die strategischen Leitlinien für die gesetzgeberische und operative Programmplanung im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts fest.

 

Artikel III-259

 

Die nationalen Parlamente tragen bei Gesetzgebungsvorschlägen und -initiativen, die im Rahmen der Abschnitte 4 und 5 vorgelegt werden, Sorge für die Achtung des Subsidiaritätsprinzips nach Maßgabe des Protokolls über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit.

 

Artikel III-260

 

Unbeschadet der Artikel III-360 bis III-362 kann der Rat auf Vorschlag der Kommission Europäische Verordnungen oder Beschlüsse erlassen, mit denen Einzelheiten festgelegt werden, nach denen die Mitgliedstaaten in Zusammenarbeit mit der Kommission eine objektive und unparteiische Bewertung der Durchführung der unter dieses Kapitel fallenden Unionspolitik durch die Behörden der Mitgliedstaaten vornehmen, insbesondere um die umfassende Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung zu fördern. Das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente werden vom Inhalt und den Ergebnissen dieser Bewertung unterrichtet.

 

Artikel III-261

 

Im Rat wird ein ständiger Ausschuss eingesetzt, um sicherzustellen, dass innerhalb der Union die operative Zusammenarbeit im Bereich der inneren Sicherheit gefördert und verstärkt wird. Er fördert unbeschadet des Artikels III-344 die Koordinierung der Maßnahmen der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten. Die Vertreter der betroffenen Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union können an den Arbeiten des Ausschusses beteiligt werden. Das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente werden über die Arbeiten des Ausschusses auf dem Laufenden gehalten.

 

Artikel III-262

 

Dieses Kapitel berührt nicht die Wahrnehmung der Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und den Schutz der inneren Sicherheit.

 

Artikel III-263

 

Der Rat erlässt Europäische Verordnungen, um die Verwaltungszusammenarbeit zwischen den zuständigen Dienststellen der Mitgliedstaaten in den Bereichen dieses Kapitels sowie die Zusammenarbeit zwischen diesen Dienststellen und der Kommission zu gewährleisten. Dabei

beschließt er auf Vorschlag der Kommission vorbehaltlich des Artikels III-264 und nach Anhörung des Europäischen Parlaments.

 

Artikel III-264

 

Die in den Abschnitten 4 und 5 genannten Rechtsakte sowie die in Artikel III-263 genannten Europäischen Verordnungen, mit denen die Verwaltungszusammenarbeit in den Bereichen der genannten Abschnitte gewährleistet wird, werden wie folgt erlassen:

a) auf Vorschlag der Kommission oder

b) auf Initiative eines Viertels der Mitgliedstaaten.

 

ABSCHNITT 2

 

POLITIK IM BEREICH GRENZKONTROLLEN, ASYL UND EINWANDERUNG

 

Artikel III-265

 

(1) Die Union entwickelt eine Politik, mit der

a) sichergestellt werden soll, dass Personen unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit beim Überschreiten der Binnengrenzen nicht kontrolliert werden;

b) die Personenkontrolle und die wirksame Überwachung des Grenzübertritts an den Außengrenzen sichergestellt werden soll;

c) schrittweise ein integriertes Grenzschutzsystem an den Außengrenzen eingeführt werden soll.

(2) Für die Zwecke des Absatzes 1 werden durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz Maßnahmen festgelegt, die folgende Bereiche betreffen:

a) die gemeinsame Politik in Bezug auf Visa und andere kurzfristige Aufenthaltstitel;

b) die Kontrollen, denen Personen beim Überschreiten der Außengrenzen unterzogen werden;

c) die Voraussetzungen, unter denen sich Drittstaatsangehörige innerhalb der Union während eines kurzen Zeitraums frei bewegen können;

d) alle Maßnahmen, die für die schrittweise Einführung eines integrierten Grenzschutzsystems an den Außengrenzen erforderlich sind;

e) die Abschaffung der Kontrolle von Personen gleich welcher Staatsangehörigkeit beim Überschreiten der Binnengrenzen.

(3) Dieser Artikel berührt nicht die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die geografische Festlegung ihrer Grenzen nach dem Völkerrecht.

 

Artikel III-266

 

(1) Die Union entwickelt eine gemeinsame Politik im Bereich Asyl, subsidiärer Schutz und vorübergehender Schutz, mit der jedem Drittstaatsangehörigen, der internationalen Schutz benötigt, ein angemessener Status angeboten und die Einhaltung des Grundsatzes der Nicht-Zurückweisung gewährleistet werden soll. Diese Politik muss mit dem Genfer Abkommen vom 28. Juli 1951 und dem Protokoll vom 31. Januar 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge sowie den anderen einschlägigen Verträgen im Einklang stehen.

(2) Für die Zwecke des Absatzes 1 werden durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz Maßnahmen in Bezug auf eine gemeinsame europäische Asylregelung festgelegt, die Folgendes umfasst:

a) einen in der ganzen Union gültigen einheitlichen Asylstatus für Drittstaatsangehörige;

b) einen einheitlichen subsidiären Schutzstatus für Drittstaatsangehörige, die keinen europäischen Asylstatus erhalten, aber internationalen Schutz benötigen;

c) eine gemeinsame Regelung für den vorübergehenden Schutz von Vertriebenen im Falle eines Massenzustroms;

d) gemeinsame Verfahren für die Gewährung und den Entzug des einheitlichen Asylstatus beziehungsweise des subsidiären Schutzstatus;

e) Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines Antrags auf Asyl oder subsidiären Schutz zuständig ist;

f) Normen über die Aufnahmebedingungen von Personen, die Asyl oder subsidiären Schutz beantragen;

g) Partnerschaft und Zusammenarbeit mit Drittländern zur Steuerung der Zuströme von Personen, die Asyl oder subsidiären beziehungsweise vorübergehenden Schutz beantragen.

(3) Befinden sich ein oder mehrere Mitgliedstaaten aufgrund eines plötzlichen Zustroms von Drittstaatsangehörigen in einer Notlage, so kann der Rat auf Vorschlag der Kommission Europäische Verordnungen oder Beschlüsse erlassen, die vorläufige Maßnahmen zugunsten der betreffenden Mitgliedstaaten vorsehen. Er beschließt nach Anhörung des Europäischen Parlaments.

 

Artikel III-267

 

(1) Die Union entwickelt eine gemeinsame Einwanderungspolitik, die in allen Phasen eine wirksame Steuerung der Migrationsströme, eine angemessene Behandlung von Drittstaatsangehörigen, die sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhalten, sowie die Verhütung und verstärkte Bekämpfung von illegaler Einwanderung und Menschenhandel gewährleisten soll.

(2) Für die Zwecke des Absatzes 1 werden durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz die Maßnahmen in folgenden Bereichen festgelegt:

a) Einreise- und Aufenthaltsvoraussetzungen sowie Normen für die Erteilung von Visa und Aufenthaltstiteln für einen langfristigen Aufenthalt, einschließlich solcher zur Familienzusammenführung, durch die Mitgliedstaaten;

b) Festlegung der Rechte von Drittstaatsangehörigen, die sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhalten, einschließlich der Bedingungen, unter denen sie sich in den anderen Mitgliedstaaten frei bewegen und aufhalten dürfen;

c) illegale Einwanderung und illegaler Aufenthalt, einschließlich Abschiebung und Rückführung solcher Personen, die sich illegal in einem Mitgliedstaat aufhalten;

d) Bekämpfung des Menschenhandels, insbesondere des Handels mit Frauen und Kindern.

(3) Die Union kann mit Drittländern Übereinkünfte über eine Rückübernahme von Drittstaatsangehörigen in ihr Ursprungs- oder Herkunftsland schließen, die die Voraussetzungen für die Einreise in das Hoheitsgebiet eines der Mitgliedstaaten oder die Anwesenheit oder den Aufenthalt in diesem Gebiet nicht oder nicht mehr erfüllen.

(4) Durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz können unter Ausschluss jeglicher Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten Maßnahmen festgelegt werden, mit denen die Bemühungen der Mitgliedstaaten um die Integration der sich rechtmäßig in ihrem Hoheitsgebiet aufhaltenden Drittstaatsangehörigen gefördert und unterstützt werden.

(5) Dieser Artikel berührt nicht das Recht der Mitgliedstaaten, festzulegen, wie viele Drittstaatsangehörige aus Drittländern in ihr Hoheitsgebiet einreisen dürfen, um dort als Arbeitnehmer oder Selbstständige Arbeit zu suchen.

 

Artikel III-268

 

Für die unter diesen Abschnitt fallende Politik der Union und ihre Umsetzung gilt der Grundsatz der Solidarität und der gerechten Aufteilung der Verantwortlichkeiten unter den Mitgliedstaaten, und zwar auch in finanzieller Hinsicht. Die aufgrund dieses Abschnitts erlassenen Rechtsakte der Union enthalten, immer wenn dies erforderlich ist, entsprechende Maßnahmen für die Anwendung dieses

Grundsatzes.

 

ABSCHNITT 3

 

JUSTIZIELLE ZUSAMMENARBEIT IN ZIVILSACHEN

 

Artikel III-269

 

(1) Die Union entwickelt eine justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen mit grenzüberschreitenden Bezügen, die auf dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher und außergerichtlicher Entscheidungen beruht. Diese Zusammenarbeit kann den Erlass von Maßnahmen zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten umfassen.

(2) Für die Zwecke des Absatzes 1 werden, insbesondere wenn dies für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts erforderlich ist, durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz Maßnahmen festgelegt, die Folgendes sicherstellen sollen:

a) die gegenseitige Anerkennung und die Vollstreckung gerichtlicher und außergerichtlicher Entscheidungen zwischen den Mitgliedstaaten;

b) die grenzüberschreitende Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke;

c) die Vereinbarkeit der in den Mitgliedstaaten geltenden Kollisionsnormen und Vorschriften zur Vermeidung von Kompetenzkonflikten;

d) die Zusammenarbeit bei der Erhebung von Beweismitteln;

e) einen effektiven Zugang zum Recht;

f) die Beseitigung von Hindernissen für die reibungslose Abwicklung von Zivilverfahren, erforderlichenfalls durch Förderung der Vereinbarkeit der in den Mitgliedstaaten geltenden zivilrechtlichen Verfahrensvorschriften;

g) die Entwicklung von alternativen Methoden für die Beilegung von Streitigkeiten;

h) die Förderung der Weiterbildung von Richtern und Justizbediensteten.

(3) Abweichend von Absatz 2 werden Maßnahmen zum Familienrecht mit grenzüberschreitenden Bezügen durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz des Rates festgelegt. Dieser beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments. Der Rat kann auf Vorschlag der Kommission einen Europäischen Beschluss erlassen, durch den die Aspekte des Familienrechts mit grenzüberschreitenden Bezügen bestimmt werden, die Gegenstand von Rechtsakten sein können, welche nach dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen

werden. Der Rat beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments.

 

ABSCHNITT 4

 

JUSTIZIELLE ZUSAMMENARBEIT IN STRAFSACHEN

 

Artikel III-270

 

(1) Die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen in der Union beruht auf dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Urteile und Entscheidungen und umfasst die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten in den in Absatz 2 und Artikel III-271 genannten

Bereichen. Durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz werden Maßnahmen festgelegt, um

a) Regeln und Verfahren festzulegen, mit denen die Anerkennung aller Arten von Urteilen und gerichtlichen Entscheidungen in der gesamten Union sichergestellt wird;

b) Kompetenzkonflikte zwischen den Mitgliedstaaten zu verhindern und beizulegen;

c) die Weiterbildung von Richtern und Staatsanwälten sowie Justizbediensteten zu fördern;

d) die Zusammenarbeit zwischen den Justizbehörden oder entsprechenden Behörden der Mitgliedstaaten im Rahmen der Strafverfolgung sowie des Vollzugs und der Vollstreckung von Entscheidungen zu erleichtern.

(2) Soweit dies zur Erleichterung der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Urteile und Entscheidungen und der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen mit grenzüberschreitender Dimension erforderlich ist, können durch Europäisches Rahmengesetz

Mindestvorschriften festgelegt werden. Bei diesen Mindestvorschriften werden die Unterschiede zwischen den Rechtsordnungen und -traditionen der Mitgliedstaaten berücksichtigt. Die Vorschriften betreffen Folgendes:

a) die Zulässigkeit von Beweismitteln auf gegenseitiger Basis zwischen den Mitgliedstaaten;

b) die Rechte des Einzelnen im Strafverfahren;

c) die Rechte der Opfer von Straftaten;

d) sonstige spezifische Aspekte des Strafverfahrens, die zuvor vom Rat durch einen Europäischen Beschluss bestimmt worden sind; dieser Beschluss wird vom Rat einstimmig nach Zustimmung des Europäischen Parlaments erlassen. Der Erlass von Mindestvorschriften nach diesem Absatz hindert die Mitgliedstaaten nicht daran, ein höheres Schutzniveau für den Einzelnen beizubehalten oder einzuführen.

(3) Ist ein Mitglied des Rates der Auffassung, dass ein Entwurf eines Europäischen Rahmengesetzes nach Absatz 2 grundlegende Aspekte seiner Strafrechtsordnung berühren würde, so kann das Mitglied beantragen, dass der Europäische Rat befasst wird. In diesem Fall wird das Verfahren nach Artikel III-396 ausgesetzt. Nach einer Aussprache geht der Europäische Rat binnen vier Monaten nach Aussetzung des Verfahrens wie folgt vor:

a) Er verweist den Entwurf an den Rat zurück, wodurch die Aussetzung des Verfahrens nach Artikel III-396 beendet wird, oder

b) er ersucht die Kommission beziehungsweise die Gruppe von Mitgliedstaaten, die den Entwurf vorgelegt hat, um Vorlage eines neuen Entwurfs; in diesem Fall gilt der ursprünglich vorgeschlagene Rechtsakt als nicht erlassen.

(4) Hat der Europäische Rat bis zum Ende des Zeitraums nach Absatz 3 nicht gehandelt oder wurde das Europäische Rahmengesetz nicht binnen zwölf Monaten nach Vorlage eines neuen Entwurfs nach Absatz 3 Buchstabe b erlassen und wünscht mindestens ein Drittel der Mitgliedstaaten, auf der

Grundlage des Entwurfs des betreffenden Rahmengesetzes eine Verstärkte Zusammenarbeit zu begründen, so teilen sie dies dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission mit. In diesem Fall gilt die Ermächtigung zu einer Verstärkten Zusammenarbeit nach Artikel I-44 Absatz 2 und Artikel III-419 Absatz 1 als erteilt, und die Bestimmungen über die Verstärkte Zusammenarbeit finden Anwendung.

 

Artikel III-271

 

(1) Durch Europäisches Rahmengesetz können Mindestvorschriften zur Festlegung von Straftaten und Strafen in Bereichen besonders schwerer Kriminalität festgelegt werden, die aufgrund der Art oder der Auswirkungen der Straftaten oder aufgrund einer besonderen Notwendigkeit, sie von gemeinsamen Grundlagen ausgehend zu bekämpfen, eine grenzüberschreitende Dimension haben. Derartige Kriminalitätsbereiche sind: Terrorismus, Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung von Frauen und Kindern, illegaler Drogenhandel, illegaler Waffenhandel, Geldwäsche, Korruption, Fälschung von Zahlungsmitteln, Computerkriminalität und organisierte Kriminalität. Je nach den Entwicklungen der Kriminalität kann der Rat einen Europäischen Beschluss erlassen, in dem andere Kriminalitätsbereiche bestimmt werden, die die Kriterien dieses Absatzes erfüllen. Er beschließt einstimmig nach Zustimmung des Europäischen Parlaments.

(2) Erweist sich die Angleichung der strafrechtlichen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten als unerlässlich für die wirksame Durchführung der Politik der Union auf einem Gebiet, auf dem Harmonisierungsmaßnahmen erfolgt sind, so können durch Europäisches Rahmengesetz Mindestvorschriften für die Festlegung von Straftaten und Strafen auf dem betreffenden Gebiet festgelegt werden. Es wird unbeschadet des Artikels III-264 nach dem gleichen Verfahren wie die betreffenden Harmonisierungsmaßnahmen erlassen.

(3) Ist ein Mitglied des Rates der Auffassung, dass der Entwurf eines Europäischen Rahmengesetzes nach den Absätzen 1 oder 2 grundlegende Aspekte seiner Strafrechtsordnung berühren würde, so kann das Mitglied beantragen, dass der Europäische Rat befasst wird. In diesem Fall wird das Verfahren nach Artikel III-396, sofern es anwendbar ist, ausgesetzt. Nach einer Aussprache geht der Europäische Rat binnen vier Monaten nach Aussetzung des Verfahrens wie folgt vor:

a) Er verweist den Entwurf an den Rat zurück, wodurch die Aussetzung des Verfahrens nach Artikel III-396, sofern es anwendbar ist, beendet wird, oder

b) er ersucht die Kommission beziehungsweise die Gruppe von Mitgliedstaaten, die den Entwurf vorgelegt hat, um Vorlage eines neuen Entwurfs; in diesem Fall gilt der ursprünglich vorgeschlagene Rechtsakt als nicht erlassen.

(4) Hat der Europäische Rat bis zum Ende des Zeitraums nach Absatz 3 nicht gehandelt, oder wurde das Europäische Rahmengesetz nicht binnen zwölf Monaten nach Vorlage eines neuen Entwurfs nach Absatz 3 Buchstabe b erlassen und wünscht mindestens ein Drittel der Mitgliedstaaten, auf der Grundlage des Entwurfs des betreffenden Rahmengesetzes eine Verstärkte Zusammenarbeit zu begründen, so teilen sie dies dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission mit. In diesem Fall gilt die Ermächtigung zu einer Verstärkten Zusammenarbeit nach Artikel I-44 Absatz 2 und Artikel III-419 Absatz 1 als erteilt, und die Bestimmungen über die Verstärkte Zusammenarbeit

finden Anwendung.

 

Artikel III-272

 

Durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz können unter Ausschluss jeglicher Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten Maßnahmen festgelegt werden, um das Vorgehen der Mitgliedstaaten im Bereich der Kriminalprävention zu fördern und zu unterstützen.

 

Artikel III-273

 

(1) Eurojust hat den Auftrag, die Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen den nationalen Behörden zu unterstützen und zu verstärken, die für die Ermittlung und Verfolgung von schwerer Kriminalität zuständig sind, wenn zwei oder mehr Mitgliedstaaten betroffen sind oder eine

Verfolgung auf gemeinsamer Grundlage erforderlich ist; Eurojust stützt sich dabei auf die von den Behörden der Mitgliedstaaten und von Europol durchgeführten Operationen und gelieferten Informationen. In diesem Zusammenhang werden der Aufbau, die Arbeitsweise, der Tätigkeitsbereich und die Aufgaben von Eurojust durch Europäisches Gesetz festgelegt. Zu diesen Aufgaben kann Folgendes gehören:

a) Einleitung von strafrechtlichen Ermittlungsmaßnahmen sowie Vorschläge zur Einleitung von strafrechtlichen Verfolgungsmaßnahmen, die von den zuständigen nationalen Behörden durchgeführt werden, insbesondere bei Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union;

b) Koordinierung der unter Buchstabe a genannten Ermittlungs- und Verfolgungsmaßnahmen;

c) Verstärkung der justiziellen Zusammenarbeit, unter anderem auch durch die Beilegung von Kompetenzkonflikten und eine enge Zusammenarbeit mit dem Europäischen Justiziellen Netz. Durch Europäisches Gesetz werden ferner die Einzelheiten für die Beteiligung des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente an der Bewertung der Tätigkeit von Eurojust festgelegt.

(2) Im Rahmen der Strafverfolgungsmaßnahmen nach Absatz 1 werden die förmlichen Prozesshandlungen unbeschadet des Artikels III-274 durch die zuständigen einzelstaatlichen Bediensteten vorgenommen.

 

Artikel III-274

 

(1) Zur Bekämpfung von Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union kann durch Europäisches Gesetz des Rates ausgehend von Eurojust eine Europäische Staatsanwaltschaft eingesetzt werden. Der Rat beschließt einstimmig nach Zustimmung des Europäischen Parlaments.

(2) Die Europäische Staatsanwaltschaft ist, gegebenenfalls in Verbindung mit Europol, zuständig für strafrechtliche Untersuchung und Verfolgung sowie Anklageerhebung in Bezug auf Personen, die als Täter oder Teilnehmer Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union begangen haben, die in dem Europäischen Gesetz nach Absatz 1 festgelegt sind. Die Europäische Staatsanwaltschaft

nimmt bei diesen Straftaten vor den zuständigen Gerichten der Mitgliedstaaten die Aufgaben der Staatsanwaltschaft wahr.

(3) Das in Absatz 1 genannte Europäische Gesetz legt die Satzung der Europäischen Staatsanwaltschaft, die Einzelheiten für die Erfüllung ihrer Aufgaben, die für ihre Tätigkeit geltenden Verfahrensvorschriften sowie die Regeln für die Zulässigkeit von Beweismitteln und für die

gerichtliche Kontrolle der von der Europäischen Staatsanwaltschaft bei der Erfüllung ihrer Aufgaben vorgenommenen Prozesshandlungen fest.

(4) Der Europäische Rat kann gleichzeitig mit der Annahme des Europäischen Gesetzes oder im Anschluss daran einen Europäischen Beschluss zur Änderung des Absatzes 1 mit dem Ziel einer Ausdehnung der Befugnisse der Europäischen Staatsanwaltschaft auf die Bekämpfung von schwerer Kriminalität mit grenzüberschreitender Dimension und zur entsprechenden Änderung des Absatzes 2

hinsichtlich Personen, die als Täter oder Teilnehmer schwere, mehr als einen Mitgliedstaat betreffende Straftaten begangen haben, erlassen. Der Europäische Rat beschließt einstimmig nach Zustimmung des Europäischen Parlaments und nach Anhörung der Kommission.

 

ABSCHNITT 5

 

POLIZEILICHE ZUSAMMENARBEIT

 

Artikel III-275

 

(1) Die Union entwickelt eine polizeiliche Zusammenarbeit zwischen allen zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, einschließlich der Polizei, des Zolls und anderer auf die Verhütung oder die Aufdeckung von Straftaten sowie entsprechende Ermittlungen spezialisierter Strafverfolgungsbehörden.

(2) Für die Zwecke des Absatzes 1 können durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz Maßnahmen festgelegt werden, die Folgendes betreffen:

a) Einholen, Speichern, Verarbeiten, Analysieren und Austauschen sachdienlicher Informationen;

b) Unterstützung der Aus- und Weiterbildung von Personal sowie Zusammenarbeit in Bezug auf den Austausch von Personal, die Ausrüstungsgegenstände und die kriminaltechnische Forschung;

c) gemeinsame Ermittlungstechniken zur Aufdeckung schwerwiegender Formen der organisierten Kriminalität.

(3) Durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz des Rates können Maßnahmen festgelegt werden, die die operative Zusammenarbeit zwischen den in diesem Artikel genannten Behörden betreffen. Der Rat beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments.

 

Artikel III-276

 

(1) Europol hat den Auftrag, die Tätigkeit der Polizeibehörden und der anderen Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten sowie deren gegenseitige Zusammenarbeit bei der Verhütung und Bekämpfung der zwei oder mehr Mitgliedstaaten betreffenden schweren Kriminalität, des Terrorismus und der Kriminalitätsformen, die ein gemeinsames Interesse verletzen, das Gegenstand einer Politik

der Union ist, zu unterstützen und zu verstärken.

(2) Der Aufbau, die Arbeitsweise, der Tätigkeitsbereich und die Aufgaben von Europol werden durch Europäisches Gesetz festgelegt. Zu diesen Aufgaben kann Folgendes gehören:

a) Einholen, Speichern, Verarbeiten, Analysieren und Austauschen von Informationen, die insbesondere von den Behörden der Mitgliedstaaten oder Drittländern beziehungsweise Stellen außerhalb der Union übermittelt werden;

b) Koordinierung, Organisation und Durchführung von Ermittlungen und von operativen Maßnahmen, die gemeinsam mit den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten oder im Rahmen gemeinsamer Ermittlungsgruppen durchgeführt werden, gegebenenfalls in Verbindung

mit Eurojust. Durch Europäisches Gesetz werden ferner die Einzelheiten für die Kontrolle der Tätigkeiten von Europol durch das Europäische Parlament festgelegt; an dieser Kontrolle werden die nationalen Parlamente beteiligt.

(3) Europol darf operative Maßnahmen nur in Verbindung und in Absprache mit den Behörden des Mitgliedstaats oder der Mitgliedstaaten ergreifen, deren Hoheitsgebiet betroffen ist. Die Anwendung von Zwangsmaßnahmen bleibt ausschließlich den zuständigen einzelstaatlichen Behörden vorbehalten.

 

Artikel III-277

 

Durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz des Rates wird festgelegt, unter welchen Bedingungen und innerhalb welcher Grenzen die in den Artikeln III-270 und III-275 genannten zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats in Verbindung und in Absprache mit dessen Behörden tätig werden dürfen. Der Rat beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments.

 

KAPITEL V

 

BEREICHE, IN DENEN DIE UNION BESCHLIESSEN KANN, EINE UNTERSTÜTZUNGS-, KOORDINIERUNGS-,

ODER ERGÄNZUNGSMASSNAHME DURCHZUFÜHREN

 

ABSCHNITT 1

 

ÖFFENTLICHE GESUNDHEIT

 

Artikel III-278

 

(1) Bei der Festlegung und Durchführung der Politik und Maßnahmen der Union in allen Bereichen wird ein hohes Gesundheitsschutzniveau sichergestellt. Die Tätigkeit der Union ergänzt die Politik der Mitgliedstaaten und ist auf die Verbesserung der Gesundheit der Bevölkerung, die Verhütung von Humankrankheiten und die Beseitigung von Ursachen für die Gefährdung der körperlichen und geistigen Gesundheit gerichtet. Sie umfasst

a) die Bekämpfung weit verbreiteter schwerer Krankheiten; dabei werden die Erforschung der Ursachen, der Übertragung und der Verhütung dieser Krankheiten sowie die Gesundheitsinformation und -erziehung gefördert;

b) die Beobachtung, frühzeitige Meldung und Bekämpfung schwerwiegender grenzüberschreitender Gesundheitsgefahren. Die Union ergänzt die Maßnahmen der Mitgliedstaaten zur Verringerung drogenkonsumbedingter  Gesundheitsschäden einschließlich der Informations- und Vorbeugungsmaßnahmen.

(2) Die Union fördert die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten in den in diesem Artikel genannten Bereichen und unterstützt erforderlichenfalls deren Tätigkeit. Sie fördert insbesondere die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, die darauf abzielt, die Komplementarität ihrer Gesundheitsdienste in den Grenzgebieten zu verbessern. Die Mitgliedstaaten koordinieren untereinander im Benehmen mit der Kommission ihre Politik und ihre Programme in den in Absatz 1 genannten Bereichen. Die Kommission kann in enger Verbindung mit den Mitgliedstaaten alle Initiativen ergreifen, die dieser Koordinierung förderlich sind, insbesondere Initiativen, die darauf abzielen, Leitlinien und Indikatoren festzulegen, den Austausch bewährter Verfahren durchzuführen und die erforderlichen Elemente für eine regelmäßige Überwachung und Bewertung auszuarbeiten. Das Europäische Parlament wird in vollem Umfang unterrichtet.

(3) Die Union und die Mitgliedstaaten fördern die Zusammenarbeit mit Drittländern und den für die öffentliche Gesundheit zuständigen internationalen Organisationen.

(4) Abweichend von Artikel I-12 Absatz 5 und Artikel I-17 Buchstabe a und nach Artikel I-14 Absatz 2 Buchstabe k wird durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz zur Verwirklichung der Ziele dieses Artikels beigetragen, indem folgende Maßnahmen festgelegt werden, um den

gemeinsamen Sicherheitsanliegen Rechnung zu tragen:

a) Maßnahmen zur Festlegung hoher Qualitäts- und Sicherheitsstandards für Organe und Substanzen menschlichen Ursprungs sowie für Blut und Blutderivate; diese Maßnahmen hindern die Mitgliedstaaten nicht, strengere Schutzmaßnahmen beizubehalten oder einzuführen;

b) Maßnahmen in den Bereichen Veterinärwesen und Pflanzenschutz, die unmittelbar den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung zum Ziel haben;

c) Maßnahmen zur Festlegung hoher Qualitäts- und Sicherheitsstandards für Arzneimittel und Medizinprodukte;

d) Maßnahmen zur Beobachtung, frühzeitigen Meldung und Bekämpfung schwerwiegender grenzüberschreitender Gesundheitsgefahren.

Das Europäische Gesetz oder Rahmengesetz wird nach Anhörung des Ausschusses der Regionen und des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.

(5) Durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz können unter Ausschluss jeglicher Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten auch Fördermaßnahmen, die den Schutz und die Verbesserung der menschlichen Gesundheit sowie insbesondere die Bekämpfung weit verbreiteter schwerer grenzüberschreitender Krankheiten zum Ziel haben, sowie Maßnahmen, die unmittelbar den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung vor Tabakkonsum und Alkoholmissbrauch zum Ziel haben, festgelegt werden. Es wird nach Anhörung des Ausschusses der Regionen und des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.

(6) Für die Zwecke dieses Artikels kann der Rat ferner auf Vorschlag der Kommission Empfehlungen abgeben.

(7) Bei der Tätigkeit der Union wird die Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Festlegung ihrer Gesundheitspolitik sowie die Organisation des Gesundheitswesens und die medizinische Versorgung gewahrt. Die Verantwortung der Mitgliedstaaten umfasst die Verwaltung des Gesundheitswesens und der medizinischen Versorgung sowie die Zuweisung der dafür bereitgestellten Mittel. Die Maßnahmen

nach Absatz 4 Buchstabe a lassen die einzelstaatlichen Regelungen über die Spende oder die medizinische Verwendung von Organen und Blut unberührt.

 

ABSCHNITT 2

 

INDUSTRIE

 

Artikel III-279

 

(1) Die Union und die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die notwendigen Voraussetzungen für die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie der Union gewährleistet sind. Zu diesem Zweck zielt ihre Tätigkeit entsprechend einem System offener und wettbewerbsorientierter

Märkte auf Folgendes ab:

a) Beschleunigung der Anpassung der Industrie an die strukturellen Veränderungen;

b) Förderung eines günstigen Umfelds für die Initiative und Weiterentwicklung der Unternehmen, insbesondere der kleinen und mittleren Unternehmen, in der gesamten Union;

c) Förderung eines günstigen Umfelds für die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen;

d) Förderung einer besseren Nutzung des industriellen Potenzials der Politik in den Bereichen Innovation, Forschung und technologische Entwicklung.

(2) Die Mitgliedstaaten konsultieren einander in Verbindung mit der Kommission und koordinieren, soweit erforderlich, ihre Maßnahmen. Die Kommission kann alle Initiativen ergreifen, die dieser Koordinierung förderlich sind, insbesondere Initiativen, die darauf abzielen, Leitlinien und

Indikatoren festzulegen, den Austausch bewährter Verfahren durchzuführen und die erforderlichen Elemente für eine regelmäßige Überwachung und Bewertung auszuarbeiten. Das Europäische Parlament wird in vollem Umfang unterrichtet.

(3) Die Union trägt durch die Politik und die Maßnahmen, die sie aufgrund anderer Bestimmungen der Verfassung durchführt, zur Erreichung der Ziele des Absatzes 1 bei. Spezifische Maßnahmen zur Unterstützung der in den Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Verwirklichung der Ziele des Absatzes 1 durchgeführten Maßnahmen können unter Ausschluss jeglicher Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz festgelegt werden. Es wird nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.

Dieser Abschnitt bietet keine Grundlage dafür, dass die Union irgendeine Maßnahme einführt, die zu Wettbewerbsverzerrungen führen könnte oder steuerliche Vorschriften oder Vorschriften enthält, die die Rechte und Interessen der Arbeitnehmer betreffen.

 

ABSCHNITT 3

 

KULTUR

 

Artikel III-280

 

(1) Die Union leistet einen Beitrag zur Entfaltung der Kulturen der Mitgliedstaaten unter Wahrung ihrer nationalen und regionalen Vielfalt sowie gleichzeitiger Hervorhebung des gemeinsamen kulturellen Erbes.

(2) Die Union fördert durch ihre Tätigkeit die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und unterstützt und ergänzt erforderlichenfalls deren Tätigkeit in folgenden Bereichen:

a) Verbesserung der Kenntnis und Verbreitung der Kultur und Geschichte der europäischen Völker,

b) Erhaltung und Schutz des kulturellen Erbes von europäischer Bedeutung,

c) nichtkommerzieller Kulturaustausch,

d) künstlerisches und literarisches Schaffen, einschließlich im audiovisuellen Bereich.

(3) Die Union und die Mitgliedstaaten fördern die Zusammenarbeit mit Drittländern und den für den Kulturbereich zuständigen internationalen Organisationen, insbesondere mit dem Europarat.

(4) Die Union trägt bei ihrer Tätigkeit aufgrund anderer Bestimmungen der Verfassung den kulturellen Aspekten Rechnung, insbesondere zur Wahrung und Förderung der Vielfalt ihrer Kulturen.

(5) Als Beitrag zur Verwirklichung der Ziele dieses Artikels

a) werden durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz unter Ausschluss jeglicher Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten Fördermaßnahmen festgelegt. Es wird nach Anhörung des Ausschusses der Regionen erlassen;

b) gibt der Rat auf Vorschlag der Kommission Empfehlungen ab.

 

ABSCHNITT 4

 

TOURISMUS

 

Artikel III-281

 

(1) Die Union ergänzt die Maßnahmen der Mitgliedstaaten im Tourismussektor, insbesondere durch die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen der Union in diesem Sektor. Die Union verfolgt zu diesem Zweck mit ihrer Tätigkeit das Ziel,

a) die Schaffung eines günstigen Umfelds für die Entwicklung der Unternehmen in diesem Sektor anzuregen;

b) die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten insbesondere durch den Austausch bewährter Praktiken zu unterstützen.

(2) Durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz werden unter Ausschluss jeglicher Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten die spezifischen Maßnahmen zur Ergänzung der Maßnahmen festgelegt, die die Mitgliedstaaten zur Verwirklichung der in diesem Artikel genannten Ziele durchführen.

 

ABSCHNITT 5

 

ALLGEMEINE BILDUNG, JUGEND, SPORT UND BERUFLICHE BILDUNG

 

Artikel III-282

 

(1) Die Union trägt zur Entwicklung einer qualitativ hoch stehenden Bildung dadurch bei, dass sie die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten fördert und die Tätigkeit der Mitgliedstaaten erforderlichenfalls unterstützt und ergänzt. Sie achtet dabei strikt die Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Lehrinhalte und die Gestaltung des Bildungssystems sowie die Vielfalt ihrer Kulturen und Sprachen. Die Union trägt unter Berücksichtigung der besonderen Merkmale des Sports, seiner auf freiwilligem Engagement basierenden Strukturen und seiner sozialen und pädagogischen Funktion zur Förderung der europäischen Aspekte des Sports bei.

Die Tätigkeit der Union hat folgende Ziele:

a) Entwicklung der europäischen Dimension im Bildungswesen, insbesondere durch Erlernen und Verbreitung der Sprachen der Mitgliedstaaten;

b) Förderung der Mobilität von Lernenden und Lehrenden, auch durch die Förderung der akademischen Anerkennung der Diplome und Studienzeiten;

c) Förderung der Zusammenarbeit zwischen den Bildungseinrichtungen;

d) Ausbau des Informations- und Erfahrungsaustauschs über gemeinsame Probleme der Bildungssysteme der Mitgliedstaaten;

e) Förderung des Ausbaus des Jugendaustauschs und des Austauschs sozialpädagogischer Betreuer und verstärkte Beteiligung der Jugendlichen am demokratischen Leben in Europa;

f) Förderung der Entwicklung der Fernlehre;

g) Entwicklung der europäischen Dimension des Sports durch Förderung der Fairness und der Offenheit von Sportwettkämpfen und der Zusammenarbeit zwischen den für den Sport verantwortlichen Organisationen sowie durch den Schutz der körperlichen und seelischen

Unversehrtheit der Sportler, insbesondere junger Sportler.

(2) Die Union und die Mitgliedstaaten fördern die Zusammenarbeit mit Drittländern und den für den Bildungsbereich und den Sport zuständigen internationalen Organisationen, insbesondere dem Europarat.

(3) Als Beitrag zur Verwirklichung der Ziele dieses Artikels

a) werden durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz unter Ausschluss jeglicher Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten Fördermaßnahmen festgelegt. Es wird nach Anhörung des Ausschusses der Regionen und des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen;

b) gibt der Rat auf Vorschlag der Kommission Empfehlungen ab.

 

Artikel III-283

 

(1) Die Union verfolgt eine Politik der beruflichen Bildung, welche die Maßnahmen der  Mitgliedstaaten unter strikter Beachtung der Verantwortung der Mitgliedstaaten für Inhalt und Gestaltung der beruflichen Bildung unterstützt und ergänzt.

Die Tätigkeit der Union hat folgende Ziele:

a) Erleichterung der Anpassung an die industriellen Wandlungsprozesse, insbesondere durch berufliche Bildung und Umschulung;

b) Verbesserung der beruflichen Erstausbildung und Weiterbildung zur Erleichterung der beruflichen Eingliederung und Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt;

c) Erleichterung des Zugangs zur beruflichen Bildung sowie Förderung der Mobilität der Ausbilder und der in beruflicher Bildung befindlichen Personen, insbesondere der Jugendlichen;

d) Förderung der Zusammenarbeit in Fragen der beruflichen Bildung zwischen Unterrichtsanstalten und Unternehmen;

e) Ausbau des Informations- und Erfahrungsaustauschs über gemeinsame Probleme der Berufsbildungssysteme der Mitgliedstaaten.

(2) Die Union und die Mitgliedstaaten fördern die Zusammenarbeit mit Drittländern und den für die berufliche Bildung zuständigen internationalen Organisationen.

(3) Als Beitrag zur Verwirklichung der Ziele dieses Artikels

a) werden durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz unter Ausschluss jeglicher Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen festgelegt. Es wird nach Anhörung des Ausschusses der Regionen und des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen;

b) gibt der Rat auf Vorschlag der Kommission Empfehlungen ab.

 

ABSCHNITT 6

 

KATASTROPHENSCHUTZ

 

Artikel III-284

 

(1) Die Union fördert die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, um die Systeme zur Verhütung von Naturkatastrophen oder von vom Menschen verursachten Katastrophen und zum Schutz vor solchen Katastrophen wirksamer zu gestalten.

Die Tätigkeit der Union hat folgende Ziele:

a) Unterstützung und Ergänzung der Tätigkeit der Mitgliedstaaten auf nationaler, regionaler und kommunaler Ebene im Hinblick auf die Risikoprävention, auf die Ausbildung der in den Mitgliedstaaten am Katastrophenschutz Beteiligten und auf Einsätze im Falle von

Naturkatastrophen oder von vom Menschen verursachten Katastrophen in der Union;

b) Förderung einer schnellen und effizienten Zusammenarbeit in der Union zwischen den einzelstaatlichen Katastrophenschutzstellen;

c) Verbesserung der Kohärenz der Katastrophenschutzmaßnahmen auf internationaler Ebene.

(2) Durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz werden die Maßnahmen, die für die Erreichung der in Absatz 1 genannten Ziele erforderlich sind, unter Ausschluss jeglicher Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten festgelegt.

 

ABSCHNITT 7

 

VERWALTUNGSZUSAMMENARBEIT

 

Artikel III-285

 

(1) Die für das ordnungsgemäße Funktionieren der Union entscheidende effektive Durchführung des Unionsrechts durch die Mitgliedstaaten ist als Frage von gemeinsamem Interesse anzusehen.

(2) Die Union kann die Mitgliedstaaten in ihren Bemühungen um eine Verbesserung der Fähigkeit ihrer Verwaltung zur Durchführung des Unionsrechts unterstützen. Dies kann insbesondere die Erleichterung des Austauschs von Informationen und von Beamten sowie die Unterstützung von Aus- und Weiterbildungsprogrammen beinhalten. Die Mitgliedstaaten müssen diese Unterstützung nicht in Anspruch nehmen. Durch Europäisches Gesetz werden die erforderlichen Maßnahmen unter  Ausschluss jeglicher Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten festgelegt.

(3) Dieser Artikel berührt weder die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, das Unionsrecht durchzuführen, noch die Befugnisse und Pflichten der Kommission. Er berührt auch nicht die übrigen Bestimmungen der Verfassung, in denen eine Verwaltungszusammenarbeit unter den

Mitgliedstaaten sowie zwischen diesen und der Union vorgesehen ist.

 

TITEL IV

 

DIE ASSOZIIERUNG DER ÜBERSEEISCHEN LÄNDER UND HOHEITSGEBIETE

 

Artikel III-286

 

(1) Die außereuropäischen Länder und Hoheitsgebiete, die mit Dänemark, Frankreich, den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich besondere Beziehungen unterhalten, sind mit der Union assoziiert. Diese Länder und Hoheitsgebiete, im Folgenden als „Länder und Hoheitsgebiete“ bezeichnet, sind in Anhang II aufgeführt. Vorbehaltlich der besonderen Bestimmungen des Protokolls über die Sonderregelung für Grönland ist dieser Titel auf Grönland anwendbar.

(2) Ziel der Assoziierung ist die Förderung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung der Länder und Hoheitsgebiete und die Herstellung enger Wirtschaftsbeziehungen zwischen ihnen und der Union. Die Assoziierung soll in erster Linie den Interessen der Einwohner dieser Länder und Hoheitsgebiete dienen und ihren Wohlstand fördern, um sie der von ihnen erstrebten wirtschaftlichen, sozialen und

kulturellen Entwicklung entgegenzuführen.

 

Artikel III-287

 

Mit der Assoziierung werden folgende Zwecke verfolgt:

a) Die Mitgliedstaaten wenden auf ihren Handelsverkehr mit den Ländern und Hoheitsgebieten das System an, das sie aufgrund der Verfassung untereinander anwenden.

b) Jedes Land oder Hoheitsgebiet wendet auf seinen Handelsverkehr mit den Mitgliedstaaten und den anderen Ländern und Hoheitsgebieten das System an, das es auf den europäischen Staat anwendet, mit dem es besondere Beziehungen unterhält.

c) Die Mitgliedstaaten beteiligen sich an den Investitionen, welche die fortschreitende Entwicklung dieser Länder und Hoheitsgebiete erfordert.

d) Bei Ausschreibungen und Lieferungen für Investitionen, die von der Union finanziert werden, steht die Beteiligung zu gleichen Bedingungen allen natürlichen und juristischen Personen offen, welche die Staatsangehörigkeit der Mitgliedstaaten oder der Länder oder Hoheitsgebiete besitzen.

e) Soweit aufgrund des Artikels III-291 keine Rechtsakte erlassen werden, gelten zwischen den Mitgliedstaaten und den Ländern und Hoheitsgebieten für das Niederlassungsrecht ihrer Staatsangehörigen und Gesellschaften die Bestimmungen des Titels III Kapitel I Abschnitt 2

Unterabschnitt 2 über die Niederlassungsfreiheit und die Verfahrensregeln jenes Unterabschnitts, und zwar unter Ausschluss jeder Diskriminierung.

 

Artikel III-288

 

(1) Für Einfuhren von Waren aus den Ländern und Hoheitsgebieten in die Mitgliedstaaten gilt das in der Verfassung vorgesehene Verbot von Zöllen zwischen den Mitgliedstaaten.

(2) In jedem Land und Hoheitsgebiet sind Zölle bei der Einfuhr von Waren aus den Mitgliedstaaten und den anderen Ländern und Hoheitsgebieten nach Artikel III-151 Absatz 4 verboten.

(3) Die Länder und Hoheitsgebiete können jedoch Zölle erheben, die den Erfordernissen ihrer Entwicklung und Industrialisierung entsprechen oder als Finanzzölle der Finanzierung ihres Haushalts dienen. Die in Unterabsatz 1 genannten Zölle dürfen nicht höher sein als diejenigen, die für die Einfuhr von Waren aus dem Mitgliedstaat gelten, mit dem das entsprechende Land oder Hoheitsgebiet besondere Beziehungen unterhält.

(4) Absatz 2 gilt nicht für die Länder und Hoheitsgebiete, die aufgrund besonderer internationaler Verpflichtungen bereits einen nichtdiskriminierenden Zolltarif anwenden.

(5) Die Festlegung oder Änderung der Zollsätze für Waren, die in die Länder und Hoheitsgebiete eingeführt werden, darf weder rechtlich noch tatsächlich zu einer mittelbaren oder unmittelbaren Diskriminierung zwischen den Einfuhren aus den einzelnen Mitgliedstaaten führen.

 

Artikel III-289

 

Ist die Höhe der Zollsätze, die bei der Einfuhr in ein Land oder Hoheitsgebiet für Waren aus einem Drittland gelten, bei Anwendung des Artikels III-288 Absatz 1 geeignet, Verkehrsverlagerungen zum Nachteil eines Mitgliedstaats hervorzurufen, so kann dieser die Kommission ersuchen, den anderen Mitgliedstaaten vorzuschlagen, dass die erforderlichen Abhilfemaßnahmen getroffen werden.

 

Artikel III-290

 

Vorbehaltlich der Bestimmungen über die öffentliche Gesundheit und die öffentliche Sicherheit und Ordnung gelten für die Freizügigkeit der Arbeitnehmer aus den Ländern und Hoheitsgebieten in den Mitgliedstaaten und der Arbeitnehmer aus den Mitgliedstaaten in den Ländern und Hoheitsgebieten die nach Artikel III-291 erlassenen Rechtsakte.

 

Artikel III-291

 

Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission einstimmig aufgrund der im Rahmen der Assoziierung der Länder und Hoheitsgebiete mit der Union erzielten Ergebnisse die Europäischen Gesetze, Rahmengesetze, Verordnungen und Beschlüsse über die Einzelheiten und das Verfahren für die Assoziierung der Länder und Hoheitsgebiete mit der Union. Diese Gesetze und Rahmengesetze

werden nach Anhörung des Europäischen Parlaments erlassen.

 

TITEL V

 

AUSWÄRTIGES HANDELN DER UNION

 

KAPITEL I

 

ALLGEMEIN ANWENDBARE BESTIMMUNGEN

 

Artikel III-292

 

(1) Die Union lässt sich bei ihrem Handeln auf internationaler Ebene von den Grundsätzen leiten, welche für ihre eigene Entstehung, Entwicklung und Erweiterung maßgebend waren und denen sie auch weltweit zu stärkerer Geltung verhelfen will: Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, die universelle Gültigkeit und Unteilbarkeit der Menschenrechte und Grundfreiheiten, die Achtung der Menschenwürde,

der Grundsatz der Gleichheit und der Grundsatz der Solidarität sowie die Achtung der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen und des Völkerrechts. Die Union strebt an, die Beziehungen zu Drittländern und zu regionalen oder weltweiten internationalen Organisationen, die die in Unterabsatz 1 aufgeführten Grundsätze teilen, auszubauen und Partnerschaften mit ihnen aufzubauen. Sie setzt sich insbesondere im Rahmen der Vereinten Nationen für multilaterale Lösungen bei gemeinsamen Problemen ein.

(2) Die Union legt die gemeinsame Politik sowie Maßnahmen fest, führt diese durch und setzt sich für ein hohes Maß an Zusammenarbeit auf allen Gebieten der internationalen Beziehungen ein, um

a) ihre Werte, ihre grundlegenden Interessen, ihre Sicherheit, ihre Unabhängigkeit und ihre Unversehrtheit zu wahren;

b) Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, die Menschenrechte und die Grundsätze des Völkerrechts zu festigen und zu fördern;

c) nach Maßgabe der Ziele und Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen sowie der Prinzipien der Schlussakte von Helsinki und der Ziele der Charta von Paris, einschließlich derjenigen, die die Außengrenzen betreffen, den Frieden zu erhalten, Konflikte zu verhüten und die internationale Sicherheit zu stärken;

d) die nachhaltige Entwicklung in Bezug auf Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt in den Entwicklungsländern zu fördern mit dem vorrangigen Ziel, die Armut zu beseitigen;

e) die Integration aller Länder in die Weltwirtschaft zu fördern, unter anderem auch durch den schrittweisen Abbau internationaler Handelshemmnisse;

f) zur Entwicklung von internationalen Maßnahmen zur Erhaltung und Verbesserung der Qualität der Umwelt und der nachhaltigen Bewirtschaftung der weltweiten natürlichen Ressourcen beizutragen, um eine nachhaltige Entwicklung sicherzustellen;

g) den Völkern, Ländern und Regionen, die von Naturkatastrophen oder von vom Menschen verursachten Katastrophen betroffen sind, zu helfen; und

h) eine Weltordnung zu fördern, die auf einer verstärkten multilateralen Zusammenarbeit und einer verantwortungsvollen Weltordnungspolitik beruht.

(3) Die Union wahrt bei der Ausarbeitung und Umsetzung ihres auswärtigen Handelns in den verschiedenen unter diesen Titel fallenden Bereichen sowie der externen Aspekte der übrigen Politikbereiche die in den Absätzen 1 und 2 genannten Grundsätze und Ziele. Die Union achtet auf die Kohärenz zwischen den einzelnen Bereichen ihres auswärtigen Handelns sowie zwischen diesen und ihren übrigen Politikbereichen. Der Rat und die Kommission, die vom Außenminister der Union unterstützt werden, stellen diese Kohärenz sicher und arbeiten zu diesem Zweck zusammen.

 

Artikel III-293

 

(1) Auf der Grundlage der in Artikel III-292 aufgeführten Grundsätze und Ziele legt der Europäische Rat die strategischen Interessen und Ziele der Union fest. Die Europäischen Beschlüsse des Europäischen Rates über die strategischen Interessen und Ziele der Union erstrecken sich auf die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik sowie auf andere Bereiche des auswärtigen Handelns der Union. Sie können die Beziehungen der Union zu einem Land oder einer Region betreffen oder aber ein bestimmtes Thema zum Gegenstand haben. Sie enthalten

Bestimmungen zu ihrer Geltungsdauer und zu den von der Union und den Mitgliedstaaten bereitzustellenden Mittel. Der Europäische Rat beschließt einstimmig auf Empfehlung des Rates, die dieser nach den für den jeweiligen Bereich vorgesehenen Regelungen abgibt. Die Europäischen Beschlüsse des Europäischen Rates werden nach Maßgabe der in der Verfassung vorgesehenen Verfahren durchgeführt.

(2) Der Außenminister der Union und die Kommission können dem Rat gemeinsame Vorschläge vorlegen, wobei der Außenminister für den Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und die Kommission für die anderen Bereiche des auswärtigen Handelns zuständig ist.

 

KAPITEL II

 

GEMEINSAME AUSSEN- UND SICHERHEITSPOLITIK

 

ABSCHNITT 1

 

GEMEINSAME BESTIMMUNGEN

 

Artikel III-294

 

(1) Die Union bestimmt und verwirklicht im Rahmen der Grundsätze und Ziele ihres auswärtigen Handelns eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, die sich auf alle Bereiche der Außen- und Sicherheitspolitik erstreckt.

(2) Die Mitgliedstaaten unterstützen die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik aktiv und vorbehaltlos im Geiste der Loyalität und der gegenseitigen Solidarität. Die Mitgliedstaaten arbeiten zusammen, um ihre gegenseitige politische Solidarität zu stärken und

weiterzuentwickeln. Sie enthalten sich jeder Handlung, die den Interessen der Union zuwiderläuft oder ihrer Wirksamkeit als kohärente Kraft in den internationalen Beziehungen schaden könnte. Der Rat und der Außenminister der Union tragen für die Einhaltung dieser Grundsätze Sorge.

(3) Die Union verfolgt ihre Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, indem sie

a) die allgemeinen Leitlinien bestimmt,

b) Europäische Beschlüsse erlässt zur Festlegung

i) der von der Union durchzuführenden Aktionen,

ii) der von der Union einzunehmenden Standpunkte,

III) der Einzelheiten der Durchführung der unter den Ziffern i und ii genannten Europäischen Beschlüsse,

c) und die systematische Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten bei der Führung ihrer Politik ausbaut.

 

Artikel III-295

 

(1) Der Europäische Rat bestimmt die allgemeinen Leitlinien der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, und zwar auch bei Fragen mit verteidigungspolitischen Bezügen. Wenn eine internationale Entwicklung es erfordert, beruft der Präsident des Europäischen Rates eine

außerordentliche Tagung des Europäischen Rates ein, um die strategischen Vorgaben für die Politik der Union angesichts dieser Entwicklung festzulegen.

(2) Der Rat erlässt die für die Festlegung und Durchführung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik erforderlichen Europäischen Beschlüsse auf der Grundlage der vom Europäischen Rat festgelegten allgemeinen Leitlinien und strategischen Vorgaben.

 

Artikel III-296

 

(1) Der Außenminister der Union, der im Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ den Vorsitz führt, trägt durch seine Vorschläge zur Festlegung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik bei und stellt sicher, dass die vom Europäischen Rat und vom Rat erlassenen Europäischen Beschlüsse durchgeführt werden.

(2) Der Außenminister vertritt die Union in den Bereichen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. Er führt im Namen der Union den politischen Dialog mit Dritten und vertritt den Standpunkt der Union in internationalen Organisationen und auf internationalen Konferenzen.

(3) Bei der Erfüllung seines Auftrags stützt sich der Außenminister der Union auf einen Europäischen Auswärtigen Dienst. Dieser Dienst arbeitet mit den diplomatischen Diensten der Mitgliedstaaten zusammen und umfasst Beamte aus den einschlägigen Abteilungen des Generalsekretariats des Rates und der Kommission sowie abgeordnetes Personal der nationalen diplomatischen Dienste. Die Organisation und die Arbeitsweise des Europäischen Auswärtigen Dienstes werden durch einen Europäischen Beschluss des Rates festgelegt. Der Rat beschließt auf Vorschlag des Außenministers der Union nach Anhörung des Europäischen Parlaments und nach Zustimmung der

Kommission.

 

Artikel III-297

 

(1) Verlangt eine internationale Situation ein operatives Vorgehen der Union, so erlässt der Rat die erforderlichen Europäischen Beschlüsse. In diesen Beschlüssen werden die Ziele, der Umfang, die der Union zur Verfügung zu stellenden Mittel sowie die Durchführungsbedingungen und erforderlichenfalls die Dauer der Aktion festgelegt. Tritt eine Änderung der Umstände mit erheblichen Auswirkungen auf eine Frage ein, die Gegenstand eines solchen Europäischen Beschlusses ist, so überprüft der Rat die Grundsätze und Ziele dieses Beschlusses und erlässt die erforderlichen Europäischen Beschlüsse.

(2) Die Europäischen Beschlüsse nach Absatz 1 sind für die Mitgliedstaaten bei ihren Stellungnahmen und ihrem Vorgehen bindend.

(3) Jede einzelstaatliche Stellungnahme oder Maßnahme, die im Rahmen eines Europäischen Beschlusses nach Absatz 1 geplant ist, wird von dem betreffenden Mitgliedstaat so rechtzeitig mitgeteilt, dass erforderlichenfalls eine vorherige Abstimmung im Rat stattfinden kann. Die Pflicht

zur vorherigen Unterrichtung gilt nicht für Maßnahmen, die eine bloße Umsetzung dieses Beschlusses auf einzelstaatlicher Ebene darstellen.

(4) Bei zwingender Notwendigkeit aufgrund der Entwicklung der Lage, und falls die in Absatz 1 vorgesehene Überprüfung des Europäischen Beschlusses nicht stattfindet, können die Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung der allgemeinen Ziele dieses Beschlusses sofort die erforderlichen Maßnahmen ergreifen. Der Mitgliedstaat, der solche Maßnahmen ergreift, unterrichtet den Rat unverzüglich davon.

(5) Ergeben sich bei der Durchführung eines Europäischen Beschlusses im Sinne dieses Artikels größere Schwierigkeiten, so befasst ein Mitgliedstaat den Rat, der darüber berät und nach angemessenen Lösungen sucht. Diese dürfen nicht im Widerspruch zu den Zielen der Aktion stehen oder ihrer Wirksamkeit schaden.

 

Artikel III-298

 

Der Rat erlässt Europäische Beschlüsse, in denen der Standpunkt der Union zu einer bestimmten Frage geografischer oder thematischer Art bestimmt wird. Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass ihre einzelstaatliche Politik mit den Standpunkten der Union in Einklang steht.

 

Artikel III-299

 

(1) Jeder Mitgliedstaat, der Außenminister der Union oder der Außenminister mit Unterstützung der Kommission kann den Rat mit einer Frage der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik befassen und ihm Initiativen beziehungsweise Vorschläge unterbreiten.

(2) In den Fällen, in denen eine rasche Entscheidung notwendig ist, beruft der Außenminister der Union von sich aus oder auf Antrag eines Mitgliedstaats innerhalb von 48 Stunden, bei absoluter Notwendigkeit in kürzerer Zeit, eine außerordentliche Tagung des Rates ein.

 

Artikel III-300

 

(1) Europäische Beschlüsse nach diesem Kapitel werden vom Rat einstimmig erlassen. Jedes Mitglied des Rates, das sich bei einer Abstimmung seiner Stimme enthält, kann hierzu eine förmliche Erklärung abgeben. In diesem Fall ist es nicht verpflichtet, den Europäischen Beschluss durchzuführen, akzeptiert jedoch, dass dieser für die Union bindend ist. Im Geiste gegenseitiger Solidarität unterlässt der betreffende Mitgliedstaat alles, was dem auf diesem Beschluss beruhenden Vorgehen der Union zuwiderlaufen oder es behindern könnte, und die anderen Mitgliedstaaten respektieren seinen Standpunkt. Vertreten die Mitglieder des Rates, die bei ihrer Stimmenthaltung eine solche Erklärung abgeben, mindestens ein Drittel der Mitgliedstaaten, die mindestens ein Drittel der Unionsbevölkerung ausmachen, so wird der Beschluss nicht erlassen.

(2) Abweichend von Absatz 1 beschließt der Rat mit qualifizierter Mehrheit, wenn er

a) auf der Grundlage eines Europäischen Beschlusses des Europäischen Rates über die strategischen Interessen und Ziele der Union nach Artikel III-293 Absatz 1 einen Europäischen Beschluss erlässt, mit dem eine Aktion oder ein Standpunkt der Union festgelegt wird;

b) auf einen Vorschlag hin, den ihm der Außenminister der Union auf spezielles Ersuchen des Europäischen Rates unterbreitet hat, das auf dessen eigene Initiative oder auf eine Initiative des Außenministers zurückgeht, einen Europäischen Beschluss erlässt, mit dem eine Aktion oder ein Standpunkt der Union festgelegt wird;

c) einen Europäischen Beschluss zur Durchführung eines Europäischen Beschlusses erlässt, mit dem

eine Aktion oder ein Standpunkt der Union festgelegt wird;

d) nach Artikel III-302 einen Europäischen Beschluss zur Ernennung eines Sonderbeauftragten erlässt. Erklärt ein Mitglied des Rates, dass es aus wesentlichen, von ihm darzulegenden Gründen der nationalen Politik die Absicht hat, eine Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit über einen Europäischen Beschluss abzulehnen, so erfolgt keine Abstimmung. Der Außenminister der Union bemüht sich in engem Benehmen mit dem betroffenen Mitgliedstaat um eine für diesen Mitgliedstaat annehmbare Lösung. Gelingt dies nicht, so kann der Rat mit qualifizierter Mehrheit veranlassen, dass die Frage im Hinblick auf einen einstimmigen Europäischen Beschluss an den Europäischen Rat verwiesen wird.

(3) Nach Artikel I-40 Absatz 7 kann der Europäische Rat einstimmig einen Europäischen Beschluss erlassen, in dem vorgesehen ist, dass der Rat in anderen als den in Absatz 2 genannten Fällen mit qualifizierter Mehrheit beschließt.

(4) Die Absätze 2 und 3 gelten nicht für Beschlüsse mit militärischen oder verteidigungspolitischen Bezügen.

 

Artikel III-301

 

(1) Hat der Europäische Rat oder der Rat ein gemeinsames Vorgehen der Union im Sinne des Artikels I-40 Absatz 5 festgelegt, so koordinieren der Außenminister der Union und die Minister für auswärtige Angelegenheiten der Mitgliedstaaten ihre Tätigkeiten im Rat.

(2) Die diplomatischen Vertretungen der Mitgliedstaaten und die Delegationen der Union in Drittländern und bei internationalen Organisationen arbeiten zusammen und tragen zur Festlegung und Durchführung des in Absatz 1 genannten gemeinsamen Vorgehens bei.

 

Artikel III-302

 

Der Rat kann auf Vorschlag des Außenministers der Union einen Sonderbeauftragten für besondere politische Fragen ernennen. Der Sonderbeauftragte übt sein Mandat unter der Verantwortung des Ministers aus.

 

Artikel III-303

 

Die Union kann in den unter dieses Kapitel fallenden Bereichen Übereinkünfte mit einem oder mehreren Staaten oder internationalen Organisationen schließen.

 

Artikel III-304

 

(1) Der Außenminister der Union hört und unterrichtet das Europäische Parlament nach Artikel I-40 Absatz 8 und Artikel I-41 Absatz 8. Er achtet darauf, dass die Auffassungen des Europäischen Parlaments gebührend berücksichtigt werden. Die Sonderbeauftragten können zur

Unterrichtung des Europäischen Parlaments mit herangezogen werden.

(2) Das Europäische Parlament kann Anfragen oder Empfehlungen an den Rat und den Außenminister der Union richten. Zweimal jährlich führt es eine Aussprache über die Fortschritte bei der Durchführung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, einschließlich der

Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik.

 

Artikel III-305

 

(1) Die Mitgliedstaaten koordinieren ihr Handeln in internationalen Organisationen und auf internationalen Konferenzen. Sie treten dort für die Standpunkte der Union ein. Der Außenminister der Union trägt für die Organisation dieser Koordinierung Sorge. In den internationalen Organisationen und auf internationalen Konferenzen, bei denen nicht alle Mitgliedstaaten vertreten sind, setzen sich die dort vertretenen Mitgliedstaaten für die Standpunkte der Union ein.

(2) Nach Artikel I-16 Absatz 2 halten die Mitgliedstaaten, die in internationalen Organisationen oder auf internationalen Konferenzen vertreten sind, die dort nicht vertretenen Mitgliedstaaten und den Außenminister der Union über alle Fragen von gemeinsamem Interesse auf dem Laufenden. Die Mitgliedstaaten, die auch Mitglieder des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen sind, stimmen sich ab und halten die übrigen Mitgliedstaaten sowie den Außenminister der Union in vollem Umfang auf dem Laufenden. Die Mitgliedstaaten, die Mitglieder des Sicherheitsrats sind, setzen sich bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben unbeschadet ihrer Verantwortung aufgrund der Charta der Vereinten

Nationen für die Standpunkte und Interessen der Union ein. Wenn die Union einen Standpunkt zu einem Thema festgelegt hat, das auf der Tagesordnung des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen steht, beantragen die dort vertretenen Mitgliedstaaten, dass der Außenminister der Union gebeten wird, den Standpunkt der Union vorzutragen.

 

Artikel III-306

 

Die diplomatischen und konsularischen Vertretungen der Mitgliedstaaten und die Delegationen der Union in Drittländern und auf internationalen Konferenzen sowie ihre Vertretungen bei internationalen Organisationen arbeiten zusammen, um die Einhaltung und Durchführung der nach diesem Kapitel erlassenen Europäischen Beschlüsse, mit denen Standpunkte und Aktionen der Union festgelegt werden, zu gewährleisten. Sie intensivieren ihre Zusammenarbeit durch Informationsaustausch und gemeinsame Bewertungen. Sie tragen zur Verwirklichung des in

Artikel I-10 Absatz 2 Buchstabe c genannten Rechts der europäischen Bürgerinnen und Bürger auf Schutz im Hoheitsgebiet von Drittländern und zur Durchführung der nach Artikel III-127 erlassenen Maßnahmen bei.

 

Artikel III-307

 

(1) Unbeschadet des Artikels III-344 verfolgt ein Politisches und Sicherheitspolitisches Komitee die internationale Lage in den Bereichen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und trägt auf Ersuchen des Rates, des Außenministers der Union oder von sich aus durch an den Rat gerichtete Stellungnahmen zur Festlegung der Politik bei. Ferner überwacht es die Durchführung der vereinbarten Politik; dies gilt unbeschadet der Zuständigkeiten des Außenministers der Union.

(2) Im Rahmen dieses Kapitels nimmt das Politische und Sicherheitspolitische Komitee unter der Verantwortung des Rates und des Außenministers der Union die politische Kontrolle und strategische Leitung von Krisenbewältigungsoperationen im Sinne des Artikels III-309 wahr. Der Rat kann das Komitee für den Zweck und die Dauer einer Krisenbewältigungsoperation, die vom Rat festgelegt werden, ermächtigen, geeignete Maßnahmen hinsichtlich der politischen Kontrolle und strategischen Leitung der Operation zu erlassen.

 

Artikel III-308

 

Die Durchführung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik lässt die Anwendung der Verfahren und den jeweiligen Umfang der Befugnisse der Organe, die in der Verfassung für die Ausübung der in den Artikeln I-13 bis I-15 und Artikel I-17 aufgeführten Zuständigkeiten der Union vorgesehen sind, unberührt. Ebenso lässt die Durchführung der Politik nach den genannten Artikeln die Anwendung der Verfahren und den jeweiligen Umfang der Befugnisse der Organe, die in der Verfassung für die Ausübung der Zuständigkeiten der Union nach diesem Kapitel vorgesehen sind, unberührt.

 

ABSCHNITT 2

 

GEMEINSAME SICHERHEITS- UND VERTEIDIGUNGSPOLITIK

 

Artikel III-309

 

(1) Die in Artikel I-41 Absatz 1 vorgesehenen Missionen, bei deren Durchführung die Union auf zivile und militärische Mittel zurückgreifen kann, umfassen gemeinsame Abrüstungsmaßnahmen, humanitäre Aufgaben und Rettungseinsätze, Aufgaben der militärischen Beratung und Unterstützung, Aufgaben der Konfliktverhütung und der Erhaltung des Friedens sowie Kampfeinsätze im Rahmen der Krisenbewältigung einschließlich Frieden schaffender Maßnahmen und Operationen zur Stabilisierung der Lage nach Konflikten. Mit allen diesen Missionen kann zur Bekämpfung des Terrorismus beigetragen werden, unter anderem auch durch die Unterstützung für Drittländer bei der Bekämpfung des Terrorismus in ihrem Hoheitsgebiet.

(2) Der Rat erlässt die Europäischen Beschlüsse über Missionen nach Absatz 1; in den Beschlüssen sind Ziel und Umfang der Missionen sowie die für sie geltenden allgemeinen Durchführungsbestimmungen festgelegt. Der Außenminister der Union sorgt unter Aufsicht des Rates und in engem und ständigem Benehmen mit dem Politischen und Sicherheitspolitischen Komitee für die Koordinierung der zivilen und militärischen Aspekte dieser Missionen.

 

Artikel III-310

 

(1) Im Rahmen der nach Artikel III-309 erlassenen Europäischen Beschlüsse kann der Rat die Durchführung einer Mission einer Gruppe von Mitgliedstaaten übertragen, die dies wünschen und über die für eine derartige Mission erforderlichen Fähigkeiten verfügen. Die betreffenden

Mitgliedstaaten vereinbaren in Absprache mit dem Außenminister der Union untereinander die Ausführung der Mission.

(2) Die an der Durchführung der Mission teilnehmenden Mitgliedstaaten unterrichten den Rat von sich aus oder auf Antrag eines anderen Mitgliedstaats regelmäßig über den Stand der Mission. Die teilnehmenden Mitgliedstaaten befassen den Rat sofort, wenn sich aus der Durchführung der Mission schwerwiegende Konsequenzen ergeben oder das Ziel der Mission, ihr Umfang oder die für sie geltenden Regelungen, wie sie in den in Absatz 1 genannten Europäischen Beschlüssen festgelegt sind, geändert werden müssen. Der Rat erlässt in diesen Fällen die erforderlichen Europäischen Beschlüsse.

 

Artikel III-311

 

(1) Aufgabe der nach Artikel I-41 Absatz 3 errichteten, dem Rat unterstellten Agentur für die Bereiche Entwicklung der Verteidigungsfähigkeiten, Forschung, Beschaffung und Rüstung (Europäische Verteidigungsagentur) ist es,

a) bei der Ermittlung der Ziele im Bereich der militärischen Fähigkeiten der Mitgliedstaaten und der Beurteilung, ob die von den Mitgliedstaaten in Bezug auf diese Fähigkeiten eingegangenen Verpflichtungen erfüllt wurden, mitzuwirken;

b) auf eine Harmonisierung des operativen Bedarfs sowie die Festlegung effizienter und kompatibler Beschaffungsverfahren hinzuwirken;

c) multilaterale Projekte zur Erfüllung der Ziele im Bereich der militärischen Fähigkeiten vorzuschlagen, und für die Koordinierung der von den Mitgliedstaaten durchgeführten Programme sowie die Verwaltung spezifischer Kooperationsprogramme zu sorgen;

d) die Forschung auf dem Gebiet der Verteidigungstechnologie zu unterstützen, gemeinsame Forschungsaktivitäten sowie Studien zu technischen Lösungen, die dem künftigen operativen Bedarf gerecht werden, zu koordinieren und zu planen;

e) dazu beizutragen, dass zweckdienliche Maßnahmen zur Stärkung der industriellen und technologischen Basis des Verteidigungssektors und für einen wirkungsvolleren Einsatz der Verteidigungsausgaben ermittelt werden, und diese Maßnahmen gegebenenfalls durchzuführen.

(2) Alle Mitgliedstaaten können auf Wunsch an der Arbeit der Europäischen Verteidigungsagentur teilnehmen. Der Rat erlässt mit qualifizierter Mehrheit einen Europäischen Beschluss, in dem die Rechtsstellung, der Sitz und die Funktionsweise der Agentur festgelegt werden. Dieser Beschluss trägt dem Umfang der effektiven Beteiligung an den Tätigkeiten der Agentur Rechnung. Innerhalb der Agentur werden spezielle Gruppen gebildet, in denen Mitgliedstaaten zusammenkommen, die gemeinsame Projekte durchführen. Die Agentur versieht ihre Aufgaben erforderlichenfalls in Verbindung mit der Kommission.

 

Artikel III-312

 

(1) Die Mitgliedstaaten, die sich an der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit im Sinne des Artikels I-41 Absatz 6 beteiligen möchten und hinsichtlich der militärischen Fähigkeiten die Kriterien erfüllen und die Verpflichtungen eingehen, die in dem Protokoll über die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit enthalten sind, teilen dem Rat und dem Außenminister der Union ihre Absicht mit.

(2) Der Rat erlässt binnen drei Monaten nach der in Absatz 1 genannten Mitteilung einen Europäischen Beschluss über die Begründung der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit und über die Liste der daran teilnehmenden Mitgliedstaaten. Der Rat beschließt nach Anhörung des

Außenministers der Union mit qualifizierter Mehrheit.

(3) Jeder Mitgliedstaat, der sich zu einem späteren Zeitpunkt an der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit zu beteiligen wünscht, teilt dem Rat und dem Außenminister der Union seine Absicht mit. Der Rat erlässt einen Europäischen Beschluss, in dem die Teilnahme des betreffenden Mitgliedstaats, der die Kriterien und Verpflichtungen nach den Artikeln 1 und 2 des Protokolls über die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit erfüllt beziehungsweise eingeht, bestätigt wird. Der Rat beschließt mit qualifizierter Mehrheit nach Anhörung des Außenministers der Union. Nur die Mitglieder des Rates, welche die teilnehmenden Mitgliedstaaten vertreten, beteiligen sich an der Abstimmung. Als qualifizierte Mehrheit gilt eine Mehrheit von mindestens 55 % derjenigen Mitglieder des Rates, die die beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, sofern die betreffenden Mitgliedstaaten zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten ausmachen. Für eine Sperrminorität ist mindestens die Mindestzahl der Mitglieder des Rates, die zusammen mehr als 35 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, zuzüglich eines Mitglieds, erforderlich; andernfalls gilt die qualifizierte Mehrheit als erreicht.

(4) Erfüllt ein teilnehmender Mitgliedstaat die Kriterien nach den Artikeln 1 und 2 des Protokolls über die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit nicht mehr oder kann er den darin genannten Verpflichtungen nicht mehr nachkommen, so kann der Rat einen Europäischen Beschluss erlassen, durch den die Teilnahme dieses Staates ausgesetzt wird. Der Rat beschließt mit qualifizierter Mehrheit. Nur die Mitglieder des Rates, welche die teilnehmenden Mitgliedstaaten mit Ausnahme des betroffenen Mitgliedstaats vertreten, beteiligen sich an der Abstimmung. Als qualifizierte Mehrheit gilt eine Mehrheit von mindestens 55 % derjenigen Mitglieder des Rates, die die beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, sofern die betreffenden Mitgliedstaaten zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten ausmachen. Für eine Sperrminorität ist mindestens die Mindestzahl der Mitglieder des Rates, die zusammen mehr als 35 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, zuzüglich eines Mitglieds, erforderlich; andernfalls gilt die qualifizierte Mehrheit als erreicht.

(5) Wünscht ein teilnehmender Mitgliedstaat, von der ständigen Strukturierten Zusammenarbeit Abstand zu nehmen, so teilt er seine Entscheidung dem Rat mit, der zur Kenntnis nimmt, dass die Teilnahme des betreffenden Mitgliedstaats beendet ist.

(6) Mit Ausnahme der Beschlüsse nach den Absätzen 2 bis 5 erlässt der Rat die Europäischen Beschlüsse und Empfehlungen im Rahmen der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit einstimmig. Für die Zwecke dieses Absatzes bezieht sich die Einstimmigkeit allein auf die Stimmen der Vertreter der an der Zusammenarbeit teilnehmenden Mitgliedstaaten.

 

ABSCHNITT 3

 

FINANZBESTIMMUNGEN

 

Artikel III-313

 

(1) Die Verwaltungsausgaben, die den Organen aus der Durchführung dieses Kapitels entstehen, gehen zulasten des Haushalts der Union.

(2) Die operativen Ausgaben im Zusammenhang mit der Durchführung dieses Kapitels gehen ebenfalls zulasten des Haushalts der Union, mit Ausnahme der Ausgaben aufgrund von Maßnahmen mit militärischen oder verteidigungspolitischen Bezügen und von Fällen, in denen der Rat etwas anderes beschließt. In Fällen, in denen die Ausgaben nicht zulasten des Haushalts der Union gehen, gehen sie nach dem

Bruttosozialprodukt-Schlüssel zulasten der Mitgliedstaaten, sofern der Rat nicht etwas anderes beschließt. Die Mitgliedstaaten, deren Vertreter im Rat eine förmliche Erklärung nach Artikel III-300 Absatz 1 Unterabsatz 2 abgegeben haben, sind nicht verpflichtet, zur Finanzierung von Ausgaben für Maßnahmen mit militärischen oder verteidigungspolitischen Bezügen beizutragen.

(3) Der Rat erlässt einen Europäischen Beschluss zur Festlegung besonderer Verfahren, um den schnellen Zugriff auf die Haushaltsmittel der Union zu gewährleisten, die für die Sofortfinanzierung von Initiativen im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, insbesondere von Tätigkeiten zur Vorbereitung einer Mission nach Artikel I-41 Absatz 1 und Artikel III-309 bestimmt sind. Er beschließt nach Anhörung des Europäischen Parlaments. Die Tätigkeiten zur Vorbereitung der in Artikel I-41 Absatz 1 und in Artikel III-309 genannten

Missionen, die nicht zulasten des Haushalts der Union gehen, werden aus einem aus Beiträgen der Mitgliedstaaten gebildeten Anschubfonds finanziert.

Der Rat erlässt mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag des Außenministers der Union die Europäischen Beschlüsse über

a) die Einzelheiten für die Bildung und die Finanzierung des Anschubfonds, insbesondere die Höhe

der Mittelzuweisungen für den Fonds;

b) die Einzelheiten für die Verwaltung des Anschubfonds;

c) die Einzelheiten für die Finanzkontrolle.

Kann die geplante Mission nach Artikel I-41 Absatz 1 und Artikel III-309 nicht aus dem Haushalt der Union finanziert werden, so ermächtigt der Rat den Außenminister der Union zur Inanspruchnahme dieses Fonds. Der Außenminister der Union erstattet dem Rat Bericht über die Erfüllung dieses Mandats.

 

KAPITEL III

 

GEMEINSAME HANDELSPOLITIK

 

Artikel III-314

 

Durch die Schaffung einer Zollunion nach Artikel III-151 trägt die Union im gemeinsamen Interesse zur harmonischen Entwicklung des Welthandels, zur schrittweisen Beseitigung der Beschränkungen im internationalen Handelsverkehr und bei den ausländischen Direktinvestitionen sowie zum Abbau der Zollschranken und anderer Schranken bei.

 

Artikel III-315

 

(1) Die gemeinsame Handelspolitik wird nach einheitlichen Grundsätzen gestaltet; dies gilt insbesondere für die Änderung von Zollsätzen für den Abschluss von Zoll- und Handelsabkommen, die den Handel mit Waren und Dienstleistungen betreffen, und für die Handelsaspekte des geistigen Eigentums, die ausländischen Direktinvestitionen, die Vereinheitlichung der Liberalisierungsmaßnahmen, die Ausfuhrpolitik sowie die handelspolitischen Schutzmaßnahmen, zum Beispiel im Fall von Dumping und Subventionen. Die gemeinsame Handelspolitik wird im Rahmen der Grundsätze und Ziele des auswärtigen Handelns der Union gestaltet.

(2) Durch Europäisches Gesetz werden die Maßnahmen festgelegt, mit denen der Rahmen für die Umsetzung der gemeinsamen Handelspolitik bestimmt wird.

(3) Sind mit einem oder mehreren Drittländern oder internationalen Organisationen Abkommen auszuhandeln oder zu schließen, so findet Artikel III-325 vorbehaltlich der besonderen Bestimmungen dieses Artikels Anwendung. Die Kommission legt dem Rat Empfehlungen vor; dieser ermächtigt die Kommission zur Aufnahme der erforderlichen Verhandlungen. Es ist Sache des Rates und der Kommission, dafür zu sorgen, dass die ausgehandelten Abkommen mit der internen Politik und den internen Vorschriften der Union vereinbar sind. Die Kommission führt diese Verhandlungen im Benehmen mit einem zu ihrer Unterstützung vom Rat bestellten Sonderausschuss nach Maßgabe der Richtlinien, die ihr der Rat erteilen kann. Die Kommission erstattet dem Sonderausschuss sowie dem Europäischen Parlament regelmäßig Bericht

über den Stand der Verhandlungen.

(4) Über die Aushandlung und den Abschluss der in Absatz 3 genannten Abkommen beschließt der Rat mit qualifizierter Mehrheit. Über die Aushandlung und den Abschluss eines Abkommens über den Dienstleistungsverkehr oder über Handelsaspekte des geistigen Eigentums und über ausländische Direktinvestitionen beschließt der Rat einstimmig, wenn das betreffende Abkommen Bestimmungen enthält, bei denen für die Annahme interner Vorschriften Einstimmigkeit erforderlich ist. Der Rat beschließt ebenfalls einstimmig über die Aushandlung und den Abschluss von Abkommen in den folgenden Bereichen:

a) Handel mit kulturellen und audiovisuellen Dienstleistungen, wenn diese Abkommen die kulturelle und sprachliche Vielfalt in der Union beeinträchtigen könnten;

b) Handel mit Dienstleistungen des sozialen, des Bildungs- und des Gesundheitssektors, wenn diese Abkommen die einzelstaatliche Organisation dieser Dienstleistungen ernsthaft stören und die Verantwortlichkeit der Mitgliedstaaten für ihre Erbringung beinträchtigen könnten.

(5) Für die Aushandlung und den Abschluss von internationalen Abkommen im Bereich des Verkehrs gelten Titel III Kapitel III Abschnitt 7 sowie Artikel III-325.

(6) Die Ausübung der durch diesen Artikel übertragenen Zuständigkeiten im Bereich der gemeinsamen Handelspolitik hat keine Auswirkungen auf die Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen der Union und den Mitgliedstaaten und führt nicht zu einer Harmonisierung der

Rechtvorschriften der Mitgliedstaaten, soweit eine solche Harmonisierung in der Verfassung ausgeschlossen wird.

 

KAPITEL IV

 

ZUSAMMENARBEIT MIT DRITTLÄNDERN UND HUMANITÄRE HILFE

 

ABSCHNITT 1

 

ENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEIT

 

Artikel III-316

 

(1) Den Rahmen für die Politik der Union auf dem Gebiet der Entwicklungszusammenarbeit bilden die Grundsätze und Ziele des auswärtigen Handelns der Union. Die Politik der Union und die Politik der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Entwicklungszusammenarbeit ergänzen und verstärken sich gegenseitig. Hauptziel der Unionspolitik in diesem Bereich ist die Bekämpfung und auf längere Sicht die Beseitigung de Armut. Bei der Durchführung politischer Maßnahmen, die sich auf die Entwicklungsländer auswirken können, trägt die Union den Zielen der Entwicklungszusammenarbeit Rechnung.

(2) Die Union und die Mitgliedstaaten kommen den im Rahmen der Vereinten Nationen und anderer zuständiger internationaler Organisationen gegebenen Zusagen nach und berücksichtigten die in diesem Rahmen gebilligten Zielsetzungen.

 

Artikel III-317

 

(1) Die zur Durchführung der Politik im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit erforderlichen Maßnahmen werden durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz festgelegt; diese Maßnahmen können Mehrjahresprogramme für die Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern oder thematische Programme betreffen.

(2) Die Union kann mit Drittländern und den zuständigen internationalen Organisationen alle Übereinkünfte schließen, die zur Verwirklichung der Ziele nach den Artikeln III-292 und III-316 beitragen. Unterabsatz 1 berührt nicht die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, in internationalen Gremien zu verhandeln und Übereinkünfte zu schließen.

(3) Die Europäische Investitionsbank trägt nach Maßgabe ihrer Satzung zur Durchführung der

Maßnahmen im Sinne des Absatzes 1 bei.

 

Artikel III-318

 

(1) Damit ihre Maßnahmen einander besser ergänzen und wirksamer sind, koordinieren die Union und die Mitgliedstaaten ihre Politik auf dem Gebiet der Entwicklungszusammenarbeit und stimmen ihre Hilfsprogramme, auch in internationalen Organisationen und auf internationalen Konferenzen, miteinander ab. Sie können gemeinsame Maßnahmen ergreifen. Die Mitgliedstaaten tragen erforderlichenfalls zur Durchführung der Hilfsprogramme der Union bei.

(2) Die Kommission kann alle Initiativen ergreifen, die der in Absatz 1 genannten Koordinierung förderlich sind.

(3) Die Union und die Mitgliedstaaten arbeiten im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten mit Drittländern und den zuständigen internationalen Organisationen zusammen.

 

ABSCHNITT 2

 

WIRTSCHAFTLICHE, FINANZIELLE UND TECHNISCHE ZUSAMMENARBEIT

 

MIT DRITTLÄNDERN

 

Artikel III-319

 

(1) Unbeschadet der übrigen Bestimmungen der Verfassung, insbesondere der Artikel III-316 bis III-318, führt die Union mit Drittländern, die keine Entwicklungsländer sind, Maßnahmen der wirtschaftlichen, finanziellen und technischen Zusammenarbeit durch, die auch Unterstützung,

insbesondere im finanziellen Bereich, einschließen. Diese Maßnahmen stehen mit der Entwicklungspolitik der Union im Einklang und werden im Rahmen der Grundsätze und Ziele ihres auswärtigen Handelns durchgeführt. Die Maßnahmen der Union und die Maßnahmen der Mitgliedstaaten ergänzen und verstärken sich gegenseitig.

(2) Die zur Durchführung des Absatzes 1 erforderlichen Maßnahmen werden durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz festgelegt.

(3) Die Union und die Mitgliedstaaten arbeiten im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten mit Drittländern und den zuständigen internationalen Organisationen zusammen. Die Einzelheiten der Zusammenarbeit der Union können in Übereinkünften zwischen dieser und den betreffenden dritten Parteien geregelt werden. Unterabsatz 1 berührt nicht die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, in internationalen Gremien zu verhandeln und Übereinkünfte zu schließen.

 

Artikel III-320

 

Ist es aufgrund der Lage in einem Drittland notwendig, dass die Union umgehend finanzielle Hilfe leistet, so erlässt der Rat auf Vorschlag der Kommission die erforderlichen Europäischen Beschlüsse.

 

ABSCHNITT 3

 

HUMANITÄRE HILFE

 

Artikel III-321

 

(1) Den Rahmen für die Maßnahmen der Union im Bereich der humanitären Hilfe bilden die Grundsätze und Ziele des auswärtigen Handelns der Union. Die Maßnahmen dienen dazu, Einwohnern von Drittländern, die von Naturkatastrophen oder von vom Menschen verursachten

Katastrophen betroffen sind, gezielt Hilfe, Rettung und Schutz zu bringen, damit die aus diesen Notständen resultierenden humanitären Bedürfnisse gedeckt werden können. Die Maßnahmen der Union und die Maßnahmen der Mitgliedstaaten ergänzen und verstärken sich gegenseitig.

(2) Die Maßnahmen der humanitären Hilfe werden im Einklang mit den Grundsätzen des Völkerrechts, sowie den Grundsätzen der Unparteilichkeit, der Neutralität und der Nichtdiskriminierung, durchgeführt.

(3) Durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz werden die Maßnahmen zur Festlegung des Rahmens festgelegt, innerhalb dessen die Maßnahmen der humanitären Hilfe der Union durchgeführt werden.

(4) Die Union kann mit Drittländern und den zuständigen internationalen Organisationen alle Übereinkünfte schließen, die zur Verwirklichung der Ziele des Absatzes 1 und des Artikels III-292 beitragen. Unterabsatz 1 berührt nicht die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, in internationalen Gremien zu verhandeln und Übereinkünfte zu schließen.

(5) Als Rahmen für gemeinsame Beiträge der europäischen Jugendlichen zu den Maßnahmen der

humanitären Hilfe der Union wird ein Europäisches Freiwilligenkorps für humanitäre Hilfe

geschaffen. Durch Europäisches Gesetz werden die Rechtsstellung und die Einzelheiten der

Arbeitsweise des Korps festgelegt.

(6) Die Kommission kann alle Initiativen ergreifen, die der Koordinierung zwischen den Maßnahmen der Union und denen der Mitgliedstaaten förderlich sind, damit die Programme der Union und der Mitgliedstaaten im Bereich der humanitären Hilfe wirksamer sind und einander besser

ergänzen.

(7) Die Union sorgt dafür, dass ihre Maßnahmen der humanitären Hilfe mit den Maßnahmen der internationalen Organisationen und Einrichtungen, insbesondere derer, die zum System der Vereinten Nationen gehören, abgestimmt werden und im Einklang stehen.

 

KAPITEL V

 

RESTRIKTIVE MASSNAHMEN

 

Artikel III-322

 

(1) Sieht ein nach Kapitel II erlassener Europäischer Beschluss die Aussetzung, Einschränkung oder vollständige Einstellung der Wirtschafts- und Finanzbeziehungen zu einem oder mehreren Drittländern vor, so erlässt der Rat die erforderlichen Europäischen Verordnungen oder Beschlüsse; er beschließt dabei auf gemeinsamen Vorschlag des Außenministers der Union und der Kommission mit qualifizierter Mehrheit. Er unterrichtet hierüber das Europäische Parlament.

(2) Sieht ein nach Kapitel II erlassener Europäischer Beschluss dies vor, so kann der Rat nach dem Verfahren des Absatzes 1 restriktive Maßnahmen gegen natürliche oder juristische Personen sowie Gruppierungen oder nichtstaatliche Einheiten erlassen.

(3) In den Rechtsakten nach diesem Artikel müssen die erforderlichen Bestimmungen über den Rechtsschutz vorgesehen sein.

 

KAPITEL VI

 

INTERNATIONALE ÜBEREINKÜNFTE

 

Artikel III-323

 

(1) Die Union kann mit einem oder mehreren Drittländern oder einer oder mehreren internationalen Organisationen eine Übereinkunft schließen, wenn dies in der Verfassung vorgesehen ist oder wenn der Abschluss einer Übereinkunft im Rahmen der Politik der Union entweder zur Verwirklichung eines der in der Verfassung festgesetzten Ziele erforderlich oder in einem verbindlichen Rechtsakt der Union vorgesehen ist oder aber gemeinsame Vorschriften beeinträchtigen oder deren Anwendungsbereich ändern könnte.

(2) Die von der Union geschlossenen Übereinkünfte binden die Organe der Union und die Mitgliedstaaten.

 

Artikel III-324

 

Die Union kann mit einem oder mehreren Drittländern oder einer oder mehreren internationalen Organisationen ein Assoziierungsabkommen schließen, um eine Assoziation mit gegenseitigen Rechten und Pflichten, gemeinsamem Vorgehen und besonderen Verfahren zu gründen.

 

Artikel III-325

 

(1) Unbeschadet der besonderen Bestimmungen des Artikels III-315 werden Übereinkünfte zwischen der Union und Drittländern oder internationalen Organisationen nach dem nachstehend beschriebenen Verfahren ausgehandelt und geschlossen.

(2) Der Rat erteilt eine Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen, legt Verhandlungsrichtlinien fest, genehmigt die Unterzeichnung und schließt die Übereinkünfte.

(3) Die Kommission oder, wenn sich die geplante Übereinkunft ausschließlich oder hauptsächlich auf die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik bezieht, der Außenminister der Union legt dem Rat Empfehlungen vor; dieser erlässt einen Europäischen Beschluss über die Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen und über die Benennung, je nach dem Gegenstand der geplanten Übereinkunft, des Verhandlungsführers oder des Leiters des Verhandlungsteams der Union.

(4) Der Rat kann dem Verhandlungsführer Richtlinien erteilen und einen Sonderausschuss bestellen; die Verhandlungen sind im Benehmen mit diesem Ausschuss zu führen.

(5) Der Rat erlässt auf Vorschlag des Verhandlungsführers einen Europäischen Beschluss, mit dem die Unterzeichnung der Übereinkunft und gegebenenfalls deren vorläufige Anwendung vor dem Inkrafttreten genehmigt wird.

(6) Der Rat erlässt auf Vorschlag des Verhandlungsführers einen Europäischen Beschluss über den Abschluss der Übereinkunft.

Mit Ausnahme der Übereinkünfte, die ausschließlich die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik betreffen, erlässt der Rat den Europäischen Beschluss über den Abschluss der Übereinkunft

a) nach Zustimmung des Europäischen Parlaments in folgenden Fällen:

i) Assoziierungsabkommen;

ii) Beitritt der Union zur Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte Und tschüß Grundfreiheiten;

iii) Übereinkünfte, die durch Einführung von Zusammenarbeitsverfahren einen besonderen institutionellen Rahmen schaffen;

iv) Übereinkünfte mit erheblichen finanziellen Folgen für die Union;

v) Übereinkünfte in Bereichen, für die entweder das ordentliche Gesetzgebungsverfahren oder, wenn die Zustimmung des Europäischen Parlaments erforderlich ist, das besondere Gesetzgebungsverfahren gilt. Das Europäische Parlament und der Rat können in dringenden Fällen eine Frist für die Zustimmung vereinbaren.

b) nach Anhörung des Europäischen Parlaments in den übrigen Fällen. Das Europäische Parlament gibt seine Stellungnahme innerhalb einer Frist ab, die der Rat entsprechend der Dringlichkeit festlegen kann. Ergeht innerhalb dieser Frist keine Stellungnahme, so kann der Rat einen

Beschluss fassen.

(7) Abweichend von den Absätzen 5, 6 und 9 kann der Rat den Verhandlungsführer bei Abschluss einer Übereinkunft ermächtigen, im Namen der Union Änderungen der Übereinkunft zu billigen, wenn diese Übereinkunft vorsieht, dass diese Änderungen im Wege eines vereinfachten Verfahrens oder durch ein durch die Übereinkunft geschaffenes Gremium anzunehmen sind. Der Rat kann diese Ermächtigung gegebenenfalls mit besonderen Bedingungen verbinden.

(8) Der Rat beschließt während des gesamten Verfahrens mit qualifizierter Mehrheit. Er beschließt jedoch einstimmig, wenn die Übereinkunft einen Bereich betrifft, in dem für den Erlass eines Rechtsakts der Union Einstimmigkeit vorgesehen ist, sowie dann, wenn es um Assoziierungsabkommen und um die Übereinkünfte nach Artikel III-319 mit beitrittswilligen Staaten geht.

(9) Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission oder des Außenministers der Union einen Europäischen Beschluss über die Aussetzung der Anwendung einer Übereinkunft und zur Festlegung der Standpunkte, die im Namen der Union in einem durch eine Übereinkunft eingesetzten Gremium zu vertreten sind, sofern dieses Gremium rechtswirksame Akte, mit Ausnahme von Rechtsakten zur Ergänzung oder Änderung des institutionellen Rahmens der betreffenden Übereinkunft, zu erlassen hat.

(10) Das Europäische Parlament wird in allen Phasen des Verfahrens unverzüglich und umfassend unterrichtet.

(11) Ein Mitgliedstaat, das Europäische Parlament, der Rat oder die Kommission können ein Gutachten des Gerichtshofs über die Vereinbarkeit einer geplanten Übereinkunft mit der Verfassung einholen. Ist das Gutachten des Gerichtshofs ablehnend, so kann die geplante Übereinkunft nur in Kraft treten, wenn sie oder die Verfassung geändert wird.

 

Artikel III-326

 

(1) Abweichend von Artikel III-325 kann der Rat entweder auf Empfehlung der Europäischen Zentralbank oder auf Empfehlung der Kommission und nach Anhörung der Europäischen Zentralbank in dem Bemühen, zu einem mit dem Ziel der Preisstabilität im Einklang stehenden

Konsens zu gelangen, förmliche Vereinbarungen über ein Wechselkurssystem für den Euro gegenüber den Währungen von Drittländern treffen. Der Rat beschließt nach dem Verfahren des Absatzes 3 einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments. Der Rat kann entweder auf Empfehlung der Europäischen Zentralbank oder auf Empfehlung der Kommission nach Anhörung der Europäischen Zentralbank in dem Bemühen, zu einem mit dem Ziel der Preisstabilität im Einklang stehenden Konsens zu gelangen, die Euro-Leitkurse innerhalb des

Wechselkurssystems festlegen, ändern oder aufgeben. Der Präsident des Rates unterrichtet das Europäische Parlament von der Festlegung, Änderung oder Aufgabe der Euro-Leitkurse.

(2) Besteht gegenüber einer oder mehreren Währungen von Drittländern kein Wechselkurssystem nach Absatz 1, so kann der Rat entweder auf Empfehlung der Europäischen Zentralbank oder auf Empfehlung der Kommission nach Anhörung der Europäischen Zentralbank allgemeine Orientierungen für die Wechselkurspolitik gegenüber diesen Währungen aufstellen. Diese allgemeinen Orientierungen dürfen das vorrangige Ziel des Europäischen Zentralbanksystems, die Preisstabilität zu gewährleisten, nicht beeinträchtigen.

(3) Wenn von der Union mit einem oder mehreren Drittländern oder einer oder mehreren internationalen Organisationen Vereinbarungen im Zusammenhang mit Währungsfragen oder Devisenregelungen auszuhandeln sind, beschließt der Rat abweichend von Artikel III-325 auf

Empfehlung der Kommission nach Anhörung der Europäischen Zentralbank die Einzelheiten für die Aushandlung und den Abschluss solcher Vereinbarungen. Mit diesen Einzelheiten wird gewährleistet, dass die Union einen einheitlichen Standpunkt vertritt. Die Kommission wird an den Verhandlungen in vollem Umfang beteiligt.

(4) Die Mitgliedstaaten können unbeschadet der Zuständigkeiten und der Übereinkünfte der Union im Bereich der Wirtschafts- und Währungsunion in internationalen Gremien Verhandlungen führen und Übereinkünfte schließen.

 

KAPITEL VII

 

BEZIEHUNGEN DER UNION ZU INTERNATIONALEN ORGANISATIONEN

 

UND DRITTLÄNDERN UND DELEGATIONEN DER UNION

 

Artikel III-327

 

(1) Die Union führt jede zweckdienliche Zusammenarbeit mit den Organen der Vereinten Nationen und denen der VN-Sonderorganisationen, dem Europarat, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa und der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und

Entwicklung herbei. Die Union unterhält ferner, soweit zweckdienlich, Beziehungen zu anderen internationalen Organisationen.

(2) Die Durchführung dieses Artikels obliegt dem Außenminister der Union und der Kommission.

 

Artikel III-328

 

(1) Die Delegationen der Union in Drittländern und bei internationalen Organisationen stellen die Vertretung der Union sicher.

(2) Die Delegationen der Union sind der Leitung des Außenministers der Union unterstellt. Sie werden in enger Zusammenarbeit mit den diplomatischen und konsularischen Vertretungen der Mitgliedstaaten tätig.

 

KAPITEL VIII

 

ANWENDUNG DER SOLIDARITÄTSKLAUSEL

 

Artikel III-329

 

(1) Ist ein Mitgliedstaat von einem Terroranschlag, einer Naturkatastrophe oder einer vom Menschen verursachten Katastrophe betroffen, so leisten die anderen Mitgliedstaaten ihm auf Ersuchen seiner politischen Organe Unterstützung. Zu diesem Zweck sprechen die Mitgliedstaaten

sich im Rat ab.

(2) Die Einzelheiten für die Anwendung der in Artikel I-43 enthaltenen Solidaritätsklausel durch die Union werden durch einen Europäischen Beschluss festgelegt, den der Rat aufgrund eines gemeinsamen Vorschlags der Kommission und des Außenministers der Union erlässt. Hat dieser Beschluss Auswirkungen im Bereich der Verteidigung, so entscheidet der Rat nach Artikel III-300 Absatz 1. Das Europäische Parlament wird darüber unterrichtet. Für die Zwecke dieses Absatzes wird der Rat unbeschadet des Artikels III-344 vom Politischen und Sicherheitspolitischen Komitee, das sich hierbei auf die im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik entwickelten Strukturen stützt, sowie vom Ausschuss nach Artikel III-261unterstützt, die ihm gegebenenfalls gemeinsame Stellungnahmen vorlegen.

(3) Damit die Union und ihre Mitgliedstaaten auf effiziente Weise tätig werden können, nimmt der Europäische Rat regelmäßig eine Einschätzung der Bedrohungen vor, denen die Union ausgesetzt ist.

 

TITEL VI

 

ARBEITSWEISE DER UNION

 

KAPITEL I

 

INSTITUTIONELLE BESTIMMUNGEN

 

ABSCHNITT 1

 

DIE ORGANE

 

Unterabschnitt 1

 

Das Europäische Parlament

 

Artikel III-330

 

(1) Durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz des Rates werden die erforderlichen Maßnahmen festgelegt, um eine allgemeine unmittelbare Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments nach einem einheitlichen Verfahren in allen Mitgliedstaaten oder im Einklang mit den allen Mitgliedstaaten gemeinsamen Grundsätzen zu ermöglichen. Auf Initiative des Europäischen Parlaments beschließt der Rat einstimmig nach Zustimmung des Europäischen Parlaments, das mit der Mehrheit seiner Mitglieder entscheidet. Dieses Gesetz oder

Rahmengesetz tritt nach Zustimmung der Mitgliedstaaten im Einklang mit ihren jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften in Kraft.

(2) Durch Europäisches Gesetz des Europäischen Parlaments werden die Regelungen und allgemeinen Bedingungen für die Wahrnehmung der Aufgaben der Mitglieder des Europäischen Parlaments festgelegt. Das Europäische Parlament beschließt aus eigener Initiative nach Anhörung der Kommission und nach Zustimmung des Rates. Der Rat beschließt einstimmig über alle Vorschriften und Bedingungen, die die Steuerregelung für die Mitglieder oder ehemaligen Mitglieder betreffen.

 

Artikel III-331

 

Die Regelungen für die politischen Parteien auf europäischer Ebene nach Artikel I-46 Absatz 4 und insbesondere die Vorschriften über ihre Finanzierung werden durch Europäisches Gesetz festgelegt.

 

Artikel III-332

 

Das Europäische Parlament kann mit der Mehrheit seiner Mitglieder die Kommission auffordern, geeignete Vorschläge zu Fragen vorzulegen, die nach seiner Auffassung die Ausarbeitung eines Rechtsakts der Union zur Anwendung der Verfassung erfordern. Legt die Kommission keinen Vorschlag vor, so teilt sie dem Europäischen Parlament die Gründe dafür mit.

 

Artikel III-333

 

Das Europäische Parlament kann bei der Erfüllung seiner Aufgaben auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder die Einsetzung eines nichtständigen Untersuchungsausschusses beschließen, der unbeschadet der Befugnisse, die in der Verfassung anderen Organen oder Einrichtungen zugewiesen sind, behauptete Verstöße gegen das Unionsrecht oder Missstände bei der Anwendung desselben prüft; dies gilt nicht, wenn ein Gericht mit den behaupteten Sachverhalten befasst ist, solange das

Gerichtsverfahren nicht abgeschlossen ist. Mit der Vorlage seines Berichts hört der nichtständige Untersuchungsausschuss auf zu bestehen.

Die Einzelheiten der Ausübung des Untersuchungsrechts werden durch Europäisches Gesetz des Europäischen Parlaments festgelegt. Das Europäische Parlament beschließt aus eigener Initiative nach Zustimmung des Rates und der Kommission.

 

Artikel III-334

 

Nach Artikel I-10 Absatz 2 Buchstabe d kann jede Unionsbürgerin und jeder Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnort oder satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat allein oder zusammen mit anderen Personen in Angelegenheiten, die in die

Tätigkeitsbereiche der Union fallen und die ihn oder sie unmittelbar betreffen, eine Petition an das Europäische Parlament richten.

 

Artikel III-335

 

(1) Das Europäische Parlament wählt den Europäischen Bürgerbeauftragten. Nach Artikel I-10 Absatz 2 Buchstabe d und Artikel I-49 ist dieser befugt, Beschwerden von jeder Unionsbürgerin und jedem Unionsbürger oder von jeder natürlichen oder juristischen Person mit Wohnort oder

satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat über Missstände bei der Tätigkeit der Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union, mit Ausnahme des Gerichtshofs der Europäischen Union in Ausübung seiner Rechtsprechungsbefugnisse, entgegenzunehmen.

Der Bürgerbeauftragte führt im Rahmen seines Auftrags von sich aus oder aufgrund von Beschwerden, die ihm unmittelbar oder über ein Mitglied des Europäischen Parlaments zugehen, Untersuchungen durch, die er für gerechtfertigt hält; dies gilt nicht, wenn die behaupteten

Sachverhalte Gegenstand eines Gerichtsverfahrens sind oder waren. Hat der Bürgerbeauftragte einen Missstand festgestellt, so befasst er die betreffenden Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen, die über eine Frist von drei Monaten verfügen, um ihm ihre Stellungnahme zu übermitteln. Der Bürgerbeauftragte legt anschließend dem Europäischen Parlament und den betreffenden Organen, Einrichtungen oder sonstigen Stellen einen Bericht vor. Der Beschwerdeführer wird über das Ergebnis dieser Untersuchungen unterrichtet. Der Bürgerbeauftragte legt dem Europäischen Parlament jährlich einen Bericht über die Ergebnisse

seiner Untersuchungen vor.

(2) Der Bürgerbeauftragte wird nach jeder Wahl des Europäischen Parlaments für die Dauer der Wahlperiode gewählt. Wiederwahl ist zulässig. Der Bürgerbeauftragte kann auf Antrag des Europäischen Parlaments vom Gerichtshof seines Amtes enthoben werden, wenn er die Voraussetzungen für die Ausübung seines Amtes nicht mehr erfüllt oder eine schwere Verfehlung begangen hat.

(3) Der Bürgerbeauftragte übt sein Amt in völliger Unabhängigkeit aus. Er darf bei der Erfüllung seiner Pflichten von keinem Organ, keiner Einrichtung und keiner anderen Stelle Weisungen einholen oder entgegennehmen. Der Bürgerbeauftragte darf während seiner Amtszeit keine andere entgeltliche oder unentgeltliche Berufstätigkeit ausüben.

(4) Durch Europäisches Gesetz des Europäischen Parlaments werden die Regelungen und allgemeinen Bedingungen für die Ausübung der Aufgaben des Bürgerbeauftragten festgelegt. Das Europäische Parlament beschließt aus eigener Initiative nach Stellungnahme der Kommission und nach Zustimmung des Rates.

 

Artikel III-336

 

Das Europäische Parlament hält jährlich eine Sitzungsperiode ab. Es tritt, ohne dass es einer Einberufung bedarf, am zweiten Dienstag des Monats März zusammen. Das Europäische Parlament kann auf Antrag der Mehrheit seiner Mitglieder sowie auf Antrag des Rates oder der Kommission zu einer außerordentlichen Sitzungsperiode zusammentreten.

 

Artikel III-337

 

(1) Der Europäische Rat und der Rat werden vom Europäischen Parlament nach Maßgabe der Geschäftsordnung des Europäischen Rates und der Geschäftsordnung des Rates gehört.

(2) Die Kommission kann an allen Sitzungen des Europäischen Parlaments teilnehmen und wird auf ihren Antrag gehört. Sie antwortet mündlich oder schriftlich auf die ihr vom Europäischen Parlament oder von dessen Mitgliedern gestellten Fragen.

(3) Das Europäische Parlament erörtert in öffentlicher Sitzung den jährlichen Gesamtbericht, der ihm von der Kommission vorgelegt wird.

 

Artikel III-338

 

Soweit die Verfassung nicht etwas anderes bestimmt, beschließt das Europäische Parlament mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Die Beschlussfähigkeit wird in seiner Geschäftsordnung festgelegt.

 

Artikel III-339

 

Das Europäische Parlament erlässt seine Geschäftsordnung mit der Mehrheit seiner Mitglieder. Die Verhandlungsniederschriften des Europäischen Parlaments werden nach Maßgabe der Verfassung

und seiner Geschäftsordnung veröffentlicht.

 

Artikel III-340

 

Wird wegen der Tätigkeit der Kommission ein Misstrauensantrag eingebracht, so darf das Europäische Parlament nicht vor Ablauf von drei Tagen nach seiner Einbringung und nur in offener Abstimmung darüber entscheiden. Wird der Misstrauensantrag mit der Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und mit der Mehrheit der Mitglieder des Europäischen Parlaments angenommen, so legen die Mitglieder der Kommission geschlossen ihr Amt nieder, und der Außenminister der Union legt sein im Rahmen der Kommission ausgeübtes Amt nieder. Sie bleiben im Amt und führen die laufenden Geschäfte bis zu ihrer Ersetzung nach den Artikeln I-26 und I-27 weiter. In diesem Fall endet die Amtszeit der zu ihrer Ersetzung ernannten Mitglieder der Kommission zu dem Zeitpunkt, zu dem die Amtszeit der Mitglieder der Kommission, die ihr Amt geschlossen niederlegen mussten, geendet hätte.

 

Unterabschnitt 2

 

Der Europäische Rat

 

Artikel III-341

 

(1) Jedes Mitglied des Europäischen Rates kann sich das Stimmrecht höchstens eines anderen Mitglieds übertragen lassen.

Die Stimmenthaltung von anwesenden oder vertretenen Mitgliedern steht dem Zustandekommen von Beschlüssen des Europäischen Rates, zu denen Einstimmigkeit erforderlich ist, nicht entgegen.

(2) Der Präsident des Europäischen Parlaments kann vom Europäischen Rat gehört werden.

(3) Der Europäische Rat beschließt mit einfacher Mehrheit über Verfahrensfragen sowie über den Erlass seiner Geschäftsordnung.

(4) Der Europäische Rat wird vom Generalsekretariat des Rates unterstützt.

 

Unterabschnitt 3

 

Der Ministerrat

 

Artikel III-342

 

Der Rat wird von seinem Präsidenten aus eigenem Entschluss oder auf Antrag eines seiner Mitglieder oder der Kommission einberufen.

 

Artikel III-343

 

(1) Jedes Mitglied des Rates kann sich das Stimmrecht höchstens eines anderen Mitglieds übertragen lassen.

(2) Ist zu einem Beschluss des Rates die einfache Mehrheit erforderlich, so beschließt dieser mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder.

(3) Die Stimmenthaltung von anwesenden oder vertretenen Mitgliedern steht einer Beschlussfassung des Rates, für die Einstimmigkeit erforderlich ist, nicht entgegen.

 

Artikel III-344

 

(1) Ein Ausschuss, der sich aus den Ständigen Vertretern der Regierungen der Mitgliedstaaten zusammensetzt, trägt die Verantwortung, die Arbeiten des Rates vorzubereiten und die ihm vom Rat übertragenen Aufträge auszuführen. Der Ausschuss kann in Fällen, die in der Geschäftsordnung des Rates festgelegt sind, Verfahrensbeschlüsse fassen.

(2) Der Rat wird von einem Generalsekretariat unterstützt, das einem vom Rat ernannten Generalsekretär untersteht. Der Rat entscheidet mit einfacher Mehrheit über die Organisation des Generalsekretariats.

(3) Der Rat beschließt mit einfacher Mehrheit über Verfahrensfragen sowie über den Erlass seiner Geschäftsordnung.

 

Artikel III-345

 

Der Rat kann mit einfacher Mehrheit die Kommission auffordern, die nach seiner Ansicht zur Verwirklichung der gemeinsamen Ziele geeigneten Untersuchungen vorzunehmen und ihm entsprechende Vorschläge vorzulegen. Legt die Kommission keinen Vorschlag vor, so teilt sie dem Rat die Gründe dafür mit.

 

Artikel III-346

 

Der Rat erlässt Europäische Beschlüsse über die rechtliche Stellung der in der Verfassung vorgesehenen Ausschüsse. Er beschließt mit einfacher Mehrheit nach Anhörung der Kommission.

 

Unterabschnitt 4

 

Die Europäische Kommission

 

Artikel III-347

 

Die Mitglieder der Kommission haben jede Handlung zu unterlassen, die mit ihren Aufgaben unvereinbar ist. Die Mitgliedstaaten achten ihre Unabhängigkeit und versuchen nicht, sie bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu beeinflussen. Die Mitglieder der Kommission dürfen während ihrer Amtszeit keine andere entgeltliche oder unentgeltliche Berufstätigkeit ausüben. Bei der Aufnahme ihrer Tätigkeit übernehmen sie die feierliche Verpflichtung, während der Ausübung und nach Ablauf ihrer Amtstätigkeit die sich aus ihrem Amt ergebenden Pflichten zu erfüllen, insbesondere die Pflicht, bei der Annahme gewisser Tätigkeiten oder Vorteile nach Ablauf dieser Tätigkeit ehrenhaft und zurückhaltend zu sein. Werden diese Pflichten verletzt, so kann der Gerichtshof auf Antrag des Rates, der mit einfacher Mehrheit beschließt, oder der Kommission das Mitglied je nach Lage des Falles nach Artikel III-349 seines Amtes entheben oder ihm seine Ruhegehaltsansprüche oder andere an ihrer Stelle gewährte Vergünstigungen aberkennen.

 

Artikel III-348

 

(1) Abgesehen von den regelmäßigen Neubesetzungen und von Todesfällen endet das Amt eines Mitglieds der Kommission durch Rücktritt oder Amtsenthebung.

(2) Für ein zurückgetretenes, seines Amtes enthobenes oder verstorbenes Mitglied der Kommission wird für die verbleibende Amtszeit vom Rat mit Zustimmung des Präsidenten der Kommission nach Anhörung des Europäischen Parlaments und nach den Anforderungen des

Artikels i-26 Absatz 4 ein neues Mitglied derselben Staatsangehörigkeit ernannt. Der Rat kann auf Vorschlag des Präsidenten der Kommission einstimmig beschließen, dass ein ausscheidendes Mitglied der Kommission für die verbleibende Amtszeit nicht ersetzt werden muss,

insbesondere wenn es sich um eine kurze Zeitspanne handelt.

(3) Bei Rücktritt, Amtsenthebung oder Tod des Präsidenten wird für die verbleibende Amtszeit nach Artikel I-27 Absatz 1 ein Nachfolger ernannt.

(4) Bei Rücktritt, Amtsenthebung oder Tod des Außenministers der Union wird für die verbleibende Amtszeit nach Artikel I-28 Absatz 1 ein Nachfolger ernannt.

(5) Bei Rücktritt aller Mitglieder der Kommission bleiben diese bis zur Neubesetzung ihres Sitzes nach den Artikeln I-26 und I-27 für die verbleibende Amtszeit im Amt und führen die laufenden Geschäfte weiter.

 

Artikel III-349

 

Jedes Mitglied der Kommission, das die Voraussetzungen für die Ausübung seines Amtes nicht mehr erfüllt oder eine schwere Verfehlung begangen hat, kann auf Antrag des Rates, der mit einfacher Mehrheit beschließt, oder der Kommission durch den Gerichtshof seines Amtes enthoben werden.

 

Artikel III-350

 

Die Zuständigkeiten der Kommission werden unbeschadet des Artikels I-28 Absatz 4 von ihrem Präsidenten nach Artikel I-27 Absatz 3 gegliedert und zwischen ihren Mitgliedern aufgeteilt. Der Präsident kann diese Zuständigkeitsverteilung im Laufe der Amtszeit ändern. Die Mitglieder der Kommission üben die ihnen vom Präsidenten übertragenen Aufgaben unter dessen Leitung aus.

 

Artikel III-351

 

Die Beschlüsse der Kommission werden mit der Mehrheit der Mitglieder gefasst. Die Beschlussfähigkeit wird in der Geschäftsordnung festgelegt.

 

Artikel III-352

 

(1) Die Kommission gibt sich eine Geschäftsordnung, um ihr ordnungsgemäßes Arbeiten und das ihrer Dienststellen zu gewährleisten. Sie sorgt für die Veröffentlichung dieser Geschäftsordnung.

(2) Die Kommission veröffentlicht jährlich, und zwar spätestens einen Monat vor Beginn der Sitzungsperiode des Europäischen Parlaments, einen Gesamtbericht über die Tätigkeit der Union.

 

Unterabschnitt 5

 

Der Gerichtshof der Europäischen Union

 

Artikel III-353

 

Der Gerichtshof tagt in Kammern, als Große Kammer oder als Plenum nach Maßgabe der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union.

 

Artikel III-354

 

Der Gerichtshof wird von acht Generalanwälten unterstützt. Auf Antrag des Gerichtshofs kann der Rat einstimmig einen Europäischen Beschluss erlassen, um die Zahl der Generalanwälte zu erhöhen. Der Generalanwalt hat öffentlich in völliger Unparteilichkeit und Unabhängigkeit begründete Schlussanträge zu den Rechtssachen zu stellen, in denen nach der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union seine Mitwirkung erforderlich ist.

 

Artikel III-355

 

Zu Richtern und Generalanwälten des Gerichtshofs sind Persönlichkeiten auszuwählen, die jede Gewähr für Unabhängigkeit bieten und in ihrem Staat die für die höchsten richterlichen Ämter erforderlichen Voraussetzungen erfüllen oder Juristen von anerkannt hervorragender Befähigung

sind; sie werden von den Regierungen der Mitgliedstaaten im gegenseitigen Einvernehmen nach Anhörung des in Artikel III-357 vorgesehenen Ausschusses ernannt. Alle drei Jahre findet nach Maßgabe der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union eine teilweise Neubesetzung der Stellen der Richter und Generalanwälte statt. Die Richter wählen aus ihrer Mitte den Präsidenten des Gerichtshofs für die Dauer von drei Jahren. Wiederwahl ist zulässig. Der Gerichtshof erlässt seine Verfahrensordnung. Sie bedarf der Genehmigung des Rates.

 

Artikel III-356

 

Die Zahl der Richter des Gerichts wird in der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union festgelegt. In der Satzung kann vorgesehen werden, dass das Gericht von Generalanwälten unterstützt wird. Zu Mitgliedern des Gerichts sind Personen auszuwählen, die jede Gewähr für Unabhängigkeit bieten und über die Befähigung zur Ausübung hoher richterlicher Tätigkeiten verfügen. Sie werden von den Regierungen der Mitgliedstaaten im gegenseitigen Einvernehmen nach Anhörung des in Artikel III-357 vorgesehenen Ausschusses ernannt. Alle drei Jahre wird das Gericht teilweise neu besetzt. Die Richter wählen aus ihrer Mitte den Präsidenten des Gerichts für die Dauer von drei Jahren. Wiederwahl ist zulässig. Das Gericht erlässt seine Verfahrensordnung im Einvernehmen mit dem Gerichtshof. Sie bedarf der

Genehmigung des Rates. Soweit die Satzung nichts anderes vorsieht, finden die den Gerichtshof betreffenden Bestimmungen der Verfassung auf das Gericht Anwendung.

 

Artikel III-357

 

Es wird ein Ausschuss eingerichtet, der die Aufgabe hat, vor einer Ernennung durch die Regierungen der Mitgliedstaaten nach den Artikeln III-355 und III-356 eine Stellungnahme über die Eignung der Bewerber für die Ausübung des Amts eines Richters oder Generalanwalts beim Gerichtshof oder beim Gericht abzugeben. Der Ausschuss setzt sich aus sieben Persönlichkeiten zusammen, die aus dem Kreis ehemaliger Mitglieder des Gerichtshofs und des Gerichts, der Mitglieder der höchsten einzelstaatlichen Gerichte und der Juristen von anerkannt hervorragender Befähigung ausgewählt werden, von denen einer vom Europäischen Parlament vorgeschlagen wird. Der Rat erlässt einen Europäischen Beschluss zur Festlegung der Vorschriften für die Arbeitsweise und einen Europäischen Beschluss zur Ernennung der Mitglieder dieses Ausschusses. Er beschließt auf Initiative des Präsidenten des Gerichtshofs.

 

Artikel III-358

 

(1) Das Gericht ist für Entscheidungen im ersten Rechtszug über die in den Artikeln III-365, III-367, III-370, III-372 und III-374 genannten Klagen zuständig, mit Ausnahme derjenigen Klagen, die einem nach Artikel III-359 eingerichteten Fachgericht übertragen werden, und der Klagen, die nach Maßgabe der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union dem Gerichtshof vorbehalten sind. In der Satzung kann vorgesehen werden, dass das Gericht für andere Kategorien von Klagen zuständig ist. Gegen die Entscheidungen des Gerichts aufgrund dieses Absatzes kann nach Maßgabe der Bedingungen und innerhalb der Grenzen, die in der Satzung vorgesehen sind, beim Gerichtshof ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel eingelegt werden.

(2) Das Gericht ist für Entscheidungen über Rechtsmittel gegen die Entscheidungen der Fachgerichte zuständig. Die Entscheidungen des Gerichts aufgrund dieses Absatzes können unter den Bedingungen und innerhalb der Grenzen, die in der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union vorgesehen sind, in Ausnahmefällen vom Gerichtshof überprüft werden, wenn die ernste Gefahr besteht, dass die

Einheit oder die Kohärenz des Unionsrechts berührt wird.

(3) Das Gericht ist auf besonderen, in der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union festgelegten Sachgebieten für Vorabentscheidungen nach Artikel III-369 zuständig. Wenn das Gericht der Auffassung ist, dass eine Rechtssache eine Grundsatzentscheidung erfordert, die die Einheit oder die Kohärenz des Unionsrechts berühren könnte, kann es die Rechtssache zur Entscheidung an den Gerichtshof verweisen. Die Entscheidungen des Gerichts über Anträge auf Vorabentscheidung können unter den Bedingungen und innerhalb der Grenzen, die in der Satzung vorgesehen sind, in Ausnahmefällen vom Gerichtshof überprüft werden, wenn die ernste Gefahr besteht, dass die Einheit oder die Kohärenz des Unionsrechts berührt wird.

 

Artikel III-359

 

(1) Durch Europäisches Gesetz können dem Gericht beigeordnete Fachgerichte eingerichtet werden, die für Entscheidungen im ersten Rechtszug über bestimmte Kategorien von Klagen zuständig sind, die auf besonderen Sachgebieten erhoben werden. Es wird entweder auf Vorschlag der Kommission nach Anhörung des Gerichtshofs oder auf Antrag des Gerichtshofs nach Anhörung der Kommission erlassen.

(2) In dem Europäischen Gesetz über die Einrichtung eines Fachgerichts werden die Regeln für die Zusammensetzung dieses Gerichts und die ihm zugewiesenen Befugnisse festgelegt.

(3) Gegen die Entscheidungen der Fachgerichte kann vor dem Gericht ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel oder, wenn das Europäische Gesetz über die Einrichtung des Fachgerichts dies vorsieht, ein auch Sachfragen betreffendes Rechtsmittel eingelegt werden.

(4) Zu Mitgliedern der Fachgerichte sind Personen auszuwählen, die jede Gewähr für Unabhängigkeit bieten und über die Befähigung zur Ausübung richterlicher Tätigkeiten verfügen. Sie werden vom Rat ernannt, der einstimmig beschließt.

(5) Die Fachgerichte erlassen ihre Verfahrensordnung im Einvernehmen mit dem Gerichtshof. Diese Verfahrensordnung bedarf der Genehmigung des Rates.

(6) Soweit das Europäische Gesetz über die Einrichtung des Fachgerichts nichts anderes vorsieht, finden die den Gerichtshof der Europäischen Union betreffenden Bestimmungen der Verfassung und die Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union auf die Fachgerichte Anwendung. Titel I und Artikel 64 der Satzung gelten auf jeden Fall für die Fachgerichte.

 

Artikel III-360

 

Hat ein Mitgliedstaat nach Auffassung der Kommission gegen eine Verpflichtung aus der Verfassung verstoßen, so gibt sie eine mit Gründen versehene Stellungnahme hierzu ab; sie hat diesem Staat zuvor Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Kommt der betreffende Staat dieser Stellungnahme innerhalb der von der Kommission gesetzten Frist nicht nach, so kann die Kommission den Gerichtshof der Europäischen Union anrufen.

 

Artikel III-361

 

Jeder Mitgliedstaat kann den Gerichtshof der Europäischen Union anrufen, wenn er der Auffassung ist, dass ein anderer Mitgliedstaat gegen eine Verpflichtung aus der Verfassung verstoßen hat. Bevor ein Mitgliedstaat wegen einer angeblichen Verletzung der Verpflichtungen aus der Verfassung gegen einen anderen Staat Klage erhebt, muss er die Kommission damit befassen. Die Kommission erlässt eine mit Gründen versehene Stellungnahme; sie gibt den beteiligten Staaten zuvor Gelegenheit zu schriftlicher und mündlicher Äußerung in einem kontradiktorischen Verfahren. Gibt die Kommission binnen drei Monaten nach dem Zeitpunkt, zu dem ein entsprechender Antrag gestellt wurde, keine Stellungnahme ab, so kann ungeachtet des Fehlens der Stellungnahme vor dem Gerichtshof geklagt werden.

 

Artikel III-362

 

(1) Stellt der Gerichtshof der Europäischen Union fest, dass ein Mitgliedstaat gegen eine Verpflichtung aus der Verfassung verstoßen hat, so hat dieser Staat die Maßnahmen zu ergreifen, die sich aus dem Urteil des Gerichtshofs ergeben.

(2) Hat der betreffende Mitgliedstaat die Maßnahmen, die sich aus dem in Absatz 1 genannten Urteil ergeben, nach Auffassung der Kommission nicht getroffen, so kann die Kommission den Gerichtshof der Europäischen Union anrufen, nachdem sie diesem Staat zuvor Gelegenheit zur Äußerung gegeben hat. Hierbei benennt sie die Höhe des von dem betreffenden Mitgliedstaat zu zahlenden Pauschalbetrags oder Zwangsgelds, die sie den Umständen nach für angemessen hält. Stellt der Gerichtshof fest, dass der betreffende Mitgliedstaat seinem Urteil nicht nachgekommen ist, so kann er die Zahlung eines Pauschalbetrags oder Zwangsgelds verhängen. Dieses Verfahren lässt den Artikel III-361 unberührt.

(3) Erhebt die Kommission beim Gerichtshof der Europäischen Union Klage nach Artikel III-360, weil sie der Auffassung ist, dass der betreffende Mitgliedstaat gegen seine Verpflichtung verstoßen hat, Maßnahmen zur Umsetzung eines Europäischen Rahmengesetzes mitzuteilen, so kann sie, wenn sie dies für zweckmäßig hält, die Höhe des von dem betreffenden Mitgliedstaat zu zahlenden                                                       Pauschalbetrags oder Zwangsgelds benennen, die sie den Umständen nach für angemessen hält. Stellt der Gerichtshof einen Verstoß fest, so kann er gegen den betreffenden Mitgliedstaat die Zahlung eines Pauschalbetrags oder eines Zwangsgelds bis zur Höhe des von der Kommission genannten Betrags verhängen. Die Zahlungsverpflichtung gilt ab dem vom Gerichtshof in seinem Urteil festgelegten Zeitpunkt.

 

Artikel III-363

 

In den Europäischen Gesetzen oder Verordnungen des Rates kann dem Gerichtshof der Europäischen Union eine Zuständigkeit übertragen werden, die die Befugnis zu unbeschränkter Ermessensnachprüfung und zur Änderung oder Verhängung der in ihnen vorgesehenen Sanktionen umfasst.

 

Artikel III-364

 

Unbeschadet der sonstigen Bestimmungen der Verfassung kann dem Gerichtshof der Europäischen Union durch Europäisches Gesetz in dem darin festgelegten Umfang die Zuständigkeit übertragen werden, über Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit der Anwendung von aufgrund der Verfassung angenommenen Rechtsakten, mit denen europäische Rechtstitel für das geistige Eigentum

geschaffen werden, zu entscheiden.

 

Artikel III-365

 

(1) Der Gerichtshof der Europäischen Union überwacht die Rechtmäßigkeit der Europäischen Gesetze und Rahmengesetze sowie der Handlungen des Rates, der Kommission und der Europäischen Zentralbank, soweit es sich nicht um Empfehlungen oder Stellungnahmen handelt, und der Handlungen des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates mit Rechtswirkung gegenüber Dritten. Er überwacht ebenfalls die Rechtmäßigkeit der Handlungen der Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union mit Rechtswirkung gegenüber Dritten.

(2) Für die Zwecke des Absatzes 1 ist der Gerichtshof der Europäischen Union für Klagen zuständig, die ein Mitgliedstaat, das Europäische Parlament, der Rat oder die Kommission wegen Unzuständigkeit, Verletzung wesentlicher Formvorschriften, Verletzung der Verfassung oder einer bei ihrer Durchführung anzuwendenden Rechtsnorm oder wegen Ermessensmissbrauchs erhebt.

(3) Der Gerichtshof der Europäischen Union ist unter den in den Absätzen 1 und 2 genannten Bedingungen zuständig für Klagen des Rechnungshofs, der Europäischen Zentralbank und des Ausschusses der Regionen, die auf die Wahrung ihrer Rechte abzielen.

(4) Jede natürliche oder juristische Person kann unter den in den Absätzen 1 und 2 genannten Bedingungen gegen die an sie gerichteten oder sie unmittelbar und individuell betreffenden Handlungen sowie gegen Rechtsakte mit Verordnungscharakter, die sie unmittelbar betreffen und

keine Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehen, Klage erheben.

(5) In den Rechtsakten zur Gründung von Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union können besondere Bedingungen und Einzelheiten für die Erhebung von Klagen von natürlichen oder juristischen Personen gegen Handlungen dieser Einrichtungen und sonstigen Stellen vorgesehen

werden, die eine Rechtswirkung gegenüber diesen Personen haben.

(6) Die in diesem Artikel vorgesehenen Klagen sind binnen zwei Monaten zu erheben; diese Frist läuft je nach Lage des Falles von der Veröffentlichung der betreffenden Handlung, ihrer Bekanntgabe an den Kläger oder in Ermangelung dessen von dem Zeitpunkt an, zu dem der Kläger von dieser Handlung Kenntnis erlangt hat.

 

Artikel III-366

 

Ist die Klage begründet, so erklärt der Gerichtshof der Europäischen Union die angefochtene Handlung für nichtig. Erklärt er eine Handlung für nichtig, so bezeichnet er, falls er dies für notwendig hält, diejenigen ihrer Wirkungen, die als fortgeltend zu betrachten sind.

 

Artikel III-367

 

Unterlässt es das Europäische Parlament, der Europäische Rat, der Rat, die Kommission oder die Europäische Zentralbank, unter Verletzung der Verfassung, tätig zu werden, so können die Mitgliedstaaten und die anderen Organe der Union beim Gerichtshof der Europäischen Union Klage auf Feststellung dieser Verfassungsverletzung erheben. Dieser Artikel gilt entsprechend für die Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, die es unterlassen, tätig zu werden. Diese Klage ist nur zulässig, wenn die betreffenden Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen

zuvor aufgefordert worden sind, tätig zu werden. Haben sie binnen zwei Monaten nach dieser Aufforderung nicht Stellung genommen, so kann die Klage innerhalb einer weiteren Frist von zwei Monaten erhoben werden. Jede natürliche oder juristische Person kann nach Maßgabe der Absätze 1 und 2 vor dem Gerichtshof Beschwerde darüber führen, dass ein Organ, eine Einrichtung oder eine sonstige Stelle der Union es

unterlassen hat, einen anderen Akt als eine Empfehlung oder eine Stellungnahme an sie zu richten.

 

Artikel III-368

 

Die Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen, von denen die für nichtig erklärte Handlung ausging oder deren Untätigkeit als verfassungswidrig erklärt wurde, haben die sich aus dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union ergebenden Maßnahmen zu ergreifen. Diese Verpflichtung besteht unbeschadet der Verpflichtungen, die sich aus der Anwendung des Artikels III-431 Absatz 2 ergeben.

 

Artikel III-369

 

Der Gerichtshof der Europäischen Union entscheidet im Wege der Vorabentscheidung

a) über die Auslegung der Verfassung,

b) über die Gültigkeit und die Auslegung der Handlungen der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union.

Wird eine derartige Frage einem Gericht eines Mitgliedstaats gestellt und hält dieses Gericht eine Entscheidung darüber zum Erlass seines Urteils für erforderlich, so kann es diese Frage dem Gerichtshof zur Entscheidung vorlegen. Wird eine derartige Frage in einem schwebenden Verfahren bei einem einzelstaatlichen Gerichtgestellt, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts

angefochten werden können, so ist dieses Gericht zur Anrufung des Gerichtshofs verpflichtet. Wird eine derartige Frage in einem schwebenden Verfahren, das eine inhaftierte Person betrifft, bei einem einzelstaatlichen Gericht gestellt, so entscheidet der Gerichtshof innerhalb kürzester Zeit.

 

Artikel III-370

 

Der Gerichtshof der Europäischen Union ist für Streitsachen über den in Artikel III-431 Absätze 2 und 3 vorgesehenen Schadensersatz zuständig.

 

Artikel III-371

 

Der Gerichtshof ist für Entscheidungen über die Rechtmäßigkeit eines nach Artikel I-59 erlassenen Rechtsakts des Europäischen Rates oder des Rates nur auf Antrag des von einer Feststellung des Europäischen Rates oder des Rates betroffenen Mitgliedstaats und lediglich im Hinblick auf die Einhaltung der in dem genannten Artikel vorgesehenen Verfahrensbestimmungen zuständig. Der Antrag muss binnen eines Monats nach der jeweiligen Feststellung gestellt werden. Der Gerichtshof entscheidet binnen eines Monats nach Antragstellung.

 

Artikel III-372

 

Der Gerichtshof der Europäischen Union ist für alle Streitsachen zwischen der Union und deren Bediensteten innerhalb der Grenzen und nach Maßgabe der Bedingungen zuständig, die im Statut der Beamten und in den Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten festgelegt sind.

 

Artikel III-373

 

Der Gerichtshof der Europäischen Union ist nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zuständig in Streitsachen über

a) die Erfüllung der Verpflichtungen der Mitgliedstaaten aus der Satzung der Europäischen Investitionsbank. Der Verwaltungsrat der Bank besitzt hierbei die der Kommission in Artikel III-360 übertragenen Befugnisse;

b) die Beschlüsse des Rates der Gouverneure der Europäischen Investitionsbank. Jeder Mitgliedstaat, die Kommission und der Verwaltungsrat der Bank können hierzu nach Maßgabe des Artikels III-365 Klage erheben;

c) die Beschlüsse des Verwaltungsrats der Europäischen Investitionsbank. Diese können nach Maßgabe des Artikels III-365 nur von Mitgliedstaaten oder der Kommission und lediglich wegen Verletzung der Formvorschriften des Artikels 19 Absätze 2, 5, 6 und 7 der Satzung der Investitionsbank angefochten werden;

d) die Erfüllung der sich aus der Verfassung und der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank ergebenden Verpflichtungen durch die nationalen Zentralbanken. Der Rat der Europäischen Zentralbank besitzt hierbei gegenüber den

nationalen Zentralbanken die Befugnisse, die der Kommission in Artikel III-360 gegenüber den Mitgliedstaaten eingeräumt werden. Stellt der Gerichtshof der Europäischen Union fest, dass eine nationale Zentralbank gegen eine Verpflichtung aus der Verfassung verstoßen hat, so hat diese Bank die Maßnahmen zu ergreifen, die sich aus dem Urteil des Gerichtshofs ergeben.

 

Artikel III-374

 

Der Gerichtshof der Europäischen Union ist für Entscheidungen aufgrund einer Schiedsklausel zuständig, die in einem von der Union oder für ihre Rechnung abgeschlossenen öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Vertrag enthalten ist.

 

Artikel III-375

 

(1) Soweit keine Zuständigkeit des Gerichtshofs der Europäischen Union aufgrund der Verfassung besteht, sind Streitsachen, bei denen die Union Partei ist, der Zuständigkeit der einzelstaatlichen Gerichte nicht entzogen.

(2) Die Mitgliedstaaten verpflichten sich, Streitigkeiten über die Auslegung oder Anwendung der Verfassung nicht anders als in der Verfassung vorgesehen zu regeln.

(3) Der Gerichtshof ist zuständig für Entscheidungen über jede mit dem Gegenstand der Verfassung in Zusammenhang stehende Streitigkeit zwischen Mitgliedstaaten, wenn diese bei ihm aufgrund eines Schiedsvertrags anhängig gemacht wird.

 

Artikel III-376

 

Der Gerichtshof der Europäischen Union ist nicht zuständig im Bereich der Artikel I-40 und I-41, im Bereich des Titels V Kapitel II über die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und im Bereich der Artikel III-293, soweit er die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik betrifft.

Der Gerichtshof ist jedoch zuständig für die Kontrolle der Einhaltung von Artikel III-308 und für die unter den Voraussetzungen des Artikels III-365 Absatz 4 erhobenen Klagen im Zusammenhang mit der Überwachung der Rechtmäßigkeit Europäischer Beschlüsse über restriktive Maßnahmen gegenüber natürlichen oder juristischen Personen, die der Rat auf der Grundlage von Titel V Kapitel II erlassen hat.

 

Artikel III-377

 

Bei der Ausübung seiner Befugnisse im Rahmen der Bestimmungen von Titel III Kapitel IV Abschnitte 4 und 5 über den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ist der Gerichtshof der Europäischen Union nicht zuständig für die Überprüfung der Gültigkeit oder Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen der Polizei oder anderer Strafverfolgungsbehörden eines Mitgliedstaats oder der Wahrnehmung der Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und den Schutz der inneren Sicherheit.

 

Artikel III-378

 

Ungeachtet des Ablaufs der in Artikel III-365 Absatz 6 genannten Frist kann jede Partei in einem Rechtsstreit, bei dem die Rechtmäßigkeit eines von einem Organ, einer Einrichtung oder einer sonstigen Stelle der Union erlassenen Rechtsakts mit allgemeiner Geltung angefochten wird, vor dem Gerichtshof der Europäischen Union die Unanwendbarkeit dieses Rechtsakts aus den in Artikel III-365 Absatz 2 genannten Gründen geltend machen.

 

Artikel III-379

 

(1) Klagen beim Gerichtshof der Europäischen Union haben keine aufschiebende Wirkung. Der Gerichtshof kann jedoch, wenn er dies den Umständen nach für nötig hält, die Durchführung der angefochtenen Handlung aussetzen.

(2) Der Gerichtshof der Europäischen Union kann in den bei ihm anhängigen Sachen die erforderlichen einstweiligen Anordnungen treffen.

 

Artikel III-380

 

Die Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union sind nach Artikel III-401 vollstreckbar.

 

Artikel III-381

 

Die Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union wird in einem Protokoll festgelegt. Durch Europäisches Gesetz kann die Satzung mit Ausnahme ihres Titels I und ihres Artikels 64 geändert werden. Es wird entweder auf Antrag des Gerichtshofs nach Anhörung der Kommission

oder auf Vorschlag der Kommission nach Anhörung des Gerichtshofs erlassen.

 

Unterabschnitt 6

 

Die Europäische Zentralbank

 

Artikel III-382

 

(1) Der Rat der Europäischen Zentralbank besteht aus den Mitgliedern des Direktoriums der Europäischen Zentralbank und den Präsidenten der nationalen Zentralbanken der Mitgliedstaaten, für die keine Ausnahmeregelung im Sinne des Artikels III-197 gilt.

(2) Das Direktorium besteht aus dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten und vier weiteren Mitgliedern. Der Präsident, der Vizepräsident und die weiteren Mitglieder des Direktoriums werden vom Europäischen Rat auf Empfehlung des Rates nach Anhörung des Europäischen Parlaments und des Rates der Europäischen Zentralbank aus dem Kreis der in Währungs- oder Bankfragen anerkannten und erfahrenen Persönlichkeiten mit qualifizierter Mehrheit ernannt. Ihre Amtszeit beträgt acht Jahre; Wiederernennung ist nicht zulässig. Nur Staatsangehörige der Mitgliedstaaten können Mitglieder des Direktoriums werden.

 

Artikel III-383

 

(1) Der Präsident des Rates und ein Mitglied der Kommission können ohne Stimmrecht an den Sitzungen des Rates der Europäischen Zentralbank teilnehmen. Der Präsident des Rates kann dem Rat der Europäischen Zentralbank einen Antrag zur Beratung vorlegen.

(2) Der Präsident der Europäischen Zentralbank wird zur Teilnahme an den Tagungen des Rates eingeladen, wenn dieser Fragen im Zusammenhang mit den Zielen und Aufgaben des Europäischen Systems der Zentralbanken erörtert.

(3) Die Europäische Zentralbank unterbreitet dem Europäischen Parlament, dem Europäischen Rat, dem Rat und der Kommission einen Jahresbericht über die Tätigkeit des Europäischen Systems der Zentralbanken und die Geld- und Währungspolitik im vergangenen und im laufenden Jahr. Der Präsident der Europäischen Zentralbank legt den Bericht dem Europäischen Parlament, das auf dieser Grundlage eine allgemeine Aussprache durchführen kann, und dem Rat vor. Der Präsident der Europäischen Zentralbank und die anderen Mitglieder des Direktoriums können auf Ersuchen des Europäischen Parlaments oder auf ihre Initiative von den zuständigen Gremien des

Europäischen Parlaments gehört werden.

 

Unterabschnitt 7

 

Der Rechnungshof

 

Artikel III-384

 

(1) Der Rechnungshof prüft die Rechnung über alle Einnahmen und Ausgaben der Union. Er prüft ebenfalls die Rechnung über alle Einnahmen und Ausgaben jeder Einrichtung und jeder sonstigen Stelle der Union, soweit der Rechtsakt zur Errichtung dieser Einrichtung oder dieser Stelle dies nicht ausschließt. Der Rechnungshof legt dem Europäischen Parlament und dem Rat eine Erklärung über die Zuverlässigkeit der Rechnungsführung sowie die Rechtmäßigkeit und Ordnungsmäßigkeit der zugrunde liegenden Vorgänge vor, die im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wird. Diese Erklärung kann durch spezifische Beurteilungen zu allen größeren Tätigkeitsbereichen der Union

ergänzt werden.

(2) Der Rechungshof prüft die Rechtmäßigkeit und Ordnungsmäßigkeit der Einnahmen und Ausgaben und überzeugt sich von der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung. Dabei berichtet er insbesondere über alle Fälle von Unregelmäßigkeiten. Die Prüfung der Einnahmen erfolgt anhand der Feststellungen und der Zahlungen der Einnahmen an die Union. Die Prüfung der Ausgaben erfolgt anhand der Mittelbindungen und der Zahlungen. Diese Prüfungen können vor Abschluss der Rechnung des betreffenden Haushaltsjahrs durchgeführt

werden.

(3) Die Prüfung wird anhand der Rechnungsunterlagen und erforderlichenfalls an Ort und Stelle bei den anderen Organen und in den Räumlichkeiten aller Einrichtungen und sonstigen Stellen, die Einnahmen oder Ausgaben für Rechnung der Union verwalten, sowie der natürlichen und juristischen Personen, die Zahlungen aus dem Haushalt erhalten, und in den Mitgliedstaaten durchgeführt. Die Prüfung in den Mitgliedstaaten erfolgt in Verbindung mit den einzelstaatlichen Rechnungsprüfungsorganen oder, wenn diese nicht über die erforderliche Zuständigkeit verfügen, mit den zuständigen einzelstaatlichen Dienststellen. Der Rechnungshof und die einzelstaatlichen Rechnungsprüfungsorgane arbeiten unter Wahrung ihrer Unabhängigkeit vertrauensvoll zusammen. Diese Organe oder Dienststellen teilen dem Rechnungshof mit, ob sie an der Prüfung teilzunehmen beabsichtigen. Die anderen Organe, die Einrichtungen oder die sonstigen Stellen, die Einnahmen oder Ausgaben für Rechnung der Union verwalten, die natürlichen oder juristischen Personen, die Zahlungen aus dem

Haushalt erhalten, und die einzelstaatlichen Rechnungsprüfungsorgane oder, wenn diese nicht über die erforderliche Zuständigkeit verfügen, die zuständigen einzelstaatlichen Dienststellen übermitteln dem Rechnungshof auf dessen Antrag die für die Erfüllung seiner Aufgabe erforderlichen Unterlagen oder Informationen. Die Rechte des Rechnungshofs auf Zugang zu Informationen der Europäischen Investitionsbank im Zusammenhang mit deren Tätigkeit bei der Verwaltung von Einnahmen und Ausgaben der Union werden in einer Vereinbarung zwischen dem Rechnungshof, der Bank und der Kommission geregelt. Der Rechnungshof hat auch dann Recht auf Zugang zu den Informationen, die für die Prüfung der von der Bank verwalteten Einnahmen und Ausgaben der Union erforderlich sind, wenn eine entsprechende Vereinbarung nicht besteht.

(4) Der Rechnungshof erstellt nach Abschluss eines jeden Haushaltsjahrs einen Jahresbericht. Dieser Bericht wird den anderen Organen vorgelegt und im Amtsblatt der Europäischen Union zusammen mit den Antworten dieser Organe auf die Bemerkungen des Rechnungshofs veröffentlicht. Er kann ferner jederzeit seine Bemerkungen zu besonderen Fragen vorlegen, insbesondere in Form von Sonderberichten, und auf Antrag eines der anderen Organe Stellungnahmen abgeben. Er nimmt seine jährlichen Berichte, Sonderberichte oder Stellungnahmen mit der Mehrheit seiner Mitglieder an. Er kann jedoch für die Annahme bestimmter Arten von Berichten oder Stellungnahmen nach Maßgabe seiner Geschäftsordnung Kammern bilden. Er unterstützt das Europäische Parlament und den Rat bei der Kontrolle der Ausführung des

Haushaltsplans. Er gibt sich eine Geschäftsordnung. Diese bedarf der Genehmigung des Rates.

 

Artikel III-385

 

(1) Zu Mitgliedern des Rechnungshofs sind Persönlichkeiten auszuwählen, die in ihren jeweiligen Staaten Rechnungsprüfungsorganen angehören oder angehört haben oder die für dieses Amt besonders geeignet sind. Sie müssen jede Gewähr für Unabhängigkeit bieten.

(2) Die Mitglieder des Rechnungshofs werden auf sechs Jahre ernannt. Ihre Wiederernennung ist zulässig. Der Rat erlässt einen Europäischen Beschluss zur Festlegung der entsprechend den Vorschlägen der einzelnen Mitgliedstaaten erstellten Liste der Mitglieder. Er beschließt nach Anhörung des Europäischen Parlaments. Die Mitglieder des Rechnungshofs wählen aus ihrer Mitte ihren Präsidenten für drei Jahre.

Wiederwahl ist zulässig.

(3) Die Mitglieder des Rechnungshofs dürfen bei der Erfüllung ihrer Pflichten Weisungen von einer Regierung oder einer anderen Stelle weder einholen noch entgegennehmen. Sie haben jede Handlung zu unterlassen, die mit ihren Aufgaben unvereinbar ist.

(4) Die Mitglieder des Rechnungshofs dürfen während ihrer Amtszeit keine andere entgeltliche oder unentgeltliche Berufstätigkeit ausüben. Bei der Aufnahme ihrer Tätigkeit übernehmen sie die feierliche Verpflichtung, während der Ausübung und nach Ablauf ihrer Amtstätigkeit die sich aus ihrem Amt ergebenden Pflichten zu erfüllen, insbesondere die Pflicht, bei der Annahme gewisser Tätigkeiten oder Vorteile nach Ablauf dieser Tätigkeit ehrenhaft und zurückhaltend zu sein.

(5) Abgesehen von regelmäßigen Neubesetzungen und von Todesfällen endet das Amt eines Mitglieds des Rechnungshofs durch Rücktritt oder durch Amtsenthebung durch den Gerichtshof nach Absatz 6. Für das ausscheidende Mitglied wird für die verbleibende Amtszeit ein Nachfolger ernannt. Außer im Fall der Amtsenthebung bleiben die Mitglieder des Rechnungshofs bis zur Neubesetzung ihres Sitzes im Amt.

(6) Ein Mitglied des Rechnungshofs kann nur dann seines Amtes enthoben oder seiner Ruhegehaltsansprüche oder anderer an ihrer Stelle gewährter Vergünstigungen für verlustig erklärt werden, wenn der Gerichtshof auf Antrag des Rechnungshofs feststellt, dass es nicht mehr die

erforderlichen Voraussetzungen erfüllt oder den sich aus seinem Amt ergebenden Verpflichtungen nicht mehr nachkommt.

 

ABSCHNITT 2

 

DIE BERATENDEN EINRICHTUNGEN DER UNION

 

Unterabschnitt 1

 

Der Ausschuss der Regionen

 

Artikel III-386

 

Der Ausschuss der Regionen hat höchstens 350 Mitglieder. Der Rat erlässt einstimmig auf Vorschlag der Kommission einen Europäischen Beschluss über die Zusammensetzung des Ausschusses. Die Mitglieder des Ausschusses und eine gleiche Anzahl von Stellvertretern werden für fünf Jahre ernannt. Wiederernennung ist zulässig. Ein Mitglied des Ausschusses darf nicht gleichzeitig Mitglied des Europäischen Parlaments sein. Der Rat erlässt den Europäischen Beschluss zur Festlegung der entsprechend den Vorschlägen der einzelnen Mitgliedstaaten erstellten Liste der Mitglieder und Stellvertreter. Die Amtszeit der Mitglieder des Ausschusses endet automatisch bei Ablauf des in Artikel I-32 Absatz 2 genannten Mandats, aufgrund dessen sie vorgeschlagen wurden; für die verbleibende Amtszeit wird nach demselben Verfahren ein Nachfolger ernannt.

 

Artikel III-387

 

Der Ausschuss der Regionen wählt aus seiner Mitte seinen Präsidenten und sein Präsidium für zweieinhalb Jahre. Er wird von seinem Präsidenten auf Antrag des Europäischen Parlaments, des Rates oder der Kommission einberufen. Er kann auch von sich aus zusammentreten. Er gibt sich eine Geschäftsordnung.

 

Artikel III-388

 

Der Ausschuss der Regionen wird vom Europäischen Parlament, vom Rat oder von der Kommission in den in der Verfassung vorgesehenen und in allen anderen Fällen gehört, in denen eines dieser Organe dies für zweckmäßig erachtet, insbesondere in Fällen, welche die grenzüberschreitende Zusammenarbeit betreffen. Wenn das Europäische Parlament, der Rat oder die Kommission es für notwendig erachten, setzen sie dem Ausschuss für die Vorlage seiner Stellungnahme eine Frist; diese beträgt mindestens einen Monat ab Eingang der entsprechenden Mitteilung beim Präsidenten des Ausschusses. Nach Ablauf der Frist kann das Fehlen einer Stellungnahme unberücksichtigt bleiben. Wird der Wirtschafts- und Sozialausschuss gehört, so wird der Ausschuss der Regionen vom Europäischen Parlament, vom Rat oder von der Kommission über dieses Ersuchen um Stellungnahme unterrichtet. Der Ausschuss der Regionen kann eine entsprechende Stellungnahme abgeben, wenn er der Auffassung ist, dass spezifische regionale Interessen berührt werden. Er kann auch von sich aus

eine Stellungnahme abgeben. Die Stellungnahme des Ausschusses sowie ein Bericht über seine Beratungen werden dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission übermittelt.

 

Unterabschnitt 2

 

Der Wirtschafts- und Sozialausschuss

 

Artikel III-389

 

Der Wirtschafts- und Sozialausschuss hat höchstens 350 Mitglieder. Der Rat erlässt einstimmig auf Vorschlag der Kommission einen Europäischen Beschluss über die Zusammensetzung des Ausschusses.

 

Artikel III-390

 

Die Mitglieder des Wirtschafts- und Sozialausschusses werden für fünf Jahre ernannt. Wiederernennung ist zulässig.

Der Rat erlässt den Europäischen Beschluss zur Festlegung der entsprechend den Vorschlägen der einzelnen Mitgliedstaaten erstellten Liste der Mitglieder. Der Rat beschließt nach Anhörung der Kommission. Er kann die Meinung der maßgeblichen europäischen Organisationen der verschiedenen Zweige des Wirtschafts- und Soziallebens und der Zivilgesellschaft einholen, die von der Tätigkeit der Union betroffen sind.

 

Artikel III-391

 

Der Wirtschafts- und Sozialausschuss wählt aus seiner Mitte seinen Präsidenten und sein Präsidium für zweieinhalb Jahre. Er wird von seinem Präsidenten auf Antrag des Europäischen Parlaments, des Rates oder der Kommission einberufen. Er kann auch von sich aus zusammentreten. Er gibt sich eine Geschäftsordnung.

 

Artikel III-392

 

Der Wirtschafts- und Sozialausschuss wird vom Europäischen Parlament, vom Rat oder von der Kommission in den in der Verfassung vorgesehenen Fällen gehört. Er kann von diesen Organen in allen Fällen gehört werden, in denen sie dies für zweckmäßig erachten. Er kann auch von sich aus Stellungnahmen abgeben. Wenn das Europäische Parlament, der Rat oder die Kommission es für notwendig erachten, setzen sie dem Ausschuss für die Vorlage seiner Stellungnahme eine Frist; diese beträgt mindestens einen Monat ab Eingang der Mitteilung beim Präsidenten des Ausschusses. Nach Ablauf der Frist kann das Fehlen einer Stellungnahme unberücksichtigt bleiben. Die Stellungnahmen des Ausschusses sowie ein Bericht über seine Beratungen werden dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission übermittelt.

 

ABSCHNITT 3

 

DIE EUROPÄISCHE INVESTITIONSBANK

 

Artikel III-393

 

Die Europäische Investitionsbank besitzt Rechtspersönlichkeit. Mitglieder sind die Mitgliedstaaten. Die Satzung der Europäischen Investitionsbank ist Gegenstand eines Protokolls. Die Satzung der Europäischen Investitionsbank kann durch Europäisches Gesetz des Rates geändert werden. Der Rat beschließt einstimmig entweder auf Antrag der Europäischen Investitionsbank nach Anhörung des Europäischen Parlaments und der Kommission oder auf Vorschlag der Kommission nach Anhörung des Europäischen Parlaments und der Europäischen Investitionsbank.

 

Artikel III-394

 

Aufgabe der Europäischen Investitionsbank ist es, zu einer ausgewogenen und reibungslosen Entwicklung des Binnenmarktes im Interesse der Union beizutragen; hierbei bedient sie sich des Kapitalmarkts sowie ihrer eigenen Mittel. In diesem Sinne erleichtert sie ohne Verfolgung eines

Erwerbszwecks, insbesondere durch Gewährung von Darlehen und Bürgschaften, die Finanzierung der nachstehend bezeichneten Vorhaben in allen Wirtschaftszweigen:

a) Vorhaben zur Erschließung der weniger entwickelten Gebiete;

b) Vorhaben zur Modernisierung oder Umstellung von Unternehmen oder zur Schaffung neuer Arbeitsmöglichkeiten, die sich aus der Verwirklichung oder dem Funktionieren des Binnenmarktes ergeben und wegen ihres Umfangs oder ihrer Art mit den in den einzelnen

Mitgliedstaaten vorhandenen Mitteln nicht vollständig finanziert werden können;

c) Vorhaben von gemeinsamem Interesse für mehrere Mitgliedstaaten, die wegen ihres Umfangs oder ihrer Art mit den in den einzelnen Mitgliedstaaten vorhandenen Mitteln nicht vollständig finanziert werden können.

In Erfüllung ihrer Aufgabe erleichtert die Europäische Investitionsbank die Finanzierung von Investitionsprogrammen in Verbindung mit der Unterstützung aus den Strukturfonds und anderen Finanzierungsinstrumenten der Union.

 

ABSCHNITT 4

 

GEMEINSAME BESTIMMUNGEN FÜR DIE ORGANE, EINRICHTUNGEN UND SONSTIGEN STELLEN DER UNION

 

Artikel III-395

 

(1) Wird der Rat aufgrund der Verfassung auf Vorschlag der Kommission tätig, so kann er diesen Vorschlag nur einstimmig abändern; dies gilt nicht in den Fällen nach Artikel I-55, Artikel I-56, Artikel III-396 Absätze 10 und 13, Artikel III-404 und Artikel III-405 Absatz 2.

(2) Solange der Rat nicht beschlossen hat, kann die Kommission ihren Vorschlag jederzeit im Verlauf der Verfahren zur Annahme eines Rechtsakts der Union ändern.

 

Artikel III-396

 

(1) Werden Europäische Gesetze oder Rahmengesetze nach Maßgabe der Verfassung im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen, so gilt das nachstehende Verfahren.

(2) Die Kommission unterbreitet dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Vorschlag.

Erste Lesung

(3) Das Europäische Parlament legt seinen Standpunkt in erster Lesung fest und übermittelt ihn dem Rat.

(4) Billigt der Rat den Standpunkt des Europäischen Parlaments, so ist der betreffende Rechtsakt in der Fassung des Standpunkts des Europäischen Parlaments erlassen.

(5) Billigt der Rat den Standpunkt des Europäischen Parlaments nicht, so legt er seinen Standpunkt in erster Lesung fest und übermittelt ihn dem Europäischen Parlament.

(6) Der Rat unterrichtet das Europäische Parlament in allen Einzelheiten über die Gründe, aus denen er seinen Standpunkt in erster Lesung festgelegt hat. Die Kommission unterrichtet das Europäische Parlament in allen Einzelheiten über ihren Standpunkt.

Zweite Lesung

(7) Hat das Europäische Parlament binnen drei Monaten nach der Übermittlung

a) den Standpunkt des Rates in erster Lesung gebilligt oder sich nicht geäußert, so gilt der betreffende Rechtsakt als in der Fassung des Standpunkts des Rates erlassen;

b) den Standpunkt des Rates in erster Lesung mit der Mehrheit seiner Mitglieder abgelehnt, so gilt der vorgeschlagene Rechtsakt als nicht erlassen;

c) mit der Mehrheit seiner Mitglieder Abänderungen an dem Standpunkt des Rates in erster Lesung vorgeschlagen, so wird die abgeänderte Fassung dem Rat und der Kommission zugeleitet; die Kommission gibt eine Stellungnahme zu diesen Abänderungen ab.

(8) Hat der Rat binnen drei Monaten nach Eingang der Abänderungen des Europäischen Parlaments mit qualifizierter Mehrheit

a) alle diese Abänderungen gebilligt, so gilt der betreffende Rechtsakt als erlassen;

b) nicht alle Abänderungen gebilligt, so beruft der Präsident des Rates im Einvernehmen mit dem Präsidenten des Europäischen Parlaments binnen sechs Wochen den Vermittlungsausschuss ein.

(9) Über Abänderungen, zu denen die Kommission eine ablehnende Stellungnahme abgegeben hat, beschließt der Rat einstimmig.

Vermittlung

(10) Der Vermittlungsausschuss, der aus den Mitgliedern des Rates oder deren Vertretern und ebenso vielen das Europäische Parlament vertretenden Mitgliedern besteht, hat die Aufgabe, mit der qualifizierten Mehrheit der Mitglieder des Rates oder deren Vertretern und der Mehrheit der das Europäische Parlament vertretenden Mitglieder binnen sechs Wochen nach seiner Einberufung eine Einigung auf der Grundlage der Standpunkte des Europäischen Parlaments und des Rates in zweiter Lesung zu erzielen.

(11) Die Kommission nimmt an den Arbeiten des Vermittlungsausschusses teil und ergreift alle erforderlichen Initiativen, um auf eine Annäherung der Standpunkte des Europäischen Parlaments und des Rates hinzuwirken.

(12) Billigt der Vermittlungsausschuss binnen sechs Wochen nach seiner Einberufung keinen gemeinsamen Entwurf, so gilt der vorgeschlagene Rechtsakt als nicht erlassen.

Dritte Lesung

(13) Billigt der Vermittlungsausschuss innerhalb dieser Frist einen gemeinsamen Entwurf, so verfügen das Europäische Parlament und der Rat ab dieser Billigung über eine Frist von sechs Wochen, um den betreffenden Rechtsakt entsprechend diesem Entwurf zu erlassen, wobei im Europäischen Parlament die Mehrheit der abgegebenen Stimmen und im Rat die qualifizierte Mehrheit erforderlich ist. Andernfalls gilt der vorgeschlagene Rechtsakt als nicht erlassen.

(14) Die in diesem Artikel genannten Fristen von drei Monaten beziehungsweise sechs Wochen werden auf Initiative des Europäischen Parlaments oder des Rates um höchstens einen Monat beziehungsweise zwei Wochen verlängert.

Besondere Bestimmungen

(15) Wird in den in der Verfassung vorgesehenen Fällen ein Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz auf Initiative einer Gruppe von Mitgliedstaaten, auf Empfehlung der Europäischen Zentralbank oder auf Antrag des Gerichtshofs im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen, so finden Absatz 2, Absatz 6 Satz 2 und Absatz 9 keine Anwendung. In diesen Fällen übermitteln das Europäische Parlament und der Rat der Kommission den Entwurf des Rechtsakts sowie ihre jeweiligen Standpunkte in erster und zweiter Lesung. Das Europäische Parlament oder der Rat können die Kommission während des gesamten Verfahrens um eine Stellungnahme bitten, die die Kommission auch von sich aus abgeben kann. Sie kann auch nach Maßgabe des Absatzes 11 an dem Vermittlungsausschuss teilnehmen, sofern sie dies für erforderlich

hält.

 

Artikel III-397

 

Das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission beraten sich und regeln einvernehmlich die Einzelheiten ihrer Zusammenarbeit. Dazu können sie unter Wahrung der Verfassung interinstitutionelle Vereinbarungen schließen, die auch bindenden Charakter haben können.

 

Artikel III-398

 

(1) Zur Ausübung ihrer Aufgaben stützen sich die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union auf eine offene, effiziente und unabhängige europäische Verwaltung.

(2) Die Bestimmungen zu diesem Zweck werden unter Beachtung des Statuts und der Beschäftigungsbedingungen nach Artikel III-427 durch Europäisches Gesetz erlassen.

 

Artikel III-399

 

(1) Die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union gewährleisten die Transparenz ihrer Tätigkeit und erlassen nach Artikel I-50 in ihren Geschäftsordnungen spezielle Bestimmungen über den Zugang der Öffentlichkeit zu ihren Dokumenten. Artikel I-50 Absatz 3 und der vorliegende Artikel gelten für den Gerichtshof der Europäischen Union, die Europäische Zentralbank und die Europäische Investitionsbank nur dann, wenn sie Verwaltungsaufgaben wahrnehmen.

(2) Das Europäische Parlament und der Rat sorgen dafür, dass die Dokumente, die die Gesetzgebungsverfahren betreffen, nach Maßgabe des in Artikel I-50 Absatz 3 genannten Europäischen Gesetzes öffentlich zugänglich gemacht werden.

 

Artikel III-400

 

(1) Der Rat erlässt die Europäischen Verordnungen und Beschlüsse zur Festlegung

a) der Gehälter, Vergütungen und Ruhegehälter für den Präsidenten des Europäischen Rates, den Präsidenten der Kommission, den Außenminister der Union, die Mitglieder der Kommission, die Präsidenten, die Mitglieder und die Kanzler des Gerichtshofs der Europäischen Union, sowie den Generalsekretär des Rates;

b) der Beschäftigungsbedingungen, insbesondere der Gehälter, Vergütungen und Ruhegehälter für den Präsidenten und die Mitglieder des Rechnungshofs;

c) aller als Entgelt gezahlten Vergütungen für die unter den Buchstaben a und b genannten Personen.

(2) Der Rat erlässt die Europäischen Verordnungen und Beschlüsse zur Festlegung der Vergütungen der Mitglieder des Wirtschafts- und Sozialausschusses.

 

Artikel III-401

 

Die Handlungen des Rates, der Kommission oder der Europäischen Zentralbank, die eine Zahlung auferlegen, sind vollstreckbare Titel; dies gilt nicht gegenüber den Mitgliedstaaten. Die Zwangsvollstreckung erfolgt nach den Vorschriften des Zivilprozessrechts des Mitgliedstaats, in

dessen Hoheitsgebiet sie stattfindet. Die Vollstreckungsklausel wird nach einer Prüfung, die sich lediglich auf die Echtheit des Titels erstrecken darf, von der staatlichen Behörde erteilt, welche die Regierung jedes Mitgliedstaats zu diesem Zweck bestimmt und der Kommission und dem

Gerichtshof der Europäischen Union benennt. Sind diese Formvorschriften auf Antrag der die Vollstreckung betreibenden Partei erfüllt, so kann

diese die Zwangsvollstreckung nach innerstaatlichem Recht betreiben, indem sie die zuständige Behörde unmittelbar anruft.

Die Zwangsvollstreckung kann nur durch eine Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union ausgesetzt werden. Für die Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Vollstreckungsbestimmungen sind jedoch die einzelstaatlichen Rechtsprechungsorgane zuständig.

 

KAPITEL II

 

FINANZVORSCHRIFTEN

 

ABSCHNITT 1

 

DER MEHRJÄHRIGE FINANZRAHMEN

 

Artikel III-402

 

(1) Der mehrjährige Finanzrahmen wird nach Artikel I-55 für einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren aufgestellt.

(2) In dem Finanzrahmen werden die jährlichen Obergrenzen der Mittel für Verpflichtungen je Ausgabenkategorie und die jährliche Obergrenze der Mittel für Zahlungen festgelegt. Die Ausgabenkategorien, von denen es nur wenige geben darf, entsprechen den Haupttätigkeitsbereichen

der Union.

(3) Der Finanzrahmen enthält auch alle sonstigen für den reibungslosen Ablauf des jährlichen Haushaltsverfahrens sachdienlichen Bestimmungen.

(4) Hat der Rat bis zum Ablauf des vorangegangenen Finanzrahmens kein Europäisches Gesetz zur Aufstellung eines neuen Finanzrahmens erlassen, so werden die Obergrenzen und sonstigen Bestimmungen des letzten Jahres des vorangegangenen Finanzrahmens bis zum Erlass dieses Gesetzes fortgeschrieben.

(5) Das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission treffen während des gesamten Verfahrens zur Annahme des Finanzrahmens alle erforderlichen Maßnahmen, um das Verfahren erfolgreich zum Abschluss zu bringen.

 

ABSCHNITT 2

 

DER JAHRESHAUSHALTSPLAN DER UNION

 

Artikel III-403

 

Das Haushaltsjahr beginnt am 1. Januar und endet am 31. Dezember.

 

Artikel III-404

 

Das Europäische Gesetz, mit dem der Jahreshaushaltsplan der Union festgelegt wird, wird nach den  folgenden Bestimmungen erlassen:

(1) Jedes Organ stellt vor dem 1. Juli einen Haushaltsvoranschlag für seine Ausgaben für das folgende Haushaltsjahr auf. Die Kommission fasst diese Voranschläge in einem Entwurf für den Haushaltsplan zusammen, der abweichende Voranschläge enthalten kann. Dieser Entwurf umfasst den Ansatz der Einnahmen und den Ansatz der Ausgaben.

(2) Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat spätestens am 1. September des Jahres, das dem entsprechenden Haushaltsjahr vorausgeht, einen Vorschlag mit dem Entwurf des Haushaltsplans vor. Die Kommission kann den Entwurf des Haushaltsplans während des laufenden Verfahrens bis zur Einberufung des in Absatz 5 genannten Vermittlungsausschusses ändern.

(3) Der Rat legt seinen Standpunkt zu dem Entwurf des Haushaltsplans fest und leitet ihn spätestens am 1. Oktober des Jahres, das dem entsprechenden Haushaltsjahr vorausgeht, dem Europäischen Parlament zu. Er unterrichtet das Europäische Parlament in allen Einzelheiten über die Gründe, aus denen er seinen Standpunkt festgelegt hat.

(4) Hat das Europäische Parlament binnen 42 Tagen nach der Übermittlung

a) den Standpunkt des Rates gebilligt, so gilt das Europäische Gesetz zur Festlegung des Haushaltsplans als erlassen;

b) keinen Beschluss gefasst, so gilt das Europäische Gesetz zur Festlegung des Haushaltsplans als erlassen;

c) mit der Mehrheit seiner Mitglieder Abänderungen angenommen, so wird die abgeänderte Fassung des Entwurfs dem Rat und der Kommission zugeleitet. Der Präsident des Europäischen Parlaments beruft im Einvernehmen mit dem Präsidenten des Rates umgehend den Vermittlungsausschussein. Der Vermittlungsausschuss tritt jedoch nicht zusammen, wenn der Rat dem Europäischen Parlament binnen zehn Tagen nach der Übermittlung des geänderten Entwurfs mitteilt, dass er alle seine Abänderungen billigt.

(5) Der Vermittlungsausschuss, der aus den Mitgliedern des Rates oder deren Vertretern und ebenso vielen das Europäische Parlament vertretenden Mitgliedern besteht, hat die Aufgabe, binnen 21 Tagen nach seiner Einberufung auf der Grundlage der Standpunkte des Europäischen Parlaments und des Rates mit der qualifizierten Mehrheit der Mitglieder des Rates oder deren Vertretern und der Mehrheit

der das Europäische Parlament vertretenden Mitglieder eine Einigung über einen gemeinsamen Entwurf zu erzielen. Die Kommission nimmt an den Arbeiten des Vermittlungsausschusses teil und ergreift alle erforderlichen Initiativen, um eine Annäherung der Standpunkte des Europäischen Parlaments und des Rates zu bewirken.

(6) Einigt sich der Vermittlungsausschuss innerhalb der in Absatz 5 genannten Frist von 21 Tagen auf einen gemeinsamen Entwurf, so verfügen das Europäische Parlament und der Rat ab dieser Einigung über eine Frist von 14 Tagen, um den gemeinsamen Entwurf zu billigen.

(7) Wenn innerhalb der in Absatz 6 genannten Frist von 14 Tagen

a) der gemeinsame Entwurf sowohl vom Europäischen Parlament als auch vom Rat gebilligt wird oder beide keinen Beschluss fassen oder eines dieser Organe den gemeinsamen Entwurf billigt, während das andere Organ keinen Beschluss fasst, so gilt das Europäische Gesetz zur Festlegung des Haushaltsplans als entsprechend dem gemeinsamen Entwurf endgültig erlassen, oder

b) der gemeinsame Entwurf sowohl vom Europäischen Parlament mit der Mehrheit seiner Mitglieder als auch vom Rat abgelehnt wird oder eines dieser Organe den gemeinsamen Entwurf ablehnt, während das andere Organ keinen Beschluss fasst, so legt die Kommission einen neuen Entwurf für den Haushaltsplan vor, oder

c) der gemeinsame Entwurf vom Europäischen Parlament mit der Mehrheit seiner Mitglieder abgelehnt wird, während er vom Rat gebilligt wird, so legt die Kommission einen neuen Entwurf für den Haushaltsplan vor, oder

d) der gemeinsame Entwurf vom Europäischen Parlament gebilligt wird, während er vom Rat abgelehnt wird, so kann das Europäische Parlament binnen 14 Tagen ab dem Tag der Ablehnung durch den Rat mit der Mehrheit seiner Mitglieder und drei Fünfteln der abgegebenen Stimmen beschließen, alle oder einige der in Absatz 4 Buchstabe c genannten Abänderungen zu bestätigen. Wird eine Abänderung des Europäischen Parlaments nicht bestätigt, so wird der im Vermittlungsausschuss vereinbarte Standpunkt zu dem Haushaltsposten, der Gegenstand der Abänderung ist, übernommen. Das Europäische Gesetz zur Festlegung des Haushaltsplans gilt als auf dieser Grundlage endgültig erlassen.

(8) Einigt sich der Vermittlungsausschuss nicht binnen der in Absatz 5 genannten Frist von 21 Tagen auf einen gemeinsamen Entwurf, so legt die Kommission einen neuen Entwurf für den Haushaltsplan vor.

(9) Nach Abschluss des Verfahrens dieses Artikels stellt der Präsident des Europäischen Parlaments fest, dass das Europäische Gesetz zur Festlegung des Haushaltsplans endgültig erlassen ist.

(10) Jedes Organ übt die ihm aufgrund dieses Artikels zufallenden Befugnisse unter Wahrung der Verfassung und der Rechtsakte aus, die auf der Grundlage der Verfassung insbesondere im Bereich der Eigenmittel der Union und des Gleichgewichts von Einnahmen und Ausgaben erlassen wurden.

 

Artikel III-405

 

(1) Ist zu Beginn eines Haushaltsjahres noch kein Europäisches Gesetz zur Festlegung des Haushaltsplans endgültig erlassen, so können entsprechend dem Europäischen Gesetz nach Artikel III-412 für jedes Kapitel monatliche Ausgaben bis zur Höhe eines Zwölftels der im

betreffenden Kapitel des Haushaltsplans des vorangegangenen Haushaltsjahres eingesetzten Mittel vorgenommen werden, die jedoch ein Zwölftel der Mittelansätze des gleichen Kapitels des Haushaltsplanentwurfs nicht überschreiten dürfen.

(2) Der Rat kann auf Vorschlag der Kommission unter Beachtung der sonstigen Bestimmungen des Absatzes 1 entsprechend dem Europäischen Gesetz nach Artikel III-412 einen Europäischen Beschluss erlassen, mit dem er über dieses Zwölftel hinausgehende Ausgaben genehmigt. Er leitet diesen Beschluss unverzüglich dem Europäischen Parlament zu. In diesem Europäischen Beschluss werden unter Beachtung der in Artikel I-54 Absätze 3 und 4 genannten Europäischen Gesetze die erforderlichen Maßnahmen im Bereich der Mittel zur

Durchführung dieses Artikels vorgesehen. Er tritt 30 Tage nach seinem Erlass in Kraft, sofern das Europäische Parlament nicht innerhalb dieser Frist mit der Mehrheit seiner Mitglieder beschließt, diese Ausgaben zu kürzen.

 

Artikel III-406

 

Nach Maßgabe des Europäischen Gesetzes nach Artikel III-412 dürfen die nicht für Personalausgaben vorgesehenen Mittel, die bis zum Ende der Durchführungszeit eines Haushaltsplans nicht verbraucht worden sind, übertragen werden, jedoch lediglich auf das nächste Haushaltsjahr.

Die vorgesehenen Mittel werden nach Kapiteln gegliedert, in denen die Ausgaben nach Art oder Bestimmung zusammengefasst sind; die Kapitel werden entsprechend dem Europäischen Gesetz nach Artikel III-412 unterteilt.

Die Ausgaben

— des Europäischen Parlaments,

— des Europäischen Rates und des Rates,

— der Kommission und

— des Gerichtshofs der Europäischen Union

werden unbeschadet einer besonderen Regelung für bestimmte gemeinsame Ausgaben in gesonderten Einzelplänen aufgeführt.

 

ABSCHNITT 3

 

AUSFÜHRUNG DES HAUSHALTSPLANS UND ENTLASTUNG

 

Artikel III-407

 

Die Kommission führt den Haushaltsplan zusammen mit den Mitgliedstaaten nach Maßgabe des Europäischen Gesetzes nach Artikel III-412 in eigener Verantwortung und im Rahmen der zugewiesenen Mittel entsprechend dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung aus.

Die Mitgliedstaaten arbeiten mit der Kommission zusammen, um sicherzustellen, dass die Mittel nach diesem Grundsatz verwendet werden.

Das Europäische Gesetz nach Artikel III-412 legt die Kontroll- und Wirtschaftsprüfungspflichten der Mitgliedstaaten bei der Ausführung des Haushaltsplans sowie die damit verbundenen Verantwortlichkeiten fest. Es legt die Verantwortlichkeiten und die besonderen Einzelheiten fest, nach denen jedes Organ an der Vornahme seiner Ausgaben beteiligt ist. Innerhalb des Haushaltsplans kann die Kommission nach Maßgabe und in den Grenzen des Europäischen Gesetzes nach Artikel III-412 Mittel von Kapitel zu Kapitel oder von Untergliederung zu Untergliederung übertragen.

 

Artikel III-408

 

Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat jährlich die Rechnung des abgelaufenen Haushaltsjahres für die Rechnungsvorgänge des Haushaltsplans vor. Sie übermittelt ihnen ferner eine Übersicht über das Vermögen und die Schulden der Union.

Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat ferner einen Evaluierungsbericht zu den Finanzen der Union vor, der sich auf die Ergebnisse stützt, die insbesondere in Bezug auf die Vorgaben erzielt wurden, die vom Europäischen Parlament und vom Rat nach Artikel III-409 gegeben wurden.

 

Artikel III-409

 

(1) Auf Empfehlung des Rates erteilt das Europäische Parlament der Kommission Entlastung zur Ausführung des Haushaltsplans. Zu diesem Zweck prüft es nach dem Rat die Rechnung, die Übersicht und den Evaluierungsbericht nach Artikel III-408 sowie den Jahresbericht des

Rechnungshofs zusammen mit den Antworten der kontrollierten Organe auf dessen Bemerkungen, die Zuverlässigkeitserklärung nach Artikel III-384 Absatz 1 Unterabsatz 2 und die einschlägigen Sonderberichte des Rechnungshofs.

(2) Das Europäische Parlament kann vor der Entlastung der Kommission sowie auch zu anderen Zwecken im Zusammenhang mit der Ausübung ihrer Haushaltsbefugnisse die Kommission auffordern, Auskunft über die Vornahme der Ausgaben oder die Arbeitsweise der Finanzkontrollsysteme zu erteilen. Die Kommission legt dem Europäischen Parlament auf dessen Ersuchen alle notwendigen Informationen vor.

(3) Die Kommission trifft alle zweckdienlichen Maßnahmen, um den Bemerkungen in den Entlastungsbeschlüssen und anderen Bemerkungen des Europäischen Parlaments zur Vornahme der Ausgaben sowie den Erläuterungen, die den Entlastungsempfehlungen des Rates beigefügt sind, nachzukommen.

 

(4) Auf Ersuchen des Europäischen Parlaments oder des Rates erstattet die Kommission Bericht über die Maßnahmen, die aufgrund dieser Bemerkungen und Erläuterungen getroffen wurden, insbesondere über die Weisungen, die den für die Ausführung des Haushaltsplans zuständigen Dienststellen erteilt worden sind. Diese Berichte sind auch dem Rechnungshof zuzuleiten.

 

ABSCHNITT 4

 

GEMEINSAME BESTIMMUNGEN

 

Artikel III-410

 

Der mehrjährige Finanzrahmen und der Jahreshaushaltsplan werden in Euro aufgestellt.

 

Artikel III-411

 

Die Kommission kann vorbehaltlich der Unterrichtung der zuständigen Behörden der betreffenden Mitgliedstaaten ihre Guthaben in der Währung eines dieser Staaten in die Währung eines anderen Mitgliedstaats transferieren, soweit dies erforderlich ist, um diese Guthaben für die in der Verfassung vorgesehenen Zwecke zu verwenden. Besitzt die Kommission verfügbare oder flüssige Guthaben in der benötigten Währung, so vermeidet sie soweit möglich derartige Transferierungen. Die Kommission verkehrt mit jedem der betroffenen Mitgliedstaaten über die von diesem bezeichnete Behörde. Bei der Durchführung ihrer Finanzgeschäfte nimmt sie die Notenbank des betreffenden

Mitgliedstaats oder ein anderes von diesem genehmigtes Finanzinstitut in Anspruch.

 

Artikel III-412

 

(1) Durch Europäisches Gesetz

a) wird die Haushaltsordnung aufgestellt, in der insbesondere die Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans sowie die Rechnungslegung und Rechnungsprüfung im Einzelnen geregelt werden;

b) werden die Vorschriften, die die Kontrolle der Verantwortung der Finanzakteure, und insbesondere der anweisungsbefugten Personen und der Rechnungsführer regeln, festgelegt. Das Europäische Gesetz wird nach Anhörung des Rechnungshofs erlassen.

(2) Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission eine Europäische Verordnung zur Festlegung der Einzelheiten und des Verfahrens, nach denen die in der Regelung über die Eigenmittel der Union vorgesehenen Haushaltseinnahmen der Kommission zur Verfügung gestellt werden, sowie die Maßnahmen, die zu treffen sind, um gegebenenfalls die erforderlichen Kassenmittel bereitzustellen. Der Rat beschließt nach Anhörung des Europäischen Parlaments und des Rechnungshofs.

(3) Bis zum 31. Dezember 2006 beschließt der Rat in allen in diesem Artikel genannten Fällen einstimmig.

 

Artikel III-413

 

Das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission stellen sicher, dass der Union die Finanzmittel zur Verfügung stehen, die es ihr ermöglichen, ihren rechtlichen Verpflichtungen gegenüber Dritten nachzukommen.

 

Artikel III-414

 

Auf Initiative der Kommission werden im Rahmen der nach diesem Kapitel vorgesehenen Haushaltsverfahren regelmäßige Treffen der Präsidenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission einberufen. Diese treffen alle erforderlichen Maßnahmen, um die Abstimmung und Annäherung der Standpunkte der Organe, denen sie vorstehen, zu fördern und so die Durchführung dieses Kapitels zu erleichtern.

 

ABSCHNITT 5

 

BETRUGSBEKÄMPFUNG

 

Artikel III-415

 

(1) Die Union und die Mitgliedstaaten bekämpfen Betrügereien und sonstige gegen die finanziellenInteressen der Union gerichtete rechtswidrige Handlungen mit Maßnahmen nach diesem Artikel. Diese Maßnahmen sind abschreckend und bewirken in den Mitgliedstaaten sowie in den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union einen effektiven Schutz.

(2) Zur Bekämpfung von Betrügereien, die sich gegen die finanziellen Interessen der Union richten, ergreifen die Mitgliedstaaten die gleichen Maßnahmen, die sie auch zur Bekämpfung von Betrügereien ergreifen, die sich gegen ihre eigenen finanziellen Interessen richten.

(3) Die Mitgliedstaaten koordinieren unbeschadet der sonstigen Bestimmungen der Verfassung ihre Tätigkeit zum Schutz der finanziellen Interessen der Union vor Betrügereien. Sie sorgen zu diesem Zweck zusammen mit der Kommission für eine enge, regelmäßige Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden.

(4) Zur Gewährleistung eines effektiven und gleichwertigen Schutzes in den Mitgliedstaaten sowie in den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union werden die erforderlichen Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung von Betrügereien, die sich gegen die finanziellen

Interessen der Union richten, durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz festgelegt. Es wird nach Anhörung des Rechnungshofs erlassen.

(5) Die Kommission legt in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten dem Europäischen Parlamentund dem Rat jährlich einen Bericht über die Maßnahmen vor, die zur Durchführung dieses Artikels ergriffen wurden.

 

KAPITEL III

 

VERSTÄRKTE ZUSAMMENARBEIT

 

Artikel III-416

 

Eine Verstärkte Zusammenarbeit achtet die Verfassung und das Recht der Union. Sie darf weder den Binnenmarkt noch den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt beeinträchtigen. sie darf für den Handel zwischen den Mitgliedstaaten weder ein Hindernis noch eine

Diskriminierung darstellen noch darf sie zu Verzerrungen des Wettbewerbs zwischen den Mitgliedstaaten führen.

 

Artikel III-417

 

Eine Verstärkte Zusammenarbeit achtet die Zuständigkeiten, Rechte und Pflichten der nicht an der Zusammenarbeit beteiligten Mitgliedstaaten. Diese stehen der Durchführung der Verstärkten Zusammenarbeit durch die daran beteiligten Mitgliedstaaten nicht im Wege.

 

Artikel III-418

 

(1) Bei ihrer Begründung steht eine Verstärkte Zusammenarbeit allen Mitgliedstaaten offen, sofern sie die in dem hierzu ermächtigenden Europäischen Beschluss gegebenenfalls festgelegten Teilnahmevoraussetzungen erfüllen. Dies gilt auch zu jedem anderen Zeitpunkt, sofern sie neben den genannten etwaigen Voraussetzungen auch die in diesem Rahmen bereits erlassenen Rechtsakte

beachten. Die Kommission und die an einer Verstärkten Zusammenarbeit teilnehmenden Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass die Teilnahme möglichst vieler Mitgliedstaaten gefördert wird.

(2) Die Kommission und gegebenenfalls der Außenminister der Union unterrichten das Europäische Parlament und den Rat regelmäßig über die Entwicklung einer Verstärkten Zusammenarbeit.

 

Artikel III-419

 

(1) Die Mitgliedstaaten, die in einem der Bereiche der Verfassung — mit Ausnahme der Bereiche, für die die Union die ausschließliche Zuständigkeit besitzt, und der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik — untereinander eine Verstärkte Zusammenarbeit begründen möchten, richten einen Antrag an die Kommission, in dem der Anwendungsbereich und die Ziele aufgeführt werden, die mit der beabsichtigten Verstärkten Zusammenarbeit angestrebt werden. Die Kommission kann dem Rat einen entsprechenden Vorschlag vorlegen. Legt die Kommission keinen Vorschlag vor, so teilt sie den betroffenen Mitgliedstaaten ihre Gründe dafür mit. Die Ermächtigung zur Einleitung einer Verstärkten Zusammenarbeit wird mit einem vom Rat auf Vorschlag der Kommission und nach Zustimmung des Europäischen Parlaments erlassenen Europäischen Beschluss erteilt.

(2) Der Antrag der Mitgliedstaaten, die untereinander im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik eine Verstärkte Zusammenarbeit begründen möchten, wird an den Rat gerichtet. Der Antrag wird dem Außenminister der Union, der zur Kohärenz der beabsichtigten Verstärkten Zusammenarbeit mit der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Union Stellung nimmt, sowie der Kommission übermittelt, die insbesondere zur Kohärenz der beabsichtigten Verstärkten Zusammenarbeit mit der Politik der Union in anderen Bereichen Stellung nimmt. Der Antrag wird ferner dem Europäischen Parlament zur Unterrichtung übermittelt. Die Ermächtigung zur Einleitung einer Verstärkten Zusammenarbeit wird mit einem Europäischen Beschluss des Rates erteilt, der einstimmig beschließt.

 

Artikel III-420

 

(1) Jeder Mitgliedstaat, der sich einer bestehenden Verstärkten Zusammenarbeit in einem der in Artikel III-419 Absatz 1 genannten Bereiche anschließen will, teilt dem Rat und der Kommission seine Absicht mit. Die Kommission bestätigt binnen vier Monaten nach Eingang der Mitteilung die Beteiligung des betreffenden Mitgliedstaats. Dabei stellt sie gegebenenfalls fest, dass die Beteiligungsvoraussetzungen erfüllt sind, und erlässt die notwendigen Übergangsmaßnahmen zur Anwendung der im Rahmen der Verstärkten Zusammenarbeit bereits erlassenen Rechtsakte Ist die Kommission jedoch der Auffassung, dass die Beteiligungsvoraussetzungen nicht erfüllt sind, so gibt sie an, welche Bestimmungen zur Erfüllung dieser Voraussetzungen erlassen werden müssen, und legt eine Frist für die erneute Prüfung des Antrags fest. Nach Ablauf dieser Frist prüft sie den Antrag erneut nach dem in Unterabsatz 2 vorgesehenen Verfahren. Ist die Kommission der Auffassung, dass die Beteiligungsvoraussetzungen weiterhin nicht erfüllt sind, so kann der betreffende Mitgliedstaat mit dieser Frage den Rat befassen, der über den Antrag befindet. Der Rat beschließt nach Artikel I-44 Absatz 3. Er kann außerdem auf Vorschlag der Kommission die in Unterabsatz 2 genannten Übergangsmaßnahmen erlassen.

(2) Jeder Mitgliedstaat, der an einer bestehenden Verstärkten Zusammenarbeit im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik teilnehmen möchte, teilt dem Rat, dem Außenminister der Union und der Kommission seine Absicht mit. Der Rat bestätigt die Teilnahme des betreffenden Mitgliedstaats nach Anhörung des Außenministers der Union und gegebenenfalls nach der Feststellung, dass die Teilnahmevoraussetzungen erfüllt sind. Der Rat kann auf Vorschlag des Außenministers der Union ferner die notwendigen Übergangs -maßnahmen zur Anwendung der im Rahmen der verstärkten Zusammenarbeit bereits erlassenen

Rechtsakte treffen. Ist der Rat jedoch der Auffassung, dass die Teilnahmevoraussetzungen nicht erfüllt sind, so gibt er an, welche Schritte zur Erfüllung dieser Voraussetzungen notwendig sind, und legt eine Frist für die erneute Prüfung des Antrags auf Teilnahme fest. Für die Zwecke dieses Absatzes beschließt der Rat einstimmig nach Artikel I-44 Absatz 3.

 

Artikel III-421

 

Die sich aus der Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit ergebenden Ausgaben, mit Ausnahme der Verwaltungskosten der Organe, werden von den beteiligten Mitgliedstaaten getragen, sofern der Rat nicht nach Anhörung des Europäischen Parlaments durch einstimmigen Beschluss sämtlicher Mitglieder des Rates etwas anderes beschließt.

 

Artikel III-422

 

(1) Wenn nach einer Bestimmung der Verfassung, die im Rahmen einer Verstärkten Zusammenarbeit angewendet werden könnte, der Rat einstimmig beschließen muss, kann der Rat nach Artikel I-44 Absatz 3 einstimmig einen Europäischen Beschluss dahin gehend erlassen, dass er mit

qualifizierter Mehrheit beschließt.

(2) Wenn nach einer Bestimmung der Verfassung, die im Rahmen einer Verstärkten Zusammenarbeit angewendet werden könnte, Europäische Gesetze und Rahmengesetze vom Rat nach einem besonderen Gesetzgebungsverfahren erlassen werden müssen, kann der Rat nach Artikel I-44 Absatz 3 einstimmig einen Europäischen Beschluss dahin gehend erlassen, dass er nach dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren beschließt. Der Rat beschließt nach Anhörung des Europäischen Parlaments.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für Beschlüsse mit militärischen oder verteidigungspolitischen Bezügen.

 

Artikel III-423

 

Der Rat und die Kommission stellen sicher, dass die im Rahmen einer Verstärkten Zusammenarbeit durchgeführten Maßnahmen untereinander und mit der Politik der Union im Einklang stehen, und arbeiten entsprechend zusammen.

 

TITEL VII

 

GEMEINSAME BESTIMMUNGEN

 

Artikel III-424

 

Unter Berücksichtigung der strukturbedingten wirtschaftlichen und sozialen Lage Guadeloupes, Französisch-Guayanas, Martiniques, Réunions, der Azoren, Madeiras und der Kanarischen Inseln, die durch die Faktoren Abgelegenheit, Insellage, geringe Größe, schwierige Relief- und Klimabedingungen und wirtschaftliche Abhängigkeit von einigen wenigen Erzeugnissen erschwert wird, die als ständige Gegebenheiten und durch ihr Zusammenwirken die Entwicklung schwer beeinträchtigen, erlässt der Rat auf Vorschlag der Kommission Europäische Gesetze, Rahmengesetze, Verordnungen und Beschlüsse, die insbesondere darauf abzielen, die Bedingungen für die Anwendung der Verfassung auf

die genannten Gebiete, einschließlich der gemeinsamen Politik, festzulegen. Er beschließt nach Anhörung des Europäischen Parlaments.

Die Rechtsakte nach Absatz 1 betreffen insbesondere die Zoll- und Handelspolitik, die Steuerpolitik, Freizonen, die Agrar- und Fischereipolitik, die Bedingungen für die Versorgung mit Rohstoffen und grundlegenden Verbrauchsgütern, staatliche Beihilfen sowie die Bedingungen für den Zugang zu den Strukturfonds und zu den horizontalen Unionsprogrammen. Der Rat erlässt die Rechtsakte nach Absatz 1 unter Berücksichtigung der besonderen Merkmale und Zwänge der Gebiete in äußerster Randlage, ohne dabei die Integrität und Kohärenz der

Rechtsordnung der Union, die auch den Binnenmarkt und die gemeinsamen Politikbereiche umfasst, zu beeinträchtigen.

 

Artikel III-425

 

Die Verfassung lässt die Eigentumsordnung in den verschiedenen Mitgliedstaaten unberührt.

 

Artikel III-426

 

Die Union besitzt in jedem Mitgliedstaat die weitestgehende Rechts- und Geschäftsfähigkeit, die juristischen Personen nach dessen Rechtsvorschriften zuerkannt ist. Sie kann insbesondere bewegliches und unbewegliches Vermögen erwerben und veräußern sowie vor Gericht stehen. Zu diesem Zweck wird sie von der Kommission vertreten. In Fragen, die das Funktionieren der einzelnen Organe betreffen, wird die Union hingegen aufgrund von deren Verwaltungsautonomie von dem betreffenden Organ vertreten.

 

Artikel III-427

 

Das Statut der Beamten der Union und die Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Union werden durch Europäisches Gesetz festgelegt. Es wird nach Anhörung der betroffenen Organe erlassen.

 

Artikel III-428

 

Zur Erfüllung der ihr übertragenen Aufgaben kann die Kommission alle erforderlichen Auskünfte einholen und alle erforderlichen Nachprüfungen vornehmen; der Rahmen und die nähere Maßgabe hierfür werden vom Rat mit einfacher Mehrheit in einer Europäischen Verordnung oder in einem Europäischen Beschluss festgelegt.

 

Artikel III-429

 

(1) Unbeschadet des Artikels 5 des Protokolls über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank werden durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz Maßnahmen für die Erstellung von Statistiken festgelegt, wenn dies für die Durchführung der Tätigkeiten der Union erforderlich ist.

(2) Die Erstellung der Statistiken erfolgt unter Wahrung der Unparteilichkeit, der Zuverlässigkeit, der Objektivität, der wissenschaftlichen Unabhängigkeit, der Kostenwirksamkeit und der statistischen Geheimhaltung. Den Wirtschaftsteilnehmern dürfen dadurch keine übermäßigen Belastungen entstehen.

 

Artikel III-430

 

Die Mitglieder der Organe der Union, die Mitglieder der Ausschüsse sowie die Beamten und sonstigen Bediensteten der Union sind verpflichtet, auch nach Beendigung ihrer Amtstätigkeit Auskünfte, die ihrem Wesen nach unter das Berufsgeheimnis fallen, nicht preiszugeben; dies gilt insbesondere für Auskünfte über Unternehmen sowie deren Geschäftsbeziehungen oder Kostenelemente.

 

Artikel III-431

 

Die vertragliche Haftung der Union bestimmt sich nach dem Recht, das auf den betreffenden Vertrag anzuwenden ist.

Im Bereich der außervertraglichen Haftung ersetzt die Union den durch ihre Organe oder Bediensteten in Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursachten Schaden nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind.

Abweichend von Absatz 2 ersetzt die Europäische Zentralbank den durch sie oder ihre Bediensteten in Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursachten Schaden nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind.

Die persönliche Haftung der Bediensteten gegenüber der Union bestimmt sich nach den Vorschriften ihres Statuts oder der für sie geltenden Beschäftigungsbedingungen.

 

Artikel III-432

 

Der Sitz der Organe der Union wird im Einvernehmen zwischen den Regierungen der Mitgliedstaaten bestimmt.

 

Artikel III-433

 

Der Rat erlässt einstimmig eine Europäische Verordnung zur Regelung der Sprachenfrage für die Organe der Union unbeschadet der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union.

 

Artikel III-434

 

Die Union genießt im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten die zur Erfüllung ihrer Aufgabe erforderlichen Vorrechte und Befreiungen nach Maßgabe des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union.

 

Artikel III-435

 

Die Rechte und Pflichten aus Übereinkünften, die vor dem 1. Januar 1958 oder, im Falle später beigetretener Staaten, vor dem Zeitpunkt ihres Beitritts zwischen einem oder mehreren Mitgliedstaaten einerseits und einem oder mehreren Drittländern andererseits geschlossen wurden,

werden durch die Verfassung nicht berührt. Soweit diese Übereinkünfte mit der Verfassung nicht vereinbar sind, wenden der oder die

betreffenden Mitgliedstaaten alle geeigneten Mittel an, um die festgestellten Unvereinbarkeiten zu beheben. Erforderlichenfalls leisten die Mitgliedstaaten einander zu diesem Zweck Hilfe; sie nehmen gegebenenfalls eine gemeinsame Haltung ein. Bei Anwendung der in Absatz 1 bezeichneten Übereinkünfte tragen die Mitgliedstaaten dem Umstand Rechnung, dass die in der Verfassung von jedem Mitgliedstaat gewährten Vorteile Bestandteil der Union sind und daher mit der Schaffung von in der Verfassung mit Befugnissen ausgestatteten Organen und der Gewährung genau der gleichen Vorteile durch alle anderen Mitgliedstaaten in untrennbarem Zusammenhang stehen.

 

Artikel III-436

 

(1) Die Verfassung steht folgenden Bestimmungen nicht entgegen:

a) Ein Mitgliedstaat ist nicht verpflichtet, Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seines Erachtens seinen wesentlichen Sicherheitsinteressen widerspricht;

b) jeder Mitgliedstaat kann die Maßnahmen ergreifen, die seines Erachtens für die Wahrung seiner wesentlichen Sicherheitsinteressen erforderlich sind, soweit sie die Herstellung von Waffen, Munition und Kriegsmaterial oder den Handel damit betreffen; diese Maßnahmen dürfen auf dem Binnenmarkt die Wettbewerbsbedingungen hinsichtlich der nicht eigens für militärische Zwecke bestimmten Waren nicht beeinträchtigen.

(2) Der Rat kann auf Vorschlag der Kommission einstimmig einen Europäischen Beschluss zur Änderung der Liste vom 15. April 1958 mit den Waren, auf die Absatz 1 Buchstabe b Anwendung findet, erlassen.

 

TEIL IV

 

ALLGEMEINE UND SCHLUSSBESTIMMUNGEN

 

Artikel IV-437

 

Aufhebung der früheren Verträge

(1) Mit diesem Vertrag über eine Verfassung für Europa werden der Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und der Vertrag über die Europäische Union sowie, nach Maßgabe des Protokolls über die Rechtsakte und Verträge zur Ergänzung oder Änderung des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Vertrags über die Europäische Union die Rechtsakte und Verträge zu ihrer Ergänzung oder Änderung vorbehaltlich des Absatzes 2 aufgehoben.

(2) Die Verträge über den Beitritt

a) des Königreichs Dänemark, Irlands sowie des Vereinigten Königreichs Großbritannien und

Nordirland,

b) der Hellenischen Republik,

c) des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik,

d) der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden sowie

e) der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik werden aufgehoben.

Jedoch

    Bleiben diejenigen Bestimmungen der unter den Buchstaben a bis d genannten Verträge, die in das Protokoll betreffend die Verträge und die Akten über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands sowie des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, der Hellenischen Republik, des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik, der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden übernommen wurden oder darin angeführt sind, in Kraft und behalten ihre Rechtswirkung nach Maßgabe dieses Protokolls.

    Bleiben diejenigen Bestimmungen des unter Buchstabe e genannten Vertrags, die in das Protokoll betreffend den Vertrag und die Akte   

          über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, 

          der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik übernommen 

          wurden oder darin aufgeführt sind, in Kraft und behalten ihre Rechtswirkung nach Maßgabe dieses Protokolls.

 

Artikel IV-438

 

Rechtsnachfolge und rechtliche Kontinuität

(1) Die durch diesen Vertrag geschaffene Europäische Union tritt die Rechtsnachfolge der durch den Vertrag über die Europäische Union gegründeten Europäischen Union und der Europäischen Gemeinschaft an.

(2) Vorbehaltlich des Artikels IV-439 nehmen die bei Inkrafttreten dieses Vertrags bestehenden Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen ihre Befugnisse nach diesem Vertrag in ihrer zum Zeitpunkt des Inkrafttretens gegebenen Zusammensetzung so lange wahr, bis in Anwendung dieses Vertrags neue Bestimmungen erlassen werden oder ihr Mandat endet.

(3) Die Rechtsakte der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen, die auf der Grundlage der durch Artikel IV-437 aufgehobenen Verträge und Rechtsakte angenommen wurden, gelten weiter. Sie behalten so lange Rechtswirkung, bis sie in Anwendung dieses Vertrags aufgehoben, für nichtigerklärt oder geändert werden. Dies gilt auch für Übereinkommen, die auf der Grundlage der durch Artikel IV-437 aufgehobenen Verträge und Rechtsakte zwischen Mitgliedstaaten geschlossen wurden. Die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Vertrags geltenden weiteren Teile des Besitzstands der Gemeinschaft und der Union, insbesondere die interinstitutionellen Vereinbarungen, die Beschlüsse

und Vereinbarungen der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten, die Vereinbarungen der Mitgliedstaaten über die Funktionsweise der Union oder der Gemeinschaft oder im Zusammenhang mit deren Handeln, die Erklärungen, einschließlich jener im Rahmen von Regierungskonferenzen, und die Entschließungen oder sonstigen Stellungnahmen des Europäischen Rates oder des Rates sowie die die Union oder die Gemeinschaft betreffenden Entschließungen oder sonstigen Stellungnahmen, die von den Mitgliedstaaten im gegenseitigen Einvernehmen angenommen wurden, haben ebenfalls so lange weiter Bestand, bis sie aufgehoben oder geändert werden.

(4) Die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften und des Gerichts erster Instanz zur Auslegung und Anwendung der durch Artikel IV-437 aufgehobenen Verträge und Rechtsakte und der für ihre Anwendung erlassenen Rechtsakte und geschlossenen Übereinkommen bleibt sinngemäß auch weiterhin maßgeblich für die verbindliche Auslegung des Unionsrechts und insbesondere vergleichbarer Bestimmungen der Verfassung.

(5) Die Kontinuität der vor dem Inkrafttreten dieses Vertrags eingeleiteten Gerichts- und Verwaltungsverfahren wird unter Wahrung der Verfassung gewährleistet. Die für diese Verfahren verantwortlichen Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen ergreifen alle hierfür erforderlichen Maßnahmen.

 

Artikel IV-439

 

Übergangsbestimmungen für bestimmte Organe

Die Übergangsbestimmungen zur Zusammensetzung des Europäischen Parlaments, zur Definition der qualifizierten Mehrheit im Europäischen Rat und im Rat, einschließlich in den Fällen, in denen nicht alle Mitglieder des Europäischen Rates oder des Rates an der Abstimmung teilnehmen, und zur Zusammensetzung der Kommission, einschließlich des Außenministers der Union, sind im Protokoll über die Übergangsbestimmungen für die Organe und Einrichtungen der Union enthalten.

 

Artikel IV-440

 

Räumlicher Geltungsbereich

(1) Dieser Vertrag gilt für das Königreich Belgien, die Tschechische Republik, das Königreich Dänemark, die Bundesrepublik Deutschland, die Republik Estland, die Hellenische Republik, das Königreich Spanien, die Französische Republik, Irland, die Italienische Republik, die Republik Zypern, die Republik Lettland, die Republik Litauen, das Großherzogtum Luxemburg, die Republik Ungarn, die Republik Malta, das Königreich der Niederlande, die Republik Österreich, die Republik Polen, die Portugiesische Republik, die Republik Slowenien, die Slowakische Republik, die Republik Finnland, das Königreich Schweden und das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland.

(2) Dieser Vertrag gilt nach Artikel III-424 für Guadeloupe, Französisch-Guayana, Martinique, Réunion, die Azoren, Madeira und die Kanarischen Inseln.

(3) Auf die in Anhang II genannten überseeischen Länder und Hoheitsgebiete findet die in Teil III Titel IV festgelegte besondere Assoziierungsregelung Anwendung. Dieser Vertrag findet keine Anwendung auf die überseeischen Länder und Hoheitsgebiete, die besondere Beziehungen zum Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland unterhalten und in dieser Liste nicht genannt sind.

(4) Dieser Vertrag findet auf die europäischen Hoheitsgebiete Anwendung, deren auswärtige Beziehungen ein Mitgliedstaat wahrnimmt.

(5) Dieser Vertrag findet auf die Ålandinseln mit den Ausnahmeregelungen Anwendung, die ursprünglich in dem in Artikel IV-437 Absatz 2 Buchstabe d genannten Vertrag vorgesehen waren und die in das Protokoll betreffend die Verträge und die Akten über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands sowie des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, der Hellenischen Republik, des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik, der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden übernommen worden sind.

(6) Abweichend von den Absätzen 1 bis 5 findet

a) dieser Vertrag auf die Färöer keine Anwendung;

b) dieser Vertrag auf die Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland auf Zypern, Akrotiri und Dhekelia, nur insoweit Anwendung, als dies erforderlich ist, um die Anwendung der Regelung sicherzustellen, die ursprünglich in dem Protokoll über die

Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland auf Zypern, das der Beitrittsakte, die Bestandteil des in Artikel IV-437 Absatz 2 Buchstabe e genannten Vertrags ist, beigefügt ist und das im Zweiten Teil Titel III des Protokolls betreffend den Vertrag und die Akte über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik übernommen worden ist,

vorgesehen war;

c) dieser Vertrag auf die Kanalinseln und die Insel Man nur insoweit Anwendung, als dies erforderlich ist, um die Anwendung der Regelung sicherzustellen, die ursprünglich in dem in Artikel IV-437 Absatz 2 Buchstabe a genannten Vertrag für diese Inseln vorgesehen war und die

in Titel II Abschnitt 3 des Protokolls betreffend die Verträge und die Akten über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands sowie des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, der Hellenischen Republik, des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik, der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden übernommen worden ist.

(7) Der Europäische Rat kann auf Initiative des betroffenen Mitgliedstaats einen Europäischen Beschluss zur Änderung des Status eines in den Absätzen 2 und 3 genannten dänischen, französischen oder niederländischen Landes oder Hoheitsgebiets gegenüber der Union erlassen. Der

Europäische Rat beschließt einstimmig nach Anhörung der Kommission.

 

Artikel IV-441

 

Regionale Zusammenschlüsse

Dieser Vertrag steht dem Bestehen und der Durchführung der regionalen Zusammenschlüsse zwischen Belgien und Luxemburg sowie zwischen Belgien, Luxemburg und den Niederlanden nicht entgegen, sofern die Ziele dieser Zusammenschlüsse durch die Anwendung dieses Vertrags nicht erreicht werden.

 

Artikel IV-442

 

Protokolle und Anhänge

Die Protokolle und Anhänge dieses Vertrags sind Bestandteil dieses Vertrags.

 

Artikel IV-443

 

Ordentliches Änderungsverfahren

(1) Die Regierung jedes Mitgliedstaats, das Europäische Parlament oder die Kommission kann dem Rat Entwürfe zur Änderung dieses Vertrags vorlegen. Diese Entwürfe werden vom Rat dem Europäischen Rat übermittelt und den nationalen Parlamenten zur Kenntnis gebracht.

(2) Beschließt der Europäische Rat nach Anhörung des Europäischen Parlaments und der Kommission mit einfacher Mehrheit die Prüfung der vorgeschlagenen Änderungen, so beruft der Präsident des Europäischen Rates einen Konvent von Vertretern der nationalen Parlamente, der

Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten, des Europäischen Parlaments und der Kommission ein. Bei institutionellen Änderungen im Währungsbereich wird auch die Europäische Zentralbank gehört. Der Konvent prüft die Änderungsentwürfe und nimmt im Konsensverfahren eine Empfehlung an, die an eine Konferenz der Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten nach Absatz 3 gerichtet ist.

Der Europäische Rat kann mit einfacher Mehrheit nach Zustimmung des Europäischen Parlaments beschließen, keinen Konvent einzuberufen, wenn seine Einberufung aufgrund des Umfangs der geplanten Änderungen nicht gerechtfertigt ist. In diesem Fall legt der Europäische Rat das Mandat für eine Konferenz der Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten fest.

(3) Eine Konferenz der Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten wird vom Präsidenten des Rates einberufen, um die an diesem Vertrag vorzunehmenden Änderungen zu vereinbaren. Die Änderungen treten in Kraft, nachdem sie von allen Mitgliedstaaten nach Maßgabe ihrer

verfassungsrechtlichen Vorschriften ratifiziert worden sind.

(4) Haben nach Ablauf von zwei Jahren nach der Unterzeichnung des Vertrags zur Änderung dieses Vertrags vier Fünftel der Mitgliedstaaten den genannten Vertrag ratifiziert und sind in einem Mitgliedstaat oder mehreren Mitgliedstaaten Schwierigkeiten bei der Ratifikation aufgetreten, so befasst sich der Europäische Rat mit der Frage.

 

Artikel IV-444

 

Vereinfachtes Änderungsverfahren

(1) In Fällen, in denen der Rat nach Maßgabe von Teil III in einem Bereich oder in einem bestimmten Fall einstimmig beschließt, kann der Europäische Rat einen Europäischen Beschluss erlassen, wonach der Rat in diesem Bereich oder in diesem Fall mit qualifizierter Mehrheit beschließen kann.

Dieser Absatz gilt nicht für Beschlüsse mit militärischen oder verteidigungspolitischen Bezügen.

(2) In Fällen, in denen nach Maßgabe von Teil III Europäische Gesetze oder Rahmengesetze vom Rat nach einem besonderen Gesetzgebungsverfahren erlassen werden müssen, kann der Europäische Rat einen Europäischen Beschluss erlassen, wonach diese Europäischen Gesetze oder Rahmengesetze nach dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen werden können.

(3) Jede vom Europäischen Rat auf der Grundlage von Absatz 1 oder Absatz 2 ergriffene Initiative wird den nationalen Parlamenten übermittelt. Wird diese Initiative innerhalb von sechs Monaten nach der Übermittlung von einem nationalen Parlament abgelehnt, so wird der Europäische Beschluss nach Absatz 1 oder Absatz 2 nicht erlassen. Wird die Initiative nicht abgelehnt, so kann der Europäische Rat den Europäischen Beschluss erlassen. Der Europäische Rat erlässt die Europäischen Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 2 einstimmig nach Zustimmung des Europäischen Parlaments, das mit der Mehrheit seiner Mitglieder beschließt.

 

Artikel IV-445

 

Vereinfachtes Änderungsverfahren betreffend die internen Politikbereiche der Union

(1) Die Regierung jedes Mitgliedstaats, das Europäische Parlament oder die Kommission kann dem Europäischen Rat Entwürfe zur Änderung aller oder eines Teils der Bestimmungen des Teils III Titel III über die internen Politikbereiche der Union vorlegen.

(2) Der Europäische Rat kann einen Europäischen Beschluss zur Änderung aller oder eines Teils der Bestimmungen des Teils III Titel III erlassen. Der Europäische Rat beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments und der Kommission sowie, bei institutionellen Änderungen im Währungsbereich, der Europäischen Zentralbank. Dieser Europäische Beschluss tritt erst nach Zustimmung der Mitgliedstaaten im Einklang mit ihren jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften in Kraft.

(3) Der Europäische Beschluss nach Absatz 2 darf nicht zu einer Ausdehnung der, der Union im Rahmen dieses Vertrags übertragenen Zuständigkeiten führen.

 

Artikel IV-446

 

Geltungsdauer

 

Dieser Vertrag gilt auf unbegrenzte Zeit.

 

Artikel IV-447

 

Ratifikation und Inkrafttreten

(1) Dieser Vertrag bedarf der Ratifikation durch die Hohen Vertragsparteien im Einklang mit ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften. Die Ratifikationsurkunden werden bei der Regierung der Italienischen Republik hinterlegt.

(2) Dieser Vertrag tritt am 1. November 2006 in Kraft, sofern alle Ratifikationsurkunden hinterlegt worden sind, oder andernfalls am ersten Tag des zweiten auf die Hinterlegung der letzten Ratifikationsurkunde folgenden Monats.

 

Artikel IV-448             

 

Verbindliche Fassungen und Übersetzungen

(1) Dieser Vertrag ist in einer Urschrift in dänischer, deutscher, englischer, estnischer, finnischer, französischer, griechischer, irischer, italienischer, lettischer, litauischer, maltesischer, niederländischer, polnischer, portugiesischer, schwedischer, slowakischer, slowenischer, spanischer, tschechischer und ungarischer Sprache abgefasst, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist; er wird im Archiv

der Regierung der Italienischen Republik hinterlegt; diese übermittelt der Regierung jedes anderen Unterzeichnerstaats eine beglaubigte Abschrift.

(2) Dieser Vertrag kann ferner in jede andere von den Mitgliedstaaten bestimmte Sprache übersetzt werden, sofern diese Sprache nach der Verfassungsordnung des jeweiligen Mitgliedstaats in dessen gesamtem Hoheitsgebiet oder in Teilen davon Amtssprache ist. Die betreffenden Mitgliedstaaten stellen eine beglaubigte Abschrift dieser Übersetzungen zur Verfügung, die in den Archiven des Rates hinterlegt wird.

EN FE DE LO CUAL, los plenipotenciarios infrascritos suscriben el presente Tratado

Na DŮKAZ ČEHOŽ připojili níže podepsaní zplnomocnění zástupci k této smlouvě své podpisy

TIL BEKRÆFTELSE HERAF har undertegnede befuldmægtigede underskrevet denne traktat

ZU URKUND DESSEN haben die unterzeichneten Bevollmächtigten ihre Unterschriften unter diesen

Vertrag gesetzt

SELLE KINNITUSEKS on nimetatud täievolilised esindajad käesolevale lepingule alla kirjutanud

ΕΙΣ ΠΙΣΤΩΣΗ ΤΩΝ ΑΝΩΤΕΡΩ, οι υπογεγραμμένοι πληρεξούσιοι υπέγραψαν την παρούσα Συνθήκη

IN WITNESS WHEREOF, the undersigned plenipotentiaries have signed this Treaty

EN FOI DE QUOI, les plénipotentiaires soussignés ont apposé leur signature au bas du présent traité

DÁ FHIANÚ SIN, chuir na Lánchumhachtaigh thíos-sínithe a lámh leis an gConradh seo

IN FEDE DI CHE, i plenipotenziari sottoscritti hanno apposto la loro firma in calce al presente

trattato

TO APLIECINOT, attiecīgi pilnvarotas personas ir parakstījušas šo Līgumu

TAI PALIUDYDAMI šią Sutartį pasirašė toliau nurodyti įgaliotieji atstovai

FENTIEK HITELÉÜL az alulírott meghatalmazottak aláírták ezt a szerződést

B'XIEHDA TA' DAN, il-plenipotenzjarji sottoskritti ffirmaw dan it-Trattat

TEN BLIJKE WAARVAN de ondergetekende gevolmachtigden hun handtekening onder dit verdrag

hebben gesteld

W DOWÓD CZEGO niżej podpisani pełnomocnicy złożyli swoje podpisy pod niniejszym Traktatem

EM FÉ DO QUE os plenipotenciários abaixo assinados apuseram as suas assinaturas no final do

presente Tratado

NA DÔKAZ TOHO dolupodpísaní splnomocnení zástupcovia podpísali túto zmluvu

V POTRDITEV TEGA so spodaj podpisani pooblaščenci podpisali to pogodbo

TÄMÄN VAKUUDEKSI alla mainitut täysivaltaiset edustajat ovat allekirjoittaneet tämän sopimuksen

TILL BEVIS HÄRPÅ har undertecknade befullmäktigade undertecknat detta fördrag

Hecho en Roma, el veintinueve de octubre del dos mil cuatro.

V Římě dne dvacátého devátého října dva tisíce čtyři

Udfærdiget i Rom den niogtyvende oktober to tusind og fire.

Geschehen zu Rom am neunundzwanzigsten Oktober zweitausendundvier.

Kahe tuhande neljanda aasta oktoobrikuu kahekümne üheksandal päeval Roomas

Έγινε στις Ρώμη, στις είκοσι εννέα Οκτωβρίου δύο χιλιάδες τέσσερα.

Done at Rome on the twenty‑ninth day of October in the year two thousand and four.

Fait à Rome, le vingt‑neuf octobre deux mille quatre.

Arna dhéanamh sa Róimh, an naoú lá fichead de Dheireadh Fómhair sa bhliain dhá mhíle is a

ceathair

Fatto a Roma, addì ventinove ottobre duemilaquattro.

Romā, divi tūkstoši ceturtā gada divdesmit devītajā oktobrī

Priimta du tūkstančiai ketvirtų metų spalio dvidešimt devintą dieną Romoje

Kelt Rómában, a kétezer-negyedik év október havának huszonkilencedik napján

Magħmul f'Ruma fid-disa' u għoxrin jum ta' Ottubru tas-sena elfejn u erbgħa

Gedaan te Rome, de negenentwintigste oktober tweeduizendvier.

Sporządzono w Rzymie dnia dwudziestego dziewiątego października roku dwutysięcznego

czwartego

Feito em Roma, em vinte e nove de Outubro de dois mil e quatro

V Ríme dvadsiatehodeviateho októbra dvetisícštyri

V Rimu, devetindvajsetega oktobra leta dva tisoč štiri

Tehty Roomassa kahdentenakymmenentenäyhdeksäntenä päivänä lokakuuta vuonna

kaksituhattaneljä.

Som skedde i Rom den tjugonionde oktober tjugohundrafyra.

Pour Sa Majesté le Roi des Belges

Voor Zijne Majesteit de Koning der Belgen

Für Seine Majestät den König der Belgier

Cette signature engage également la Communauté française, la Communauté flamande, la Communauté

germanophone, la Région wallonne, la Région flamande et la Région de Bruxelles-Capitale.

Deze handtekening verbindt eveneens de Vlaamse Gemeenschap, de Franse Gemeenschap, de Duitstalige Gemeenschap,

het Vlaamse Gewest, het Waalse Gewest en het Brussels Hoofdstedelijk Gewest.

Diese Unterschrift bindet zugleich die Deutschsprachige Gemeinschaft, die Flämische Gemeinschaft, die Französische

Gemeinschaft, die Wallonische Region, die Flämische Region und die Region Brüssel-Hauptstadt.

Za prezidenta České republiky

For Hendes Majestæt Danmarks Dronning

Für den Präsidenten der Bundesrepublik Deutschland

Eesti Vabariigi Presidendi nimel

Για τον Πρόεδρο της Ελληνικής Δημοκρατίας

Por Su Majestad el Rey de España

Pour le Président de la République française

Thar ceann Uachtarán na hÉireann

For the President of Ireland

Per il Presidente della Repubblica italiana

Για τον Πρόεδρο της Κυπριακής Δημοκρατίας

Latvijas Republikas Valsts prezidentes vārdā

Lietuvos Respublikos Prezidento vardu

Pour Son Altesse Royale le Grand-Duc de Luxembourg

A Magyar Köztársaság Elnöke részéről

Għall-President ta' Malta

Voor Hare Majesteit de Koningin der Nederlanden

Für den Bundespräsidenten der Republik Österreich

Za Prezydenta Rzeczypospolitej Polskiej

Pelo Presidente da República Portuguesa

Za predsednika Republike Slovenije

Za prezidenta Slovenskej republiky

Suomen Tasavallan Presidentin puolesta

För Republiken Finlands President

För Konungariket Sveriges regering

For Her Majesty the Queen of the United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland

 

 

PROTOKOLLE UND ANHÄNGE

 

A. PROTOKOLLE

 

ZUM VERTRAG ÜBER EINE VERFASSUNG FÜR EUROPA

 

 

1. PROTOKOLL ÜBER DIE ROLLE DER NATIONALEN PARLAMENTE IN DER

EUROPÄISCHEN UNION DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN —EINGEDENK

dessen, dass die Art der Kontrolle der Regierungen durch die nationalen Parlamente hinsichtlich der Tätigkeiten der Union Sache der besonderen verfassungsrechtlichen Gestaltung und Praxis jedes Mitgliedstaats ist, IN DEM WUNSCH, eine stärkere Beteiligung der nationalen Parlamente an den Tätigkeiten der Europäischen Union zu fördern und ihnen bessere Möglichkeiten zu geben, sich zu den Entwürfen von Europäischen Gesetzgebungsakten sowie zu anderen Fragen, die für sie von besonderem Interesse sein können, zu äußern — SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft beigefügt sind:

 

TITEL I

 

UNTERRICHTUNG DER NATIONALEN PARLAMENTE

 

Artikel 1

 

Die Konsultationsdokumente der Kommission (Grün- und Weißbücher sowie Mitteilungen) werden bei ihrer Veröffentlichung von der Kommission direkt den nationalen Parlamenten zugeleitet. Ferner leitet die Kommission den nationalen Parlamenten gleichzeitig mit der Übermittlung an das Europäische Parlament und den Rat das jährliche Rechtsetzungsprogramm sowie alle weiteren Dokumente für die Ausarbeitung der Rechtsetzungsprogramme oder politischen Strategien zu.

 

Artikel 2

 

Die an das Europäische Parlament und den Rat gerichteten Entwürfe von Europäischen Gesetzgebungsakten werden den nationalen Parlamenten zugeleitet.

Im Sinne dieses Protokolls bezeichnet „Entwurf eines Europäischen Gesetzgebungsakts“ die Vorschläge der Kommission, die Initiativen einer Gruppe von Mitgliedstaaten, die Initiativen des Europäischen Parlaments, die Anträge des Gerichtshofs, die Empfehlungen der Europäischen

Zentralbank und die Anträge der Europäischen Investitionsbank, die den Erlass eines Europäischen Gesetzgebungsaktes zum Ziel haben.

Die von der Kommission vorgelegten Entwürfe von Europäischen Gesetzgebungsakten werden von der Kommission gleichzeitig mit der Übermittlung an das Europäische Parlament und den Rat direkt den nationalen Parlamenten zugeleitet.

Die vom Europäischen Parlament vorgelegten Entwürfe von Europäischen Gesetzgebungsakten werden vom Europäischen Parlament direkt den nationalen Parlamenten zugeleitet. Die von einer Gruppe von Mitgliedstaaten, vom Gerichtshof, von der Europäischen Zentralbank oder

von der Europäischen Investitionsbank vorgelegten Entwürfe von Europäischen Gesetzgebungsakten werden vom Rat den nationalen Parlamenten zugeleitet.

 

Artikel 3

 

Die nationalen Parlamente können nach dem im Protokoll über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit vorgesehenen Verfahren eine begründete Stellungnahme zur Übereinstimmung eines Entwurfs eines Europäischen Gesetzgebungsakts mit dem Subsidiaritätsprinzip an die Präsidenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission richten. Wird der Entwurf eines Europäischen Gesetzgebungsakts von einer Gruppe von Mitgliedstaaten vorgelegt, so übermittelt der Präsident des Rates die begründete Stellungnahme oder die begründeten Stellungnahmen den Regierungen dieser Mitgliedstaaten.

Wird der Entwurf eines Europäischen Gesetzgebungsakts vom Gerichtshof, von der Europäischen Zentralbank oder von der Europäischen Investitionsbank vorgelegt, so übermittelt der Präsident des Rates die begründete Stellungnahme oder die begründeten Stellungnahmen dem betreffenden Organ oder der betreffenden Einrichtung.

       

Artikel 4

                        

Zwischen dem Zeitpunkt, zu dem ein Entwurf eines Europäischen Gesetzgebungsakts den nationalen Parlamenten in den Amtssprachen der Union zugeleitet wird, und dem Zeitpunkt, zu dem er zwecks Erlass oder zur Festlegung eines Standpunkts im Rahmen eines Gesetzgebungsverfahrens auf die vorläufige Tagesordnung des Rates gesetzt wird, müssen sechs Wochen liegen. In dringenden Fällen,

die in dem Rechtsakt oder dem Standpunkt des Rates begründet werden, sind Ausnahmen möglich. Außer in ordnungsgemäß begründeten dringenden Fällen darf in diesen sechs Wochen keine Einigung über den Entwurf eines Europäischen Gesetzgebungsakts festgestellt werden. Außer in ordnungsgemäß begründeten dringenden Fällen müssen zwischen der Aufnahme des Entwurfs eines Europäischen Gesetzgebungsakts in die vorläufige Tagesordnung für die Tagung des Rates und der Festlegung eines Standpunkts zehn Tage liegen.

 

Artikel 5

 

Den nationalen Parlamenten werden die Tagesordnungen für die Tagungen des Rates und die Ergebnisse dieser Tagungen, einschließlich der Protokolle der Tagungen, auf denen der Rat über Entwürfe von Europäischen Gesetzgebungsakten berät, gleichzeitig mit der Übermittlung an die Regierungen der Mitgliedstaaten direkt zugeleitet.

 

Artikel 6

 

Beabsichtigt der Europäische Rat, Artikel IV-444 Absatz 1 oder Absatz 2 der Verfassung in Anspruch zu nehmen, so werden die nationalen Parlamente mindestens sechs Monate vor dem Erlass eines Europäischen Beschlusses von der Initiative des Europäischen Rates unterrichtet.

 

Artikel 7

 

Der Rechnungshof übermittelt den nationalen Parlamenten gleichzeitig mit der Übermittlung an das Europäische Parlament und den Rat seinen Jahresbericht zur Unterrichtung.

 

Artikel 8

 

Handelt es sich bei dem System des nationalen Parlaments nicht um ein Einkammersystem, so gelten die Artikel 1 bis 7 für jede der Kammern des Parlaments.

 

TITEL II

 

ZUSAMMENARBEIT ZWISCHEN DEN PARLAMENTEN

 

Artikel 9

 

Das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente legen gemeinsam fest, wie eine effiziente

und regelmäßige Zusammenarbeit zwischen den Parlamenten innerhalb der Union gestaltet und

gefördert werden kann.

 

Artikel 10

 

Eine Konferenz der Europa-Ausschüsse der Parlamente kann jeden ihr zweckmäßig erscheinenden Beitrag dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission zur Kenntnis bringen. Diese Konferenz fördert ferner den Austausch von Informationen und bewährten Praktiken zwischen den nationalen Parlamenten und dem Europäischen Parlament, einschließlich ihrer Fachausschüsse. Sie kann auch interparlamentarische Konferenzen zu Einzelthemen organisieren, insbesondere zur Erörterung von Fragen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, einschließlich der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Die Beiträge der Konferenz binden nicht die

nationalen Parlamente und greifen ihrem Standpunkt nicht vor.

 

2. PROTOKOLL ÜBER DIE ANWENDUNG DER GRUNDSÄTZE DER SUBSIDIARITÄT UND DER VERHÄLTNISMÄSSIGKEIT

DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN

 

—IN DEM WUNSCH sicherzustellen, dass die Entscheidungen in der Union so bürgernah wie möglich getroffen werden,

ENTSCHLOSSEN, die Bedingungen für die Anwendung der in Artikel I-11 der Verfassung verankerten Grundsätze der

Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit festzulegen und ein System zur Kontrolle der Anwendung dieser Grundsätze zu schaffen —

SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt

sind:

 

Artikel 1

 

Jede Institution trägt stets für die Einhaltung der in Artikel I-11 der Verfassung niedergelegten Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit Sorge.

 

Artikel 2

 

Die Kommission führt umfangreiche Anhörungen durch, bevor sie einen Europäischen Gesetzgebungsakt vorschlägt. Dabei ist gegebenenfalls der regionalen und lokalen Bedeutung der in Betracht gezogenen Maßnahmen Rechnung zu tragen. In außergewöhnlich dringenden Fällen führt die Kommission keine Konsultationen durch. Sie begründet dies in ihrem Vorschlag.

 

Artikel 3

 

Im Sinne dieses Protokolls bezeichnet „Entwurf eines Europäischen Gesetzgebungsaktes“ die Vorschläge der Kommission, die Initiativen einer Gruppe von Mitgliedstaaten, die Initiativen des Europäischen Parlaments, die Anträge des Gerichtshofs, die Empfehlungen der Europäischen Zentralbank und die Anträge der Europäischen Investitionsbank, die den Erlass eines Europäischen Gesetzgebungsaktes zum Ziel haben.

 

Artikel 4

 

Die Kommission leitet ihre Entwürfe für Europäische Gesetzgebungsakte und ihre geänderten Entwürfe den nationalen Parlamenten und dem Unionsgesetzgeber gleichzeitig zu.

Das Europäische Parlament leitet seine Entwürfe von Europäischen Gesetzgebungsakten sowie seine geänderten Entwürfe den nationalen Parlamenten zu.

Der Rat leitet die von einer Gruppe von Mitgliedstaaten, vom Gerichtshof, von der Europäischen Zentralbank oder von der Europäischen Investitionsbank vorgelegten Entwürfe von Europäischen Gesetzgebungsakten sowie die geänderten Entwürfe den nationalen Parlamenten zu.

Sobald das Europäische Parlament seine legislativen Entschließungen angenommen und der Rat seine Standpunkte festgelegt hat, leiten sie diese den nationalen Parlamenten zu.

 

Artikel 5

 

Die Entwürfe von Europäischen Gesetzgebungsakten werden im Hinblick auf die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit begründet. Jeder Entwurf eines Europäischen Gesetzgebungsakts sollte einen Vermerk mit detaillierten Angaben enthalten, die es ermöglichen zu beurteilen, ob die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit eingehalten wurden. Dieser Vermerk sollte Angaben zu den voraussichtlichen finanziellen Auswirkungen sowie im Fall eines Europäischen Rahmengesetzes zu den Auswirkungen auf die von den Mitgliedstaaten zu erlassenden Rechtsvorschriften, einschließlich gegebenenfalls der regionalen Rechtsvorschriften, enthalten. Die Feststellung, dass ein Ziel der Union besser auf Unionsebene erreicht werden kann, beruht auf qualitativen und, soweit möglich, quantitativen Kriterien. Die Entwürfe von Europäischen Gesetzgebungsakten berücksichtigen dabei, dass die finanzielle Belastung und der Verwaltungsaufwand der Union, der nationalen Regierungen, der regionalen und lokalen Behörden, der Wirtschaftsteilnehmer und der

Bürgerinnen und Bürger so gering wie möglich gehalten werden und in einem angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten Ziel stehen müssen.

 

Artikel 6

 

Die nationalen Parlamente oder die Kammern eines dieser Parlamente können binnen sechs Wochen nach dem Zeitpunkt der Übermittlung eines Entwurfs eines Europäischen Gesetzgebungsakts in einer begründeten Stellungnahme an die Präsidenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission darlegen, weshalb der Entwurf ihres Erachtens nicht mit dem Subsidiaritätsprinzip vereinbar ist. Dabei obliegt es dem jeweiligen nationalen Parlament oder der jeweiligen Kammer eines nationalen Parlaments, gegebenenfalls die regionalen Parlamente mit Gesetzgebungsbefugnissen zu konsultieren.

Wird der Entwurf eines Europäischen Gesetzgebungsakts von einer Gruppe von Mitgliedstaaten vorgelegt, so übermittelt der Präsident des Rates die Stellungnahme den Regierungen dieser Mitgliedstaaten.

Wird der Entwurf eines Europäischen Gesetzgebungsakts vom Gerichtshof, von der Europäischen Zentralbank oder von der Europäischen Investitionsbank vorgelegt, so übermittelt der Präsident des Rates die Stellungnahme dem betreffenden Organ oder der betreffenden Einrichtung.

 

Artikel 7

 

Das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission sowie gegebenenfalls die Gruppe von Mitgliedstaaten, der Gerichtshof, die Europäische Zentralbank und die Europäische Investitionsbank, sofern der Entwurf eines Gesetzgebungsakts von ihnen vorgelegt wurde, berücksichtigen die begründeten Stellungnahmen der nationalen Parlamente oder einer der Kammern eines dieser Parlamente.

Jedes nationale Parlament hat zwei Stimmen, die nach dem jeweiligen System des nationalen Parlaments aufgeteilt sind. In einem Zweikammersystem hat jede der beiden Kammern eine Stimme. Erreicht die Anzahl der begründeten Stellungnahmen, wonach der Entwurf eines Europäischen Gesetzgebungsakts nicht mit dem Subsidiaritätsprinzip im Einklang steht, mindestens ein Drittel der Gesamtzahl der den nationalen Parlamenten nach Maßgabe des Absatzes 2 zugewiesenen Stimmen, so muss der Entwurf überprüft werden. Die Schwelle beträgt ein Viertel der Stimmen, wenn es sich um einen Entwurf eines Europäischen Gesetzgebungsakts auf der Grundlage von Artikel III-264 der

Verfassung betreffend den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts handelt. Nach Abschluss der Überprüfung kann die Kommission oder gegebenenfalls die Gruppe von Mitgliedstaaten, das Europäische Parlament, der Gerichtshof, die Europäische Zentralbank oder die

Europäische Investitionsbank, sofern der Entwurf eines Europäischen Gesetzgebungsakts von ihnen vorgelegt wurde, beschließen, an dem Entwurf festzuhalten, ihn zu ändern oder ihn zurückzuziehen. Dieser Beschluss muss begründet werden.

 

Artikel 8

 

Der Gerichtshof der Europäischen Union ist für Klagen wegen Verstoßes eines Europäischen Gesetzgebungsakts gegen das Subsidiaritätsprinzip zuständig, die nach Maßgabe des Artikels III-365 der Verfassung von einem Mitgliedstaat erhoben oder entsprechend der jeweiligen innerstaatlichen Rechtsordnung von einem Mitgliedstaat im Namen seines nationalen Parlaments oder einer Kammer dieses Parlaments übermittelt werden.

Nach Maßgabe des genannten Artikels können entsprechende Klagen in Bezug auf Europäische Gesetzgebungsakte, für deren Erlass die Anhörung des Ausschusses der Regionen nach der Verfassung vorgeschrieben ist, auch vom Ausschuss der Regionen erhoben werden.

 

Artikel 9

 

Die Kommission legt dem Europäischen Rat, dem Europäischen Parlament, dem Rat und den nationalen Parlamenten jährlich einen Bericht über die Anwendung des Artikels I-11 der Verfassung vor. Dieser Jahresbericht wird auch dem Ausschuss der Regionen und dem Wirtschafts- und Sozialausschuss zugeleitet.

 

 

3. PROTOKOLL ZUR FESTLEGUNG DER SATZUNG DES GERICHTSHOFS DER EUROPÄISCHEN UNION DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN

 —IN DEM WUNSCH, die in Artikel III–381 der Verfassung vorgesehene Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union festzulegen —

SIND über folgende Bestimmungen übereingekommen, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft beigefügt sind:

 

Artikel 1

 

Die Errichtung und die Tätigkeit des Gerichtshofs der Europäischen Union erfolgen nach Maßgabe der Verfassung, des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft (EAG-Vertrag) und dieser Satzung.

 

TITEL I

 

DIE RICHTER UND DIE GENERALANWÄLTE

 

Artikel 2

 

Jeder Richter leistet vor Aufnahme seiner Amtstätigkeit vor dem in öffentlicher Sitzung tagenden Gerichtshof den Eid, sein Amt unparteiisch und gewissenhaft auszuüben und das Beratungsgeheimnis zu wahren.

 

Artikel 3

 

Die Richter sind keiner Gerichtsbarkeit unterworfen. Hinsichtlich ihrer in amtlicher Eigenschaft vorgenommenen Handlungen, einschließlich ihrer mündlichen und schriftlichen Äußerungen, steht ihnen diese Befreiung auch nach Abschluss ihrer Amtstätigkeit zu.

Der Gerichtshof kann die Befreiung durch Plenarentscheidung aufheben. Betrifft die Entscheidung ein Mitglied des Gerichts oder eines Fachgerichts, so entscheidet der Gerichtshof nach Anhörung des betreffenden Gerichts.

Wird nach Aufhebung der Befreiung ein Strafverfahren gegen einen Richter eingeleitet, so darf dieser in jedem Mitgliedstaat nur vor ein Gericht gestellt werden, das für Verfahren gegen Richter der höchsten Gerichte dieses Mitgliedstaats zuständig ist.

Die Artikel 11 bis 14 und Artikel 17 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der Union finden auf die Richter, die Generalanwälte, die Kanzler und die Hilfsberichterstatter des Gerichtshofs der Europäischen Union Anwendung; die Bestimmungen der Absätze 1, 2 und 3 dieses Artikels betreffend die Befreiung der Richter von der Gerichtsbarkeit bleiben hiervon unberührt.

 

Artikel 4

 

Die Richter dürfen weder ein politisches Amt noch ein Amt in der Verwaltung ausüben. Sie dürfen keine entgeltliche oder unentgeltliche Berufstätigkeit ausüben, es sei denn, dass im Wege eines Europäischen Beschlusses, den der Rat mit einfacher Mehrheit erlässt, ausnahmsweise von dieser Vorschrift Befreiung erteilt wird.

Bei der Aufnahme ihrer Tätigkeit verpflichten sie sich feierlich, während der Ausübung und nach Ablauf ihrer Amtstätigkeit die sich aus ihrem Amt ergebenden Pflichten zu erfüllen, insbesondere die Pflicht, bei der Annahme bestimmter Tätigkeiten oder Vorteile nach Ablauf dieser Tätigkeit ehrenhaft und zurückhaltend zu sein.

Im Zweifelsfalle entscheidet der Gerichtshof. Betrifft die Entscheidung ein Mitglied des Gerichts oder eines Fachgerichts, so entscheidet der Gerichtshof nach Anhörung des betreffenden Gerichts.

 

Artikel 5

 

Abgesehen von den regelmäßigen Neubesetzungen und von Todesfällen endet das Amt eines Richter durch Rücktritt.

Bei Rücktritt eines Richters ist das Rücktrittsschreiben an den Präsidenten des Gerichtshofs zur Weiterleitung an den Präsidenten des Rates zu richten. Mit der Benachrichtigung des Letzteren wird der Sitz frei.

Mit Ausnahme der Fälle, in denen Artikel 6 Anwendung findet, bleibt jeder Richter bis zum Amtsantritt seines Nachfolgers im Amt.

 

Artikel 6

 

Ein Richter kann nur dann seines Amtes enthoben oder seiner Ruhegehaltsansprüche oder anderer an ihrer Stelle gewährter Vergünstigungen für verlustig erklärt werden, wenn er nach einstimmiger Ansicht der Richter und Generalanwälte des Gerichtshofs nicht mehr die erforderlichen

Voraussetzungen erfüllt oder den sich aus seinem Amt ergebenden Verpflichtungen nicht mehr nachkommt. Der Betroffene wirkt bei der Beschlussfassung nicht mit. Ist der Betroffene ein Mitglied des Gerichts oder eines Fachgerichts, so entscheidet der Gerichtshof nach Anhörung des betreffenden Gerichts.

Der Kanzler bringt den Präsidenten des Europäischen Parlaments und der Kommission die Entscheidung des Gerichtshofs zur Kenntnis und übermittelt sie dem Präsidenten des Rates.

Wird durch eine solche Entscheidung ein Richter seines Amtes enthoben, so wird sein Sitz mit der Benachrichtigung des Präsidenten des Rates frei.

 

Artikel 7

 

Endet das Amt eines Richters vor Ablauf seiner Amtszeit, so wird es für die verbleibende Amtszeit neu besetzt.

 

Artikel 8

 

Die Artikel 2 bis 7 finden auf die Generalanwälte Anwendung.

 

TITEL II

 

ORGANISATION DES GERICHTSHOFS

 

Artikel 9

 

Die teilweise Neubesetzung der Richterstellen, die alle drei Jahre stattfindet, betrifft abwechselnd dreizehn und zwölf Richter.

Die teilweise Neubesetzung der Stellen der Generalanwälte, die alle drei Jahre stattfindet, betrifft jedes Mal vier Generalanwälte.

 

Artikel 10

 

Der Kanzler leistet vor dem Gerichtshof den Eid, sein Amt unparteiisch und gewissenhaft auszuüben und das Beratungsgeheimnis zu wahren.

 

Artikel 11

 

Der Gerichtshof regelt die Vertretung des Kanzlers für den Fall seiner Verhinderung.

 

Artikel 12

 

Dem Gerichtshof werden Beamte und sonstige Bedienstete beigegeben, um ihm die Erfüllung seiner Aufgaben zu ermöglichen. Sie unterstehen dem Kanzler unter Aufsicht des Präsidenten.

 

Artikel 13

 

Durch Europäisches Gesetz kann die Ernennung von Hilfsberichterstattern vorgesehen und ihre Stellung bestimmt werden. Es wird auf Antrag des Gerichtshofs erlassen. Die Hilfsberichterstatter können nach Maßgabe der Verfahrensordnung berufen werden, an der Bearbeitung der beim Gerichtshof anhängigen Sachen teilzunehmen und mit dem Berichterstatter zusammenzuarbeiten. Zu Hilfsberichterstattern sind Persönlichkeiten auszuwählen, die jede Gewähr für Unabhängigkeit bieten und die erforderlichen juristischen Befähigungsnachweise erbringen; sie werden im Wege eines Europäischen Beschlusses ernannt, der vom Rat mit einfacher Mehrheit erlassen wird. Sie leisten vor dem Gerichtshof den Eid, ihr Amt unparteiisch und gewissenhaft auszuüben und das Beratungsgeheimnis zu wahren.

 

Artikel 14

 

Die Richter, die Generalanwälte und der Kanzler sind verpflichtet, am Sitz des Gerichtshofs zu wohnen.

 

Artikel 15

 

Der Gerichtshof übt seine Tätigkeit ständig aus. Die Dauer der Gerichtsferien wird vom Gerichtshof unter Berücksichtigung der dienstlichen Erfordernisse festgesetzt.

 

Artikel 16

 

Der Gerichtshof bildet aus seiner Mitte Kammern mit drei und mit fünf Richtern. Die Richter wählen aus ihrer Mitte die Präsidenten der Kammern. Die Präsidenten der Kammern mit fünf Richtern werden für drei Jahre gewählt. Einmalige Wiederwahl ist zulässig.

Die Große Kammer ist mit 13 Richtern besetzt. Den Vorsitz führt der Präsident des Gerichtshofs. Der Großen Kammer gehören außerdem die Präsidenten der Kammern mit fünf Richtern und weitere Richter, die nach Maßgabe der Verfahrensordnung ernannt werden, an.

Der Gerichtshof tagt als Große Kammer, wenn ein am Verfahren beteiligter Mitgliedstaat oder ein am Verfahren beteiligtes Organ der Union dies beantragt.

Der Gerichthof tagt als Plenum, wenn er nach Artikel III–335 Absatz 2, Artikel III–347 Absatz 2, Artikel III–349 oder Artikel III–385 Absatz 6 der Verfassung befasst wird.

Außerdem kann der Gerichtshof, wenn er zu der Auffassung gelangt, dass eine Rechtssache, mit der er befasst ist, von außergewöhnlicher Bedeutung ist, nach Anhörung des Generalanwalts entscheiden, diese Rechtssache an das Plenum zu verweisen.

 

Artikel 17

 

Der Gerichtshof kann nur in der Besetzung mit einer ungeraden Zahl von Richtern rechtswirksam entscheiden.

Die Entscheidungen der Kammern mit drei oder fünf Richtern sind nur dann gültig, wenn sie von drei Richtern getroffen werden.

Die Entscheidungen der Großen Kammer sind nur dann gültig, wenn neun Richter anwesend sind.

Die vom Plenum getroffenen Entscheidungen des Gerichtshofs sind nur dann gültig, wenn 15 Richter anwesend sind.

Bei Verhinderung eines Richters einer Kammer kann nach Maßgabe der Verfahrensordnung ein Richter einer anderen Kammer herangezogen werden.

 

Artikel 18

 

Die Richter und Generalanwälte dürfen nicht an der Erledigung einer Sache teilnehmen, in der sie vorher als Bevollmächtigte, Beistände oder Anwälte einer der Parteien tätig gewesen sind oder über die zu befinden sie als Mitglied eines Gerichts, eines Untersuchungsausschusses oder in anderer Eigenschaft berufen waren.

Glaubt ein Richter oder Generalanwalt, bei der Entscheidung oder Untersuchung einer bestimmten Sache aus einem besonderen Grund nicht mitwirken zu können, so macht er davon dem Präsidenten Mitteilung. Hält der Präsident die Teilnahme eines Richters oder Generalanwalts an der Verhandlung oder Entscheidung einer bestimmten Sache aus einem besonderen Grund für unangebracht, so setzt er diesen hiervon in Kenntnis.

Ergibt sich bei der Anwendung dieses Artikels eine Schwierigkeit, so entscheidet der Gerichtshof. Eine Partei kann den Antrag auf Änderung der Zusammensetzung des Gerichtshofs oder einer seiner Kammern weder mit der Staatsangehörigkeit eines Richters noch damit begründen, dass dem Gerichtshof oder einer seiner Kammern kein Richter ihrer Staatsangehörigkeit angehört.

 

TITEL III

 

VERFAHREN VOR DEM GERICHTSHOF

 

Artikel 19

 

Die Mitgliedstaaten sowie die Organe der Union werden vor dem Gerichtshof durch einen Bevollmächtigten vertreten, der für jede Sache bestellt wird. Der Bevollmächtigte kann sich der Hilfe eines Beistands oder eines Anwalts bedienen.

Die Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, die nicht Mitgliedstaaten sind, und die in dem Abkommen genannte Überwachungsbehörde der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) werden in der gleichen Weise vertreten.

Die anderen Parteien müssen durch einen Anwalt vertreten sein.

Nur ein Anwalt, der berechtigt ist, vor einem Gericht eines Mitgliedstaats oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum aufzutreten, kann vor dem Gerichtshof als Vertreter oder Beistand einer Partei auftreten.

Die vor dem Gerichtshof auftretenden Bevollmächtigten, Beistände und Anwälte genießen nach Maßgabe der Verfahrensordnung die zur unabhängigen Ausübung ihrer Aufgaben erforderlichen Rechte und Sicherheiten.

Der Gerichtshof hat nach Maßgabe der Verfahrensordnung gegenüber den vor ihm auftretenden Beiständen und Anwälten die den Gerichten allgemein zuerkannten Befugnisse.

Hochschullehrer, die Angehörige von Mitgliedstaaten sind, deren Rechtsordnung ihnen gestattet, vor Gericht als Vertreter einer Partei aufzutreten, haben vor dem Gerichtshof die durch diesen Artikel den Anwälten eingeräumte Rechtsstellung.

 

Artikel 20

 

Das Verfahren vor dem Gerichtshof gliedert sich in ein schriftliches und ein mündliches Verfahren.

Das schriftliche Verfahren umfasst die Übermittlung der Klageschriften, Schriftsätze, Klagebeantwortungen und Erklärungen und gegebenenfalls der Repliken sowie aller zur Unterstützung vorgelegten Belegstücke und Urkunden oder ihrer beglaubigten Abschriften an die Parteien sowie an diejenigen Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union, deren Handlungen Gegenstand

des Verfahrens sind.

Die Übermittlung obliegt dem Kanzler in der Reihenfolge und innerhalb der Fristen, die die Verfahrensordnung bestimmt.

Das mündliche Verfahren umfasst die Verlesung des von einem Berichterstatter vorgelegten Berichts, die Anhörung der Bevollmächtigten, Beistände und Anwälte und der Schlussanträge des Generalanwalts durch den Gerichtshof sowie gegebenenfalls die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen.

Ist der Gerichtshof der Auffassung, dass eine Rechtssache keine neue Rechtsfrage aufwirft, so kann er nach Anhörung des Generalanwalts beschließen, dass ohne Schlussanträge des Generalanwalts über die Sache entschieden wird.

 

Artikel 21

 

Die Klageerhebung bei dem Gerichtshof erfolgt durch Einreichung einer an den Kanzler zu richtenden Klageschrift. Die Klageschrift muss Namen und Wohnsitz des Klägers, die Stellung des Unterzeichnenden, die Partei oder die Parteien, gegen die die Klage erhoben wird, und den Streitgegenstand angeben sowie die Anträge und eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten.

Der Klageschrift ist gegebenenfalls der Rechtsakt beizufügen, dessen Nichtigerklärung beantragt wird, oder in dem in Artikel III–367 der Verfassung geregelten Fall eine Unterlage, aus der sich der Zeitpunkt der in dem genannten Artikel vorgesehenen Aufforderung ergibt. Sind der Klageschrift diese Unterlagen nicht beigefügt, so fordert der Kanzler den Kläger auf, sie innerhalb einer angemessenen Frist beizubringen; die Klage kann nicht deshalb zurückgewiesen werden, weil die Beibringung erst nach Ablauf der für die Klageerhebung vorgeschriebenen Frist erfolgt.

 

Artikel 22

 

In den Fällen nach Artikel 18 des EAG-Vertrags erfolgt die Klageerhebung bei dem Gerichtshof durch Einreichung einer an den Kanzler zu richtenden Klageschrift. Die Klageschrift muss Namen und Wohnsitz des Klägers, die Stellung des Unterzeichnenden, die Entscheidung, gegen die Klage erhoben wird, die Gegenparteien und den Streitgegenstand angeben sowie die Anträge und eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten.

Eine beglaubigte Abschrift der angefochtenen Entscheidung des Schiedsausschusses ist beizufügen. Weist der Gerichtshof die Klage ab, so wird die Entscheidung des Schiedsausschusses rechtskräftig. Hebt der Gerichtshof die Entscheidung des Schiedsausschusses auf, so kann das Verfahren gegebenenfalls auf Betreiben einer Prozesspartei vor dem Schiedsausschuss wieder aufgenommen werden. Dieser ist an die vom Gerichtshof gegebene rechtliche Beurteilung gebunden.

 

Artikel 23

 

In den Fällen nach Artikel III–369 der Verfassung obliegt es dem Gericht des Mitgliedstaats, das ein Verfahren aussetzt und den Gerichtshof anruft, diese Entscheidung dem Gerichtshof zu übermitteln. Der Kanzler des Gerichtshofs stellt diese Entscheidung den beteiligten Parteien, den Mitgliedstaaten und der Kommission zu und außerdem den Organen, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union, von denen die Handlung, deren Gültigkeit oder Auslegung streitig ist, ausgegangen ist. Binnen zwei Monaten nach dieser Zustellung können die Parteien, die Mitgliedstaaten, die Kommission und gegebenenfalls die Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union, von denen die Handlung, deren Gültigkeit oder Auslegung streitig ist, ausgegangen ist, beim Gerichtshof Schriftsätze einreichen oder schriftliche Erklärungen abgeben.

Der Kanzler des Gerichtshofs stellt die Entscheidung des Gerichts des Mitgliedstaats darüber hinaus den Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, die nicht Mitgliedstaaten sind, und der in jenem Abkommen genannten EFTA-Überwachungsbehörde zu, die binnen zwei Monaten nach der Zustellung beim Gerichtshof Schriftsätze einreichen oder schriftliche Erklärungen abgeben können, wenn einer der Anwendungsbereiche des Abkommens betroffen ist.

Dieser Absatz findet keine Anwendung auf Fragen, die in den Anwendungsbereich des EAG-Vertrags fallen.

Sieht ein vom Rat mit einem oder mehreren Drittstaaten über einen bestimmten Bereich geschlossenes Abkommen vor, dass diese Staaten Schriftsätze einreichen oder schriftliche Erklärungen abgeben können, wenn ein Gericht eines Mitgliedstaats dem Gerichtshof eine in den Anwendungsbereich des Abkommens fallende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt hat, so wird die Entscheidung des Gerichts des Mitgliedstaats, die eine solche Frage enthält, auch den betreffenden Drittstaaten zugestellt, die binnen zwei Monaten nach der Zustellung beim Gerichtshof Schriftsätze einreichen oder schriftliche Erklärungen abgeben können.

 

Artikel 24

 

Der Gerichtshof kann von den Parteien die Vorlage aller Urkunden und die Erteilung aller Auskünfte verlangen, die er für wünschenswert hält. Im Falle einer Weigerung stellt der Gerichtshof diese ausdrücklich fest.

Der Gerichtshof kann ferner von den Mitgliedstaaten und den Organen, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union, die nicht Parteien in einem Rechtsstreit sind, alle Auskünfte verlangen, die er zur Regelung dieses Rechtsstreits für erforderlich erachtet.

 

Artikel 25

 

Der Gerichtshof kann jederzeit Personen, Personengemeinschaften, Dienststellen, Ausschüsse oder Einrichtungen seiner Wahl mit der Abgabe von Gutachten betrauen.

 

Artikel 26

 

Zeugen können nach Maßgabe der Verfahrensordnung vernommen werden.

 

Artikel 27

 

Nach Maßgabe der Verfahrensordnung kann der Gerichtshof gegenüber ausbleibenden Zeugen die den Gerichten allgemein zuerkannten Befugnisse ausüben und Geldbußen verhängen.

 

Artikel 28

 

 

Zeugen und Sachverständige können unter Benutzung der in der Verfahrensordnung vorgeschriebenen Eidesformel oder in der in der Rechtsordnung ihres Landes vorgesehenen Weise eidlich vernommen werden.

 

Artikel 29

 

Der Gerichtshof kann anordnen, dass ein Zeuge oder Sachverständiger von dem Gericht seines Wohnsitzes vernommen wird.

Diese Anordnung ist nach den Bestimmungen der Verfahrensordnung zur Ausführung an das zuständige Gericht zu richten. Die in Ausführung des Rechtshilfeersuchens abgefassten Schriftstücke werden dem Gerichtshof nach denselben Bestimmungen übermittelt.

Der Gerichtshof übernimmt die anfallenden Auslagen; er erlegt sie gegebenenfalls den Parteien auf.

 

Artikel 30

 

Jeder Mitgliedstaat behandelt die Eidesverletzung eines Zeugen oder Sachverständigen wie eine vor seinen eigenen in Zivilsachen zuständigen Gerichten begangene Straftat. Auf Anzeige des Gerichtshofs verfolgt er den Täter vor seinen zuständigen Gerichten.

 

Artikel 31

 

Die Verhandlung ist öffentlich, es sei denn, dass der Gerichtshof von Amts wegen oder auf Antrag der Parteien aus wichtigen Gründen anders beschließt.

 

Artikel 32

 

Der Gerichtshof kann während der Verhandlung Sachverständige, Zeugen sowie die Parteien selbst vernehmen. Für die Letzteren können jedoch nur ihre bevollmächtigten Vertreter mündlich verhandeln.

 

Artikel 33

 

Über jede mündliche Verhandlung ist ein vom Präsidenten und vom Kanzler zu unterschreibendes Protokoll aufzunehmen.

 

Artikel 34

 

Die Terminliste wird vom Präsidenten festgelegt.

 

Artikel 35

 

Die Beratungen des Gerichtshofs sind und bleiben geheim.

 

Artikel 36

 

Die Urteile sind mit Gründen zu versehen. Sie enthalten die Namen der Richter, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben.

 

Artikel 37

 

Die Urteile sind vom Präsidenten und vom Kanzler zu unterschreiben. Sie werden in öffentlicher Sitzung verlesen.

 

Artikel 38

 

Der Gerichtshof entscheidet über die Kosten.

 

Artikel 39

 

Der Präsident des Gerichtshofs kann in einem abgekürzten Verfahren, das erforderlichenfalls von einzelnen Bestimmungen dieser Satzung abweichen kann und in der Verfahrensordnung geregelt ist, über Anträge auf Aussetzung nach Artikel III–379 Absatz 1 der Verfassung und Artikel 157 des EAGVertrags, auf Erlass einstweiliger Anordnungen nach Artikel III–379 Absatz 2 der Verfassung oder auf Aussetzung der Zwangsvollstreckung nach Artikel III–401 Absatz 4 der Verfassung oder Artikel 164 Absatz 3 des EAG-Vertrags entscheiden.

Bei Verhinderung des Präsidenten wird dieser durch einen anderen Richter nach Maßgabe der Verfahrensordnung vertreten.

Die von dem Präsidenten oder seinem Vertreter getroffene Anordnung stellt eine einstweilige Regelung dar und greift der Entscheidung des Gerichtshofs in der Hauptsache nicht vor.

 

Artikel 40

 

Die Mitgliedstaaten und die Organe der Union können einem bei dem Gerichtshof anhängigen Rechtsstreit beitreten.

Dasselbe gilt für die Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union sowie alle anderen Personen, sofern sie ein berechtigtes Interesse am Ausgang eines bei dem Gerichtshof anhängigen Rechtsstreits glaubhaft machen können. Natürliche oder juristische Personen können Rechtssachen zwischen Mitgliedstaaten, zwischen Organen der Union oder zwischen Mitgliedstaaten und Organen der Union

nicht beitreten.

Unbeschadet des Absatzes 2 können die Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, die nicht Mitgliedstaaten sind, sowie die in dem Abkommen genannte EFTAÜberwachungsbehörde einem bei dem Gerichtshof anhängigen Rechtsstreit beitreten, wenn dieser einen der Anwendungsbereiche des Abkommens betrifft.

Mit den aufgrund des Beitritts gestellten Anträgen können nur die Anträge einer Partei unterstützt werden.

 

Artikel 41

 

Stellt der ordnungsmäßig geladene Beklagte keine schriftlichen Anträge, so ergeht gegen ihn Versäumnisurteil. Gegen dieses Urteil kann binnen einem Monat nach Zustellung Einspruch eingelegt werden. Der Einspruch hat keine Aussetzung der Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil zur Folge, es sei denn, dass der Gerichtshof anders beschließt.

 

Artikel 42

 

Die Mitgliedstaaten, die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union und alle sonstigen natürlichen und juristischen Personen können nach Maßgabe der Verfahrensordnung in den dort genannten Fällen Drittwiderspruch gegen ein Urteil erheben, wenn dieses Urteil ihre Rechte beeinträchtigt und in einem Rechtsstreit erlassen worden ist, an dem sie nicht teilgenommen haben.

 

Artikel 43

 

Bestehen Zweifel über Sinn und Tragweite eines Urteils, so ist der Gerichtshof zuständig, dieses Urteil auf Antrag einer Partei oder eines Organs der Union auszulegen, wenn diese ein berechtigtes Interesse hieran glaubhaft machen.

 

Artikel 44

 

Die Wiederaufnahme des Verfahrens kann beim Gerichtshof nur dann beantragt werden, wenn eine Tatsache von entscheidender Bedeutung bekannt wird, die vor Verkündung des Urteils dem Gerichtshof und der die Wiederaufnahme beantragenden Partei unbekannt war. Das Wiederaufnahmeverfahren wird durch eine Entscheidung des Gerichtshofs eröffnet, die das Vorliegen der neuen Tatsache ausdrücklich feststellt, ihr die für die Eröffnung des Wiederaufnahmeverfahrens erforderlichen Merkmale zuerkennt und deshalb den Antrag für zulässig erklärt. Nach Ablauf von zehn Jahren nach Erlass des Urteils kann kein Wiederaufnahmeantrag mehr gestellt werden.

 

Artikel 45

 

In der Verfahrensordnung sind besondere, den Entfernungen Rechnung tragende Fristen festzulegen. Der Ablauf von Fristen hat keinen Rechtsnachteil zur Folge, wenn der Betroffene nachweist, dass ein Zufall oder ein Fall höherer Gewalt vorliegt.

 

Artikel 46

 

Die aus außervertraglicher Haftung der Union hergeleiteten Ansprüche verjähren in fünf Jahren nach Eintritt des Ereignisses, das ihnen zugrunde liegt. Die Verjährung wird durch Einreichung der Klageschrift beim Gerichtshof oder dadurch unterbrochen, dass der Geschädigte seinen Anspruch vorher gegenüber dem zuständigen Organ der Union geltend macht. In letzterem Fall muss die Klage innerhalb der in Artikel III–365 der Verfassung vorgesehenen Frist von zwei Monaten erhoben werden. Artikel III–367 Absatz 2 der Verfassung findet Anwendung.

Der vorliegende Artikel gilt auch für Ansprüche, die aus außervertraglicher Haftung der Europäischen Zentralbank hergeleitet werden.

 

TITEL IV

 

DAS GERICHT

 

Artikel 47

 

Artikel 9 Absatz 1, die Artikel 14 und 15, Artikel 17 Absätze 1, 2, 4 und 5 sowie Artikel 18 finden auf das Gericht und dessen Mitglieder Anwendung.

Die Artikel 10, 11 und 14 finden auf den Kanzler des Gerichts entsprechende Anwendung.

 

Artikel 48

 

Das Gericht besteht aus 25 Richtern.

 

Artikel 49

 

Die Mitglieder des Gerichts können dazu bestellt werden, die Tätigkeit eines Generalanwalts auszuüben.

Der Generalanwalt hat in völliger Unparteilichkeit und Unabhängigkeit begründete Schlussanträge zu bestimmten dem Gericht unterbreiteten Rechtssachen öffentlich zu stellen, um das Gericht bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen.

Die Kriterien für die Bestimmung solcher Rechtssachen sowie die Einzelheiten für die Bestellung der Generalanwälte werden in der Verfahrensordnung des Gerichts festgelegt.

Ein in einer Rechtssache zum Generalanwalt bestelltes Mitglied darf bei der Entscheidung dieser Rechtssache nicht mitwirken.

 

Artikel 50

 

Das Gericht tagt in Kammern mit drei oder mit fünf Richtern. Die Richter wählen aus ihrer Mitte die Präsidenten der Kammern. Die Präsidenten der Kammern mit fünf Richtern werden für drei Jahre gewählt. Einmalige Wiederwahl ist zulässig.

Die Besetzung der Kammern und die Zuweisung der Rechtssachen an sie richten sich nach der Verfahrensordnung. In bestimmten in der Verfahrensordnung festgelegten Fällen kann das Gericht als Plenum oder als Einzelrichter tagen.

Die Verfahrensordnung kann auch vorsehen, dass das Gericht in den Fällen und unter den Bedingungen, die in der Verfahrensordnung festgelegt sind, als Große Kammer tagt.

 

Artikel 51

 

Abweichend von der in Artikel III–358 Absatz 1 der Verfassung vorgesehenen Regelung sind dem

Gerichtshof Klagen nach den Artikeln III-365 und III-367 der Verfassung vorbehalten,

a) die von einem Mitgliedstaat gegen eine Handlung oder wegen unterlassener Beschlussfassung des

Europäischen Parlaments oder des Rates oder dieser beiden Organe in den Fällen, in denen sie

gemeinsam beschließen, erhoben werden, mit Ausnahme:

— der Europäischen Beschlüsse des Rates nach Artikel III-168 Absatz 2 Unterabsatz 3 der Verfassung;

— der Rechtsakte des Rates aufgrund eines Rechtsakts des Rates über handelspolitische Schutzmaßnahmen im Sinne von Artikel III-315

     der  Verfassung;

— der Handlungen des Rates, mit denen dieser nach Artikel I-37 Absatz 2 der Verfassung Durchführungsbefugnisse ausübt;

b) die von einem Mitgliedstaat gegen eine Handlung oder wegen unterlassener Beschlussfassung der Kommission nach Maßgabe des Artikels III–420 Absatz 1 der Verfassung erhoben werden.

Dem Gerichtshof sind ebenfalls Klagen nach denselben Artikeln vorbehalten, die von einem Unionsorgan gegen eine Handlung oder wegen unterlassener Beschlussfassung des Europäischen Parlaments oder des Rates, dieser beiden Organe in den Fällen, in denen sie gemeinsam beschließen, oder der Kommission erhoben werden, sowie der Klagen, die von einem Organ gegen eine Handlung oder wegen unterlassener Beschlussfassung der Europäischen Zentralbank erhoben werden.

 

Artikel 52

 

Der Präsident des Gerichtshofs und der Präsident des Gerichts legen einvernehmlich fest, in welcher Weise Beamte und sonstige Bedienstete, die dem Gerichtshof beigegeben sind, dem Gericht Dienste leisten, um ihm die Erfüllung seiner Aufgaben zu ermöglichen. Einzelne Beamte oder sonstige Bedienstete unterstehen dem Kanzler des Gerichts unter Aufsicht des Präsidenten des Gerichts.

 

Artikel 53

 

Das Verfahren vor dem Gericht bestimmt sich nach Titel III.

Das Verfahren vor dem Gericht wird, soweit dies erforderlich ist, durch dessen Verfahrensordnung im Einzelnen geregelt und ergänzt. Die Verfahrensordnung kann von Artikel 40 Absatz 4 und Artikel 41 abweichen, um den Besonderheiten der Rechtsstreitigkeiten auf dem Gebiet des geistigen Eigentums Rechnung zu tragen.

Abweichend von Artikel 20 Absatz 4 kann der Generalanwalt seine begründeten Schlussanträge schriftlich stellen.

 

Artikel 54

 

Wird eine Klageschrift oder ein anderer Schriftsatz, die an das Gericht gerichtet sind, irrtümlich beim Kanzler des Gerichtshofs eingereicht, so übermittelt dieser sie unverzüglich an den Kanzler des Gerichts. Wird eine Klageschrift oder ein anderer Schriftsatz, die an den Gerichtshof gerichtet sind, irrtümlich beim Kanzler des Gerichts eingereicht, so übermittelt dieser sie unverzüglich an den Kanzler des Gerichtshofs.

Stellt das Gericht fest, dass es für eine Klage nicht zuständig ist, die in die Zuständigkeit des

Gerichtshofs fällt, so verweist es den Rechtsstreit an den Gerichtshof. Stellt der Gerichtshof fest, dass eine Klage in die Zuständigkeit des Gerichts fällt, so verweist er den Rechtsstreit an das Gericht, das sich dann nicht für unzuständig erklären kann.

Sind bei dem Gerichtshof und dem Gericht Rechtssachen anhängig, die den gleichen Gegenstand haben, die gleiche Auslegungsfrage aufwerfen oder die Gültigkeit desselben Rechtsaktes betreffen, so kann das Gericht nach Anhörung der Parteien das Verfahren bis zum Erlass des Urteils des Gerichtshofs aussetzen, oder, wenn es sich um Klagen nach Artikel III-365 der Verfassung oder Artikel 146 des EAG-Vertrags handelt, sich für nicht zuständig erklären, damit der Gerichtshof über die Klage entscheidet. Unter den gleichen Voraussetzungen kann auch der Gerichtshof die Aussetzung des bei ihm anhängigen Verfahrens beschließen. In diesem Fall wird das Verfahren vor dem Gericht fortgeführt.

Fechten ein Mitgliedstaat und ein Organ der Union denselben Rechtsakt an, so erklärt sich das Gericht für nicht zuständig, damit der Gerichtshof über diese Klage entscheidet.

 

Artikel 55

 

Der Kanzler des Gerichts übermittelt jeder Partei sowie allen Mitgliedstaaten und den Organen der Union, auch wenn diese vor dem Gericht der Rechtssache nicht als Streithelfer beigetreten sind, die Endentscheidungen des Gerichts und die Entscheidungen, die über einen Teil des Streitgegenstands ergangen sind oder die einen Zwischenstreit beenden, der eine Einrede wegen Unzuständigkeit oder Unzulässigkeit zum Gegenstand hat.

 

Artikel 56

 

Gegen die Endentscheidungen des Gerichts und gegen die Entscheidungen, die über einen Teil des Streitgegenstands ergangen sind oder die einen Zwischenstreit beenden, der eine Einrede der Unzuständigkeit oder Unzulässigkeit zum Gegenstand hat, kann ein Rechtsmittel beim Gerichtshof eingelegt werden; die Rechtsmittelfrist beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung der

angefochtenen Entscheidung.

Dieses Rechtsmittel kann von einer Partei eingelegt werden, die mit ihren Anträgen ganz oder teilweise unterlegen ist. Andere Streithelfer als Mitgliedstaaten oder Organe der Union können dieses Rechtsmittel jedoch nur dann einlegen, wenn die Entscheidung des Gerichts sie unmittelbar berührt.

Mit Ausnahme von Fällen, die sich auf Streitsachen zwischen der Union und ihren Bediensteten beziehen, kann dieses Rechtsmittel auch von den Mitgliedstaaten und den Organen der Union eingelegt werden, die dem Rechtsstreit vor dem Gericht nicht beigetreten sind. In diesem Fall befinden sie sich in derselben Stellung wie Mitgliedstaaten und Organe, die dem Rechtsstreit im ersten Rechtszug beigetreten sind.

 

Artikel 57

 

Wird ein Antrag auf Zulassung als Streithelfer von dem Gericht abgelehnt, so kann der Antragsteller binnen zwei Wochen nach Zustellung der ablehnenden Entscheidung ein Rechtsmittel beim Gerichtshof einlegen.

Gegen die aufgrund des Artikels III–379 Absatz 1 oder Absatz 2 oder des Artikels III–401 Absatz 4 der Verfassung oder aufgrund des Artikels 157 oder des Artikels 164 Absatz 3 des EAG-Vertrags ergangenen Entscheidungen des Gerichts können die Parteien des Verfahrens binnen zwei Monaten nach Zustellung ein Rechtsmittel beim Gerichtshof einlegen.

Die Entscheidung über nach den Absätzen 1 und 2 eingelegte Rechtsmittel ergeht nach Maßgabe des Artikels 39.

 

Artikel 58

 

Das beim Gerichtshof eingelegte Rechtsmittel ist auf Rechtsfragen beschränkt. Es kann auf die Unzuständigkeit des Gerichts, auf einen Verfahrensfehler des Gerichts, durch den die Interessen des Rechtsmittelführers beeinträchtigt werden, sowie auf eine Verletzung des Unionsrechts durch das Gericht gestützt werden.

Ein Rechtsmittel nur gegen die Kostenentscheidung oder gegen die Kostenfestsetzung ist unzulässig.

 

Artikel 59

 

Wird gegen eine Entscheidung des Gerichts ein Rechtsmittel eingelegt, so besteht das Verfahren vor dem Gerichtshof aus einem schriftlichen und einem mündlichen Verfahren. Unter den in der Verfahrensordnung festgelegten Voraussetzungen kann der Gerichtshof nach Anhörung des

Generalanwalts und der Parteien ohne mündliches Verfahren entscheiden.

 

Artikel 60

 

Unbeschadet des Artikels III–379 Absätze 1 und 2 der Verfassung oder des Artikels 157 des EAGVertrags haben Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung.

Abweichend von Artikel III–380 der Verfassung werden die Entscheidungen des Gerichts, in denen Europäische Gesetze oder Europäische Verordnungen, die in allen ihren Teilen verbindlich sind und unmittelbar in jedem Mitgliedstaat gelten, für nichtig erklärt werden, erst nach Ablauf der in Artikel 56 Absatz 1 dieser Satzung vorgesehenen Frist oder, wenn innerhalb dieser Frist ein Rechtsmittel eingelegt worden ist, nach dessen Zurückweisung wirksam; ein Beteiligter kann jedoch nach Artikel III–379 Absätze 1 und 2 der Verfassung oder Artikel 157 des EAG-Vertrags beim Gerichtshof die Aussetzung der Wirkungen des für nichtig erklärten Europäischen Gesetzes oder der für nichtig erklärten Europäischen Verordnung oder sonstige einstweilige Anordnungen beantragen.

 

Artikel 61

 

Ist das Rechtsmittel begründet, so hebt der Gerichtshof die Entscheidung des Gerichts auf. Er kann sodann den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist, oder die Sache zur Entscheidung an das Gericht zurückverweisen.

Im Falle der Zurückverweisung ist das Gericht an die rechtliche Beurteilung in der Entscheidung des Gerichtshofs gebunden.

Ist das von einem Mitgliedstaat oder einem Organ der Union, die dem Rechtsstreit vor dem Gericht nicht beigetreten sind, eingelegte Rechtsmittel begründet, so kann der Gerichtshof, falls er dies für notwendig hält, diejenigen Wirkungen der aufgehobenen Entscheidung des Gerichts bezeichnen, die für die Parteien des Rechtsstreits als fortgeltend zu betrachten sind.

 

Artikel 62

 

Wenn in Fällen nach Artikel III–358 Absätze 2 und 3 der Verfassung der Erste Generalanwalt der Auffassung ist, dass die ernste Gefahr einer Beeinträchtigung der Einheit oder der Kohärenz des Unionsrechts besteht, so kann er dem Gerichtshof vorschlagen, die Entscheidung des Gerichts zu überprüfen.

Der Vorschlag muss innerhalb eines Monats nach Verkündung der Entscheidung des Gerichts erfolgen. Der Gerichtshof entscheidet innerhalb eines Monats nach Vorlage des Vorschlags durch den Ersten Generalanwalt, ob die Entscheidung zu überprüfen ist oder nicht.

 

TITEL V

 

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

 

Artikel 63

 

Die Verfahrensordnungen des Gerichtshofs und des Gerichts enthalten alle Bestimmungen, die für die Anwendung dieser Satzung und erforderlichenfalls für ihre Ergänzung notwendig sind.

 

Artikel 64

 

Die Vorschriften über die Regelung der Sprachenfrage für den Gerichtshof der Europäischen Union werden in einer vom Rat einstimmig erlassenen Europäischen Verordnung festgelegt. Diese Verordnung wird entweder auf Antrag des Gerichtshofs nach Anhörung der Kommission und des Europäischen Parlaments oder auf Vorschlag der Kommission nach Anhörung des Gerichtshofs und des Europäischen Parlaments erlassen.

Bis zum Erlass dieser Vorschriften finden die Bestimmungen der Verfahrensordnung des Gerichtshofs und der Verfahrensordnung des Gerichts, die die Regelung der Sprachenfrage betreffen, Anwendung. Abweichend von den Artikeln III–355 und III–356 der Verfassung bedürfen Änderungen der genannten Bestimmungen oder deren Aufhebung der einstimmigen Genehmigung durch den Rat.

 

Artikel 65

 

(1) Abweichend von Artikel IV–437 der Verfassung gelten zwischen der Unterzeichnung und dem Inkrafttreten des Vertrags über eine Verfassung für Europa angenommene Änderungen des dem Vertrag über die Europäische Union, dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft beigefügten Protokolls über die

Satzung des Gerichtshofs weiter.

(2) Änderungen nach Absatz 1 werden im Wege einer amtlichen Kodifizierung durch ein auf Antrag des Gerichtshofs angenommenes Europäisches Gesetz des Rates in diese Satzung eingearbeitet. Beim Inkrafttreten des betreffenden Europäischen Kodifizierungsgesetzes wird dieser Artikel aufgehoben.

 

3. PROTOKOLL ZUR FESTLEGUNG DER SATZUNG DES GERICHTSHOFS

DER EUROPÄISCHEN UNION

 

DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN

— IN DEM WUNSCH, die in Artikel III–381 der Verfassung vorgesehene Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union festzulegen —

SIND über folgende Bestimmungen übereingekommen, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft beigefügt sind:

 

Artikel 1

 

Die Errichtung und die Tätigkeit des Gerichtshofs der Europäischen Union erfolgen nach Maßgabe der Verfassung, des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft (EAG-Vertrag) und dieser Satzung.

 

TITEL I

 

DIE RICHTER UND DIE GENERALANWÄLTE

 

Artikel 2

 

Jeder Richter leistet vor Aufnahme seiner Amtstätigkeit vor dem in öffentlicher Sitzung tagenden Gerichtshof den Eid, sein Amt unparteiisch und gewissenhaft auszuüben und das Beratungsgeheimnis zu wahren.

 

Artikel 3

 

Die Richter sind keiner Gerichtsbarkeit unterworfen. Hinsichtlich ihrer in amtlicher Eigenschaft vorgenommenen Handlungen, einschließlich ihrer mündlichen und schriftlichen Äußerungen, steht ihnen diese Befreiung auch nach Abschluss ihrer Amtstätigkeit zu.

Der Gerichtshof kann die Befreiung durch Plenarentscheidung aufheben. Betrifft die Entscheidung ein Mitglied des Gerichts oder eines Fachgerichts, so entscheidet der Gerichtshof nach Anhörung des betreffenden Gerichts.

Wird nach Aufhebung der Befreiung ein Strafverfahren gegen einen Richter eingeleitet, so darf dieser in jedem Mitgliedstaat nur vor ein Gericht gestellt werden, das für Verfahren gegen Richter der höchsten Gerichte dieses Mitgliedstaats zuständig ist.

Die Artikel 11 bis 14 und Artikel 17 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der Union finden auf die Richter, die Generalanwälte, die Kanzler und die Hilfsberichterstatter des Gerichtshofs der Europäischen Union Anwendung; die Bestimmungen der Absätze 1, 2 und 3 dieses Artikels betreffend die Befreiung der Richter von der Gerichtsbarkeit bleiben hiervon unberührt.

 

Artikel 4

 

Die Richter dürfen weder ein politisches Amt noch ein Amt in der Verwaltung ausüben.

Sie dürfen keine entgeltliche oder unentgeltliche Berufstätigkeit ausüben, es sei denn, dass im Wege eines Europäischen Beschlusses, den der Rat mit einfacher Mehrheit erlässt, ausnahmsweise von dieser Vorschrift Befreiung erteilt wird.

Bei der Aufnahme ihrer Tätigkeit verpflichten sie sich feierlich, während der Ausübung und nach Ablauf ihrer Amtstätigkeit die sich aus ihrem Amt ergebenden Pflichten zu erfüllen, insbesondere die Pflicht, bei der Annahme bestimmter Tätigkeiten oder Vorteile nach Ablauf dieser Tätigkeit ehrenhaft und zurückhaltend zu sein.

Im Zweifelsfalle entscheidet der Gerichtshof. Betrifft die Entscheidung ein Mitglied des Gerichts oder eines Fachgerichts, so entscheidet der Gerichtshof nach Anhörung des betreffenden Gerichts.

 

Artikel 5

 

Abgesehen von den regelmäßigen Neubesetzungen und von Todesfällen endet das Amt eines Richters durch Rücktritt.

Bei Rücktritt eines Richters ist das Rücktrittsschreiben an den Präsidenten des Gerichtshofs zur Weiterleitung an den Präsidenten des Rates zu richten. Mit der Benachrichtigung des Letzteren wird der Sitz frei.

Mit Ausnahme der Fälle, in denen Artikel 6 Anwendung findet, bleibt jeder Richter bis zum Amtsantritt seines Nachfolgers im Amt.

 

Artikel 6

 

Ein Richter kann nur dann seines Amtes enthoben oder seiner Ruhegehaltsansprüche oder anderer an ihrer Stelle gewährter Vergünstigungen für verlustig erklärt werden, wenn er nach einstimmiger Ansicht der Richter und Generalanwälte des Gerichtshofs nicht mehr die erforderlichen Voraussetzungen erfüllt oder den sich aus seinem Amt ergebenden Verpflichtungen nicht mehr nachkommt. Der Betroffene wirkt bei der Beschlussfassung nicht mit. Ist der Betroffene ein Mitglied des Gerichts oder eines Fachgerichts, so entscheidet der Gerichtshof nach Anhörung des betreffenden Gerichts.

Der Kanzler bringt den Präsidenten des Europäischen Parlaments und der Kommission die Entscheidung des Gerichtshofs zur Kenntnis und übermittelt sie dem Präsidenten des Rates.

Wird durch eine solche Entscheidung ein Richter seines Amtes enthoben, so wird sein Sitz mit der Benachrichtigung des Präsidenten des Rates frei.

 

Artikel 7

 

Endet das Amt eines Richters vor Ablauf seiner Amtszeit, so wird es für die verbleibende Amtszeit neu besetzt.

 

Artikel 8

 

Die Artikel 2 bis 7 finden auf die Generalanwälte Anwendung.

 

TITEL II

 

ORGANISATION DES GERICHTSHOFS

 

Artikel 9

 

Die teilweise Neubesetzung der Richterstellen, die alle drei Jahre stattfindet, betrifft abwechselnd dreizehn und zwölf Richter.

Die teilweise Neubesetzung der Stellen der Generalanwälte, die alle drei Jahre stattfindet, betrifft jedes Mal vier Generalanwälte.

 

Artikel 10

 

Der Kanzler leistet vor dem Gerichtshof den Eid, sein Amt unparteiisch und gewissenhaft auszuüben und das Beratungsgeheimnis zu wahren.

 

Artikel 11

 

Der Gerichtshof regelt die Vertretung des Kanzlers für den Fall seiner Verhinderung.

 

Artikel 12

 

Dem Gerichtshof werden Beamte und sonstige Bedienstete beigegeben, um ihm die Erfüllung seiner Aufgaben zu ermöglichen. Sie unterstehen dem Kanzler unter Aufsicht des Präsidenten.

 

Artikel 13

 

Durch Europäisches Gesetz kann die Ernennung von Hilfsberichterstattern vorgesehen und ihre Stellung bestimmt werden. Es wird auf Antrag des Gerichtshofs erlassen. Die Hilfsberichterstatter können nach Maßgabe der Verfahrensordnung berufen werden, an der Bearbeitung der beim Gerichtshof anhängigen Sachen teilzunehmen und mit dem Berichterstatter zusammenzuarbeiten. Zu Hilfsberichterstattern sind Persönlichkeiten auszuwählen, die jede Gewähr für Unabhängigkeit bieten und die erforderlichen juristischen Befähigungsnachweise erbringen; sie werden im Wege eines Europäischen Beschlusses ernannt, der vom Rat mit einfacher Mehrheit erlassen wird. Sie leisten vor dem Gerichtshof den Eid, ihr Amt unparteiisch und gewissenhaft auszuüben und das Beratungsgeheimnis zu wahren.

 

Artikel 14

 

Die Richter, die Generalanwälte und der Kanzler sind verpflichtet, am Sitz des Gerichtshofs zu wohnen.

 

Artikel 15

 

Der Gerichtshof übt seine Tätigkeit ständig aus. Die Dauer der Gerichtsferien wird vom Gerichtshof unter Berücksichtigung der dienstlichen Erfordernisse festgesetzt.

 

Artikel 16

 

Der Gerichtshof bildet aus seiner Mitte Kammern mit drei und mit fünf Richtern. Die Richter wählen aus ihrer Mitte die Präsidenten der Kammern. Die Präsidenten der Kammern mit fünf Richtern werden für drei Jahre gewählt. Einmalige Wiederwahl ist zulässig.

Die Große Kammer ist mit 13 Richtern besetzt. Den Vorsitz führt der Präsident des Gerichtshofs. Der Großen Kammer gehören außerdem die Präsidenten der Kammern mit fünf Richtern und weitere Richter, die nach Maßgabe der Verfahrensordnung ernannt werden, an.

Der Gerichtshof tagt als Große Kammer, wenn ein am Verfahren beteiligter Mitgliedstaat oder ein am Verfahren beteiligtes Organ der Union dies beantragt.

Der Gerichthof tagt als Plenum, wenn er nach Artikel III–335 Absatz 2, Artikel III–347 Absatz 2, Artikel III–349 oder Artikel III–385 Absatz 6 der Verfassung befasst wird.

Außerdem kann der Gerichtshof, wenn er zu der Auffassung gelangt, dass eine Rechtssache, mit der er befasst ist, von außergewöhnlicher Bedeutung ist, nach Anhörung des Generalanwalts entscheiden, diese Rechtssache an das Plenum zu verweisen.

 

Artikel 17

 

Der Gerichtshof kann nur in der Besetzung mit einer ungeraden Zahl von Richtern rechtswirksam entscheiden.

Die Entscheidungen der Kammern mit drei oder fünf Richtern sind nur dann gültig, wenn sie von drei Richtern getroffen werden.

Die Entscheidungen der Großen Kammer sind nur dann gültig, wenn neun Richter anwesend sind.

Die vom Plenum getroffenen Entscheidungen des Gerichtshofs sind nur dann gültig, wenn 15 Richter anwesend sind.

Bei Verhinderung eines Richters einer Kammer kann nach Maßgabe der Verfahrensordnung ein Richter einer anderen Kammer herangezogen werden.

 

Artikel 18

 

Die Richter und Generalanwälte dürfen nicht an der Erledigung einer Sache teilnehmen, in der sie vorher als Bevollmächtigte, Beistände oder Anwälte einer der Parteien tätig gewesen sind oder über die zu befinden sie als Mitglied eines Gerichts, eines Untersuchungsausschusses oder in anderer Eigenschaft berufen waren.

Glaubt ein Richter oder Generalanwalt, bei der Entscheidung oder Untersuchung einer bestimmten Sache aus einem besonderen Grund nicht mitwirken zu können, so macht er davon dem Präsidenten Mitteilung. Hält der Präsident die Teilnahme eines Richters oder Generalanwalts an der Verhandlung oder Entscheidung einer bestimmten Sache aus einem besonderen Grund für unangebracht, so setzt er diesen hiervon in Kenntnis.

Ergibt sich bei der Anwendung dieses Artikels eine Schwierigkeit, so entscheidet der Gerichtshof.

Eine Partei kann den Antrag auf Änderung der Zusammensetzung des Gerichtshofs oder einer seiner Kammern weder mit der Staatsangehörigkeit eines Richters noch damit begründen, dass dem Gerichtshof oder einer seiner Kammern kein Richter ihrer Staatsangehörigkeit angehört.

 

TITEL III

 

VERFAHREN VOR DEM GERICHTSHOF

 

Artikel 19

 

Die Mitgliedstaaten sowie die Organe der Union werden vor dem Gerichtshof durch einen Bevollmächtigten vertreten, der für jede Sache bestellt wird. Der Bevollmächtigte kann sich der Hilfe eines Beistands oder eines Anwalts bedienen.

Die Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, die nicht Mitgliedstaaten sind, und die in dem Abkommen genannte Überwachungsbehörde der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) werden in der gleichen Weise vertreten.

Die anderen Parteien müssen durch einen Anwalt vertreten sein.

Nur ein Anwalt, der berechtigt ist, vor einem Gericht eines Mitgliedstaats oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum aufzutreten, kann vor dem   Gerichtshof als Vertreter oder Beistand einer Partei auftreten.

Die vor dem Gerichtshof auftretenden Bevollmächtigten, Beistände und Anwälte genießen nach Maßgabe der Verfahrensordnung die zur unabhängigen Ausübung ihrer Aufgaben erforderlichen Rechte und Sicherheiten.

Der Gerichtshof hat nach Maßgabe der Verfahrensordnung gegenüber den vor ihm auftretenden Beiständen und Anwälten die den Gerichten allgemein zuerkannten Befugnisse.

Hochschullehrer, die Angehörige von Mitgliedstaaten sind, deren Rechtsordnung ihnen gestattet, vor Gericht als Vertreter einer Partei aufzutreten, haben vor dem Gerichtshof die durch diesen Artikel den Anwälten eingeräumte Rechtsstellung.

 

Artikel 20

 

Das Verfahren vor dem Gerichtshof gliedert sich in ein schriftliches und ein mündliches Verfahren.

Das schriftliche Verfahren umfasst die Übermittlung der Klageschriften, Schriftsätze, Klagebeantwortungen und Erklärungen und gegebenenfalls der Repliken sowie aller zur Unterstützung vorgelegten Belegstücke und Urkunden oder ihrer beglaubigten Abschriften an die Parteien sowie an diejenigen Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union, deren Handlungen Gegenstand des Verfahrens sind.

Die Übermittlung obliegt dem Kanzler in der Reihenfolge und innerhalb der Fristen, die die Verfahrensordnung bestimmt.

Das mündliche Verfahren umfasst die Verlesung des von einem Berichterstatter vorgelegten Berichts, die Anhörung der Bevollmächtigten, Beistände und Anwälte und der Schlussanträge des Generalanwalts durch den Gerichtshof sowie gegebenenfalls die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen.

Ist der Gerichtshof der Auffassung, dass eine Rechtssache keine neue Rechtsfrage aufwirft, so kann er nach Anhörung des Generalanwalts beschließen, dass ohne Schlussanträge des Generalanwalts über die Sache entschieden wird.

 

Artikel 21

 

Die Klageerhebung bei dem Gerichtshof erfolgt durch Einreichung einer an den Kanzler zu richtenden Klageschrift. Die Klageschrift muss Namen und Wohnsitz des Klägers, die Stellung des Unterzeichnenden, die Partei oder die Parteien, gegen die die Klage erhoben wird, und den Streitgegenstand angeben sowie die Anträge und eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten. Der Klageschrift ist gegebenenfalls der Rechtsakt beizufügen, dessen Nichtigerklärung beantragt wird, oder in dem in Artikel III–367 der Verfassung geregelten Fall eine Unterlage, aus der sich der Zeitpunkt der in dem genannten Artikel vorgesehenen Aufforderung ergibt. Sind der Klageschrift diese Unterlagen nicht beigefügt, so fordert der Kanzler den Kläger auf, sie innerhalb einer angemessenen Frist beizubringen; die Klage kann nicht deshalb zurückgewiesen werden, weil die Beibringung erst nach Ablauf der für die Klageerhebung vorgeschriebenen Frist erfolgt.

 

Artikel 22

 

In den Fällen nach Artikel 18 des EAG-Vertrags erfolgt die Klageerhebung bei dem Gerichtshof durch Einreichung einer an den Kanzler zu richtenden Klageschrift. Die Klageschrift muss Namen und Wohnsitz des Klägers, die Stellung des Unterzeichnenden, die Entscheidung, gegen die Klage erhoben wird, die Gegenparteien und den Streitgegenstand angeben sowie die Anträge und eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten.

Eine beglaubigte Abschrift der angefochtenen Entscheidung des Schiedsausschusses ist beizufügen. Weist der Gerichtshof die Klage ab, so wird die Entscheidung des Schiedsausschusses rechtskräftig. Hebt der Gerichtshof die Entscheidung des Schiedsausschusses auf, so kann das Verfahren gegebenenfalls auf Betreiben einer Prozesspartei vor dem Schiedsausschuss wieder aufgenommen werden. Dieser ist an die vom Gerichtshof gegebene rechtliche Beurteilung gebunden.

 

Artikel 23

 

In den Fällen nach Artikel III–369 der Verfassung obliegt es dem Gericht des Mitgliedstaats, das ein Verfahren aussetzt und den Gerichtshof anruft, diese Entscheidung dem Gerichtshof zu übermitteln.

Der Kanzler des Gerichtshofs stellt diese Entscheidung den beteiligten Parteien, den Mitgliedstaaten und der Kommission zu und außerdem den Organen, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union, von denen die Handlung, deren Gültigkeit oder Auslegung streitig ist, ausgegangen ist.

Binnen zwei Monaten nach dieser Zustellung können die Parteien, die Mitgliedstaaten, die Kommission und gegebenenfalls die Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union, von denen die Handlung, deren Gültigkeit oder Auslegung streitig ist, ausgegangen ist, beim Gerichtshof Schriftsätze einreichen oder schriftliche Erklärungen abgeben.

Der Kanzler des Gerichtshofs stellt die Entscheidung des Gerichts des Mitgliedstaats darüber hinaus den Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, die nicht Mitgliedstaaten sind, und der in jenem Abkommen genannten EFTA-Überwachungsbehörde zu, die binnen zwei Monaten nach der Zustellung beim Gerichtshof Schriftsätze einreichen oder schriftliche Erklärungen abgeben können, wenn einer der Anwendungsbereiche des Abkommens betroffen ist.

Dieser Absatz findet keine Anwendung auf Fragen, die in den Anwendungsbereich des EAG-Vertrags fallen.

Sieht ein vom Rat mit einem oder mehreren Drittstaaten über einen bestimmten Bereich geschlossenes Abkommen vor, dass diese Staaten Schriftsätze einreichen oder schriftliche Erklärungen abgeben können, wenn ein Gericht eines Mitgliedstaats dem Gerichtshof eine in den

Anwendungsbereich des Abkommens fallende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt hat, so wird die Entscheidung des Gerichts des Mitgliedstaats, die eine solche Frage enthält, auch den betreffenden Drittstaaten zugestellt, die binnen zwei Monaten nach der Zustellung beim Gerichtshof Schriftsätze einreichen oder schriftliche Erklärungen abgeben können.

 

Artikel 24

 

Der Gerichtshof kann von den Parteien die Vorlage aller Urkunden und die Erteilung aller Auskünfte verlangen, die er für wünschenswert hält. Im Falle einer Weigerung stellt der Gerichtshof diese ausdrücklich fest.

Der Gerichtshof kann ferner von den Mitgliedstaaten und den Organen, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union, die nicht Parteien in einem Rechtsstreit sind, alle Auskünfte verlangen, die er zur Regelung dieses Rechtsstreits für erforderlich erachtet.

 

Artikel 25

 

Der Gerichtshof kann jederzeit Personen, Personengemeinschaften, Dienststellen, Ausschüsse oder Einrichtungen seiner Wahl mit der Abgabe von Gutachten betrauen.

 

Artikel 26

 

Zeugen können nach Maßgabe der Verfahrensordnung vernommen werden.

 

Artikel 27

 

Nach Maßgabe der Verfahrensordnung kann der Gerichtshof gegenüber ausbleibenden Zeugen die den Gerichten allgemein zuerkannten Befugnisse ausüben und Geldbußen verhängen.

 

Artikel 28

 

Zeugen und Sachverständige können unter Benutzung der in der Verfahrensordnung vorgeschriebenen Eidesformel oder in der in der Rechtsordnung ihres Landes vorgesehenen Weise eidlich vernommen werden.

 

Artikel 29

 

Der Gerichtshof kann anordnen, dass ein Zeuge oder Sachverständiger von dem Gericht seines Wohnsitzes vernommen wird.

Diese Anordnung ist nach den Bestimmungen der Verfahrensordnung zur Ausführung an das zuständige Gericht zu richten. Die in Ausführung des Rechtshilfeersuchens abgefassten Schriftstücke werden dem Gerichtshof nach denselben Bestimmungen übermittelt.

Der Gerichtshof übernimmt die anfallenden Auslagen; er erlegt sie gegebenenfalls den Parteien auf.

 

Artikel 30

 

Jeder Mitgliedstaat behandelt die Eidesverletzung eines Zeugen oder Sachverständigen wie eine vor seinen eigenen in Zivilsachen zuständigen Gerichten begangene Straftat. Auf Anzeige des Gerichtshofs verfolgt er den Täter vor seinen zuständigen Gerichten.

 

Artikel 31

 

Die Verhandlung ist öffentlich, es sei denn, dass der Gerichtshof von Amts wegen oder auf Antrag der Parteien aus wichtigen Gründen anders beschließt.

 

Artikel 32

 

Der Gerichtshof kann während der Verhandlung Sachverständige, Zeugen sowie die Parteien selbst vernehmen. Für die Letzteren können jedoch nur ihre bevollmächtigten Vertreter mündlich verhandeln.

 

Artikel 33

 

Über jede mündliche Verhandlung ist ein vom Präsidenten und vom Kanzler zu unterschreibendes Protokoll aufzunehmen.

 

Artikel 34

 

Die Terminliste wird vom Präsidenten festgelegt.

 

Artikel 35

 

Die Beratungen des Gerichtshofs sind und bleiben geheim.

 

Artikel 36

 

Die Urteile sind mit Gründen zu versehen. Sie enthalten die Namen der Richter, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben.

 

Artikel 37

 

Die Urteile sind vom Präsidenten und vom Kanzler zu unterschreiben. Sie werden in öffentlicher Sitzung verlesen.

 

Artikel 38

 

Der Gerichtshof entscheidet über die Kosten.

 

Artikel 39

 

Der Präsident des Gerichtshofs kann in einem abgekürzten Verfahren, das erforderlichenfalls von einzelnen Bestimmungen dieser Satzung abweichen kann und in der Verfahrensordnung geregelt ist, über Anträge auf Aussetzung nach Artikel III–379 Absatz 1 der Verfassung und Artikel 157 des EAGVertrags, auf Erlass einstweiliger Anordnungen nach Artikel III–379 Absatz 2 der Verfassung oder auf Aussetzung der Zwangsvollstreckung nach Artikel III–401 Absatz 4 der Verfassung oder Artikel 164 Absatz 3 des EAG-Vertrags entscheiden.

Bei Verhinderung des Präsidenten wird dieser durch einen anderen Richter nach Maßgabe der Verfahrensordnung vertreten.

Die von dem Präsidenten oder seinem Vertreter getroffene Anordnung stellt eine einstweilige Regelung dar und greift der Entscheidung des Gerichtshofs in der Hauptsache nicht vor.

 

Artikel 40

 

Die Mitgliedstaaten und die Organe der Union können einem bei dem Gerichtshof anhängigen Rechtsstreit beitreten.

Dasselbe gilt für die Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union sowie alle anderen Personen, sofern sie ein berechtigtes Interesse am Ausgang eines bei dem Gerichtshof anhängigen Rechtsstreits glaubhaft machen können. Natürliche oder juristische Personen können Rechtssachen zwischen Mitgliedstaaten, zwischen Organen der Union oder zwischen Mitgliedstaaten und Organen der Union

nicht beitreten.

Unbeschadet des Absatzes 2 können die Vertragsstaaten des Abkommens über den EuropäischenWirtschaftsraum, die nicht Mitgliedstaaten sind, sowie die in dem Abkommen genannte EFTAÜberwachungsbehörde einem bei dem Gerichtshof anhängigen Rechtsstreit beitreten, wenn dieser einen der Anwendungsbereiche des Abkommens betrifft.

Mit den aufgrund des Beitritts gestellten Anträgen können nur die Anträge einer Partei unterstützt werden.

 

Artikel 41

 

Stellt der ordnungsmäßig geladene Beklagte keine schriftlichen Anträge, so ergeht gegen ihn Versäumnisurteil. Gegen dieses Urteil kann binnen einem Monat nach Zustellung Einspruch eingelegt werden. Der Einspruch hat keine Aussetzung der Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil zur Folge, es sei denn, dass der Gerichtshof anders beschließt.

 

Artikel 42

 

Die Mitgliedstaaten, die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union und alle sonstigen natürlichen und juristischen Personen können nach Maßgabe der Verfahrensordnung in den dort genannten Fällen Drittwiderspruch gegen ein Urteil erheben, wenn dieses Urteil ihre Rechte beeinträchtigt und in einem Rechtsstreit erlassen worden ist, an dem sie nicht teilgenommen haben.

 

Artikel 43

 

Bestehen Zweifel über Sinn und Tragweite eines Urteils, so ist der Gerichtshof zuständig, dieses Urteil auf Antrag einer Partei oder eines Organs der Union auszulegen, wenn diese ein berechtigtes Interesse hieran glaubhaft machen.

 

Artikel 44

 

Die Wiederaufnahme des Verfahrens kann beim Gerichtshof nur dann beantragt werden, wenn eine Tatsache von entscheidender Bedeutung bekannt wird, die vor Verkündung des Urteils dem Gerichtshof und der die Wiederaufnahme beantragenden Partei unbekannt war.

Das Wiederaufnahmeverfahren wird durch eine Entscheidung des Gerichtshofs eröffnet, die das Vorliegen der neuen Tatsache ausdrücklich feststellt, ihr die für die Eröffnung des Wiederaufnahmeverfahrens erforderlichen Merkmale zuerkennt und deshalb den Antrag für zulässig erklärt.

Nach Ablauf von zehn Jahren nach Erlass des Urteils kann kein Wiederaufnahmeantrag mehr gestellt werden.

 

Artikel 45

 

In der Verfahrensordnung sind besondere, den Entfernungen Rechnung tragende Fristen festzulegen.

Der Ablauf von Fristen hat keinen Rechtsnachteil zur Folge, wenn der Betroffene nachweist, dass ein Zufall oder ein Fall höherer Gewalt vorliegt.

 

Artikel 46

 

Die aus außervertraglicher Haftung der Union hergeleiteten Ansprüche verjähren in fünf Jahren nach Eintritt des Ereignisses, das ihnen zugrunde liegt. Die Verjährung wird durch Einreichung der Klageschrift beim Gerichtshof oder dadurch unterbrochen, dass der Geschädigte seinen Anspruch vorher gegenüber dem zuständigen Organ der Union geltend macht. In letzterem Fall muss die Klage innerhalb der in Artikel III–365 der Verfassung vorgesehenen Frist von zwei Monaten erhoben werden. Artikel III–367 Absatz 2 der Verfassung findet Anwendung.

Der vorliegende Artikel gilt auch für Ansprüche, die aus außervertraglicher Haftung der Europäischen Zentralbank hergeleitet werden.

 

TITEL IV

 

DAS GERICHT

 

Artikel 47

 

Artikel 9 Absatz 1, die Artikel 14 und 15, Artikel 17 Absätze 1, 2, 4 und 5 sowie Artikel 18 finden auf das Gericht und dessen Mitglieder Anwendung. Die Artikel 10, 11 und 14 finden auf den Kanzler des Gerichts entsprechende Anwendung.

 

Artikel 48

 

Das Gericht besteht aus 25 Richtern.

 

Artikel 49

 

Die Mitglieder des Gerichts können dazu bestellt werden, die Tätigkeit eines Generalanwalts auszuüben.

Der Generalanwalt hat in völliger Unparteilichkeit und Unabhängigkeit begründete Schlussanträge zu bestimmten dem Gericht unterbreiteten Rechtssachen öffentlich zu stellen, um das Gericht bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen.

Die Kriterien für die Bestimmung solcher Rechtssachen sowie die Einzelheiten für die Bestellung der Generalanwälte werden in der Verfahrensordnung des Gerichts festgelegt.

Ein in einer Rechtssache zum Generalanwalt bestelltes Mitglied darf bei der Entscheidung dieser Rechtssache nicht mitwirken.

 

Artikel 50

 

Das Gericht tagt in Kammern mit drei oder mit fünf Richtern. Die Richter wählen aus ihrer Mitte die Präsidenten der Kammern. Die Präsidenten der Kammern mit fünf Richtern werden für drei Jahre gewählt. Einmalige Wiederwahl ist zulässig.

Die Besetzung der Kammern und die Zuweisung der Rechtssachen an sie richten sich nach der Verfahrensordnung. In bestimmten in der Verfahrensordnung festgelegten Fällen kann das Gericht als Plenum oder als Einzelrichter tagen.

Die Verfahrensordnung kann auch vorsehen, dass das Gericht in den Fällen und unter den Bedingungen, die in der Verfahrensordnung festgelegt sind, als Große Kammer tagt.

 

Artikel 51

 

Abweichend von der in Artikel III–358 Absatz 1 der Verfassung vorgesehenen Regelung sind dem Gerichtshof Klagen nach den Artikeln III-365 und III-367 der Verfassung vorbehalten,

a) die von einem Mitgliedstaat gegen eine Handlung oder wegen unterlassener Beschlussfassung des Europäischen Parlaments oder des Rates oder dieser beiden Organe in den Fällen, in denen sie gemeinsam beschließen, erhoben werden, mit Ausnahme:

— der Europäischen Beschlüsse des Rates nach Artikel III-168 Absatz 2 Unterabsatz 3 der Verfassung;

— der Rechtsakte des Rates aufgrund eines Rechtsakts des Rates über handelspolitische Schutzmaßnahmen im Sinne von Artikel III-315 der 

     Verfassung;

— der Handlungen des Rates, mit denen dieser nach Artikel I-37 Absatz 2 der Verfassung Durchführungsbefugnisse ausübt;

b) die von einem Mitgliedstaat gegen eine Handlung oder wegen unterlassener Beschlussfassung der Kommission nach Maßgabe des Artikels III–420 Absatz 1 der Verfassung erhoben werden. Dem Gerichtshof sind ebenfalls Klagen nach denselben Artikeln vorbehalten, die von einem Unionsorgan gegen eine Handlung oder wegen unterlassener Beschlussfassung des Europäischen Parlaments oder des Rates, dieser beiden Organe in den Fällen, in denen sie gemeinsam beschließen, oder der Kommission erhoben werden, sowie der Klagen, die von einem Organ gegen eine Handlung

oder wegen unterlassener Beschlussfassung der Europäischen Zentralbank erhoben werden.

 

Artikel 52

 

Der Präsident des Gerichtshofs und der Präsident des Gerichts legen einvernehmlich fest, in welcher Weise Beamte und sonstige Bedienstete, die dem Gerichtshof beigegeben sind, dem Gericht Dienste leisten, um ihm die Erfüllung seiner Aufgaben zu ermöglichen. Einzelne Beamte oder sonstige Bedienstete unterstehen dem Kanzler des Gerichts unter Aufsicht des Präsidenten des Gerichts.

 

Artikel 53

 

Das Verfahren vor dem Gericht bestimmt sich nach Titel III.

Das Verfahren vor dem Gericht wird, soweit dies erforderlich ist, durch dessen Verfahrensordnung im Einzelnen geregelt und ergänzt. Die Verfahrensordnung kann von Artikel 40 Absatz 4 und Artikel 41 abweichen, um den Besonderheiten der Rechtsstreitigkeiten auf dem Gebiet des geistigen Eigentums Rechnung zu tragen.

Abweichend von Artikel 20 Absatz 4 kann der Generalanwalt seine begründeten Schlussanträge schriftlich stellen.

 

Artikel 54

 

Wird eine Klageschrift oder ein anderer Schriftsatz, die an das Gericht gerichtet sind, irrtümlich beim Kanzler des Gerichtshofs eingereicht, so übermittelt dieser sie unverzüglich an den Kanzler des Gerichts. Wird eine Klageschrift oder ein anderer Schriftsatz, die an den Gerichtshof gerichtet sind,

irrtümlich beim Kanzler des Gerichts eingereicht, so übermittelt dieser sie unverzüglich an den Kanzler des Gerichtshofs.

Stellt das Gericht fest, dass es für eine Klage nicht zuständig ist, die in die Zuständigkeit des Gerichtshofs fällt, so verweist es den Rechtsstreit an den Gerichtshof. Stellt der Gerichtshof fest, dass eine Klage in die Zuständigkeit des Gerichts fällt, so verweist er den Rechtsstreit an das Gericht, das sich dann nicht für unzuständig erklären kann.

Sind bei dem Gerichtshof und dem Gericht Rechtssachen anhängig, die den gleichen Gegenstand haben, die gleiche Auslegungsfrage aufwerfen oder die Gültigkeit desselben Rechtsaktes betreffen, so kann das Gericht nach Anhörung der Parteien das Verfahren bis zum Erlass des Urteils des Gerichtshofs aussetzen, oder, wenn es sich um Klagen nach Artikel III-365 der Verfassung oder Artikel 146 des EAG-Vertrags handelt, sich für nicht zuständig erklären, damit der Gerichtshof über die Klage entscheidet. Unter den gleichen Voraussetzungen kann auch der Gerichtshof die Aussetzung des bei ihm anhängigen Verfahrens beschließen. In diesem Fall wird das Verfahren vor dem Gericht

fortgeführt.

Fechten ein Mitgliedstaat und ein Organ der Union denselben Rechtsakt an, so erklärt sich das Gericht für nicht zuständig, damit der Gerichtshof über diese Klage entscheidet.

 

Artikel 55

 

Der Kanzler des Gerichts übermittelt jeder Partei sowie allen Mitgliedstaaten und den Organen der Union, auch wenn diese vor dem Gericht der Rechtssache nicht als Streithelfer beigetreten sind, die Endentscheidungen des Gerichts und die Entscheidungen, die über einen Teil des Streitgegenstands ergangen sind oder die einen Zwischenstreit beenden, der eine Einrede wegen Unzuständigkeit oder Unzulässigkeit zum Gegenstand hat.

 

Artikel 56

 

Gegen die Endentscheidungen des Gerichts und gegen die Entscheidungen, die über einen Teil des Streitgegenstands ergangen sind oder die einen Zwischenstreit beenden, der eine Einrede der Unzuständigkeit oder Unzulässigkeit zum Gegenstand hat, kann ein Rechtsmittel beim Gerichtshof eingelegt werden; die Rechtsmittelfrist beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung.

Dieses Rechtsmittel kann von einer Partei eingelegt werden, die mit ihren Anträgen ganz oder teilweise unterlegen ist. Andere Streithelfer als Mitgliedstaaten oder Organe der Union können dieses Rechtsmittel jedoch nur dann einlegen, wenn die Entscheidung des Gerichts sie unmittelbar berührt. Mit Ausnahme von Fällen, die sich auf Streitsachen zwischen der Union und ihren Bediensteten beziehen, kann dieses Rechtsmittel auch von den Mitgliedstaaten und den Organen der Union eingelegt werden, die dem Rechtsstreit vor dem Gericht nicht beigetreten sind. In diesem Fall befinden sie sich in derselben Stellung wie Mitgliedstaaten und Organe, die dem Rechtsstreit im ersten

Rechtszug beigetreten sind.

 

Artikel 57

 

Wird ein Antrag auf Zulassung als Streithelfer von dem Gericht abgelehnt, so kann der Antragsteller binnen zwei Wochen nach Zustellung der ablehnenden Entscheidung ein Rechtsmittel beim Gerichtshof einlegen.

Gegen die aufgrund des Artikels III–379 Absatz 1 oder Absatz 2 oder des Artikels III–401 Absatz 4 der Verfassung oder aufgrund des Artikels 157 oder des Artikels 164 Absatz 3 des EAG-Vertrags ergangenen Entscheidungen des Gerichts können die Parteien des Verfahrens binnen zwei Monaten nach Zustellung ein Rechtsmittel beim Gerichtshof einlegen.

Die Entscheidung über nach den Absätzen 1 und 2 eingelegte Rechtsmittel ergeht nach Maßgabe des Artikels 39.

 

Artikel 58

 

Das beim Gerichtshof eingelegte Rechtsmittel ist auf Rechtsfragen beschränkt. Es kann auf die Unzuständigkeit des Gerichts, auf einen Verfahrensfehler des Gerichts, durch den die Interessen des Rechtsmittelführers beeinträchtigt werden, sowie auf eine Verletzung des Unionsrechts durch das Gericht gestützt werden.

Ein Rechtsmittel nur gegen die Kostenentscheidung oder gegen die Kostenfestsetzung ist unzulässig.

 

Artikel 59

 

Wird gegen eine Entscheidung des Gerichts ein Rechtsmittel eingelegt, so besteht das Verfahren vor dem Gerichtshof aus einem schriftlichen und einem mündlichen Verfahren. Unter den in der Verfahrensordnung festgelegten Voraussetzungen kann der Gerichtshof nach Anhörung des

Generalanwalts und der Parteien ohne mündliches Verfahren entscheiden.

 

Artikel 60

 

Unbeschadet des Artikels III–379 Absätze 1 und 2 der Verfassung oder des Artikels 157 des EAGVertrags haben Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung.

Abweichend von Artikel III–380 der Verfassung werden die Entscheidungen des Gerichts, in denen Europäische Gesetze oder Europäische Verordnungen, die in allen ihren Teilen verbindlich sind und unmittelbar in jedem Mitgliedstaat gelten, für nichtig erklärt werden, erst nach Ablauf der in Artikel 56 Absatz 1 dieser Satzung vorgesehenen Frist oder, wenn innerhalb dieser Frist ein Rechtsmittel eingelegt worden ist, nach dessen Zurückweisung wirksam; ein Beteiligter kann jedoch nach Artikel III–379 Absätze 1 und 2 der Verfassung oder Artikel 157 des EAG-Vertrags beim Gerichtshof die Aussetzung der Wirkungen des für nichtig erklärten Europäischen Gesetzes oder der für nichtig erklärten Europäischen Verordnung oder sonstige einstweilige Anordnungen beantragen.

 

Artikel 61

 

Ist das Rechtsmittel begründet, so hebt der Gerichtshof die Entscheidung des Gerichts auf. Er kann sodann den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist, oder die Sache zur Entscheidung an das Gericht zurückverweisen.

Im Falle der Zurückverweisung ist das Gericht an die rechtliche Beurteilung in der Entscheidung des Gerichtshofs gebunden.

Ist das von einem Mitgliedstaat oder einem Organ der Union, die dem Rechtsstreit vor dem Gericht nicht beigetreten sind, eingelegte Rechtsmittel begründet, so kann der Gerichtshof, falls er dies für notwendig hält, diejenigen Wirkungen der aufgehobenen Entscheidung des Gerichts bezeichnen, die für die Parteien des Rechtsstreits als fortgeltend zu betrachten sind.

 

Artikel 62

 

Wenn in Fällen nach Artikel III–358 Absätze 2 und 3 der Verfassung der Erste Generalanwalt der Auffassung ist, dass die ernste Gefahr einer Beeinträchtigung der Einheit oder der Kohärenz des Unionsrechts besteht, so kann er dem Gerichtshof vorschlagen, die Entscheidung des Gerichts zu überprüfen.

Der Vorschlag muss innerhalb eines Monats nach Verkündung der Entscheidung des Gerichts erfolgen. Der Gerichtshof entscheidet innerhalb eines Monats nach Vorlage des Vorschlags durch den Ersten Generalanwalt, ob die Entscheidung zu überprüfen ist oder nicht.

 

TITEL V

 

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

 

Artikel 63

 

Die Verfahrensordnungen des Gerichtshofs und des Gerichts enthalten alle Bestimmungen, die für die Anwendung dieser Satzung und erforderlichenfalls für ihre Ergänzung notwendig sind.

 

Artikel 64

 

Die Vorschriften über die Regelung der Sprachenfrage für den Gerichtshof der Europäischen Union werden in einer vom Rat einstimmig erlassenen Europäischen Verordnung festgelegt. Diese

Verordnung wird entweder auf Antrag des Gerichtshofs nach Anhörung der Kommission und des Europäischen Parlaments oder auf Vorschlag der Kommission nach Anhörung des Gerichtshofs und des Europäischen Parlaments erlassen.

Bis zum Erlass dieser Vorschriften finden die Bestimmungen der Verfahrensordnung des Gerichtshofs und der Verfahrensordnung des Gerichts, die die Regelung der Sprachenfrage betreffen, Anwendung. Abweichend von den Artikeln III–355 und III–356 der Verfassung bedürfen Änderungen der genannten Bestimmungen oder deren Aufhebung der einstimmigen Genehmigung durch den Rat.

 

Artikel 65

 

(1) Abweichend von Artikel IV–437 der Verfassung gelten zwischen der Unterzeichnung und dem Inkrafttreten des Vertrags über eine Verfassung für Europa angenommene Änderungen des dem Vertrag über die Europäische Union, dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft beigefügten Protokolls über die

Satzung des Gerichtshofs weiter.

(2) Änderungen nach Absatz 1 werden im Wege einer amtlichen Kodifizierung durch ein auf Antrag des Gerichtshofs angenommenes Europäisches Gesetz des Rates in diese Satzung eingearbeitet. Beim Inkrafttreten des betreffenden Europäischen Kodifizierungsgesetzes wird dieser Artikel aufgehoben.

 

4. PROTOKOLL ZUR FESTLEGUNG DER SATZUNG DES EUROPÄISCHEN SYSTEMS DER

ZENTRALBANKEN UND DER EUROPÄISCHEN ZENTRALBANK

DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN

—IN DEM WUNSCH, die in Artikel I-30 und Artikel III-187 Absatz 2 der Verfassung vorgesehene Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank festzulegen —

SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt

sind:

 

KAPITEL I

 

DAS EUROPÄISCHE SYSTEM DER ZENTRALBANKEN

 

Artikel 1

 

Das Europäische System der Zentralbanken

(1) Die Europäische Zentralbank und die nationalen Zentralbanken bilden nach Artikel I-30 Absatz 1 der Verfassung das Europäische System der Zentralbanken. Die Europäische Zentralbank und die nationalen Zentralbanken der Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, bilden das

Eurosystem.

(2) Das Europäische System der Zentralbanken und die Europäische Zentralbank nehmen ihre Aufgaben und ihre Tätigkeit nach Maßgabe der Verfassung und dieser Satzung wahr.

 

KAPITEL II

 

ZIELE UND AUFGABEN DES EUROPÄISCHEN SYSTEMS DER ZENTRALBANKEN

 

Artikel 2

 

Ziele

Nach Artikel I-30 Absatz 2 und Artikel III-185 Absatz 1 der Verfassung ist es das vorrangige Ziel des Europäischen Systems der Zentralbanken, die Preisstabilität zu gewährleisten. Unbeschadet dieses  Zieles unterstützt das Europäische System der Zentralbanken die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Union, um zur Verwirklichung der in Artikel I-3 der Verfassung festgelegten Ziele der Union beizutragen. Das Europäische System der Zentralbanken handelt im Einklang mit dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb, wobei ein effizienter Einsatz der Ressourcen gefördert wird und die in Artikel III-177 der Verfassung genannten Grundsätze gewahrt werden.

 

Artikel 3

 

Aufgaben

(1) Nach Artikel III-185 Absatz 2 der Verfassung bestehen die grundlegenden Aufgaben des Europäischen Systems der Zentralbanken darin,

a) die Geldpolitik der Union festzulegen und auszuführen,

b) Devisengeschäfte im Einklang mit Artikel III-326 der Verfassung durchzuführen,

c) die offiziellen Währungsreserven der Mitgliedstaaten zu halten und zu verwalten,

d) das reibungslose Funktionieren der Zahlungssysteme zu fördern.

(2) Nach Artikel III-185 Absatz 3 der Verfassung berührt Absatz 1 Buchstabe c nicht die Haltung und Verwaltung von Arbeitsguthaben in Fremdwährungen durch die Regierungen der Mitgliedstaaten.

(3) Das Europäische System der Zentralbanken trägt nach Artikel III-185 Absatz 5 der Verfassung zur reibungslosen Durchführung der von den zuständigen Behörden auf dem Gebiet der Aufsicht über die Kreditinstitute und der Stabilität des Finanzsystems ergriffenen Maßnahmen bei.

 

Artikel 4

 

Beratende Funktionen

Nach Artikel III-185 Absatz 4 der Verfassung wird die Europäische Zentralbank gehört

a) zu allen Vorschlägen für Rechtsakte der Union in den unter die Befugnisse der Europäischen Zentralbank fallenden Bereichen;

b) von den nationalen Behörden zu allen Entwürfen für Rechtsvorschriften in den unter die Befugnisse der Europäischen Zentralbank fallenden Bereichen, und zwar innerhalb der Grenzen und unter den Bedingungen, die der Rat nach dem Verfahren des Artikels 41 festlegt.

Die Europäische Zentralbank kann gegenüber den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union und gegenüber den nationalen Behörden Stellungnahmen in den unter ihre Befugnisse fallenden Bereichen abgeben.

 

Artikel 5

 

Erhebung von statistischen Daten

(1) Zur Wahrnehmung der Aufgaben des Europäischen Systems der Zentralbanken holt die Europäische Zentralbank mit Unterstützung der nationalen Zentralbanken die erforderlichen statistischen Daten entweder von den zuständigen nationalen Behörden oder unmittelbar von den

Wirtschaftssubjekten ein. Zu diesem Zweck arbeitet sie mit den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union und den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten oder dritter Länder sowie mit internationalen Organisationen zusammen.

(2) Die in Absatz 1 genannten Aufgaben werden so weit wie möglich von den nationalen Zentralbanken ausgeführt.

(3) Soweit erforderlich, fördert die Europäische Zentralbank die Harmonisierung der Bestimmungen und Gepflogenheiten auf dem Gebiet der Erhebung, Zusammenstellung und Weitergabe von statistischen Daten in den unter ihre Befugnisse fallenden Bereichen.

(4) Der Kreis der berichtspflichtigen natürlichen und juristischen Personen, die Bestimmungen über die Vertraulichkeit sowie die geeigneten Durchsetzungsvorkehrungen werden vom Rat nach dem Verfahren des Artikels 41 festgelegt.

 

Artikel 6

 

Internationale Zusammenarbeit

(1) Im Bereich der internationalen Zusammenarbeit, die die dem Europäischen System der Zentralbanken übertragenen Aufgaben betrifft, beschließt die Europäische Zentralbank, wie das Europäische System der Zentralbanken vertreten wird.

(2) Die Europäische Zentralbank und, soweit diese zustimmt, die nationalen Zentralbanken sind befugt, sich an internationalen Währungseinrichtungen zu beteiligen.

(3) Die Absätze 1 und 2 finden unbeschadet des Artikels III-196 der Verfassung Anwendung.

 

KAPITEL III

 

ORGANISATION DES EUROPÄISCHEN SYSTEMS DER ZENTRALBANKEN

 

Artikel 7

 

Unabhängigkeit

Nach Artikel III-188 der Verfassung darf weder die Europäische Zentralbank noch eine nationale Zentralbank noch ein Mitglied ihrer Beschlussorgane bei der Wahrnehmung der ihnen durch die Verfassung und diese Satzung übertragenen Befugnisse, Aufgaben und Pflichten von Organen, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union, Regierungen der Mitgliedstaaten oder anderen Stellen Weisungen einholen oder entgegennehmen. Die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union sowie die Regierungen der Mitgliedstaaten verpflichten sich, diesen Grundsatz zu beachten und nicht zu versuchen, die Mitglieder der Beschlussorgane der Europäischen Zentralbank oder der

nationalen Zentralbanken bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu beeinflussen.

 

Artikel 8

 

Allgemeiner Grundsatz

Das Europäische System der Zentralbanken wird von den Beschlussorganen der Europäischen Zentralbank geleitet.

 

Artikel 9

 

Die Europäische Zentralbank

(1) Die Europäische Zentralbank, die nach Artikel I-30 Absatz 3 der Verfassung mit Rechtspersönlichkeit ausgestattet ist, besitzt in jedem Mitgliedstaat die weitest gehende Rechts- und Geschäftsfähigkeit, die juristischen Personen nach dessen Rechtsvorschriften zuerkannt ist. Die

Europäische Zentralbank kann insbesondere bewegliches und unbewegliches Vermögen erwerben und veräußern sowie vor Gericht auftreten.

(2) Die Europäische Zentralbank stellt sicher, dass die dem Europäischen System der Zentralbanken nach Artikel III-185 Absätze 2, 3 und 5 der Verfassung übertragenen Aufgaben entweder durch ihre eigene Tätigkeit nach Maßgabe dieser Satzung oder durch die nationalen Zentralbanken nach Artikel 12 Absatz 1 und Artikel 14 erfüllt werden.

(3) Die Beschlussorgane der Europäischen Zentralbank sind nach Artikel III-187 Absatz 1 der Verfassung der Rat und das Direktorium der Europäischen Zentralbank.

 

Artikel 10

 

Der Rat der Europäischen Zentralbank

(1) Nach Artikel III-382 Absatz 1 der Verfassung besteht der Rat der Europäischen Zentralbank aus den Mitgliedern des Direktoriums der Europäischen Zentralbank und den Präsidenten der nationalen Zentralbanken der Mitgliedstaaten, für die keine Ausnahmeregelung im Sinne des Artikels III-197 der Verfassung gilt.

(2) Jedes Mitglied des Rates der Europäischen Zentralbank hat eine Stimme. Ab dem Zeitpunkt, zu dem die Zahl der Mitglieder des Rates der Europäischen Zentralbank 21 übersteigt, hat jedes Mitglied des Direktoriums eine Stimme und beträgt die Zahl der stimmberechtigten Präsidenten der nationalen Zentralbanken 15. Die Verteilung und die Rotation dieser Stimmrechte erfolgen wie nachstehend dargelegt:

a) Ab dem Zeitpunkt, zu dem die Zahl der Präsidenten der nationalen Zentralbanken 15 übersteigt, und bis zu dem Zeitpunkt, zu dem sie 22 beträgt, werden die Präsidenten der nationalen Zentralbanken aufgrund der Position des Mitgliedstaats ihrer jeweiligen nationalen Zentralbank,

die sich aus der Größe des Anteils des Mitgliedstaats ihrer jeweiligen nationalen Zentralbank am aggregierten Bruttoinlandsprodukt zu Marktpreisen und an der gesamten aggregierten Bilanz der monetären Finanzinstitute der Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, ergibt, in zwei Gruppen eingeteilt. Die Gewichtung der Anteile am aggregierten Bruttoinlandsprodukt zu Marktpreisen und an der gesamten aggregierten Bilanz der monetären Finanzinstitute beträgt 5/6 beziehungsweise 1/6. Die erste Gruppe besteht aus fünf Präsidenten der nationalen Zentralbanken und die zweite Gruppe aus den übrigen Präsidenten der nationalen Zentralbanken. Die Präsidenten der nationalen Zentralbanken, die in die erste Gruppe eingeteilt werden, sind nicht weniger häufig stimmberechtigt als die Präsidenten der nationalen

Zentralbanken der zweiten Gruppe. Vorbehaltlich des vorstehenden Satzes werden der ersten Gruppe vier Stimmrechte und der zweiten Gruppe elf Stimmrechte zugeteilt.

b) Ab dem Zeitpunkt, zu dem die Zahl der Präsidenten der nationalen Zentralbanken 22 beträgt, werden die Präsidenten der nationalen Zentralbanken nach Maßgabe der sich aufgrund der unter Buchstabe a genannten Kriterien ergebenden Position in drei Gruppen eingeteilt. Die erste Gruppe, der vier Stimmrechte zugeteilt werden, besteht aus fünf Präsidenten der nationalen Zentralbanken. Die zweite Gruppe, der acht Stimmrechte zugeteilt werden, besteht aus der Hälfte aller Präsidenten der nationalen Zentralbanken, wobei jeder Bruchteil auf die nächste ganze Zahl aufgerundet wird. Die dritte Gruppe, der drei Stimmrechte zugeteilt werden, besteht aus den übrigen Präsidenten der nationalen Zentralbanken.

c) Innerhalb jeder Gruppe sind die Präsidenten der nationalen Zentralbanken für gleich lange Zeiträume stimmberechtigt.

d) Artikel 29 Absatz 2 gilt für die Berechnung der Anteile am aggregierten Bruttoinlandsprodukt zu Marktpreisen. Die gesamte aggregierte Bilanz der monetären Finanzinstitute wird nach dem zum Zeitpunkt der Berechnung in der Union geltenden statistischen Berichtsrahmen berechnet.

e) Bei jeder Anpassung des aggregierten Bruttoinlandsprodukts zu Marktpreisen nach Artikel 29 Absatz 3 oder bei jeder Erhöhung der Zahl der Präsidenten der nationalen Zentralbanken wird die Größe und/oder die Zusammensetzung der Gruppen nach den in diesem Unterabsatz

genannten Grundsätzen angepasst.

f) Der Rat der Europäischen Zentralbank trifft mit einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner stimmberechtigten und nicht stimmberechtigten Mitglieder alle zur Durchführung der in diesem Unterabsatz genannten Grundsätze erforderlichen Maßnahmen und kann beschließen, die Anwendung des Rotationssystems bis zu dem Zeitpunkt zu verschieben, zu dem die Zahl der Präsidenten der nationalen Zentralbanken 18 übersteigt. Das Stimmrecht wird persönlich ausgeübt. Abweichend von dieser Bestimmung kann in der in Artikel 12 Absatz 3 genannten Geschäftsordnung vorgesehen werden, dass Mitglieder des Rates der Europäischen Zentralbank im Wege einer Telekonferenz an der Abstimmung teilnehmen können. In der Geschäftsordnung wird ferner vorgesehen, dass ein für längere Zeit an der Teilnahme an Sitzungen des Rates der Europäischen Zentralbank verhindertes Mitglied einen Stellvertreter als Mitglied des Rates der Europäischen Zentralbank benennen kann. Die Stimmrechte aller stimmberechtigten und nicht stimmberechtigten Mitglieder des Rates der Europäischen Zentralbank nach Absatz 3 und Artikel 40 Absätze 2 und 3 bleiben von den Unterabsätzen 1 und 2 unberührt. Soweit in dieser Satzung nichts anderes bestimmt ist, beschließt der Rat der Europäischen Zentralbank mit einfacher Mehrheit seiner stimmberechtigten Mitglieder. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Präsidenten den Ausschlag.Der Rat der Europäischen Zentralbank ist beschlussfähig, wenn mindestens zwei Drittel seiner stimmberechtigten Mitglieder an der Abstimmung teilnehmen. Ist er nicht beschlussfähig, so kann der Präsident eine außerordentliche Sitzung einberufen, bei der für die Beschlussfähigkeit die Mindestteilnahmequote nicht erforderlich ist.

(3) Für alle Beschlüsse im Rahmen der Artikel 28, 29, 30, 32, 33 und 49 werden die Stimmen im Rat der Europäischen Zentralbank nach den Anteilen der nationalen Zentralbanken am gezeichneten Kapital der Europäischen Zentralbank gewogen. Die Stimmen der Mitglieder des Direktoriums werden mit Null gewogen. Ein Beschluss, der die qualifizierte Mehrheit der Stimmen erfordert, gilt als angenommen, wenn die abgegebenen Ja-Stimmen mindestens zwei Drittel des gezeichneten Kapitals der Europäischen Zentralbank und mindestens die Hälfte der Anteilseigner vertreten. Bei Verhinderung eines Präsidenten einer nationalen Zentralbank kann dieser einen Stellvertreter zur Abgabe seiner gewogenen Stimme benennen.

(4) Die Aussprachen in den Ratssitzungen sind vertraulich. Der Rat der Europäischen Zentralbank kann beschließen, das Ergebnis seiner Beratungen zu veröffentlichen.

(5) Der Rat der Europäischen Zentralbank tritt mindestens zehnmal im Jahr zusammen.

 

Artikel 11

 

Das Direktorium

(1) Nach Artikel III-382 Absatz 2 Unterabsatz 1 der Verfassung besteht das Direktorium aus dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten und vier weiteren Mitgliedern. Die Mitglieder erfüllen ihre Pflichten hauptamtlich. Ein Mitglied darf weder entgeltlich noch unentgeltlich einer anderen Beschäftigung nachgehen, es sei denn, der Rat der Europäischen Zentralbank erteilt hierzu ausnahmsweise seine Zustimmung.

(2) Nach Artikel III-382 Absatz 2 der Verfassung werden der Präsident, der Vizepräsident und die weiteren Mitglieder des Direktoriums vom Europäischen Rat auf Empfehlung des Rates nach Anhörung des Europäischen Parlaments und des Rates der Europäischen Zentralbank aus dem Kreis der in Währungs- oder Bankfragen anerkannten und erfahrenen Persönlichkeiten mit qualifizierter Mehrheit ernannt.

Ihre Amtszeit beträgt acht Jahre; Wiederernennung ist nicht zulässig.

Nur Staatsangehörige der Mitgliedstaaten können Mitglieder des Direktoriums sein.

(3) Die Beschäftigungsbedingungen für die Mitglieder des Direktoriums, insbesondere ihre Gehälter und Ruhegehälter sowie andere Leistungen der sozialen Sicherheit, sind Gegenstand von Verträgen mit der Europäischen Zentralbank und werden vom Rat der Europäischen Zentralbank auf Vorschlag eines Ausschusses festgelegt, der aus drei vom Rat der Europäischen Zentralbank und drei vom Rat ernannten Mitgliedern besteht. Die Mitglieder des Direktoriums haben in den in diesem Absatz bezeichneten Angelegenheiten kein Stimmrecht.

(4) Ein Mitglied des Direktoriums, das die Voraussetzungen für die Ausübung seines Amtes nicht mehr erfüllt oder eine schwere Verfehlung begangen hat, kann auf Antrag des Rates der Europäischen Zentralbank oder des Direktoriums durch den Gerichtshof seines Amtes enthoben werden.

(5) Jedes persönlich anwesende Mitglied des Direktoriums ist berechtigt, an Abstimmungen teilzunehmen, und hat zu diesem Zweck eine Stimme. Soweit nichts anderes bestimmt ist, beschließt das Direktorium mit der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Präsidenten den Ausschlag. Die Abstimmungseinzelheiten werden in der in Artikel 12 Absatz 3 genannten Geschäftsordnung geregelt.

(6) Das Direktorium führt die laufenden Geschäfte der Europäischen Zentralbank.

(7) Frei werdende Sitze im Direktorium sind durch Ernennung eines neuen Mitglieds nach Absatz 2 zu besetzen.

 

Artikel 12

 

Aufgaben der Beschlussorgane

(1) Der Rat der Europäischen Zentralbank erlässt die Leitlinien und Beschlüsse, die notwendig sind, um die Erfüllung der dem Europäischen System der Zentralbanken nach der Verfassung und dieser Satzung übertragenen Aufgaben zu gewährleisten. Der Rat der Europäischen Zentralbank legt die Geldpolitik der Union fest, gegebenenfalls einschließlich von Beschlüssen in Bezug auf geldpolitische Zwischenziele, Leitzinssätze und die Bereitstellung von Zentralbankgeld im Europäischen System der Zentralbanken, und erlässt die für ihre Ausführung notwendigen Leitlinien. Das Direktorium führt die Geldpolitik nach den Leitlinien und Beschlüssen des Rates der Europäischen Zentralbank aus. Es erteilt hierzu den nationalen Zentralbanken die erforderlichen Weisungen. Ferner können dem Direktorium durch Beschluss des Rates der Europäischen Zentralbank bestimmte Befugnisse übertragen werden. Unbeschadet dieses Artikels nimmt die Europäische Zentralbank die nationalen Zentralbanken zur Durchführung von Geschäften, die zu den Aufgaben des Europäischen Systems der Zentralbanken gehören, in Anspruch, soweit dies möglich und sachgerecht erscheint.

(2) Die Vorbereitung der Sitzungen des Rates der Europäischen Zentralbank obliegt dem Direktorium.

(3) Der Rat der Europäischen Zentralbank beschließt eine Geschäftsordnung, die die interne Organisation der Europäischen Zentralbank und ihrer Beschlussorgane regelt.

(4) Der Rat der Europäischen Zentralbank nimmt die in Artikel 4 genannten beratenden Funktionen wahr.

(5) Der Rat der Europäischen Zentralbank trifft die Beschlüsse nach Artikel 6.

 

Artikel 13

 

Der Präsident

(1) Den Vorsitz im Rat der Europäischen Zentralbank und im Direktorium der Europäischen

Zentralbank führt der Präsident oder, bei seiner Verhinderung, der Vizepräsident.

(2) Unbeschadet des Artikels 38 vertritt der Präsident oder eine von ihm benannte Person die

Europäische Zentralbank nach außen.

 

Artikel 14

 

Nationale Zentralbanken

(1) Nach Artikel III-189 der Verfassung stellt jeder Mitgliedstaat sicher, dass seine innerstaatlichen Rechtsvorschriften einschließlich der Satzung seiner nationalen Zentralbank mit der Verfassung und dieser Satzung im Einklang stehen.

(2) In den Satzungen der nationalen Zentralbanken ist insbesondere vorzusehen, dass die Amtszeit des Präsidenten der jeweiligen nationalen Zentralbank mindestens fünf Jahre beträgt. Der Präsident einer nationalen Zentralbank kann aus seinem Amt nur entlassen werden, wenn er die Voraussetzungen für die Ausübung seines Amtes nicht mehr erfüllt oder eine schwere Verfehlung begangen hat. Gegen einen entsprechenden Beschluss kann der betreffende Präsident einer nationalen Zentralbank oder der Rat der Europäischen Zentralbank wegen Verletzung der Verfassung oder einer bei ihrer Durchführung anzuwendenden Rechtsnorm den Gerichtshof anrufen. Solche Klagen sind binnen zwei Monaten zu erheben; diese Frist läuft je nach Lage des Falles von der Bekanntgabe des betreffenden Beschlusses, seiner Mitteilung an den Kläger oder in Ermangelung dessen von dem Zeitpunkt an, zu dem der Kläger von diesem Beschluss Kenntnis erlangt hat.

(3) Die nationalen Zentralbanken sind integraler Bestandteil des Europäischen Systems der Zentralbanken und handeln nach den Leitlinien und Weisungen der Europäischen Zentralbank. Der Rat der Europäischen Zentralbank trifft die notwendigen Maßnahmen, um die Einhaltung der

Leitlinien und Weisungen der Europäischen Zentralbank sicherzustellen, und kann verlangen, dass ihm hierzu alle erforderlichen Informationen zur Verfügung gestellt werden.

(4) Die nationalen Zentralbanken können andere als die in dieser Satzung bezeichneten Aufgaben wahrnehmen, es sei denn, der Rat der Europäischen Zentralbank stellt mit Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen fest, dass diese Aufgaben nicht mit den Zielen und Aufgaben des Europäischen Systems der Zentralbanken vereinbar sind. Derartige Aufgaben werden von den nationalen Zentralbanken in eigener Verantwortung und auf eigene Rechnung wahrgenommen und gelten nicht als Aufgaben des Europäischen Systems der Zentralbanken.

 

Artikel 15

 

Berichtspflichten

(1) Die Europäische Zentralbank erstellt und veröffentlicht mindestens vierteljährlich Berichte über die Tätigkeit des Europäischen Systems der Zentralbanken.

(2) Ein konsolidierter Ausweis des Europäischen Systems der Zentralbanken wird wöchentlich veröffentlicht.

(3) Nach Artikel III-383 Absatz 3 der Verfassung unterbreitet die Europäische Zentralbank dem Europäischen Parlament, dem Europäischen Rat, dem Rat und der Kommission einen Jahresbericht über die Tätigkeit des Europäischen Systems der Zentralbanken und die Geld- und Währungspolitik im vergangenen und im laufenden Jahr.

(4) Die in diesem Artikel bezeichneten Berichte und Ausweise werden Interessenten kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

Artikel 16

 

Banknoten

Nach Artikel III-186 Absatz 1 der Verfassung hat der Rat der Europäischen Zentralbank das ausschließliche Recht, die Ausgabe von Euro-Banknoten innerhalb der Union zu genehmigen. Die Europäische Zentralbank und die nationalen Zentralbanken sind zur Ausgabe von Euro-Banknoten berechtigt. Die von der Europäischen Zentralbank und den nationalen Zentralbanken ausgegebenen Banknoten sind die einzigen Banknoten, die in der Union als gesetzliches Zahlungsmittel gelten. Die Europäische Zentralbank berücksichtigt so weit wie möglich die Gepflogenheiten bei der Ausgabe und der Gestaltung von Banknoten.

 

KAPITEL IV

 

WÄHRUNGSPOLITISCHE AUFGABEN UND OPERATIONEN DES EUROPÄISCHEN SYSTEMS DER ZENTRALBANKEN

 

Artikel 17

 

Konten bei der Europäischen Zentralbank und den nationalen Zentralbanken

Zur Durchführung ihrer Geschäfte können die Europäische Zentralbank und die nationalen Zentralbanken für Kreditinstitute, öffentliche Stellen und andere Marktteilnehmer Konten eröffnen und Vermögenswerte, einschließlich Schuldbuchforderungen, als Sicherheit hereinnehmen.

 

Artikel 18

 

Offenmarkt- und Kreditgeschäfte

(1) Zur Erreichung der Ziele des Europäischen Systems der Zentralbanken und zur Erfüllung seiner Aufgaben können die Europäische Zentralbank und die nationalen Zentralbanken

a) auf den Finanzmärkten tätig werden, indem sie auf Euro oder sonstige Währungen lautende Forderungen und börsengängige Wertpapiere sowie Edelmetalle endgültig (per Kasse oder Termin) oder im Rahmen von Rückkaufsvereinbarungen kaufen und verkaufen oder

entsprechende Darlehensgeschäfte tätigen;

b) Kreditgeschäfte mit Kreditinstituten und anderen Marktteilnehmern abschließen, wobei für die Darlehen ausreichende Sicherheiten zu stellen sind.

(2) Die Europäische Zentralbank stellt allgemeine Grundsätze für ihre eigenen Offenmarkt- und Kreditgeschäfte und die der nationalen Zentralbanken auf; hierzu gehören auch die Grundsätze für die Bekanntmachung der Bedingungen, zu denen sie bereit sind, derartige Geschäfte abzuschließen.

 

Artikel 19

 

Mindestreserven

(1) Vorbehaltlich des Artikels 2 kann die Europäische Zentralbank zur Verwirklichung der geldpolitischen Ziele verlangen, dass die in den Mitgliedstaaten niedergelassenen Kreditinstitute Mindestreserven auf Konten bei der Europäischen Zentralbank und den nationalen Zentralbanken unterhalten. Einzelheiten für die Berechnung und Bestimmung des Mindestreservesolls können vom Rat der Europäischen Zentralbank festgelegt werden. Bei Nichteinhaltung kann die Europäische Zentralbank Strafzinsen erheben und sonstige Sanktionen mit vergleichbarer Wirkung verhängen.

(2) Für die Zwecke der Anwendung dieses Artikels legt der Rat nach dem Verfahren des Artikels 41 die Basis für die Mindestreserven und die höchstzulässigen Relationen zwischen diesen Mindestreserven und ihrer Basis sowie die angemessenen Sanktionen fest, die bei Nichteinhaltung anzuwenden sind.

 

Artikel 20

 

Sonstige geldpolitische Instrumente

Der Rat der Europäischen Zentralbank kann mit der Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen über die Anwendung anderer Instrumente der Geldpolitik entscheiden, die er bei Beachtung des Artikels 2 für zweckmäßig hält.

Der Rat legt nach dem Verfahren des Artikels 41 den Anwendungsbereich solcher Instrumente fest, wenn sie Verpflichtungen für Dritte mit sich bringen.

 

Artikel 21

 

Geschäfte mit öffentlichen Stellen

(1) Nach Artikel III-181 der Verfassung sind Überziehungs- oder andere Kreditfazilitäten bei der Europäischen Zentralbank oder den nationalen Zentralbanken für Organe, Einrichtungen und sonstige Stellen der Union, Zentralregierungen, regionale oder lokale Gebietskörperschaften oder

andere öffentlich-rechtliche Körperschaften, sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder öffentliche Unternehmen der Mitgliedstaaten verboten. Der unmittelbare Erwerb von Schuldtiteln von diesen durch die Europäische Zentralbank oder die nationalen Zentralbanken ist ebenfalls verboten.

(2) Die Europäische Zentralbank und die nationalen Zentralbanken können als Fiskalagent für die in Absatz 1 bezeichneten Stellen tätig werden.

(3) Die Bestimmungen dieses Artikels gelten nicht für Kreditinstitute in öffentlichem Eigentum; diese werden von der jeweiligen nationalen Zentralbank und der Europäischen Zentralbank bei der Bereitstellung von Zentralbankgeld wie private Kreditinstitute behandelt.

 

Artikel 22

 

Verrechnungs- und Zahlungssysteme

Die Europäische Zentralbank und die nationalen Zentralbanken können Einrichtungen zur Verfügung stellen und die Europäische Zentralbank kann Verordnungen erlassen, um effiziente und zuverlässige Verrechnungs- und Zahlungssysteme innerhalb der Union und im Verkehr mit

dritten Ländern zu gewährleisten.

 

Artikel 23

 

Geschäfte mit dritten Ländern und internationalen Organisationen

Die Europäische Zentralbank und die nationalen Zentralbanken sind befugt,

a) mit Zentralbanken und Finanzinstituten in dritten Ländern und, soweit zweckdienlich, mit internationalen Organisationen Beziehungen aufzunehmen;

b) alle Arten von Devisen und Edelmetalle per Kasse und per Termin zu kaufen und zu verkaufen; der Begriff „Devisen“ schließt Wertpapiere und alle sonstigen Vermögenswerte, die auf beliebige Währungen oder Rechnungseinheiten lauten, unabhängig von deren Ausgestaltung ein;

c) die in diesem Artikel bezeichneten Vermögenswerte zu halten und zu verwalten;

d) alle Arten von Bankgeschäften, einschließlich der Aufnahme und Gewährung von Krediten, im Verkehr mit dritten Ländern sowie internationalen Organisationen zu tätigen.

 

Artikel 24

 

Sonstige Geschäfte

Die Europäische Zentralbank und die nationalen Zentralbanken sind befugt, außer den mit ihren Aufgaben verbundenen Geschäften auch Geschäfte für ihren eigenen Betrieb und für ihre Bediensteten zu tätigen.

 

KAPITEL V

 

AUFSICHT

 

Artikel 25

 

Aufsicht

(1) Die Europäische Zentralbank kann den Rat, die Kommission und die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten in Fragen des Geltungsbereichs und der Anwendung der verbindlichen Rechtsakte der Union hinsichtlich der Aufsicht über die Kreditinstitute sowie die Stabilität des Finanzsystems beraten und von diesen konsultiert werden.

(2) Aufgrund eines Europäischen Gesetzes nach Artikel III-185 Absatz 6 der Verfassung kann die Europäische Zentralbank besondere Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über die Kreditinstitute und sonstige Finanzinstitute mit Ausnahme von Versicherungsunternehmen Wahrnehmen

.

KAPITEL VI

 

FINANZVORSCHRIFTEN DES EUROPÄISCHEN SYSTEMS DER ZENTRALBANKEN

 

Artikel 26

 

Jahresabschlüsse

(1) Das Geschäftsjahr der Europäischen Zentralbank und der nationalen Zentralbanken beginnt am 1. Januar und endet am 31. Dezember.

(2) Der Jahresabschluss der Europäischen Zentralbank wird vom Direktorium nach den vom Rat der Europäischen Zentralbank aufgestellten Grundsätzen erstellt. Der Jahresabschluss wird vom Rat der Europäischen Zentralbank festgestellt und sodann veröffentlicht.

(3) Für Analyse- und Geschäftsführungszwecke erstellt das Direktorium eine konsolidierte Bilanz des Europäischen Systems der Zentralbanken, in der die zum Europäischen System der Zentralbanken gehörenden Aktiva und Passiva der nationalen Zentralbanken ausgewiesen werden.

(4) Zur Anwendung dieses Artikels erlässt der Rat der Europäischen Zentralbank die notwendigen Vorschriften für die Standardisierung der buchmäßigen Erfassung und der Meldung der Geschäfte der nationalen Zentralbanken.

 

Artikel 27

 

Rechnungsprüfung

(1) Die Jahresabschlüsse der Europäischen Zentralbank und der nationalen Zentralbanken werden von unabhängigen externen Rechnungsprüfern, die vom Rat der Europäischen Zentralbank empfohlen und vom Rat anerkannt wurden, geprüft. Die Rechnungsprüfer sind befugt, alle Bücher und Konten der Europäischen Zentralbank und der nationalen Zentralbanken zu prüfen und alle Auskünfte über deren Geschäfte zu verlangen.

(2) Artikel III-384 der Verfassung ist nur auf eine Prüfung der Effizienz der Verwaltung der Europäischen Zentralbank anwendbar.

 

Artikel 28

 

Kapital der Europäischen Zentralbank

(1) Das Kapital der Europäischen Zentralbank beträgt 5 Milliarden Euro. Das Kapital kann durch einen Europäischen Beschluss des Rates der Europäischen Zentralbank mit der in Artikel 10 Absatz 3 vorgesehenen qualifizierten Mehrheit innerhalb der Grenzen und unter den Bedingungen, die der Rat nach dem Verfahren des Artikels 41 festlegt, erhöht werden.

(2) Die nationalen Zentralbanken sind alleinige Zeichner und Inhaber des Kapitals der Europäischen Zentralbank. Die Zeichnung des Kapitals erfolgt nach dem nach Artikel 29 festgelegten Schlüssel.

(3) Der Rat der Europäischen Zentralbank bestimmt mit der in Artikel 10 Absatz 3 vorgesehenen qualifizierten Mehrheit, in welcher Höhe und welcher Form das Kapital einzuzahlen ist.

(4) Vorbehaltlich des Absatzes 5 können die Anteile der nationalen Zentralbanken am gezeichneten Kapital der Europäischen Zentralbank nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden.

(5) Im Falle einer Anpassung des in Artikel 29 bezeichneten Schlüssels sorgen die nationalen Zentralbanken durch Übertragungen von Kapitalanteilen untereinander dafür, dass die Verteilung der Kapitalanteile dem angepassten Schlüssel entspricht. Die Bedingungen für derartige Übertragungen werden vom Rat der Europäischen Zentralbank festgelegt.

 

Artikel 29

 

Schlüssel für die Kapitalzeichnung

(1) Der Schlüssel für die Zeichnung des Kapitals der Europäischen Zentralbank, der 1998 bei der Errichtung des Europäischen Systems der Zentralbanken erstmals festgelegt wurde, wird festgelegt, indem jede nationale Zentralbank in diesem Schlüssel einen Gewichtsanteil, der der Summe folgender

Prozentsätze entspricht, erhält:

    50 % des Anteils der Bevölkerung des jeweiligen Mitgliedstaats an der Bevölkerung der Union im vorletzten Jahr vor der Errichtung

      des  Europäischen Systems der Zentralbanken;

    50 % des Anteils des Bruttoinlandsprodukts des jeweiligen Mitgliedstaats am Bruttoinlandsprodukt der Union zu Marktpreisen in den fünf 

      Jahren vor dem vorletzten Jahr vor der Errichtung  des Europäischen Systems der Zentralbanken.

Die Prozentsätze werden zum nächsten Vielfachen von 0,0001 Prozentpunkten ab- oder aufgerundet.

(2) Die zur Anwendung dieses Artikels zu verwendenden statistischen Daten werden von der

Kommission nach den Regeln bereitgestellt, die der Rat nach dem Verfahren des Artikels 41 festlegt.

(3) Die den nationalen Zentralbanken zugeteilten Gewichtsanteile werden nach Errichtung des Europäischen Systems der Zentralbanken alle fünf Jahre unter sinngemäßer Anwendung des Absatzes 1 angepasst. Der neue Schlüssel gilt jeweils vom ersten Tag des folgenden Jahres an.

(4) Der Rat der Europäischen Zentralbank trifft alle weiteren Maßnahmen, die zur Anwendung dieses Artikels erforderlich sind.

 

Artikel 30

 

Übertragung von Währungsreserven auf die Europäische Zentralbank

(1) Unbeschadet des Artikels 28 wird die Europäische Zentralbank von den nationalen Zentralbanken mit Währungsreserven, die jedoch nicht aus Währungen der Mitgliedstaaten, Euro, Reservepositionen beim Internationalen Währungsfonds und Sonderziehungsrechten gebildet

werden dürfen, bis zu einem Gegenwert von 50 Milliarden Euro ausgestattet. Der Rat der Europäischen Zentralbank entscheidet über den von der Europäischen Zentralbank einzufordernden Teil. Die Europäische Zentralbank hat das uneingeschränkte Recht, die ihr übertragenen

Währungsreserven zu halten und zu verwalten sowie für die in dieser Satzung genannten Zwecke zu verwenden.

(2) Die Beiträge der einzelnen nationalen Zentralbanken werden entsprechend ihrem jeweiligen Anteil am gezeichneten Kapital der Europäischen Zentralbank bestimmt.

(3) Die Europäische Zentralbank schreibt jeder nationalen Zentralbank eine ihrem Beitrag entsprechende Forderung gut. Der Rat der Europäischen Zentralbank entscheidet über die Denominierung und Verzinsung dieser Forderungen.

(4) Die Europäische Zentralbank kann nach Absatz 2 über den in Absatz 1 festgelegten Betrag hinaus innerhalb der Grenzen und unter den Bedingungen, die der Rat nach dem Verfahren des Artikels 41 festlegt, die Einzahlung weiterer Währungsreserven fordern.

(5) Die Europäische Zentralbank kann Reservepositionen beim Internationalen Währungsfonds und Sonderziehungsrechte halten und verwalten sowie die Zusammenlegung solcher Aktiva vorsehen.

(6) Der Rat der Europäischen Zentralbank trifft alle weiteren Maßnahmen, die zur Anwendung dieses Artikels erforderlich sind.

 

Artikel 31

 

Währungsreserven der nationalen Zentralbanken

(1) Die nationalen Zentralbanken sind befugt, zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen gegenüber internationalen Organisationen nach Artikel 23 Geschäfte abzuschließen.

(2) Alle sonstigen Geschäfte mit den Währungsreserven, die den nationalen Zentralbanken nach den in Artikel 30 genannten Übertragungen verbleiben, sowie von Mitgliedstaaten ausgeführte Transaktionen mit ihren Arbeitsguthaben in Fremdwährungen bedürfen oberhalb eines bestimmten im Rahmen des Absatzes 3 festzulegenden Betrags der Zustimmung der Europäischen Zentralbank, damit Übereinstimmung mit der Wechselkurs- und der Währungspolitik der Union gewährleistet ist.

(3) Der Rat der Europäischen Zentralbank erlässt Leitlinien mit dem Ziel, derartige Geschäfte zu erleichtern.

 

Artikel 32

 

Verteilung der monetären Einkünfte der nationalen Zentralbanken

(1) Die Einkünfte, die den nationalen Zentralbanken aus der Erfüllung der währungspolitischen Aufgaben des Europäischen Systems der Zentralbanken zufließen (im Folgenden „monetäre

Einkünfte“), werden am Ende eines jeden Geschäftsjahres nach diesem Artikel verteilt.

(2) Der Betrag der monetären Einkünfte einer jeden nationalen Zentralbank entspricht ihren jährlichen Einkünften aus Vermögenswerten, die sie als Gegenposten zum Bargeldumlauf und zu ihren Verbindlichkeiten aus Einlagen der Kreditinstitute hält. Diese Vermögenswerte werden von den nationalen Zentralbanken nach den vom Rat der Europäischen Zentralbank zu erlassenden Leitlinien gesondert erfasst.

(3) Wenn nach dem Übergang zur dritten Stufe die Bilanzstrukturen der nationalen Zentralbanken nach Auffassung des Rates der Europäischen Zentralbank die Anwendung des Absatzes 2 nicht gestatten, kann der Rat der Europäischen Zentralbank mit qualifizierter Mehrheit beschließen, dass die monetären Einkünfte für einen Zeitraum von höchstens fünf Jahren abweichend von Absatz 2 nach einem anderen Verfahren bemessen werden.

(4) Der Betrag der monetären Einkünfte einer jeden nationalen Zentralbank vermindert sich um den Betrag etwaiger Zinsen, die von dieser Zentralbank auf ihre Verbindlichkeiten aus Einlagen der Kreditinstitute nach Artikel 19 gezahlt werden.

Der Rat der Europäischen Zentralbank kann beschließen, dass die nationalen Zentralbanken für Kosten in Verbindung mit der Ausgabe von Banknoten oder unter außergewöhnlichen Umständen für spezifische Verluste aus für das Europäische System der Zentralbanken unternommenen währungspolitischen Operationen entschädigt werden. Die Entschädigung erfolgt in einer Form, die der Rat der Europäischen Zentralbank für angemessen hält. Diese Beträge können mit den monetären Einkünften der nationalen Zentralbanken verrechnet werden.

(5) Die Summe der monetären Einkünfte der nationalen Zentralbanken wird vorbehaltlich etwaiger Beschlüsse des Rates der Europäischen Zentralbank nach Artikel 33 Absatz 2 unter den nationalen Zentralbanken entsprechend ihren eingezahlten Anteilen am Kapital der Europäischen Zentralbank verteilt.

(6) Die Verrechnung und den Ausgleich der Salden aus der Verteilung der monetären Einkünfte nimmt die Europäische Zentralbank nach den Leitlinien des Rates der Europäischen Zentralbank vor.

(7) Der Rat der Europäischen Zentralbank trifft alle weiteren Maßnahmen, die zur Anwendung dieses Artikels erforderlich sind.

 

Artikel 33

 

Verteilung der Nettogewinne und -verluste der Europäischen Zentralbank

(1) Der Nettogewinn der Europäischen Zentralbank wird in der folgenden Reihenfolge verteilt:

a) Ein vom Rat der Europäischen Zentralbank zu bestimmender Betrag, der 20 % des Nettogewinns nicht übersteigen darf, wird dem allgemeinen Reservefonds bis zu einer Obergrenze von 100 % des Kapitals zugeführt;

b) der verbleibende Nettogewinn wird an die Anteilseigner der Europäischen Zentralbank entsprechend ihren eingezahlten Anteilen ausgeschüttet.

(2) Falls die Europäische Zentralbank einen Verlust erwirtschaftet, kann der Fehlbetrag aus dem allgemeinen Reservefonds der Europäischen Zentralbank und erforderlichenfalls nach einem entsprechenden Beschluss des Rates der Europäischen Zentralbank aus den monetären Einkünften des betreffenden Geschäftsjahres im Verhältnis und bis in Höhe der Beträge gezahlt werden, die nach Artikel 32 Absatz 5 an die nationalen Zentralbanken verteilt werden.

 

KAPITEL VII

 

ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN

 

Artikel 34

 

Rechtsakte

(1) Nach Artikel III-190 der Verfassung werden von der Europäischen Zentralbank

a) Europäische Verordnungen erlassen, insoweit dies für die Erfüllung der in Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a, Artikel 19 Absatz 1, Artikel 22 oder Artikel 25 Absatz 2 dieser Satzung festgelegten Aufgaben erforderlich ist; sie erlässt Europäische Verordnungen ferner in den Fällen, die in den Europäischen Verordnungen und Beschlüssen nach Artikel 41 vorgesehen werden;

b) Europäische Beschlüsse erlassen, die zur Erfüllung der dem Europäischen System der Zentralbanken nach der Verfassung und dieser Satzung übertragenen Aufgaben erforderlich sind;

c) Empfehlungen und Stellungnahmen abgegeben.

(2) Die Europäische Zentralbank kann die Veröffentlichung ihrer Europäischen Beschlüsse, Empfehlungen und Stellungnahmen beschließen.

(3) Innerhalb der Grenzen und unter den Bedingungen, die der Rat nach dem Verfahren des Artikels 41 festlegt, ist die Europäische Zentralbank befugt, Unternehmen bei Nichteinhaltung der Verpflichtungen, die sich aus ihren Europäischen Verordnungen und Beschlüssen ergeben, mit Geldbußen oder Zwangsgeldern zu belegen.

 

Artikel 35

 

Gerichtliche Kontrolle und damit verbundene Angelegenheiten

(1) Die Handlungen und Unterlassungen der Europäischen Zentralbank unterliegen in den Fällen und unter den Bedingungen, die in der Verfassung vorgesehen sind, der Überprüfung und Auslegung durch den Gerichtshof der Europäischen Union. Die Europäische Zentralbank ist in den Fällen und unter den Bedingungen, die in der Verfassung vorgesehen sind, klageberechtigt.

(2) Über Rechtsstreitigkeiten zwischen der Europäischen Zentralbank einerseits und ihren Gläubigern, Schuldnern oder dritten Personen andererseits entscheiden die zuständigen Gerichte der einzelnen Staaten vorbehaltlich der Zuständigkeiten, die dem Gerichtshof der Europäischen Union zuerkannt sind.

(3) Die Europäische Zentralbank unterliegt der Haftungsregelung des Artikels III-431 der Verfassung. Die Haftung der nationalen Zentralbanken richtet sich nach dem jeweiligen innerstaatlichen Recht.

(4) Der Gerichtshof der Europäischen Union ist für Entscheidungen aufgrund einer Schiedsklausel zuständig, die in einem von der Europäischen Zentralbank oder für ihre Rechnung abgeschlossenen öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Vertrag enthalten ist.

(5) Für einen Beschluss der Europäischen Zentralbank, den Gerichtshof der Europäischen Union anzurufen, ist der Rat der Europäischen Zentralbank zuständig.

(6) Der Gerichtshof der Europäischen Union ist für Streitsachen zuständig, die die Erfüllung der Verpflichtungen aus der Verfassung und dieser Satzung durch eine nationale Zentralbank betreffen. Ist die Europäische Zentralbank der Auffassung, dass eine nationale Zentralbank gegen eine Verpflichtung aus der Verfassung und dieser Satzung verstoßen hat, so gibt sie in der betreffenden Sache eine mit Gründen versehene Stellungnahme ab, nachdem sie der nationalen Zentralbank Gelegenheit zur Äußerung gegeben hat. Kommt die nationale Zentralbank dieser Stellungnahme innerhalb der von der Europäischen Zentralbank gesetzten Frist nicht nach, so kann die Europäische Zentralbank den Gerichtshof der Europäischen Union anrufen.

 

Artikel 36

 

Personal

(1) Der Rat der Europäischen Zentralbank legt auf Vorschlag des Direktoriums die Beschäftigungsbedingungen für das Personal der Europäischen Zentralbank fest.

(2) Der Gerichtshof der Europäischen Union ist für alle Streitsachen zwischen der Europäischen Zentralbank und deren Bediensteten innerhalb der Grenzen und unter den Bedingungen zuständig, die sich aus den Beschäftigungsbedingungen ergeben.

 

Artikel 37

 

Geheimhaltung

(1) Die Mitglieder der Leitungsgremien und des Personals der Europäischen Zentralbank und der nationalen Zentralbanken dürfen auch nach Beendigung ihres Dienstverhältnisses keine der Geheimhaltungspflicht unterliegenden Informationen weitergeben.

(2) Personen mit Zugang zu Daten, die unter einen verbindlichen Rechtsakt der Union fallen, der eine Verpflichtung zur Geheimhaltung vorsieht, unterliegen dieser Verpflichtung.

 

Artikel 38

 

Unterschriftsberechtigte

Die Europäische Zentralbank wird Dritten gegenüber durch den Präsidenten oder zwei Direktoriumsmitglieder oder durch die Unterschriften zweier vom Präsidenten zur Zeichnung im Namen der Europäischen Zentralbank gehörig ermächtigter Bediensteter der Europäischen Zentralbank rechtswirksam verpflichtet.

 

Artikel 39

 

Vorrechte und Befreiungen

Die Europäische Zentralbank genießt im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten die zur Erfüllung ihrer Aufgabe erforderlichen Vorrechte und Befreiungen nach Maßgabe des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union.

 

KAPITEL VIII

 

ÄNDERUNG DER SATZUNG UND ERGÄNZENDE REGELUNG

 

Artikel 40

 

Vereinfachte Änderungsverfahren

(1) Nach Artikel III-187 Absatz 3 der Verfassung können Artikel 5 Absätze 1, 2 und 3, die Artikel 17 und 18, Artikel 19 Absatz 1, die Artikel 22, 23, 24 und 26, Artikel 32 Absätze 2, 3, 4 und 6, Artikel 33 Absatz 1 Buchstabe a und Artikel 36 dieser Satzung:

a) entweder auf Vorschlag der Kommission nach Anhörung der Europäischen Zentralbank

b) oder auf Empfehlung der Europäischen Zentralbank nach Anhörung der Kommission durch Europäisches Gesetz geändert werden.

(2) Artikel 10 Absatz 2 kann durch einen Europäischen Beschluss des Europäischen Rates entweder auf Empfehlung der Europäischen Zentralbank nach Anhörung des Europäischen Parlaments und der Kommission oder auf Empfehlung der Kommission nach Anhörung des Europäischen Parlaments und der Europäischen Zentralbank einstimmig geändert werden. Diese Änderungen treten erst nach

Zustimmung der Mitgliedstaaten im Einklang mit ihren jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften in Kraft.

(3) Eine Empfehlung der Europäischen Zentralbank nach diesem Artikel erfordert einen einstimmigen Beschluss des Rates der Europäischen Zentralbank.

 

Artikel 41

 

Ergänzende Regelung

Nach Artikel III-187 Absatz 4 der Verfassung erlässt der Rat die Europäischen Verordnungen und Beschlüsse zur Festlegung der in Artikel 4, Artikel 5 Absatz 4, Artikel 19 Absatz 2, Artikel 20, Artikel 28 Absatz 1, Artikel 29 Absatz 2, Artikel 30 Absatz 4 und Artikel 34 Absatz 3 dieser

Satzung genannten Maßnahmen. Er beschließt nach Anhörung des Europäischen Parlaments

a) entweder auf Vorschlag der Kommission nach Anhörung der Europäischen Zentralbank

b) oder auf Empfehlung der Europäischen Zentralbank nach Anhörung der Kommission.

 

KAPITEL IX

 

ÜBERGANGSBESTIMMUNGEN UND SONSTIGE BESTIMMUNGEN FÜR DAS EUROPÄISCHE SYSTEM

DER ZENTRALBANKEN

 

Artikel 42

 

Allgemeine Bestimmungen

(1) Eine Ausnahmeregelung nach Artikel III-197 Absatz 1 der Verfassung bewirkt, dass folgende Artikel dieser Satzung für den betreffenden Mitgliedstaat keinerlei Rechte oder Verpflichtungen entstehen lassen: die Artikel 3 und 6, Artikel 9 Absatz 2, Artikel 12 Absatz 1, Artikel 14 Absatz 3, die Artikel 16, 18, 19, 20, 22 und 23, Artikel 26 Absatz 2 und die Artikel 27, 30, 31, 32, 33, 34 und 50.

(2) Die Zentralbanken der Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung nach Artikel III-197 Absatz 1 der Verfassung gilt, behalten ihre währungspolitischen Befugnisse nach innerstaatlichem Recht.

(3) In Artikel 3, Artikel 11 Absatz 2 und Artikel 19 dieser Satzung bezeichnet der Ausdruck „Mitgliedstaaten“ nach Artikel III-197 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Verfassung die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist.

(4) In Artikel 9 Absatz 2, Artikel 10 Absätze 2 und 3, Artikel 12 Absatz 1, den Artikeln 16, 17, 18, 22, 23, 27, 30, 31 und 32, Artikel 33 Absatz 2 und Artikel 50 bezeichnet der Ausdruck „nationale Zentralbanken“ die Zentralbanken der Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist.

(5) In Artikel 10 Absatz 3 und Artikel 33 Absatz 1 bezeichnet der Ausdruck „Anteilseigner“ die nationalen Zentralbanken der Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist.

(6) In Artikel 10 Absatz 3 und Artikel 30 Absatz 2 bezeichnet der Ausdruck „gezeichnetes Kapital“ das Kapital der Europäischen Zentralbank, das von den nationalen Zentralbanken der Mitgliedstaaten gezeichnet wurde, deren Währung der Euro ist.

 

Artikel 43

 

Vorübergehende Aufgaben der Europäischen Zentralbank

Die Europäische Zentralbank übernimmt die früheren Aufgaben des Europäischen Währungsinstituts nach Artikel III-199 Absatz 2 der Verfassung, die infolge der für einen oder mehrere Mitgliedstaaten geltenden Ausnahmeregelungen nach der Einführung des Euro noch erfüllt werden müssen.

Bei der Vorbereitung der Aufhebung der Ausnahmeregelungen nach Artikel III-198 der Verfassung nimmt die Europäische Zentralbank eine beratende Funktion wahr.

 

 

Artikel 44

 

Der Erweiterte Rat der Europäischen Zentralbank

(1) Unbeschadet des Artikels III‑187 Absatz 1 der Verfassung wird der Erweiterte Rat als drittes Beschlussorgan der Europäischen Zentralbank eingesetzt.

(2) Der Erweiterte Rat besteht aus dem Präsidenten und dem Vizepräsidenten der Europäischen Zentralbank sowie den Präsidenten der nationalen Zentralbanken. Die weiteren Mitglieder des Direktoriums können an den Sitzungen des Erweiterten Rates teilnehmen, besitzen aber kein Stimmrecht.

(3) Die Verantwortlichkeiten des Erweiterten Rates sind in Artikel 46 vollständig aufgeführt.

 

Artikel 45

 

Arbeitsweise des Erweiterten Rates

(1) Der Präsident oder bei seiner Verhinderung der Vizepräsident der Europäischen Zentralbank führt den Vorsitz im Erweiterten Rat der Europäischen Zentralbank.

(2) Der Präsident des Rates und ein Mitglied der Kommission können an den Sitzungen des Erweiterten Rates teilnehmen, besitzen aber kein Stimmrecht.

(3) Der Präsident bereitet die Sitzungen des Erweiterten Rates vor.

(4) Abweichend von Artikel 12 Absatz 3 gibt sich der Erweiterte Rat eine Geschäftsordnung.

(5) Das Sekretariat des Erweiterten Rates wird von der Europäischen Zentralbank gestellt.

 

Artikel 46

 

Verantwortlichkeiten des Erweiterten Rates

(1) Der Erweiterte Rat

a) nimmt die in Artikel 43 aufgeführten Aufgaben wahr,

b) wirkt bei der Erfüllung der Beratungsfunktionen nach Artikel 4 und Artikel 25 Absatz 1 mit.

(2) Der Erweiterte Rat wirkt auch mit bei

a) der Erhebung der statistischen Daten im Sinne von Artikel 5;

b) den Berichtstätigkeiten der Europäischen Zentralbank im Sinne von Artikel 15;

c) der Festlegung der erforderlichen Vorschriften für die Anwendung von Artikel 26 nach Artikel 26 Absatz 4;

d) allen sonstigen erforderlichen Maßnahmen zur Anwendung von Artikel 29 nach Artikel 29 Absatz 4;

e) der Festlegung der Beschäftigungsbedingungen für das Personal der Europäischen Zentralbank nach Artikel 36.

(3) Der Erweiterte Rat trägt zu den Vorarbeiten bei, die erforderlich sind, um für die Währungen der Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt, die Wechselkurse gegenüber dem Euro nach Artikel III-198 Absatz 3 der Verfassung unwiderruflich festzusetzen.

(4) Der Erweiterte Rat wird vom Präsidenten der Europäischen Zentralbank über die Beschlüsse des Rates der Europäischen Zentralbank unterrichtet.

 

Artikel 47

 

Übergangsbestimmungen für das Kapital der Europäischen Zentralbank

Nach Artikel 29 wird jeder nationalen Zentralbank ein Gewichtsanteil in dem Schlüssel für die Zeichnung des Kapitals der Europäischen Zentralbank zugeteilt. Abweichend von Artikel 28 Absatz 3 zahlen Zentralbanken von Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt, das von ihnen gezeichnete Kapital nicht ein, es sei denn, dass der Erweiterte Rat mit der Mehrheit von mindestens zwei Dritteln des gezeichneten Kapitals der Europäischen Zentralbank und zumindest der Hälfte der Anteilseigner beschließt, dass als Beitrag zu den Betriebskosten der Europäischen Zentralbank ein Mindestprozentsatz eingezahlt werden muss.

 

Artikel 48

 

Zurückgestellte Einzahlung von Kapital, Reserven und Rückstellungen der Europäischen

 

Zentralbank

(1) Die Zentralbank eines Mitgliedstaats, dessen Ausnahmeregelung aufgehoben wurde, zahlt den von ihr gezeichneten Anteil am Kapital der Europäischen Zentralbank im selben Verhältnis wie die anderen Zentralbanken der Mitgliedstaaten ein, deren Währung der Euro ist, und überträgt der   Europäischen Zentralbank Währungsreserven nach Artikel 30 Absatz 1. Die Höhe der Übertragungen bestimmt sich durch Multiplikation des in Euro zum jeweiligen Wechselkurs ausgedrückten Wertes der Währungsreserven, die der Europäischen Zentralbank bereits nach Artikel 30 Absatz 1 übertragen wurden, mit dem Faktor, der das Verhältnis zwischen der Anzahl der von der betreffenden nationalen Zentralbank gezeichneten Anteile und der Anzahl der von den anderen nationalen Zentralbanken bereits eingezahlten Anteile ausdrückt.

(2) Zusätzlich zu der Einzahlung nach Absatz 1 leistet die betreffende nationale Zentralbank einen Beitrag zu den Reserven der Europäischen Zentralbank und zu den diesen Reserven gleichwertigen Rückstellungen sowie zu dem Betrag, der nach dem Saldo der Gewinn- und Verlust-Rechnung zum 31. Dezember des Jahres vor der Aufhebung der Ausnahmeregelung noch für die Reserven und Rückstellungen bereitzustellen ist. Die Höhe des zu leistenden Beitrags bestimmt sich durch Multiplikation des in der genehmigten Bilanz der Europäischen Zentralbank ausgewiesenen Betrags der Reserven im Sinne der obigen Definition mit dem Faktor, der das Verhältnis zwischen der Anzahl der von der betreffenden Zentralbank gezeichneten Anteile und der Anzahl der von den anderen Zentralbanken bereits eingezahlten Anteile ausdrückt.

(3) Wenn ein Land oder mehrere Länder Mitgliedstaaten der Union werden und ihre jeweiligen nationalen Zentralbanken sich dem Europäischen System der Zentralbanken anschließen, erhöht sich automatisch das gezeichnete Kapital der Europäischen Zentralbank und der Höchstbetrag der Währungsreserven, die der Europäischen Zentralbank übertragen werden können. Die Erhöhung bestimmt sich durch Multiplikation der dann jeweils geltenden Beträge mit dem Faktor, der das Verhältnis zwischen dem Gewichtsanteil der betreffenden beitretenden nationalen Zentralbanken und dem Gewichtsanteil der nationalen Zentralbanken, die bereits Mitglied des Europäischen Systems der Zentralbanken sind, im Rahmen des erweiterten Schlüssels für die Zeichnung des Kapitals ausdrückt. Der Gewichtsanteil jeder nationalen Zentralbank am Schlüssel für die Zeichnung des Kapitals wird in entsprechender Anwendung von Artikel 29 Absatz 1 und nach Maßgabe des Artikels 29 Absatz 2 berechnet. Die Bezugszeiträume für die statistischen Daten entsprechen denjenigen, die für die letzte

der alle fünf Jahre vorzunehmenden Anpassungen der Gewichtsanteile nach Artikel 29 Absatz 3 herangezogen wurden.

 

Artikel 49

 

Abweichung von Artikel 32

(1) Stellt der Rat der Europäischen Zentralbank nach dem Beginn der dritten Stufe fest, dass die Anwendung von Artikel 32 für den relativen Stand der Einkünfte der nationalen Zentralbanken wesentliche Änderungen zur Folge hat, so wird der Betrag der nach Artikel 32 zu verteilenden

Einkünfte nach einem einheitlichen Prozentsatz gekürzt, der im ersten Geschäftsjahr nach dem Beginn der dritten Stufe 60 % nicht übersteigen darf und in jedem darauf folgenden Geschäftsjahr um mindestens 12 Prozentpunkte verringert wird.

(2) Absatz 1 ist für höchstens fünf Geschäftsjahre nach dem Beginn der dritten Stufe anwendbar.

 

Artikel 50

 

Umtausch von auf Währungen der Mitgliedstaaten lautenden Banknoten

Im Anschluss an die unwiderrufliche Festlegung der Wechselkurse nach Artikel III-198 Absatz 3 der Verfassung ergreift der Rat der Europäischen Zentralbank die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Banknoten, die auf Währungen der Mitgliedstaaten mit unwiderruflich festgelegten Wechselkursen lauten, von den nationalen Zentralbanken zu ihrer jeweiligen Parität umgetauscht werden.

 

Artikel 51

 

Anwendbarkeit der Übergangsbestimmungen

Sofern und solange es Mitgliedstaaten gibt, für die eine Ausnahmeregelung gilt, sind die Artikel 42 bis 47 anwendbar.

 

5. PROTOKOLL ZUR FESTLEGUNG DER SATZUNG DER EUROPÄISCHEN INVESTITIONSBANK

DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN, IN DEM WUNSCH, die in Artikel III–393 der Verfassung vorgesehene Satzung der Europäischen Investitionsbank festzulegen,

SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt sind:

 

Artikel 1

 

Die in Artikel III–393 der Verfassung genannte Europäische Investitionsbank (im Folgenden „Bank“) wird entsprechend der Verfassung und dieser Satzung errichtet; sie übt ihre Aufgaben und ihre Tätigkeit nach Maßgabe der Verfassung und dieser Satzung aus.

 

Artikel 2

 

Die Aufgabe der Bank ist in Artikel III–394 der Verfassung bestimmt.

 

Artikel 3

 

Nach Artikel III–393 der Verfassung sind Mitglieder der Bank die Mitgliedstaaten.

 

Artikel 4

 

(1) Die Bank wird mit einem Kapital von 163 653 737 000 Euro ausgestattet, das von den Mitgliedstaaten in folgender Höhe gezeichnet wird:

Deutschland 26 649 532 500

Frankreich 26 649 532 500

Italien 26 649 532 500

Vereinigtes Königreich 26 649 532 500

Spanien 15 989 719 500

Belgien 7 387 065 000

Niederlande 7 387 065 000

Schweden 4 900 585 500

Dänemark 3 740 283 000

Österreich 3 666 973 500

Polen 3 411 263 500

Finnland 2 106 816 000

Griechenland 2 003 725 500

Portugal 1 291 287 000

Tschechische Republik 1 258 785 500

Ungarn 1 190 868 500

Irland 935 070 000

Slowakei 428 490 500

Slowenien 397 815 000

Litauen 249 617 500

Luxemburg 187 015 500

Zypern 183 382 000

Lettland 152 335 000

Estland 117 640 000

Malta 69 804 000

Die Mitgliedstaaten haften nur bis zur Höhe ihres Anteils am gezeichneten und nicht eingezahlten Kapital.

(2) Bei Aufnahme eines neuen Mitglieds erhöht sich das gezeichnete Kapital entsprechend dem Beitrag des neuen Mitglieds.

(3) Der Rat der Gouverneure kann einstimmig über eine Erhöhung des gezeichneten Kapitals entscheiden.

(4) Der Anteil am gezeichneten Kapital darf weder abgetreten noch verpfändet noch gepfändet werden.

 

Artikel 5

 

(1) Das gezeichnete Kapital wird von den Mitgliedstaaten in Höhe von durchschnittlich 5 Prozent der in Artikel 4 Absatz 1 festgesetzten Beträge eingezahlt.

(2) Im Falle einer Erhöhung des gezeichneten Kapitals setzt der Rat der Gouverneure einstimmig den einzuzahlenden Hundertsatz sowie die Art und Weise der Einzahlung fest. Barzahlungen werden ausschließlich in Euro geleistet.

(3) Der Verwaltungsrat kann die Zahlung des restlichen gezeichneten Kapitals verlangen, soweit dies erforderlich wird, damit die Bank ihren Verpflichtungen nachkommen kann.

Die Zahlung erfolgt im Verhältnis zu den Anteilen der Mitgliedstaaten am gezeichneten Kapital.

 

Artikel 6

 

Die Bank wird von einem Rat der Gouverneure, einem Verwaltungsrat und einem Direktorium verwaltet und geleitet.

 

Artikel 7

 

(1) Der Rat der Gouverneure besteht aus den von den Mitgliedstaaten benannten Ministern.

(2) Der Rat der Gouverneure legt die allgemeinen Richtlinien für die Kreditpolitik der Bank nach den Zielen der Union fest.

Er achtet auf die Durchführung dieser Richtlinien.

(3) Der Rat der Gouverneure hat ferner folgende Befugnisse:

a) Er entscheidet über die Erhöhung des gezeichneten Kapitals nach Artikel 4 Absatz 3 und Artikel 5 Absatz 2;

b) für die Zwecke des Artikels 9 Absatz 1 legt er die Grundsätze fest, die für die Finanzgeschäfte im Rahmen der Aufgaben der Bank gelten;

c) er übt die in den Artikeln 9 und 11 für die Ernennung und Amtsenthebung der Mitglieder des Verwaltungsrates und des Direktoriums sowie die in Artikel 11 Absatz 1 Unterabsatz 2 vorgesehenen Befugnisse aus;

d) er entscheidet nach Artikel 16 Absatz 1 über die Gewährung von Finanzierungen für Investitionsvorhaben, die ganz oder teilweise außerhalb der Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten durchgeführt werden sollen;

e) er genehmigt den vom Verwaltungsrat ausgearbeiteten Jahresbericht;

f) er genehmigt die Jahresbilanz und die Ertragsrechnung;

g) er genehmigt die Geschäftsordnung der Bank;

h) er nimmt die sonstigen Aufgaben und Befugnisse wahr, die ihm in dieser Satzung ausdrücklich übertragen werden.

(4) Der Rat der Gouverneure kann im Rahmen der Verfassung und dieser Satzung einstimmig alle Beschlüsse im Zusammenhang mit der Einstellung der Tätigkeit der Bank und ihrer etwaigen Liquidation fassen.

 

Artikel 8

 

(1) Soweit in dieser Satzung nichts anderes bestimmt ist, beschließt der Rat der Gouverneure mit der Mehrheit seiner Mitglieder. Diese Mehrheit muss mindestens 50 Prozent des gezeichneten Kapitals vertreten.

Für die qualifizierte Mehrheit sind 18 Stimmen und 68 Prozent des gezeichneten Kapitals erforderlich.

(2) Die Stimmenthaltung von anwesenden oder vertretenen Mitgliedern steht dem Zustandekommen von Beschlüssen, für die Einstimmigkeit erforderlich ist, nicht entgegen.

 

Artikel 9

 

(1) Der Verwaltungsrat entscheidet über die Gewährung von Finanzierungen, insbesondere in Form von Darlehen und Bürgschaften, und die Aufnahme von Anleihen; er setzt die Darlehenszinssätze und Provisionen sowie sonstige Gebühren fest. Er kann auf der Grundlage eines mit qualifizierter Mehrheit erlassenen Beschlusses dem Direktorium einige seiner Befugnisse übertragen. Er legt die

Bedingungen und Einzelheiten für die Übertragung dieser Befugnisse fest und überwacht deren Ausübung.

Der Verwaltungsrat sorgt für die ordnungsmäßige Verwaltung der Bank; er gewährleistet, dass die Führung der Geschäfte der Bank mit der Verfassung, dieser Satzung und den allgemeinen Richtlinien des Rates der Gouverneure im Einklang steht.

Am Ende des Geschäftsjahres legt er dem Rat der Gouverneure einen Bericht vor und veröffentlicht ihn, nachdem er genehmigt ist.

(2) Der Verwaltungsrat besteht aus 26 ordentlichen und 16 stellvertretenden Mitgliedern.

Die ordentlichen Mitglieder werden für fünf Jahre vom Rat der Gouverneure bestellt. Die einzelnen

Mitgliedstaaten und die Kommission benennen jeweils ein ordentliches Mitglied.

Die stellvertretenden Mitglieder werden für fünf Jahre vom Rat der Gouverneure wie folgt bestellt:

— zwei stellvertretende Mitglieder, die von der Bundesrepublik Deutschland benannt werden;

— zwei stellvertretende Mitglieder, die von der Französischen Republik benannt werden;

— zwei stellvertretende Mitglieder, die von der Italienischen Republik benannt werden;

— zwei stellvertretende Mitglieder, die vom Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland

     benannt werden;

— ein stellvertretendes Mitglied, das vom Königreich Spanien und von der Portugiesischen Republik

     im gegenseitigen Einvernehmen benannt wird;

— ein stellvertretendes Mitglied, das vom Königreich Belgien, vom Großherzogtum Luxemburg und

     vom Königreich der Niederlande im gegenseitigen Einvernehmen benannt wird;

— ein stellvertretendes Mitglied, das vom Königreich Dänemark, von der Hellenischen Republik und

     von Irland im gegenseitigen Einvernehmen benannt wird;

— ein stellvertretendes Mitglied, das von der Republik Österreich, der Republik Finnland und dem

     Königreich Schweden im gegenseitigen Einvernehmen benannt wird;

— drei stellvertretende Mitglieder, die von der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der

Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der

Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik im gegenseitigen Einvernehmen benannt werden;

— ein stellvertretendes Mitglied, das von der Kommission benannt wird.

Der Verwaltungsrat kooptiert sechs Sachverständige ohne Stimmrecht: drei ordentliche und drei stellvertretende Sachverständige.

Die Wiederbestellung der ordentlichen Mitglieder und der stellvertretenden Mitglieder ist zulässig.

Die Einzelheiten für die Teilnahme an den Sitzungen des Verwaltungsrats und die für die stellvertretenden Mitglieder und die kooptierten Sachverständigen geltenden Bestimmungen werden in der Geschäftsordnung festgelegt.

Bei den Sitzungen des Verwaltungsrats führt der Präsident des Direktoriums oder bei seiner Verhinderung ein Vizepräsident den Vorsitz; der Vorsitzende nimmt an Abstimmungen nicht teil.

Zu Mitgliedern des Verwaltungsrats werden Persönlichkeiten bestellt, die jede Gewähr für Unabhängigkeit und Befähigung bieten. Sie sind nur der Bank verantwortlich.

(3) Ein ordentliches Mitglied kann nur dann seines Amtes enthoben werden, wenn es die für die Wahrnehmung seiner Aufgaben erforderlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt; in diesem Falle kann der Rat der Gouverneure mit qualifizierter Mehrheit seine Amtsenthebung verfügen.

Wird ein Jahresbericht nicht genehmigt, so hat dies den Rücktritt des Verwaltungsrats zur Folge.

(4) Sitze, die durch Todesfall, freiwilligen Rücktritt, Amtsenthebung oder Gesamtrücktritt frei werden, sind nach Maßgabe des Absatzes 2 neu zu besetzen. Außer den allgemeinen Neubestellungen sind frei werdende Sitze für die verbleibende Amtszeit neu zu besetzen.

(5) Der Rat der Gouverneure bestimmt die Vergütung der Mitglieder des Verwaltungsrats. Er legt

fest, welche Tätigkeiten mit dem Amt eines ordentlichen oder stellvertretenden Mitglieds unvereinbar

sind.

 

Artikel 10

 

(1) Jedes ordentliche Mitglied des Verwaltungsrats verfügt im Verwaltungsrat über eine Stimme. Es kann sein Stimmrecht ohne Einschränkung nach den in der Geschäftsordnung der Bank festzulegenden Regeln übertragen.

(2) Soweit in dieser Satzung nichts anderes bestimmt ist, beschließt der Verwaltungsrat mit den Stimmen von mindestens einem Drittel seiner stimmberechtigten Mitglieder, die mindestens 50 Prozent des gezeichneten Kapitals repräsentieren. Für die qualifizierte Mehrheit sind 18 Stimmen und 68 Prozent des gezeichneten Kapitals erforderlich. In der Geschäftsordnung der Bank wird festgelegt, wann der Verwaltungsrat beschlussfähig ist.

 

Artikel 11

 

(1) Das Direktorium besteht aus einem Präsidenten und acht Vizepräsidenten, die vom Rat der Gouverneure auf Vorschlag des Verwaltungsrats für sechs Jahre bestellt werden. Ihre Wiederbestellung ist zulässig.

Der Rat der Gouverneure kann einstimmig die Zahl der Mitglieder des Direktoriums ändern.

(2) Der Rat der Gouverneure kann mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag des Verwaltungsrats, der mit qualifizierter Mehrheit beschließt, die Amtsenthebung der Mitglieder des Direktoriums anordnen.

(3) Das Direktorium nimmt unter der Aufsicht des Präsidenten und der Kontrolle des Verwaltungsrats die laufenden Geschäfte der Bank wahr.

Es bereitet die Beschlüsse des Verwaltungsrats vor, insbesondere hinsichtlich der Aufnahme von Anleihen sowie der Gewährung von Finanzierungen, insbesondere in Form von Darlehen und Bürgschaften. Es sorgt für die Durchführung dieser Beschlüsse.

(4) Die Stellungnahmen des Direktoriums zu Vorschlägen für die Aufnahme von Anleihen und die Gewährung von Finanzierungen, insbesondere in Form von Darlehen und Bürgschaften, werden mit Mehrheit abgegeben.

(5) Der Rat der Gouverneure setzt die Vergütung der Mitglieder des Direktoriums fest und legt fest, welche Tätigkeiten mit ihrem Amt unvereinbar sind.

(6) Die Bank wird gerichtlich und außergerichtlich vom Präsidenten oder bei seiner Verhinderung von einem Vizepräsidenten vertreten.

(7) Der Präsident ist der Vorgesetzte der Mitglieder des Personals der Bank. Er stellt sie ein und entlässt sie. Bei der Auswahl des Personals wird nicht nur die persönliche Eignung und die berufliche Befähigung berücksichtigt, sondern auch auf eine angemessene Beteiligung von Staatsangehörigen der einzelnen Mitgliedstaaten geachtet. In der Geschäftsordnung wird festgelegt, welches Gremium für den Erlass von Bestimmungen für das Personal zuständig ist.

(8) Das Direktorium und das Personal der Bank sind nur dieser verantwortlich und üben ihre Ämter unabhängig aus.

 

Artikel 12

 

(1) Ein Ausschuss, der aus sechs vom Rat der Gouverneure aufgrund ihrer Befähigung ernannten Mitgliedern besteht, prüft, ob die Tätigkeit der Bank mit den bewährtesten Praktiken im Bankwesen im Einklang steht, und ist für die Rechnungsprüfung der Bank verantwortlich.

(2) Der Ausschuss nach Absatz 1 prüft jährlich die Ordnungsmäßigkeit der Geschäfte und der Bücher der Bank. Zu diesem Zweck überprüft er, ob die Geschäfte der Bank unter Einhaltung der in dieser Satzung und der Geschäftsordnung vorgesehenen Formvorschriften und Verfahren durchgeführt worden sind.

(3) Der Ausschuss nach Absatz 1 stellt fest, ob die Finanzausweise sowie sämtliche Finanzinformationen, die in dem vom Verwaltungsrat erstellten Jahresabschluss enthalten sind, ein exaktes Bild der Finanzlage der Bank auf der Aktiv- und Passivseite sowie ihres Geschäftsergebnisses und der Zahlungsströme für das geprüfte Rechnungsjahr wiedergeben.

(4) In der Geschäftsordnung wird im Einzelnen festgelegt, welche Qualifikationen die Mitglieder des Ausschusses nach Artikel 1 besitzen müssen und nach welchen Bedingungen und Einzelheiten der Ausschuss seine Tätigkeit ausübt.

 

Artikel 13

 

Die Bank verkehrt mit jedem Mitgliedstaat über die von diesem bezeichnete Behörde. Bei der Durchführung ihrer Finanzgeschäfte nimmt sie die nationale Zentralbank des betreffenden Mitgliedstaats oder andere von diesem genehmigte Finanzinstitute in Anspruch.

 

Artikel 14

 

(1) Die Bank arbeitet mit allen in ähnlichen Bereichen tätigen internationalen Organisationen zusammen.

(2) Die Bank nimmt zu den Bank- und Finanzinstituten der Länder, auf die sie ihre Geschäftstätigkeit erstreckt, alle der Zusammenarbeit dienlichen Beziehungen auf.

 

Artikel 15

 

Auf Ersuchen eines Mitgliedstaats oder der Kommission oder von Amts wegen nimmt der Rat der Gouverneure die Auslegung oder Ergänzung seiner nach Artikel 7 festgelegten Richtlinien nach Maßgabe der für ihre Festlegung maßgebenden Bestimmungen vor.

 

Artikel 16

 

(1) Im Rahmen ihrer Aufgabe nach Artikel III–394 der Verfassung gewährt die Bank ihren Mitgliedern oder privaten oder öffentlichen Unternehmen Finanzierungen, insbesondere in Form von Darlehen und Bürgschaften, für Investitionen, die in den Hoheitsgebieten der Mitgliedstaaten durchzuführen sind, soweit Mittel aus anderen Quellen zu angemessenen Bedingungen nicht zur Verfügung stehen.

Die Bank kann auf Vorschlag des Verwaltungsrats durch einen vom Rat der Gouverneure mit qualifizierter Mehrheit gefassten Beschluss Finanzierungen für Investitionen gewähren, die ganz oder teilweise außerhalb der Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten durchgeführt werden sollen.

(2) Die Gewährung von Darlehen wird so weit wie möglich von dem Einsatz auch anderer Finanzierungsmittel abhängig gemacht.

(3) Wird einem Unternehmen oder einer Körperschaft — mit Ausnahme der Mitgliedstaaten — ein Darlehen gewährt, so macht die Bank dies entweder von einer Bürgschaft des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Investition getätigt wird, oder von ausreichenden Bürgschaften oder der finanziellen Solidität des Schuldners abhängig.

Wenn die Durchführung der Vorhaben nach Artikel III–394 der Verfassung dies erfordert, legt der Verwaltungsrat außerdem im Rahmen der vom Rat der Gouverneure nach Artikel 7 Absatz 3 Buchstabe b festgelegten Grundsätze mit qualifizierter Mehrheit die Bedingungen und Einzelheiten für alle Finanzierungen fest, die ein spezielles Risikoprofil aufweisen und daher als eine Sondertätigkeit betrachtet werden.

(4) Die Bank kann Bürgschaften für Anleihen übernehmen, die von öffentlichen oder privaten Unternehmen oder von Körperschaften für die Durchführung der Vorhaben nach Artikel III–394 der Verfassung aufgenommen werden.

(5) Die jeweils ausstehenden Darlehen und Bürgschaften der Bank dürfen insgesamt 250 Prozent des gezeichneten Kapitals, der Rücklagen, der nicht zugeteilten Provisionen und des Überschusses der Gewinn- und Verlustrechnung nicht überschreiten. Der kumulierte Betrag der betreffenden Positionen wird unter Abzug einer Summe, die dem für jede Beteiligung der Bank gezeichneten — ausgezahlten oder noch nicht ausgezahlten — Betrag entspricht, berechnet.

Der im Rahmen der Beteiligungen der Bank ausgezahlte Betrag darf zu keinem Zeitpunkt die Gesamtsumme des eingezahlten Teils ihres Kapitals, ihrer Rücklagen, der nicht zugeteilten Provisionen und des Überschusses der Gewinn- und Verlustrechnung überschreiten.

Für die Sondertätigkeiten der Bank, die vom Rat der Gouverneure und vom Verwaltungsrat nach Absatz 3 beschlossen werden, ist ausnahmsweise eine besondere Einstellung in die Rücklagen vorzusehen.

Dieser Absatz findet ebenfalls Anwendung auf den konsolidierten Abschluss der Bank.

(6) Die Bank sichert sich gegen das Wechselrisiko, indem sie die Darlehens- und Bürgschaftsverträge mit den ihres Erachtens geeigneten Klauseln versieht.

 

Artikel 17

 

(1) Die Darlehenszinssätze, Provisionen und sonstigen Gebühren der Bank werden den jeweiligen Bedingungen des Kapitalmarkts angepasst und so bemessen, dass die Bank aus den Erträgen ihre Verpflichtungen erfüllen, ihre Kosten und ihre Risiken decken und nach Artikel 22 einen

Reservefonds bilden kann.

(2) Die Bank gewährt keine Zinsermäßigungen. Lässt die Eigenart der zu finanzierenden Investition eine Zinsermäßigung angezeigt erscheinen, so kann der betreffende Mitgliedstaat oder eine dritte Stelle Zinsvergütungen gewähren, soweit die Gewährung mit Artikel III–167 der Verfassung vereinbar ist.

 

Artikel 18

 

Bei ihren Finanzierungsgeschäften beachtet die Bank folgende Grundsätze:

1. Sie achtet auf die wirtschaftlich zweckmäßigste Verwendung ihrer Mittel im Interesse der Union. Sie darf nur dann Darlehen gewähren oder Bürgschaft leisten,

a) wenn der Zinsen- und Tilgungsdienst entweder bei Investitionen von Produktionsunternehmen aus deren Erträgen oder bei sonstigen Investitionen durch eine entsprechende Verpflichtung des Staates, in dem die Investition getätigt wird, oder auf andere Weise sichergestellt ist und

b) wenn die Investition zu einer Steigerung der volkswirtschaftlichen Produktivität im Allgemeinen beiträgt und die Verwirklichung oder das Funktionieren des Binnenmarkts fördert.

2. Sie erwirbt keine Beteiligungen an Unternehmen und übernimmt keine Verantwortung bei deren Geschäftsführung, es sei denn, dass dies für die Wahrnehmung ihrer Rechte erforderlich ist, um die Rückzahlung der von ihr ausgeliehenen Mittel zu sichern.

Wenn die Durchführung der Vorhaben nach Artikel III-394 der Verfassung dies erfordert, legt der Verwaltungsrat jedoch im Rahmen der vom Rat der Gouverneure nach Artikel 7 Absatz 3 Buchstabe b festgelegten Grundsätze mit qualifizierter Mehrheit die Bedingungen und

Einzelheiten für eine Beteiligung am Kapital eines Handelsunternehmens

— in der Regel als Ergänzung eines Darlehens oder einer Bürgschaft — fest, soweit dies für die Finanzierung einer Investition oder eines Programms erforderlich ist.

3. Sie kann ihre Forderungen auf dem Kapitalmarkt abtreten und von ihren Darlehensnehmern die Ausgabe von Schuldverschreibungen oder anderen Wertpapieren verlangen.

4. Weder die Bank noch die Mitgliedstaaten schreiben Bedingungen vor, nach denen Beträge aus ihren Darlehen in einem bestimmten Mitgliedstaat ausgegeben werden müssen.

5. Sie kann die Gewährung von Darlehen davon abhängig machen, dass internationale Ausschreibungen stattfinden.

6. Sie darf eine Investition weder finanzieren noch zu ihrer Finanzierung beitragen, wenn der Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet sie durchgeführt werden soll, Einspruch erhebt.

7. Ergänzend zu ihren Darlehenstätigkeiten kann die Bank unter den vom Rat der Gouverneure mit qualifizierter Mehrheit festgelegten Bedingungen und Einzelheiten und unter Einhaltung dieser Satzung technische Unterstützungsdienste bereitstellen.

 

Artikel 19

 

(1) Jedes Unternehmen oder jede öffentlich- oder privatrechtliche Körperschaft kann bei der Bank direkt einen Finanzierungsantrag einreichen. Dies kann auch entweder über die Kommission oder über denjenigen Mitgliedstaat geschehen, in dessen Hoheitsgebiet die Investition getätigt wird.

(2) Werden der Bank Anträge über die Kommission zugeleitet, so sind sie dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet die Investition getätigt wird, zur Stellungnahme vorzulegen. Werden sie der Bank über einen Staat zugeleitet, so sind sie der Kommission zur Stellungnahme vorzulegen. Werden sie von einem Unternehmen unmittelbar eingereicht, so sind sie dem betreffenden Mitgliedstaat und der Kommission vorzulegen. Die betreffenden Mitgliedstaaten und die Kommission haben eine Frist von zwei Monaten zur Abgabe ihrer Stellungnahme. Ist diese Frist verstrichen, so kann die Bank die betreffende Investition als genehmigt betrachten.

(3) Der Verwaltungsrat beschließt über die ihm vom Direktorium vorgelegten Finanzierungsgeschäfte.

(4) Das Direktorium prüft, ob die ihm vorgelegten Finanzierungsgeschäfte dieser Satzung, insbesondere den Artikeln 16 und 18, entsprechen. Spricht sich das Direktorium für die Gewährung der Finanzierung aus, so legt es den entsprechenden Vorschlag dem Verwaltungsrat vor. Es kann seine positive Stellungnahme von Auflagen abhängig machen, die es als wesentlich erachtet. Spricht sich das Direktorium gegen die Gewährung der Finanzierung aus, so unterbreitet es die Unterlagen mit seiner Stellungnahme dem Verwaltungsrat.

(5) Bei einer negativen Stellungnahme des Direktoriums kann der Verwaltungsrat die Finanzierung nur einstimmig gewähren.

(6) Bei einer negativen Stellungnahme der Kommission kann der Verwaltungsrat die Finanzierung nur einstimmig gewähren; bei dieser Abstimmung enthält sich das von der Kommission benannte Mitglied des Verwaltungsrats der Stimme.

(7) Bei einer negativen Stellungnahme des Direktoriums und der Kommission darf der Verwaltungsrat die Finanzierung nicht gewähren.

(8) Ist eine Umstrukturierung eines mit genehmigten Investitionen im Zusammenhang stehenden Finanzierungsgeschäfts zum Schutz der Rechte und Interessen der Bank gerechtfertigt, so ergreift das Direktorium unverzüglich die Dringlichkeitsmaßnahmen, die es für erforderlich hält, wobei es dem Verwaltungsrat unverzüglich Bericht zu erstatten hat.

 

Artikel 20

 

(1) Die Bank nimmt die zur Durchführung ihrer Aufgaben erforderlichen Anleihen auf den Kapitalmärkten auf.

(2) Die Bank kann auf den Kapitalmärkten der Mitgliedstaaten Anleihen nach den dort geltenden Rechtsvorschriften aufnehmen.

Die zuständigen Stellen eines Mitgliedstaats, für den eine Ausnahmeregelung nach Artikel III–197 Absatz 1 der Verfassung gilt, können dies nur dann ablehnen, wenn auf dem Kapitalmarkt des betreffenden Staates ernstliche Störungen zu befürchten sind.

 

Artikel 21

 

(1) Die Bank kann die verfügbaren Mittel, die sie nicht unmittelbar zur Erfüllung ihrer

Verpflichtungen benötigt, in folgender Weise verwenden:

a) Sie kann Anlagen auf den Geldmärkten vornehmen;

b) vorbehaltlich des Artikels 18 Absatz 2 kann sie Wertpapiere kaufen oder verkaufen;

c) sie kann alle sonstigen in ihren Aufgabenbereich fallenden Finanzgeschäfte vornehmen.

(2) Unbeschadet des Artikels 23 befasst sich die Bank bei der Handhabung ihrer Anlagen nur mit solchen Devisenarbitragen, die für die Durchführung ihrer Darlehensverträge oder die Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus den von ihr aufgenommenen Anleihen oder gewährten Bürgschaften unmittelbar erforderlich sind.

(3) Auf den in diesem Artikel genannten Gebieten handelt die Bank im Einvernehmen mit den zuständigen Behörden oder der nationalen Zentralbank des betreffenden Mitgliedstaats.

 

Artikel 22

 

(1) Es wird schrittweise ein Reservefonds bis zum Höchstbetrag von 10 Prozent des gezeichneten Kapitals gebildet. Der Verwaltungsrat kann die Bildung zusätzlicher Rücklagen beschließen, wenn die Verbindlichkeiten der Bank es rechtfertigen. Solange der Reservefonds noch nicht in voller Höhe gebildet ist, sind an ihn abzuführen:

a) die Zinserträge der Darlehen, welche die Bank aus den von den Mitgliedstaaten nach Artikel 5 einzuzahlenden Beträgen gewährt hat;

b) die Zinserträge der Darlehen, welche die Bank aus den Rückzahlungen der unter Buchstabe a bezeichneten Darlehen gewährt hat,

soweit diese Zinserträge nicht zur Erfüllung der Verpflichtungen und zur Deckung der Kosten der Bank benötigt werden.

(2) Die Mittel des Reservefonds werden so angelegt, dass sie jederzeit entsprechend dem Zweck des Fonds eingesetzt werden können.

 

Artikel 23

 

(1) Die Bank ist jederzeit ermächtigt, ihre Guthaben in die Währung eines Mitgliedstaats, dessen Währung nicht der Euro ist, zu transferieren, um unter Berücksichtigung des Artikels 21 dieser Satzung die Geschäfte durchzuführen, die ihrer Aufgabe nach Artikel III‑394 der Verfassung

entsprechen. Besitzt die Bank flüssige oder verfügbare Mittel in der von ihr benötigten Währung, so vermeidet sie, soweit möglich, derartige Transfers.

(2) Die Bank kann ihre Guthaben in der Währung eines Mitgliedstaats, dessen Währung nicht der Euro ist, nur mit dessen Zustimmung in die Währung von Drittländern konvertieren.

(3) Die Bank kann über die eingezahlten Kapitalbeträge sowie über die auf dritten Märkten aufgenommenen Devisen frei verfügen.

(4) Die Mitgliedstaaten verpflichten sich, den Schuldnern der Bank die erforderlichen Devisenbeträge zur Rückzahlung von Kapital sowie zur Zahlung von Zinsen für Darlehen und Provisionen für Bürgschaften zur Verfügung zu stellen, welche die Bank für Investitionen im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten gewährt hat.

 

Artikel 24

 

Kommt ein Mitgliedstaat seinen Mitgliedspflichten aus dieser Satzung, insbesondere der Pflicht zur Einzahlung seines Anteils oder zur Bedienung in Anspruch genommener Darlehen nicht nach, so kann die Gewährung von Darlehen oder Bürgschaften an diesen Staat oder seine Angehörigen durch einen mit qualifizierter Mehrheit gefassten Beschluss des Rates der Gouverneure ausgesetzt werden.

Dieser Beschluss befreit weder den Mitgliedstaat noch seine Angehörigen von ihren Verpflichtungen gegenüber der Bank.

 

Artikel 25

 

(1) Beschließt der Rat der Gouverneure, dass die Tätigkeit der Bank einzustellen ist, so wird der  gesamte Geschäftsbetrieb unverzüglich beendet; ausgenommen sind lediglich Amtshandlungen, die zur ordnungsmäßigen Verwertung, Sicherstellung und Erhaltung der Vermögenswerte sowie zur Regelung der Verbindlichkeiten notwendig sind.

(2) Im Falle der Liquidation bestellt der Rat der Gouverneure die Liquidatoren und erteilt ihnen Weisungen zur Durchführung der Liquidation. Er achtet auf die Wahrung der Rechte der Mitglieder des Personals.

 

Artikel 26

 

(1) Die Bank besitzt in jedem Mitgliedstaat die weitestgehende Rechts- und Geschäftsfähigkeit, die juristischen Personen nach dessen Rechtsvorschriften zuerkannt wird. Sie kann insbesondere bewegliches und unbewegliches Vermögen erwerben und veräußern sowie vor Gericht stehen.

(2) Das Vermögen der Bank darf in keiner Form beschlagnahmt oder enteignet werden.

 

Artikel 27

 

(1) Über Rechtsstreitigkeiten zwischen der Bank einerseits und ihren Gläubigern, Kreditnehmern oder dritten Personen andererseits entscheiden die zuständigen Gerichte der Mitgliedstaaten vorbehaltlich der Zuständigkeiten, die dem Gerichtshof der Europäischen Union zugewiesen sind. Die Bank kann in einem Vertrag ein Schiedsverfahren vorsehen.

(2) Die Bank begründet in jedem Mitgliedstaat einen Gerichtsstand der Niederlassung. Sie kann in Verträgen einen besonderen Gerichtsstand bestimmen.

(3) Das Vermögen und die Guthaben der Bank können nur auf gerichtliche Anordnung beschlagnahmt oder der Zwangsvollstreckung unterworfen werden.

 

Artikel 28

 

(1) Der Rat der Gouverneure kann einstimmig beschließen, Tochtergesellschaften oder andere Rechtsträger mit eigener Rechtspersönlichkeit und finanzieller Autonomie zu errichten.

(2) Der Rat der Gouverneure beschließt einstimmig die Satzung der Einrichtungen nach Absatz 1 und legt darin insbesondere Ziele, Aufbau, Kapital, Mitgliedschaft, Sitz, finanzielle Mittel, Interventionsmöglichkeiten, Aufsichtsregeln sowie die Beziehungen zwischen den Einrichtungen und den Organen der Bank fest.

(3) Die Bank kann sich an der Verwaltung dieser Einrichtungen beteiligen und zu ihrem gezeichneten Kapital bis zur Höhe des vom Rat der Gouverneure einstimmig festgelegten Betrags beitragen.

(4) Das Protokoll über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union gilt für die Einrichtungen nach Absatz 1, soweit sie unter das Unionsrecht fallen, die Mitglieder ihrer Organe in Ausübung ihrer einschlägigen Aufgaben und ihr Personal in dem gleichen Maße und unter denselben Bedingungen wie für die Bank.

Dividenden, Kapitalerträge oder andere Einkommen aus diesen Einrichtungen, auf die die Mitglieder außer der Europäischen Union und der Bank Anspruch haben, unterliegen indessen den für sie geltenden Steuervorschriften.

(5) Der Gerichtshof der Europäischen Union entscheidet innerhalb der nachstehend festgelegten Grenzen über Streitfälle, die Maßnahmen der Organe einer dem Unionsrecht unterliegenden Einrichtung betreffen. Klagen gegen derartige Maßnahmen können von jedem Mitglied einer solchen Einrichtung in dieser Eigenschaft oder von den Mitgliedstaaten nach Artikel III–365 der Verfassungerhoben werden.

(6) Der Rat der Gouverneure kann einstimmig beschließen, dass das Personal von dem Unionsrecht unterliegenden Einrichtungen unter Einhaltung der jeweiligen internen Verfahren Zugang zu gemeinsam mit der Bank geführten Systemen erhält.

 

 

6. PROTOKOLL ÜBER DIE FESTLEGUNG DER SITZE DER ORGANE UND BESTIMMTER EINRICHTUNGEN, SONSTIGER STELLEN

UND DIENSTSTELLEN DER EUROPÄISCHEN UNION

 

DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN,

GESTÜTZT auf Artikel III-432 der Verfassung, EINGEDENK UND IN BESTÄTIGUNG des Beschlusses vom 8. April 1965, jedoch unbeschadet der Beschlüsse über den Sitz künftiger Organe, Einrichtungen und sonstiger Stellen sowie Dienststellen —

SIND über folgende Bestimmung ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft beigefügt ist:

Einziger Artikel

(1) Das Europäische Parlament hat seinen Sitz in Straßburg; dort finden die zwölf monatlichen Plenartagungen einschließlich der Haushaltstagung statt. Zusätzliche Plenartagungen finden in Brüssel statt. Die Ausschüsse des Europäischen Parlaments treten in Brüssel zusammen. Das Generalsekretariat des Europäischen Parlaments und dessen Dienststellen verbleiben in Luxemburg.

(2) Der Rat hat seinen Sitz in Brüssel. In den Monaten April, Juni und Oktober hält der Rat seine Tagungen in Luxemburg ab.

(3) Die Kommission hat ihren Sitz in Brüssel. Die in den Artikeln 7, 8 und 9 des Beschlusses vom 8. April 1965 aufgeführten Dienststellen sind in Luxemburg untergebracht.

(4) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat seinen Sitz in Luxemburg.

(5) Die Europäische Zentralbank hat ihren Sitz in Frankfurt.

(6) Der Rechnungshof hat seinen Sitz in Luxemburg.

(7) Der Ausschuss der Regionen hat seinen Sitz in Brüssel.

(8) Der Wirtschafts‑ und Sozialausschuss hat seinen Sitz in Brüssel.

(9) Die Europäische Investitionsbank hat ihren Sitz in Luxemburg.

(10) Europol hat seinen Sitz in Den Haag.

 

 

7. PROTOKOLL ÜBER DIE VORRECHTE UND BEFREIUNGEN DER EUROPÄISCHEN UNION

 

DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN, IN DER ERWÄGUNG, dass die Union nach Artikel III-434 der Verfassung im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten die zur Erfüllung ihrer Aufgabe erforderlichen Vorrechte und Befreiungen genießt, SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft beigefügt sind:

 

KAPITEL I

 

VERMÖGENSGEGENSTÄNDE, LIEGENSCHAFTEN,

 

GUTHABEN UND GESCHÄFTE DER UNION

 

Artikel 1

 

Die Räumlichkeiten und Gebäude der Union sind unverletzlich. Sie dürfen nicht durchsucht, beschlagnahmt, eingezogen oder enteignet werden. Die Vermögensgegenstände und Guthaben der Union dürfen ohne Ermächtigung des Gerichtshofes nicht Gegenstand von Zwangsmaßnahmen der Verwaltungsbehörden oder Gerichte sein.

 

Artikel 2

 

Die Archive der Union sind unverletzlich.

 

Artikel 3

 

Die Union, ihre Guthaben, Einkünfte und sonstigen Vermögensgegenstände sind von jeder direkten Steuer befreit.

Die Regierungen der Mitgliedstaaten treffen in allen Fällen, in denen es ihnen möglich ist, geeignete Maßnahmen für den Erlass oder die Erstattung des Betrages der indirekten Steuern und Verkaufsabgaben, die in den Preisen für bewegliche oder unbewegliche Güter inbegriffen sind, wenn die Union für ihren Dienstbedarf größere Einkäufe tätigt, bei denen derartige Steuern und Abgaben im Preis enthalten sind. Die Durchführung dieser Maßnahmen darf jedoch den Wettbewerb innerhalb der Union nicht verfälschen.

Von den Abgaben, die lediglich die Vergütung für Leistungen gemeinnütziger Versorgungsbetriebe darstellen, wird keine Befreiung gewährt.

 

Artikel 4

 

Die Union ist von allen Zöllen sowie Ein- und Ausfuhrverboten und -beschränkungen bezüglich der zu ihrem Dienstgebrauch bestimmten Gegenstände befreit. Die in dieser Weise eingeführten Gegenstände dürfen im Hoheitsgebiet des Staates, in das sie eingeführt worden sind, weder entgeltlich noch unentgeltlich veräußert werden, es sei denn zu Bedingungen, welche die Regierung dieses Staates genehmigt.

Der Union steht ferner für ihre Veröffentlichungen Befreiung von Zöllen sowie Ein- und Ausfuhrverboten und -beschränkungen zu.

 

KAPITEL II

 

NACHRICHTENÜBERMITTLUNG UND AUSWEISE

 

Artikel 5

 

Den Organen der Union steht für ihre amtliche Nachrichtenübermittlung und die Übermittlung aller ihrer Schriftstücke im Hoheitsgebiet jedes Mitgliedstaats die gleiche Behandlung wie den diplomatischen Vertretungen zu.

Der amtliche Schriftverkehr und die sonstige amtliche Nachrichtenübermittlung der Organe der Union unterliegen nicht der Zensur.

 

Artikel 6

 

Die Präsidenten der Organe der Union können den Mitgliedern und Bediensteten dieser Organe Ausweise ausstellen, deren Form durch eine Europäische Verordnung des Rates, der mit einfacher Mehrheit beschließt, bestimmt wird und die von den Behörden der Mitgliedstaaten als gültige Reiseausweise anerkannt werden. Diese Ausweise werden den Beamten und sonstigen Bediensteten nach Maßgabe des Statuts der Beamten und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Union ausgestellt.

Die Kommission kann Abkommen zur Anerkennung dieser Ausweise als im Hoheitsgebiet dritter Staaten gültige Reiseausweise schließen.

 

KAPITEL III

 

MITGLIEDER DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

 

Artikel 7

 

Die Reise der Mitglieder des Europäischen Parlaments zum und vom Tagungsort des Europäischen Parlaments unterliegt keinen verwaltungsmäßigen oder sonstigen Beschränkungen. Die Mitglieder des Europäischen Parlaments erhalten bei der Zollabfertigung und Devisenkontrolle

a) seitens ihrer eigenen Regierung dieselben Erleichterungen wie hohe Beamte, die sich in offiziellem Auftrag vorübergehend ins Ausland begeben;

b) seitens der Regierungen der anderen Mitgliedstaaten dieselben Erleichterungen wie ausländische Regierungsvertreter mit vorübergehendem offiziellem Auftrag.

 

Artikel 8

 

Wegen einer in Ausübung ihres Amtes erfolgten Äußerung oder Abstimmung dürfen Mitglieder des Europäischen Parlaments weder in ein Ermittlungsverfahren verwickelt noch festgenommen oder verfolgt werden.

 

Artikel 9

 

Während der Dauer der Sitzungsperiode des Europäischen Parlaments

a) steht seinen Mitgliedern im Hoheitsgebiet ihres eigenen Staates die den Parlamentsmitgliedern zuerkannte Unverletzlichkeit zu,

b) können seine Mitglieder im Hoheitsgebiet jedes anderen Mitgliedstaats weder festgehalten noch gerichtlich verfolgt werden.

Die Unverletzlichkeit besteht auch während der Reise zum und vom Tagungsort des Europäischen Parlaments.

Bei Ergreifung auf frischer Tat kann die Unverletzlichkeit nicht geltend gemacht werden; sie steht auch nicht der Befugnis des Europäischen Parlaments entgegen, die Unverletzlichkeit eines seiner Mitglieder aufzuheben.

 

KAPITEL IV

 

VERTRETER DER MITGLIEDSTAATEN, DIE AN DEN ARBEITEN DER ORGANE DER UNION TEILNEHMEN

 

Artikel 10

 

Den Vertretern der Mitgliedstaaten, die an den Arbeiten der Organe der Union teilnehmen, sowie ihren Beratern und Sachverständigen stehen während der Ausübung ihrer Tätigkeit und auf der Reise zum und vom Tagungsort die üblichen Vorrechte, Befreiungen und Erleichterungen zu.

Dies gilt auch für die Mitglieder der beratenden Einrichtungen der Union.

 

KAPITEL V

 

BEAMTE UND SONSTIGE BEDIENSTETE DER UNION

 

Artikel 11

 

Den Beamten und sonstigen Bediensteten der Union stehen im Hoheitsgebiet jedes Mitgliedstaats ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit folgende Vorrechte und Befreiungen zu:

a) Befreiung von der Gerichtsbarkeit bezüglich der von ihnen in amtlicher Eigenschaft vorgenommenen Handlungen, einschließlich ihrer mündlichen und schriftlichen Äußerungen, jedoch vorbehaltlich der Anwendung der Bestimmungen der Verfassung über die Vorschriften

betreffend die Haftung der Beamten und sonstigen Bediensteten gegenüber der Union und über die Zuständigkeit des Gerichtshofs der Europäischen Union für Streitsachen zwischen der Union und ihren Beamten sowie sonstigen Bediensteten. Diese Befreiung gilt auch nach Beendigung ihrer Amtstätigkeit;

b) Befreiung von Einwanderungsbeschränkungen und von der Meldepflicht für Ausländer. Das Gleiche gilt für ihre Ehegatten und die von ihnen unterhaltenen Familienmitglieder;

c) die den Beamten der internationalen Organisationen üblicherweise gewährten Erleichterungen auf dem Gebiet der Vorschriften des Währungs- und Devisenrechts;

d) das Recht, ihre Wohnungseinrichtung und ihre persönlichen Gebrauchsgegenstände bei Antritt ihres Dienstes in den betreffenden Staat zollfrei einzuführen und bei Beendigung ihrer Amtstätigkeit in diesem Staat ihre Wohnungseinrichtung und ihre persönlichen Gebrauchsgegenstände zollfrei wieder auszuführen, vorbehaltlich der Bedingungen, welche die Regierung des Staates, in dem dieses Recht ausgeübt wird, in dem einen und anderen Fall für erforderlich erachtet;

e) das Recht, das zu ihrem eigenen Gebrauch bestimmte Kraftfahrzeug, sofern es in den Staat ihres letzten ständigen Aufenthalts oder in dem Staat, dem sie angehören, zu den auf dem Binnenmarkt dieses Staates geltenden Bedingungen erworben worden ist, zollfrei einzuführen

und es zollfrei wieder auszuführen, vorbehaltlich der Bedingungen, welche die Regierung des in Frage stehenden Staates in dem einen und anderen Fall für erforderlich erachtet.

 

Artikel 12

 

Von den Gehältern, Löhnen und anderen Bezügen, welche die Union ihren Beamten und sonstigen Bediensteten zahlt, wird zugunsten der Union eine Steuer nach den Bestimmungen und dem Verfahren erhoben, die durch Europäisches Gesetz festgelegt werden. Dieses Gesetz wird nach Anhörung der betroffenen Organe erlassen.

Die Beamten und sonstigen Bediensteten der Union sind von innerstaatlichen Steuern auf die von der Union gezahlten Gehälter, Löhne und Bezüge befreit.

 

Artikel 13

 

Die Beamten und sonstigen Bediensteten der Union, die sich lediglich zur Ausübung einer Amtstätigkeit im Dienst der Union im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats als des Staates niederlassen, in dem sie zur Zeit des Dienstantritts bei der Union ihren steuerlichen Wohnsitz haben, werden in den beiden genannten Staaten für die Erhebung der Einkommen-, Vermögen- und Erbschaftsteuer sowie für die Anwendung der zur Vermeidung der Doppelbesteuerung zwischen den Mitgliedstaaten der Union geschlossenen Abkommen so behandelt, als hätten sie ihren früheren Wohnsitz beibehalten, sofern sich dieser in einem Mitgliedstaat der Union befindet. Dies gilt auch für den Ehegatten, soweit dieser keine eigene Berufstätigkeit ausübt, sowie für die Kinder, die unter der Aufsicht der in diesem Artikel bezeichneten Personen stehen und von ihnen unterhalten werden. Das im Hoheitsgebiet des Aufenthaltsstaats befindliche bewegliche Vermögen der in Absatz 1 bezeichneten Personen ist in diesem Staat von der Erbschaftsteuer befreit. Für die Veranlagung dieser Steuer wird es vorbehaltlich der Rechte dritter Länder und der etwaigen Anwendung internationaler Abkommen über die Doppelbesteuerung als in dem Staat des steuerlichen Wohnsitzes befindlich

betrachtet.

Ein lediglich zur Ausübung einer Amtstätigkeit im Dienste anderer internationaler Organisationen begründeter Wohnsitz bleibt bei der Anwendung dieses Artikels unberücksichtigt.

 

Artikel 14

 

Das System der Sozialleistungen für die Beamten und sonstigen Bediensteten der Union wird durch Europäisches Gesetz festgelegt. Es wird nach Anhörung der betroffenen Organe erlassen.

 

Artikel 15

 

Die Gruppen von Beamten und sonstigen Bediensteten der Union, auf welche Artikel 11, Artikel 12 Absatz 2 und Artikel 13 ganz oder teilweise Anwendung finden, werden durch Europäisches Gesetz festgelegt. Es wird nach Anhörung der betroffenen Organe erlassen. Namen, Dienstrang und -stellung sowie Anschrift der Beamten und sonstigen Bediensteten dieser Gruppen werden den Regierungen der Mitgliedstaaten in regelmäßigen Zeitabständen mitgeteilt.

 

KAPITEL VI

 

VORRECHTE UND BEFREIUNGEN DER VERTRETUNGEN DRITTER STAATEN, DIE BEI DER UNION

BEGLAUBIGT SIND

 

Artikel 16

 

Der Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet sich der Sitz der Union befindet, gewährt den bei der Union beglaubigten Vertretungen dritter Staaten die üblichen diplomatischen Vorrechte und Befreiungen.

 

KAPITEL VII

 

ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN

 

Artikel 17

 

Die Vorrechte, Befreiungen und Erleichterungen werden den Beamten und sonstigen Bediensteten der Union ausschließlich im Interesse der Union gewährt.

Jedes Organ der Union hat die Befreiung eines Beamten oder sonstigen Bediensteten in allen Fällen aufzuheben, in denen dies nach seiner Auffassung den Interessen der Union nicht zuwiderläuft.

 

Artikel 18

 

Bei der Anwendung dieses Protokolls handeln die Organe der Union und die verantwortlichen Behörden der beteiligten Mitgliedstaaten im gegenseitigen Einvernehmen.

 

Artikel 19

 

Die Artikel 11 bis 14 und Artikel 17 finden auf die Mitglieder der Kommission Anwendung.

 

Artikel 20

 

Die Artikel 11 bis 14 und Artikel 17 finden auf die Richter, die Generalanwälte, die Kanzler und die Hilfsberichterstatter des Gerichtshofs der Europäischen Union Anwendung; die Bestimmungen des Artikels 3 des Protokolls über die Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union betreffend die Befreiung der Richter und Generalanwälte von der Gerichtsbarkeit bleiben hiervon unberührt. Die Artikel 11 bis 14 und Artikel 17 finden auch auf die Mitglieder des Rechnungshofs Anwendung.

 

Artikel 21

 

Dieses Protokoll gilt auch für die Europäische Zentralbank, die Mitglieder ihrer Beschlussorgane und ihre Bediensteten; das Protokoll zur Festlegung der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank bleibt hiervon unberührt.

Die Europäische Zentralbank ist außerdem von allen Steuern und sonstigen Abgaben anlässlich der Erhöhungen ihres Kapitals sowie von den verschiedenen Förmlichkeiten befreit, die hiermit in dem Staat, in dem sie ihren Sitz hat, verbunden sind. Ferner unterliegt die Tätigkeit der Bank und ihrer Beschlussorgane, soweit sie nach Maßgabe der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank ausgeübt wird, nicht der Umsatzsteuer.

 

Artikel 22

 

Dieses Protokoll gilt auch für die Europäische Investitionsbank, die Mitglieder ihrer Organe, ihr Personal und die Vertreter der Mitgliedstaaten, die an ihren Arbeiten teilnehmen; das Protokoll zur Festlegung der Satzung der Europäischen Investitionsbank bleibt hiervon unberührt.

Die Europäische Investitionsbank ist außerdem von allen Steuern und sonstigen Abgaben anlässlich der Erhöhungen ihres Kapitals sowie von den verschiedenen Förmlichkeiten befreit, die hiermit in dem Staat, in dem sie ihren Sitz hat, verbunden sind. Desgleichen werden bei ihrer etwaigen Auflösung und Liquidation keine Abgaben erhoben. Ferner unterliegt die Tätigkeit der Bank und ihrer Organe, soweit sie nach Maßgabe der Satzung ausgeübt wird, nicht der Umsatzsteuer.

 

8. PROTOKOLL BETREFFEND DIE VERTRÄGE UND DIE AKTEN ÜBER DEN BEITRITT

DES KÖNIGREICHS DÄNEMARK, IRLANDS SOWIE DES VEREINIGTEN

KÖNIGREICHS GROSSBRITANNIEN UND NORDIRLAND,

DER HELLENISCHEN REPUBLIK, DES KÖNIGREICHS SPANIEN

UND DER PORTUGIESISCHEN REPUBLIK, DER REPUBLIK ÖSTERREICH,

DER REPUBLIK FINNLAND UND DES KÖNIGREICHS SCHWEDEN

 

DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN,

EINGEDENK DESSEN, dass das Königreich Dänemark, Irland sowie das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland den Europäischen Gemeinschaften am 1. Januar 1973 beigetreten sind, dass die Hellenische Republik den Europäischen Gemeinschaften am 1. Januar 1981 beigetreten ist, dass das Königreich Spanien und die Portugiesische Republik den Europäischen Gemeinschaften am 1. Januar 1986 beigetreten sind, dass die Republik Österreich, die Republik Finnland und das Königreich Schweden den Europäischen Gemeinschaften und der mit dem Vertrag über die Europäische Union gegründeten Europäischen Union am 1. Januar 1995 beigetreten sind;

IN DER ERWÄGUNG, dass in Artikel IV-437 Absatz 2 der Verfassung die Aufhebung der genannten Beitrittsverträge

vorgesehen ist;

IN DER ERWÄGUNG, dass einige Bestimmungen, die in diesen Beitrittsverträgen und in den ihnen beigefügten Akten enthalten sind, weiterhin relevant sind; dass Artikel IV-437 Absatz 2 der Verfassung vorsieht, dass diese Bestimmungen in ein Protokoll übernommen oder dort aufgeführt werden müssen, damit sie in Kraft bleiben und ihre Rechtswirkung behalten;

IN DER ERWÄGUNG, dass diese Bestimmungen in technischer Hinsicht an die Verfassung angepasst werden müssen, ihr Inhalt jedoch unverändert bleiben muss;

SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft beigefügt sind:

 

TITEL I

 

GEMEINSAME BESTIMMUNGEN

 

Artikel 1

 

Die Rechte und Pflichten aus den in Artikel IV-437 Absatz 2 Buchstaben a bis d der Verfassung genannten Beitrittsverträgen gelten nach Maßgabe dieser Verträge mit Wirkung vom

a) 1. Januar 1973 hinsichtlich des Vertrags über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands sowie des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland;

b) 1. Januar 1981 hinsichtlich des Vertrags über den Beitritt der Republik Griechenland (*);

c) 1. Januar 1986 hinsichtlich des Vertrags über den Beitritt des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik; (*) Heutige Bezeichnung: Hellenische Republik.

d) 1. Januar 1995 hinsichtlich des Vertrags über den Beitritt der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden.

 

Artikel 2

 

(1) Die beitretenden Staaten nach Artikel 1 treten den noch in Kraft befindlichen Übereinkünften bei, die vor ihrem jeweiligen Beitritt

a) zwischen den anderen Mitgliedstaaten geschlossen wurden und die sich auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, den Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft oder auf den Vertrag über die Europäische Union stützen oder die mit der

Verwirklichung der Ziele dieser Verträge untrennbar verbunden sind, die das Funktionieren der Gemeinschaften oder der Union betreffen oder die in einem Zusammenhang mit deren Tätigkeit stehen;

b) von den anderen Mitgliedstaaten zusammen mit den Europäischen Gemeinschaften mit einem oder mehreren Drittstaaten oder mit einer internationalen Organisation geschlossen wurden, sowie den Übereinkünften, die mit diesen Übereinkünften zusammenhängen. Die Union und die anderen Mitgliedstaaten leisten den beitretenden Staaten nach Artikel 1 zu diesem Zweck Hilfe.

(2) Die beitretenden Staaten nach Artikel 1 ergreifen geeignete Maßnahmen, um gegebenenfalls ihre Stellung in Bezug auf internationale Organisationen oder diejenigen internationalen Übereinkünfte, denen auch die Union oder die Europäische Atomgemeinschaft oder andere Mitgliedstaaten als Vertragspartei angehören, den Rechten und Pflichten anzupassen, die sich aus ihrem Beitritt ergeben.

 

Artikel 3

 

Die Bestimmungen der Beitrittsakten, die eine nicht nur vorübergehende Aufhebung oder Änderungder Rechtsakte, die von den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Europäischen Gemeinschaften oder der mit dem Vertrag über die Europäische Union gegründeten Europäischen Union erlassen wurden, zum Gegenstand haben, bleiben — wie sie vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften und dem Gericht erster Instanz ausgelegt wurden — vorbehaltlich des Absatzes 2 in Kraft.

Die Bestimmungen nach Absatz 1 haben denselben Rechtscharakter wie die durch sie aufgehobenen oder geänderten Bestimmungen und unterliegen denselben Regeln wie diese.

 

Artikel 4

 

Der Wortlaut der Rechtsakte, die von den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Europäischen Gemeinschaften oder der mit dem Vertrag über die Europäische Union gegründeten Europäischen Union vor den Beitritten nach Artikel 1 erlassen wurden und die nacheinander in englischer und dänischer, in griechischer, in spanischer und portugiesischer sowie in finnischer und schwedischer Sprache abgefasst wurden, ist ab dem Zeitpunkt des jeweiligen Beitritts der Staaten nach Artikel 1 gleichermaßen verbindlich wie der in den anderen Sprachen abgefasste und verbindliche Wortlaut.

 

Artikel 5

 

Die in diesem Protokoll enthaltenen Übergangsbestimmungen können durch Europäisches Gesetz  des Rates aufgehoben werden, wenn sie nicht mehr anwendbar sind. Der Rat beschließt einstimmig nach Anhörung der Europäischen Parlaments.

 

TITEL II

 

BESTIMMUNGEN AUS DER AKTE BETREFFEND DIE BEDINGUNGEN DES BEITRITTS DES KÖNIGREICHS DÄNEMARK, IRLANDS SOWIE DES VEREINIGTEN KÖNIGREICHS GROSSBRITANNIEN UND NORDIRLAND

 

ABSCHNITT 1

 

Bestimmungen über Gibraltar

 

Artikel 6

 

(1) Die Rechtsakte der Organe betreffend die Erzeugnisse des Anhangs I der Verfassung und die Erzeugnisse, die bei der Einfuhr in die Union infolge der Durchführung der gemeinsamen Agrarpolitik einer Sonderregelung unterliegen, sowie die Rechtsakte betreffend die Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer sind auf Gibraltar nicht anwendbar, sofern der Rat nicht einen Europäischen Beschluss erlässt, der etwas anderes bestimmt. Der Rat beschließt einstimmig auf Vorschlag der Kommission.

(2) Die in Abschnitt VI des Anhangs II (1) der Akte über die Bedingungen des Beitritts des Königreichs Dänemark, Irlands sowie des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland definierte Lage Gibraltars wird beibehalten.

 

ABSCHNITT 2

 

Bestimmungen über die Färöer

 

Artikel 7

 

Dänische Staatsangehörige, die auf den Färöern ansässig sind, werden erst von dem Zeitpunkt an, von dem ab die Verfassung auf die Inseln Anwendung findet, als Staatsangehörige eines Mitgliedstaats im Sinne der Verfassung angesehen.

(1) ABl. L 73 vom 27.3.1972, S. 47.

 

ABSCHNITT 3

 

Bestimmungen über die Kanalinseln und die Insel Man

 

Artikel 8

 

(1) Die Regelung der Union für Zölle und mengenmäßige Beschränkungen, insbesondere die Bestimmungen über Zollabgaben, Abgaben gleicher Wirkung und den Gemeinsamen Zolltarif, findet auf die Kanalinseln und auf die Insel Man in gleicher Weise wie auf das Vereinigte Königreich Anwendung.

(2) Bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen und landwirtschaftlichen Verarbeitungserzeugnissen, die unter eine besondere Handelsregelung fallen, werden gegenüber dritten Ländern die in der Regelung der Union bei der Einfuhr vorgesehenen Abschöpfungen und anderen Maßnahmen, die für das Vereinigte Königreich gelten, angewandt.

Gleichermaßen anwendbar sind die Vorschriften der Regelung der Union, die zur Gewährleistung des freien Warenverkehrs und der Einhaltung normaler Wettbewerbsbedingungen im Handel mit diesen Erzeugnissen erforderlich sind.

Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission Europäische Verordnungen oder Beschlüsse zur Festlegung der Bedingungen, unter denen die in den Unterabsätzen 1 und 2 genannten Vorschriften auf diese Gebiete anwendbar sind.

 

Artikel 9

 

Die Rechte, welche die Staatsangehörigen der in Artikel 8 genannten Gebiete im Vereinigten Königreich genießen, werden durch das Recht der Union nicht berührt. Für sie gelten jedoch nicht die

Bestimmungen des Unionsrechts über die Freizügigkeit und den freien Dienstleistungsverkehr.

 

Artikel 10

 

Die Bestimmungen des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft, die für Personen oder Unternehmen im Sinne des Artikels 196 des Vertrags gelten, finden auf diese Personen oder Unternehmen Anwendung, soweit sie in den Gebieten nach Artikel 8 dieses Protokolls ansässig sind oder ihren Sitz haben.

 

Artikel 11

 

Die Behörden der Gebiete nach Artikel 8 wenden auf alle natürlichen und juristischen Personen der Union die gleiche Behandlung an.

 

Artikel 12

 

Ergeben sich aus der Anwendung der in diesem Abschnitt festgelegten Regelung in den Beziehungen zwischen der Union und den Gebieten nach Artikel 8 auf einer der beiden Seiten Schwierigkeiten, so schlägt die Kommission dem Rat unverzüglich die von ihr für notwendig erachteten Schutzmaßnahmen einschließlich der Bedingungen und Einzelheiten ihrer Durchführung vor. Der Rat erlässt binnen einem Monat geeignete Europäische Verordnungen oder Beschlüsse.

 

Artikel 13

 

Im Sinne dieses Abschnitts gilt als Staatsangehöriger der Kanalinseln oder der Insel Man jeder britische Bürger, der diese Staatsbürgerschaft aufgrund der Tatsache besitzt, dass er selbst oder ein Teil seiner Eltern oder Großeltern auf der betreffenden Insel geboren, adoptiert, naturalisiert oder in das Personenstandsregister eingetragen wurde. Eine solche Person wird jedoch insoweit nicht als Staatsangehöriger dieser Gebiete betrachtet, als sie selbst oder ein Teil ihrer Eltern oder Großeltern im Vereinigten Königreich geboren, adoptiert, naturalisiert oder in das Personenstandsregister eingetragen wurde. Sie gilt auch nicht als Staatsangehöriger dieser Gebiete, wenn sie zu irgendeiner

Zeit fünf Jahre lang ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Vereinigten Königreich hatte. Die erforderlichen Verwaltungsbestimmungen zur Feststellung dieser Personen werden der Kommission mitgeteilt.

 

ABSCHNITT 4

 

Bestimmungen über die Durchführung der Politik zur Industrialisierung und zur wirtschaftlichen Entwicklung Irlands

 

Artikel 14

 

Die Mitgliedstaaten nehmen zur Kenntnis, dass die irische Regierung die Verwirklichung einer Politik  der Industrialisierung und der wirtschaftlichen Entwicklung mit dem Ziel verfolgt, den Lebensstandard in Irland demjenigen der übrigen Mitgliedstaaten anzugleichen, die Unterbeschäftigung zu beseitigen und dabei schrittweise regionale Entwicklungsunterschiede auszugleichen.

Sie erkennen an, dass die Erreichung der Ziele dieser Politik in ihrem gemeinsamen Interesse liegt, und kommen überein, zu diesem Zweck den Organen die Anwendung aller in der Verfassung vorgesehenen Mittel und Verfahren zu empfehlen, insbesondere eine angemessene Verwendung der zur Verwirklichung der Ziele der Union zur Verfügung stehenden Mittel der Union.

Die Mitgliedstaaten erkennen insbesondere an, dass im Falle der Anwendung der Artikel III-167 und III-168 der Verfassung die Ziele der wirtschaftlichen Ausweitung und der Hebung des Lebensstandards der Bevölkerung zu berücksichtigen sind.

 

ABSCHNITT 5

 

Bestimmungen über den Austausch von Kenntnissen auf dem Gebiet der Kernenergie mit Dänemark

 

Artikel 15

 

(1) Ab dem 1. Januar 1973 werden die Kenntnisse, die den Mitgliedstaaten, Personen und Unternehmen nach Artikel 13 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft mitgeteilt worden sind, Dänemark zur Verfügung gestellt, das sie in seinem Hoheitsgebiet in

Übereinstimmung mit dem genannten Artikel nur beschränkt verbreitet.

(2) Ab dem 1. Januar 1973 stellt Dänemark der Europäischen Atomgemeinschaft Kenntnisse in gleichwertigem Umfang auf den in Absatz 3 aufgeführten Gebieten zur Verfügung. Diese Kenntnisse werden in einem Dokument, das der Kommission übermittelt wird, im Einzelnen dargelegt. Die Kommission teilt diese Kenntnisse den Unternehmen der Gemeinschaft in Übereinstimmung mit Artikel 13 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft mit.

(3) Dänemark stellt der Europäischen Atomgemeinschaft Informationen auf folgenden Gebieten zur Verfügung:

a) schwerwassermoderierter und mit organischer Flüssigkeit gekühlter Reaktor DOR;

b) Schwerwasserreaktoren mit Druckbehälter DT-350 und DK-400;

c) Hochtemperatur-Gaskreislauf;

d) Instrumentierung und besondere elektronische Apparaturen;

e) Zuverlässigkeit;

f) Reaktorphysik, Reaktordynamik und Wärmeübertragung;

g) Materialprüfversuche und reaktorinterne Ausrüstung.

(4) Dänemark verpflichtet sich, der Europäischen Atomgemeinschaft insbesondere bei Besuchen von Bediensteten der Europäischen Atomgemeinschaft oder der Mitgliedstaaten im Forschungszentrum Risø alle ergänzenden Informationen zu den von ihm übermittelten Berichten unter

Bedingungen zu erteilen, die von Fall zu Fall im gegenseitigen Einvernehmen festzulegen sind.

 

Artikel 16

 

(1) Auf den Gebieten, auf denen Dänemark der Europäischen Atomgemeinschaft Kenntnisse zur Verfügung stellt, gewähren die zuständigen Stellen den Mitgliedstaaten, Personen und Unternehmen der Gemeinschaft auf Antrag Lizenzen zu kommerziellen Bedingungen, soweit diese Stellen ausschließliche Rechte an in den Mitgliedstaaten angemeldeten Patenten besitzen und soweit sie gegenüber Dritten in keiner Weise verpflichtet sind, eine ausschließliche oder teilweise ausschließliche Lizenz an den Rechten dieser Patente zu gewähren oder anzubieten.

(2) Ist eine ausschließliche oder teilweise ausschließliche Lizenz gewährt worden, so fördert und erleichtert Dänemark die Gewährung von Unterlizenzen an die Mitgliedstaaten, Personen und Unternehmen der Gemeinschaft zu kommerziellen Bedingungen durch die Inhaber solcher Lizenzen.

Die Gewährung solcher ausschließlichen oder teilweise ausschließlichen Lizenzen erfolgt auf normaler kommerzieller Basis.

 

ABSCHNITT 6

 

Bestimmungen über Austausch von Kenntnissen auf dem Gebiet der Kernenergie mit Irland

 

Artikel 17

 

(1) Ab dem 1. Januar 1973 werden die Kenntnisse, die den Mitgliedstaaten, Personen und Unternehmen nach Artikel 13 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft mitgeteilt worden sind, Irland zur Verfügung gestellt, das sie in seinem Hoheitsgebiet in

Übereinstimmung mit dem genannten Artikel nur beschränkt verbreitet.

(2) Ab dem 1. Januar 1973 stellt Irland der Europäischen Atomgemeinschaft in Irland auf dem Kernenergiegebiet gewonnene, nur zu beschränkter Verbreitung bestimmte Kenntnisse zur Verfügung, soweit es sich nicht um rein kommerzielle Anwendungen handelt. Die Kommission teilt diese Kenntnisse den Unternehmen der Gemeinschaft in Übereinstimmung mit Artikel 13 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft mit.

(3) Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Kenntnisse betreffen hauptsächlich die Untersuchungen zur Entwicklung eines Leistungsreaktors sowie die Arbeiten über Radioisotope und deren Anwendung in der Medizin, einschließlich der Probleme des Strahlenschutzes.

 

Artikel 18

 

(1) Auf den Gebieten, auf denen Irland der Europäischen Atomgemeinschaft Kenntnisse zur Verfügung stellt, gewähren die zuständigen Stellen den Mitgliedstaaten, Personen und Unternehmen der Gemeinschaft auf Antrag Lizenzen zu kommerziellen Bedingungen, soweit diese Stellen

ausschließliche Rechte an in den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft angemeldeten Patenten besitzen und soweit sie gegenüber Dritten in keiner Weise verpflichtet sind, eine ausschließliche oder teilweise ausschließliche Lizenz an den Rechten dieser Patente zu gewähren oder anzubieten.

(2) Ist eine ausschließliche oder teilweise ausschließliche Lizenz gewährt worden, so fördert und erleichtert Irland die Gewährung von Unterlizenzen an die Mitgliedstaaten, Personen und Unternehmen der Gemeinschaft zu kommerziellen Bedingungen durch die Inhaber solcher Lizenzen. Die Gewährung solcher ausschließlichen oder teilweise ausschließlichen Lizenzen erfolgt auf normaler kommerzieller Basis.

 

ABSCHNITT 7

 

Bestimmungen über den Austausch von Kenntnissen auf dem Gebiet der Kernenergie mit dem Vereinigten Königreich

 

Artikel 19

 

(1) Ab dem 1. Januar 1973 werden die Kenntnisse, die den Mitgliedstaaten, Personen und Unternehmen nach Artikel 13 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft mitgeteilt worden sind, dem Vereinigten Königreich zur Verfügung gestellt, das sie in seinem

Hoheitsgebiet in Übereinstimmung mit dem genannten Artikel nur beschränkt verbreitet.

(2) Ab dem 1. Januar 1973 stellt das Vereinigte Königreich der Europäischen Atomgemeinschaft Kenntnisse in gleichwertigem Umfang aus den Bereichen zur Verfügung, die in der Liste in der Anlage (1) zum Protokoll Nr. 28 zur Akte über die Bedingungen des Beitritts des Königreichs Dänemark, Irlands und des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland enthalten sind. Diese Kenntnisse werden in einem Dokument, das der Kommission übermittelt wird, im Einzelnen dargelegt. Die Kommission teilt diese Kenntnisse den Unternehmen der Gemeinschaft in Übereinstimmung mit Artikel 13 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft mit.

(3) Angesichts des besonderen Interesses der Europäischen Atomgemeinschaft an bestimmten

Bereichen sorgt das Vereinigte Königreich vor allem für die Übermittlung von Kenntnissen aus

folgenden Bereichen:

a) Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet schneller Reaktoren (einschließlich der Sicherheit);

b) Basisforschung (auf die Reaktorreihen anwendbar);

c) Sicherheit der nichtschnellen Reaktoren;

d) Metallurgie, Stahl, Zirkoniumlegierungen und Beton;

e) Verträglichkeit von Strukturmaterialien;

f) experimentelle Brennstoffherstellung;

g) Thermohydrodynamik;

h) Instrumentierung.

 

Artikel 20

 

(1) Auf den Gebieten, auf denen das Vereinigte Königreich der Europäischen Atomgemeinschaft  Kenntnisse zur Verfügung stellt, gewähren die zuständigen Stellen den Mitgliedstaaten, Personen und Unternehmen der Gemeinschaft auf Antrag Lizenzen zu kommerziellen Bedingungen, soweit diese Stellen ausschließliche Rechte an in den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft angemeldeten Patenten

besitzen und soweit sie gegenüber Dritten in keiner Weise verpflichtet sind, eine ausschließliche oder teilweise ausschließliche Lizenz an den Rechten dieser Patente zu gewähren oder anzubieten.

(2) Ist eine ausschließliche oder teilweise ausschließliche Lizenz gewährt worden, so fördert und erleichtert das Vereinigte Königreich die Gewährung von Unterlizenzen an die Mitgliedstaaten,

Personen und Unternehmen der Gemeinschaft zu kommerziellen Bedingungen durch die Inhaber solcher Lizenzen.

Die Gewährung solcher ausschließlichen oder teilweise ausschließlichen Lizenzen erfolgt auf normaler kommerzieller Basis.

 

TITEL III

 

BESTIMMUNGEN AUS DER AKTE ÜBER DIE BEDINGUNGEN DES BEITRITTS

DER HELLENISCHEN REPUBLIK

 

ABSCHNITT 1

 

Bestimmungen betreffend die Gewährung der Zollbefreiung durch die Hellenische Republik bei der Einfuhr bestimmter Waren

 

Artikel 21

 

Artikel III-151 der Verfassung hindert die Hellenische Republik nicht daran, die vor dem 1. Januar 1979 in Durchführung

a) des Gesetzes Nr. 4171/61 über allgemeine Maßnahmen zur Unterstützung der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes,

b) der Verordnung Nr. 2687/53 über Investierung und Schutz ausländischen Kapitals,

c) des Gesetzes Nr. 289/76 über Anreize zur Förderung der Entwicklung der Grenzgebiete und über alle damit verbundenen Fragen

gewährten Zollbefreiungen bis zum Ablauf der Vereinbarungen beizubehalten, welche die griechische Regierung mit den Nutznießern dieser Maßnahmen schließt.

 

ABSCHNITT 2

 

Bestimmungen über das Steuerrecht

 

Artikel 22

 

Die in Nummer II.2 des Anhangs VIII (1) der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Griechenland (*) aufgeführten Rechtsakte gelten für die Hellenische Republik — mit Ausnahme der Bezugnahmen in den Nummern 9 und 18.b — nach Maßgabe des genannten Anhangs. (1) ABl. L 291 vom 19.11.1979, S. 163. (*) Heutige Bezeichnung: Hellenische Republik.

 

ABSCHNITT 3

 

Bestimmungen über Baumwolle

 

Artikel 23

 

(1) Dieser Abschnitt betrifft Baumwolle, weder gekrempelt noch gekämmt, der Tarifstelle 5201 00 der Kombinierten Nomenklatur.

(2) In der Union wird eine Regelung eingeführt, die insbesondere folgende Ziele hat:

a) Förderung der Baumwollerzeugung in den Gebieten der Union, in denen diese Erzeugung für die Landwirtschaft von Bedeutung ist;

b) Ermöglichung eines angemessenen Einkommens für die betreffenden Erzeuger;

c) Marktstabilisierung durch Verbesserung der Angebots- und Vermarktungsstruktur.

(3) Die in Absatz 2 vorgesehene Regelung umfasst die Gewährung einer Erzeugerbeihilfe.

(4) Damit die Baumwollerzeuger das Angebot konzentrieren und die Erzeugung den Marktanforderungen anpassen können, wird eine Regelung zur Förderung der Bildung von Erzeugergemeinschaften und deren Zusammenschlüssen geschaffen.

Diese Regelung sieht die Gewährung von Beihilfen vor, um die Bildung von Erzeugergemeinschaften anzuregen und deren Tätigkeit zu erleichtern.

Diese Regelung kommt nur solchen Gemeinschaften zugute, die

a) auf Veranlassung der Erzeuger selbst gebildet wurden,

b) hinreichende Sicherheit für Dauer und Wirksamkeit ihrer Tätigkeit bieten und

c) von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannt werden.

(5) Die Regelung des Handels der Union mit dritten Ländern wird nicht beeinträchtigt. Insbesondere darf keine die Einfuhr beschränkende Maßnahme vorgesehen werden.

(6) Die Anpassung der durch diesen Abschnitt vorgesehenen Regelung erfolgt durch Europäisches Gesetz des Rates.

Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission Europäische Verordnungen und Beschlüsse zur Festlegung der Grundbestimmungen, die zur Anwendung der in diesem Abschnitt vorgesehenen Bestimmungen erforderlich sind. Der Rat beschließt nach Anhörung des Europäischen Parlaments.

 

ABSCHNITT 4

 

Bestimmungen über die wirtschaftliche und industrielle Entwicklung Griechenlands

 

Artikel 24

 

Die Mitgliedstaaten nehmen zur Kenntnis, dass die griechische Regierung die Verwirklichung einer Politik der Industrialisierung und der wirtschaftlichen Entwicklung mit dem Ziel verfolgt, den Lebensstandard in Griechenland demjenigen in den übrigen Mitgliedstaaten anzugleichen, die Unterbeschäftigung zu beseitigen und dabei schrittweise regionale Entwicklungsunterschiede

auszugleichen.

Sie erkennen an, dass die Erreichung der Ziele dieser Politik in ihrem gemeinsamen Interesse liegt.

Zu diesem Zweck wenden die Organe alle in der Verfassung vorgesehenen Mittel und Verfahren an, insbesondere durch eine angemessene Verwendung der zur Verwirklichung der Ziele der Union bestimmten Mittel der Union.

Insbesondere im Fall der Anwendung der Artikel III-167 und III-168 der Verfassung sind die Ziele der wirtschaftlichen Ausweitung und der Hebung des Lebensstandards der Bevölkerung zu berücksichtigen.

 

ABSCHNITT 5

 

Bestimmungen über den Austausch von Kenntnissen auf dem Gebiet der Kernenergie mit Griechenland

 

Artikel 25

 

(1) Ab dem 1. Januar 1981 werden die Kenntnisse, die den Mitgliedstaaten, Personen und Unternehmen nach Artikel 13 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft mitgeteilt worden sind, der Hellenischen Republik zur Verfügung gestellt, die sie in ihrem

Hoheitsgebiet in Übereinstimmung mit dem genannten Artikel nur beschränkt verbreitet.

(2) Ab dem 1. Januar 1981 stellt die Hellenische Republik der Europäischen Atomgemeinschaft in Griechenland auf dem Kernenergiegebiet gewonnene, nur zu beschränkter Verbreitung bestimmte Kenntnisse zur Verfügung, soweit es sich nicht um rein kommerzielle Anwendungen handelt. Die Kommission teilt diese Kenntnisse den Unternehmen der Gemeinschaft in Übereinstimmung mit Artikel 13 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft mit.

(3) Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Kenntnisse betreffen hauptsächlich

a) die Untersuchungen über die Anwendung von Radioisotopen auf folgenden Gebieten: Medizin, Landwirtschaft, Entomologie und Umweltschutz;

b) die Anwendung von Kerntechniken in der Archäometrie;

c) die Entwicklung von Geräten der medizinischen Elektronik;

d) die Entwicklung von Methoden zur Prospektion radioaktiver Erze.

 

Artikel 26

 

(1) Auf den Gebieten, auf denen die Hellenische Republik der Europäischen Atomgemeinschaft

Kenntnisse zur Verfügung stellt, gewähren die zuständigen Stellen den Mitgliedstaaten, Personen und Unternehmen der Gemeinschaft auf Antrag Lizenzen zu kommerziellen Bedingungen, soweit diese Stellen ausschließliche Rechte an in den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft angemeldeten Patenten besitzen und soweit sie gegenüber Dritten in keiner Weise verpflichtet sind, eine ausschließliche oder teilweise ausschließliche Lizenz an den Rechten dieser Patente zu gewähren oder anzubieten.

(2) Ist eine ausschließliche oder teilweise ausschließliche Lizenz gewährt worden, so fördert und erleichtert die Hellenische Republik die Gewährung von Unterlizenzen an die Mitgliedstaaten, Personen und Unternehmen der Europäischen Atomgemeinschaft zu kommerziellen Bedingungen

durch die Inhaber solcher Lizenzen.

Die Gewährung solcher ausschließlichen oder teilweise ausschließlichen Lizenzen erfolgt auf normaler kommerzieller Basis.

 

TITEL IV

 

BESTIMMUNGEN AUS DER AKTE ÜBER DIE BEDINGUNGEN DES BEITRITTS DES KÖNIGREICHS SPANIEN UND DER PORTUGIESISCHEN REPUBLIK

 

ABSCHNITT 1

 

Finanzbestimmungen

 

Artikel 27

 

Für die Berechnung und Nachprüfung der Eigenmittel aus der Mehrwertsteuer gelten die Kanarischen Inseln und Ceuta und Melilla als Teil des räumlichen Anwendungsbereichs der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern — Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage.

 

ABSCHNITT 2

 

Bestimmungen über Patente

 

Artikel 28

 

Die nach Nummer 2 des Protokolls Nr. 8 zur Akte über die Bedingungen des Beitritts des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik erlassenen nationalen Rechtsvorschriften Spaniens über die Beweislast gelten nicht, wenn eine Klage wegen Patentverletzung sich gegen den Inhaber einesanderen Verfahrenspatents wegen Herstellung eines Erzeugnisses richtet, das mit dem Erzeugnis

identisch ist, welches das Ergebnis des patentierten Verfahrens des Klägers ist, wenn dieses andere Patent vor dem 1. Januar 1986 erteilt wurde.

In Fällen, in denen die Umkehr der Beweislast nicht anwendbar ist, wird das Königreich Spanien weiterhin vorsehen, dass der Nachweis der Patentverletzung durch den Inhaber des Patents zu erbringen ist. In all diesen Fällen wendet das Königreich Spanien das Verfahren der Beschreibungspfändung an.

Unter „Beschreibungspfändung“ versteht man ein Verfahren im Rahmen des in den Absätzen 1 und 2 genannten Systems, nach dem jede Person, die befugt ist, eine Verletzungsklage zu erheben, aufgrund einer auf ihren Antrag ergangenen gerichtlichen Entscheidung auf dem Gelände des mutmaßlichen Patentverletzers durch einen von Sachverständigen unterstützten Gerichtsvollzieher eine eingehende

Beschreibung der strittigen Verfahren, und zwar insbesondere durch Ablichten technischer Unterlagen, mit oder ohne tatsächliche Pfändung, vornehmen lassen kann. In dieser gerichtlichen Entscheidung kann die Zahlung einer Kaution angeordnet werden, mit der der mutmaßliche

Patentverletzer entschädigt werden soll, sofern ihm durch die Beschreibungspfändung Schäden entstanden sind.

 

Artikel 29

 

Die nach Nummer 2 des Protokolls Nr. 19 zur Akte über die Bedingungen des Beitritts des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik erlassenen nationalen Rechtsvorschriften Portugals über die Beweislast gelten nicht, wenn eine Klage wegen Patentverletzung sich gegen den Inhaber eines anderen Verfahrenspatents wegen Herstellung eines Erzeugnisses richtet, das mit dem Erzeugnis identisch ist, welches das Ergebnis des patentierten Verfahrens des Klägers ist, wenn dieses andere Patent vor dem 1. Januar 1986 erteilt wurde.

In Fällen, in denen die Umkehr der Beweislast nicht anwendbar ist, wird die Portugiesische Republik weiterhin vorsehen, dass der Nachweis der Patentverletzung durch den Inhaber des Patents zu erbringen ist. In all diesen Fällen wendet die Portugiesische Republik das Verfahren der

Beschreibungspfändung an.

Unter „Beschreibungspfändung“ versteht man ein Verfahren im Rahmen des in den Absätzen 1 und 2 beschriebenen Systems, nach dem jede Person, die befugt ist, eine Verletzungsklage zu erheben, aufgrund einer auf ihren Antrag ergangenen gerichtlichen Entscheidung auf dem Gelände des mutmaßlichen Patentverletzers durch einen von Sachverständigen unterstützten Gerichtsvollzieher eine eingehende Beschreibung der strittigen Verfahren, und zwar insbesondere durch Ablichten technischer Unterlagen, mit oder ohne tatsächliche Pfändung, vornehmen lassen kann. In dieser gerichtlichen Entscheidung kann die Zahlung einer Kaution angeordnet werden, mit der der mutmaßliche Patentverletzer entschädigt werden soll, sofern ihm durch die Beschreibungspfändung Schäden entstanden sind.

 

ABSCHNITT 3

 

Bestimmungen betreffend den Mechanismus einer zusätzlichen Gegenleistung im Rahmen der Fischereiabkommen der Union mit dritten Ländern

 

Artikel 30

 

(1) Im Rahmen der Gegenleistungen nach den Fischereiabkommen der Union mit Drittländern wird eine besondere Regelung für Arbeitsvorgänge eingeführt, die zusätzlich zu Fangtätigkeiten von Schiffen unter der Flagge eines Mitgliedstaats in den Gewässern unter der Hoheitsgewalt oder Gerichtsbarkeit eines Drittlandes erfolgen.

(2) Arbeitsvorgänge, die unter den Bedingungen und Einschränkungen der Artikel 3 und 4

zusätzlich zu Fischereitätigkeiten vorgenommen werden können, sind:

a) bei Fängen durch Schiffe unter der Flagge eines Mitgliedstaats der Union in den Gewässern eines Drittlandes aufgrund eines Fischereiabkommens die Behandlung im Hoheitsgebiet des betreffenden Landes mit dem Ziel der Verbringung auf den Markt der Union unter den Tarifnummern des Kapitels 03 des Gemeinsamen Zolltarifs;

b) bei Fischereierzeugnissen des Kapitels 03 des Gemeinsamen Zolltarifs die Einladung oder Umladung auf ein Fischereifahrzeug unter der Flagge eines Mitgliedstaats im Rahmen der in einem derartigen Fischereiabkommen vorgesehenen Tätigkeiten mit dem Ziel ihrer Beförderung

sowie ihrer eventuellen Behandlung zur Verbringung auf den Markt der Union.

(3) Die Erzeugnisse, bei denen Arbeitsvorgänge nach Absatz 2 vorgenommen wurden, werden unter teilweiser oder vollständiger Aussetzung der Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs oder unter einer besonderen Abgabenregelung in die Union eingeführt, und zwar zu Bedingungen und in ergänzenden Grenzen, die jährlich entsprechend dem Umfang der Fangmöglichkeiten aufgrund der betreffenden Abkommen sowie ihrer Durchführungsregelungen festgelegt werden.

(4) Die Grundregeln zur Durchführung dieser Regelung und insbesondere die Kriterien für die Festlegung und Aufteilung der betreffenden Mengen werden durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz festgelegt.

Die Durchführungsbestimmungen zu dieser Regelung sowie die betreffenden Mengen werden nach dem Verfahren des Artikels 37 der Verordnung (EG) Nr. 104/2000 festgelegt.

 

ABSCHNITT 4

 

Bestimmungen über Ceuta und Melilla

 

Unterabschnitt 1

 

Allgemeine Bestimmungen

 

Artikel 31

 

(1) Die Verfassung sowie die Rechtsakte der Organe gelten für Ceuta und Melilla vorbehaltlich der Ausnahmen, die in den Absätzen 2 und 3 sowie in den übrigen Bestimmungen dieses Abschnitts getroffen werden.

(2) Die Bedingungen, unter denen die Bestimmungen der Verfassung über den freien Warenverkehr sowie die Rechtsakte der Organe über Zollbestimmungen und die Handelspolitik auf Ceuta und Melilla Anwendung finden, sind in Unterabschnitt 3 des vorliegenden Abschnitts geregelt.

(3) Unbeschadet der Sonderbestimmungen des Artikels 32 gelten die Rechtsakte der Organe im Bereich der gemeinsamen Agrarpolitik und der gemeinsamen Fischereipolitik nicht für Ceuta und Melilla.

(4) Auf Antrag des Königreichs Spanien können durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz des Rates

a) Ceuta und Melilla in das Zollgebiet der Union einbezogen werden;

b) die entsprechenden Maßnahmen zur Ausdehnung der geltenden Bestimmungen des Unionsrechts auf Ceuta und Melilla getroffen werden.

Auf Vorschlag der Kommission, den diese von sich aus oder auf Antrag eines Mitgliedstaats unterbreitet, kann der Rat ein Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz zur Vornahme etwa

erforderlicher Anpassungen der für Ceuta und Melilla geltenden Regelung beschließen.

Der Rat beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments.

 

Unterabschnitt 2

 

Bestimmungen über die gemeinsame Fischereipolitik

 

Artikel 32

 

(1) Vorbehaltlich des Absatzes 2 und unbeschadet des Unterabschnitts 3 findet die gemeinsame Fischereipolitik auf Ceuta und Melilla keine Anwendung.

(2) Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission Europäische Gesetze, Rahmengesetze, Verordnungen oder Beschlüsse zur

a) Festlegung der Strukturmaßnahmen, die zugunsten von Ceuta und Melilla getroffen werden könnten;

b) Festlegung der geeigneten Einzelheiten zur umfassenden oder teilweisen Berücksichtigung der Interessen von Ceuta und Melilla bei den Rechtsakten, die er von Fall zu Fall im Hinblick auf Verhandlungen der Union zur Übernahme oder zum Abschluss von Fischereiabkommen mit

Drittländern erlässt, sowie der besonderen Interessen von Ceuta und Melilla im Rahmen von internationalen Fischereiübereinkommen, denen die Union als Vertragspartei angehört.

(3) Gegebenenfalls erlässt der Rat auf Vorschlag der Kommission Europäische Gesetze, Rahmengesetze, Verordnungen oder Beschlüsse zur Festlegung der Möglichkeiten und Bedingungen des gegenseitigen Zugangs zu den jeweiligen Fischereizonen und ihren Ressourcen. Er beschließt einstimmig.

(4) Die Europäischen Gesetze und Rahmengesetze nach den Absätzen 2 und 3 werden nach Anhörung des Europäischen Parlaments erlassen.

 

Unterabschnitt 3

 

Bestimmungen über den freien Warenverkehr, die Zollgesetzgebung und die Handelspolitik

 

Artikel 33

 

(1) Waren mit Ursprung in Ceuta oder Melilla sowie Waren aus Drittländern, die nach Ceuta oder Melilla im Rahmen der dort auf sie anwendbaren Regelungen eingeführt werden, gelten bei ihrer Abfertigung zum freien Verkehr im Zollgebiet der Union nicht als Waren, die die Voraussetzungen des Artikels III-151 Absätze 1, 2 und 3 der Verfassung erfüllen.

(2) Ceuta und Melilla gehören nicht zum Zollgebiet der Union.

(3) Die Rechtsakte der Organe über Zollbestimmungen für den Außenhandel gelten unter denselben Bedingungen für den Warenverkehr zwischen dem Zollgebiet der Union einerseits und Ceuta und Melilla andererseits, sofern in diesem Unterabschnitt nicht etwas anderes bestimmt ist.

(4) Autonome oder vertragsmäßige Rechtsakte der Organe betreffend die gemeinsame Handelspolitik, die mit der Einfuhr oder Ausfuhr von Waren unmittelbar verbunden sind, gelten nicht für Ceuta und Melilla, sofern in diesem Unterabschnitt nicht etwas anderes bestimmt ist.

(5) Die Union wendet in ihrem Warenverkehr mit Ceuta und Melilla bei den unter Anhang I der Verfassung fallenden Erzeugnissen dieselbe allgemeine Regelung wie gegenüber Drittländern an, sofern in diesem Titel nicht etwas anderes bestimmt ist.

 

Artikel 34

 

Vorbehaltlich des Artikels 35 werden die Zölle bei der Einfuhr von Waren mit Ursprung in Ceuta oder Melilla in das Zollgebiet der Union abgeschafft.

 

Artikel 35

 

(1) Fischereierzeugnisse der Tarifnummern 0301, 0302, 0303, 1604 und 1605 sowie der Tarifstellen 0511 91 und 2301 20 des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in Ceuta oder Melilla sind im Rahmen von Zollkontingenten, die je Erzeugnis auf der Basis des Durchschnittswertes der in den Jahren 1982, 1983 und 1984 tatsächlich abgesetzten Mengen berechnet werden, im gesamten Zollgebiet der Union von Zöllen befreit.

Die im Rahmen der Zollkontingente in das Zollgebiet der Union eingeführten Erzeugnisse werden nur dann zum freien Verkehr abgefertigt, wenn die Regeln der gemeinsamen Marktorganisation und insbesondere die Referenzpreise eingehalten sind.

(2) Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission jedes Jahr Europäische Verordnungen oder Beschlüsse zur Eröffnung und Aufteilung der Kontingente nach Maßgabe des Absatzes 1.

 

Artikel 36

 

(1) Sollte die Anwendung von Artikel 34 zu einer deutlichen Zunahme der Einfuhren bestimmter Waren mit Ursprung in Ceuta oder Melilla führen, so dass die Erzeuger der Union geschädigt werden könnten, kann der Rat auf Vorschlag der Kommission Europäische Verordnungen oder Beschlüsse zur Festlegung von besonderen Bedingungen für den Zugang dieser Waren zum Zollgebiet der Union erlassen.

(2) Bewirken die Einfuhren einer Ware mit Ursprung in Ceuta oder Melilla eine ernste Schädigung einer Erzeugung in einem oder mehreren Mitgliedstaaten oder besteht die Gefahr einer solchen Schädigung, weil die gemeinsame Handelspolitik und der Gemeinsame Zolltarif bei der Einfuhr von Rohstoffen oder Zwischenerzeugnissen nicht auf Ceuta und Melilla angewandt werden, so kann die Kommission auf Antrag eines Mitgliedstaats oder von sich aus geeignete Maßnahmen treffen.

 

Artikel 37

 

Die bei der Einfuhr von Waren mit Ursprung im Zollgebiet der Union nach Ceuta und Melilla bestehenden Zölle sowie die Abgaben gleicher Wirkung werden abgeschafft.

 

Artikel 38

 

Die Zölle und die Abgaben mit gleicher Wirkung wie Zölle sowie die Handelsregelung bei der Einfuhr von Waren aus einem Drittland nach Ceuta und Melilla dürfen nicht weniger günstig sein als diejenigen, welche die Union entsprechend ihren internationalen Verpflichtungen oder ihren Präferenzregelungen gegenüber diesem Drittland anwendet, sofern das betreffende Drittland die Einfuhren aus Ceuta und Melilla ebenso behandelt wie die Einfuhren aus der Union. Die Regelung für die Einfuhr von Waren aus diesem Drittland nach Ceuta und Melilla darf jedoch nicht günstiger sein als die Regelung für die Einfuhr von Waren mit Ursprung im Zollgebiet der Union.

 

Artikel 39

 

Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission Europäische Verordnungen oder Beschlüsse zur Festlegung von Durchführungsbestimmungen für diesen Unterabschnitt und insbesondere die Ursprungsregeln für den Warenverkehr nach den Artikeln 34, 35 und 37, einschließlich der

Bestimmungen über die Kennzeichnung der Ursprungswaren und die Ursprungskontrolle.

Diese Regeln müssen insbesondere Bestimmungen über die Kennzeichnung und/oder Etikettierung der Waren, über die Bedingungen für die Registrierung von Schiffen und über die Anwendung des kumulativen Ursprungssystems bei Fischereierzeugnissen sowie Bestimmungen zur Feststellung des Warenursprungs enthalten.

 

ABSCHNITT 5

 

Bestimmungen über die regionale Entwicklung Spaniens

 

Artikel 40

 

Die Mitgliedstaaten nehmen zur Kenntnis, dass die spanische Regierung die Verwirklichung einer Politik der regionalen Entwicklung mit dem Ziel verfolgt, insbesondere das Wirtschaftswachstum in den am wenigsten entwickelten Regionen und Gebieten Spaniens zu fördern.

Sie erkennen an, dass die Erreichung der Ziele dieser Politik in ihrem gemeinsamen Interesse liegt.

Um der spanischen Regierung die Erfüllung dieser Aufgabe zu erleichtern, kommen sie überein, den Organen die Anwendung aller in der Verfassung vorgesehenen Mittel und Verfahren zu empfehlen, insbesondere eine angemessene Verwendung der zur Verwirklichung der Ziele der Union bestimmten Mittel der Union.

Die Mitgliedstaaten erkennen insbesondere an, dass im Fall der Anwendung der Artikel III-167 und III-168 der Verfassung die Ziele der wirtschaftlichen Entwicklung und der Hebung des Lebensstandards der Bevölkerung in den am wenigsten entwickelten Regionen und Gebieten

Spaniens zu berücksichtigen sind.

 

ABSCHNITT 6

 

Bestimmungen über die wirtschaftliche und industrielle Entwicklung Portugals

 

Artikel 41

 

Die Mitgliedstaaten nehmen zur Kenntnis, dass die portugiesische Regierung die Verwirklichung einer Politik der Industrialisierung und der wirtschaftlichen Entwicklung mit dem Ziel verfolgt, den Lebensstandard in Portugal demjenigen der übrigen Mitgliedstaaten anzugleichen, die Unterbeschäftigung zu beseitigen und dabei schrittweise regionale Entwicklungsunterschiede auszugleichen.

Sie erkennen an, dass die Erreichung der Ziele dieser Politik in ihrem gemeinsamen Interesse liegt.

Sie kommen überein, zu diesem Zweck den Organen die Anwendung aller in der Verfassung vorgesehenen Mittel und Verfahren zu empfehlen, insbesondere eine angemessene Verwendung der zur Verwirklichung der Ziele der Union bestimmten Mittel der Union.

Die Mitgliedstaaten erkennen insbesondere an, dass im Fall der Anwendung der Artikel III-167 und III-168 der Verfassung die Ziele der wirtschaftlichen Entwicklung und der Hebung des Lebensstandards der Bevölkerung zu berücksichtigen sind.

 

ABSCHNITT 7

 

Bestimmungen über den Austausch von Kenntnissen auf dem Gebiet der Kernenergie mit dem Königreich Spanien

 

Artikel 42

 

(1) Ab dem 1. Januar 1986 werden die Kenntnisse, die den Mitgliedstaaten, Personen und Unternehmen nach Artikel 13 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft mitgeteilt worden sind, dem Königreich Spanien zur Verfügung gestellt, das sie in seinem

Hoheitsgebiet in Übereinstimmung mit dem genannten Artikel nur beschränkt verbreitet.

(2) Ab dem 1. Januar 1986 stellt das Königreich Spanien der Europäischen Atomgemeinschaft in Spanien auf dem Kernenergiegebiet gewonnene, nur zu beschränkter Verbreitung bestimmte Kenntnisse zur Verfügung, soweit es sich nicht um rein kommerzielle Anwendungen handelt. Die Kommission teilt diese Kenntnisse den Unternehmen der Gemeinschaft in Übereinstimmung mit Artikel 13 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft mit.

(3) Die unter die Absätze 1 und 2 fallenden Kenntnisse betreffen hauptsächlich

a) die Kernphysik (niedrige und hohe Energien),

b) den Strahlenschutz,

c) die Anwendung von Isotopen, insbesondere stabiler Isotopen,

d) Forschungsreaktoren und Brennstoffe dafür,

e) Forschungen über den Brennstoffkreislauf (im Einzelnen: Förderung und Aufbereitung geringhaltiger Uranerze; Optimierung der Brennelemente für Leistungsreaktoren).

 

Artikel 43

 

(1) Auf den Gebieten, auf denen das Königreich Spanien der Europäischen Atomgemeinschaft Kenntnisse zur Verfügung stellt, gewähren die zuständigen Stellen den Mitgliedstaaten, Personen und Unternehmen der Gemeinschaft auf Antrag Lizenzen zu kommerziellen Bedingungen, soweit diese Stellen ausschließliche Rechte an in den Mitgliedstaaten angemeldeten Patenten besitzen und soweit sie gegenüber Dritten in keiner Weise verpflichtet sind, eine ausschließliche oder teilweise ausschließliche Lizenz an den Rechten dieser Patente zu gewähren oder anzubieten.

(2) Ist eine ausschließliche oder teilweise ausschließliche Lizenz gewährt worden, so fördert und erleichtert das Königreich Spanien die Gewährung von Unterlizenzen an die Mitgliedstaaten, Personen und Unternehmen der Gemeinschaft zu kommerziellen Bedingungen durch die Inhaber solcher Lizenzen.

Die Gewährung solcher ausschließlichen oder teilweise ausschließlichen Lizenzen erfolgt auf normaler kommerzieller Basis.

 

ABSCHNITT 8

 

Bestimmungen über den Austausch von Kenntnissen auf dem Gebiet der Kernenergie mit der Portugiesischen Republik

 

Artikel 44

 

(1) Ab dem 1. Januar 1986 werden die Kenntnisse, die den Mitgliedstaaten, Personen und Unternehmen nach Artikel 13 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft mitgeteilt worden sind, der Portugiesischen Republik zur Verfügung gestellt, die sie in ihrem

Hoheitsgebiet in Übereinstimmung mit dem genannten Artikel nur beschränkt verbreitet.

(2) Ab dem 1. Januar 1986 stellt die Portugiesische Republik der Europäischen Atomgemeinschaft in Portugal auf dem Kernenergiegebiet gewonnene, nur zu beschränkter Verbreitung bestimmte Kenntnisse zur Verfügung, soweit es sich nicht um rein kommerzielle Anwendungen handelt. Die Kommission teilt diese Kenntnisse den Unternehmen der Gemeinschaft in Übereinstimmung mit Artikel 13 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft mit.

(3) Die unter die Absätze 1 und 2 fallenden Kenntnisse betreffen hauptsächlich

a) die Reaktordynamik,

b) den Strahlenschutz,

c) die Anwendung nuklearer Messtechniken (in den Bereichen Industrie, Landwirtschaft, Archäologie und Geologie),

d) die Atomphysik (Messungen des Wirkungsquerschnitts, Kanalisierungstechniken),

e) die Metallurgie der Urangewinnung.

 

Artikel 45

 

(1) Auf den Gebieten, auf denen die Portugiesische Republik der Europäischen Atomgemeinschaft Kenntnisse zur Verfügung stellt, gewähren die zuständigen Stellen den Mitgliedstaaten, Personen und Unternehmen der Gemeinschaft auf Antrag Lizenzen zu kommerziellen Bedingungen, soweit diese Stellen ausschließliche Rechte an in den Mitgliedstaaten angemeldeten Patenten besitzen und soweit sie gegenüber Dritten in keiner Weise verpflichtet sind, eine ausschließliche oder teilweise ausschließliche Lizenz an den Rechten dieser Patente zu gewähren oder anzubieten.

(2) Ist eine ausschließliche oder teilweise ausschließliche Lizenz gewährt worden, so fördert und erleichtert die Portugiesische Republik die Gewährung von Unterlizenzen an die Mitgliedstaaten, Personen und Unternehmen der Gemeinschaft zu kommerziellen Bedingungen durch die Inhaber solcher Lizenzen.

Die Gewährung solcher ausschließlichen oder teilweise ausschließlichen Lizenzen erfolgt auf normaler kommerzieller Basis.

 

TITEL V

 

BESTIMMUNGEN AUS DER AKTE ÜBER DIE BEDINGUNGEN DES BEITRITTS DER REPUBLIK

ÖSTERREICH, DER REPUBLIK FINNLAND UND DES KÖNIGREICHS SCHWEDEN

 

ABSCHNITT 1

 

Finanzbestimmungen

 

Artikel 46

 

Die Eigenmittel aus der Mehrwertsteuer werden so berechnet und kontrolliert, als fielen die Ålandinseln in den räumlichen Geltungsbereich der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern

    Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage.

 

ABSCHNITT 2

 

Bestimmungen über die Landwirtschaft

 

Artikel 47

 

Im Fall ernster Schwierigkeiten aufgrund des Beitritts, die auch nach voller Inanspruchnahme des Artikels 48 und der anderen Maßnahmen aufgrund des bestehenden Unionsrechts andauern, kann die Kommission einen Europäischen Beschluss erlassen, wonach Finnland den Erzeugern einzelstaatliche Beihilfen gewähren kann, um deren Einbeziehung in die gemeinsame Agrarpolitik zu erleichtern.

 

Artikel 48

 

(1) Die Kommission erlässt Europäische Beschlüsse, wonach Finnland und Schweden langfristige einzelstaatliche Beihilfen gewähren können, die der Erhaltung der Landwirtschaft in besonderen Regionen dienen. Diese Regionen sollten die landwirtschaftlichen Gebiete, die sich nördlich von 62o nördlicher Breite befinden, sowie einige angrenzende Gebiete südlich dieses Breitengrads mit vergleichbaren klimatischen Verhältnissen umfassen, die die landwirtschaftliche Tätigkeit in besonderem Maße erschweren.

(2) Die Regionen nach Absatz 1 werden von der Kommission unter Berücksichtigung insbesondere folgender Faktoren bestimmt:

a) geringe Bevölkerungsdichte;

b) Anteil der landwirtschaftlichen Flächen an der Gesamtfläche;

c) flächenmäßiger Anteil der für die menschliche Ernährung bestimmten Feldkulturen an der genutzten landwirtschaftlichen Fläche.

(3) Die einzelstaatlichen Beihilfen nach Absatz 1 können in Beziehung stehen zu natürlichen Produktionsfaktoren, beispielsweise der Hektargröße der landwirtschaftlichen Fläche oder den Vieheinheiten, unter Berücksichtigung der maßgeblichen Grenzwerte der gemeinsamen Marktorganisationen,sowie zu traditionellen Produktionsstrukturen der einzelnen Betriebe; sie dürfen jedoch nicht

a) an die künftige Produktion gebunden sein;

b) zu einer Erhöhung der Produktion oder der Gesamthöhe der Stützung, die während eines von der Kommission festzulegenden Referenzzeitraums vor dem 1. Januar 1995 festgestellt wurde, führen.

Diese Beihilfen können regional gestaffelt werden.

Diese Beihilfen müssen insbesondere gewährt werden zur

a) Beibehaltung traditioneller primärer Erzeugung und Verarbeitung, die an die klimatischen Verhältnisse der betreffenden Regionen von Natur aus angepasst sind;

b) Verbesserung der Strukturen für Produktion, Vermarktung und Verarbeitung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse;

c) Erleichterung des Absatzes der genannten Erzeugnisse;

d) Sicherung des Umweltschutzes und der Erhaltung der Landschaft.

 

Artikel 49

 

(1) Die Beihilfen nach den Artikeln 47 und 48 sowie jede andere einzelstaatliche Beihilfe, die im Rahmen dieses Titels der Genehmigung durch die Kommission bedarf, werden der Kommission notifiziert. Sie dürfen nicht vor Erteilung der Genehmigung gewährt werden.

(2) In Bezug auf die Beihilfen nach Artikel 48 legt die Kommission dem Rat alle fünf Jahre ab dem 1. Januar 1996 einen Bericht vor über

a) die erteilten Genehmigungen;

b) die Ergebnisse der Beihilfen, die aufgrund der Genehmigungen gewährt wurden.

Im Hinblick auf die Erstellung dieses Berichts liefern die Mitgliedstaaten, welche diese Genehmigungen erhalten haben, der Kommission rechtzeitig Informationen über die Auswirkungen der gewährten Beihilfen unter Darstellung der Entwicklung der Landwirtschaft in den betroffenen Regionen.

 

Artikel 50

 

In Bezug auf die Beihilfen nach den Artikeln III-167 und III-168 der Verfassung

a) gelten von den in Österreich, Finnland und Schweden vor dem 1. Januar 1995 angewandten Beihilfen nur diejenigen als bestehende Beihilfen nach Artikel III-168 Absatz 1 der Verfassung, die der Kommission vor dem 30. April 1995 mitgeteilt worden sind;

b) gelten bestehende Beihilfen und Vorhaben zur Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen, die der Kommission vor dem 1. Januar 1995 mitgeteilt worden sind, als an diesem Tag notifiziert.

 

Artikel 51

 

(1) Sofern nicht in bestimmten Fällen etwas anderes bestimmt ist, erlässt der Rat auf Vorschlag der Kommission die zur Durchführung dieses Abschnitts erforderlichen Europäischen Verordnungen oder Beschlüsse.

(2) Durch Europäisches Gesetz des Rates können die bei einer Änderung des Unionsrechts gegebenenfalls erforderlichen Anpassungen der in diesem Abschnitt enthaltenen Bestimmungen vorgenommen werden. Der Rat beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments.

 

Artikel 52

 

(1) Sind Übergangsmaßnahmen notwendig, um die Überleitung von der in Österreich, Finnland und Schweden bestehenden Regelung zu der Regelung zu erleichtern, die sich aus der Anwendung der gemeinsamen Marktorganisationen nach Maßgabe der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden ergibt, so werden diese Maßnahmen nach dem Verfahren des Artikels 38 der Verordnung Nr. 136/66/EWG oder der entsprechenden Artikel der anderen Verordnungen über gemeinsame Agrarmarktorganisationen getroffen. Diese Maßnahmen können während eines Zeitraums, der am 31. Dezember 1997 endet,

getroffen werden; sie sind nur bis zu diesem Zeitpunkt anwendbar.

(2) Durch Europäisches Gesetz des Rates kann der in Absatz 1 genannte Zeitraum verlängert werden. Der Rat beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments.

 

Artikel 53

 

Die Artikel 51 und 52 finden auf Fischereierzeugnisse Anwendung.

 

ABSCHNITT 3

 

Bestimmungen zu den Übergangsmaßnahmen

 

Artikel 54

 

Die in den Punkten VII.B.I, VII.D.1, VII.D.2.c, IX.2.b, c, f, g, h, i, j, l, m, n, x, y, z und aa, X.a, b, und c des Anhangs XV (1) der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden aufgeführten Rechtsakte gelten für Österreich, Finnland und Schweden unter den in jenem Anhang festgelegten Bedingungen. Die Bezugnahme auf die Bestimmungen des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf die Artikel 90 und 91, in Punkt IX.2.x des in Absatz 1 genannten Anhangs XV ist als Bezugnahme auf die Bestimmungen der Verfassung, insbesondere auf Artikel III-170 Absätze 1 und 2, zu verstehen.

 

ABSCHNITT 4

 

Bestimmungen über die Anwendbarkeit bestimmter Rechtsakte

 

Artikel 55

 

(1) Einzelne Freistellungs- und Negativattestbeschlüsse, die nach Artikel 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) oder Artikel 1 des Protokolls 25 zu diesem Abkommen vor dem 1. Januar 1995 entweder von der Überwachungsbehörde der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) oder von der Kommission erlassen wurden und die Fälle betreffen, die infolge des Beitritts unter Artikel 81 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft fallen, bleiben für die Zwecke des Artikels III-161 der Verfassung bis zum Ablauf der darin festgelegten Frist oder bis die Kommission im Einklang mit dem Unionsrecht einen ordnungsgemäß begründeten anders lautenden Europäischen Beschluss erlässt, gültig.

(2) Alle Beschlüsse der EFTA-Überwachungsbehörde, die vor dem 1. Januar 1995 nach Artikel 61 des EWR-Abkommens erlassen wurden und die infolge des Beitritts unter Artikel 87 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft fallen, bleiben hinsichtlich des Artikels III-167 der Verfassung gültig, es sei denn, die Kommission erlässt nach Artikel III-168 der Verfassung einen (1) ABl. C 241 vom 29.8.1994, S. 322. anders lautenden Europäischen Beschluss. Dieser Absatz gilt nicht für Beschlüsse, für die das Verfahren nach Artikel 64 des EWR-Abkommens gilt.

(3) Unbeschadet der Absätze 1 und 2 bleiben die von der EFTA-Überwachungsbehörde getroffenen Entscheidungen nach dem 1. Januar 1995 gültig, es sei denn, die Kommission fasst im Einklang mit dem Unionsrecht einen ordnungsgemäß begründeten anders lautenden Beschluss.

 

ABSCHNITT 5

 

Bestimmungen über die Ålandinseln

 

 

Artikel 56

 

Die Bestimmungen der Verfassung lassen die Anwendung der am 1. Januar 1994 in Bezug auf die Ålandinseln geltenden Bestimmungen unberührt, die Folgendes betreffen:

a) die in nicht diskriminierender Weise anzuwendende Einschränkung des Rechts natürlicher Personen, die nicht regionalen Bürgerstatus (hembygdsrätt/kotiseutuoikeus) der Ålandinseln besitzen, sowie juristischer Personen, ohne Genehmigung der zuständigen Behörden der

Ålandinseln auf diesen Inseln Grundeigentum zu erwerben und zu besitzen;

b) die in nicht diskriminierender Weise anzuwendende Einschränkung des Rechts natürlicher Personen, die nicht regionalen Bürgerstatus (hembygdsrätt/kotiseutuoikeus) der Ålandinseln besitzen, oder juristischer Personen, sich ohne Genehmigung der zuständigen Behörden der

Ålandinseln auf den Ålandinseln niederzulassen oder dort Dienstleistungen zu erbringen.

 

Artikel 57

 

(1) Das Hoheitsgebiet der Ålandinseln, das als Drittlandgebiet im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 dritter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG des Rates und als nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinien zur Harmonisierung der Verbrauchsteuern fallendes Staatsgebiet im Sinne des Artikels 2 der Richtlinie 92/12/EWG des Rates gilt, wird vom räumlichen Geltungsbereich des Unionsrechts im Bereich der Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern sowie über Verbrauchsteuern und andere Arten indirekter Besteuerung ausgenommen.

Dieser Absatz findet auf die Bestimmungen der Richtlinie 69/335/EWG des Rates betreffend die Gesellschaftsteuer keine Anwendung.

(2) Die in Absatz 1 vorgesehene Ausnahmeregelung dient dem Zweck, auf den Ålandinseln ein existenzfähiges lokales Wirtschaftsleben aufrechtzuerhalten; sie darf keine nachteiligen Auswirkungen auf die Interessen der Union und ihre gemeinsamen Politiken haben. Ist die Kommission der Ansicht, dass Absatz 1 insbesondere in Bezug auf die Wettbewerbsneutralität oder die eigenen Mittel nicht mehr gerechtfertigt ist, so unterbreitet sie dem Rat geeignete Vorschläge, der sodann entsprechend den einschlägigen Artikeln der Verfassung die erforderliche Rechtsakte erlässt.

 

Artikel 58

 

Die Republik Finnland stellt sicher, dass allen natürlichen und juristischen Personen der Mitgliedstaaten Gleichbehandlung auf den Ålandinseln gewährt wird.

 

Artikel 59

 

Die Bestimmungen dieses Abschnitts finden unter Berücksichtigung der Erklärung zu den Ålandinseln Anwendung, die mit unveränderter Rechtswirkung den Wortlaut der Präambel des Protokolls Nr. 2 zur Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden aufgreift.

 

ABSCHNITT 6

 

Bestimmungen über die Samen

 

Artikel 60

 

Ungeachtet der Bestimmungen der Verfassung können den Samen ausschließliche Rechte zur Rentierhaltung innerhalb der traditionellen Samen-Gebiete gewährt werden.

 

Artikel 61

 

Dieser Abschnitt kann erweitert werden, um einer weiteren Entfaltung ausschließlicher Rechte der Samen in Verbindung mit ihren traditionellen Lebensgrundlagen Rechnung zu tragen. Durch Europäisches Gesetz des Rates können die erforderlichen Änderungen an diesem Abschnitt

vorgenommen werden. Der Rat beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments und des Ausschusses der Regionen.

 

Artikel 62

 

Die Bestimmungen dieses Abschnitts finden unter Berücksichtigung der Erklärung zu den Samen Anwendung, die mit unveränderter Rechtswirkung den Wortlaut der Präambel des Protokolls Nr. 3 zur Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden aufgreift.

 

ABSCHNITT 7

 

Sonderbestimmungen im Rahmen der Strukturfonds in Finnland und Schweden

 

Artikel 63

 

Regionen im Sinne des Ziels der Entwicklungsförderung und der strukturellen Anpassung von Regionen mit einer äußerst geringen Bevölkerungsdichte sind grundsätzlich Regionen des NUTS-IINiveaus mit einer Bevölkerungsdichte von 8 Einwohnern je Quadratkilometer oder weniger oder gehören zu solchen Regionen. Die Hilfe der Union kann sich vorbehaltlich der Vorschriften über die Bevölkerungsdichte auch auf kleinere angrenzende und benachbarte Gebiete erstrecken, die das gleiche Kriterium der Bevölkerungsdichte erfüllen. Die unter diesen Artikel fallenden Regionen und Gebiete sind in Anhang I (1) des Protokolls Nr. 6 zur Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden aufgeführt.

 

ABSCHNITT 8

 

Bestimmungen über den Straßen- und Schienenverkehr sowie über den kombinierten Verkehr in Österreich

 

Artikel 64

 

(1) Im Sinne dieses Abschnitts gelten als

a) „Lastkraftwagen“ jedes zur Beförderung von Gütern oder zum Ziehen von Anhängern in einem Mitgliedstaat zugelassene Kraftfahrzeug mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 Tonnen, einschließlich Sattelzugfahrzeuge, sowie Anhänger mit einem höchstzulässigen

Gesamtgewicht von über 7,5 Tonnen, die von einem in einem Mitgliedstaat zugelassenen Kraftfahrzeug mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von 7,5 Tonnen oder weniger gezogen werden;

b) „kombinierter Verkehr“ jeder Verkehr von Lastkraftwagen oder Verladeeinheiten, der auf einem Teil der Strecke auf der Schiene und auf dem anfänglichen oder letzten Teil auf der Straße durchgeführt wird, wobei in keinem Fall das österreichische Hoheitsgebiet im Vor- oder Nachlauf ausschließlich auf der Straße transitiert werden darf.

(2) Die Artikel 65 bis 71 gelten für Maßnahmen betreffend den Schienenverkehr und den kombinierten Verkehr durch österreichisches Hoheitsgebiet.

 

Artikel 65

 

Die Union und die betroffenen Mitgliedstaaten ergreifen im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten Maßnahmen zur Entwicklung und Förderung des Schienenverkehrs und des kombinierten Verkehrs für die Güterbeförderung durch die Alpen und sorgen für eine enge Koordinierung dieser Maßnahmen.

(1) ABl. C 241 vom 29.8.1994, S. 355.

 

Artikel 66

 

Bei der Aufstellung der Leitlinien nach Artikel III-247 der Verfassung stellt die Union sicher, dass die Verkehrsachsen nach Anhang 1 (1) des Protokolls Nr. 9 zur Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden einen Bestandteil des transeuropäischen Netzes für den Schienenverkehr und den kombinierten Verkehr bilden und als Vorhaben von gemeinsamem Interesse ausgewiesen werden.

 

Artikel 67

 

Die Union und die betroffenen Mitgliedstaaten führen im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten die in Anhang 2 (2) des Protokolls Nr. 9 zur Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden aufgeführten Maßnahmen durch.

 

Artikel 68

 

Die Union und die betroffenen Mitgliedstaaten bemühen sich nach besten Kräften, die in Anhang 3 (3) des Protokolls Nr. 9 zur Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden genannte zusätzliche Bahnkapazität

zu entwickeln und zu nutzen.

 

Artikel 69

 

Die Union und die betroffenen Mitgliedstaaten ergreifen Maßnahmen, um den Schienenverkehr und den kombinierten Verkehr stärker auszubauen. Vorbehaltlich der Verfassungsbestimmungen werden solche Maßnahmen in enger Abstimmung mit Eisenbahnunternehmen und anderen Eisenbahn- Dienstleistungserbringern festgelegt. Vorrang sollten solche Maßnahmen haben, die in den Bestimmungen des Unionsrechts über Eisenbahnen und kombinierten Verkehr vorgesehen sind. Bei der Durchführung sämtlicher Maßnahmen ist der Wettbewerbsfähigkeit, der Effizienz und der Kostentransparenz im Schienenverkehr und kombinierten Verkehr besondere Aufmerksamkeit zu

widmen. Die betroffenen Mitgliedstaaten bemühen sich insbesondere, Maßnahmen zu treffen, die sicherstellen, dass die Preise des kombinierten Verkehrs mit denjenigen anderer Verkehrsträger konkurrieren können. Beihilfen, die zu diesem Zweck gewährt werden, müssen mit dem Unionsrecht in Einklang stehen.

 

Artikel 70

 

Die Union und die betroffenen Mitgliedstaaten ergreifen im Falle einer schweren Störung des Eisenbahn-Transitverkehrs, wie z. B. im Falle einer Naturkatastrophe, alle einvernehmlichen Maßnahmen, um im Rahmen des Möglichen diesen Verkehr weiter abzuwickeln. Bestimmte

empfindliche Transporte, wie verderbliche Lebensmittel, sind vorrangig zu behandeln.

 

Artikel 71

 

Die Kommission überprüft das Funktionieren der Bestimmungen dieses Abschnitts nach dem in Artikel 73 Absatz 2 vorgesehenen Verfahren.

 

Artikel 72

 

(1) Dieser Artikel gilt für den Straßengüterverkehr im Gebiet der Gemeinschaft.

(2) Für Fahrten, die einen Straßengütertransitverkehr durch Österreich einschließen, gelten die nach der Ersten Richtlinie des Rates vom 23. Juli 1962 und der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 des Rates eingeführten Regelungen für den Werkverkehr und den gewerblichen Verkehr vorbehaltlich der nachstehenden Bestimmungen.

(3) Bis zum 1. Januar 1998 finden folgende Bestimmungen Anwendung:

a) Die NOx-Gesamtemission von Lastkraftwagen im Transit durch Österreich wird im Zeitraum zwischen dem 1. Januar 1992 und dem 31. Dezember 2003 nach der Tabelle in Anhang 4 um 60v. H. reduziert.

b) Die Reduktion der NOx-Gesamtemission dieser Lastkraftwagen wird über ein Ökopunktesystem verwaltet. Innerhalb dieses Systems benötigt jeder Lkw im Transitverkehr durch Österreich eine Ökopunkteanzahl, die dem Wert der NOx-Emissionen des jeweiligen Lkw-Wertes nach „Conformity of Production“-(COP)-Wert beziehungsweise Wert nach Betriebserlaubnis entspricht.

Die Bemessung und Verwaltung dieser Punkte wird im Anhang 5 festgelegt.

c) Sollte in einem Jahr die Zahl der Transitfahrten den für das Jahr 1991 festgelegten Referenzwert um mehr als 8 v. H. übersteigen, trifft die Kommission nach dem Verfahren des Artikels 16 geeignete Maßnahmen in Übereinstimmung mit Anhang 5 Nummer 3.

d) Österreich sorgt nach Anhang 5 für die rechtzeitige Ausgabe und Verfügbarkeit der für die Verwaltung des Ökopunktesystems erforderlichen Ökopunktkarten für Lastkraftwagen im Transit durch Österreich.

e) Die Ökopunkte werden von der Kommission nach den nach Absatz 7 festzulegenden Bestimmungen auf die Mitgliedstaaten aufgeteilt.

(4) Auf der Grundlage eines Berichts der Kommission überprüft der Rat vor dem 1. Januar 1998 das Funktionieren der Bestimmungen über den Straßengütertransitverkehr durch Österreich. Dieser Überprüfung liegen die wesentlichen Grundsätze der Gemeinschaftsvorschriften zugrunde, so das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts, insbesondere der freie Warenverkehr und der freie Dienstleistungsverkehr, der Schutz der Umwelt im Interesse der Gemeinschaft insgesamt und die Verkehrssicherheit. Sofern der Rat nicht auf Vorschlag der Kommission nach Anhörung des Europäischen Parlaments einstimmig andere Maßnahmen beschließt, wird die Übergangszeit erneut bis zum 1. Januar 2001 verlängert; während dieses Zeitraums gilt Absatz 3.

(5) In Zusammenarbeit mit der Europäischen Umweltagentur führt die Kommission vor dem 1. Januar 2001 eine wissenschaftliche Studie durch, um festzustellen, inwieweit das in Absatz 3Buchstabe a festgelegte Ziel einer Reduzierung der Umweltbelastungen erreicht worden ist. Kommt die Kommission zu dem Schluss, dass dieses Ziel auf einer dauerhaften Grundlage erreicht worden ist, so laufen die Bestimmungen des Absatzes 3 am 1. Januar 2001 aus. Gelangt die Kommission dagegen zu dem Schluss, dass dieses Ziel nicht auf einer dauerhaften Grundlage erreicht worden ist, so kann der Rat nach Artikel 75 des EG-Vertrags Maßnahmen im Gemeinschaftsrahmen erlassen, die einen

gleichwertigen Schutz der Umwelt, insbesondere eine Reduzierung der Umweltbelastungen um 60 v. H. gewährleisten. Erlässt der Rat solche Maßnahmen nicht, so wird die Übergangszeit automatischum einen letzten Dreijahreszeitraum verlängert; während dieses Zeitraums gilt

Absatz 3.

(6) Ab dem Ende der Übergangszeit findet der gemeinschaftliche Besitzstand volle Anwendung.

(7) Die Kommission erlässt nach dem Verfahren des Artikels 16 detaillierte Maßnahmen im Zusammenhang mit den Verfahren des Ökopunktesystems, der Aufteilung der Ökopunkte sowie mit technischen Fragen zur Anwendung dieses Artikels, die mit dem Beitritt Österreichs in Kraft treten.

Mit den Maßnahmen nach Unterabsatz 1 soll sichergestellt werden, dass die Sachlage für diederzeitigen Mitgliedstaaten aufrechterhalten bleibt, wie sie sich aus der Anwendung der Verordnung (EWG) Nr. 3637/92 des Rates und der am 23. Dezember 1992 unterzeichneten Verwaltungsvereinbarungergibt, worin der Zeitpunkt des Inkrafttretens des in dem Transitabkommen genannten Ökopunktesystems sowie die Verfahren für seine Einführung festgelegt sind. Es werden alle erforderlichen Anstrengungen unternommen, damit der Griechenland zugewiesene Anteil an Ökopunkten den griechischen Erfordernissen in diesem Zusammenhang in ausreichendem Maße Rechnung trägt.

 

Artikel 73

 

(1) Die Kommission wird von einem Ausschuss unterstützt.

(2) Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gelten die Artikel 3 und 7 des Beschlusses 1999/468/EG.

(3) Der Ausschuss gibt sich eine Geschäftsordnung.

 

ABSCHNITT 9

 

Bestimmungen über die Verwendung spezifisch österreichischer Ausdrücke der deutschen Sprache im Rahmen der Europäischen Union

 

Artikel 74

 

(1) Die in der österreichischen Rechtsordnung enthaltenen und im Anhang (1) zu Protokoll Nr. 10 zur Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden aufgelisteten spezifisch österreichischen Ausdrücke der deutschen Sprache haben den gleichen Status und dürfen mit der gleichen Rechtswirkung verwendet werden wie die in (1) ABl. C 241 vom 29.8.1994, S. 370. Deutschland verwendeten entsprechenden Ausdrücke, die in jenem Anhang aufgeführt sind.

(2) In der deutschen Sprachfassung neuer Rechtsakte werden die im Anhang zum Protokoll Nr. 10 der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden genannten spezifisch österreichischen Ausdrücke den in Deutschland verwendeten entsprechenden Ausdrücken in geeigneter Form hinzugefügt.

 

8. PROTOKOLL BETREFFEND DIE VERTRÄGE UND DIE AKTEN ÜBER DEN BEITRITT DES KÖNIGREICHS DÄNEMARK, IRLANDS SOWIE DES VEREINIGTEN KÖNIGREICHS GROSSBRITANNIEN UND NORDIRLAND,

DER HELLENISCHEN REPUBLIK, DES KÖNIGREICHS SPANIEN UND DER PORTUGIESISCHEN REPUBLIK, DER REPUBLIK ÖSTERREICH, DER REPUBLIK FINNLAND UND DES KÖNIGREICHS SCHWEDEN

DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN,

EINGEDENK DESSEN, dass das Königreich Dänemark, Irland sowie das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland den Europäischen Gemeinschaften am 1. Januar 1973 beigetreten sind, dass die Hellenische Republik den Europäischen Gemeinschaften am 1. Januar 1981 beigetreten ist, dass das Königreich Spanien und die Portugiesische Republik den Europäischen Gemeinschaften am 1. Januar 1986 beigetreten sind, dass die Republik Österreich, die

Republik Finnland und das Königreich Schweden den Europäischen Gemeinschaften und der mit dem Vertrag über die Europäische Union gegründeten Europäischen Union am 1. Januar 1995 beigetreten sind;

IN DER ERWÄGUNG, dass in Artikel IV-437 Absatz 2 der Verfassung die Aufhebung der genannten Beitrittsverträge vorgesehen ist;

IN DER ERWÄGUNG, dass einige Bestimmungen, die in diesen Beitrittsverträgen und in den ihnen beigefügten Akten

enthalten sind, weiterhin relevant sind; dass Artikel IV-437 Absatz 2 der Verfassung vorsieht, dass diese Bestimmungen in ein Protokoll übernommen oder dort aufgeführt werden müssen, damit sie in Kraft bleiben und ihre Rechtswirkung behalten;

IN DER ERWÄGUNG, dass diese Bestimmungen in technischer Hinsicht an die Verfassung angepasst werden müssen, ihr Inhalt jedoch unverändert bleiben muss;

SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft beigefügt sind:

 

TITEL I

 

GEMEINSAME BESTIMMUNGEN

 

Artikel 1

 

Die Rechte und Pflichten aus den in Artikel IV-437 Absatz 2 Buchstaben a bis d der Verfassung genannten Beitrittsverträgen gelten nach Maßgabe dieser Verträge mit Wirkung vom

a) 1. Januar 1973 hinsichtlich des Vertrags über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlandssowie des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland;

b) 1. Januar 1981 hinsichtlich des Vertrags über den Beitritt der Republik Griechenland (*);

c) 1. Januar 1986 hinsichtlich des Vertrags über den Beitritt des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik; (*) Heutige Bezeichnung: Hellenische Republik.

d) 1. Januar 1995 hinsichtlich des Vertrags über den Beitritt der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden.

 

Artikel 2

 

(1) Die beitretenden Staaten nach Artikel 1 treten den noch in Kraft befindlichen Übereinkünften bei, die vor ihrem jeweiligen Beitritt

a) zwischen den anderen Mitgliedstaaten geschlossen wurden und die sich auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, den Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft oder auf den Vertrag über die Europäische Union stützen oder die mit der

Verwirklichung der Ziele dieser Verträge untrennbar verbunden sind, die das Funktionieren der Gemeinschaften oder der Union betreffen oder die in einem Zusammenhang mit deren Tätigkeit stehen;

b) von den anderen Mitgliedstaaten zusammen mit den Europäischen Gemeinschaften mit einem oder mehreren Drittstaaten oder mit einer internationalen Organisation geschlossen wurden, sowie den Übereinkünften, die mit diesen Übereinkünften zusammenhängen. Die Union und die anderen Mitgliedstaaten leisten den beitretenden Staaten nach Artikel 1 zu diesem Zweck Hilfe.

(2) Die beitretenden Staaten nach Artikel 1 ergreifen geeignete Maßnahmen, um gegebenenfalls ihre Stellung in Bezug auf internationale Organisationen oder diejenigen internationalen Übereinkünfte, denen auch die Union oder die Europäische Atomgemeinschaft oder andere Mitgliedstaaten als Vertragspartei angehören, den Rechten und Pflichten anzupassen, die sich aus ihrem Beitritt ergeben.

 

Artikel 3

 

Die Bestimmungen der Beitrittsakten, die eine nicht nur vorübergehende Aufhebung oder Änderung der Rechtsakte, die von den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Europäischen Gemeinschaften oder der mit dem Vertrag über die Europäische Union gegründeten Europäischen Union erlassen wurden, zum Gegenstand haben, bleiben — wie sie vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften und dem Gericht erster Instanz ausgelegt wurden — vorbehaltlich des Absatzes 2 in Kraft.

Die Bestimmungen nach Absatz 1 haben denselben Rechtscharakter wie die durch sie aufgehobenen oder geänderten Bestimmungen und unterliegen denselben Regeln wie diese.

 

Artikel 4

 

Der Wortlaut der Rechtsakte, die von den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Europäischen Gemeinschaften oder der mit dem Vertrag über die Europäische Union gegründeten Europäischen Union vor den Beitritten nach Artikel 1 erlassen wurden und die nacheinander in englischer und dänischer, in griechischer, in spanischer und portugiesischer sowie in finnischer und schwedischer Sprache abgefasst wurden, ist ab dem Zeitpunkt des jeweiligen Beitritts der Staaten nach Artikel 1 gleichermaßen verbindlich wie der in den anderen Sprachen abgefasste und verbindliche Wortlaut.

 

Artikel 5

 

Die in diesem Protokoll enthaltenen Übergangsbestimmungen können durch Europäisches Gesetz des Rates aufgehoben werden, wenn sie nicht mehr anwendbar sind. Der Rat beschließt einstimmig nach Anhörung der Europäischen Parlaments.

 

TITEL II

 

BESTIMMUNGEN AUS DER AKTE BETREFFEND DIE BEDINGUNGEN DES BEITRITTS DES KÖNIGREICHS

DÄNEMARK, IRLANDS SOWIE DES VEREINIGTEN KÖNIGREICHS GROSSBRITANNIEN

UND NORDIRLAND

 

ABSCHNITT 1

 

Bestimmungen über Gibraltar

 

Artikel 6

 

(1) Die Rechtsakte der Organe betreffend die Erzeugnisse des Anhangs I der Verfassung und die Erzeugnisse, die bei der Einfuhr in die Union infolge der Durchführung der gemeinsamen Agrarpolitik einer Sonderregelung unterliegen, sowie die Rechtsakte betreffend die Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer sind auf Gibraltar nicht anwendbar, sofern der Rat nicht einen Europäischen Beschluss erlässt, der etwas anderes bestimmt. Der Rat beschließt einstimmig auf Vorschlag der Kommission.

(2) Die in Abschnitt VI des Anhangs II (1) der Akte über die Bedingungen des Beitritts des Königreichs Dänemark, Irlands sowie des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland definierte Lage Gibraltars wird beibehalten.

 

ABSCHNITT 2

 

Bestimmungen über die Färöer

 

Artikel 7

 

Dänische Staatsangehörige, die auf den Färöern ansässig sind, werden erst von dem Zeitpunkt an, von dem ab die Verfassung auf die Inseln Anwendung findet, als Staatsangehörige eines Mitgliedstaats im Sinne der Verfassung angesehen.

 

ABSCHNITT 3

 

Bestimmungen über die Kanalinseln und die Insel Man

 

Artikel 8

 

(1) Die Regelung der Union für Zölle und mengenmäßige Beschränkungen, insbesondere die Bestimmungen über Zollabgaben, Abgaben gleicher Wirkung und den Gemeinsamen Zolltarif, findet auf die Kanalinseln und auf die Insel Man in gleicher Weise wie auf das Vereinigte Königreich Anwendung.

(2) Bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen und landwirtschaftlichen Verarbeitungserzeugnissen, die unter eine besondere Handelsregelung fallen, werden gegenüber dritten Ländern die in der Regelung der Union bei der Einfuhr vorgesehenen Abschöpfungen und anderen Maßnahmen, die für das Vereinigte Königreich gelten, angewandt.

Gleichermaßen anwendbar sind die Vorschriften der Regelung der Union, die zur Gewährleistung des freien Warenverkehrs und der Einhaltung normaler Wettbewerbsbedingungen im Handel mit diesen Erzeugnissen erforderlich sind.

Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission Europäische Verordnungen oder Beschlüsse zur Festlegung der Bedingungen, unter denen die in den Unterabsätzen 1 und 2 genannten Vorschriften auf diese Gebiete anwendbar sind.

 

Artikel 9

 

Die Rechte, welche die Staatsangehörigen der in Artikel 8 genannten Gebiete im Vereinigten Königreich genießen, werden durch das Recht der Union nicht berührt. Für sie gelten jedoch nicht die Bestimmungen des Unionsrechts über die Freizügigkeit und den freien Dienstleistungsverkehr.

 

Artikel 10

 

Die Bestimmungen des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft, die für Personen oder Unternehmen im Sinne des Artikels 196 des Vertrags gelten, finden auf diese Personen oder Unternehmen Anwendung, soweit sie in den Gebieten nach Artikel 8 dieses Protokolls ansässig sind oder ihren Sitz haben.

 

Artikel 11

 

Die Behörden der Gebiete nach Artikel 8 wenden auf alle natürlichen und juristischen Personen der Union die gleiche Behandlung an.

 

Artikel 12

 

Ergeben sich aus der Anwendung der in diesem Abschnitt festgelegten Regelung in den Beziehungen zwischen der Union und den Gebieten nach Artikel 8 auf einer der beiden Seiten Schwierigkeiten, so schlägt die Kommission dem Rat unverzüglich die von ihr für notwendig erachteten Schutzmaßnahmen einschließlich der Bedingungen und Einzelheiten ihrer Durchführung vor. Der Rat erlässt binnen einem Monat geeignete Europäische Verordnungen oder Beschlüsse.

 

Artikel 13

 

Im Sinne dieses Abschnitts gilt als Staatsangehöriger der Kanalinseln oder der Insel Man jeder britische Bürger, der diese Staatsbürgerschaft aufgrund der Tatsache besitzt, dass er selbst oder ein Teil seiner Eltern oder Großeltern auf der betreffenden Insel geboren, adoptiert, naturalisiert oder in das Personenstandsregister eingetragen wurde. Eine solche Person wird jedoch insoweit nicht als Staatsangehöriger dieser Gebiete betrachtet, als sie selbst oder ein Teil ihrer Eltern oder Großeltern im Vereinigten Königreich geboren, adoptiert, naturalisiert oder in das Personenstandsregister eingetragen wurde. Sie gilt auch nicht als Staatsangehöriger dieser Gebiete, wenn sie zu irgendeiner

Zeit fünf Jahre lang ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Vereinigten Königreich hatte. Die erforderlichen Verwaltungsbestimmungen zur Feststellung dieser Personen werden der Kommission mitgeteilt.

 

ABSCHNITT 4

 

Bestimmungen über die Durchführung der Politik zur Industrialisierung und zur wirtschaftlichen Entwicklung Irlands

 

Artikel 14

 

Die Mitgliedstaaten nehmen zur Kenntnis, dass die irische Regierung die Verwirklichung einer Politik der Industrialisierung und der wirtschaftlichen Entwicklung mit dem Ziel verfolgt, den Lebensstandard in Irland demjenigen der übrigen Mitgliedstaaten anzugleichen, die Unterbeschäftigung zu beseitigen und dabei schrittweise regionale Entwicklungsunterschiede auszugleichen. Sie erkennen an, dass die Erreichung der Ziele dieser Politik in ihrem gemeinsamen Interesse liegt, und kommen überein, zu diesem Zweck den Organen die Anwendung aller in der Verfassung vorgesehenen Mittel und Verfahren zu empfehlen, insbesondere eine angemessene Verwendung der zur Verwirklichung der Ziele der Union zur Verfügung stehenden Mittel der Union. Die Mitgliedstaaten erkennen insbesondere an, dass im Falle der Anwendung der Artikel III-167 und III-168 der Verfassung die Ziele der wirtschaftlichen Ausweitung und der Hebung des Lebensstandards der Bevölkerung zu berücksichtigen sind.

 

ABSCHNITT 5

 

Bestimmungen über den Austausch von Kenntnissen auf dem Gebiet der Kernenergie mit Dänemark

 

Artikel 15

 

(1) Ab dem 1. Januar 1973 werden die Kenntnisse, die den Mitgliedstaaten, Personen und Unternehmen nach Artikel 13 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft mitgeteilt worden sind, Dänemark zur Verfügung gestellt, das sie in seinem Hoheitsgebiet in

Übereinstimmung mit dem genannten Artikel nur beschränkt verbreitet.

(2) Ab dem 1. Januar 1973 stellt Dänemark der Europäischen Atomgemeinschaft Kenntnisse in gleichwertigem Umfang auf den in Absatz 3 aufgeführten Gebieten zur Verfügung. Diese Kenntnisse werden in einem Dokument, das der Kommission übermittelt wird, im Einzelnen dargelegt. Die Kommission teilt diese Kenntnisse den Unternehmen der Gemeinschaft in Übereinstimmung mit Artikel 13 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft mit.

(3) Dänemark stellt der Europäischen Atomgemeinschaft Informationen auf folgenden Gebieten zur Verfügung:

a) schwerwassermoderierter und mit organischer Flüssigkeit gekühlter Reaktor DOR;

b) Schwerwasserreaktoren mit Druckbehälter DT-350 und DK-400;

c) Hochtemperatur-Gaskreislauf;

d) Instrumentierung und besondere elektronische Apparaturen;

e) Zuverlässigkeit;

f) Reaktorphysik, Reaktordynamik und Wärmeübertragung;

g) Materialprüfversuche und reaktorinterne Ausrüstung.

(4) Dänemark verpflichtet sich, der Europäischen Atomgemeinschaft insbesondere bei Besuchen von Bediensteten der Europäischen Atomgemeinschaft oder der Mitgliedstaaten im Forschungszentrum Risø alle ergänzenden Informationen zu den von ihm übermittelten Berichten unter Bedingungen zu erteilen, die von Fall zu Fall im gegenseitigen Einvernehmen festzulegen sind.

 

Artikel 16

 

(1) Auf den Gebieten, auf denen Dänemark der Europäischen Atomgemeinschaft Kenntnisse zur Verfügung stellt, gewähren die zuständigen Stellen den Mitgliedstaaten, Personen und Unternehmen der Gemeinschaft auf Antrag Lizenzen zu kommerziellen Bedingungen, soweit diese Stellen ausschließliche Rechte an in den Mitgliedstaaten angemeldeten Patenten besitzen und soweit sie gegenüber Dritten in keiner Weise verpflichtet sind, eine ausschließliche oder teilweise ausschließliche Lizenz an den Rechten dieser Patente zu gewähren oder anzubieten.

(2) Ist eine ausschließliche oder teilweise ausschließliche Lizenz gewährt worden, so fördert und erleichtert Dänemark die Gewährung von Unterlizenzen an die Mitgliedstaaten, Personen und Unternehmen der Gemeinschaft zu kommerziellen Bedingungen durch die Inhaber solcher Lizenzen. Die Gewährung solcher ausschließlichen oder teilweise ausschließlichen Lizenzen erfolgt auf normaler kommerzieller Basis.

 

ABSCHNITT 6

 

Bestimmungen über Austausch von Kenntnissen auf dem Gebiet der Kernenergie mit Irland

 

Artikel 17

 

(1) Ab dem 1. Januar 1973 werden die Kenntnisse, die den Mitgliedstaaten, Personen und Unternehmen nach Artikel 13 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft mitgeteilt worden sind, Irland zur Verfügung gestellt, das sie in seinem Hoheitsgebiet in

Übereinstimmung mit dem genannten Artikel nur beschränkt verbreitet.

(2) Ab dem 1. Januar 1973 stellt Irland der Europäischen Atomgemeinschaft in Irland auf dem Kernenergiegebiet gewonnene, nur zu beschränkter Verbreitung bestimmte Kenntnisse zur Verfügung, soweit es sich nicht um rein kommerzielle Anwendungen handelt. Die Kommission teilt diese Kenntnisse den Unternehmen der Gemeinschaft in Übereinstimmung mit Artikel 13 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft mit.

(3) Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Kenntnisse betreffen hauptsächlich die Untersuchungen zur Entwicklung eines Leistungsreaktors sowie die Arbeiten über Radioisotope und deren Anwendung in der Medizin, einschließlich der Probleme des Strahlenschutzes.

 

Artikel 18

 

(1) Auf den Gebieten, auf denen Irland der Europäischen Atomgemeinschaft Kenntnisse zur Verfügung stellt, gewähren die zuständigen Stellen den Mitgliedstaaten, Personen und Unternehmen der Gemeinschaft auf Antrag Lizenzen zu kommerziellen Bedingungen, soweit diese Stellen

ausschließliche Rechte an in den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft angemeldeten Patenten besitzen und soweit sie gegenüber Dritten in keiner Weise verpflichtet sind, eine ausschließliche oder teilweise ausschließliche Lizenz an den Rechten dieser Patente zu gewähren oder anzubieten.

(2) Ist eine ausschließliche oder teilweise ausschließliche Lizenz gewährt worden, so fördert und erleichtert Irland die Gewährung von Unterlizenzen an die Mitgliedstaaten, Personen und Unternehmen der Gemeinschaft zu kommerziellen Bedingungen durch die Inhaber solcher Lizenzen.

Die Gewährung solcher ausschließlichen oder teilweise ausschließlichen Lizenzen erfolgt auf normaler kommerzieller Basis.

 

ABSCHNITT 7

 

Bestimmungen über den Austausch von Kenntnissen auf dem Gebiet der Kernenergie mit dem Vereinigten Königreich

 

Artikel 19

 

(1) Ab dem 1. Januar 1973 werden die Kenntnisse, die den Mitgliedstaaten, Personen und Unternehmen nach Artikel 13 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft mitgeteilt worden sind, dem Vereinigten Königreich zur Verfügung gestellt, das sie in seinem

Hoheitsgebiet in Übereinstimmung mit dem genannten Artikel nur beschränkt verbreitet.

(2) Ab dem 1. Januar 1973 stellt das Vereinigte Königreich der Europäischen Atomgemeinschaft Kenntnisse in gleichwertigem Umfang aus den Bereichen zur Verfügung, die in der Liste in der Anlage (1) zum Protokoll Nr. 28 zur Akte über die Bedingungen des Beitritts des Königreichs Dänemark, Irlands und des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland enthalten sind.

Diese Kenntnisse werden in einem Dokument, das der Kommission übermittelt wird, im Einzelnen dargelegt. Die Kommission teilt diese Kenntnisse den Unternehmen der Gemeinschaft in Übereinstimmung mit Artikel 13 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft  mit.

(3) Angesichts des besonderen Interesses der Europäischen Atomgemeinschaft an bestimmten Bereichen sorgt das Vereinigte Königreich vor allem für die Übermittlung von Kenntnissen aus folgenden Bereichen:

a) Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet schneller Reaktoren (einschließlich der Sicherheit);

b) Basisforschung (auf die Reaktorreihen anwendbar);

c) Sicherheit der nichtschnellen Reaktoren;

d) Metallurgie, Stahl, Zirkoniumlegierungen und Beton;

e) Verträglichkeit von Strukturmaterialien;

f) experimentelle Brennstoffherstellung;

g) Thermohydrodynamik;

h) Instrumentierung.

 

Artikel 20

 

(1) Auf den Gebieten, auf denen das Vereinigte Königreich der Europäischen Atomgemeinschaft Kenntnisse zur Verfügung stellt, gewähren die zuständigen Stellen den Mitgliedstaaten, Personen und Unternehmen der Gemeinschaft auf Antrag Lizenzen zu kommerziellen Bedingungen, soweit diese Stellen ausschließliche Rechte an in den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft angemeldeten Patenten besitzen und soweit sie gegenüber Dritten in keiner Weise verpflichtet sind, eine ausschließliche oder teilweise ausschließliche Lizenz an den Rechten dieser Patente zu gewähren oder anzubieten.

(2) Ist eine ausschließliche oder teilweise ausschließliche Lizenz gewährt worden, so fördert und erleichtert das Vereinigte Königreich die Gewährung von Unterlizenzen an die Mitgliedstaaten, Personen und Unternehmen der Gemeinschaft zu kommerziellen Bedingungen durch die Inhaber solcher Lizenzen.

Die Gewährung solcher ausschließlichen oder teilweise ausschließlichen Lizenzen erfolgt auf normaler kommerzieller Basis.

 

TITEL III

 

BESTIMMUNGEN AUS DER AKTE ÜBER DIE BEDINGUNGEN DES BEITRITTS

DER HELLENISCHEN REPUBLIK

 

ABSCHNITT 1

 

Bestimmungen betreffend die Gewährung der Zollbefreiung durch die Hellenische Republik bei der Einfuhr bestimmter Waren

 

Artikel 21

 

Artikel III-151 der Verfassung hindert die Hellenische Republik nicht daran, die vor dem 1. Januar 1979 in Durchführung

a) des Gesetzes Nr. 4171/61 über allgemeine Maßnahmen zur Unterstützung der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes,

b) der Verordnung Nr. 2687/53 über Investierung und Schutz ausländischen Kapitals,

c) des Gesetzes Nr. 289/76 über Anreize zur Förderung der Entwicklung der Grenzgebiete und über alle damit verbundenen Fragen gewährten Zollbefreiungen bis zum Ablauf der Vereinbarungen beizubehalten, welche die griechische Regierung mit den Nutznießern dieser Maßnahmen schließt.

 

ABSCHNITT 2

 

Bestimmungen über das Steuerrecht

 

Artikel 22

 

Die in Nummer II.2 des Anhangs VIII (1) der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Griechenland (*) aufgeführten Rechtsakte gelten für die Hellenische Republik — mit Ausnahme der Bezugnahmen in den Nummern 9 und 18.b — nach Maßgabe des genannten Anhangs.

 

ABSCHNITT 3

 

Bestimmungen über Baumwolle

 

Artikel 23

 

Dieser Abschnitt betrifft Baumwolle, weder gekrempelt noch gekämmt, der Tarifstelle 5201 00 der Kombinierten Nomenklatur.

(2) In der Union wird eine Regelung eingeführt, die insbesondere folgende Ziele hat:

a) Förderung der Baumwollerzeugung in den Gebieten der Union, in denen diese Erzeugung für die Landwirtschaft von Bedeutung ist;

b) Ermöglichung eines angemessenen Einkommens für die betreffenden Erzeuger;

c) Marktstabilisierung durch Verbesserung der Angebots- und Vermarktungsstruktur.

(3) Die in Absatz 2 vorgesehene Regelung umfasst die Gewährung einer Erzeugerbeihilfe.

(4) Damit die Baumwollerzeuger das Angebot konzentrieren und die Erzeugung den Marktanforderungen anpassen können, wird eine Regelung zur Förderung der Bildung von Erzeugergemeinschaften und deren Zusammenschlüssen geschaffen.

Diese Regelung sieht die Gewährung von Beihilfen vor, um die Bildung von Erzeugergemeinschaften anzuregen und deren Tätigkeit zu erleichtern.

Diese Regelung kommt nur solchen Gemeinschaften zugute, die

a) auf Veranlassung der Erzeuger selbst gebildet wurden,

b) hinreichende Sicherheit für Dauer und Wirksamkeit ihrer Tätigkeit bieten und

c) von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannt werden.

(5) Die Regelung des Handels der Union mit dritten Ländern wird nicht beeinträchtigt. Insbesondere darf keine die Einfuhr beschränkende Maßnahme vorgesehen werden.

(6) Die Anpassung der durch diesen Abschnitt vorgesehenen Regelung erfolgt durch Europäisches Gesetz des Rates.

Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission Europäische Verordnungen und Beschlüsse zur Festlegung der Grundbestimmungen, die zur Anwendung der in diesem Abschnitt vorgesehenen Bestimmungen erforderlich sind.

Der Rat beschließt nach Anhörung des Europäischen Parlaments.

 

ABSCHNITT 4

 

Bestimmungen über die wirtschaftliche und industrielle Entwicklung Griechenlands

 

Artikel 24

 

Die Mitgliedstaaten nehmen zur Kenntnis, dass die griechische Regierung die Verwirklichung einer Politik der Industrialisierung und der wirtschaftlichen Entwicklung mit dem Ziel verfolgt, den Lebensstandard in Griechenland demjenigen in den übrigen Mitgliedstaaten anzugleichen, die Unterbeschäftigung zu beseitigen und dabei schrittweise regionale Entwicklungsunterschiede auszugleichen.

Sie erkennen an, dass die Erreichung der Ziele dieser Politik in ihrem gemeinsamen Interesse liegt. Zu diesem Zweck wenden die Organe alle in der Verfassung vorgesehenen Mittel und Verfahren an, insbesondere durch eine angemessene Verwendung der zur Verwirklichung der Ziele der Union bestimmten Mittel der Union.

Insbesondere im Fall der Anwendung der Artikel III-167 und III-168 der Verfassung sind die Ziele der wirtschaftlichen Ausweitung und der Hebung des Lebensstandards der Bevölkerung zu berücksichtigen.

                     

ABSCHNITT 5

 

Bestimmungen über den Austausch von Kenntnissen auf dem Gebiet der Kernenergie mit Griechenland

 

Artikel 25

 

(1) Ab dem 1. Januar 1981 werden die Kenntnisse, die den Mitgliedstaaten, Personen und Unternehmen nach Artikel 13 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft mitgeteilt worden sind, der Hellenischen Republik zur Verfügung gestellt, die sie in ihrem

Hoheitsgebiet in Übereinstimmung mit dem genannten Artikel nur beschränkt verbreitet.

(2) Ab dem 1. Januar 1981 stellt die Hellenische Republik der Europäischen Atomgemeinschaft in Griechenland auf dem Kernenergiegebiet gewonnene, nur zu beschränkter Verbreitung bestimmte Kenntnisse zur Verfügung, soweit es sich nicht um rein kommerzielle Anwendungen handelt. Die Kommission teilt diese Kenntnisse den Unternehmen der Gemeinschaft in Übereinstimmung mit Artikel 13 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft mit.

(3) Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Kenntnisse betreffen hauptsächlich

a) die Untersuchungen über die Anwendung von Radioisotopen auf folgenden Gebieten: Medizin, Landwirtschaft, Entomologie und Umweltschutz;

b) die Anwendung von Kerntechniken in der Archäometrie;

c) die Entwicklung von Geräten der medizinischen Elektronik;

d) die Entwicklung von Methoden zur Prospektion radioaktiver Erze.

 

Artikel 26

 

(1) Auf den Gebieten, auf denen die Hellenische Republik der Europäischen Atomgemeinschaft Kenntnisse zur Verfügung stellt, gewähren die zuständigen Stellen den Mitgliedstaaten, Personen und Unternehmen der Gemeinschaft auf Antrag Lizenzen zu kommerziellen Bedingungen, soweit diese Stellen ausschließliche Rechte an in den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft angemeldeten Patenten besitzen und soweit sie gegenüber Dritten in keiner Weise verpflichtet sind, eine ausschließliche oder teilweise ausschließliche Lizenz an den Rechten dieser Patente zu gewähren oder anzubieten.

(2) Ist eine ausschließliche oder teilweise ausschließliche Lizenz gewährt worden, so fördert und erleichtert die Hellenische Republik die Gewährung von Unterlizenzen an die Mitgliedstaaten, Personen und Unternehmen der Europäischen Atomgemeinschaft zu kommerziellen Bedingungen durch die Inhaber solcher Lizenzen.

Die Gewährung solcher ausschließlichen oder teilweise ausschließlichen Lizenzen erfolgt auf normaler kommerzieller Basis.

 

TITEL IV

 

BESTIMMUNGEN AUS DER AKTE ÜBER DIE BEDINGUNGEN DES BEITRITTS DES KÖNIGREICHS SPANIEN UND DER PORTUGIESISCHEN REPUBLIK

 

ABSCHNITT 1

 

Finanzbestimmungen

 

Artikel 27

 

Für die Berechnung und Nachprüfung der Eigenmittel aus der Mehrwertsteuer gelten die Kanarischen

Inseln und Ceuta und Melilla als Teil des räumlichen Anwendungsbereichs der Sechsten Richtlinie

77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der

Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern — Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche

steuerpflichtige Bemessungsgrundlage.

 

ABSCHNITT 2

 

Bestimmungen über Patente

 

Artikel 28

 

Die nach Nummer 2 des Protokolls Nr. 8 zur Akte über die Bedingungen des Beitritts des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik erlassenen nationalen Rechtsvorschriften Spaniens über die Beweislast gelten nicht, wenn eine Klage wegen Patentverletzung sich gegen den Inhaber eines anderen Verfahrenspatents wegen Herstellung eines Erzeugnisses richtet, das mit dem Erzeugnis identisch ist, welches das Ergebnis des patentierten Verfahrens des Klägers ist, wenn dieses andere Patent vor dem 1. Januar 1986 erteilt wurde.

In Fällen, in denen die Umkehr der Beweislast nicht anwendbar ist, wird das Königreich Spanien weiterhin vorsehen, dass der Nachweis der Patentverletzung durch den Inhaber des Patents zu erbringen ist. In all diesen Fällen wendet das Königreich Spanien das Verfahren der Beschreibungspfändung an.

Unter „Beschreibungspfändung“ versteht man ein Verfahren im Rahmen des in den Absätzen 1 und 2 genannten Systems, nach dem jede Person, die befugt ist, eine Verletzungsklage zu erheben, aufgrund einer auf ihren Antrag ergangenen gerichtlichen Entscheidung auf dem Gelände des mutmaßlichen Patentverletzers durch einen von Sachverständigen unterstützten Gerichtsvollzieher eine eingehende Beschreibung der strittigen Verfahren, und zwar insbesondere durch Ablichten technischer Unterlagen, mit oder ohne tatsächliche Pfändung, vornehmen lassen kann. In dieser gerichtlichen Entscheidung kann die Zahlung einer Kaution angeordnet werden, mit der der mutmaßliche

Patentverletzer entschädigt werden soll, sofern ihm durch die Beschreibungspfändung Schäden entstanden sind.

 

Artikel 29 

 

Die nach Nummer 2 des Protokolls Nr. 19 zur Akte über die Bedingungen des Beitritts des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik erlassenen nationalen Rechtsvorschriften Portugals über die Beweislast gelten nicht, wenn eine Klage wegen Patentverletzung sich gegen den Inhaber eines anderen Verfahrenspatents wegen Herstellung eines Erzeugnisses richtet, das mit dem Erzeugnis identisch ist, welches das Ergebnis des patentierten Verfahrens des Klägers ist, wenn dieses andere Patent vor dem 1. Januar 1986 erteilt wurde.

In Fällen, in denen die Umkehr der Beweislast nicht anwendbar ist, wird die Portugiesische Republik weiterhin vorsehen, dass der Nachweis der Patentverletzung durch den Inhaber des Patents zu erbringen ist. In all diesen Fällen wendet die Portugiesische Republik das Verfahren der

Beschreibungspfändung an.

Unter „Beschreibungspfändung“ versteht man ein Verfahren im Rahmen des in den Absätzen 1 und 2 beschriebenen Systems, nach dem jede Person, die befugt ist, eine Verletzungsklage zu erheben, aufgrund einer auf ihren Antrag ergangenen gerichtlichen Entscheidung auf dem Gelände des mutmaßlichen Patentverletzers durch einen von Sachverständigen unterstützten Gerichtsvollzieher eine eingehende Beschreibung der strittigen Verfahren, und zwar insbesondere durch Ablichten technischer Unterlagen, mit oder ohne tatsächliche Pfändung, vornehmen lassen kann. In dieser gerichtlichen Entscheidung kann die Zahlung einer Kaution angeordnet werden, mit der der mutmaßliche Patentverletzer entschädigt werden soll, sofern ihm durch die Beschreibungspfändung Schäden entstanden sind.

 

ABSCHNITT 3

 

Bestimmungen betreffend den Mechanismus einer zusätzlichen Gegenleistung im Rahmen der Fischereiabkommen der Union mit dritten Ländern

 

Artikel 30

 

(1) Im Rahmen der Gegenleistungen nach den Fischereiabkommen der Union mit Drittländern wirdeine besondere Regelung für Arbeitsvorgänge eingeführt, die zusätzlich zu Fangtätigkeiten von Schiffen unter der Flagge eines Mitgliedstaats in den Gewässern unter der Hoheitsgewalt oder Gerichtsbarkeit eines Drittlandes erfolgen.

(2) Arbeitsvorgänge, die unter den Bedingungen und Einschränkungen der Artikel 3 und 4

zusätzlich zu Fischereitätigkeiten vorgenommen werden können, sind:

a) bei Fängen durch Schiffe unter der Flagge eines Mitgliedstaats der Union in den Gewässern eines Drittlandes aufgrund eines  Fischereiabkommens die Behandlung im Hoheitsgebiet des betreffenden Landes mit dem Ziel der Verbringung auf den Markt der Union unter den Tarifnummern des Kapitels 03 des Gemeinsamen Zolltarifs;

b) bei Fischereierzeugnissen des Kapitels 03 des Gemeinsamen Zolltarifs die Einladung oder Umladung auf ein Fischereifahrzeug unter der Flagge eines Mitgliedstaats im Rahmen der in einem derartigen Fischereiabkommen vorgesehenen Tätigkeiten mit dem Ziel ihrer Beförderung

sowie ihrer eventuellen Behandlung zur Verbringung auf den Markt der Union.

(3) Die Erzeugnisse, bei denen Arbeitsvorgänge nach Absatz 2 vorgenommen wurden, werden unter teilweiser oder vollständiger Aussetzung der Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs oder unter einer besonderen Abgabenregelung in die Union eingeführt, und zwar zu Bedingungen und in ergänzenden Grenzen, die jährlich entsprechend dem Umfang der Fangmöglichkeiten aufgrund der betreffenden Abkommen sowie ihrer Durchführungsregelungen festgelegt werden.

(4) Die Grundregeln zur Durchführung dieser Regelung und insbesondere die Kriterien für die Festlegung und Aufteilung der betreffenden Mengen werden durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz festgelegt.

Die Durchführungsbestimmungen zu dieser Regelung sowie die betreffenden Mengen werden nach dem Verfahren des Artikels 37 der Verordnung (EG) Nr. 104/2000 festgelegt.

 

ABSCHNITT 4

 

Bestimmungen über Ceuta und Melilla

 

Unterabschnitt 1

 

Allgemeine Bestimmungen

 

Artikel 31

 

(1) Die Verfassung sowie die Rechtsakte der Organe gelten für Ceuta und Melilla vorbehaltlich der Ausnahmen, die in den Absätzen 2 und 3 sowie in den übrigen Bestimmungen dieses Abschnitts getroffen werden.

(2) Die Bedingungen, unter denen die Bestimmungen der Verfassung über den freien Warenverkehr sowie die Rechtsakte der Organe über Zollbestimmungen und die Handelspolitik auf Ceuta und Melilla Anwendung finden, sind in Unterabschnitt 3 des vorliegenden Abschnitts geregelt.

(3) Unbeschadet der Sonderbestimmungen des Artikels 32 gelten die Rechtsakte der Organe im Bereich der gemeinsamen Agrarpolitik und der gemeinsamen Fischereipolitik nicht für Ceuta und Melilla.

(4) Auf Antrag des Königreichs Spanien können durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz des Rates

a) Ceuta und Melilla in das Zollgebiet der Union einbezogen werden;

b) die entsprechenden Maßnahmen zur Ausdehnung der geltenden Bestimmungen des Unionsrechts auf Ceuta und Melilla getroffen werden.

Auf Vorschlag der Kommission, den diese von sich aus oder auf Antrag eines Mitgliedstaats unterbreitet, kann der Rat ein Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz zur Vornahme etwa erforderlicher Anpassungen der für Ceuta und Melilla geltenden Regelung beschließen.

Der Rat beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments.

 

Unterabschnitt 2

 

Bestimmungen über die gemeinsame Fischereipolitik

 

Artikel 32

 

(1) Vorbehaltlich des Absatzes 2 und unbeschadet des Unterabschnitts 3 findet die gemeinsame Fischereipolitik auf Ceuta und Melilla keine Anwendung.

(2) Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission Europäische Gesetze, Rahmengesetze, Verordnungen oder Beschlüsse zur

a) Festlegung der Strukturmaßnahmen, die zugunsten von Ceuta und Melilla getroffen werden könnten;

b) Festlegung der geeigneten Einzelheiten zur umfassenden oder teilweisen Berücksichtigung der Interessen von Ceuta und Melilla bei den Rechtsakten, die er von Fall zu Fall im Hinblick auf Verhandlungen der Union zur Übernahme oder zum Abschluss von Fischereiabkommen mit

Drittländern erlässt, sowie der besonderen Interessen von Ceuta und Melilla im Rahmen von internationalen Fischereiübereinkommen, denen die Union als Vertragspartei angehört.

(3) Gegebenenfalls erlässt der Rat auf Vorschlag der Kommission Europäische Gesetze, Rahmengesetze, Verordnungen oder Beschlüsse zur Festlegung der Möglichkeiten und Bedingungen des gegenseitigen Zugangs zu den jeweiligen Fischereizonen und ihren Ressourcen. Er beschließt einstimmig.

(4) Die Europäischen Gesetze und Rahmengesetze nach den Absätzen 2 und 3 werden nach Anhörung des Europäischen Parlaments erlassen.

 

Unterabschnitt 3

 

Bestimmungen über den freien Warenverkehr, die Zollgesetzgebung und die Handelspolitik

 

Artikel 33

 

(1) Waren mit Ursprung in Ceuta oder Melilla sowie Waren aus Drittländern, die nach Ceuta oder Melilla im Rahmen der dort auf sie anwendbaren Regelungen eingeführt werden, gelten bei ihrer Abfertigung zum freien Verkehr im Zollgebiet der Union nicht als Waren, die die Voraussetzungen des Artikels III-151 Absätze 1, 2 und 3 der Verfassung erfüllen.

(2) Ceuta und Melilla gehören nicht zum Zollgebiet der Union.

(3) Die Rechtsakte der Organe über Zollbestimmungen für den Außenhandel gelten unter denselben Bedingungen für den Warenverkehr zwischen dem Zollgebiet der Union einerseits und Ceuta und Melilla andererseits, sofern in diesem Unterabschnitt nicht etwas anderes bestimmt ist.

(4) Autonome oder vertragsmäßige Rechtsakte der Organe betreffend die gemeinsame Handelspolitik, die mit der Einfuhr oder Ausfuhr von Waren unmittelbar verbunden sind, gelten nicht für Ceuta und Melilla, sofern in diesem Unterabschnitt nicht etwas anderes bestimmt ist.

(5) Die Union wendet in ihrem Warenverkehr mit Ceuta und Melilla bei den unter Anhang I der Verfassung fallenden Erzeugnissen dieselbe allgemeine Regelung wie gegenüber Drittländern an, sofern in diesem Titel nicht etwas anderes bestimmt ist.

 

Artikel 34

 

Vorbehaltlich des Artikels 35 werden die Zölle bei der Einfuhr von Waren mit Ursprung in Ceuta oder Melilla in das Zollgebiet der Union abgeschafft.

 

Artikel 35

 

(1) Fischereierzeugnisse der Tarifnummern 0301, 0302, 0303, 1604 und 1605 sowie der Tarifstellen 0511 91 und 2301 20 des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in Ceuta oder Melilla sind im Rahmen von Zollkontingenten, die je Erzeugnis auf der Basis des Durchschnittswertes der in den Jahren 1982, 1983 und 1984 tatsächlich abgesetzten Mengen berechnet werden, im gesamten Zollgebiet der Union von Zöllen befreit.

Die im Rahmen der Zollkontingente in das Zollgebiet der Union eingeführten Erzeugnisse werden nur dann zum freien Verkehr abgefertigt, wenn die Regeln der gemeinsamen Marktorganisation und insbesondere die Referenzpreise eingehalten sind.

(2) Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission jedes Jahr Europäische Verordnungen oder

Beschlüsse zur Eröffnung und Aufteilung der Kontingente nach Maßgabe des Absatzes 1.

 

Artikel 36

 

(1) Sollte die Anwendung von Artikel 34 zu einer deutlichen Zunahme der Einfuhren bestimmter Waren mit Ursprung in Ceuta oder Melilla führen, so dass die Erzeuger der Union geschädigt werden könnten, kann der Rat auf Vorschlag der Kommission Europäische Verordnungen oder Beschlüsse zur Festlegung von besonderen Bedingungen für den Zugang dieser Waren zum Zollgebiet der Union erlassen.

(2) Bewirken die Einfuhren einer Ware mit Ursprung in Ceuta oder Melilla eine ernste Schädigung einer Erzeugung in einem oder mehreren Mitgliedstaaten oder besteht die Gefahr einer solchen Schädigung, weil die gemeinsame Handelspolitik und der Gemeinsame Zolltarif bei der Einfuhr von Rohstoffen oder Zwischenerzeugnissen nicht auf Ceuta und Melilla angewandt werden, so kann die Kommission auf Antrag eines Mitgliedstaats oder von sich aus geeignete Maßnahmen treffen.

 

Artikel 37

 

Die bei der Einfuhr von Waren mit Ursprung im Zollgebiet der Union nach Ceuta und Melilla bestehenden Zölle sowie die Abgaben gleicher Wirkung werden abgeschafft.

 

Artikel 38

 

Die Zölle und die Abgaben mit gleicher Wirkung wie Zölle sowie die Handelsregelung bei der Einfuhr von Waren aus einem Drittland nach Ceuta und Melilla dürfen nicht weniger günstig sein als diejenigen, welche die Union entsprechend ihren internationalen Verpflichtungen oder ihren Präferenzregelungen gegenüber diesem Drittland anwendet, sofern das betreffende Drittland die Einfuhren aus Ceuta und Melilla ebenso behandelt wie die Einfuhren aus der Union. Die Regelung für die Einfuhr von Waren aus diesem Drittland nach Ceuta und Melilla darf jedoch nicht günstiger sein als die Regelung für die Einfuhr von Waren mit Ursprung im Zollgebiet der Union.

 

Artikel 39

 

Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission Europäische Verordnungen oder Beschlüsse zur Festlegung von Durchführungsbestimmungen für diesen Unterabschnitt und insbesondere die Ursprungsregeln für den Warenverkehr nach den Artikeln 34, 35 und 37, einschließlich der

Bestimmungen über die Kennzeichnung der Ursprungswaren und die Ursprungskontrolle. Diese Regeln müssen insbesondere Bestimmungen über die Kennzeichnung und/oder Etikettierung der Waren, über die Bedingungen für die Registrierung von Schiffen und über die Anwendung des kumulativen Ursprungssystems bei Fischereierzeugnissen sowie Bestimmungen zur Feststellung des Warenursprungs enthalten.

 

ABSCHNITT 5

 

Bestimmungen über die regionale Entwicklung Spaniens

 

Artikel 40

 

Die Mitgliedstaaten nehmen zur Kenntnis, dass die spanische Regierung die Verwirklichung einer Politik der regionalen Entwicklung mit dem Ziel verfolgt, insbesondere das Wirtschaftswachstum in den am wenigsten entwickelten Regionen und Gebieten Spaniens zu fördern.

Sie erkennen an, dass die Erreichung der Ziele dieser Politik in ihrem gemeinsamen Interesse liegt. Um der spanischen Regierung die Erfüllung dieser Aufgabe zu erleichtern, kommen sie überein, den Organen die Anwendung aller in der Verfassung vorgesehenen Mittel und Verfahren zu empfehlen, insbesondere eine angemessene Verwendung der zur Verwirklichung der Ziele der Union bestimmten Mittel der Union.

Die Mitgliedstaaten erkennen insbesondere an, dass im Fall der Anwendung der Artikel III-167 und III-168 der Verfassung die Ziele der wirtschaftlichen Entwicklung und der Hebung des Lebensstandards der Bevölkerung in den am wenigsten entwickelten Regionen und Gebieten

Spaniens zu berücksichtigen sind.

 

ABSCHNITT 6

 

Bestimmungen über die wirtschaftliche und industrielle Entwicklung Portugals

 

Artikel 41

 

Die Mitgliedstaaten nehmen zur Kenntnis, dass die portugiesische Regierung die Verwirklichung einer Politik der Industrialisierung und der wirtschaftlichen Entwicklung mit dem Ziel verfolgt, den Lebensstandard in Portugal demjenigen der übrigen Mitgliedstaaten anzugleichen, die Unterbeschäftigung zu beseitigen und dabei schrittweise regionale Entwicklungsunterschiede auszugleichen.

Sie erkennen an, dass die Erreichung der Ziele dieser Politik in ihrem gemeinsamen Interesse liegt.

Sie kommen überein, zu diesem Zweck den Organen die Anwendung aller in der Verfassung vorgesehenen Mittel und Verfahren zu empfehlen, insbesondere eine angemessene Verwendung der

zur Verwirklichung der Ziele der Union bestimmten Mittel der Union.

Die Mitgliedstaaten erkennen insbesondere an, dass im Fall der Anwendung der Artikel III-167 und III-168 der Verfassung die Ziele der wirtschaftlichen Entwicklung und der Hebung des Lebensstandards der Bevölkerung zu berücksichtigen sind.

 

 

ABSCHNITT 7

 

Bestimmungen über den Austausch von Kenntnissen auf dem Gebiet der Kernenergie mit dem Königreich Spanien

 

Artikel 42

 

(1) Ab dem 1. Januar 1986 werden die Kenntnisse, die den Mitgliedstaaten, Personen und Unternehmen nach Artikel 13 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft mitgeteilt worden sind, dem Königreich Spanien zur Verfügung gestellt, das sie in seinem

Hoheitsgebiet in Übereinstimmung mit dem genannten Artikel nur beschränkt verbreitet.

(2) Ab dem 1. Januar 1986 stellt das Königreich Spanien der Europäischen Atomgemeinschaft in Spanien auf dem Kernenergiegebiet gewonnene, nur zu beschränkter Verbreitung bestimmte Kenntnisse zur Verfügung, soweit es sich nicht um rein kommerzielle Anwendungen handelt. Die Kommission teilt diese Kenntnisse den Unternehmen der Gemeinschaft in Übereinstimmung mit Artikel 13 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft mit.

(3) Die unter die Absätze 1 und 2 fallenden Kenntnisse betreffen hauptsächlich

a) die Kernphysik (niedrige und hohe Energien),

b) den Strahlenschutz,

c) die Anwendung von Isotopen, insbesondere stabiler Isotopen,

d) Forschungsreaktoren und Brennstoffe dafür,

e) Forschungen über den Brennstoffkreislauf (im Einzelnen: Förderung und Aufbereitung geringhaltiger Uranerze; Optimierung der Brennelemente für Leistungsreaktoren).

 

Artikel 43

 

(1) Auf den Gebieten, auf denen das Königreich Spanien der Europäischen Atomgemeinschaft Kenntnisse zur Verfügung stellt, gewähren die zuständigen Stellen den Mitgliedstaaten, Personen und Unternehmen der Gemeinschaft auf Antrag Lizenzen zu kommerziellen Bedingungen, soweit diese Stellen ausschließliche Rechte an in den Mitgliedstaaten angemeldeten Patenten besitzen und soweit sie gegenüber Dritten in keiner Weise verpflichtet sind, eine ausschließliche oder teilweise ausschließliche Lizenz an den Rechten dieser Patente zu gewähren oder anzubieten.

(2) Ist eine ausschließliche oder teilweise ausschließliche Lizenz gewährt worden, so fördert und erleichtert das Königreich Spanien die Gewährung von Unterlizenzen an die Mitgliedstaaten, Personen und Unternehmen der Gemeinschaft zu kommerziellen Bedingungen durch die Inhaber solcher Lizenzen.

Die Gewährung solcher ausschließlichen oder teilweise ausschließlichen Lizenzen erfolgt auf normaler kommerzieller Basis.

 

ABSCHNITT 8

 

Bestimmungen über den Austausch von Kenntnissen auf dem Gebiet der Kernenergie

mit der Portugiesischen Republik

 

Artikel 44

 

(1) Ab dem 1. Januar 1986 werden die Kenntnisse, die den Mitgliedstaaten, Personen und Unternehmen nach Artikel 13 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft mitgeteilt worden sind, der Portugiesischen Republik zur Verfügung gestellt, die sie in ihrem

Hoheitsgebiet in Übereinstimmung mit dem genannten Artikel nur beschränkt verbreitet.

(2) Ab dem 1. Januar 1986 stellt die Portugiesische Republik der Europäischen Atomgemeinschaft in Portugal auf dem Kernenergiegebiet gewonnene, nur zu beschränkter Verbreitung bestimmte Kenntnisse zur Verfügung, soweit es sich nicht um rein kommerzielle Anwendungen handelt. Die Kommission teilt diese Kenntnisse den Unternehmen der Gemeinschaft in Übereinstimmung mit Artikel 13 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft mit.

(3) Die unter die Absätze 1 und 2 fallenden Kenntnisse betreffen hauptsächlich

a) die Reaktordynamik,

b) den Strahlenschutz,

c) die Anwendung nuklearer Messtechniken (in den Bereichen Industrie, Landwirtschaft, Archäologie und Geologie),

d) die Atomphysik (Messungen des Wirkungsquerschnitts, Kanalisierungstechniken),

e) die Metallurgie der Urangewinnung.

 

Artikel 45

 

(1) Auf den Gebieten, auf denen die Portugiesische Republik der Europäischen Atomgemeinschaft Kenntnisse zur Verfügung stellt, gewähren die zuständigen Stellen den Mitgliedstaaten, Personen und Unternehmen der Gemeinschaft auf Antrag Lizenzen zu kommerziellen Bedingungen, soweit diese Stellen ausschließliche Rechte an in den Mitgliedstaaten angemeldeten Patenten besitzen und soweit

sie gegenüber Dritten in keiner Weise verpflichtet sind, eine ausschließliche oder teilweise ausschließliche Lizenz an den Rechten dieser Patente zu gewähren oder anzubieten.

(2) Ist eine ausschließliche oder teilweise ausschließliche Lizenz gewährt worden, so fördert und erleichtert die Portugiesische Republik die Gewährung von Unterlizenzen an die Mitgliedstaaten, Personen und Unternehmen der Gemeinschaft zu kommerziellen Bedingungen durch die Inhaber solcher Lizenzen.

Die Gewährung solcher ausschließlichen oder teilweise ausschließlichen Lizenzen erfolgt auf normaler kommerzieller Basis.

 

TITEL V

 

BESTIMMUNGEN AUS DER AKTE ÜBER DIE BEDINGUNGEN DES BEITRITTS DER REPUBLIK

ÖSTERREICH, DER REPUBLIK FINNLAND UND DES KÖNIGREICHS SCHWEDEN

 

ABSCHNITT 1

 

Finanzbestimmungen

 

Artikel 46

 

Die Eigenmittel aus der Mehrwertsteuer werden so berechnet und kontrolliert, als fielen die Ålandinseln in den räumlichen Geltungsbereich der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern

            Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage.

 

ABSCHNITT 2

 

Bestimmungen über die Landwirtschaft

 

Artikel 47

 

Im Fall ernster Schwierigkeiten aufgrund des Beitritts, die auch nach voller Inanspruchnahme des Artikels 48 und der anderen Maßnahmen aufgrund des bestehenden Unionsrechts andauern, kann die Kommission einen Europäischen Beschluss erlassen, wonach Finnland den Erzeugern einzelstaatliche Beihilfen gewähren kann, um deren Einbeziehung in die gemeinsame Agrarpolitik zu erleichtern.

 

Artikel 48

 

(1) Die Kommission erlässt Europäische Beschlüsse, wonach Finnland und Schweden langfristige einzelstaatliche Beihilfen gewähren können, die der Erhaltung der Landwirtschaft in besonderen Regionen dienen. Diese Regionen sollten die landwirtschaftlichen Gebiete, die sich nördlich von 62o nördlicher Breite befinden, sowie einige angrenzende Gebiete südlich dieses Breitengrads mit vergleichbaren klimatischen Verhältnissen umfassen, die die landwirtschaftliche Tätigkeit in besonderem Maße erschweren.

(2) Die Regionen nach Absatz 1 werden von der Kommission unter Berücksichtigung insbesondere folgender Faktoren bestimmt:

a) geringe Bevölkerungsdichte;

b) Anteil der landwirtschaftlichen Flächen an der Gesamtfläche;

c) flächenmäßiger Anteil der für die menschliche Ernährung bestimmten Feldkulturen an der genutzten landwirtschaftlichen Fläche.

(3) Die einzelstaatlichen Beihilfen nach Absatz 1 können in Beziehung stehen zu natürlichen Produktionsfaktoren, beispielsweise der Hektargröße der landwirtschaftlichen Fläche oder den Vieheinheiten, unter Berücksichtigung der maßgeblichen Grenzwerte der gemeinsamen Marktorganisationen, sowie zu traditionellen Produktionsstrukturen der einzelnen Betriebe; sie dürfen

jedoch nicht

a) an die künftige Produktion gebunden sein;

b) zu einer Erhöhung der Produktion oder der Gesamthöhe der Stützung, die während eines von der Kommission festzulegenden Referenzzeitraums vor dem 1. Januar 1995 festgestellt wurde, führen.

Diese Beihilfen können regional gestaffelt werden.

Diese Beihilfen müssen insbesondere gewährt werden zur

a) Beibehaltung traditioneller primärer Erzeugung und Verarbeitung, die an die klimatischen Verhältnisse der betreffenden Regionen von Natur aus angepasst sind;

b) Verbesserung der Strukturen für Produktion, Vermarktung und Verarbeitung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse;

c) Erleichterung des Absatzes der genannten Erzeugnisse;

d) Sicherung des Umweltschutzes und der Erhaltung der Landschaft.

 

Artikel 49

 

(1) Die Beihilfen nach den Artikeln 47 und 48 sowie jede andere einzelstaatliche Beihilfe, die im Rahmen dieses Titels der Genehmigung durch die Kommission bedarf, werden der Kommission notifiziert. Sie dürfen nicht vor Erteilung der Genehmigung gewährt werden.

(2) In Bezug auf die Beihilfen nach Artikel 48 legt die Kommission dem Rat alle fünf Jahre ab dem 1. Januar 1996 einen Bericht vor über

a) die erteilten Genehmigungen;

b) die Ergebnisse der Beihilfen, die aufgrund der Genehmigungen gewährt wurden. Im Hinblick auf die Erstellung dieses Berichts liefern die Mitgliedstaaten, welche diese Genehmigungen erhalten haben, der Kommission rechtzeitig Informationen über die Auswirkungen der gewährten Beihilfen unter Darstellung der Entwicklung der Landwirtschaft in den betroffenen Regionen.

 

Artikel 50

 

In Bezug auf die Beihilfen nach den Artikeln III-167 und III-168 der Verfassung

a) gelten von den in Österreich, Finnland und Schweden vor dem 1. Januar 1995 angewandten Beihilfen nur diejenigen als bestehende Beihilfen nach Artikel III-168 Absatz 1 der Verfassung, die der Kommission vor dem 30. April 1995 mitgeteilt worden sind;

b) gelten bestehende Beihilfen und Vorhaben zur Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen, die der Kommission vor dem 1. Januar 1995 mitgeteilt worden sind, als an diesem Tag notifiziert.

 

Artikel 51

 

(1) Sofern nicht in bestimmten Fällen etwas anderes bestimmt ist, erlässt der Rat auf Vorschlag der Kommission die zur Durchführung dieses Abschnitts erforderlichen Europäischen Verordnungen oder Beschlüsse.

(2) Durch Europäisches Gesetz des Rates können die bei einer Änderung des Unionsrechts gegebenenfalls erforderlichen Anpassungen der in diesem Abschnitt enthaltenen Bestimmungenvorgenommen werden. Der Rat beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments.

 

Artikel 52

 

(1) Sind Übergangsmaßnahmen notwendig, um die Überleitung von der in Österreich, Finnland und Schweden bestehenden Regelung zu der Regelung zu erleichtern, die sich aus der Anwendung der gemeinsamen Marktorganisationen nach Maßgabe der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden ergibt, so werden diese Maßnahmen nach dem Verfahren des Artikels 38 der Verordnung Nr. 136/66/EWG oder der entsprechenden Artikel der anderen Verordnungen über gemeinsame Agrarmarktorganisationen getroffen. Diese Maßnahmen können während eines Zeitraums, der am 31. Dezember 1997 endet, getroffen werden; sie sind nur bis zu diesem Zeitpunkt anwendbar.

(2) Durch Europäisches Gesetz des Rates kann der in Absatz 1 genannte Zeitraum verlängert werden. Der Rat beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments.

 

Artikel 53

 

Die Artikel 51 und 52 finden auf Fischereierzeugnisse Anwendung.

 

ABSCHNITT 3

 

Bestimmungen zu den Übergangsmaßnahmen

 

Artikel 54

 

Die in den Punkten VII.B.I, VII.D.1, VII.D.2.c, IX.2.b, c, f, g, h, i, j, l, m, n, x, y, z und aa, X.a, b, und c des Anhangs XV (1) der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden aufgeführten Rechtsakte gelten für Österreich, Finnland und Schweden unter den in jenem Anhang festgelegten Bedingungen.

Die Bezugnahme auf die Bestimmungen des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf die Artikel 90 und 91, in Punkt IX.2.x des in Absatz 1 genannten Anhangs XV ist als Bezugnahme auf die Bestimmungen der Verfassung, insbesondere auf Artikel III-170 Absätze 1 und 2, zu verstehen.

 

ABSCHNITT 4

 

Bestimmungen über die Anwendbarkeit bestimmter Rechtsakte

 

Artikel 55

 

(1) Einzelne Freistellungs‑ und Negativattestbeschlüsse, die nach Artikel 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) oder Artikel 1 des Protokolls 25 zu diesem Abkommen vor dem 1. Januar 1995 entweder von der Überwachungsbehörde der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) oder von der Kommission erlassen wurden und die Fälle betreffen, die infolge des Beitritts unter Artikel 81 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft fallen, bleiben für die Zwecke des Artikels III-161 der Verfassung bis zum Ablauf der darin festgelegten Frist oder bis die Kommission im Einklang mit dem Unionsrecht einen ordnungsgemäß begründeten anders lautenden Europäischen Beschluss erlässt, gültig.

(2) Alle Beschlüsse der EFTA‑Überwachungsbehörde, die vor dem 1. Januar 1995 nach Artikel 61 des EWR‑Abkommens erlassen wurden und die infolge des Beitritts unter Artikel 87 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft fallen, bleiben hinsichtlich des Artikels III-167 der Verfassung gültig, es sei denn, die Kommission erlässt nach Artikel III-168 der Verfassung einen

anders lautenden Europäischen Beschluss. Dieser Absatz gilt nicht für Beschlüsse, für die das Verfahren nach Artikel 64 des EWR-Abkommens gilt.

(3) Unbeschadet der Absätze 1 und 2 bleiben die von der EFTA-Überwachungsbehörde getroffenen Entscheidungen nach dem 1. Januar 1995 gültig, es sei denn, die Kommission fasst im Einklang mit dem Unionsrecht einen ordnungsgemäß begründeten anders lautenden Beschluss.

 

ABSCHNITT 5

 

Bestimmungen über die Ålandinseln

 

Artikel 56

 

Die Bestimmungen der Verfassung lassen die Anwendung der am 1. Januar 1994 in Bezug auf die Ålandinseln geltenden Bestimmungen unberührt, die Folgendes betreffen:

a) die in nicht diskriminierender Weise anzuwendende Einschränkung des Rechts natürlicher Personen, die nicht regionalen Bürgerstatus (hembygdsrätt/kotiseutuoikeus) der Ålandinseln besitzen, sowie juristischer Personen, ohne Genehmigung der zuständigen Behörden der

Ålandinseln auf diesen Inseln Grundeigentum zu erwerben und zu besitzen;

b) die in nicht diskriminierender Weise anzuwendende Einschränkung des Rechts natürlicher Personen, die nicht regionalen Bürgerstatus (hembygdsrätt/kotiseutuoikeus) der Ålandinseln besitzen, oder juristischer Personen, sich ohne Genehmigung der zuständigen Behörden der

Ålandinseln auf den Ålandinseln niederzulassen oder dort Dienstleistungen zu erbringen.

 

Artikel 57

 

(1) Das Hoheitsgebiet der Ålandinseln, das als Drittlandgebiet im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 dritter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG des Rates und als nicht in den Anwendungsbereichder Richtlinien zur Harmonisierung der Verbrauchsteuern fallendes Staatsgebiet im Sinne des Artikels 2 der Richtlinie 92/12/EWG des Rates gilt, wird vom räumlichen Geltungsbereich des Unionsrechts im Bereich der Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern sowie über Verbrauchsteuern und andere Arten indirekter Besteuerung ausgenommen.

Dieser Absatz findet auf die Bestimmungen der Richtlinie 69/335/EWG des Rates betreffend die Gesellschaftsteuer keine Anwendung.

(2) Die in Absatz 1 vorgesehene Ausnahmeregelung dient dem Zweck, auf den Ålandinseln ein existenzfähiges lokales Wirtschaftsleben aufrechtzuerhalten; sie darf keine nachteiligen Auswirkungen auf die Interessen der Union und ihre gemeinsamen Politiken haben. Ist die Kommission der Ansicht, dass Absatz 1 insbesondere in Bezug auf die Wettbewerbsneutralität oder die eigenen Mittel nicht mehr gerechtfertigt ist, so unterbreitet sie dem Rat geeignete Vorschläge, der sodann entsprechend den einschlägigen Artikeln der Verfassung die erforderliche Rechtsakte erlässt.

 

Artikel 58

 

Die Republik Finnland stellt sicher, dass allen natürlichen und juristischen Personen der Mitgliedstaaten Gleichbehandlung auf den Ålandinseln gewährt wird.

 

Artikel 59

 

Die Bestimmungen dieses Abschnitts finden unter Berücksichtigung der Erklärung zu den Ålandinseln Anwendung, die mit unveränderter Rechtswirkung den Wortlaut der Präambel des Protokolls Nr. 2 zur Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der RepublikFinnland und des Königreichs Schweden aufgreift.

 

ABSCHNITT 6

 

Bestimmungen über die Samen

 

Artikel 60

 

Ungeachtet der Bestimmungen der Verfassung können den Samen ausschließliche Rechte zur Rentierhaltung innerhalb der traditionellen Samen-Gebiete gewährt werden.

 

Artikel 61

 

Dieser Abschnitt kann erweitert werden, um einer weiteren Entfaltung ausschließlicher Rechte der Samen in Verbindung mit ihren traditionellen Lebensgrundlagen Rechnung zu tragen. Durch Europäisches Gesetz des Rates können die erforderlichen Änderungen an diesem Abschnitt

vorgenommen werden. Der Rat beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments und des Ausschusses der Regionen.

 

Artikel 62

 

Die Bestimmungen dieses Abschnitts finden unter Berücksichtigung der Erklärung zu den Samen Anwendung, die mit unveränderter Rechtswirkung den Wortlaut der Präambel des Protokolls Nr. 3 zur Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden aufgreift.

 

ABSCHNITT 7

 

Sonderbestimmungen im Rahmen der Strukturfonds in Finnland und Schweden

 

Artikel 63

 

Regionen im Sinne des Ziels der Entwicklungsförderung und der strukturellen Anpassung von Regionen mit einer äußerst geringen Bevölkerungsdichte sind grundsätzlich Regionen des NUTS-IINiveaus mit einer Bevölkerungsdichte von 8 Einwohnern je Quadratkilometer oder weniger oder gehören zu solchen Regionen. Die Hilfe der Union kann sich vorbehaltlich der Vorschriften über die Bevölkerungsdichte auch auf kleinere angrenzende und benachbarte Gebiete erstrecken, die das gleiche Kriterium der Bevölkerungsdichte erfüllen. Die unter diesen Artikel fallenden Regionen und Gebiete sind in Anhang I (1) des Protokolls Nr. 6 zur Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden aufgeführt.

 

ABSCHNITT 8

 

Bestimmungen über den Straßen- und Schienenverkehr sowie über den kombinierten Verkehr in Österreich

 

Artikel 64

 

(1) Im Sinne dieses Abschnitts gelten als

a) „Lastkraftwagen“ jedes zur Beförderung von Gütern oder zum Ziehen von Anhängern in einem Mitgliedstaat zugelassene Kraftfahrzeug mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 Tonnen, einschließlich Sattelzugfahrzeuge, sowie Anhänger mit einem höchstzulässigen

Gesamtgewicht von über 7,5 Tonnen, die von einem in einem Mitgliedstaat zugelassenen Kraftfahrzeug mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von 7,5 Tonnen oder weniger gezogen werden;

b) „kombinierter Verkehr“ jeder Verkehr von Lastkraftwagen oder Verladeeinheiten, der auf einem Teil der Strecke auf der Schiene und auf dem anfänglichen oder letzten Teil auf der Straße durchgeführt wird, wobei in keinem Fall das österreichische Hoheitsgebiet im Vor- oder Nachlauf ausschließlich auf der Straße transitiert werden darf.

(2) Die Artikel 65 bis 71 gelten für Maßnahmen betreffend den Schienenverkehr und den kombinierten Verkehr durch österreichisches Hoheitsgebiet.

 

Artikel 65

 

Die Union und die betroffenen Mitgliedstaaten ergreifen im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten Maßnahmen zur Entwicklung und Förderung des Schienenverkehrs und des kombinierten Verkehrs für die Güterbeförderung durch die Alpen und sorgen für eine enge Koordinierung dieser Maßnahmen.

 

Artikel 66

 

Bei der Aufstellung der Leitlinien nach Artikel III-247 der Verfassung stellt die Union sicher, dass die Verkehrsachsen nach Anhang 1 (1) des Protokolls Nr. 9 zur Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden einen Bestandteil des transeuropäischen Netzes für den Schienenverkehr und den kombinierten Verkehr bilden und als

Vorhaben von gemeinsamem Interesse ausgewiesen werden.

 

Artikel 67

 

Die Union und die betroffenen Mitgliedstaaten führen im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten die in Anhang 2 (2) des Protokolls Nr. 9 zur Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden aufgeführten Maßnahmen durch.

 

Artikel 68

 

Die Union und die betroffenen Mitgliedstaaten bemühen sich nach besten Kräften, die in Anhang 3 (3) des Protokolls Nr. 9 zur Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden genannte zusätzliche Bahnkapazität

zu entwickeln und zu nutzen.

 

Artikel 69

 

Die Union und die betroffenen Mitgliedstaaten ergreifen Maßnahmen, um den Schienenverkehr und den kombinierten Verkehr stärker auszubauen. Vorbehaltlich der Verfassungsbestimmungen werden solche Maßnahmen in enger Abstimmung mit Eisenbahnunternehmen und anderen Eisenbahn- Dienstleistungserbringern festgelegt. Vorrang sollten solche Maßnahmen haben, die in den Bestimmungen des Unionsrechts über Eisenbahnen und kombinierten Verkehr vorgesehen sind. Bei der Durchführung sämtlicher Maßnahmen ist der Wettbewerbsfähigkeit, der Effizienz und der Kostentransparenz im Schienenverkehr und kombinierten Verkehr besondere Aufmerksamkeit zu

widmen. Die betroffenen Mitgliedstaaten bemühen sich insbesondere, Maßnahmen zu treffen, die sicherstellen, dass die Preise des kombinierten Verkehrs mit denjenigen anderer Verkehrsträger konkurrieren können. Beihilfen, die zu diesem Zweck gewährt werden, müssen mit dem Unionsrecht in Einklang stehen.

 

Artikel 70

 

Die Union und die betroffenen Mitgliedstaaten ergreifen im Falle einer schweren Störung des Eisenbahn-Transitverkehrs, wie z. B. im Falle einer Naturkatastrophe, alle einvernehmlichen Maßnahmen, um im Rahmen des Möglichen diesen Verkehr weiter abzuwickeln. Bestimmte

empfindliche Transporte, wie verderbliche Lebensmittel, sind vorrangig zu behandeln.

 

Artikel 71

 

Die Kommission überprüft das Funktionieren der Bestimmungen dieses Abschnitts nach dem in Artikel 73 Absatz 2 vorgesehenen Verfahren.

 

Artikel 72

 

(1) Dieser Artikel gilt für den Straßengüterverkehr im Gebiet der Gemeinschaft.

(2) Für Fahrten, die einen Straßengütertransitverkehr durch Österreich einschließen, gelten die nach der Ersten Richtlinie des Rates vom 23. Juli 1962 und der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 des Rates eingeführten Regelungen für den Werkverkehr und den gewerblichen Verkehr vorbehaltlich der nachstehenden Bestimmungen.

(3) Bis zum 1. Januar 1998 finden folgende Bestimmungen Anwendung:

a) Die NOx-Gesamtemission von Lastkraftwagen im Transit durch Österreich wird im Zeitraum zwischen dem 1. Januar 1992 und dem 31. Dezember 2003 nach der Tabelle in Anhang 4 um 60 v. H. reduziert.

b) Die Reduktion der NOx-Gesamtemission dieser Lastkraftwagen wird über ein Ökopunktesystem verwaltet. Innerhalb dieses Systems benötigt jeder Lkw im Transitverkehr durch Österreich eine Ökopunkteanzahl, die dem Wert der NOx-Emissionen des jeweiligen Lkw-Wertes nach „Conformity of Production“-(COP)-Wert beziehungsweise Wert nach Betriebserlaubnis entspricht.

Die Bemessung und Verwaltung dieser Punkte wird im Anhang 5 festgelegt.

c) Sollte in einem Jahr die Zahl der Transitfahrten den für das Jahr 1991 festgelegten Referenzwert um mehr als 8 v. H. übersteigen, trifft die Kommission nach dem Verfahren des Artikels 16 geeignete Maßnahmen in Übereinstimmung mit Anhang 5 Nummer 3.

d) Österreich sorgt nach Anhang 5 für die rechtzeitige Ausgabe und Verfügbarkeit der für die Verwaltung des Ökopunktesystems erforderlichen Ökopunktkarten für Lastkraftwagen im Transit durch Österreich.

e) Die Ökopunkte werden von der Kommission nach den nach Absatz 7 festzulegenden Bestimmungen auf die Mitgliedstaaten aufgeteilt.

(4) Auf der Grundlage eines Berichts der Kommission überprüft der Rat vor dem 1. Januar 1998 das Funktionieren der Bestimmungen über den Straßengütertransitverkehr durch Österreich. Dieser Überprüfung liegen die wesentlichen Grundsätze der Gemeinschaftsvorschriften zugrunde, so das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts, insbesondere der freie Warenverkehr und der freie Dienstleistungsverkehr, der Schutz der Umwelt im Interesse der Gemeinschaft insgesamt und die Verkehrssicherheit. Sofern der Rat nicht auf Vorschlag der Kommission nach Anhörung des Europäischen Parlaments einstimmig andere Maßnahmen beschließt, wird die Übergangszeit erneut bis zum 1. Januar 2001 verlängert; während dieses Zeitraums gilt Absatz 3.

(5) In Zusammenarbeit mit der Europäischen Umweltagentur führt die Kommission vor dem 1. Januar 2001 eine wissenschaftliche Studie durch, um festzustellen, inwieweit das in Absatz 3 Buchstabe a festgelegte Ziel einer Reduzierung der Umweltbelastungen erreicht worden ist. Kommt die Kommission zu dem Schluss, dass dieses Ziel auf einer dauerhaften Grundlage erreicht worden ist, so laufen die Bestimmungen des Absatzes 3 am 1. Januar 2001 aus. Gelangt die Kommission dagegen zu dem Schluss, dass dieses Ziel nicht auf einer dauerhaften Grundlage erreicht worden ist, so kann der Rat nach Artikel 75 des EG-Vertrags Maßnahmen im Gemeinschaftsrahmen erlassen, die einen

gleichwertigen Schutz der Umwelt, insbesondere eine Reduzierung der Umweltbelastungen um 60 v. H. gewährleisten. Erlässt der Rat solche Maßnahmen nicht, so wird die Übergangszeit automatisch um einen letzten Dreijahreszeitraum verlängert; während dieses Zeitraums gilt Absatz 3.

(6) Ab dem Ende der Übergangszeit findet der gemeinschaftliche Besitzstand volle Anwendung.

(7) Die Kommission erlässt nach dem Verfahren des Artikels 16 detaillierte Maßnahmen im Zusammenhang mit den Verfahren des Ökopunktesystems, der Aufteilung der Ökopunkte sowie mit technischen Fragen zur Anwendung dieses Artikels, die mit dem Beitritt Österreichs in Kraft treten. Mit den Maßnahmen nach Unterabsatz 1 soll sichergestellt werden, dass die Sachlage für die derzeitigen Mitgliedstaaten aufrechterhalten bleibt, wie sie sich aus der Anwendung der Verordnung (EWG) Nr. 3637/92 des Rates und der am 23. Dezember 1992 unterzeichneten Verwaltungsvereinbarung ergibt, worin der Zeitpunkt des Inkrafttretens des in dem Transitabkommen genannten Ökopunktesystems sowie die Verfahren für seine Einführung festgelegt sind. Es werden alle erforderlichen Anstrengungen unternommen, damit der Griechenland zugewiesene Anteil an Ökopunkten den griechischen Erfordernissen in diesem Zusammenhang in ausreichendem Maße Rechnung trägt.

 

Artikel 73

 

(1) Die Kommission wird von einem Ausschuss unterstützt.

(2) Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gelten die Artikel 3 und 7 des Beschlusses 1999/468/EG.

(3) Der Ausschuss gibt sich eine Geschäftsordnung.

 

ABSCHNITT 9

 

Bestimmungen über die Verwendung spezifisch österreichischer Ausdrücke der deutschen Sprache im Rahmen der Europäischen Union

 

Artikel 74

 

(1) Die in der österreichischen Rechtsordnung enthaltenen und im Anhang (1) zu Protokoll Nr. 10 zur Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden aufgelisteten spezifisch österreichischen Ausdrücke der deutschen Sprache haben den gleichen Status und dürfen mit der gleichen Rechtswirkung verwendet werden wie die in

(1) ABl. C 241 vom 29.8.1994, S. 370. Deutschland verwendeten entsprechenden Ausdrücke, die in jenem Anhang aufgeführt sind.

(2) In der deutschen Sprachfassung neuer Rechtsakte werden die im Anhang zum Protokoll Nr. 10 der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden genannten spezifisch österreichischen Ausdrücke den in Deutschland verwendeten entsprechenden Ausdrücken in geeigneter Form hinzugefügt.

 

9. PROTOKOLL BETREFFEND DEN VERTRAG UND DIE AKTE ÜBER DEN BEITRITT

DER TSCHECHISCHEN REPUBLIK, DER REPUBLIK ESTLAND,

DER REPUBLIK ZYPERN, DER REPUBLIK LETTLAND, DER REPUBLIK LITAUEN,

DER REPUBLIK UNGARN, DER REPUBLIK MALTA, DER REPUBLIK POLEN,

DER REPUBLIK SLOWENIEN UND DER SLOWAKISCHEN REPUBLIK

DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN,

EINGEDENK DESSEN, dass die Tschechische Republik, die Republik Estland, die Republik Zypern, die Republik Lettland, die Republik Litauen, die Republik Ungarn, die Republik Malta, die Republik Polen, die Republik Slowenien und die Slowakische Republik den Europäischen Gemeinschaften und der mit dem Vertrag über die Europäische Union gegründeten Europäischen Union am 1. Mai 2004 beigetreten sind,

IN DER ERWÄGUNG, dass in Artikel IV-437 Absatz 2 Buchstabe e der Verfassung die Aufhebung des Vertrags vom 16. April 2003 über den Beitritt der genannten Staaten vorgesehen ist,

IN DER ERWÄGUNG, dass zahlreiche Bestimmungen, die in der dem Beitrittsvertrag beigefügten Akte enthalten sind, weiterhin relevant sind; dass Artikel IV-437 Absatz 2 der Verfassung vorsieht, dass diese Bestimmungen in ein Protokoll übernommen oder dort aufgeführt werden müssen, damit sie in Kraft bleiben und ihre Rechtswirkung behalten,

IN DER ERWÄGUNG, dass einige dieser Bestimmungen in technischer Hinsicht an die Verfassung angepasst werden müssen, ihre Rechtswirkung jedoch unverändert bleiben muss,

SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft beigefügt sind:

 

ERSTER TEIL

 

BESTIMMUNGEN ÜBER DIE BEITRITTSAKTE VOM 16. APRIL 2003

 

TITEL I

 

GRUNDSÄTZE

 

Artikel 1

 

Für die Zwecke dieses Protokolls

a) bedeutet der Ausdruck „Beitrittsakte vom 16. April 2003“ die Akte über die Bedingungen des Beitritts der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik und die Anpassungen der Verträge, auf denen die Europäische Union beruht;

b) bedeuten die Ausdrücke „Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft“ („EG-Vertrag“) und „Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft“ („EAG-Vertrag“) die genannten Verträge mit den Änderungen oder Ergänzungen, die durch vor dem 1. Mai 2004 in Kraft getretene Verträge oder andere Rechtsakte vorgenommen worden sind;

c) bedeutet der Ausdruck „Vertrag über die Europäische Union“ („EU-Vertrag“) den genannten Vertrag mit den Änderungen oder Ergänzungen, die durch vor dem 1. Mai 2004 in Kraft getretene Verträge oder andere Rechtsakte vorgenommen worden sind;

d) bedeutet der Ausdruck „Gemeinschaft“ je nach Sachlage eine der beziehungsweise beide unter Buchstabe b genannten Gemeinschaften;

e) bedeutet der Ausdruck „derzeitige Mitgliedstaaten“ die folgenden Mitgliedstaaten: das Königreich Belgien, das Königreich Dänemark, die Bundesrepublik Deutschland, die Hellenische Republik, das Königreich Spanien, die Französische Republik, Irland, die Italienische Republik, das Großherzogtum Luxemburg, das Königreich der Niederlande, die Republik Österreich, die Portugiesische Republik, die Republik Finnland, das Königreich Schweden sowie das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland;

f) bedeutet der Ausdruck „neue Mitgliedstaaten“ die folgenden Mitgliedstaaten: die Tschechische Republik, die Republik Estland, die Republik Zypern, die Republik Lettland, die Republik Litauen, die Republik Ungarn, die Republik Malta, die Republik Polen, die Republik Slowenien und die Slowakische Republik.

 

Artikel 2

 

Die Rechte und Pflichten aus dem in Artikel IV-437 Absatz 2 Buchstabe e der Verfassung genannten Vertrag über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik gelten nach Maßgabe dieses Vertrags

mit Wirkung vom 1. Mai 2004.

 

Artikel 3

 

(1) Die Bestimmungen des Schengen-Besitzstands, der durch das Protokoll zum Vertrag über eine Verfassung für Europa (im Folgenden „Schengen-Protokoll“) in den Rahmen der Union einbezogen wurde, und die darauf aufbauenden oder anderweitig damit zusammenhängenden Rechtsakte, die in Anhang I der Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgeführt werden, sowie alle weiteren vor dem 1. Mai 2004 erlassenen Rechtsakte dieser Art sind ab dem 1. Mai 2004 für die neuen Mitgliedstaaten bindend und in ihnen anzuwenden.

(2) Die Bestimmungen des in den Rahmen der Union einbezogenen Schengen-Besitzstands und die darauf aufbauenden oder damit zusammenhängenden Rechtsakte, die nicht in Absatz 1 genannt sind, sind zwar für einen neuen Mitgliedstaat ab dem 1. Mai 2004 bindend, sie sind aber in diesem neuenMitgliedstaat nur nach einem entsprechenden Europäischen Beschluss des Rates anzuwenden, den der Rat nach einer nach den geltenden Schengen-Evaluierungsverfahren durchgeführten Prüfung der Frage, ob die erforderlichen Voraussetzungen für die Anwendung aller Teile des betreffenden Besitzstands in diesem neuen Mitgliedstaat gegeben sind, gefasst hat.

Der Rat beschließt nach Anhörung des Europäischen Parlaments einstimmig mit den Stimmen der Mitglieder, die die Regierungen der Mitgliedstaaten vertreten, für die die in diesem Absatz genannten Bestimmungen bereits in Kraft gesetzt worden sind, und des Vertreters der Regierung des Mitgliedstaats, für den diese Bestimmungen in Kraft gesetzt werden sollen. Die Mitglieder des Rates, die die Regierungen Irlands und des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland vertreten, nehmen insoweit an einem derartigen Beschluss teil, als er sich auf die Bestimmungen des Schengen-Besitzstands und die darauf aufbauenden oder anderweitig damit zusammenhängenden Rechtsakte bezieht, an denen diese Mitgliedstaaten teilnehmen.

(3) Die vom Rat nach Artikel 6 des Schengen-Protokolls geschlossenen Übereinkommen sind für

die neuen Mitgliedstaaten ab dem 1. Mai 2004 bindend.

(4) Die neuen Mitgliedstaaten sind verpflichtet, im Hinblick auf diejenigen Übereinkommen oder Instrumente in den Bereichen Justiz und Inneres, die von der Erreichung der Ziele des EU-Vertrags nicht zu trennen sind,

a) denjenigen, die bis zum 1. Mai 2004 zur Unterzeichnung durch die derzeitigen Mitgliedstaaten aufgelegt worden sind, sowie denjenigen, die vom Rat nach Titel VI des EU-Vertrags ausgearbeitet und den Mitgliedstaaten zur Annahme empfohlen worden sind, beizutreten;

b) Verwaltungs- und sonstige Vorkehrungen wie etwa diejenigen einzuführen, die von den derzeitigen Mitgliedstaaten oder vom Rat bis zum 1. Mai 2004 angenommen wurden, um die praktische Zusammenarbeit zwischen in den Bereichen Justiz und Inneres tätigen Einrichtungen

und Organisationen der Mitgliedstaaten zu erleichtern.

 

Artikel 4

 

Jeder neue Mitgliedstaat nimmt ab dem 1. Mai 2004 als Mitgliedstaat, für den eine Ausnahmeregelung im Sinne des Artikels III-197 der Verfassung gilt, an der Wirtschafts- und Währungsunion teil.

 

Artikel 5

 

(1) Die neuen Mitgliedstaaten, die durch die Beitrittsakte vom 16. April 2003 den Beschlüssen und Vereinbarungen der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten beigetreten sind, sind verpflichtet, allen sonstigen von den derzeitigen Mitgliedstaaten für das Funktionieren der Union oder in Verbindung mit deren Tätigkeit geschlossenen Übereinkünften beizutreten.

(2) Die neuen Mitgliedstaaten sind verpflichtet, den in Artikel 293 des EG-Vertrags vorgesehenen Übereinkommen und den von der Verwirklichung der Ziele des EG-Vertrags untrennbaren Übereinkommen sowie den Protokollen über die Auslegung dieser Übereinkommen durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, die von den derzeitigen Mitgliedstaaten unterzeichnet wurden, beizutreten, sofern sie noch in Kraft sind, und zu diesem Zweck mit diesen Mitgliedstaaten Verhandlungen im Hinblick auf die erforderlichen Anpassungen aufzunehmen.

 

Artikel 6

 

(1) Die neuen Mitgliedstaaten sind verpflichtet, nach Maßgabe dieses Protokolls den von den derzeitigen Mitgliedstaaten und der Union oder der Europäischen Atomgemeinschaft gemeinsam geschlossenen oder vorläufig angewendeten Abkommen oder Übereinkünften sowie den von diesen Staaten geschlossenen Übereinkünften, die mit den erstgenannten Abkommen oder Übereinkünften

in Zusammenhang stehen, beizutreten.

Der Beitritt der neuen Mitgliedstaaten zu den in Absatz 4 genannten Abkommen oder Übereinkünften sowie zu den Abkommen mit Belarus, China, Chile, dem Mercosur und der Schweiz, die von der Gemeinschaft und ihren derzeitigen Mitgliedstaaten gemeinsam geschlossen

oder unterzeichnet wurden, wird durch den Abschluss eines Protokolls zu diesen Abkommen beziehungsweise Übereinkünften zwischen dem Rat, der im Namen der Mitgliedstaaten handelt und einstimmig beschließt, und dem betreffenden dritten Staat oder den betreffenden dritten Staaten beziehungsweise der betreffenden internationalen Organisation geregelt. Dieses Verfahren gilt unbeschadet der eigenen Zuständigkeiten der Union und der Europäischen Atomgemeinschaft und berührt nicht die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen ihnen und den Mitgliedstaaten in Bezug auf den künftigen Abschluss derartiger Abkommen oder Übereinkünfte oder in Bezug auf andere

nicht mit dem Beitritt zusammenhängende Änderungen. Die Kommission handelt diese Protokolle im Namen der Mitgliedstaaten auf der Grundlage der vom Rat einstimmig gebilligten Verhandlungsrichtlinien in Abstimmung mit einem aus den Vertretern der Mitgliedstaaten zusammengesetzten Ausschuss aus. Sie unterbreitet dem Rat einen Entwurf der Protokolle für deren Abschluss.

(2) Mit dem Beitritt zu den in Absatz 1 genannten Abkommen und Übereinkünften erlangen die neuen Mitgliedstaaten die gleichen Rechte und Pflichten aus diesen Abkommen und Übereinkünften wie die derzeitigen Mitgliedstaaten.

(3) Die neuen Mitgliedstaaten sind verpflichtet, nach Maßgabe dieses Protokolls dem Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (1) nach Artikel 128 des Abkommens beizutreten.

(4) Ab dem 1. Mai 2004 und gegebenenfalls bis zum Abschluss der in Absatz 1 genannten erforderlichen Protokolle wenden die neuen Mitgliedstaaten die Übereinkünfte, die die derzeitigen Mitgliedstaaten und die Gemeinschaft gemeinsam mit Ägypten, Algerien, Armenien, Aserbaidschan, Bulgarien, Georgien, Israel, Jordanien, Kasachstan, Kirgisistan, Kroatien, Libanon, Marokko, der Ehemaligen Jugoslawischen Republik Mazedonien, Mexiko, Moldau, Rumänien, der Russischen Föderation, San Marino, Südafrika, Südkorea, Syrien, Tunesien, der Türkei, Turkmenistan, der Ukraine und Usbekistan geschlossen haben, sowie andere Übereinkünfte an, die die derzeitigen Mitgliedstaaten und die Gemeinschaft gemeinsam vor dem 1. Mai 2004 geschlossen haben.

Alle Anpassungen dieser Übereinkünfte sind Gegenstand von Protokollen, die mit den anderen Vertragsstaaten nach Absatz 1 Unterabsatz 2 geschlossen werden. Sind die Protokolle bis zum 1. Mai 2004 nicht geschlossen worden, so ergreifen die Union, die Europäische Atomgemeinschaft und die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer jeweiligen Befugnisse die erforderlichen Maßnahmen, um diese Lage zu klären.

(5) Ab dem 1. Mai 2004 wenden die neuen Mitgliedstaaten die von der Gemeinschaft mit Drittländern geschlossenen bilateralen Textilabkommen oder -vereinbarungen an.

Die von der Union angewendeten mengenmäßigen Beschränkungen der Einfuhr von Textil- und Bekleidungserzeugnissen werden angepasst, um dem Beitritt der neuen Mitgliedstaaten Rechnung zu tragen.

Sollten die Änderungen der bilateralen Textilabkommen und -vereinbarungen bis zum 1. Mai 2004 nicht in Kraft getreten sein, so nimmt die Union an ihren Vorschriften für die Einfuhr von Textil- und Bekleidungserzeugnissen aus Drittländern die notwendigen Anpassungen vor, um dem Beitritt der neuen Mitgliedstaaten Rechnung zu tragen.

(6) Die von der Union angewendeten mengenmäßigen Beschränkungen der Einfuhr von Stahl und Stahlerzeugnissen werden auf der Grundlage der in den Jahren unmittelbar vor der Unterzeichnung des Beitrittsvertrags erfolgten Einfuhren von Stahlerzeugnissen aus den betreffenden Lieferländern in die neuen Mitgliedstaaten angepasst.

(7) Die von den neuen Mitgliedstaaten vor dem 1. Mai 2004 mit Drittländern geschlossenen Fischereiabkommen werden von der Union verwaltet.

Die Rechte und Pflichten der neuen Mitgliedstaaten aus diesen Abkommen werden während des Zeitraums, in dem die Bestimmungen dieser Abkommen vorläufig beibehalten werden, nicht berührt.

So bald wie möglich, auf jeden Fall jedoch vor dem Ablauf der Geltungsdauer der in Unterabsatz 1 genannten Abkommen, erlässt der Rat in jedem Einzelfall auf Vorschlag der Kommission die geeigneten Europäischen Beschlüsse zur Aufrechterhaltung der Fischereitätigkeiten, die sich aus den Abkommen ergeben; hierzu gehört auch die Möglichkeit, bestimmte Abkommen um höchstens ein Jahr zu verlängern.

(8) Mit Wirkung vom 1. Mai 2004 treten die neuen Mitgliedstaaten von allen Freihandelsabkommen mit dritten Staaten zurück; dies gilt auch für das Mitteleuropäische Freihandelsübereinkommen. Soweit Übereinkünfte zwischen einem oder mehreren neuen Mitgliedstaaten einerseits und einemoder mehreren Drittländern andererseits nicht mit den Pflichten aus der Verfassung und insbesondere aus diesem Protokoll vereinbar sind, treffen die neuen Mitgliedstaaten die geeigneten Maßnahmen, um die festgestellten Unvereinbarkeiten zu beseitigen. Stößt ein Mitgliedstaat bei der Anpassung eines mit einem Drittland oder mehreren Drittländern geschlossenen Abkommens auf Schwierigkeiten, so

tritt er nach Maßgabe dieses Abkommens von dem Abkommen zurück.

(9) Die neuen Mitgliedstaaten ergreifen geeignete Maßnahmen, um gegebenenfalls ihre Stellung gegenüber internationalen Organisationen oder denjenigen internationalen Übereinkünften, denen auch die Union oder die Europäische Atomgemeinschaft oder andere Mitgliedstaaten als Vertragspartei angehören, den Rechten und Pflichten anzupassen, die sich aus ihrem Beitritt zur Union ergeben.

Sie treten insbesondere zum 1. Mai 2004 oder zum frühestmöglichen Termin nach diesem Zeitpunkt von den internationalen Fischereiübereinkünften zurück, denen auch die Union als Vertragspartei angehört, und beenden ihre Mitgliedschaft in den internationalen Fischereiorganisationen, denen auch die Union als Mitglied angehört, sofern ihre Mitgliedschaft nicht auch andere Angelegenheiten

als die Fischerei betrifft.

 

Artikel 7

 

Die von den Organen erlassenen Rechtsakte, auf die sich die in diesem Protokoll vorgesehenen Übergangsbestimmungen beziehen, bewahren ihren Rechtscharakter; insbesondere bleiben die Verfahren zur Änderung dieser Rechtsakte anwendbar.

 

Artikel 8

 

Die Bestimmungen der Beitrittsakte vom 16. April 2003, die eine nicht nur vorübergehende Aufhebung oder Änderung der Rechtsakte, die von den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Gemeinschaft oder der mit dem Vertrag über die Europäische Union gegründeten Europäischen Union erlassen wurden, zum Gegenstand haben, bleiben, wie sie vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften und dem Gericht erster Instanz ausgelegt wurden, vorbehaltlich der Anwendung von Absatz 2 in Kraft.

Die Bestimmungen nach Absatz 1 haben denselben Rechtscharakter wie die durch sie aufgehobenen oder geänderten Bestimmungen und unterliegen denselben Regeln wie diese.

 

Artikel 9

 

Der Wortlaut der Rechtsakte, die von den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Gemeinschaft oder der mit dem Vertrag über die Europäische Union gegründeten Europäischen Union oder von der Europäischen Zentralbank vor dem 1. Mai 2004 erlassen wurden und die in

tschechischer, estnischer, ungarischer, lettischer, litauischer, maltesischer, polnischer, slowakischer und slowenischer Sprache abgefasst wurden, ist ab diesem Zeitpunkt gleichermaßen verbindlich wie der in den anderen Sprachen abgefasste und verbindliche Wortlaut.

 

Artikel 10

 

Die in diesem Protokoll enthaltenen Übergangsbestimmungen können durch Europäisches Gesetz des Rates aufgehoben werden, wenn sie nicht mehr anwendbar sind. Der Rat beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments.

 

Artikel 11

 

Für die Anwendung der Verfassung und der Rechtsakte der Organe gelten vorübergehend die in diesem Protokoll vorgesehenen abweichenden Bestimmungen.

 

TITEL II

 

STÄNDIGE BESTIMMUNGEN

 

Artikel 12

 

Die infolge des Beitritts erforderlichen Anpassungen der in Anhang III der Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgeführten Rechtsakte werden nach den dort aufgestellten Leitlinien nach dem Verfahren und unter den Voraussetzungen des Artikels 36 vorgenommen.

 

Artikel 13

 

Die in Anhang IV der Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgeführten Maßnahmen werden unter den in dem genannten Anhang festgelegten Bedingungen angewandt.

 

Artikel 14

 

Die bei einer Änderung des Unionsrechts gegebenenfalls erforderlichen Anpassungen der Bestimmungen dieses Protokolls, die die Gemeinsame Agrarpolitik betreffen, können durch Europäisches Gesetz des Rates vorgenommen werden. Der Rat beschließt einstimmig nach

Anhörung des Europäischen Parlaments.

 

TITEL III

 

BESTIMMUNGEN MIT BEGRENZTER GELTUNGSDAUER

 

Artikel 15

 

Die in den Anhängen V, VI, VII, VIII, IX, X, XI, XII, XIII und XIV der Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgeführten Maßnahmen finden auf die neuen Mitgliedstaaten unter den in den genannten Anhängen festgelegten Bedingungen Anwendung.

 

Artikel 16

 

(1) Die als „Zölle des Gemeinsamen Zolltarifs und andere Zölle“ bezeichneten Einnahmen im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe b des Beschlusses 2000/597/EG, Euratom des Rates vom 29. September 2000 über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften (1) oder entsprechender Vorschriften in einem diesen ersetzenden Beschluss umfassen auch die von der Union für den Handel der neuen Mitgliedstaaten mit Drittländern angewandten Zölle, die anhand der sich aus dem Gemeinsamen Zolltarif ergebenden Zollsätze und entsprechender Zollzugeständnisse berechnet werden.

(2) Für das Jahr 2004 belaufen sich die einheitliche MwSt.-Eigenmittelbemessungsgrundlage und die BNE-Bemessungsgrundlage (Bruttonationaleinkommen) nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstaben c und d des Beschlusses 2000/597/EG, Euratom für jeden neuen Mitgliedstaat auf zwei Drittel der Jahresbemessungsgrundlage. Die BNE-Bemessungsgrundlage für jeden neuen Mitgliedstaat, die bei der Berechnung der Finanzierung der Korrektur der Haushaltsungleichgewichte zugunsten des Vereinigten Königreichs nach Artikel 5 Absatz 1 des Beschlusses 2000/597/EG, Euratom zu berücksichtigen ist, beläuft sich ebenfalls auf zwei Drittel der Jahresbemessungsgrundlage.

(3) Zum Zwecke der Bestimmung des eingefrorenen Satzes für 2004 nach Artikel 2 Absatz 4 Buchstabe b des Beschlusses 2000/597/EG, Euratom wird die begrenzte MwSt.-Eigenmittelbemessungsgrundlage der neuen Mitgliedstaaten auf der Grundlage von zwei Dritteln ihrer nicht begrenzten MwSt.-Eigenmittelbemessungsgrundlage und zwei Dritteln ihres BNE berechnet.

 

Artikel 17    

 

(1) Der Haushaltsplan der Union für das Haushaltsjahr 2004 wird durch einen Berichtigungshaushaltsplan, der am 1. Mai 2004 in Kraft tritt, angepasst, um den Beitritt der neuen Mitgliedstaaten zu berücksichtigen.

(2) Die zwölf monatlichen Zwölftel der MwSt.- und der BNE-Eigenmittel, die die neuen Mitgliedstaaten im Rahmen des Berichtigungshaushaltsplans nach Absatz 1 überweisen müssen, sowie die rückwirkende Anpassung der monatlichen Zwölftel für den Zeitraum Januar — April 2004, die nur für die derzeitigen Mitgliedstaaten gelten, werden in Achtel umgerechnet, die im Zeitraum Mai - Dezember 2004 abgerufen werden. Die rückwirkenden Anpassungen, die sich aus etwaigen weiteren im Jahr 2004 angenommenen Berichtigungshaushaltsplänen ergeben, werden ebenso in gleiche Teile umgerechnet, die während des restlichen Jahres abgerufen werden.

 

Artikel 18

 

Die Union überweist der Tschechischen Republik, Zypern, Malta und Slowenien am ersten Arbeitstag jedes Monats als Ausgaben des Haushaltsplans der Union im Jahr 2004 ab dem 1. Mai 2004 ein Achtel und in den Jahren 2005 und 2006 ein Zwölftel der folgenden Beträge des vorübergehenden Haushaltsausgleichs:

(in Mio. Euro zu Preisen von 1999)

                                                 2004             2005               2006

Tschechische Republik        125,4             178,0              85,1

Zypern                                      68,9             119,2           112,3

Malta                                         37,8               65,6               62,9

Slowenien                                29,5               66,4               35,5

 

Artikel 19

 

Die Union überweist der Tschechischen Republik, Estland, Zypern, Lettland, Litauen, Ungarn, Malta, Polen, Slowenien und der Slowakei am ersten Arbeitstag jedes Monats als Ausgaben des Haushaltsplans der Union im Jahr 2004 ab dem 1. Mai 2004 ein Achtel und in den Jahren 2005 und 2006 ein Zwölftel der folgenden Beträge einer besonderen pauschalen Cashflow-Fazilität:

(in Mio. Euro zu Preisen von 1999)

2004                           2005               2006

Tschechische Republik       174,7                         91,55              91,55

Estland                                    15,8                           2,90                 2,90

Zypern                                     27,7                          5,05                 5,05

Lettland                                   19,5                           3,40                 3,40

Litauen                                    34,8                           6,30                 6,30

Ungarn                                   155,3                         27,95              27,95

Malta                                        12,2                          27,15              27,15

Polen                                    442,8                       550,00            450,00

Slowenien                              65,4                           17,85              17,85

Slowakei                                63,2                           11,35              11,35

Die in der besonderen pauschalen Cashflow-Fazilität enthaltenen Beträge von 1 Mrd. Euro für Polen und 100 Mio. Euro für die Tschechische Republik werden bei allen Berechnungen im Hinblick auf die Aufteilung der Strukturfondsmittel für die Jahre 2004, 2005 und 2006 berücksichtigt.

 

Artikel 20

 

(1) Die nachstehend aufgeführten neuen Mitgliedstaaten überweisen die folgenden Beträge an den Forschungsfonds für Kohle und Stahl im Sinne des Beschlusses 2002/234/EGKS der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom 27. Februar 2002 über die finanziellen Folgen des Ablaufs des EGKS-Vertrags und über den Forschungsfonds für Kohle und Stahl (1):

(in Mio. Euro zu laufenden Preisen)

Tschechische Republik 39,88

Estland                              2,50

Lettland                             2,69

Ungarn                              9,93

Polen                              92,46

Slowenien                        2,36

Slowakei                        20,11

(2) Die Beiträge zum Forschungsfonds für Kohle und Stahl werden beginnend mit dem Jahr 2006 in vier Raten jeweils am ersten Arbeitstag des ersten Monats jedes Jahres wie folgt überwiesen:

2006: 15 %

2007: 20 %

2008: 30 %

2009: 35 %

 

Artikel 21

 

(1) Sofern in diesem Protokoll nichts anderes bestimmt ist, werden nach dem 31. Dezember 2003 im Rahmen des Programms Phare (2), des Programms für grenzübergreifende Zusammenarbeit im Rahmen des Phare-Programms (3), der Heranführungsmittel für Zypern und Malta (4), des ISPAProgramms (5) und des Sapard-Programms (6) keine Mittelbindungen für die neuen Mitgliedstaten mehr vorgenommen. Vorbehaltlich der nachstehenden Einzelbestimmungen und Ausnahmen oder anders lautender Bestimmungen dieses Protokolls werden die neuen Mitgliedstaaten ab dem 1. Januar2004 in Bezug auf die in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 6. Mai 1999 (1) festgelegten ersten drei Rubriken der Finanziellen Vorausschau in der gleichen Weise behandelt wie die derzeitigen Mitgliedstaaten. Die Obergrenzen der zusätzlichen Verpflichtungen der Rubriken 1, 2, 3 und 5 der Finanziellen Vorausschau im Zusammenhang mit der Erweiterung sind in Anhang XV der Beitrittsakte vom 16. April 2003 festgelegt. Im Rahmen des Haushaltsplans 2004 dürfen jedoch vor dem Beitritt des betreffenden neuen Mitgliedstaats keine Mittelbindungen für Programme oder Einrichtungen vorgenommen werden.

(2) Absatz 1 gilt nicht für Ausgaben aus den Mitteln des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft, Abteilung Garantie, nach Artikel 2 Absätze 1 und 2 und Artikel 3 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1258/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 über die

Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik (2); für diese Ausgaben können nach Artikel 2 dieses Protokolls erst ab dem 1. Mai 2004 Zuschüsse der Gemeinschaft gewährt werden. Dagegen gilt Absatz 1 für Ausgaben zur Entwicklung des ländlichen Raums im Rahmen des

Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft, Abteilung Garantie, nach Artikel 47a der Verordnung (EG) Nr. 1257/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) und zur Änderung beziehungsweise Aufhebung bestimmter Verordnungen

(3) vorbehaltlich der Bedingungen, die in den Änderungen der genannten Verordnung in Anhang II der Beitrittsakte vom 16. April 2003 festgelegt sind.

(3) Vorbehaltlich von Absatz 1 letzter Satz nehmen die neuen Mitgliedstaaten ab dem 1. Januar 2004 unter denselben Bedingungen wie die derzeitigen Mitgliedstaaten mit finanzieller Unterstützung aus dem Haushaltsplan der Union an den Programmen und Einrichtungen der Union teil.

(4) Gegebenenfalls erforderliche Maßnahmen zur Erleichterung des Übergangs von der Vorbeitrittsregelung

zu der Regelung, die sich aus der Anwendung dieses Artikels ergibt, werden von der

Kommission erlassen.

 

Artikel 22

 

(1) Ab dem 1. Mai 2004 werden Ausschreibung, Auftragsvergabe, Durchführung und Zahlungen im Rahmen von Heranführungshilfen nach den Programmen Phare und Phare-CBC sowie aus den Heranführungsmitteln für Zypern und Malta von Durchführungsstellen in den neuen Mitgliedstaaten verwaltet.

Die Kommission erlässt Europäische Beschlüsse zur Aufhebung der Ex-ante-Kontrolle der Kommission für Ausschreibung und Auftragsvergabe, wenn das Erweiterte Dezentrale Durchführungssystem (Extended Decentralised Implementation System — EDIS) anhand der im Anhang (1) Interinstitutionelle Vereinbarung vom 6. Mai 1999 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin und die Verbesserung des Haushaltsverfahrens

der Verordnung (EG) Nr. 1266/1999 des Rates vom 21. Juni 1999 zur Koordinierung der Hilfe für die beitrittswilligen Länder im Rahmen der Heranführungsstrategie und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3906/89 (1) festgelegten Kriterien und Bedingungen positiv beurteilt

worden ist.

Werden diese Beschlüsse zur Aufhebung der Ex-ante-Kontrolle nicht vor dem 1. Mai 2004 erlassen, so kann für keinen der Verträge, die zwischen dem 1. Mai 2004 und dem Tag der Kommissionsbeschlüsse unterzeichnet werden, Heranführungshilfe gewährt werden.

Verzögern sich jedoch die Beschlüsse der Kommission zur Aufhebung der Ex-ante-Kontrolle aus Gründen, die nicht den Behörden dieses neuen Mitgliedstaats zuzuschreiben sind, über den 1. Mai 2004 hinaus, so kann die Kommission in gebührend begründeten Fällen einer Heranführungshilfe für Verträge, die zwischen dem 1. Mai 2004 und dem Tag dieser Beschlüsse unterzeichnet wurden, und einer weiteren Durchführung von Heranführungshilfen für einen begrenzten Zeitraum vorbehaltlich einer Ex-ante-Kontrolle von Ausschreibung und Auftragsvergabe durch die Kommission zustimmen.

(2) Globale Mittelbindungen, die vor dem 1. Mai 2004 im Rahmen der in Absatz 1 genannten Vorbeitritts-Finanzinstrumente erfolgt sind, einschließlich des Abschlusses und der Verbuchung späterer rechtlicher Einzelverpflichtungen und Zahlungen nach dem 1. Mai 2004, unterliegen weiterhin den Regelungen und Verordnungen für die Vorbeitritts-Finanzinstrumente und werden bis zum Abschluss der betreffenden Programme und Projekte in den entsprechenden Kapiteln des Haushalts veranschlagt. Dessen ungeachtet werden Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge, die nach dem 1. Mai 2004 eingeleitet werden, in Einklang mit den einschlägigen Rechtsakten der Union

durchgeführt.

(3) Für die in Absatz 1 genannte Heranführungshilfe wird im letzten vollen Kalenderjahr vor dem 1. Mai 2004 letztmalig eine Programmplanung durchgeführt. Die Aufträge für Maßnahmen im Rahmen dieser Programme sind innerhalb der folgenden zwei Jahre zu vergeben und die

Auszahlungen haben, wie in der Finanzierungsvereinbarung (2) vorgesehen, in der Regel bis Ende des dritten Jahres nach der Mittelbindung zu erfolgen. Verlängerungen der Auftragsvergabefrist werden nicht genehmigt. Für Auszahlungen können in gebührend begründeten Ausnahmefällen befristete Verlängerungen genehmigt werden.

(4) Zur Gewährleistung der erforderlichen schrittweisen Einstellung der in Absatz 1 genanntenVorbeitritts-Finanzinstrumente sowie des ISPA-Programms und eines reibungslosen Übergangs von den vor dem 1. Mai 2004 geltenden Regelungen auf die nach dem diesem Zeitpunkt geltenden Regelungen kann die Kommission die geeigneten Maßnahmen ergreifen, um dafür zu sorgen, dass das erforderliche Statutspersonal in den neuen Mitgliedstaaten nach dem 1. Mai 2004 noch maximal fünfzehn Monate weiter tätig ist. In diesem Zeitraum gelten für Beamte, die vor dem 1. Mai 2004 in Planstellen in den neuen Mitgliedstaaten eingewiesen wurden und die nach diesem Zeitpunkt weiterhin in diesen Staaten ihren Dienst zu verrichten haben, ausnahmsweise die gleichen finanziellen und materiellen Bedingungen, wie sie die Kommission vor dem 1. Mai 2004 nach Anhang X des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten dieser Gemeinschaften nach der Verordnung (EWG, Euratom, EGKS) Nr. 259/68 (1) angewandt hat. Die für die Verwaltung der Heranführungshilfe erforderlichen Verwaltungsausgaben einschließlich der Bezüge für sonstige Bedienstete werden für das gesamte Jahr 2004 und bis einschließlich Juli 2005 aus der Haushaltslinie „Unterstützungsausgabenfür Maßnahmen“ (früherer Teil B des Haushaltsplans) oder entsprechenden Haushaltslinien der einschlägigen Vorbeitritts-Haushalte für die in Absatz 1 genannten Finanzinstrumente und das ISPAProgramm finanziert.

(5) Können die nach der Verordnung (EG) Nr. 1258/1999 genehmigten Projekte nicht länger im Rahmen dieses Instruments finanziert werden, so können sie in Programme zur Entwicklung des ländlichen Raums einbezogen werden, die aus dem Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft finanziert werden. Sind dafür besondere Übergangsmaßnahmen erforderlich, so erlässt die Kommission diese nach den Verfahren des Artikels 50 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 des Rates vom 21. Juni 1999 mit allgemeinen Bedingungen über die Strukturfonds (2).

 

Artikel 23

 

(1) Ab dem 1. Mai 2004 bis Ende 2006 stellt die Union den neuen Mitgliedstaaten eine vorübergehende Finanzhilfe (im Folgenden „Übergangsfazilität“) bereit, um die Verwaltungskapazität der neuen Mitgliedstaaten zur Anwendung und Durchsetzung des Unionsrechts und der Rechtsvorschriften der Europäischen Atomgemeinschaft zu entwickeln und zu stärken und den gegenseitigen Austausch bewährter Praktiken zu fördern.

(2) Mit der Unterstützung wird dem anhaltenden Erfordernis, die institutionellen Kapazitäten in bestimmten Bereichen zu stärken, durch Maßnahmen entsprochen, die nicht von den Strukturfonds finanziert werden können; dies betrifft insbesondere die folgenden Bereiche:

a) Justiz und Inneres (Stärkung des Justizwesens, Kontrollen der Außengrenzen, Strategie für die Korruptionsbekämpfung, Stärkung der Strafverfolgungskapazitäten);

b) Finanzkontrolle;

c) Schutz der finanziellen Interessen der Union und der Europäischen Atomgemeinschaft und Betrugsbekämpfung;

d) Binnenmarkt, einschließlich Zollunion;

e) Umwelt;

f) Veterinärdienste und Aufbau von Verwaltungskapazitäten im Bereich Lebensmittelsicherheit;

g) Verwaltungs- und Kontrollstrukturen für die Bereiche Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, einschließlich des Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems (InVeKoS);

h) nukleare Sicherheit (Stärkung der Effizienz und Kompetenz der Behörden für nukleare Sicherheit und der Einrichtungen für deren technische Unterstützung sowie der Stellen für die Bewirtschaftung radioaktiver Abfälle);

i) Statistik;

j) Ausbau der öffentlichen Verwaltung entsprechend den Erfordernissen, die in dem umfassenden Überwachungsbericht der Kommission aufgezeigt sind und nicht von den Strukturfonds abgedeckt werden.

(3) Über die Unterstützung im Rahmen der Übergangsfazilität wird nach dem Verfahren des Artikels 8 der Verordnung (EWG) Nr. 3906/89 des Rates vom 18. Dezember 1989 über Wirtschaftshilfe für bestimmte Länder Mittel- und Osteuropas (1) befunden.

(4) Das Programm wird nach Artikel 53 Absatz 1 Buchstaben a und b der Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (2) beziehungsweise nach dem an ihre Stelle tretenden Europäischen Gesetz durchgeführt. Für Partnerschaftsprojekte zwischen öffentlichen Verwaltungen zum Zwecke des Institutionenaufbaus gilt weiterhin das in den Rahmenabkommen mit den derzeitigen Mitgliedstaaten zum Zwecke der Heranführungshilfe festgelegte Verfahren für den Aufruf zur Einreichung von Vorschlägen über das Netz der Kontaktstellen in den Mitgliedstaaten.

Die Verpflichtungsermächtigungen für die Übergangsfazilität (zu Preisen von 1999) belaufen sich auf 200 Mio. Euro im Jahr 2004, 120 Mio. Euro im Jahr 2005 und 60 Mio. Euro im Jahr 2006. Die jährlichen Mittel werden von der Haushaltsbehörde innerhalb der Grenzen der in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 6. Mai 1999 festgelegten Finanziellen Vorausschau bewilligt.

 

Artikel 24

 

(1) Es wird eine Schengen-Fazilität als zeitlich befristetes Instrument eingerichtet, mit der die Empfänger-Mitgliedstaaten vom 1. Mai 2004 bis zum Ende des Jahres 2006 bei der Finanzierung von Maßnahmen an den neuen Außengrenzen der Union zur Durchführung des Schengen-Besitzstands und der Kontrollen an den Außengrenzen unterstützt werden. Um die bei der Vorbereitung der Teilnahme an Schengen erkannten Mängel abzustellen, kommen die folgenden Maßnahmenarten für eine Finanzierung im Rahmen der Schengen-Fazilität in Frage:

a) Investitionen in den Bau, die Renovierung und die Verbesserung der Infrastruktur an den Grenzübergangsstellen und der entsprechenden Gebäude;

b) Investitionen in jede Art von Betriebsausrüstung (z. B. Laborausrüstung, Detektoren, Hardware und Software für das Schengener Informationssystem SIS II, Transportmittel);

c) Ausbildungsmaßnahmen für das Grenzschutzpersonal;

d) Beitrag zu den Kosten für Logistik und Betrieb.

(2) Die folgenden Beträge werden im Rahmen der Schengen-Fazilität in Form von Pauschalzuschüssen für die nachstehend genannten Empfänger-Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellt:

(in Mio. Euro zu Preisen von 1999)

2004 2005 2006

Estland 22,90 22,90 22,90

Lettland 23,70 23,70 23,70

Litauen 44,78 61,07 29,85

Ungarn 49,30 49,30 49,30

Polen 93,34 93,33 93,33

Slowenien 35,64 35,63 35,63

Slowakei 15,94 15,93 15,93

(3) Die Empfänger-Mitgliedstaaten sind für die Auswahl und Durchführung der einzelnen Maßnahmen unter Beachtung dieses Artikels zuständig. Ihnen obliegt es auch, die Verwendung der Mittel der Schengen-Fazilität mit Hilfsgeldern aus anderen Unionsinstrumenten zu koordinieren, und sie haben dabei die Vereinbarkeit mit den Unionspolitiken und -maßnahmen sowie die Einhaltung der Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften beziehungsweise des an ihre Stelle tretenden Europäischen Gesetzes zu gewährleisten.

Die Pauschalzuschüsse sind innerhalb von drei Jahren nach der ersten Zahlung zu verwenden; nicht verwendete oder ungerechtfertigt ausgegebene Mittel werden von der Kommission wieder eingezogen. Die Empfänger-Mitgliedstaaten müssen spätestens sechs Monate nach Ablauf der Dreijahresfrist einen umfassenden Bericht über die Verwendung der Pauschalzuschüsse mit einer Begründung der Ausgaben vorlegen.

Die Empfänger-Mitgliedstaaten üben diese Zuständigkeit unbeschadet der Zuständigkeit der Kommission für die Ausführung des Haushaltsplans der Union und nach den Bestimmungen über die dezentralisierte Verwaltung der genannten Haushaltsordnung beziehungsweise des an ihre Stelle

tretenden Europäischen Gesetzes aus.

(4) Die Kommission behält das Recht auf Überprüfung durch das Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF). Die Kommission und der Rechnungshof können nach den einschlägigen Verfahren auch Überprüfungen vor Ort durchführen.

(5) Die Kommission kann technische Vorschriften erlassen, die für das Funktionieren der Schengen- Fazilität erforderlich sind.

 

Artikel 25

 

Die in den Artikeln 18, 19, 23 und 24 genannten Beträge werden jährlich im Rahmen der technischen Anpassung nach Nummer 15 der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 6. Mai 1999 angepasst.

 

 

Artikel 26

 

(1) Für einen Zeitraum von bis zu drei Jahren nach dem 1. Mai 2004 kann ein neuer Mitgliedstaat bei Schwierigkeiten, welche einen Wirtschaftszweig erheblich und voraussichtlich anhaltend treffen oder welche die wirtschaftliche Lage eines bestimmten Gebiets beträchtlich verschlechtern können, die Genehmigung zur Anwendung von Schutzmaßnahmen beantragen, um die Lage wieder auszugleichen und den betreffenden Wirtschaftszweig an die Wirtschaft des Binnenmarkts anzupassen.

Unter den gleichen Bedingungen kann ein derzeitiger Mitgliedstaat die Genehmigung zur Anwendung von Schutzmaßnahmen gegenüber einem oder mehreren der neuen Mitgliedstaaten beantragen.

(2) Auf Antrag des betreffenden Mitgliedstaats erlässt die Kommission im Dringlichkeitsverfahren Europäische Verordnungen oder Beschlüsse, mit denen die ihres Erachtens erforderlichen Schutzmaßnahmen und gleichzeitig die Bedingungen und Einzelheiten ihrer Anwendung festgelegt werden. Im Fall erheblicher wirtschaftlicher Schwierigkeiten entscheidet die Kommission auf ausdrücklichen

Antrag des betreffenden Mitgliedstaats binnen fünf Arbeitstagen nach Eingang des mit Gründen versehenen Antrags. Die beschlossenen Maßnahmen sind sofort anwendbar; sie tragen den Interessen aller Beteiligten Rechnung und dürfen keine Grenzkontrollen mit sich bringen.

(3) Die nach Absatz 2 genehmigten Maßnahmen können von der Verfassung und insbesondere von diesem Protokoll abweichen, soweit und solange dies unbedingt erforderlich ist, um die in Absatz 1 genannten Ziele zu erreichen. Es sind mit Vorrang solche Maßnahmen zu wählen, die das Funktionieren des Binnenmarkts am wenigsten stören.

 

Artikel 27

 

Hat ein neuer Mitgliedstaat seine im Rahmen der Beitrittsverhandlungen eingegangenen Verpflichtungen nicht erfüllt und dadurch eine ernste Beeinträchtigung des Funktionierens des Binnenmarkts hervorgerufen, einschließlich der Verpflichtungen in allen sektorbezogenen Politiken, die wirtschaftliche Tätigkeiten mit grenzüberschreitender Wirkung betreffen, oder besteht die unmittelbare Gefahr einer solchen Beeinträchtigung, so kann die Kommission für einen Zeitraum von bis zu drei Jahren ab dem 1. Mai 2004 auf begründeten Antrag eines Mitgliedstaats oder auf eigene Initiative Europäische Verordnungen oder Beschlüsse zur Festlegung geeigneter Maßnahmen erlassen.

Diese Maßnahmen müssen verhältnismäßig sein, wobei vorrangig Maßnahmen, die das Funktionieren des Binnenmarkts am wenigsten stören, zu wählen und gegebenenfalls bestehende sektorale Schutzmechanismen anzuwenden sind. Solche Schutzmaßnahmen dürfen nicht als willkürliche Diskriminierung oder als versteckte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten angewandt werden. Die Maßnahmen werden nicht länger als unbedingt nötig aufrechterhalten und werden auf jeden Fall aufgehoben, sobald die einschlägige Verpflichtung erfüllt ist. Sie können jedoch über den in Absatz 1 genannten Zeitraum hinaus angewandt werden, solange die einschlägigen Verpflichtungen nicht erfüllt sind. Aufgrund von Fortschritten der betreffenden neuen Mitgliedstaaten bei der Erfüllung ihrer Verpflichtungen kann die Kommission die Maßnahmen in geeigneter Weise anpassen. Die Kommission unterrichtet den Rat rechtzeitig, bevor sie die Europäischen Verordnungen

oder Beschlüsse zur Festlegung von Schutzmaßnahmen aufhebt, und trägt allen Bemerkungen des Rates in dieser Hinsicht gebührend Rechnung.

 

Artikel 28

 

Treten bei der Umsetzung, der Durchführung oder der Anwendung von Rahmenbeschlüssen oder anderen einschlägigen Verpflichtungen, Instrumenten der Zusammenarbeit oder Beschlüssen in Bezug auf die gegenseitige Anerkennung im Bereich des Strafrechts im Rahmen des Titels VI des EUVertrags und von Richtlinien und Verordnungen in Bezug auf die gegenseitige Anerkennung im Bereich des Zivilrechts im Rahmen des Titels IV des EG-Vertrags sowie von Europäischen Gesetzen und Rahmengesetzen im Rahmen des Teils III Titel III Kapitel IV Abschnitte 3 und 4 der Verfassung in einem neuen Mitgliedstaat ernste Mängel auf oder besteht die Gefahr ernster Mängel, so kann die

Kommission für einen Zeitraum von bis zu drei Jahren ab dem 1. Mai 2004 auf begründeten Antrag eines Mitgliedstaats oder auf eigene Initiative und nach Konsultation der Mitgliedstaaten Europäische Verordnungen oder Beschlüsse zur Festlegung angemessener Maßnahmen erlassen und die Bedingungen und Einzelheiten ihrer Anwendung festlegen.

Diese Maßnahmen können in Form einer vorübergehenden Aussetzung der Anwendung einschlägiger Bestimmungen und Beschlüsse in den Beziehungen zwischen einem neuen Mitgliedstaat und einem anderen Mitgliedstaat oder anderen Mitgliedstaaten erfolgen, unbeschadet der Fortsetzung einer engen justiziellen Zusammenarbeit. Die Maßnahmen werden nicht länger als unbedingt nötig aufrechterhalten und werden auf jeden Fall aufgehoben, sobald die Mängel beseitigt sind. Sie können jedoch über den in Absatz 1 genannten Zeitraum hinaus angewandt werden, solange die Mängel weiter bestehen. Aufgrund von Fortschritten des betreffenden neuen Mitgliedstaats bei der Beseitigung der festgestellten Mängel kann die Kommission die Maßnahmen nach Konsultation der Mitgliedstaaten in geeigneter Weise anpassen. Die Kommission unterrichtet den Rat rechtzeitig, bevor sie Schutzmaßnahmen aufhebt, und trägt allen Bemerkungen des Rates in dieser Hinsicht gebührend Rechnung.

 

Artikel 29

 

Um das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts nicht zu behindern, darf die Durchführung der innerstaatlichen Vorschriften der neuen Mitgliedstaaten während der in den Anhängen V bis XIV der Beitrittsakte vom 16. April 2003 vorgesehenen Übergangszeiten nicht zu Grenzkontrollen zwischen den Mitgliedstaaten führen.

 

Artikel 30

 

Sind Übergangsmaßnahmen erforderlich, um den Übergang von der in den neuen Mitgliedstaaten bestehenden Regelung auf die Regelung zu erleichtern, die sich aus der Anwendung der Gemeinsamen Agrarpolitik nach den in diesem Protokoll genannten Bedingungen ergibt, so werden diese Maßnahmen von der Kommission entsprechend dem Verfahren nach Artikel 42 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1260/2001 des Rates vom 19. Juni 2001 über die gemeinsame Marktorganisation für Zucker (1) oder gegebenenfalls dem Verfahren nach den entsprechenden Artikeln anderer Verordnungen über gemeinsame Markorganisationen beziehungsweise der an ihre Stelle tretenden

Europäischen Gesetze oder entsprechend dem in den anwendbaren Rechtsvorschriften vorgesehenen einschlägigen Verfahren erlassen. Die in diesem Artikel genannten Übergangsmaßnahmen können während eines Zeitraums von drei Jahren nach dem 1. Mai 2004 erlassen werden und ihre Anwendung ist auf diesen Zeitraum zu beschränken. Dieser Zeitraum kann durch Europäisches Gesetz des Rates verlängert werden. Der Rat beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments.

 

Artikel 31

 

Sind Übergangsmaßnahmen erforderlich, um den Übergang von der in den neuen Mitgliedstaatenbestehenden Regelung auf die Regelung zu erleichtern, die sich aus der Anwendung der veterinärund pflanzenschutzrechtlichen Bestimmungen der Union ergibt, so werden diese Maßnahmen von der Kommission nach dem in den anwendbaren Rechtsvorschriften vorgesehenen einschlägigen Verfahren erlassen. Diese Maßnahmen werden für einen Zeitraum von drei Jahren nach dem 1. Mai 2004 getroffen und ihre Anwendung ist auf diesen Zeitraum zu beschränken.

 

Artikel 32

 

(1) Die Amtszeit der neuen Mitglieder der in Anhang XVI der Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgeführten Ausschüsse, Gruppen und sonstigen Gremien endet zur gleichen Zeit wie die Amtszeit der am 1. Mai 2004 im Amt befindlichen Mitglieder.

(2) Die Amtszeit der neuen Mitglieder der in Anhang XVII der Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgeführten, durch die Kommission eingesetzten Ausschüsse und Gruppen endet zur gleichen Zeit wie die Amtszeit der am 1. Mai 2004 im Amt befindlichen Mitglieder.

 

TITEL IV

 

ANWENDBARKEIT DER RECHTSAKTE DER ORGANE

 

Artikel 33

 

Die Richtlinien und Entscheidungen im Sinne des Artikels 249 des EG-Vertrags und des Artikels 161 des EAG-Vertrags gelten ab dem 1. Mai 2004 als an die neuen Mitgliedstaaten gerichtet, sofern diese Richtlinien und Entscheidungen an alle derzeitigen Mitgliedstaaten gerichtet wurden. Außer im Fall der Richtlinien und Entscheidungen, die nach Artikel 254 Absätze 1 und 2 des EG-Vertrags in Kraft treten, werden die neuen Mitgliedstaaten so behandelt, als wären ihnen diese Richtlinien und Entscheidungen zum 1. Mai 2004 notifiziert worden.

 

Artikel 34

 

Sofern in den in Artikel 15 genannten Anhängen oder in anderen Bestimmungen dieses Protokolls nicht eine andere Frist vorgesehen ist, setzen die neuen Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen in Kraft, um den Richtlinien und Entscheidungen im Sinne des Artikels 249 des EGVertrags und des Artikels 161 des EAG-Vertrags ab dem 1. Mai 2004 nachzukommen.

 

Artikel 35

 

Sofern nicht etwas anderes bestimmt ist, erlässt der Rat auf Vorschlag der Kommission die Europäischen Verordnungen oder Beschlüsse, die zur Durchführung der in den Artikeln 12 und 13 dieses Protokolls genannten Bestimmungen der Anhänge III und IV der Beitrittsakte vom 16. April 2003 erforderlich sind.

 

Artikel 36

 

(1) Erfordern vor dem 1. Mai 2004 erlassene Rechtsakte der Organe aufgrund des Beitritts eine Anpassung und sind die erforderlichen Anpassungen in diesem Protokoll nicht vorgesehen, so werden diese Anpassungen nach dem in Absatz 2 vorgesehenen Verfahren vorgenommen. Diese Anpassungen treten zum 1. Mai 2004 in Kraft.

(2) Der Rat oder die Kommission, je nachdem, welches Organ die ursprünglichen Rechtsakte erlassen hat, erlässt zu diesem Zweck die erforderlichen Rechtsakte; der Rat beschließt dabei auf Vorschlag der Kommission.

 

Artikel 37

 

Die neuen Mitgliedstaaten teilen der Kommission nach Artikel 33 des EAG-Vertrags binnen drei Monaten nach dem 1. Mai 2004 die Rechts- und Verwaltungsvorschriften mit, die im Hoheitsgebiet dieser Staaten den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer und der Bevölkerung gegen die Gefahren ionisierender Strahlungen sicherstellen sollen.

 

ZWEITER TEIL

 

BESTIMMUNGEN ÜBER DIE PROTOKOLLE ZUR BEITRITTSAKTE VOM 16. APRIL 2003

 

TITEL I

 

ÜBERGANGSBESTIMMUNGEN FÜR DIE EUROPÄISCHE INVESTITIONSBANK

 

Artikel 38

 

Das Königreich Spanien zahlt den Betrag von 309 686 775 Euro als Anteil am eingezahlten Kapital entsprechend der Erhöhung seines gezeichneten Kapitals. Dieser Beitrag wird in acht gleichen Raten gezahlt, die am 30. September 2004, 30. September 2005, 30. September 2006, 31. März 2007, 30. September 2007, 31. März 2008, 30. September 2008 und 31. März 2009 fällig werden. Das Königreich Spanien leistet zu den Rücklagen und zu den den Rücklagen gleichzusetzenden Rückstellungen sowie zu dem den Rücklagen und Rückstellungen noch zuzuweisenden Betrag (Saldo der Gewinn- und Verlustrechnung zum Ende des Monats April 2004), wie sie in der Bilanz der Bank ausgewiesen werden, zu den genannten Zeitpunkten in acht gleichen Raten Beiträge in Höhe von

4,1292 % der Rücklagen und Rückstellungen.

 

Artikel 39

 

Ab dem 1. Mai 2004 zahlen die neuen Mitgliedstaaten die folgenden Beträge entsprechend ihrem Anteil an dem Kapital, das auf das in Artikel 4 der Satzung der Europäischen Investitionsbank festgelegte gezeichnete Kapital eingezahlt wurde.

Polen 170 563 175 Euro

Tschechische Republik 62 939 275 Euro

Ungarn 59 543 425 Euro

Slowakei 21 424 525 Euro

Slowenien 19 890 750 Euro

Litauen 12 480 875 Euro

Zypern 9 169 100 Euro

Lettland 7 616 750 Euro

Estland 5 882 000 Euro

Malta 3 490 200 Euro

Diese Beiträge werden in acht gleichen Raten gezahlt, die am 30. September 2004, 30. September 2005, 30. September 2006, 31. März 2007, 30. September 2007, 31. März 2008, 30. September 2008 und 31. März 2009 fällig werden.

 

Artikel 40

 

Die neuen Mitgliedstaaten leisten zu den Rücklagen und zu den den Rücklagen gleichzusetzenden Rückstellungen sowie zu dem den Rücklagen und Rückstellungen noch zuzuweisenden Betrag (Saldo der Gewinn- und Verlustrechnung zum Ende des Monats April 2004), wie sie in der Bilanz der Europäischen Investitionsbank ausgewiesen werden, zu den in Artikel 39 vorgesehenen Zeitpunkten in acht gleichen Raten Beiträge in Höhe folgender Prozentsätze der Rücklagen und Rückstellungen:

Polen 2,2742 %

Tschechische Republik 0,8392 %

Ungarn 0,7939 %

Slowakei 0,2857 %

Slowenien 0,2652 %

Litauen 0,1664 %

Zypern 0,1223 %

Lettland 0,1016 %

Estland 0,0784 %

Malta 0,0465 %

 

Artikel 41

 

Kapitalbeiträge und Einzahlungen nach den Artikeln 38, 39 und 40 werden von dem Königreich Spanien und den neuen Mitgliedstaaten in bar in Euro geleistet, sofern der Rat der Gouverneure nicht einstimmig eine Ausnahme hierzu beschließt.

 

TITEL II

 

BESTIMMUNGEN ÜBER DIE UMSTRUKTURIERUNG DER TSCHECHISCHEN STAHLINDUSTRIE

 

Artikel 42

 

(1) Ungeachtet der Artikel III-167 und III-168 der Verfassung sind die von der Tschechischen Republik im Zeitraum 1997 bis 2003 für die Umstrukturierung bestimmter Teile ihrer Stahlindustrie gewährten staatlichen Beihilfen als mit dem Binnenmarkt vereinbar anzusehen, sofern

a) der Zeitraum nach Artikel 8 Absatz 4 des Protokolls Nr. 2 über EGKS-Erzeugnisse zum Europa- Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Tschechischen Republik andererseits (1) bis zum 1. Mai 2004 verlängert worden ist,

b) die Bestimmungen des Umstrukturierungsplans, aufgrund dessen das genannte Protokoll verlängert wurde, für den gesamten Zeitraum 2002—2006 eingehalten werden,

c) die in diesem Titel festgelegten Bedingungen erfüllt sind, und

d) der tschechischen Stahlindustrie nach dem 1. Mai 2004 keine staatlichen Beihilfen für die Umstrukturierung mehr zu gewähren sind.

(2) Die Umstrukturierung des tschechischen Stahlsektors nach den Vorgaben der einzelnen Geschäftspläne der in Anhang 1 des Protokolls Nr. 2 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgeführten Unternehmen (im Folgenden „begünstigte Unternehmen“) und nach den in diesem Titel festgelegten Bedingungen wird bis spätestens 31. Dezember 2006 (im Folgenden „Ende des Umstrukturierungszeitraums“) abgeschlossen.

(3) Nur den begünstigten Unternehmen können im Rahmen des Umstrukturierungsprogramms für die tschechische Stahlindustrie staatliche Beihilfen gewährt werden.

(4) Ein begünstigtes Unternehmen ist nicht berechtigt,

a) seinen Beihilfeanspruch im Fall eines Zusammenschlusses mit einem nicht in Anhang 1 des Protokolls Nr. 2 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgeführten Unternehmen zu übertragen;

b) die Vermögenswerte eines nicht in Anhang 1 des Protokolls Nr. 2 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgeführten Unternehmens, bei dem in der Zeit bis zum 31. Dezember 2006 der Konkurs eröffnet wurde, zu übernehmen.

(5) Bei jeder anschließenden Privatisierung eines begünstigten Unternehmens sind die in diesem Titel festgelegten Bedingungen und Grundsätze der Rentabilität, der staatlichen Beihilfen und der Kapazitätssenkungen einzuhalten.

(6) Der Gesamtbetrag der den begünstigten Unternehmen zu gewährenden Umstrukturierungsbeihilfe bestimmt sich nach den Rechtfertigungen des genehmigten tschechischen Stahlumstrukturierungsplans und den einzelnen vom Rat genehmigten Geschäftsplänen. Jedoch ist die im Zeitraum 1997—2003 ausgezahlte Beihilfe auf jeden Fall auf höchstens 14 147 425 201 CZK begrenzt. Abhängig von den Erfordernissen des genehmigten Umstrukturierungsplans erhält Nová Hut von diesem Gesamtbetrag höchstens 5 700 075 201 CZK, Vítkovice Steel höchstens 8 155 350 000 CZK und Válcovny Plechu Frýdek Místek höchstens 292 000 000 CZK. Die Beihilfe wird nur einmal gewährt. Die Tschechische Republik gewährt für die Umstrukturierung ihrer Stahlindustrie keine

weiteren staatlichen Beihilfen.

(7) Die Tschechische Republik verringert im Zeitraum 1997—2006 die Nettokapazität bei Fertigerzeugnissen um mindestens 590 000 Tonnen.

Die Kapazitätsreduzierung wird ausschließlich auf der Grundlage endgültiger Schließungen von Produktionsanlagen mit deren tatsächlicher Demontage gemessen, und zwar in einem Ausmaß, dass die Anlagen nicht wieder in Betrieb genommen werden können. Die Eröffnung des Konkurses eines Stahlunternehmens kann nicht als Kapazitätsreduzierung gewertet werden. Diese Kapazitätsreduzierung sowie alle weiteren Kapazitätssenkungen, die sich im Rahmen der Umstrukturierungsprogramme als erforderlich erweisen, werden entsprechend dem in Anhang 2 des Protokolls Nr. 2 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003 enthaltenen Zeitplan vollzogen.

(8) Die Tschechische Republik beseitigt nach Maßgabe des Besitzstands bis zum Beitritt die Handelshemmnisse auf dem Kohlemarkt, so dass tschechische Stahlunternehmen Kohle zu Weltmarktpreisen beziehen können.

(9) Der Geschäftsplan für das begünstigte Unternehmen Nová Hut wird umgesetzt. Insbesondere gilt Folgendes:

a) Das Werk Vysoké Pece Ostrava (VPO) wird durch den Erwerb des uneingeschränkten Eigentums an diesem Werk in den organisatorischen Rahmen von Nová Hut eingegliedert. Für diesen Zusammenschluss wird ein Termin gesetzt, und es wird eine für dessen Durchführung

verantwortliche Stelle bestimmt.

b) Der Schwerpunkt der Umstrukturierung liegt auf folgenden Aspekten:

i) Nová Hut muss sich von der Produktionsorientierung zur Marktorientierung entwickeln und

die Effizienz und Wirksamkeit der Unternehmensleitung verbessern; dies schließt auch mehr

Transparenz bei den Kosten ein;

ii) Nová Hut muss seine Produktpalette überprüfen und in Märkte höherer Wertschöpfung vordringen;

iii) Nová Hut muss die erforderlichen Investitionen tätigen, um kurzfristig nach Unterzeichnung des Beitrittsvertrags die Qualität der Fertigerzeugnisse zu verbessern.

c) Die Belegschaft wird umstrukturiert. Am 31. Dezember 2006 müssen auf der Grundlage konsolidierter Zahlenangaben der betroffenen begünstigten Unternehmen Produktivitätsniveaus erreicht sein, die den von den Unternehmensgruppen der Stahlindustrie der Union erzielten

Niveaus vergleichbar sind.

d) Die Einhaltung der einschlägigen Umweltschutzbestimmungen des gemeinschaftlichen Besitzstands wird bis zum 1. Mai 2004 erreicht. Dies schließt auch die erforderlichen Investitionen nach dem Geschäftsplan ein. Entsprechend dem Geschäftsplan werden auch die erforderlichen Investitionen für die Integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (IPPC) getätigt, um die Einhaltung der Richtlinie 96/61/EG des Rates vom 24. September 1996 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (1) bis zum

1. November 2007 sicherzustellen.

(10) Der Geschäftsplan für das begünstigte Unternehmen Vítkovice Steel wird umgesetzt. Insbesondere gilt Folgendes:

a) Die Doppelwalzanlage wird spätestens bis zum 31. Dezember 2006 auf Dauer stillgelegt. Im Falle des Kaufs des Unternehmens durch einen strategischen Investor muss der Abschluss des Kaufvertrags von der Stilllegung zum genannten Termin abhängig gemacht werden.

b) Der Schwerpunkt der Umstrukturierung liegt auf folgenden Aspekten:

i) Steigerung der Direktverkäufe und stärkere Konzentration auf Kostensenkungen, da dies zu den wesentlichen Komponenten einer effizienteren Unternehmensführung gehört;

ii) das Unternehmen passt sich an die Marktnachfrage an und verlagert seine Produktion auf Produkte mit größerer Wertschöpfung;

iii) die vorgeschlagenen Investitionen in Verfahren zur Erzeugung von wiedergewonnenem Stahl werden von 2004 auf 2003 vorgezogen, damit das Unternehmen stärker bei der Qualität als bei den Preisen konkurrieren kann.

c) Die Einhaltung der einschlägigen Umweltschutzbestimmungen des gemeinschaftlichen Besitzstands wird bis zum 1. Mai 2004 erreicht. Dies schließt auch die erforderlichen Investitionen nach dem Geschäftsplan ein, zu denen auch das Erfordernis künftiger Investitionen zur

Integrierten Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (IPPC) gehört.

(11) Der Geschäftsplan für das begünstigte Unternehmen Válcovny Plechu Frýdek Místek (VPFM) wird umgesetzt. Insbesondere gilt Folgendes:

a) Die Warmwalzwerke Nr. 1 und 2 müssen Ende 2004 auf Dauer stillgelegt sein.

b) Der Schwerpunkt der Umstrukturierung liegt auf folgenden Aspekten:

i) Das Unternehmen muss die erforderlichen Investitionen tätigen, um kurzfristig nach Unterzeichnung des Beitrittsvertrags die Qualität der Fertigerzeugnisse zu verbessern;

ii) Vorrang hat die Verwirklichung der wichtigsten für eine verbesserte Gewinnerzielung ermittelten Möglichkeiten (einschließlich Umstrukturierung im Beschäftigungsbereich, Kostensenkungen, Ertragsverbesserungen, Neuorientierung des Vertriebs).

(12) Nachträgliche Änderungen an dem allgemeinen Umstrukturierungsplan und den einzelnen Geschäftsplänen müssen von der Kommission und gegebenenfalls vom Rat genehmigt werden.

(13) Die Umstrukturierung erfolgt unter umfassender Transparenz und stützt sich auf solide marktwirtschaftliche Grundsätze.

(14) Die Kommission und der Rat überwachen nach den Absätzen 15 bis 18 sorgfältig die Durchführung der Umstrukturierung und die Erfüllung der in diesem Titel festgelegten Bedingungen betreffend Rentabilität, staatliche Beihilfen und Kapazitätssenkungen vor und nach dem 1. Mai

2004 bis zum Ende des Umstrukturierungszeitraums. Zu diesem Zweck wird die Kommission dem Rat Bericht erstatten.

(15) Die Kommission und der Rat überwachen die Benchmarks für die Umstrukturierung nach Anhang 3 des Protokolls Nr. 2 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003. Bezugnahmen auf Nummer 16 des Protokolls in dem genannten Anhang sind als Bezugnahmen auf Absatz 16 dieses Artikels zu verstehen.

(16) Im Rahmen der Überwachung wird 2003, 2004, 2005 und 2006 eine unabhängige Bewertung vorgenommen. Die von der Kommission durchgeführte Rentabilitätsprüfung ist ein wichtiges Element, um sicherzustellen, dass die Rentabilität erreicht wird.

(17) Die Tschechische Republik arbeitet uneingeschränkt mit der Kommission in Bezug auf alle Überwachungsregelungen zusammen. Insbesondere gilt Folgendes:

a) Die Tschechische Republik legt der Kommission bis zum Ende des Umstrukturierungszeitraums alle 6 Monate, spätestens zum 15. März und zum 15. September jedes Jahres, Berichte über die Umstrukturierung der begünstigten Unternehmen vor.

b) Der erste Bericht geht bis zum 15. März 2003 und der letzte Bericht bis zum 15. März 2007 bei der Kommission ein, wenn diese nicht anders entscheidet.

c) Die Berichte enthalten alle für die Überwachung des Umstrukturierungsprozesses sowie der Verringerung und des Einsatzes von Kapazitäten erforderlichen Informationen und ausreichende finanzielle Daten, anhand deren bewertet werden kann, ob die in diesem Titel festgelegten Bedingungen erfüllt worden sind. Die Berichte enthalten zumindest die in Anhang 4 des Protokolls Nr. 2 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgeführten Informationen, wobei sich die Kommission das Recht vorbehält, diesen Anhang entsprechend den bei der Überwachung gesammelten Erfahrungen zu ändern. Zusätzlich zu den einzelnen Geschäftsberichten der begünstigten Unternehmen wird auch ein Bericht über die Gesamtlage des tschechischen Stahlsektors, einschließlich der neueren makroökonomischen Entwicklungen erstellt.

d) Die Tschechische Republik verpflichtet die begünstigten Unternehmen, alle einschlägigen Daten offen zu legen, die unter anderen Umständen als vertraulich eingestuft werden könnten. Bei ihrer Berichterstattung an den Rat stellt die Kommission sicher, dass unternehmensspezifische vertrauliche Informationen nicht offen gelegt werden.

(18) Die Kommission kann jederzeit einen unabhängigen Berater beauftragen, die Überwachungsergebnisse zu bewerten, jede erforderliche Untersuchung anzustellen und der Kommission und dem Rat Bericht zu erstatten.

(19) Stellt die Kommission aufgrund der in Absatz 17 genannten Berichte erhebliche Abweichungen von den finanziellen Daten fest, auf die sich die Rentabilitätsbewertung stützt, so kann sie die Tschechische Republik auffordern, geeignete Maßnahmen zur Verstärkung der Umstrukturierungsmaßnahmen der betreffenden begünstigten Unternehmen zu ergreifen.

(20) Stellt sich bei der Überwachung heraus, dass

a) die in diesem Titel für die Übergangsregelung genannten Bedingungen nicht erfüllt worden sind

oder dass

b) die Verpflichtungen nicht erfüllt worden sind, die im Rahmen der Verlängerung des Zeitraums, in dem die Tschechische Republik aufgrund des Europa-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits

und der Tschechischen Republik andererseits (1) ausnahmsweise staatliche Beihilfen für die Umstrukturierung ihrer Stahlindustrie gewähren darf, eingegangen worden sind, oder dass

c) die Tschechische Republik während des Umstrukturierungszeitraums der Stahlindustrie und im Besonderen den begünstigten Unternehmen zusätzlich unzulässige staatliche Beihilfen gewährt

hat, so wird die in diesem Titel festgelegte Übergangsregelung unwirksam.

Die Kommission leitet geeignete Schritte ein und verlangt von den betreffenden Unternehmen die Rückzahlung der Beihilfen, die unter Verstoß gegen die in diesem Titel festgelegten Bedingungen gewährt wurden.

 

TITEL III

 

BESTIMMUNGEN ÜBER DIE HOHEITSZONEN DES VEREINIGTEN KÖNIGREICHS GROSSBRITANNIEN UND NORDIRLAND AUF ZYPERN

 

Artikel 43

 

(1) Die Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs werden in das Zollgebiet der Union einbezogen, und zu diesem Zwecke sind die im Ersten Teil des Anhangs zum Protokoll Nr. 3 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgeführten Rechtsakte der Union über die Zollpolitik und die gemeinsame Handelspolitik mit den in dem genannten Anhang angegebenen Änderungen auf die Hoheitszonen anwendbar. In dem genannten Anhang enthaltene Bezugnahmen auf „dieses Protokoll“ sind als Bezugnahmen auf den vorliegenden Titel zu verstehen.

(2) Die im Zweiten Teil des Anhangs zum Protokoll Nr. 3 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgeführten Rechtsakte der Union über Umsatzsteuern, Verbrauchsteuern und andere Formen der indirekten Besteuerung sind mit den in dem genannten Anhang angegebenen Änderungen auf die Hoheitszonen ebenso anwendbar wie die einschlägigen, Zypern betreffenden Bestimmungen des vorliegenden Protokolls.

(3) Die im Dritten Teil des Anhangs zum Protokoll Nr. 3 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgeführten Rechtsakte der Union werden wie in dem genannten Anhang beschrieben geändert, damit das Vereinigte Königreich die durch den Vertrag zur Gründung der Republik Zypern (im

Folgenden „Gründungsvertrag“) gewährten Steuer- beziehungsweise Zollermäßigungen und -befreiungen für Lieferungen für seine Streitkräfte und beigeordnetes Personal beibehalten kann.

 

Artikel 44

 

Die Artikel III-225 bis III-232 der Verfassung sowie die auf dieser Grundlage erlassenen Bestimmungen und die nach Artikel III-278 Absatz 4 Buchstabe b der Verfassung erlassenen Bestimmungen finden auf die Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs Anwendung.

 

Artikel 45

 

Personen, die in den Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs wohnhaft oder beschäftigt sind und die nach den Regelungen des Gründungsvertrags und des zugehörigen Notenwechsels vom 16. August 1960 unter die Rechtsvorschriften über die soziale Sicherheit der Republik Zypern fallen, werden im Rahmen der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer, Selbstständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (1), behandelt, als ob sie im Hoheitsgebiet der Republik Zypern wohnhaft oder beschäftigt wären.

 

Artikel 46

 

(1) Die Republik Zypern ist nicht verpflichtet, Kontrollen bei Personen vorzunehmen, die ihre Land- und Seegrenzen zu den Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs überschreiten; die Beschränkungen der Union für das Überschreiten ihrer Außengrenzen sind auf solche Personen nicht anwendbar.

(2) Das Vereinigte Königreich führt entsprechend seinen Verpflichtungen nach dem Vierten Teil des Anhangs zum Protokoll Nr. 3 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003 Kontrollen bei Personen durch, die die Außengrenzen seiner Hoheitszonen überschreiten.

 

Artikel 47

 

Um eine wirksame Umsetzung der Ziele dieses Titels sicherzustellen, kann der Rat auf Vorschlag der Kommission im Wege eines Europäischen Beschlusses die Artikel 43 bis 46 einschließlich des Anhangs zum Protokoll Nr. 3 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003 ändern oder andere Bestimmungen der Verfassung und andere einschlägige Unionsvorschriften unter den von ihm angegebenen Bedingungen auf die Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs anwenden. Der Rat beschließt einstimmig. Die Kommission konsultiert das Vereinigte Königreich und die Republik Zypern, bevor sie einen Vorschlag vorlegt.

 

Artikel 48

 

(1) Vorbehaltlich des Absatzes 2 ist das Vereinigte Königreich für die Durchführung dieses Titels in seinen Hoheitszonen verantwortlich. Dabei gilt insbesondere Folgendes:

a) Bei Waren, die über einen Hafen oder Flughafen innerhalb der Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs von oder nach Zypern aus- oder eingeführt werden, ist das Vereinigte Königreich für die Durchführung der in diesem Titel festgelegten Maßnahmen der Union in den Bereichen

Zollwesen, indirekte Besteuerung und gemeinsame Handelspolitik zuständig;

b) Zollkontrollen bei Waren, die von den Streitkräften des Vereinigten Königreichs über einen Hafen oder Flughafen der Republik Zypern von oder nach Zypern aus- oder eingeführt werden, können innerhalb der Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs vorgenommen werden;

c) das Vereinigte Königreich ist für die Ausstellung von Zulassungen, Genehmigungen oder Bescheinigungen zuständig, die nach einer geltenden Maßnahme der Union gegebenenfalls für Waren erforderlich sind, die von den Streitkräften des Vereinigten Königreichs von oder nach Zypern aus- oder eingeführt werden.

(2) Die Republik Zypern ist für die Verwaltung und Auszahlung von Unionsmitteln zuständig, auf die Personen in den Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs in Anwendung der Gemeinsamen Agrarpolitik in den Hoheitszonen nach Artikel 44 Anspruch haben; die Republik Zypern ist der Kommission gegenüber für diese Ausgaben rechenschaftspflichtig.

(3) Unbeschadet der Absätze 1 und 2 kann das Vereinigte Königreich nach den im Gründungsvertrag getroffenen Regelungen den zuständigen Behörden der Republik Zypern die Wahrnehmung aller Aufgaben übertragen, die einem Mitgliedstaat durch die Bestimmungen der Artikel 43 bis 46 oder in deren Rahmen auferlegt werden.

(4) Das Vereinigte Königreich und die Republik Zypern arbeiten zusammen, um eine wirksame Durchführung dieses Titels in den Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs sicherzustellen, und treffen gegebenenfalls weitere Vereinbarungen zur Übertragung von Aufgaben im Zusammenhang mit der Durchführung der in den Artikeln 43 bis 46 genannten Bestimmungen. Die Kommission erhält eine Ausfertigung dieser Vereinbarungen.

 

Artikel 49

 

Mit der Regelung dieses Titels soll ausschließlich die besondere Lage der Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs auf Zypern geregelt werden; sie findet weder auf ein anderes Hoheitsgebiet der Union Anwendung, noch stellt sie ganz oder teilweise einen Präzedenzfall für eine andere Sonderregelung dar, die bereits besteht oder in einem anderen, in Artikel IV-440 der Verfassung genannten europäischen Hoheitsgebiet getroffen wird.

 

Artikel 50

 

Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat ab dem 1. Mai 2004 alle fünf Jahre einen Bericht über die Umsetzung der Bestimmungen dieses Titels vor.

 

Artikel 51

 

Die Bestimmungen dieses Titels finden unter Berücksichtigung der Erklärung zu den Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland auf Zypern Anwendung, die mit unveränderter Rechtswirkung den Wortlaut der Präambel des Protokolls Nr. 3 der Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgreift.

 

TITEL IV

 

BESTIMMUNGEN ÜBER DAS KERNKRAFTWERK IGNALINA IN LITAUEN

 

Artikel 52

 

Litauen erkennt die Bereitschaft der Union an, für Maßnahmen, die Litauen zur Stilllegung des Kernkraftwerks Ignalina ergreift, eine angemessene zusätzliche Hilfe bereitzustellen, und hat sich unter Würdigung dieses Ausdrucks der Solidarität verpflichtet, Block 1 des Kernkraftwerks Ignalina vor 2005 und Block 2 dieses Kernkraftwerks spätestens am 31. Dezember 2009 abzuschalten und beide Blöcke anschließend stillzulegen.

 

Artikel 53

 

(1) Im Zeitraum 2004—2006 stellt die Union Litauen eine zusätzliche Finanzhilfe für die  Stilllegungsarbeiten und zur Bewältigung der Folgen der Abschaltung und Stilllegung des Kernkraftwerks Ignalina bereit (im Folgenden „Ignalina-Programm“).

(2) Maßnahmen im Rahmen des Ignalina-Programms werden nach der Verordnung (EWG) Nr. 3906/89 des Rates vom 18. Dezember 1989 über Wirtschaftshilfe für bestimmte Länder Mittelund Osteuropas (1) beschlossen und umgesetzt.

(3) Das Ignalina-Programm umfasst unter anderem Folgendes: Maßnahmen zur Unterstützung der Stilllegung des Kernkraftwerks Ignalina; Maßnahmen zur Verbesserung der Umweltfreundlichkeit entsprechend dem Besitzstand und zur Modernisierung konventioneller Stromerzeugungskapazitäten, mit denen die Produktionskapazität der beiden Reaktoren des Kernkraftwerks Ignalina ersetzt werden soll; sonstige Maßnahmen, die sich aus dem Beschluss ergeben, dieses Kernkraftwerk abzuschalten und stillzulegen, und die zur erforderlichen Umstrukturierung, Verbesserung der Umweltfreundlichkeit und Modernisierung der Erzeugung, Übertragung und Verteilung von Energie

in Litauen sowie zur Erhöhung der Energieversorgungssicherheit und zur Verbesserung der Energieeffizienz in Litauen beitragen.

(4) Das Ignalina-Programm umfasst ferner Maßnahmen, mit denen das Personal des Kraftwerks dabei unterstützt werden soll, vor der Abschaltung der Reaktorblöcke und während ihrer Stilllegung im Kernkraftwerk Ignalina ein hohes Maß an Betriebssicherheit aufrechtzuerhalten.

(5) Für den Zeitraum 2004—2006 umfasst das Ignalina-Programm 285 Mio. Euro an Verpflichtungsermächtigungen, die in gleichen jährlichen Tranchen zu binden sind.

(6) Bei bestimmten Maßnahmen können bis zu 100 % der Gesamtausgaben aus dem Ignalina- Programm finanziert werden. Es sollten alle Anstrengungen unternommen werden, um die Praxis der Kofinanzierung fortzusetzen, die im Rahmen der Heranführungsstrategie für die Stilllegungsarbeiten in Litauen eingeführt worden ist, und um gegebenenfalls andere Quellen für eine Kofinanzierung zu finden.

(7) Die Finanzhilfe im Rahmen des Ignalina-Programms kann ganz oder teilweise in Form eines Beitrags der Union zum Internationalen Fonds zur Unterstützung der Stilllegung von Ignalina, der von der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung verwaltet wird, bereitgestellt werden.

(8) Aus einzelstaatlichen Mitteln, Unionsmitteln oder internationalen Mitteln bereitgestellte staatliche Beihilfen

a) für die Maßnahmen zur Verbesserung der Umweltfreundlichkeit entsprechend dem Besitzstand und zur Modernisierung des litauischen Wärmekraftwerks in Elektrenai als wichtigster Ersatz für die Produktionskapazität der beiden Reaktoren des Kernkraftwerks Ignalina sowie

b) für die Stilllegung des Kernkraftwerks Ignalina sind mit dem Binnenmarkt im Sinne der Verfassung vereinbar.

(9) Aus einzelstaatlichen Mitteln, Unionsmitteln oder internationalen Mitteln bereitgestellte staatliche Beihilfen zur Unterstützung der Bemühungen Litauens, die Auswirkungen der Abschaltung und Stilllegung des Kernkraftwerks Ignalina abzufangen, können im Einzelfall als nach der Verfassung mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden; dies gilt insbesondere für staatliche Beihilfen zur Erhöhung der Energieversorgungssicherheit.

 

Artikel 54

 

(1) Da die Stilllegung des Kernkraftwerks Ignalina ein langfristiges Vorhaben und für Litauen eine außergewöhnliche finanzielle Belastung darstellt, die in keinem Verhältnis zur Größe und Wirtschaftskraft des Landes steht, stellt die Union in Solidarität mit Litauen angemessene zusätzliche Hilfe für die Stilllegungsarbeiten auch über das Jahr 2006 hinaus zur Verfügung.

(2) Zu diesem Zweck wird das Ignalina-Programm über das Jahr 2006 hinaus nahtlos fortgesetzt und verlängert. Einzelheiten für die Durchführung des verlängerten Ignalina-Programms werden nach dem Verfahren des Artikels 35 beschlossen und treten spätestens mit Ablauf der in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 6. Mai 1999 festgelegten Finanziellen Vorausschau in Kraft.

(3) Grundlage des nach Absatz 2 verlängerten Ignalina-Programms sind die in Artikel 53 genannten Elemente und Grundsätze.

(4) Die durchschnittlichen Gesamtmittel im Rahmen des verlängerten Ignalina-Programms sind für den Zeitraum der folgenden Finanziellen Vorausschau angemessen zu gestalten. Grundlage der Programmierung der Mittel sind der tatsächliche Zahlungsbedarf und die Aufnahmekapazität.

 

Artikel 55

 

Unbeschadet des Artikels 52 gilt die allgemeine Schutzklausel nach Artikel 26 im Falle einer Unterbrechung der Energieversorgung in Litauen bis zum 31. Dezember 2012.

 

Artikel 56

 

Dieser Titel findet unter Berücksichtigung der Erklärung zum Kernkraftwerk Ignalina in Litauen Anwendung, die mit unveränderter Rechtswirkung den Wortlaut der Präambel des Protokolls Nr. 4 der Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgreift.

 

TITEL V

 

BESTIMMUNGEN ÜBER DEN TRANSIT VON PERSONEN AUF DEM LANDWEG ZWISCHEN DEM

KALININGRADER GEBIET UND DEN ÜBRIGEN TEILEN DER RUSSISCHEN FÖDERATION

 

Artikel 57

 

Die Vorschriften und Regelungen der Union über den Transit von Personen zwischen dem Kaliningrader Gebiet und den übrigen Teilen der Russischen Föderation und insbesondere die Verordnung (EG) Nr. 693/2003 des Rates vom 14. April 2003 zur Schaffung eines spezifischen

Dokuments für den erleichterten Transit (FTD) und eines Dokuments für den erleichterten Eisenbahntransit (FRTD) sowie zur Änderung der Gemeinsamen Konsularischen Instruktion und des Gemeinsamen Handbuchs (1) verzögern oder verhindern als solche nicht die uneingeschränkte Beteiligung Litauens am Schengen-Besitzstand, einschließlich der Abschaffung der Kontrollen an den Binnengrenzen.

 

Artikel 58

 

Die Union unterstützt Litauen bei der Umsetzung der Vorschriften und Regelungen über den Personentransit zwischen dem Kaliningrader Gebiet und den übrigen Teilen der Russischen Föderation, damit Litauen so bald wie möglich uneingeschränkt in den Schengen-Raum einbezogen wird.

Die Union unterstützt Litauen bei der Bewältigung des Personentransits zwischen dem Kaliningrader Gebiet und den übrigen Teilen der Russischen Föderation und trägt insbesondere alle zusätzlichen Kosten, die durch die Umsetzung der für diesen Transit geltenden Bestimmungen des Besitzstands entstehen.

 

Artikel 59

 

Unbeschadet der Souveränitätsrechte Litauens werden etwaige weitere Akte über den Transit von Personen zwischen dem Kaliningrader Gebiet und den übrigen Teilen der Russischen Föderation vomRat auf Vorschlag der Kommission erlassen. Der Rat beschließt einstimmig.

 

Artikel 60

 

Dieser Titel findet unter Berücksichtigung der Erklärung zum Transit von Personen auf dem Landweg zwischen dem Kaliningrader Gebiet und den übrigen Teilen der Russischen Föderation Anwendung,die mit unveränderter Rechtswirkung den Wortlaut der Präambel des Protokolls Nr. 5 der Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgreift.

 

TITEL VI

 

BESTIMMUNGEN ÜBER DEN ERWERB VON ZWEITWOHNSITZEN IN MALTA

 

Artikel 61

 

Angesichts der äußerst geringen Anzahl von Wohneinheiten in Malta und des sehr begrenzt verfügbaren Baulandes, das lediglich zur Deckung der durch die demografische Entwicklung der derzeitigen Bewohner entstehenden Grundbedürfnisse ausreicht, kann Malta in nicht diskriminierender Weise die geltenden Bestimmungen des Immobilieneigentumsgesetzes (Erwerb durch Nicht- Gebietsangehörige) (Kapitel 246) über den Erwerb und den Besitz von Immobilien als Zweitwohnsitz durch Staatsangehörige der Mitgliedstaaten, die sich nicht mindestens fünf Jahre rechtmäßig in Maltaaufgehalten haben, beibehalten.

Malta wird für den Erwerb von Immobilieneigentum als Zweitwohnsitz in Malta Genehmigungsverfahren anwenden. Diese Genehmigungsverfahren beruhen auf veröffentlichten, objektiven, dauerhaften und transparenten Kriterien. Diese Kriterien werden auf nicht diskriminierende Weise angewandt und dürfen nicht zwischen maltesischen Staatsangehörigen und Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten unterscheiden. Malta wird gewährleisten, dass Staatsangehörige der Mitgliedstaaten auf keinen Fall restriktiver behandelt werden als Staatsangehörige von Drittstaaten. Liegt der Wert eines von einem Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten zu erwerbenden

Grundeigentums über dem nach maltesischen Rechtsvorschriften festgelegten Schwellenwert von 30 000 MTL für Wohnungen beziehungsweise von 50 000 MTL für andere Arten von Grundeigentum als Wohnungen oder für Objekte von historischem Wert, so wird eine Genehmigungerteilt. Malta kann diese gesetzlichen Schwellenwerte überprüfen, um der Preisentwicklung auf dem Immobilienmarkt in Malta Rechnung zu tragen.

 

TITEL VII

 

BESTIMMUNGEN ÜBER DEN SCHWANGERSCHAFTSABBRUCH IN MALTA

 

Artikel 62

 

Der Vertrag über eine Verfassung für Europa sowie die Verträge und Akte zur Änderung oder Ergänzung des Vertrags berühren nicht die Anwendung innerstaatlicher Rechtsvorschriften über den Schwangerschaftsabbruch im Hoheitsgebiet Maltas.

 

TITEL VIII

 

BESTIMMUNGEN ÜBER DIE UMSTRUKTURIERUNG DER POLNISCHEN STAHLINDUSTRIE

 

Artikel 63

 

(1) Ungeachtet der Artikel III-167 und III-168 der Verfassung sind die von Polen für die Umstrukturierung bestimmter Teile der polnischen Stahlindustrie gewährten staatlichen Beihilfen als mit dem Binnenmarkt vereinbar anzusehen, sofern

a) der Zeitraum nach Artikel 8 Absatz 4 des Protokolls Nr. 2 über EGKS-Erzeugnisse zum Europa- Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Polen andererseits (1) bis zum 1. Mai 2004 verlängert

worden ist,

b) die Bedingungen des Umstrukturierungsplans, auf dessen Grundlage das genannte Protokoll verlängert wurde, in dem Zeitraum von 2002-2006 eingehalten werden,

c) die in diesem Titel festgelegten Bedingungen erfüllt sind und

d) der polnischen Stahlindustrie nach dem 1. Mai 2004 keine staatliche Beihilfe für die Umstrukturierung mehr zu gewähren ist.

(2) Die Umstrukturierung des polnischen Stahlsektors nach den Vorgaben der einzeln Geschäftspläne der in Anhang 1 des Protokolls Nr. 8 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgeführten Unternehmen (im Folgenden „begünstigte Unternehmen“) und nach den in diesem Titel festgelegten Bedingungen wird spätestens bis zum 31. Dezember 2006 (im Folgenden „Ende des Umstrukturierungszeitraums“) abgeschlossen.

(3) Nur den begünstigten Unternehmen können im Rahmen des Umstrukturierungsprogramms für die polnische Stahlindustrie staatliche Beihilfen gewährt werden.

(4) Ein begünstigtes Unternehmen ist nicht berechtigt,

a) seinen Beihilfeanspruch im Fall eines Zusammenschlusses mit einem nicht in Anhang 1 des Protokolls Nr. 8 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgeführten Unternehmen zu übertragen;

b) in der Zeit bis zum 31. Dezember 2006 die Vermögenswerte eines nicht in Anhang 1 des Protokolls Nr. 8 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgeführten Unternehmens, über das der Konkurs eröffnet wurde, zu übernehmen.

(5) Bei jeder anschließenden Privatisierung eines begünstigten Unternehmens sind das Erfordernis der Transparenz zu wahren und die in diesem Titel festgelegten Bedingungen und Grundsätze hinsichtlich der Rentabilität, der staatlichen Beihilfen und Kapazitätsverringerungen einzuhalten. Im Rahmen des Verkaufs eines Unternehmens oder einzelner Vermögenswerte wird keine weitere staatliche Beihilfe gewährt.

(6) Die den begünstigten Unternehmen gewährten Umstrukturierungsbeihilfen bestimmen sich nach den Rechtfertigungen in dem genehmigten polnischen Umstrukturierungsplan und den vom Rat genehmigten einzelnen Geschäftsplänen. Die in dem Zeitraum 1997—2003 ausgezahlten

Beihilfen dürfen einen Gesamtbetrag von 3 387 070 000 PLN keinesfalls überschreiten.

Von diesem Gesamtbetrag

a) dürfen die Umstrukturierungsbeihilfen, die Polskie Huty Stali (im Folgenden „PHS“) von 1997 bis Ende 2003 erhalten hat oder erhält, 3 140 360 000 PLN nicht überschreiten. PHS hat im Zeitraum 1997—2001 bereits 62 360 000 PLN an Umstrukturierungsbeihilfen erhalten.

Abhängig von den Anforderungen des genehmigten Umstrukturierungsplans erhält das Unternehmen weitere Umstrukturierungsbeihilfen in Höhe von maximal 3 078 000 000 PLN in den Jahren 2002 und 2003 (die vollständig im Jahre 2002 auszuzahlen sind, falls die

Übergangszeit im Rahmen des Protokolls Nr. 2 zum Europa-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Polen andererseits Ende 2002 verlängert wird, ansonsten im Jahre 2003);

b) dürfen die Umstrukturierungsbeihilfen für den Stahlsektor, die Huta Andrzej S.A., Huta Bankowa Sp. z o.o., Huta Batory S.A., Huta Buczek S.A., Huta L.W. Sp. z o.o., Huta Labedy S.A., und Huta Pokój S.A. (im Folgenden „die anderen begünstigten Unternehmen“) von 1997 bis Ende 2003 erhalten haben oder erhalten, 246 710 000 PLN nicht überschreiten. Diese Unternehmen haben im Zeitraum 1997—2001 bereits

37 160 000 PLN an Umstrukturierungsbeihilfen erhalten. Abhängig von den Anforderungen des genehmigten Umstrukturierungsplans erhalten sie weitere Umstrukturierungsbeihilfen in Höhe von höchstens 210 210 000 PLN (davon 182 170 000 PLN im Jahre 2002 und 27 380 000 PLN im Jahre 2003, falls die Übergangszeit im Rahmen des Protokolls Nr. 2 zum Europa-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den

Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Polen andererseits Ende 2002 verlängert wird, ansonsten 210 210 000 PLN im Jahre 2003). Weitere staatliche Beihilfen für die Umstrukturierung der polnischen Stahlindustrie werden von Polen nicht gewährt.

(7) Polen verringert im Zeitraum 1997—2006 die Nettokapazität bei Fertigerzeugnissen um mindestens 1 231 000 Tonnen. Diese Gesamtmenge umfasst Nettokapazitätsverringerungen von mindestens 715 000 Tonnen pro Jahr bei warmgewalzten Erzeugnissen und 716 000 Tonnen pro Jahr bei kaltgewalzten Erzeugnissen sowie eine Steigerung von höchstens 200 000 Tonnen pro Jahr bei anderen Fertigerzeugnissen.

Die Kapazitätsverringerung wird ausschließlich auf der Grundlage endgültiger Schließungen von Produktionsanlagen gemessen, bei denen diese so demontiert werden, dass sie nicht wieder in Betrieb genommen werden können. Die Eröffnung des Konkurses eines Stahlunternehmens kann nicht als Kapazitätsverringerung gewertet werden.

Bei den in Anhang 2 des Protokolls Nr. 8 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003 angegebenen Nettokapazitätsverringerungen handelt es sich um Mindestwerte; die tatsächlich zu erreichenden Nettokapazitätsverringerungen und der Zeitrahmen hierfür werden auf der Grundlage des

endgültigen Umstrukturierungsprogramms Polens und der einzelbetrieblichen Geschäftspläne im Rahmen des Europa-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Polen andererseits festgelegt, wobei dem Ziel, dass am 31. Dezember 2006 die Existenzfähigkeit der begünstigten Unternehmen sichergestellt ist, Rechnung getragen wird.

(8) Der Geschäftsplan für das begünstigte Unternehmen PHS wird umgesetzt. Insbesondere gilt Folgendes:

a) Der Schwerpunkt der Umstrukturierung liegt auf folgenden Aspekten:

i) einer an Erzeugnissen ausgerichteten Neuorganisation der Produktionsanlagen von PHS und der Sicherstellung einer funktionsorientierten horizontalen Organisation (Einkauf, Produktion, Vertrieb);

ii) der Einführung einer einheitlichen Verwaltungsstruktur bei PHS, die die umfassende Verwirklichung von Synergien bei der Konsolidierung erlaubt;

iii) der Verlagerung des strategischen Schwerpunkts von PHS von der Produktorientierung zur Marktorientierung;

iv) der Verbesserung der Effizienz und der Wirksamkeit des Managements von PHS und Sicherstellung einer besseren Kontrolle des Direktvertriebs;

v) der Überprüfung der Strategie der Unternehmensausgliederung durch PHS auf der Grundlage vernünftiger wirtschaftlicher Überlegungen und gegebenenfalls Wiedereingliederung von Diensten in das Mutterunternehmen;

vi) der Überprüfung der Produktpalette und der Reduzierung von Überkapazitäten bei langen Halbfertigprodukten durch PHS und generelle Zuwendung zu Marktsegmenten mit höherer Wertschöpfung;

vii) den Investitionen von PHS zur Verbesserung der Qualität der Fertigerzeugnisse; dabei ist besondere Aufmerksamkeit darauf zu verwenden, dass zu einem Termin, der im Zeitplan für die Umsetzung des Umstrukturierungsplans für PHS festgelegt ist, spätestens jedoch Ende 2006, im PHS-Werk in Kraków (Krakau) eine Produktionsqualität von 3-Sigma erreicht wird.

b) PHS muss während der Umstrukturierungsphase möglichst hohe Kosteneinsparungen durch Verbesserungen bei der Energieeffizienz und dem Einkauf sowie durch Gewährleistung eines Produktivitätsniveaus, das den in der Union erreichten Niveaus vergleichbar ist, erzielen.

c) Die Belegschaft wird umstrukturiert; am 31. Dezember 2006 müssen auf der Grundlage konsolidierter Zahlen unter Einbeziehung der indirekten Beschäftigung in den vollständig im Besitz von PHS befindlichen Dienstleistungsunternehmen Produktivitätsniveaus erreicht sein, die

den in der Union bei Produktgruppen der Stahlindustrie erzielten Niveaus vergleichbar sind.

d) Jede Privatisierung muss auf einer Grundlage erfolgen, bei der das Erfordernis der Transparenz beachtet wird und der Marktwert von PHS voll zum Tragen kommt. Im Rahmen des Verkaufs werden keine weiteren Beihilfen gewährt.

(9) Der Geschäftsplan für die anderen begünstigten Unternehmen wird umgesetzt. Insbesondere gilt

Folgendes:

a) Bei allen anderen begünstigten Unternehmen liegt der Schwerpunkt der Umstrukturierungsbemühungen auf folgenden Aspekten:

i) der Verlagerung des strategischen Schwerpunkts von der Produktorientierung zur Marktorientierung;

ii) der Verbesserung der Effizienz und der Wirksamkeit des Managements der Unternehmen und Sicherstellung einer besseren Kontrolle des Direktvertriebs;

iii) der Überprüfung der Strategie der Unternehmensausgliederung auf der Grundlage vernünftiger wirtschaftlicher Überlegungen und gegebenenfalls Wiedereingliederung von Diensten in die Mutterunternehmen.

b) Im Unternehmen Huta Bankowa wird das Kosteneinsparungsprogramm durchgeführt.

c) Im Unternehmen Huta Buczek wird die erforderliche finanzielle Unterstützung durch die Gläubiger und örtlichen Finanzinstitute erwirkt und wird das Kosteneinsparungsprogramm einschließlich einer Verringerung der Investitionskosten durch Anpassung der bestehenden

Produktionseinrichtungen durchgeführt.

d) Im Unternehmen Huta Labedy wird das Kosteneinsparungsprogramm durchgeführt und die

starke Ausrichtung des Unternehmens auf den Bergbau verringert.

e) Beim Unternehmen Huta Pokój werden in den Tochtergesellschaften internationale Produktivitätsstandards erreicht, Einsparungen beim Energieverbrauch verwirklicht und die vorgeschlagenen Investitionen im Verarbeitungs- und Baubereich des Unternehmens gestrichen.

f) Im Unternehmen Huta Batory ist eine Einigung mit den Gläubigern und Finanzinstituten über eine Umschuldung und Investitionsdarlehen zu erreichen. Das Unternehmen muss ferner für wesentliche zusätzliche Kosteneinsparungen in Verbindung mit einer Personalumstrukturierung

und Ertragsverbesserungen sorgen.

g) Im Unternehmen Huta Andrzej ist durch Aushandlung einer Vereinbarung zwischen den derzeitigen Kreditgebern, langfristigen Gläubigern, Warenkreditgebern und den Finanzinstituten für eine solide finanzielle Grundlage für die Weiterentwicklung des Unternehmens zu sorgen.

Ferner müssen zusätzliche Investitionen in das Warmrohrwalzwerk getätigt und das Personalabbauprogramm durchgeführt werden.

h) Im Unternehmen Huta L.W. sind Investitionen für die Warmwalzprojekte und die

Fördereinrichtungen des Unternehmens sowie für Verbesserungen im Umweltbereich erforderlich.

Dieses Unternehmen muss auch durch Personalumstrukturierungen und die Verringerung

der Kosten der externen Dienste höhere Produktivitätsniveaus erreichen.

(10) Nachträgliche Änderungen an dem allgemeinen Umstrukturierungsplan und den einzelnen Geschäftsplänen müssen von der Kommission und gegebenenfalls vom Rat genehmigt werden.

(11) Die Umstrukturierung erfolgt unter umfassender Transparenz und stützt sich auf solide marktwirtschaftliche Grundsätze.

(12) Die Kommission und der Rat überwachen nach den Absätzen 13 bis 18 sorgfältig die Durchführung der Umstrukturierung und die Erfüllung der in diesem Titel festgelegten Bedingungen betreffend Rentabilität, staatliche Beihilfen und Kapazitätsverringerungen vor und nach dem 1. Mai 2004 bis zum Ende des Umstrukturierungszeitraums. Zu diesem Zweck erstattet die Kommission dem Rat Bericht.

(13) Zusätzlich zur Überwachung der staatlichen Beihilfen überwachen die Kommission und der Rat die in Anhang 3 des Protokolls Nr. 8 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgeführten Messgrößen für die Umstrukturierung. In dem genannten Anhang enthaltene Bezugnahmen auf

Nummer 14 des Protokolls sind als Bezugnahmen auf Absatz 14 des vorliegenden Artikels zu verstehen.

(14) Im Rahmen der Überwachung wird 2003, 2004, 2005 und 2006 eine unabhängige Bewertung vorgenommen. Die Rentabilitätsprüfung der Kommission wird durchgeführt und die Produktivität wird als Teil der Bewertung gemessen.

(15) Polen beteiligt sich umfassend am gesamten Überwachungsschema. Insbesondere gilt

Folgendes:

a) Polen legt der Kommission bis zum Ende des Umstrukturierungszeitraums halbjährlich, spätestens zum 15. März und zum 15. September jedes Jahres, Berichte über die Umstrukturierung der begünstigten Unternehmen vor.

b) Der erste Bericht geht bis zum 15. März 2003 und der letzte Bericht bis zum 15. März 2007 bei der Kommission ein, wenn diese nicht anders entscheidet.

c) Die Berichte enthalten alle für die Überwachung des Umstrukturierungsprozesses, der staatlichen Beihilfen sowie die Verringerung und den Einsatz von Kapazitäten erforderlichen Informationen und ausreichende finanzielle Daten, anhand deren bewertet werden kann, ob die in diesem Titel festgelegten Bedingungen erfüllt worden sind. Die Berichte enthalten zumindest die in Anhang 4 des Protokolls Nr. 8 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgeführten Informationen, wobei sich die Kommission das Recht vorbehält, diesen Anhang vor dem Hintergrund der bei der Überwachung gesammelten Erfahrungen zu ändern. In Anhang 4 des Protokolls Nr. 8 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003 enthaltene Bezugnahmen auf Nummer 14 des Protokolls sind als Bezugnahmen auf Absatz 14 des vorliegenden Artikels zu verstehen. Zusätzlich zu den einzelnen Geschäftsplänen der begünstigten Unternehmen wird auch ein Bericht über die Gesamtlage des polnischen Stahlsektors, einschließlich der neueren makroökonomischen Entwicklungen, erstellt.

d) Außerdem sind von Polen alle zusätzlichen Informationen, die für die unabhängige Bewertung nach Absatz 14 erforderlich sind, vorzulegen.

e) Polen verpflichtet die begünstigten Unternehmen, alle einschlägigen Daten offen zu legen, die unter anderen Umständen als vertraulich eingestuft werden könnten. Bei ihrer Berichterstattung an den Rat stellt die Kommission sicher, dass unternehmensspezifische vertrauliche

Informationen nicht offen gelegt werden.

(16) Die Kommission kann jederzeit einen unabhängigen Berater beauftragen, die Überwachungsergebnisse zu bewerten, jede erforderliche Untersuchung anzustellen und der Kommission und dem Rat Bericht zu erstatten.

(17) Stellt die Kommission aufgrund der Überwachung erhebliche Abweichungen von den finanziellen Daten fest, auf die sich die Rentabilitätsbewertung stützt, so kann sie Polen auffordern, geeignete Maßnahmen zur Verstärkung oder Änderung der Umstrukturierungsmaßnahmen der betreffenden begünstigten Unternehmen zu ergreifen.

(18) Stellt sich bei der Überwachung heraus, dass

a) die in diesem Titel für die Übergangsregelung genannten Bedingungen nicht erfüllt worden sind

oder dass

b) die Verpflichtungen nicht erfüllt worden sind, die im Rahmen der Verlängerung des Zeitraums, in dem Polen aufgrund des Europa-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Polen andererseits ausnahmsweise staatliche Beihilfen für die Umstrukturierung seiner Stahlindustrie gewähren darf, eingegangen worden sind, oder

c) Polen während des Umstrukturierungszeitraums der Stahlindustrie und im Besonderen den begünstigten Unternehmen zusätzlich unzulässige staatliche Beihilfen gewährt hat, so wird die in diesem Titel festgelegte Übergangsregelung unwirksam. Die Kommission leitet geeignete Schritte ein und verlangt von den betreffenden Unternehmen die Rückzahlung der Beihilfen, die unter Verstoß gegen die in diesem Titel festgelegten Bedingungen gewährt wurden.

 

 

TITEL IX

 

BESTIMMUNGEN ÜBER DIE REAKTOREN 1 UND 2 DES KERNKRAFTWERKS BOHUNICE V1 IN DER SLOWAKEI

 

Artikel 64

 

Die Slowakei hat sich verpflichtet, den Reaktor 1 des Kernkraftwerks Bohunice V1 spätestens zum 31. Dezember 2006 und den Block 2 dieses Kernkraftwerks spätestens zum 31. Dezember 2008 abzuschalten und diese Blöcke anschließend stillzulegen.

 

Artikel 65

 

(1) Im Zeitraum 2004—2006 stellt die Union der Slowakei eine zusätzliche Finanzhilfe für die Stilllegungsarbeiten und zur Bewältigung der Folgen der Abschaltung und Stilllegung der Blöcke 1 und 2 des Kernkraftwerks Bohunice V1 bereit (im Folgenden „Finanzhilfe“).

(2) Die Finanzhilfe wird nach der Verordnung (EWG) Nr. 3906/89 des Rates vom 18. Dezember 1989 über Wirtschaftshilfe für bestimmte Länder in Mittel- und Osteuropa (1) beschlossen und umgesetzt.

(3) Für den Zeitraum 2004—2006 beläuft sich die Finanzhilfe auf 90 Mio. Euro an Verpflichtungsermächtigungen, die in gleichen jährlichen Tranchen zu binden sind.

(4) Die Finanzhilfe kann ganz oder teilweise in Form eines Beitrags der Union zum Internationalen Fonds zur Unterstützung der Stilllegung von Bohunice, der von der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung verwaltet wird, bereitgestellt werden.

 

Artikel 66

 

Die Union erkennt an, dass die Maßnahmen im Zusammenhang mit der Stilllegung des Kernkraftwerks Bohunice V1 über die in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 6. Mai 1999 festgelegte Finanzielle Vorausschau hinaus fortgesetzt werden müssen und dass diese Maßnahmen eine beträchtliche finanzielle Belastung für die Slowakei darstellen. Dies wird bei Beschlüssen über dieFortsetzung der Finanzhilfe der Union in diesem Bereich nach 2006 berücksichtigt.

 

Artikel 67

 

Dieser Titel findet unter Berücksichtigung der Erklärung zu den Blöcken 1 und 2 des Kernkraftwerks Bohunice V1 in der Slowakei Anwendung, die mit unveränderter Rechtswirkung den Wortlaut der Präambel des Protokolls Nr. 9 der Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgreift.

 

TITEL X

 

BESTIMMUNGEN ÜBER ZYPERN

 

Artikel 68

 

(1) Die Anwendung des Besitzstandes der Gemeinschaft und der Union wird in den Teilen der Republik Zypern ausgesetzt, in denen die Regierung der Republik Zypern keine tatsächliche Kontrolle ausübt.

(2) Der Rat entscheidet auf Vorschlag der Kommission über die Aufhebung der in Absatz 1 genannten Aussetzung. Er beschließt einstimmig.

 

Artikel 69

 

(1) Der Rat legt auf Vorschlag der Kommission die Bedingungen für die Anwendung des Unionsrechts auf die Trennungslinie zwischen den in Artikel 68 genannten Landesteilen und den Landesteilen fest, in denen die Regierung der Republik Zypern eine tatsächliche Kontrolle ausübt. Der Rat beschließt einstimmig.

(2) Die Grenzlinie zwischen der östlichen Hoheitszone des Vereinigten Königreichs und den in Artikel 68 genannten Landesteilen gilt für die Dauer der Aussetzung der Anwendung des Besitzstandes der Gemeinschaft und der Union nach Artikel 68 als Teil der Außengrenzen der

Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs im Sinne von Teil IV des Anhangs zum Protokoll Nr. 3 der Beitrittsakte vom 16. April 2003 über die Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland auf Zypern.

 

Artikel 70

 

(1) Keine Bestimmung dieses Titels schließt Maßnahmen zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung der in Artikel 68 genannten Landesteile aus.

(2) Derartige Maßnahmen dürfen nicht die Anwendung des Besitzstandes der Gemeinschaft und der Union nach den Bedingungen des vorliegenden Protokolls in anderen Teilen der Republik Zypern beeinträchtigen.

 

Artikel 71

 

Wenn es zu einer Regelung der Zypernfrage kommt, entscheidet der Rat auf der Grundlage eines Vorschlags der Kommission über die im Hinblick auf die türkisch-zyprische Gemeinschaft vorzunehmenden Anpassungen der Einzelheiten für den Beitritt Zyperns zur Union. Der Rat

beschließt einstimmig.

 

Artikel 72

 

Dieser Titel findet unter Berücksichtigung der Erklärung zu Zypern Anwendung, die mit unveränderter Rechtswirkung den Wortlaut des Präambel des Protokolls Nr. 10 der Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgreift.

 

DRITTER TEIL

 

BESTIMMUNGEN ÜBER DIE ANHÄNGE DER BEITRITTSAKTE VOM 16. APRIL 2003

 

Artikel 73

 

Anhang I und die Anhänge III bis XVII der Beitrittsakte vom 16. April 2003, die Anlagen dazu sowie die Anhänge zu den Protokollen Nr. 2, 3 und 8 der Beitrittsakte vom 16. April 2003 (1) sind Bestandteil dieses Protokolls.

 

Artikel 74

 

(1) Bezugnahmen auf den „Beitrittsvertrag“ in den in Artikel 73 dieses Protokolls genannten Anhängen sind als Bezugnahmen auf den in Artikel IV-437 Absatz 2 Buchstabe e der Verfassung genannten Vertrag zu verstehen; Bezugnahmen auf den Tag oder den Zeitpunkt der Unterzeichnung des genannten Vertrags gelten als Bezugnahmen auf den 16. April 2003; Bezugnahmen auf den Tag des Beitritts gelten als Bezugnahmen auf den 1. Mai 2004.

(2) Unbeschadet des Unterabsatzes 2 sind Bezugnahmen auf „diese Akte“ in den in Artikel 73 dieses Protokolls genannten Anhängen als Bezugnahmen auf die Beitrittsakte vom 16. April 2003 zu verstehen.

Bezugnahmen auf die Bestimmungen der Beitrittsakte vom 16. April 2003 in den in Artikel 73 dieses  Protokolls genannten Anhängen sind als Bezugnahmen auf dieses Protokoll nach der nachstehenden Übereinstimmungstabelle zu verstehen.

Beitrittsakte vom 16. April 2003 Protokoll

Artikel 21 Artikel 12

Artikel 22 Artikel 13

Artikel 24 Artikel 15

Artikel 32 Artikel 21

Artikel 37 Artikel 26

Artikel 52 Artikel 32

(3) Die in den in Artikel 73 dieses Protokolls genannten Anhängen verwendeten Ausdrücke sind als gleich bedeutend mit den in der nachstehenden Übereinstimmungstabelle aufgeführten entsprechenden

Ausdrücken zu verstehen, es sei denn, sie beziehen sich ausschließlich auf eine Rechtslage vor dem Inkrafttreten des Vertrags über eine Verfassung für Europa.

Ausdrücke in den in Artikel 73 genannten Anhängen Bedeutung

Vertrag zur Gründung der Europäischen

Gemeinschaft

Verfassung

Vertrag über die Europäische Union Verfassung

Verträge, auf die sich die Europäische Union gründet

Verfassung

(Europäische) Gemeinschaft Union

erweiterte Gemeinschaft Union

gemeinschaftlich/der Gemeinschaft der Union

EU Union

erweiterte Union oder erweiterte EU Union

Abweichend von Unterabsatz 1 behält der Ausdruck „gemeinschaftlich“/„der Gemeinschaft“ in Verbindung mit den Begriffen „Präferenz“ oder „Fischerei“ seine ursprüngliche Bedeutung.

(4) Bezugnahmen auf Teile oder Bestimmungen des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft in den in Artikel 73 dieses Protokolls genannten Anhängen sind als Bezugnahmen auf Teile oder Bestimmungen der Verfassung nach der nachstehenden Übereinstimmungstabelle zu verstehen.

EG-Vertrag Verfassung

Dritter Teil Titel I Teil III Titel III Kapitel I Abschnitt 3

Dritter Teil Titel I Kapitel 1 Teil III Titel III Kapitel I Abschnitt 3 Unterabschnitt 1

Dritter Teil Titel II Teil III Titel III Kapitel III Abschnitt 4

Dritter Teil Titel III Teil III Titel III Kapitel I Abschnitte 2 und 4

Dritter Teil Titel VI Kapitel 1 Teil III Titel III Kapitel I Abschnitt 5

Artikel 31 Artikel III-155

Artikel 39 Artikel III-133

Artikel 49 Artikel III-144

Artikel 58 Artikel III-158

Artikel 87 Artikel III-167

Artikel 88 Artikel III-168

Artikel 226 Artikel III-360

Anhang I Anhang I

(5) Ist in den in Artikel 73 dieses Protokolls genannten Anhängen der Erlass von Rechtsakten durch den Rat oder die Kommission vorgesehen, so ergehen diese Rechtsakte in der Form von Europäischen Verordnungen oder Beschlüssen.

 

9. PROTOKOLL BETREFFEND DEN VERTRAG UND DIE AKTE ÜBER DEN BEITRITT DER TSCHECHISCHEN REPUBLIK, DER REPUBLIK ESTLAND, DER REPUBLIK ZYPERN, DER REPUBLIK LETTLAND,

DER REPUBLIK LITAUEN, DER REPUBLIK UNGARN, DER REPUBLIK MALTA, DER REPUBLIK POLEN,

DER REPUBLIK SLOWENIEN UND DER SLOWAKISCHEN REPUBLIK

DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN,

EINGEDENK DESSEN, dass die Tschechische Republik, die Republik Estland, die Republik Zypern, die Republik Lettland, die Republik Litauen, die Republik Ungarn, die Republik Malta, die Republik Polen, die Republik Slowenien und die Slowakische Republik den Europäischen Gemeinschaften und der mit dem Vertrag über die Europäische Union gegründeten Europäischen Union am 1. Mai 2004 beigetreten sind,

IN DER ERWÄGUNG, dass in Artikel IV-437 Absatz 2 Buchstabe e der Verfassung die Aufhebung des Vertrags vom 16. April 2003 über den Beitritt der genannten Staaten vorgesehen ist,

IN DER ERWÄGUNG, dass zahlreiche Bestimmungen, die in der dem Beitrittsvertrag beigefügten Akte enthalten sind, weiterhin relevant sind; dass Artikel IV-437 Absatz 2 der Verfassung vorsieht, dass diese Bestimmungen in ein Protokollübernommen oder dort aufgeführt werden müssen, damit sie in Kraft bleiben und ihre Rechtswirkung behalten,

IN DER ERWÄGUNG, dass einige dieser Bestimmungen in technischer Hinsicht an die Verfassung angepasst werden müssen, ihre Rechtswirkung jedoch unverändert bleiben muss,

SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa und dem

Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft beigefügt sind:

 

ERSTER TEIL

 

BESTIMMUNGEN ÜBER DIE BEITRITTSAKTE VOM 16. APRIL 2003

 

TITEL I

 

GRUNDSÄTZE

 

Artikel 1

 

Für die Zwecke dieses Protokolls

a) bedeutet der Ausdruck „Beitrittsakte vom 16. April 2003“ die Akte über die Bedingungen des Beitritts der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik und die Anpassungen der Verträge, auf denen die Europäische Union beruht;

b) bedeuten die Ausdrücke „Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft“ („EG-Vertrag“) und „Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft“ („EAG-Vertrag“) die genannten Verträge mit den Änderungen oder Ergänzungen, die durch vor dem 1. Mai 2004 in Kraft getretene Verträge oder andere Rechtsakte vorgenommen worden sind;

c) bedeutet der Ausdruck „Vertrag über die Europäische Union“ („EU-Vertrag“) den genannten Vertrag mit den Änderungen oder Ergänzungen, die durch vor dem 1. Mai 2004 in Kraft getretene Verträge oder andere Rechtsakte vorgenommen worden sind;

d) bedeutet der Ausdruck „Gemeinschaft“ je nach Sachlage eine der beziehungsweise beide unter

Buchstabe b genannten Gemeinschaften;

e) bedeutet der Ausdruck „derzeitige Mitgliedstaaten“ die folgenden Mitgliedstaaten: das Königreich Belgien, das Königreich Dänemark, die Bundesrepublik Deutschland, die Hellenische Republik, das Königreich Spanien, die Französische Republik, Irland, die Italienische Republik, das Großherzogtum Luxemburg, das Königreich der Niederlande, die Republik Österreich, die Portugiesische Republik, die Republik Finnland, das Königreich Schweden sowie das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland;

f) bedeutet der Ausdruck „neue Mitgliedstaaten“ die folgenden Mitgliedstaaten: die Tschechische Republik, die Republik Estland, die Republik Zypern, die Republik Lettland, die Republik Litauen, die Republik Ungarn, die Republik Malta, die Republik Polen, die Republik Slowenien und die Slowakische Republik.

 

Artikel 2

 

Die Rechte und Pflichten aus dem in Artikel IV-437 Absatz 2 Buchstabe e der Verfassung genannten Vertrag über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik gelten nach Maßgabe dieses Vertrags

mit Wirkung vom 1. Mai 2004.

 

Artikel 3

 

(1) Die Bestimmungen des Schengen-Besitzstands, der durch das Protokoll zum Vertrag über eine Verfassung für Europa (im Folgenden „Schengen-Protokoll“) in den Rahmen der Union einbezogen wurde, und die darauf aufbauenden oder anderweitig damit zusammenhängenden Rechtsakte, die in Anhang I der Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgeführt werden, sowie alle weiteren vor dem 1. Mai 2004 erlassenen Rechtsakte dieser Art sind ab dem 1. Mai 2004 für die neuen Mitgliedstaaten bindend und in ihnen anzuwenden.

(2) Die Bestimmungen des in den Rahmen der Union einbezogenen Schengen-Besitzstands und die darauf aufbauenden oder damit zusammenhängenden Rechtsakte, die nicht in Absatz 1 genannt sind, sind zwar für einen neuen Mitgliedstaat ab dem 1. Mai 2004 bindend, sie sind aber in diesem neuen Mitgliedstaat nur nach einem entsprechenden Europäischen Beschluss des Rates anzuwenden, den der Rat nach einer nach den geltenden Schengen-Evaluierungsverfahren durchgeführten Prüfung der Frage, ob die erforderlichen Voraussetzungen für die Anwendung aller Teile des betreffenden Besitzstands in diesem neuen Mitgliedstaat gegeben sind, gefasst hat.

Der Rat beschließt nach Anhörung des Europäischen Parlaments einstimmig mit den Stimmen der Mitglieder, die die Regierungen der Mitgliedstaaten vertreten, für die die in diesem Absatz genannten Bestimmungen bereits in Kraft gesetzt worden sind, und des Vertreters der Regierung des Mitgliedstaats, für den diese Bestimmungen in Kraft gesetzt werden sollen. Die Mitglieder des Rates, die die Regierungen Irlands und des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland vertreten, nehmen insoweit an einem derartigen Beschluss teil, als er sich auf die Bestimmungen des Schengen-Besitzstands und die darauf aufbauenden oder anderweitig damit zusammenhängenden Rechtsakte bezieht, an denen diese Mitgliedstaaten teilnehmen.

(3) Die vom Rat nach Artikel 6 des Schengen-Protokolls geschlossenen Übereinkommen sind für die neuen Mitgliedstaaten ab dem 1. Mai 2004 bindend.

(4) Die neuen Mitgliedstaaten sind verpflichtet, im Hinblick auf diejenigen Übereinkommen oder Instrumente in den Bereichen Justiz und Inneres, die von der Erreichung der Ziele des EU-Vertrags nicht zu trennen sind,

a) denjenigen, die bis zum 1. Mai 2004 zur Unterzeichnung durch die derzeitigen Mitgliedstaaten aufgelegt worden sind, sowie denjenigen, die vom Rat nach Titel VI des EU‑Vertrags ausgearbeitet und den Mitgliedstaaten zur Annahme empfohlen worden sind, beizutreten;

b) Verwaltungs‑ und sonstige Vorkehrungen wie etwa diejenigen einzuführen, die von den derzeitigen Mitgliedstaaten oder vom Rat bis zum 1. Mai 2004 angenommen wurden, um die praktische Zusammenarbeit zwischen in den Bereichen Justiz und Inneres tätigen Einrichtungen

und Organisationen der Mitgliedstaaten zu erleichtern.

 

Artikel 4

 

Jeder neue Mitgliedstaat nimmt ab dem 1. Mai 2004 als Mitgliedstaat, für den eine Ausnahmeregelung im Sinne des Artikels III-197 der Verfassung gilt, an der Wirtschafts- und Währungsunion teil.

 

Artikel 5

 

(1) Die neuen Mitgliedstaaten, die durch die Beitrittsakte vom 16. April 2003 den Beschlüssen und Vereinbarungen der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten beigetreten sind, sind verpflichtet, allen sonstigen von den derzeitigen Mitgliedstaaten für das Funktionieren der Union oder in Verbindung mit deren Tätigkeit geschlossenen Übereinkünften beizutreten.

(2) Die neuen Mitgliedstaaten sind verpflichtet, den in Artikel 293 des EG‑Vertrags vorgesehenen Übereinkommen und den von der Verwirklichung der Ziele des EG‑Vertrags untrennbaren Übereinkommen sowie den Protokollen über die Auslegung dieser Übereinkommen durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, die von den derzeitigen Mitgliedstaaten unterzeichnet wurden, beizutreten, sofern sie noch in Kraft sind, und zu diesem Zweck mit diesen Mitgliedstaaten Verhandlungen im Hinblick auf die erforderlichen Anpassungen aufzunehmen.

 

Artikel 6

 

(1) Die neuen Mitgliedstaaten sind verpflichtet, nach Maßgabe dieses Protokolls den von den derzeitigen Mitgliedstaaten und der Union oder der Europäischen Atomgemeinschaft gemeinsam geschlossenen oder vorläufig angewendeten Abkommen oder Übereinkünften sowie den von diesen Staaten geschlossenen Übereinkünften, die mit den erstgenannten Abkommen oder Übereinkünften in Zusammenhang stehen, beizutreten.

Der Beitritt der neuen Mitgliedstaaten zu den in Absatz 4 genannten Abkommen oder Übereinkünften sowie zu den Abkommen mit Belarus, China, Chile, dem Mercosur und der Schweiz, die von der Gemeinschaft und ihren derzeitigen Mitgliedstaaten gemeinsam geschlossen

oder unterzeichnet wurden, wird durch den Abschluss eines Protokolls zu diesen Abkommen beziehungsweise Übereinkünften zwischen dem Rat, der im Namen der Mitgliedstaaten handelt und einstimmig beschließt, und dem betreffenden dritten Staat oder den betreffenden dritten Staaten beziehungsweise der betreffenden internationalen Organisation geregelt. Dieses Verfahren gilt unbeschadet der eigenen Zuständigkeiten der Union und der Europäischen Atomgemeinschaft und berührt nicht die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen ihnen und den Mitgliedstaaten in Bezug auf den künftigen Abschluss derartiger Abkommen oder Übereinkünfte oder in Bezug auf andere nicht mit dem Beitritt zusammenhängende Änderungen. Die Kommission handelt diese Protokolle im Namen der Mitgliedstaaten auf der Grundlage der vom Rat einstimmig gebilligten Verhandlungsrichtlinien in Abstimmung mit einem aus den Vertretern der Mitgliedstaaten zusammengesetzten

Ausschuss aus. Sie unterbreitet dem Rat einen Entwurf der Protokolle für deren Abschluss.

(2) Mit dem Beitritt zu den in Absatz 1 genannten Abkommen und Übereinkünften erlangen die neuen Mitgliedstaaten die gleichen Rechte und Pflichten aus diesen Abkommen und Übereinkünften wie die derzeitigen Mitgliedstaaten.

(3) Die neuen Mitgliedstaaten sind verpflichtet, nach Maßgabe dieses Protokolls dem Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (1) nach Artikel 128 des Abkommens beizutreten.

(4) Ab dem 1. Mai 2004 und gegebenenfalls bis zum Abschluss der in Absatz 1 genannten erforderlichen Protokolle wenden die neuen Mitgliedstaaten die Übereinkünfte, die die derzeitigen Mitgliedstaaten und die Gemeinschaft gemeinsam mit Ägypten, Algerien, Armenien, Aserbaidschan, Bulgarien, Georgien, Israel, Jordanien, Kasachstan, Kirgisistan, Kroatien, Libanon, Marokko, der Ehemaligen Jugoslawischen Republik Mazedonien, Mexiko, Moldau, Rumänien, der Russischen Föderation, San Marino, Südafrika, Südkorea, Syrien, Tunesien, der Türkei, Turkmenistan, der Ukraine und Usbekistan geschlossen haben, sowie andere Übereinkünfte an, die die derzeitigen Mitgliedstaaten und die Gemeinschaft gemeinsam vor dem 1. Mai 2004 geschlossen haben.

Alle Anpassungen dieser Übereinkünfte sind Gegenstand von Protokollen, die mit den anderen Vertragsstaaten nach Absatz 1 Unterabsatz 2 geschlossen werden. Sind die Protokolle bis zum 1. Mai 2004 nicht geschlossen worden, so ergreifen die Union, die Europäische Atomgemeinschaft und die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer jeweiligen Befugnisse die erforderlichen Maßnahmen, um diese Lage zu klären.

(5) Ab dem 1. Mai 2004 wenden die neuen Mitgliedstaaten die von der Gemeinschaft mit Drittländern geschlossenen bilateralen Textilabkommen oder -vereinbarungen an.

Die von der Union angewendeten mengenmäßigen Beschränkungen der Einfuhr von Textil- und Bekleidungserzeugnissen werden angepasst, um dem Beitritt der neuen Mitgliedstaaten Rechnung zu tragen.

Sollten die Änderungen der bilateralen Textilabkommen und -vereinbarungen bis zum 1. Mai 2004 nicht in Kraft getreten sein, so nimmt die Union an ihren Vorschriften für die Einfuhr von Textil- und Bekleidungserzeugnissen aus Drittländern die notwendigen Anpassungen vor, um dem Beitritt der neuen Mitgliedstaaten Rechnung zu tragen.

(6) Die von der Union angewendeten mengenmäßigen Beschränkungen der Einfuhr von Stahl und Stahlerzeugnissen werden auf der Grundlage der in den Jahren unmittelbar vor der Unterzeichnung des Beitrittsvertrags erfolgten Einfuhren von Stahlerzeugnissen aus den betreffenden Lieferländern in die neuen Mitgliedstaaten angepasst.

(7) Die von den neuen Mitgliedstaaten vor dem 1. Mai 2004 mit Drittländern geschlossenen Fischereiabkommen werden von der Union verwaltet.

Die Rechte und Pflichten der neuen Mitgliedstaaten aus diesen Abkommen werden während des Zeitraums, in dem die Bestimmungen dieser Abkommen vorläufig beibehalten werden, nicht berührt.

So bald wie möglich, auf jeden Fall jedoch vor dem Ablauf der Geltungsdauer der in Unterabsatz 1 genannten Abkommen, erlässt der Rat in jedem Einzelfall auf Vorschlag der Kommission die geeigneten Europäischen Beschlüsse zur Aufrechterhaltung der Fischereitätigkeiten, die sich aus den Abkommen ergeben; hierzu gehört auch die Möglichkeit, bestimmte Abkommen um höchstens ein Jahr zu verlängern.

(8) Mit Wirkung vom 1. Mai 2004 treten die neuen Mitgliedstaaten von allen Freihandelsabkommen mit dritten Staaten zurück; dies gilt auch für das Mitteleuropäische Freihandelsübereinkommen. Soweit Übereinkünfte zwischen einem oder mehreren neuen Mitgliedstaaten einerseits und einem oder mehreren Drittländern andererseits nicht mit den Pflichten aus der Verfassung und insbesondere aus diesem Protokoll vereinbar sind, treffen die neuen Mitgliedstaaten die geeigneten Maßnahmen, um die festgestellten Unvereinbarkeiten zu beseitigen. Stößt ein Mitgliedstaat bei der Anpassung eines mit einem Drittland oder mehreren Drittländern geschlossenen Abkommens auf Schwierigkeiten, so tritt er nach Maßgabe dieses Abkommens von dem Abkommen zurück.

(9) Die neuen Mitgliedstaaten ergreifen geeignete Maßnahmen, um gegebenenfalls ihre Stellung gegenüber internationalen Organisationen oder denjenigen internationalen Übereinkünften, denen auch die Union oder die Europäische Atomgemeinschaft oder andere Mitgliedstaaten als Vertragspartei angehören, den Rechten und Pflichten anzupassen, die sich aus ihrem Beitritt zur Union ergeben.

Sie treten insbesondere zum 1. Mai 2004 oder zum frühestmöglichen Termin nach diesem Zeitpunkt von den internationalen Fischereiübereinkünften zurück, denen auch die Union als Vertragspartei angehört, und beenden ihre Mitgliedschaft in den internationalen Fischereiorganisationen, denen auch die Union als Mitglied angehört, sofern ihre Mitgliedschaft nicht auch andere Angelegenheiten

als die Fischerei betrifft.

 

Artikel 7

 

Die von den Organen erlassenen Rechtsakte, auf die sich die in diesem Protokoll vorgesehenen Übergangsbestimmungen beziehen, bewahren ihren Rechtscharakter; insbesondere bleiben die Verfahren zur Änderung dieser Rechtsakte anwendbar.

 

Artikel 8

 

Die Bestimmungen der Beitrittsakte vom 16. April 2003, die eine nicht nur vorübergehende Aufhebung oder Änderung der Rechtsakte, die von den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Gemeinschaft oder der mit dem Vertrag über die Europäische Union gegründeten

Europäischen Union erlassen wurden, zum Gegenstand haben, bleiben, wie sie vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften und dem Gericht erster Instanz ausgelegt wurden, vorbehaltlich der Anwendung von Absatz 2 in Kraft.

Die Bestimmungen nach Absatz 1 haben denselben Rechtscharakter wie die durch sie aufgehobenen oder geänderten Bestimmungen und unterliegen denselben Regeln wie diese.

 

Artikel 9

 

Der Wortlaut der Rechtsakte, die von den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Gemeinschaft oder der mit dem Vertrag über die Europäische Union gegründeten Europäischen Union oder von der Europäischen Zentralbank vor dem 1. Mai 2004 erlassen wurden und die in

tschechischer, estnischer, ungarischer, lettischer, litauischer, maltesischer, polnischer, slowakischer und slowenischer Sprache abgefasst wurden, ist ab diesem Zeitpunkt gleichermaßen verbindlich wie der in den anderen Sprachen abgefasste und verbindliche Wortlaut.

 

Artikel 10

 

Die in diesem Protokoll enthaltenen Übergangsbestimmungen können durch Europäisches Gesetz des Rates aufgehoben werden, wenn sie nicht mehr anwendbar sind. Der Rat beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments.

 

Artikel 11

 

Für die Anwendung der Verfassung und der Rechtsakte der Organe gelten vorübergehend die in diesem Protokoll vorgesehenen abweichenden Bestimmungen.

 

TITEL II

 

STÄNDIGE BESTIMMUNGEN

 

Artikel 12

 

Die infolge des Beitritts erforderlichen Anpassungen der in Anhang III der Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgeführten Rechtsakte werden nach den dort aufgestellten Leitlinien nach dem Verfahren und unter den Voraussetzungen des Artikels 36 vorgenommen.

 

Artikel 13

 

Die in Anhang IV der Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgeführten Maßnahmen werden unter den in dem genannten Anhang festgelegten Bedingungen angewandt.

 

Artikel 14

 

Die bei einer Änderung des Unionsrechts gegebenenfalls erforderlichen Anpassungen der Bestimmungen dieses Protokolls, die die Gemeinsame Agrarpolitik betreffen, können durch Europäisches Gesetz des Rates vorgenommen werden. Der Rat beschließt einstimmig nach

Anhörung des Europäischen Parlaments.

 

TITEL III

 

BESTIMMUNGEN MIT BEGRENZTER GELTUNGSDAUER

 

Artikel 15

 

Die in den Anhängen V, VI, VII, VIII, IX, X, XI, XII, XIII und XIV der Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgeführten Maßnahmen finden auf die neuen Mitgliedstaaten unter den in den genannten Anhängen festgelegten Bedingungen Anwendung.

 

Artikel 16

 

(1) Die als „Zölle des Gemeinsamen Zolltarifs und andere Zölle“ bezeichneten Einnahmen im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe b des Beschlusses 2000/597/EG, Euratom des Rates vom 29. September 2000 über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften (1) oder entsprechender Vorschriften in einem diesen ersetzenden Beschluss umfassen auch die von der Union für den Handel der neuen Mitgliedstaaten mit Drittländern angewandten Zölle, die anhand der sich aus dem Gemeinsamen Zolltarif ergebenden Zollsätze und entsprechender Zollzugeständnisse berechnet werden.

(2) Für das Jahr 2004 belaufen sich die einheitliche MwSt.-Eigenmittelbemessungsgrundlage und die BNE-Bemessungsgrundlage (Bruttonationaleinkommen) nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstaben c und d des Beschlusses 2000/597/EG, Euratom für jeden neuen Mitgliedstaat auf zwei Drittel der Jahresbemessungsgrundlage. Die BNE-Bemessungsgrundlage für jeden neuen Mitgliedstaat, die bei der Berechnung der Finanzierung der Korrektur der Haushaltsungleichgewichte zugunsten des Vereinigten Königreichs nach Artikel 5 Absatz 1 des Beschlusses 2000/597/EG, Euratom zu berücksichtigen ist, beläuft sich ebenfalls auf zwei Drittel der Jahresbemessungsgrundlage.

(3) Zum Zwecke der Bestimmung des eingefrorenen Satzes für 2004 nach Artikel 2 Absatz 4 Buchstabe b des Beschlusses 2000/597/EG, Euratom wird die begrenzte MwSt.-Eigenmittelbemessungsgrundlage der neuen Mitgliedstaaten auf der Grundlage von zwei Dritteln ihrer nicht

begrenzten MwSt.-Eigenmittelbemessungsgrundlage und zwei Dritteln ihres BNE berechnet.

 

Artikel 17

 

(1) Der Haushaltsplan der Union für das Haushaltsjahr 2004 wird durch einen Berichtigungshaushaltsplan, der am 1. Mai 2004 in Kraft tritt, angepasst, um den Beitritt der neuen Mitgliedstaaten zu berücksichtigen.

(2) Die zwölf monatlichen Zwölftel der MwSt.- und der BNE-Eigenmittel, die die neuen Mitgliedstaaten im Rahmen des Berichtigungshaushaltsplans nach Absatz 1 überweisen müssen, sowie die rückwirkende Anpassung der monatlichen Zwölftel für den Zeitraum Januar — April 2004, die nur für die derzeitigen Mitgliedstaaten gelten, werden in Achtel umgerechnet, die im Zeitraum Mai - Dezember 2004 abgerufen werden. Die rückwirkenden Anpassungen, die sich aus etwaigen weiteren im Jahr 2004 angenommenen Berichtigungshaushaltsplänen ergeben, werden ebenso in gleiche Teile umgerechnet, die während des restlichen Jahres abgerufen werden.

 

Artikel 18

 

Die Union überweist der Tschechischen Republik, Zypern, Malta und Slowenien am ersten Arbeitstag jedes Monats als Ausgaben des Haushaltsplans der Union im Jahr 2004 ab dem 1. Mai 2004 ein Achtel und in den Jahren 2005 und 2006 ein Zwölftel der folgenden Beträge des vorübergehenden Haushaltsausgleichs:

(in Mio. Euro zu Preisen von 1999)

2004              2005               2006

Tschechische Republik                   125,4              178,0              85,1

Zypern                                                 68,9              119,2           112,3

Malta                                                   37,8                65,6              62,9

Slowenien                                         29,5                 66,4            35,5

 

Artikel 19

 

Die Union überweist der Tschechischen Republik, Estland, Zypern, Lettland, Litauen, Ungarn, Malta, Polen, Slowenien und der Slowakei am ersten Arbeitstag jedes Monats als Ausgaben des Haushaltsplans der Union im Jahr 2004 ab dem 1. Mai 2004 ein Achtel und in den Jahren 2005 und 2006 ein Zwölftel der folgenden Beträge einer besonderen pauschalen Cashflow-Fazilität:

(in Mio. Euro zu Preisen von 1999)

2004              2005               2006

Tschechische Republik       174,7              91,55              91,55

Estland                                    15,8                2,90                2,90

Zypern                                     27,7                5,05                5,05

Lettland                                  19,5                 3,40                3,40

Litauen                                   34,8                 6,30                6,30

Ungarn                                  155,3              27,95              27,95

Malta                                      12,2                27,15              27,15

Polen                                  442,8              550,00            450,00

Slowenien                             65,4                17,85              17,85

Slowakei                               63,2                11,35              11,35

Die in der besonderen pauschalen Cashflow-Fazilität enthaltenen Beträge von 1 Mrd. Euro für Polen und 100 Mio. Euro für die Tschechische Republik werden bei allen Berechnungen im Hinblick auf die Aufteilung der Strukturfondsmittel für die Jahre 2004, 2005 und 2006 berücksichtigt.

 

Artikel 20

 

(1) Die nachstehend aufgeführten neuen Mitgliedstaaten überweisen die folgenden Beträge an den Forschungsfonds für Kohle und Stahl im Sinne des Beschlusses 2002/234/EGKS der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom 27. Februar 2002 über die finanziellen Folgen des Ablaufs des EGKS-Vertrags und über den Forschungsfonds für Kohle und Stahl (1):

(in Mio. Euro zu laufenden Preisen)

Tschechische Republik       39,88

Estland           2,50

Lettland          2,69

Ungarn           9,93

Polen              92,46

Slowenien      2,36

Slowakei        20,11

(2) Die Beiträge zum Forschungsfonds für Kohle und Stahl werden beginnend mit dem Jahr 2006 in vier Raten jeweils am ersten Arbeitstag des ersten Monats jedes Jahres wie folgt überwiesen:

2006: 15 %

2007: 20 %

2008: 30 %

2009: 35 %

 

Artikel 21

 

(1) Sofern in diesem Protokoll nichts anderes bestimmt ist, werden nach dem 31. Dezember 2003 im Rahmen des Programms Phare

(2), des Programms für grenzübergreifende Zusammenarbeit iRahmen des Phare-Programms

(3), der Heranführungsmittel für Zypern und Malta

(4), des ISPAProgramms

(5) und des Sapard-Programms

(6) keine Mittelbindungen für die neuen Mitgliedstaten mehr vorgenommen.

Vorbehaltlich der nachstehenden Einzelbestimmungen und Ausnahmen oder anders lautender Bestimmungen dieses Protokolls werden die neuen Mitgliedstaaten ab dem 1. Januar 2004 in Bezug auf die in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 6. Mai 1999

(1) festgelegten ersten drei Rubriken der Finanziellen Vorausschau in der gleichen Weise behandelt wie die derzeitigen Mitgliedstaaten. Die Obergrenzen der zusätzlichen Verpflichtungen der Rubriken 1, 2, 3 und 5 der Finanziellen Vorausschau im Zusammenhang mit der Erweiterung sind in Anhang XV der Beitrittsakte vom 16. April 2003 festgelegt. Im Rahmen des Haushaltsplans 2004 dürfen jedoch vor dem Beitritt des betreffenden neuen Mitgliedstaats keine Mittelbindungen für Programme oder Einrichtungen vorgenommen werden.

(2) Absatz 1 gilt nicht für Ausgaben aus den Mitteln des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft, Abteilung Garantie, nach Artikel 2 Absätze 1 und 2 und Artikel 3 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1258/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 über die

Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik (2); für diese Ausgaben können nach Artikel 2 dieses Protokolls erst ab dem 1. Mai 2004 Zuschüsse der Gemeinschaft gewährt werden. Dagegen gilt Absatz 1 für Ausgaben zur Entwicklung des ländlichen Raums im Rahmen des

Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft, Abteilung Garantie, nach Artikel 47a der Verordnung (EG) Nr. 1257/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) und zur Änderung beziehungsweise Aufhebung bestimmter Verordnungen (3) vorbehaltlich der Bedingungen, die in den Änderungen der genannten Verordnung in Anhang II der Beitrittsakte vom 16. April 2003 festgelegt sind.

(3) Vorbehaltlich von Absatz 1 letzter Satz nehmen die neuen Mitgliedstaaten ab dem 1. Januar2004 unter denselben Bedingungen wie die derzeitigen Mitgliedstaaten mit finanzieller Unterstützung aus dem Haushaltsplan der Union an den Programmen und Einrichtungen der Union teil.

(4) Gegebenenfalls erforderliche Maßnahmen zur Erleichterung des Übergangs von der Vorbeitrittsregelung zu der Regelung, die sich aus der Anwendung dieses Artikels ergibt, werden von der Kommission erlassen.

 

Artikel 22

 

(1) Ab dem 1. Mai 2004 werden Ausschreibung, Auftragsvergabe, Durchführung und Zahlungen im Rahmen von Heranführungshilfen nach den Programmen Phare und Phare-CBC sowie aus den Heranführungsmitteln für Zypern und Malta von Durchführungsstellen in den neuen Mitgliedstaaten verwaltet.

Die Kommission erlässt Europäische Beschlüsse zur Aufhebung der Ex-ante-Kontrolle der Kommission für Ausschreibung und Auftragsvergabe, wenn das Erweiterte Dezentrale Durchführungssystem (Extended Decentralised Implementation System — EDIS) anhand der im Anhang (1) Interinstitutionelle Vereinbarung vom 6. Mai 1999 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin und die Verbesserung des Haushaltsverfahrens der Verordnung (EG) Nr. 1266/1999 des Rates vom 21. Juni 1999 zur Koordinierung der Hilfe für die beitrittswilligen Länder im Rahmen der Heranführungsstrategie und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3906/89 (1) festgelegten Kriterien und Bedingungen positiv beurteilt

worden ist.

Werden diese Beschlüsse zur Aufhebung der Ex-ante-Kontrolle nicht vor dem 1. Mai 2004 erlassen, so kann für keinen der Verträge, die zwischen dem 1. Mai 2004 und dem Tag der Kommissionsbeschlüsse unterzeichnet werden, Heranführungshilfe gewährt werden.

Verzögern sich jedoch die Beschlüsse der Kommission zur Aufhebung der Ex-ante-Kontrolle aus Gründen, die nicht den Behörden dieses neuen Mitgliedstaats zuzuschreiben sind, über den 1. Mai 2004 hinaus, so kann die Kommission in gebührend begründeten Fällen einer Heranführungshilfe für Verträge, die zwischen dem 1. Mai 2004 und dem Tag dieser Beschlüsse unterzeichnet wurden, und einer weiteren Durchführung von Heranführungshilfen für einen begrenzten Zeitraum vorbehaltlich einer Ex-ante-Kontrolle von Ausschreibung und Auftragsvergabe durch die Kommission zustimmen.

(2) Globale Mittelbindungen, die vor dem 1. Mai 2004 im Rahmen der in Absatz 1 genannten Vorbeitritts-Finanzinstrumente erfolgt sind, einschließlich des Abschlusses und der Verbuchung späterer rechtlicher Einzelverpflichtungen und Zahlungen nach dem 1. Mai 2004, unterliegen weiterhin den Regelungen und Verordnungen für die Vorbeitritts-Finanzinstrumente und werden bis zum Abschluss der betreffenden Programme und Projekte in den entsprechenden Kapiteln des Haushalts veranschlagt. Dessen ungeachtet werden Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge, die nach dem 1. Mai 2004 eingeleitet werden, in Einklang mit den einschlägigen Rechtsakten der Union durchgeführt.

(3) Für die in Absatz 1 genannte Heranführungshilfe wird im letzten vollen Kalenderjahr vor dem

1. Mai 2004 letztmalig eine Programmplanung durchgeführt. Die Aufträge für Maßnahmen im

Rahmen dieser Programme sind innerhalb der folgenden zwei Jahre zu vergeben und die

Auszahlungen haben, wie in der Finanzierungsvereinbarung (2) vorgesehen, in der Regel bis Ende des

dritten Jahres nach der Mittelbindung zu erfolgen. Verlängerungen der Auftragsvergabefrist werden

nicht genehmigt. Für Auszahlungen können in gebührend begründeten Ausnahmefällen befristete

Verlängerungen genehmigt werden.

(4) Zur Gewährleistung der erforderlichen schrittweisen Einstellung der in Absatz 1 genannten Vorbeitritts-Finanzinstrumente sowie des ISPA-Programms und eines reibungslosen Übergangs von den vor dem 1. Mai 2004 geltenden Regelungen auf die nach dem diesem Zeitpunkt geltenden Regelungen kann die Kommission die geeigneten Maßnahmen ergreifen, um dafür zu sorgen, dass das erforderliche Statutspersonal in den neuen Mitgliedstaaten nach dem 1. Mai 2004 noch maximal fünfzehn Monate weiter tätig ist. In diesem Zeitraum gelten für Beamte, die vor dem 1. Mai 2004 in Planstellen in den neuen Mitgliedstaaten eingewiesen wurden und die nach diesem Zeitpunkt

weiterhin in diesen Staaten ihren Dienst zu verrichten haben, ausnahmsweise die gleichen finanziellen und materiellen Bedingungen, wie sie die Kommission vor dem 1. Mai 2004 nach (2) Phare-Leitlinien (SEK (1999) 1596, aktualisiert am 6.9.2002 durch Dok. C 3303/2).

Anhang X des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten dieser Gemeinschaften nach der Verordnung (EWG, Euratom, EGKS) Nr. 259/68 (1) angewandt hat. Die für die Verwaltung der Heranführungshilfe erforderlichen Verwaltungsausgaben einschließlich der Bezüge für sonstige Bedienstete werden für das gesamte Jahr 2004 und bis einschließlich Juli 2005 aus der Haushaltslinie „Unterstützungsausgaben für Maßnahmen“ (früherer Teil B des Haushaltsplans) oder entsprechenden Haushaltslinien der einschlägigen Vorbeitritts-Haushalte für die in Absatz 1 genannten Finanzinstrumente und das ISPAProgramm finanziert.

(5) Können die nach der Verordnung (EG) Nr. 1258/1999 genehmigten Projekte nicht länger im Rahmen dieses Instruments finanziert werden, so können sie in Programme zur Entwicklung des ländlichen Raums einbezogen werden, die aus dem Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft finanziert werden. Sind dafür besondere Übergangsmaßnahmen erforderlich, so erlässt die Kommission diese nach den Verfahren des Artikels 50 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 des Rates vom 21. Juni 1999 mit allgemeinen Bedingungen über die Strukturfonds (2).

 

Artikel 23

 

(1) Ab dem 1. Mai 2004 bis Ende 2006 stellt die Union den neuen Mitgliedstaaten eine vorübergehende Finanzhilfe (im Folgenden „Übergangsfazilität“) bereit, um die Verwaltungskapazität der neuen Mitgliedstaaten zur Anwendung und Durchsetzung des Unionsrechts und der Rechtsvorschriften der Europäischen Atomgemeinschaft zu entwickeln und zu stärken und den gegenseitigen Austausch bewährter Praktiken zu fördern.

(2) Mit der Unterstützung wird dem anhaltenden Erfordernis, die institutionellen Kapazitäten in bestimmten Bereichen zu stärken, durch Maßnahmen entsprochen, die nicht von den Strukturfonds finanziert werden können; dies betrifft insbesondere die folgenden Bereiche:

a) Justiz und Inneres (Stärkung des Justizwesens, Kontrollen der Außengrenzen, Strategie für die Korruptionsbekämpfung, Stärkung der Strafverfolgungskapazitäten);

b) Finanzkontrolle;

c) Schutz der finanziellen Interessen der Union und der Europäischen Atomgemeinschaft und Betrugsbekämpfung;

d) Binnenmarkt, einschließlich Zollunion;

e) Umwelt;

f) Veterinärdienste und Aufbau von Verwaltungskapazitäten im Bereich Lebensmittelsicherheit;

g) Verwaltungs- und Kontrollstrukturen für die Bereiche Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, einschließlich des Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems (InVeKoS);

h) nukleare Sicherheit (Stärkung der Effizienz und Kompetenz der Behörden für nukleare Sicherheit und der Einrichtungen für deren technische Unterstützung sowie der Stellen für die Bewirtschaftung radioaktiver Abfälle);

i) Statistik;

j) Ausbau der öffentlichen Verwaltung entsprechend den Erfordernissen, die in dem umfassenden Überwachungsbericht der Kommission aufgezeigt sind und nicht von den Strukturfonds abgedeckt werden.

(3) Über die Unterstützung im Rahmen der Übergangsfazilität wird nach dem Verfahren des Artikels 8 der Verordnung (EWG) Nr. 3906/89 des Rates vom 18. Dezember 1989 über Wirtschaftshilfe für bestimmte Länder Mittel- und Osteuropas (1) befunden.

(4) Das Programm wird nach Artikel 53 Absatz 1 Buchstaben a und b der Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (2) beziehungsweise nach dem an ihre Stelle tretenden Europäischen Gesetz durchgeführt. Für Partnerschaftsprojekte zwischen öffentlichen Verwaltungen zum Zwecke des Institutionenaufbaus gilt weiterhin das in den Rahmenabkommen mit den derzeitigen Mitgliedstaaten zum Zwecke der Heranführungshilfe festgelegte Verfahren für den Aufruf zur Einreichung von Vorschlägen über das Netz der Kontaktstellen in den Mitgliedstaaten.

Die Verpflichtungsermächtigungen für die Übergangsfazilität (zu Preisen von 1999) belaufen sich auf 200 Mio. Euro im Jahr 2004, 120 Mio. Euro im Jahr 2005 und 60 Mio. Euro im Jahr 2006. Die jährlichen Mittel werden von der Haushaltsbehörde innerhalb der Grenzen der in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 6. Mai 1999 festgelegten Finanziellen Vorausschau bewilligt.

 

Artikel 24

 

(1) Es wird eine Schengen-Fazilität als zeitlich befristetes Instrument eingerichtet, mit der die Empfänger-Mitgliedstaaten vom 1. Mai 2004 bis zum Ende des Jahres 2006 bei der Finanzierung von Maßnahmen an den neuen Außengrenzen der Union zur Durchführung des Schengen-Besitzstands und der Kontrollen an den Außengrenzen unterstützt werden. Um die bei der Vorbereitung der Teilnahme an Schengen erkannten Mängel abzustellen, kommen die folgenden Maßnahmenarten für eine Finanzierung im Rahmen der Schengen-Fazilität in Frage:

a) Investitionen in den Bau, die Renovierung und die Verbesserung der Infrastruktur an den Grenzübergangsstellen und der entsprechenden Gebäude;

b) Investitionen in jede Art von Betriebsausrüstung (z. B. Laborausrüstung, Detektoren, Hardware und Software für das Schengener Informationssystem SIS II, Transportmittel);

c) Ausbildungsmaßnahmen für das Grenzschutzpersonal;

d) Beitrag zu den Kosten für Logistik und Betrieb.

(2) Die folgenden Beträge werden im Rahmen der Schengen-Fazilität in Form von Pauschalzuschüssen

für die nachstehend genannten Empfänger-Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellt:

(in Mio. Euro zu Preisen von 1999)

                          2004          2005         2006

Estland             22,90        22,90        22,90

Lettland            23,70        23,70        23,70

Litauen             44,78        61,07        29,85

Ungarn             49,30        49,30        49,30

Polen               93,34        93,33        93,33

Slowenien       35,64        35,63        35,63

Slowakei         15,94        15,93        15,93

(3) Die Empfänger-Mitgliedstaaten sind für die Auswahl und Durchführung der einzelnen Maßnahmen unter Beachtung dieses Artikels zuständig. Ihnen obliegt es auch, die Verwendung der Mittel der Schengen-Fazilität mit Hilfsgeldern aus anderen Unionsinstrumenten zu koordinieren, und sie haben dabei die Vereinbarkeit mit den Unionspolitiken und -maßnahmen sowie die Einhaltung der Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften beziehungsweise des an ihre Stelle tretenden Europäischen Gesetzes zu gewährleisten.

Die Pauschalzuschüsse sind innerhalb von drei Jahren nach der ersten Zahlung zu verwenden; nicht verwendete oder ungerechtfertigt ausgegebene Mittel werden von der Kommission wieder eingezogen. Die Empfänger-Mitgliedstaaten müssen spätestens sechs Monate nach Ablauf der Dreijahresfrist einen umfassenden Bericht über die Verwendung der Pauschalzuschüsse mit einer Begründung der Ausgaben vorlegen.

Die Empfänger-Mitgliedstaaten üben diese Zuständigkeit unbeschadet der Zuständigkeit der Kommission für die Ausführung des Haushaltsplans der Union und nach den Bestimmungen über die dezentralisierte Verwaltung der genannten Haushaltsordnung beziehungsweise des an ihre Stelle tretenden Europäischen Gesetzes aus.

(4) Die Kommission behält das Recht auf Überprüfung durch das Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF). Die Kommission und der Rechnungshof können nach den einschlägigen Verfahren auch Überprüfungen vor Ort durchführen.

(5) Die Kommission kann technische Vorschriften erlassen, die für das Funktionieren der Schengen- Fazilität erforderlich sind.

 

Artikel 25

 

Die in den Artikeln 18, 19, 23 und 24 genannten Beträge werden jährlich im Rahmen der technischen Anpassung nach Nummer 15 der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 6. Mai 1999 angepasst.

 

Artikel 26

 

(1) Für einen Zeitraum von bis zu drei Jahren nach dem 1. Mai 2004 kann ein neuer Mitgliedstaat bei Schwierigkeiten, welche einen Wirtschaftszweig erheblich und voraussichtlich anhaltend treffen oder welche die wirtschaftliche Lage eines bestimmten Gebiets beträchtlich verschlechtern können, die Genehmigung zur Anwendung von Schutzmaßnahmen beantragen, um die Lage wieder auszugleichen und den betreffenden Wirtschaftszweig an die Wirtschaft des Binnenmarkts anzupassen.

Unter den gleichen Bedingungen kann ein derzeitiger Mitgliedstaat die Genehmigung zur Anwendung von Schutzmaßnahmen gegenüber einem oder mehreren der neuen Mitgliedstaaten beantragen.

(2) Auf Antrag des betreffenden Mitgliedstaats erlässt die Kommission im Dringlichkeitsverfahren Europäische Verordnungen oder Beschlüsse, mit denen die ihres Erachtens erforderlichen Schutzmaßnahmen und gleichzeitig die Bedingungen und Einzelheiten ihrer Anwendung festgelegt werden.

Im Fall erheblicher wirtschaftlicher Schwierigkeiten entscheidet die Kommission auf ausdrücklichen Antrag des betreffenden Mitgliedstaats binnen fünf Arbeitstagen nach Eingang des mit Gründen versehenen Antrags. Die beschlossenen Maßnahmen sind sofort anwendbar; sie tragen den Interessen aller Beteiligten Rechnung und dürfen keine Grenzkontrollen mit sich bringen.

(3) Die nach Absatz 2 genehmigten Maßnahmen können von der Verfassung und insbesondere von diesem Protokoll abweichen, soweit und solange dies unbedingt erforderlich ist, um die in Absatz 1 genannten Ziele zu erreichen. Es sind mit Vorrang solche Maßnahmen zu wählen, die das Funktionieren des Binnenmarkts am wenigsten stören.

 

Artikel 27

 

Hat ein neuer Mitgliedstaat seine im Rahmen der Beitrittsverhandlungen eingegangenen Verpflichtungen nicht erfüllt und dadurch eine ernste Beeinträchtigung des Funktionierens des Binnenmarkts hervorgerufen, einschließlich der Verpflichtungen in allen sektorbezogenen Politiken, die wirtschaftliche Tätigkeiten mit grenzüberschreitender Wirkung betreffen, oder besteht die unmittelbare Gefahr einer solchen Beeinträchtigung, so kann die Kommission für einen Zeitraum von bis zu drei Jahren ab dem 1. Mai 2004 auf begründeten Antrag eines Mitgliedstaats oder auf eigene Initiative Europäische Verordnungen oder Beschlüsse zur Festlegung geeigneter Maßnahmen erlassen.

Diese Maßnahmen müssen verhältnismäßig sein, wobei vorrangig Maßnahmen, die das Funktionieren des Binnenmarkts am wenigsten stören, zu wählen und gegebenenfalls bestehende sektorale Schutzmechanismen anzuwenden sind. Solche Schutzmaßnahmen dürfen nicht als willkürliche Diskriminierung oder als versteckte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten angewandt werden. Die Maßnahmen werden nicht länger als unbedingt nötig aufrechterhalten und werden auf jeden Fall aufgehoben, sobald die einschlägige Verpflichtung erfüllt ist. Sie können jedoch über den in Absatz 1 genannten Zeitraum hinaus angewandt werden, solange die einschlägigen Verpflichtungen nicht erfüllt sind. Aufgrund von Fortschritten der betreffenden neuen Mitgliedstaaten bei der Erfüllung ihrer Verpflichtungen kann die Kommission die Maßnahmen in geeigneter Weise anpassen. Die Kommission unterrichtet den Rat rechtzeitig, bevor sie die Europäischen Verordnungen

oder Beschlüsse zur Festlegung von Schutzmaßnahmen aufhebt, und trägt allen Bemerkungen des Rates in dieser Hinsicht gebührend Rechnung.

 

Artikel 28

 

Treten bei der Umsetzung, der Durchführung oder der Anwendung von Rahmenbeschlüssen oder anderen einschlägigen Verpflichtungen, Instrumenten der Zusammenarbeit oder Beschlüssen in Bezug auf die gegenseitige Anerkennung im Bereich des Strafrechts im Rahmen des Titels VI des EUVertrags und von Richtlinien und Verordnungen in Bezug auf die gegenseitige Anerkennung im Bereich des Zivilrechts im Rahmen des Titels IV des EG-Vertrags sowie von Europäischen Gesetzen und Rahmengesetzen im Rahmen des Teils III Titel III Kapitel IV Abschnitte 3 und 4 der Verfassung in einem neuen Mitgliedstaat ernste Mängel auf oder besteht die Gefahr ernster Mängel, so kann die Kommission für einen Zeitraum von bis zu drei Jahren ab dem 1. Mai 2004 auf begründeten Antrag eines Mitgliedstaats oder auf eigene Initiative und nach Konsultation der Mitgliedstaaten Europäische Verordnungen oder Beschlüsse zur Festlegung angemessener Maßnahmen erlassen und die Bedingungen und Einzelheiten ihrer Anwendung festlegen.

Diese Maßnahmen können in Form einer vorübergehenden Aussetzung der Anwendung einschlägiger Bestimmungen und Beschlüsse in den Beziehungen zwischen einem neuen Mitgliedstaat und einem anderen Mitgliedstaat oder anderen Mitgliedstaaten erfolgen, unbeschadet der Fortsetzung einer engen justiziellen Zusammenarbeit. Die Maßnahmen werden nicht länger als unbedingt nötig aufrechterhalten und werden auf jeden Fall aufgehoben, sobald die Mängel beseitigt sind. Sie können jedoch über den in Absatz 1 genannten Zeitraum hinaus angewandt werden, solange die Mängel weiter bestehen. Aufgrund von Fortschritten des betreffenden neuen Mitgliedstaats bei derBeseitigung der festgestellten Mängel kann die Kommission die Maßnahmen nach Konsultation der Mitgliedstaaten in geeigneter Weise anpassen. Die Kommission unterrichtet den Rat rechtzeitig, bevorsie Schutzmaßnahmen aufhebt, und trägt allen Bemerkungen des Rates in dieser Hinsicht gebührendRechnung.

 

Artikel 29

 

Um das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts nicht zu behindern, darf die Durchführung der innerstaatlichen Vorschriften der neuen Mitgliedstaaten während der in den Anhängen V bis XIV der Beitrittsakte vom 16. April 2003 vorgesehenen Übergangszeiten nicht zu Grenzkontrollen zwischen den Mitgliedstaaten führen.

 

Artikel 30

 

Sind Übergangsmaßnahmen erforderlich, um den Übergang von der in den neuen Mitgliedstaaten bestehenden Regelung auf die Regelung zu erleichtern, die sich aus der Anwendung der Gemeinsamen Agrarpolitik nach den in diesem Protokoll genannten Bedingungen ergibt, so werden diese Maßnahmen von der Kommission entsprechend dem Verfahren nach Artikel 42 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1260/2001 des Rates vom 19. Juni 2001 über die gemeinsame Marktorganisation für Zucker (1) oder gegebenenfalls dem Verfahren nach den entsprechenden Artikeln anderer Verordnungen über gemeinsame Markorganisationen beziehungsweise der an ihre Stelle tretenden

Europäischen Gesetze oder entsprechend dem in den anwendbaren Rechtsvorschriften vorgesehenen einschlägigen Verfahren erlassen. Die in diesem Artikel genannten Übergangsmaßnahmen können während eines Zeitraums von drei Jahren nach dem 1. Mai 2004 erlassen werden und ihre Anwendung ist auf diesen Zeitraum zu beschränken. Dieser Zeitraum kann durch Europäisches Gesetz des Rates verlängert werden. Der Rat beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments.

 

Artikel 31

 

Sind Übergangsmaßnahmen erforderlich, um den Übergang von der in den neuen Mitgliedstaaten bestehenden Regelung auf die Regelung zu erleichtern, die sich aus der Anwendung der veterinär und pflanzenschutzrechtlichen Bestimmungen der Union ergibt, so werden diese Maßnahmen von der Kommission nach dem in den anwendbaren Rechtsvorschriften vorgesehenen einschlägigen Verfahren erlassen. Diese Maßnahmen werden für einen Zeitraum von drei Jahren nach dem 1. Mai 2004 getroffen und ihre Anwendung ist auf diesen Zeitraum zu beschränken.

 

Artikel 32

 

(1) Die Amtszeit der neuen Mitglieder der in Anhang XVI der Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgeführten Ausschüsse, Gruppen und sonstigen Gremien endet zur gleichen Zeit wie die Amtszeit der am 1. Mai 2004 im Amt befindlichen Mitglieder.

(2) Die Amtszeit der neuen Mitglieder der in Anhang XVII der Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgeführten, durch die Kommission eingesetzten Ausschüsse und Gruppen endet zur gleichen Zeit wie die Amtszeit der am 1. Mai 2004 im Amt befindlichen Mitglieder.

 

TITEL IV

 

ANWENDBARKEIT DER RECHTSAKTE DER ORGANE

 

Artikel 33

 

Die Richtlinien und Entscheidungen im Sinne des Artikels 249 des EG-Vertrags und des Artikels 161 des EAG-Vertrags gelten ab dem 1. Mai 2004 als an die neuen Mitgliedstaaten gerichtet, sofern diese Richtlinien und Entscheidungen an alle derzeitigen Mitgliedstaaten gerichtet wurden. Außer im Fall der Richtlinien und Entscheidungen, die nach Artikel 254 Absätze 1 und 2 des EG‑Vertrags in Kraft treten, werden die neuen Mitgliedstaaten so behandelt, als wären ihnen diese Richtlinien und Entscheidungen zum 1. Mai 2004 notifiziert worden.

 

Artikel 34

 

Sofern in den in Artikel 15 genannten Anhängen oder in anderen Bestimmungen dieses Protokolls nicht eine andere Frist vorgesehen ist, setzen die neuen Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen in Kraft, um den Richtlinien und Entscheidungen im Sinne des Artikels 249 des EGVertrags und des Artikels 161 des EAG-Vertrags ab dem 1. Mai 2004 nachzukommen.

 

Artikel 35

 

Sofern nicht etwas anderes bestimmt ist, erlässt der Rat auf Vorschlag der Kommission die Europäischen Verordnungen oder Beschlüsse, die zur Durchführung der in den Artikeln 12 und 13 dieses Protokolls genannten Bestimmungen der Anhänge III und IV der Beitrittsakte vom 16. April 2003 erforderlich sind.

 

Artikel 36

 

(1) Erfordern vor dem 1. Mai 2004 erlassene Rechtsakte der Organe aufgrund des Beitritts eine Anpassung und sind die erforderlichen Anpassungen in diesem Protokoll nicht vorgesehen, so werden diese Anpassungen nach dem in Absatz 2 vorgesehenen Verfahren vorgenommen. Diese Anpassungen treten zum 1. Mai 2004 in Kraft.

(2) Der Rat oder die Kommission, je nachdem, welches Organ die ursprünglichen Rechtsakte erlassen hat, erlässt zu diesem Zweck die erforderlichen Rechtsakte; der Rat beschließt dabei auf Vorschlag der Kommission.

 

Artikel 37

 

Die neuen Mitgliedstaaten teilen der Kommission nach Artikel 33 des EAG‑Vertrags binnen drei Monaten nach dem 1. Mai 2004 die Rechts‑ und Verwaltungsvorschriften mit, die im Hoheitsgebiet dieser Staaten den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer und der Bevölkerung gegen die Gefahren ionisierender Strahlungen sicherstellen sollen.

 

ZWEITER TEIL

 

BESTIMMUNGEN ÜBER DIE PROTOKOLLE ZUR BEITRITTSAKTE VOM 16. APRIL 2003

 

TITEL I

 

ÜBERGANGSBESTIMMUNGEN FÜR DIE EUROPÄISCHE INVESTITIONSBANK

 

Artikel 38

 

Das Königreich Spanien zahlt den Betrag von 309 686 775 Euro als Anteil am eingezahlten Kapital entsprechend der Erhöhung seines gezeichneten Kapitals. Dieser Beitrag wird in acht gleichen Raten gezahlt, die am 30. September 2004, 30. September 2005, 30. September 2006, 31. März 2007, 30. September 2007, 31. März 2008, 30. September 2008 und 31. März 2009 fällig werden.

Das Königreich Spanien leistet zu den Rücklagen und zu den den Rücklagen gleichzusetzenden Rückstellungen sowie zu dem den Rücklagen und Rückstellungen noch zuzuweisenden Betrag (Saldo der Gewinn- und Verlustrechnung zum Ende des Monats April 2004), wie sie in der Bilanz der Bank ausgewiesen werden, zu den genannten Zeitpunkten in acht gleichen Raten Beiträge in Höhe von 4,1292 % der Rücklagen und Rückstellungen.

 

Artikel 39

 

Ab dem 1. Mai 2004 zahlen die neuen Mitgliedstaaten die folgenden Beträge entsprechend ihrem Anteil an dem Kapital, das auf das in Artikel 4 der Satzung der Europäischen Investitionsbank festgelegte gezeichnete Kapital eingezahlt wurde.

Polen 170 563 175 Euro

Tschechische Republik 62 939 275 Euro

Ungarn 59 543 425 Euro

Slowakei 21 424 525 Euro

Slowenien 19 890 750 Euro

Litauen 12 480 875 Euro

Zypern 9 169 100 Euro

Lettland 7 616 750 Euro

Estland 5 882 000 Euro

Malta 3 490 200 Euro

Diese Beiträge werden in acht gleichen Raten gezahlt, die am 30. September 2004, 30. September 2005, 30. September 2006,

31. März 2007, 30. September 2007, 31. März 2008, 30. September 2008 und 31. März 2009 fällig werden.

 

Artikel 40

 

Die neuen Mitgliedstaaten leisten zu den Rücklagen und zu den den Rücklagen gleichzusetzenden Rückstellungen sowie zu dem den Rücklagen und Rückstellungen noch zuzuweisenden Betrag (Saldo der Gewinn‑ und Verlustrechnung zum Ende des Monats April 2004), wie sie in der Bilanz der Europäischen Investitionsbank ausgewiesen werden, zu den in Artikel 39 vorgesehenen Zeitpunkten in acht gleichen Raten Beiträge in Höhe folgender Prozentsätze der Rücklagen und Rückstellungen:

Polen 2,2742 %

Tschechische Republik 0,8392 %

Ungarn 0,7939 %

Slowakei 0,2857 %

Slowenien 0,2652 %

Litauen 0,1664 %

Zypern 0,1223 %

Lettland 0,1016 %

Estland 0,0784 %

Malta 0,0465 %

 

Artikel 41

Kapitalbeiträge und Einzahlungen nach den Artikeln 38, 39 und 40 werden von dem Königreich

Spanien und den neuen Mitgliedstaaten in bar in Euro geleistet, sofern der Rat der Gouverneure nicht

einstimmig eine Ausnahme hierzu beschließt.

 

TITEL II

 

BESTIMMUNGEN ÜBER DIE UMSTRUKTURIERUNG DER TSCHECHISCHEN STAHLINDUSTRIE

 

Artikel 42

 

(1) Ungeachtet der Artikel III-167 und III-168 der Verfassung sind die von der Tschechischen Republik im Zeitraum 1997 bis 2003 für die Umstrukturierung bestimmter Teile ihrer Stahlindustrie gewährten staatlichen Beihilfen als mit dem Binnenmarkt vereinbar anzusehen, sofern

a) der Zeitraum nach Artikel 8 Absatz 4 des Protokolls Nr. 2 über EGKS-Erzeugnisse zum Europa- Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Tschechischen Republik andererseits (1) bis zum 1. Mai 2004 verlängert worden ist,

b) die Bestimmungen des Umstrukturierungsplans, aufgrund dessen das genannte Protokoll verlängert wurde, für den gesamten Zeitraum 2002—2006 eingehalten werden,

c) die in diesem Titel festgelegten Bedingungen erfüllt sind, und

d) der tschechischen Stahlindustrie nach dem 1. Mai 2004 keine staatlichen Beihilfen für die Umstrukturierung mehr zu gewähren sind.

(2) Die Umstrukturierung des tschechischen Stahlsektors nach den Vorgaben der einzelnen Geschäftspläne der in Anhang 1 des Protokolls Nr. 2 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgeführten Unternehmen (im Folgenden „begünstigte Unternehmen“) und nach den in diesem Titel

festgelegten Bedingungen wird bis spätestens 31. Dezember 2006 (im Folgenden „Ende des Umstrukturierungszeitraums“) abgeschlossen.

(3) Nur den begünstigten Unternehmen können im Rahmen des Umstrukturierungsprogramms für die tschechische Stahlindustrie staatliche Beihilfen gewährt werden.

(4) Ein begünstigtes Unternehmen ist nicht berechtigt,

a) seinen Beihilfeanspruch im Fall eines Zusammenschlusses mit einem nicht in Anhang 1 des Protokolls Nr. 2 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgeführten Unternehmen zu übertragen;

b) die Vermögenswerte eines nicht in Anhang 1 des Protokolls Nr. 2 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgeführten Unternehmens, bei dem in der Zeit bis zum 31. Dezember 2006 der Konkurs eröffnet wurde, zu übernehmen.

(5) Bei jeder anschließenden Privatisierung eines begünstigten Unternehmens sind die in diesem Titel festgelegten Bedingungen und Grundsätze der Rentabilität, der staatlichen Beihilfen und der Kapazitätssenkungen einzuhalten.

(6) Der Gesamtbetrag der den begünstigten Unternehmen zu gewährenden Umstrukturierungsbeihilfe bestimmt sich nach den Rechtfertigungen des genehmigten tschechischen Stahlumstrukturierungsplans und den einzelnen vom Rat genehmigten Geschäftsplänen. Jedoch ist die im Zeitraum 1997—2003 ausgezahlte Beihilfe auf jeden Fall auf höchstens 14 147 425 201 CZK begrenzt. Abhängig von den Erfordernissen des genehmigten Umstrukturierungsplans erhält Nová Huť von diesem Gesamtbetrag höchstens 5 700 075 201 CZK, Vítkovice Steel höchstens 8 155 350 000 CZK und Válcovny Plechu Frýdek Místek höchstens 292 000 000 CZK. Die Beihilfe wird nur einmal gewährt. Die Tschechische Republik gewährt für die Umstrukturierung ihrer Stahlindustrie keine weiteren staatlichen Beihilfen.

(7) Die Tschechische Republik verringert im Zeitraum 1997—2006 die Nettokapazität bei Fertigerzeugnissen um mindestens 590 000 Tonnen.

Die Kapazitätsreduzierung wird ausschließlich auf der Grundlage endgültiger Schließungen von Produktionsanlagen mit deren tatsächlicher Demontage gemessen, und zwar in einem Ausmaß, dass die Anlagen nicht wieder in Betrieb genommen werden können. Die Eröffnung des Konkurses eines Stahlunternehmens kann nicht als Kapazitätsreduzierung gewertet werden.

Diese Kapazitätsreduzierung sowie alle weiteren Kapazitätssenkungen, die sich im Rahmen der Umstrukturierungsprogramme als erforderlich erweisen, werden entsprechend dem in Anhang 2 des Protokolls Nr. 2 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003 enthaltenen Zeitplan vollzogen.

(8) Die Tschechische Republik beseitigt nach Maßgabe des Besitzstands bis zum Beitritt die

Handelshemmnisse auf dem Kohlemarkt, so dass tschechische Stahlunternehmen Kohle zu Weltmarktpreisen beziehen können.

(9) Der Geschäftsplan für das begünstigte Unternehmen Nová Huť wird umgesetzt. Insbesondere

gilt Folgendes:

a) Das Werk Vysoké Pece Ostrava (VPO) wird durch den Erwerb des uneingeschränkten Eigentums an diesem Werk in den organisatorischen Rahmen von Nová Huť eingegliedert. Für diesen Zusammenschluss wird ein Termin gesetzt, und es wird eine für dessen Durchführung

verantwortliche Stelle bestimmt.

b) Der Schwerpunkt der Umstrukturierung liegt auf folgenden Aspekten:

i) Nová Huť muss sich von der Produktionsorientierung zur Marktorientierung entwickeln und die Effizienz und Wirksamkeit der Unternehmensleitung verbessern; dies schließt auch mehr Transparenz bei den Kosten ein;

ii) Nová Huť muss seine Produktpalette überprüfen und in Märkte höherer Wertschöpfung vordringen;

iii) Nová Huť muss die erforderlichen Investitionen tätigen, um kurzfristig nach Unterzeichnung des Beitrittsvertrags die Qualität der Fertigerzeugnisse zu verbessern.

c) Die Belegschaft wird umstrukturiert. Am 31. Dezember 2006 müssen auf der Grundlage konsolidierter Zahlenangaben der betroffenen begünstigten Unternehmen Produktivitätsniveaus erreicht sein, die den von den Unternehmensgruppen der Stahlindustrie der Union erzielten

Niveaus vergleichbar sind.

d) Die Einhaltung der einschlägigen Umweltschutzbestimmungen des gemeinschaftlichen Besitzstands wird bis zum 1. Mai 2004 erreicht. Dies schließt auch die erforderlichen Investitionen nach dem Geschäftsplan ein. Entsprechend dem Geschäftsplan werden auch die erforderlichen Investitionen für die Integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (IPPC) getätigt, um die Einhaltung der Richtlinie 96/61/EG des Rates vom 24. September 1996 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (1) bis zum

1. November 2007 sicherzustellen.

(10) Der Geschäftsplan für das begünstigte Unternehmen Vítkovice Steel wird umgesetzt. Insbesondere gilt Folgendes:

a) Die Doppelwalzanlage wird spätestens bis zum 31. Dezember 2006 auf Dauer stillgelegt. Im Falle des Kaufs des Unternehmens durch einen strategischen Investor muss der Abschluss des Kaufvertrags von der Stilllegung zum genannten Termin abhängig gemacht werden.

b) Der Schwerpunkt der Umstrukturierung liegt auf folgenden Aspekten:

i) Steigerung der Direktverkäufe und stärkere Konzentration auf Kostensenkungen, da dies zu den wesentlichen Komponenten einer effizienteren Unternehmensführung gehört;

ii) das Unternehmen passt sich an die Marktnachfrage an und verlagert seine Produktion auf Produkte mit größerer Wertschöpfung;

iii) die vorgeschlagenen Investitionen in Verfahren zur Erzeugung von wiedergewonnenem Stahl werden von 2004 auf 2003 vorgezogen, damit das Unternehmen stärker bei der Qualität als bei den Preisen konkurrieren kann.

c) Die Einhaltung der einschlägigen Umweltschutzbestimmungen des gemeinschaftlichen Besitzstands wird bis zum 1. Mai 2004 erreicht. Dies schließt auch die erforderlichen Investitionen nach dem Geschäftsplan ein, zu denen auch das Erfordernis künftiger Investitionen zur Integrierten Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (IPPC) gehört.

(11) Der Geschäftsplan für das begünstigte Unternehmen Válcovny Plechu Frýdek Místek (VPFM) wird umgesetzt. Insbesondere gilt Folgendes:

a) Die Warmwalzwerke Nr. 1 und 2 müssen Ende 2004 auf Dauer stillgelegt sein.

b) Der Schwerpunkt der Umstrukturierung liegt auf folgenden Aspekten:

i) Das Unternehmen muss die erforderlichen Investitionen tätigen, um kurzfristig nach Unterzeichnung des Beitrittsvertrags die Qualität der Fertigerzeugnisse zu verbessern;

ii) Vorrang hat die Verwirklichung der wichtigsten für eine verbesserte Gewinnerzielung ermittelten Möglichkeiten (einschließlich Umstrukturierung im Beschäftigungsbereich, Kostensenkungen, Ertragsverbesserungen, Neuorientierung des Vertriebs).

(12) Nachträgliche Änderungen an dem allgemeinen Umstrukturierungsplan und den einzelnen Geschäftsplänen müssen von der Kommission und gegebenenfalls vom Rat genehmigt werden.

(13) Die Umstrukturierung erfolgt unter umfassender Transparenz und stützt sich auf solide marktwirtschaftliche Grundsätze.

(14) Die Kommission und der Rat überwachen nach den Absätzen 15 bis 18 sorgfältig die Durchführung der Umstrukturierung und die Erfüllung der in diesem Titel festgelegten Bedingungen betreffend Rentabilität, staatliche Beihilfen und Kapazitätssenkungen vor und nach dem 1. Mai

2004 bis zum Ende des Umstrukturierungszeitraums. Zu diesem Zweck wird die Kommission dem Rat Bericht erstatten.

(15) Die Kommission und der Rat überwachen die Benchmarks für die Umstrukturierung nach Anhang 3 des Protokolls Nr. 2 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003. Bezugnahmen auf Nummer 16 des Protokolls in dem genannten Anhang sind als Bezugnahmen auf Absatz 16 dieses Artikels zu verstehen.

(16) Im Rahmen der Überwachung wird 2003, 2004, 2005 und 2006 eine unabhängige Bewertung vorgenommen. Die von der Kommission durchgeführte Rentabilitätsprüfung ist ein wichtiges Element, um sicherzustellen, dass die Rentabilität erreicht wird.

(17) Die Tschechische Republik arbeitet uneingeschränkt mit der Kommission in Bezug auf alle Überwachungsregelungen zusammen. Insbesondere gilt Folgendes:

a) Die Tschechische Republik legt der Kommission bis zum Ende des Umstrukturierungszeitraums alle 6 Monate, spätestens zum 15. März und zum 15. September jedes Jahres, Berichte über die Umstrukturierung der begünstigten Unternehmen vor.

b) Der erste Bericht geht bis zum 15. März 2003 und der letzte Bericht bis zum 15. März 2007 bei der Kommission ein, wenn diese nicht anders entscheidet.

c) Die Berichte enthalten alle für die Überwachung des Umstrukturierungsprozesses sowie der Verringerung und des Einsatzes von Kapazitäten erforderlichen Informationen und ausreichende finanzielle Daten, anhand deren bewertet werden kann, ob die in diesem Titel festgelegten Bedingungen erfüllt worden sind. Die Berichte enthalten zumindest die in Anhang 4 des Protokolls Nr. 2 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgeführten Informationen, wobei sich die Kommission das Recht vorbehält, diesen Anhang entsprechend den bei der Überwachung gesammelten Erfahrungen zu ändern. Zusätzlich zu den einzelnen Geschäftsberichten der begünstigten Unternehmen wird auch ein Bericht über die Gesamtlage des tschechischen Stahlsektors, einschließlich der neueren makroökonomischen Entwicklungen erstellt.

d) Die Tschechische Republik verpflichtet die begünstigten Unternehmen, alle einschlägigen Daten offen zu legen, die unter anderen Umständen als vertraulich eingestuft werden könnten. Bei ihrer Berichterstattung an den Rat stellt die Kommission sicher, dass unternehmensspezifische vertrauliche Informationen nicht offen gelegt werden.

(18) Die Kommission kann jederzeit einen unabhängigen Berater beauftragen, die Überwachungsergebnisse zu bewerten, jede erforderliche Untersuchung anzustellen und der Kommission und dem Rat Bericht zu erstatten.

(19) Stellt die Kommission aufgrund der in Absatz 17 genannten Berichte erhebliche Abweichungen von den finanziellen Daten fest, auf die sich die Rentabilitätsbewertung stützt, so kann sie die Tschechische Republik auffordern, geeignete Maßnahmen zur Verstärkung der Umstrukturierungsmaßnahmen der betreffenden begünstigten Unternehmen zu ergreifen.

(20) Stellt sich bei der Überwachung heraus, dass

a) die in diesem Titel für die Übergangsregelung genannten Bedingungen nicht erfüllt worden sind

oder dass

b) die Verpflichtungen nicht erfüllt worden sind, die im Rahmen der Verlängerung des Zeitraums, in dem die Tschechische Republik aufgrund des Europa-Abkommens zur Gründung einerAssoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Tschechischen Republik andererseits (1) ausnahmsweise staatliche Beihilfen für die Umstrukturierung ihrer Stahlindustrie gewähren darf, eingegangen worden sind, oder dass

c) die Tschechische Republik während des Umstrukturierungszeitraums der Stahlindustrie und im Besonderen den begünstigten Unternehmen zusätzlich unzulässige staatliche Beihilfen gewährt hat, so wird die in diesem Titel festgelegte Übergangsregelung unwirksam. Die Kommission leitet geeignete Schritte ein und verlangt von den betreffenden Unternehmen die Rückzahlung der Beihilfen, die unter Verstoß gegen die in diesem Titel festgelegten Bedingungen gewährt wurden.

 

TITEL III

 

BESTIMMUNGEN ÜBER DIE HOHEITSZONEN DES VEREINIGTEN KÖNIGREICHS GROSSBRITANNIEN UND NORDIRLAND AUF ZYPERN

 

Artikel 43

 

(1) Die Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs werden in das Zollgebiet der Union einbezogen, und zu diesem Zwecke sind die im Ersten Teil des Anhangs zum Protokoll Nr. 3 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgeführten Rechtsakte der Union über die Zollpolitik und die gemeinsame Handelspolitik mit den in dem genannten Anhang angegebenen Änderungen auf die Hoheitszonen anwendbar. In dem genannten Anhang enthaltene Bezugnahmen auf „dieses Protokoll“ sind als Bezugnahmen auf den vorliegenden Titel zu verstehen.

(2) Die im Zweiten Teil des Anhangs zum Protokoll Nr. 3 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgeführten Rechtsakte der Union über Umsatzsteuern, Verbrauchsteuern und andere Formen der indirekten Besteuerung sind mit den in dem genannten Anhang angegebenen Änderungen auf die Hoheitszonen ebenso anwendbar wie die einschlägigen, Zypern betreffenden Bestimmungen des vorliegenden Protokolls.

(3) Die im Dritten Teil des Anhangs zum Protokoll Nr. 3 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgeführten Rechtsakte der Union werden wie in dem genannten Anhang beschrieben geändert, damit das Vereinigte Königreich die durch den Vertrag zur Gründung der Republik Zypern (im

Folgenden „Gründungsvertrag“) gewährten Steuer- beziehungsweise Zollermäßigungen und -befreiungen für Lieferungen für seine Streitkräfte und beigeordnetes Personal beibehalten kann.

 

Artikel 44

 

Die Artikel III-225 bis III-232 der Verfassung sowie die auf dieser Grundlage erlassenen Bestimmungen und die nach Artikel III-278 Absatz 4 Buchstabe b der Verfassung erlassenen Bestimmungen finden auf die Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs Anwendung.

 

Artikel 45

 

Personen, die in den Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs wohnhaft oder beschäftigt sind und die nach den Regelungen des Gründungsvertrags und des zugehörigen Notenwechsels vom 16. August 1960 unter die Rechtsvorschriften über die soziale Sicherheit der Republik Zypern fallen, werden im Rahmen der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer, Selbstständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu‑ und abwandern (1), behandelt, als ob sie im Hoheitsgebiet der Republik Zypern wohnhaft oder beschäftigt wären.

 

Artikel 46

 

(1) Die Republik Zypern ist nicht verpflichtet, Kontrollen bei Personen vorzunehmen, die ihre Land- und Seegrenzen zu den Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs überschreiten; die Beschränkungen der Union für das Überschreiten ihrer Außengrenzen sind auf solche Personen nicht anwendbar.

(2) Das Vereinigte Königreich führt entsprechend seinen Verpflichtungen nach dem Vierten Teil des Anhangs zum Protokoll Nr. 3 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003 Kontrollen bei Personen durch, die die Außengrenzen seiner Hoheitszonen überschreiten.

 

Artikel 47

 

Um eine wirksame Umsetzung der Ziele dieses Titels sicherzustellen, kann der Rat auf Vorschlag der Kommission im Wege eines Europäischen Beschlusses die Artikel 43 bis 46 einschließlich des Anhangs zum Protokoll Nr. 3 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003 ändern oder andere Bestimmungen der Verfassung und andere einschlägige Unionsvorschriften unter den von ihm angegebenen Bedingungen auf die Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs anwenden. Der Rat beschließt einstimmig. Die Kommission konsultiert das Vereinigte Königreich und die Republik Zypern, bevor sie einen Vorschlag vorlegt.

 

Artikel 48

 

(1) Vorbehaltlich des Absatzes 2 ist das Vereinigte Königreich für die Durchführung dieses Titels in seinen Hoheitszonen verantwortlich. Dabei gilt insbesondere Folgendes:

a) Bei Waren, die über einen Hafen oder Flughafen innerhalb der Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs von oder nach Zypern aus- oder eingeführt werden, ist das Vereinigte Königreich für die Durchführung der in diesem Titel festgelegten Maßnahmen der Union in den Bereichen

Zollwesen, indirekte Besteuerung und gemeinsame Handelspolitik zuständig;

b) Zollkontrollen bei Waren, die von den Streitkräften des Vereinigten Königreichs über einen Hafen oder Flughafen der Republik Zypern von oder nach Zypern aus‑ oder eingeführt werden, können innerhalb der Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs vorgenommen werden;

c) das Vereinigte Königreich ist für die Ausstellung von Zulassungen, Genehmigungen oder Bescheinigungen zuständig, die nach einer geltenden Maßnahme der Union gegebenenfalls für Waren erforderlich sind, die von den Streitkräften des Vereinigten Königreichs von oder nach Zypern aus- oder eingeführt werden.

(2) Die Republik Zypern ist für die Verwaltung und Auszahlung von Unionsmitteln zuständig, auf die Personen in den Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs in Anwendung der Gemeinsamen Agrarpolitik in den Hoheitszonen nach Artikel 44 Anspruch haben; die Republik Zypern ist der Kommission gegenüber für diese Ausgaben rechenschaftspflichtig.

(3) Unbeschadet der Absätze 1 und 2 kann das Vereinigte Königreich nach den im Gründungsvertrag getroffenen Regelungen den zuständigen Behörden der Republik Zypern die Wahrnehmung aller Aufgaben übertragen, die einem Mitgliedstaat durch die Bestimmungen der Artikel 43 bis 46 oder in deren Rahmen auferlegt werden.

(4) Das Vereinigte Königreich und die Republik Zypern arbeiten zusammen, um eine wirksame Durchführung dieses Titels in den Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs sicherzustellen, und treffen gegebenenfalls weitere Vereinbarungen zur Übertragung von Aufgaben im Zusammenhang mit der Durchführung der in den Artikeln 43 bis 46 genannten Bestimmungen. Die Kommission erhält eine Ausfertigung dieser Vereinbarungen.

 

Artikel 49

 

Mit der Regelung dieses Titels soll ausschließlich die besondere Lage der Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs auf Zypern geregelt werden; sie findet weder auf ein anderes Hoheitsgebiet der Union Anwendung, noch stellt sie ganz oder teilweise einen Präzedenzfall für eine andere Sonderregelung dar, die bereits besteht oder in einem anderen, in Artikel IV-440 der Verfassung genannten europäischen Hoheitsgebiet getroffen wird.

 

Artikel 50

 

Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat ab dem 1. Mai 2004 alle fünf Jahre einen Bericht über die Umsetzung der Bestimmungen dieses Titels vor.

 

Artikel 51

 

Die Bestimmungen dieses Titels finden unter Berücksichtigung der Erklärung zu den Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland auf Zypern Anwendung, die mit unveränderter Rechtswirkung den Wortlaut der Präambel des Protokolls Nr. 3 der Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgreift.

 

TITEL IV

 

BESTIMMUNGEN ÜBER DAS KERNKRAFTWERK IGNALINA IN LITAUEN

 

Artikel 52

 

Litauen erkennt die Bereitschaft der Union an, für Maßnahmen, die Litauen zur Stilllegung des Kernkraftwerks Ignalina ergreift, eine angemessene zusätzliche Hilfe bereitzustellen, und hat sich unter Würdigung dieses Ausdrucks der Solidarität verpflichtet, Block 1 des Kernkraftwerks Ignalina vor 2005 und Block 2 dieses Kernkraftwerks spätestens am 31. Dezember 2009 abzuschalten und beide Blöcke anschließend stillzulegen.

 

Artikel 53

 

(1) Im Zeitraum 2004—2006 stellt die Union Litauen eine zusätzliche Finanzhilfe für die Stilllegungsarbeiten und zur Bewältigung der Folgen der Abschaltung und Stilllegung des Kernkraftwerks Ignalina bereit (im Folgenden „Ignalina-Programm“).

(2) Maßnahmen im Rahmen des Ignalina-Programms werden nach der Verordnung (EWG)

Nr. 3906/89 des Rates vom 18. Dezember 1989 über Wirtschaftshilfe für bestimmte Länder Mittelund Osteuropas (1) beschlossen und umgesetzt.

(3) Das Ignalina-Programm umfasst unter anderem Folgendes: Maßnahmen zur Unterstützung der Stilllegung des Kernkraftwerks Ignalina; Maßnahmen zur Verbesserung der Umweltfreundlichkeit entsprechend dem Besitzstand und zur Modernisierung konventioneller Stromerzeugungskapazitäten,mit denen die Produktionskapazität der beiden Reaktoren des Kernkraftwerks Ignalina ersetzt werden soll; sonstige Maßnahmen, die sich aus dem Beschluss ergeben, dieses Kernkraftwerk abzuschalten und stillzulegen, und die zur erforderlichen Umstrukturierung, Verbesserung der Umweltfreundlichkeit und Modernisierung der Erzeugung, Übertragung und Verteilung von Energie in Litauen sowie zur Erhöhung der Energieversorgungssicherheit und zur Verbesserung der Energieeffizienz in Litauen beitragen.

(4) Das Ignalina-Programm umfasst ferner Maßnahmen, mit denen das Personal des Kraftwerks dabei unterstützt werden soll, vor der Abschaltung der Reaktorblöcke und während ihrer Stilllegung im Kernkraftwerk Ignalina ein hohes Maß an Betriebssicherheit aufrechtzuerhalten.

(5) Für den Zeitraum 2004—2006 umfasst das Ignalina-Programm 285 Mio. Euro an Verpflichtungsermächtigungen,

die in gleichen jährlichen Tranchen zu binden sind.

(6) Bei bestimmten Maßnahmen können bis zu 100 % der Gesamtausgaben aus dem Ignalina- Programm finanziert werden. Es sollten alle Anstrengungen unternommen werden, um die Praxis der Kofinanzierung fortzusetzen, die im Rahmen der Heranführungsstrategie für die Stilllegungsarbeiten in Litauen eingeführt worden ist, und um gegebenenfalls andere Quellen für eine Kofinanzierung zu

finden.

(7) Die Finanzhilfe im Rahmen des Ignalina-Programms kann ganz oder teilweise in Form eines Beitrags der Union zum Internationalen Fonds zur Unterstützung der Stilllegung von Ignalina, der von der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung verwaltet wird, bereitgestellt werden.

(8) Aus einzelstaatlichen Mitteln, Unionsmitteln oder internationalen Mitteln bereitgestellte staatliche Beihilfen

a) für die Maßnahmen zur Verbesserung der Umweltfreundlichkeit entsprechend dem Besitzstand und zur Modernisierung des litauischen Wärmekraftwerks in Elektrenai als wichtigster Ersatz für die Produktionskapazität der beiden Reaktoren des Kernkraftwerks Ignalina sowie

b) für die Stilllegung des Kernkraftwerks Ignalina sind mit dem Binnenmarkt im Sinne der Verfassung vereinbar.

(9) Aus einzelstaatlichen Mitteln, Unionsmitteln oder internationalen Mitteln bereitgestellte staatliche Beihilfen zur Unterstützung der Bemühungen Litauens, die Auswirkungen der Abschaltung und Stilllegung des Kernkraftwerks Ignalina abzufangen, können im Einzelfall als nach der Verfassungmit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden; dies gilt insbesondere für staatliche Beihilfen zurErhöhung der Energieversorgungssicherheit.

 

Artikel 54

 

(1) Da die Stilllegung des Kernkraftwerks Ignalina ein langfristiges Vorhaben und für Litauen eine außergewöhnliche finanzielle Belastung darstellt, die in keinem Verhältnis zur Größe und Wirtschaftskraft des Landes steht, stellt die Union in Solidarität mit Litauen angemessene zusätzliche Hilfe für die Stilllegungsarbeiten auch über das Jahr 2006 hinaus zur Verfügung.

(2) Zu diesem Zweck wird das Ignalina-Programm über das Jahr 2006 hinaus nahtlos fortgesetzt und verlängert. Einzelheiten für die Durchführung des verlängerten Ignalina-Programms werden nach dem Verfahren des Artikels 35 beschlossen und treten spätestens mit Ablauf der in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 6. Mai 1999 festgelegten Finanziellen Vorausschau in Kraft.

(3) Grundlage des nach Absatz 2 verlängerten Ignalina-Programms sind die in Artikel 53 genannten Elemente und Grundsätze.

(4) Die durchschnittlichen Gesamtmittel im Rahmen des verlängerten Ignalina-Programms sind für den Zeitraum der folgenden Finanziellen Vorausschau angemessen zu gestalten. Grundlage der Programmierung der Mittel sind der tatsächliche Zahlungsbedarf und die Aufnahmekapazität.

 

Artikel 55

 

Unbeschadet des Artikels 52 gilt die allgemeine Schutzklausel nach Artikel 26 im Falle einer Unterbrechung der Energieversorgung in Litauen bis zum 31. Dezember 2012.

 

Artikel 56

 

Dieser Titel findet unter Berücksichtigung der Erklärung zum Kernkraftwerk Ignalina in Litauen Anwendung, die mit unveränderter Rechtswirkung den Wortlaut der Präambel des Protokolls Nr. 4 der Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgreift.

 

TITEL V

 

BESTIMMUNGEN ÜBER DEN TRANSIT VON PERSONEN AUF DEM LANDWEG ZWISCHEN DEM

KALININGRADER GEBIET UND DEN ÜBRIGEN TEILEN DER RUSSISCHEN FÖDERATION

 

Artikel 57

 

Die Vorschriften und Regelungen der Union über den Transit von Personen zwischen dem Kaliningrader Gebiet und den übrigen Teilen der Russischen Föderation und insbesondere die Verordnung (EG) Nr. 693/2003 des Rates vom 14. April 2003 zur Schaffung eines spezifischen

Dokuments für den erleichterten Transit (FTD) und eines Dokuments für den erleichterten Eisenbahntransit (FRTD) sowie zur Änderung der Gemeinsamen Konsularischen Instruktion und des Gemeinsamen Handbuchs (1) verzögern oder verhindern als solche nicht die uneingeschränkte Beteiligung Litauens am Schengen-Besitzstand, einschließlich der Abschaffung der Kontrollen an den Binnengrenzen.

 

Artikel 58

 

Die Union unterstützt Litauen bei der Umsetzung der Vorschriften und Regelungen über den Personentransit zwischen dem Kaliningrader Gebiet und den übrigen Teilen der Russischen Föderation, damit Litauen so bald wie möglich uneingeschränkt in den Schengen-Raum einbezogen wird.

Die Union unterstützt Litauen bei der Bewältigung des Personentransits zwischen dem Kaliningrader Gebiet und den übrigen Teilen der Russischen Föderation und trägt insbesondere alle zusätzlichen Kosten, die durch die Umsetzung der für diesen Transit geltenden Bestimmungen des Besitzstands entstehen.

 

Artikel 59

 

Unbeschadet der Souveränitätsrechte Litauens werden etwaige weitere Akte über den Transit von Personen zwischen dem Kaliningrader Gebiet und den übrigen Teilen der Russischen Föderation vom Rat auf Vorschlag der Kommission erlassen. Der Rat beschließt einstimmig.

 

Artikel 60

 

Dieser Titel findet unter Berücksichtigung der Erklärung zum Transit von Personen auf dem Landweg zwischen dem Kaliningrader Gebiet und den übrigen Teilen der Russischen Föderation Anwendung, die mit unveränderter Rechtswirkung den Wortlaut der Präambel des Protokolls Nr. 5 der Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgreift.

 

TITEL VI

 

BESTIMMUNGEN ÜBER DEN ERWERB VON ZWEITWOHNSITZEN IN MALTA

 

Artikel 61

 

Angesichts der äußerst geringen Anzahl von Wohneinheiten in Malta und des sehr begrenzt verfügbaren Baulandes, das lediglich zur Deckung der durch die demografische Entwicklung der derzeitigen Bewohner entstehenden Grundbedürfnisse ausreicht, kann Malta in nicht diskriminierender Weise die geltenden Bestimmungen des Immobilieneigentumsgesetzes (Erwerb durch Nicht-Gebietsangehörige) (Kapitel 246) über den Erwerb und den Besitz von Immobilien als Zweitwohnsitz durch Staatsangehörige der Mitgliedstaaten, die sich nicht mindestens fünf Jahre rechtmäßig in Malta aufgehalten haben, beibehalten.

Malta wird für den Erwerb von Immobilieneigentum als Zweitwohnsitz in Malta Genehmigungsverfahren anwenden. Diese Genehmigungsverfahren beruhen auf veröffentlichten, objektiven, dauerhaften und transparenten Kriterien. Diese Kriterien werden auf nicht diskriminierende Weise angewandt und dürfen nicht zwischen maltesischen Staatsangehörigen und Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten unterscheiden. Malta wird gewährleisten, dass Staatsangehörige der Mitgliedstaaten auf keinen Fall restriktiver behandelt werden als Staatsangehörige von Drittstaaten.

Liegt der Wert eines von einem Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten zu erwerbenden Grundeigentums über dem nach maltesischen Rechtsvorschriften festgelegten Schwellenwert von 30 000 MTL für Wohnungen beziehungsweise von 50 000 MTL für andere Arten von

Grundeigentum als Wohnungen oder für Objekte von historischem Wert, so wird eine Genehmigung erteilt. Malta kann diese gesetzlichen Schwellenwerte überprüfen, um der Preisentwicklung auf dem Immobilienmarkt in Malta Rechnung zu tragen.

 

TITEL VII

 

BESTIMMUNGEN ÜBER DEN SCHWANGERSCHAFTSABBRUCH IN MALTA

 

Artikel 62

 

Der Vertrag über eine Verfassung für Europa sowie die Verträge und Akte zur Änderung oder Ergänzung des Vertrags berühren nicht die Anwendung innerstaatlicher Rechtsvorschriften über den Schwangerschaftsabbruch im Hoheitsgebiet Maltas.

 

TITEL VIII

 

BESTIMMUNGEN ÜBER DIE UMSTRUKTURIERUNG DER POLNISCHEN STAHLINDUSTRIE

 

Artikel 63

 

(1) Ungeachtet der Artikel III-167 und III-168 der Verfassung sind die von Polen für die Umstrukturierung bestimmter Teile der polnischen Stahlindustrie gewährten staatlichen Beihilfen als mit dem Binnenmarkt vereinbar anzusehen, sofern

a) der Zeitraum nach Artikel 8 Absatz 4 des Protokolls Nr. 2 über EGKS-Erzeugnisse zum Europa- Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Polen andererseits (1) bis zum 1. Mai 2004 verlängert

worden ist,

b) die Bedingungen des Umstrukturierungsplans, auf dessen Grundlage das genannte Protokoll verlängert wurde, in dem Zeitraum von 2002-2006 eingehalten werden,

c) die in diesem Titel festgelegten Bedingungen erfüllt sind und

d) der polnischen Stahlindustrie nach dem 1. Mai 2004 keine staatliche Beihilfe für die Umstrukturierung mehr zu gewähren ist.

(2) Die Umstrukturierung des polnischen Stahlsektors nach den Vorgaben der einzelnen Geschäftspläne der in Anhang 1 des Protokolls Nr. 8 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgeführten Unternehmen (im Folgenden „begünstigte Unternehmen“) und nach den in diesem Titel

festgelegten Bedingungen wird spätestens bis zum 31. Dezember 2006 (im Folgenden „Ende des Umstrukturierungszeitraums“) abgeschlossen.

(3) Nur den begünstigten Unternehmen können im Rahmen des Umstrukturierungsprogramms für die polnische Stahlindustrie staatliche Beihilfen gewährt werden.

(4) Ein begünstigtes Unternehmen ist nicht berechtigt,

a) seinen Beihilfeanspruch im Fall eines Zusammenschlusses mit einem nicht in Anhang 1 des Protokolls Nr. 8 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgeführten Unternehmen zu übertragen;

b) in der Zeit bis zum 31. Dezember 2006 die Vermögenswerte eines nicht in Anhang 1 des Protokolls Nr. 8 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgeführten Unternehmens, über das der Konkurs eröffnet wurde, zu übernehmen.

(5) Bei jeder anschließenden Privatisierung eines begünstigten Unternehmens sind das Erfordernis der Transparenz zu wahren und die in diesem Titel festgelegten Bedingungen und Grundsätze hinsichtlich der Rentabilität, der staatlichen Beihilfen und Kapazitätsverringerungen einzuhalten. Im Rahmen des Verkaufs eines Unternehmens oder einzelner Vermögenswerte wird keine weitere staatliche Beihilfe gewährt.

(6) Die den begünstigten Unternehmen gewährten Umstrukturierungsbeihilfen bestimmen sich nach den Rechtfertigungen in dem genehmigten polnischen Umstrukturierungsplan und den vom Rat genehmigten einzelnen Geschäftsplänen. Die in dem Zeitraum 1997—2003 ausgezahlten

Beihilfen dürfen einen Gesamtbetrag von 3 387 070 000 PLN keinesfalls überschreiten. Von diesem Gesamtbetrag

a) dürfen die Umstrukturierungsbeihilfen, die Polskie Huty Stali (im Folgenden „PHS“) von 1997 bis Ende 2003 erhalten hat oder erhält, 3 140 360 000 PLN nicht überschreiten. PHS hat im Zeitraum 1997—2001 bereits 62 360 000 PLN an Umstrukturierungsbeihilfen erhalten.

Abhängig von den Anforderungen des genehmigten Umstrukturierungsplans erhält das Unternehmen weitere Umstrukturierungsbeihilfen in Höhe von maximal 3 078 000 000 PLN in den Jahren 2002 und 2003 (die vollständig im Jahre 2002 auszuzahlen sind, falls die

Übergangszeit im Rahmen des Protokolls Nr. 2 zum Europa-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Polen andererseits Ende 2002 verlängert wird, ansonsten im Jahre 2003);

b) dürfen die Umstrukturierungsbeihilfen für den Stahlsektor, die Huta Andrzej S.A., Huta Bankowa Sp. z o.o., Huta Batory S.A., Huta Buczek S.A., Huta L.W. Sp. z o.o., Huta Łabędy S.A., und Huta Pokój S.A. (im Folgenden „die anderen begünstigten Unternehmen“) von 1997 bis Ende 2003 erhalten haben oder erhalten, 246 710 000 PLN nicht überschreiten. Diese Unternehmen haben im Zeitraum 1997—2001 bereits 37 160 000 PLN an Umstrukturierungsbeihilfen erhalten. Abhängig von den Anforderungen des genehmigten Umstrukturierungsplans erhalten sie weitere Umstrukturierungsbeihilfen in Höhe von höchstens 210 210 000 PLN (davon 182 170 000 PLN im Jahre 2002 und 27 380 000 PLN im Jahre 2003, falls die Übergangszeit im Rahmen des Protokolls Nr. 2 zum Europa-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Polen andererseits Ende 2002 verlängert wird, ansonsten 210 210 000 PLN im Jahre 2003).

Weitere staatliche Beihilfen für die Umstrukturierung der polnischen Stahlindustrie werden von Polen nicht gewährt.

(7) Polen verringert im Zeitraum 1997—2006 die Nettokapazität bei Fertigerzeugnissen um mindestens 1 231 000 Tonnen. Diese Gesamtmenge umfasst Nettokapazitätsverringerungen von mindestens 715 000 Tonnen pro Jahr bei warmgewalzten Erzeugnissen und 716 000 Tonnen pro Jahr bei kaltgewalzten Erzeugnissen sowie eine Steigerung von höchstens 200 000 Tonnen pro Jahr bei anderen Fertigerzeugnissen.

Die Kapazitätsverringerung wird ausschließlich auf der Grundlage endgültiger Schließungen von Produktionsanlagen gemessen, bei denen diese so demontiert werden, dass sie nicht wieder in Betrieb genommen werden können. Die Eröffnung des Konkurses eines Stahlunternehmens kann nicht als Kapazitätsverringerung gewertet werden.

Bei den in Anhang 2 des Protokolls Nr. 8 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003 angegebenen Nettokapazitätsverringerungen handelt es sich um Mindestwerte; die tatsächlich zu erreichenden Nettokapazitätsverringerungen und der Zeitrahmen hierfür werden auf der Grundlage des endgültigen Umstrukturierungsprogramms Polens und der einzelbetrieblichen Geschäftspläne im Rahmen des Europa-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Polen andererseits festgelegt, wobei dem Ziel, dass am 31. Dezember 2006 die Existenzfähigkeit der begünstigten Unternehmen sichergestellt

ist, Rechnung getragen wird.

(8) Der Geschäftsplan für das begünstigte Unternehmen PHS wird umgesetzt. Insbesondere gilt Folgendes:

a) Der Schwerpunkt der Umstrukturierung liegt auf folgenden Aspekten:

i) einer an Erzeugnissen ausgerichteten Neuorganisation der Produktionsanlagen von PHS und der Sicherstellung einer funktionsorientierten horizontalen Organisation (Einkauf, Produktion, Vertrieb);

ii) der Einführung einer einheitlichen Verwaltungsstruktur bei PHS, die die umfassende Verwirklichung von Synergien bei der Konsolidierung erlaubt;

iii) der Verlagerung des strategischen Schwerpunkts von PHS von der Produktorientierung zur Marktorientierung;

iv) der Verbesserung der Effizienz und der Wirksamkeit des Managements von PHS und Sicherstellung einer besseren Kontrolle des Direktvertriebs;

v) der Überprüfung der Strategie der Unternehmensausgliederung durch PHS auf der Grundlage vernünftiger wirtschaftlicher Überlegungen und gegebenenfalls Wiedereingliederung von Diensten in das Mutterunternehmen;

vi) der Überprüfung der Produktpalette und der Reduzierung von Überkapazitäten bei langen Halbfertigprodukten durch PHS und generelle Zuwendung zu Marktsegmenten mit höherer Wertschöpfung;

vii) den Investitionen von PHS zur Verbesserung der Qualität der Fertigerzeugnisse; dabei ist besondere Aufmerksamkeit darauf zu verwenden, dass zu einem Termin, der im Zeitplan für die Umsetzung des Umstrukturierungsplans für PHS festgelegt ist, spätestens jedoch Ende 2006, im PHS-Werk in Kraków (Krakau) eine Produktionsqualität von 3‑Sigma erreicht wird.

b) PHS muss während der Umstrukturierungsphase möglichst hohe Kosteneinsparungen durch Verbesserungen bei der Energieeffizienz und dem Einkauf sowie durch Gewährleistung eines Produktivitätsniveaus, das den in der Union erreichten Niveaus vergleichbar ist, erzielen.

c) Die Belegschaft wird umstrukturiert; am 31. Dezember 2006 müssen auf der Grundlage konsolidierter Zahlen unter Einbeziehung der indirekten Beschäftigung in den vollständig im Besitz von PHS befindlichen Dienstleistungsunternehmen Produktivitätsniveaus erreicht sein, die

den in der Union bei Produktgruppen der Stahlindustrie erzielten Niveaus vergleichbar sind.

d) Jede Privatisierung muss auf einer Grundlage erfolgen, bei der das Erfordernis der Transparenz beachtet wird und der Marktwert von PHS voll zum Tragen kommt. Im Rahmen des Verkaufs werden keine weiteren Beihilfen gewährt.

(9) Der Geschäftsplan für die anderen begünstigten Unternehmen wird umgesetzt. Insbesondere gilt Folgendes:

a) Bei allen anderen begünstigten Unternehmen liegt der Schwerpunkt der Umstrukturierungsbemühungen auf folgenden Aspekten:

i) der Verlagerung des strategischen Schwerpunkts von der Produktorientierung zur Marktorientierung;

ii) der Verbesserung der Effizienz und der Wirksamkeit des Managements der Unternehmen und Sicherstellung einer besseren Kontrolle des Direktvertriebs;

iii) der Überprüfung der Strategie der Unternehmensausgliederung auf der Grundlage vernünftiger wirtschaftlicher Überlegungen und gegebenenfalls Wiedereingliederung von Diensten in die Mutterunternehmen.

b) Im Unternehmen Huta Bankowa wird das Kosteneinsparungsprogramm durchgeführt.

c) Im Unternehmen Huta Buczek wird die erforderliche finanzielle Unterstützung durch die Gläubiger und örtlichen Finanzinstitute erwirkt und wird das Kosteneinsparungsprogramm einschließlich einer Verringerung der Investitionskosten durch Anpassung der bestehenden

Produktionseinrichtungen durchgeführt.

d) Im Unternehmen Huta Łabędy wird das Kosteneinsparungsprogramm durchgeführt und die starke Ausrichtung des Unternehmens auf den Bergbau verringert.

e) Beim Unternehmen Huta Pokój werden in den Tochtergesellschaften internationale Produktivitätsstandards erreicht, Einsparungen beim Energieverbrauch verwirklicht und die vorgeschlagenen Investitionen im Verarbeitungs- und Baubereich des Unternehmens gestrichen.

f) Im Unternehmen Huta Batory ist eine Einigung mit den Gläubigern und Finanzinstituten über eine Umschuldung und Investitionsdarlehen zu erreichen. Das Unternehmen muss ferner für wesentliche zusätzliche Kosteneinsparungen in Verbindung mit einer Personalumstrukturierung

und Ertragsverbesserungen sorgen.

g) Im Unternehmen Huta Andrzej ist durch Aushandlung einer Vereinbarung zwischen den derzeitigen Kreditgebern, langfristigen Gläubigern, Warenkreditgebern und den Finanzinstituten für eine solide finanzielle Grundlage für die Weiterentwicklung des Unternehmens zu sorgen.

Ferner müssen zusätzliche Investitionen in das Warmrohrwalzwerk getätigt und das Personalabbauprogramm durchgeführt werden.

h) Im Unternehmen Huta L.W. sind Investitionen für die Warmwalzprojekte und die Fördereinrichtungen des Unternehmens sowie für Verbesserungen im Umweltbereich erforderlich.

Dieses Unternehmen muss auch durch Personalumstrukturierungen und die Verringerung der Kosten der externen Dienste höhere Produktivitätsniveaus erreichen.

(10) Nachträgliche Änderungen an dem allgemeinen Umstrukturierungsplan und den einzelnen Geschäftsplänen müssen von der Kommission und gegebenenfalls vom Rat genehmigt werden.

(11) Die Umstrukturierung erfolgt unter umfassender Transparenz und stützt sich auf solide marktwirtschaftliche Grundsätze.

(12) Die Kommission und der Rat überwachen nach den Absätzen 13 bis 18 sorgfältig die Durchführung der Umstrukturierung und die Erfüllung der in diesem Titel festgelegten Bedingungen betreffend Rentabilität, staatliche Beihilfen und Kapazitätsverringerungen vor und nach dem 1. Mai 2004 bis zum Ende des Umstrukturierungszeitraums. Zu diesem Zweck erstattet die Kommission dem Rat Bericht.

(13) Zusätzlich zur Überwachung der staatlichen Beihilfen überwachen die Kommission und der Rat die in Anhang 3 des Protokolls Nr. 8 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgeführten Messgrößen für die Umstrukturierung. In dem genannten Anhang enthaltene Bezugnahmen auf Nummer 14 des Protokolls sind als Bezugnahmen auf Absatz 14 des vorliegenden Artikels zu verstehen.

(14) Im Rahmen der Überwachung wird 2003, 2004, 2005 und 2006 eine unabhängige Bewertung vorgenommen. Die Rentabilitätsprüfung der Kommission wird durchgeführt und die Produktivität wird als Teil der Bewertung gemessen.

(15) Polen beteiligt sich umfassend am gesamten Überwachungsschema. Insbesondere gilt Folgendes:

a) Polen legt der Kommission bis zum Ende des Umstrukturierungszeitraums halbjährlich, spätestens zum 15. März und zum 15. September jedes Jahres, Berichte über die Umstrukturierung der begünstigten Unternehmen vor.

b) Der erste Bericht geht bis zum 15. März 2003 und der letzte Bericht bis zum 15. März 2007 bei der Kommission ein, wenn diese nicht anders entscheidet.

c) Die Berichte enthalten alle für die Überwachung des Umstrukturierungsprozesses, der staatlichen Beihilfen sowie die Verringerung und den Einsatz von Kapazitäten erforderlichen Informationen und ausreichende finanzielle Daten, anhand deren bewertet werden kann, ob die in diesem Titel festgelegten Bedingungen erfüllt worden sind. Die Berichte enthalten zumindest die in Anhang 4 des Protokolls Nr. 8 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgeführten Informationen, wobei sich die Kommission das Recht vorbehält, diesen Anhang vor dem Hintergrund der bei der Überwachung gesammelten Erfahrungen zu ändern. In Anhang 4 des Protokolls Nr. 8 zur Beitrittsakte vom 16. April 2003 enthaltene Bezugnahmen auf Nummer 14 des Protokolls sind als Bezugnahmen auf Absatz 14 des vorliegenden Artikels zu verstehen. Zusätzlich zu den einzelnen Geschäftsplänen der begünstigten Unternehmen wird auch ein Bericht über die Gesamtlage des polnischen Stahlsektors, einschließlich der neueren makroökonomischen Entwicklungen, erstellt.

d) Außerdem sind von Polen alle zusätzlichen Informationen, die für die unabhängige Bewertung nach Absatz 14 erforderlich sind, vorzulegen.

e) Polen verpflichtet die begünstigten Unternehmen, alle einschlägigen Daten offen zu legen, die unter anderen Umständen als vertraulich eingestuft werden könnten. Bei ihrer Berichterstattung an den Rat stellt die Kommission sicher, dass unternehmensspezifische vertrauliche

Informationen nicht offen gelegt werden.

(16) Die Kommission kann jederzeit einen unabhängigen Berater beauftragen, die Überwachungsergebnisse zu bewerten, jede erforderliche Untersuchung anzustellen und der Kommission und dem Rat Bericht zu erstatten.

(17) Stellt die Kommission aufgrund der Überwachung erhebliche Abweichungen von den finanziellen Daten fest, auf die sich die Rentabilitätsbewertung stützt, so kann sie Polen auffordern, geeignete Maßnahmen zur Verstärkung oder Änderung der Umstrukturierungsmaßnahmen der betreffenden begünstigten Unternehmen zu ergreifen.

(18) Stellt sich bei der Überwachung heraus, dass

a) die in diesem Titel für die Übergangsregelung genannten Bedingungen nicht erfüllt worden sind

oder dass

b) die Verpflichtungen nicht erfüllt worden sind, die im Rahmen der Verlängerung des Zeitraums, in dem Polen aufgrund des Europa-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Polen andererseits ausnahmsweise staatliche Beihilfen für die Umstrukturierung seiner Stahlindustrie gewähren darf,

eingegangen worden sind, oder

c) Polen während des Umstrukturierungszeitraums der Stahlindustrie und im Besonderen den begünstigten Unternehmen zusätzlich unzulässige staatliche Beihilfen gewährt hat, so wird die in diesem Titel festgelegte Übergangsregelung unwirksam. Die Kommission leitet geeignete Schritte ein und verlangt von den betreffenden Unternehmen die Rückzahlung der Beihilfen, die unter Verstoß gegen die in diesem Titel festgelegten Bedingungen gewährt wurden.

 

TITEL IX

 

BESTIMMUNGEN ÜBER DIE REAKTOREN 1 UND 2 DES KERNKRAFTWERKS BOHUNICE V1 IN DER SLOWAKEI

 

Artikel 64

 

Die Slowakei hat sich verpflichtet, den Reaktor 1 des Kernkraftwerks Bohunice V1 spätestens zum 31. Dezember 2006 und den Block 2 dieses Kernkraftwerks spätestens zum 31. Dezember 2008 abzuschalten und diese Blöcke anschließend stillzulegen.

 

Artikel 65

 

(1) Im Zeitraum 2004—2006 stellt die Union der Slowakei eine zusätzliche Finanzhilfe für die Stilllegungsarbeiten und zur Bewältigung der Folgen der Abschaltung und Stilllegung der Blöcke 1 und 2 des Kernkraftwerks Bohunice V1 bereit (im Folgenden „Finanzhilfe“).

(2) Die Finanzhilfe wird nach der Verordnung (EWG) Nr. 3906/89 des Rates vom 18. Dezember 1989 über Wirtschaftshilfe für bestimmte Länder in Mittel‑ und Osteuropa (1) beschlossen und umgesetzt.

(3) Für den Zeitraum 2004—2006 beläuft sich die Finanzhilfe auf 90 Mio. Euro an Verpflichtungsermächtigungen, die in gleichen jährlichen Tranchen zu binden sind.

(4) Die Finanzhilfe kann ganz oder teilweise in Form eines Beitrags der Union zum Internationalen Fonds zur Unterstützung der Stilllegung von Bohunice, der von der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung verwaltet wird, bereitgestellt werden.

 

Artikel 66

 

Die Union erkennt an, dass die Maßnahmen im Zusammenhang mit der Stilllegung des Kernkraftwerks Bohunice V1 über die in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 6. Mai 1999 festgelegte Finanzielle Vorausschau hinaus fortgesetzt werden müssen und dass diese Maßnahmen eine beträchtliche finanzielle Belastung für die Slowakei darstellen. Dies wird bei Beschlüssen über die Fortsetzung der Finanzhilfe der Union in diesem Bereich nach 2006 berücksichtigt.

 

Artikel 67

 

Dieser Titel findet unter Berücksichtigung der Erklärung zu den Blöcken 1 und 2 des Kernkraftwerks Bohunice V1 in der Slowakei Anwendung, die mit unveränderter Rechtswirkung den Wortlaut der Präambel des Protokolls Nr. 9 der Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgreift.

 

TITEL X

 

BESTIMMUNGEN ÜBER ZYPERN

 

Artikel 68

 

(1) Die Anwendung des Besitzstandes der Gemeinschaft und der Union wird in den Teilen der Republik Zypern ausgesetzt, in denen die Regierung der Republik Zypern keine tatsächliche Kontrolle ausübt.

(2) Der Rat entscheidet auf Vorschlag der Kommission über die Aufhebung der in Absatz 1 genannten Aussetzung. Er beschließt einstimmig.

 

Artikel 69

 

(1) Der Rat legt auf Vorschlag der Kommission die Bedingungen für die Anwendung des Unionsrechts auf die Trennungslinie zwischen den in Artikel 68 genannten Landesteilen und den Landesteilen fest, in denen die Regierung der Republik Zypern eine tatsächliche Kontrolle ausübt. Der Rat beschließt einstimmig.

(2) Die Grenzlinie zwischen der östlichen Hoheitszone des Vereinigten Königreichs und den in Artikel 68 genannten Landesteilen gilt für die Dauer der Aussetzung der Anwendung des Besitzstandes der Gemeinschaft und der Union nach Artikel 68 als Teil der Außengrenzen der Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs im Sinne von Teil IV des Anhangs zum Protokoll Nr. 3 der Beitrittsakte vom 16. April 2003 über die Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland auf Zypern.

 

Artikel 70

 

(1) Keine Bestimmung dieses Titels schließt Maßnahmen zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung der in Artikel 68 genannten Landesteile aus.

(2) Derartige Maßnahmen dürfen nicht die Anwendung des Besitzstandes der Gemeinschaft und der Union nach den Bedingungen des vorliegenden Protokolls in anderen Teilen der Republik Zypern beeinträchtigen.

 

Artikel 71

 

Wenn es zu einer Regelung der Zypernfrage kommt, entscheidet der Rat auf der Grundlage eines Vorschlags der Kommission über die im Hinblick auf die türkisch-zyprische Gemeinschaft vorzunehmenden Anpassungen der Einzelheiten für den Beitritt Zyperns zur Union. Der Rat

beschließt einstimmig.

 

Artikel 72

 

Dieser Titel findet unter Berücksichtigung der Erklärung zu Zypern Anwendung, die mit unveränderter Rechtswirkung den Wortlaut des Präambel des Protokolls Nr. 10 der Beitrittsakte vom 16. April 2003 aufgreift.

 

DRITTER TEIL

 

BESTIMMUNGEN ÜBER DIE ANHÄNGE DER BEITRITTSAKTE VOM 16. APRIL 2003

 

Artikel 73

 

Anhang I und die Anhänge III bis XVII der Beitrittsakte vom 16. April 2003, die Anlagen dazu sowie die Anhänge zu den Protokollen Nr. 2, 3 und 8 der Beitrittsakte vom 16. April 2003 (1) sind Bestandteil dieses Protokolls.

 

Artikel 74

 

(1) Bezugnahmen auf den „Beitrittsvertrag“ in den in Artikel 73 dieses Protokolls genannten Anhängen sind als Bezugnahmen auf den in Artikel IV-437 Absatz 2 Buchstabe e der Verfassung genannten Vertrag zu verstehen; Bezugnahmen auf den Tag oder den Zeitpunkt der Unterzeichnung des genannten Vertrags gelten als Bezugnahmen auf den 16. April 2003; Bezugnahmen auf den Tag des Beitritts gelten als Bezugnahmen auf den 1. Mai 2004.

(2) Unbeschadet des Unterabsatzes 2 sind Bezugnahmen auf „diese Akte“ in den in Artikel 73 dieses Protokolls genannten Anhängen als Bezugnahmen auf die Beitrittsakte vom 16. April 2003 zu verstehen.

Bezugnahmen auf die Bestimmungen der Beitrittsakte vom 16. April 2003 in den in Artikel 73 dieses Protokolls genannten Anhängen sind als Bezugnahmen auf dieses Protokoll nach der nachstehenden Übereinstimmungstabelle zu verstehen.

Beitrittsakte vom 16. April 2003 Protokoll

Artikel 21 Artikel 12

Artikel 22 Artikel 13

Artikel 24 Artikel 15

Artikel 32 Artikel 21

Artikel 37 Artikel 26

Artikel 52 Artikel 32

(3) Die in den in Artikel 73 dieses Protokolls genannten Anhängen verwendeten Ausdrücke sind als gleich bedeutend mit den in der nachstehenden Übereinstimmungstabelle aufgeführten entsprechenden Ausdrücken zu verstehen, es sei denn, sie beziehen sich ausschließlich auf eine Rechtslage vor dem Inkrafttreten des Vertrags über eine Verfassung für Europa.

Ausdrücke in den in Artikel 73 genannten Anhängen Bedeutung

Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft

Verfassung

Vertrag über die Europäische Union Verfassung

Verträge, auf die sich die Europäische Union gründet Verfassung

(Europäische) Gemeinschaft Union

erweiterte Gemeinschaft Union

gemeinschaftlich/der Gemeinschaft der Union

EU Union

erweiterte Union oder erweiterte EU Union

Abweichend von Unterabsatz 1 behält der Ausdruck „gemeinschaftlich“/„der Gemeinschaft“ in

Verbindung mit den Begriffen „Präferenz“ oder „Fischerei“ seine ursprüngliche Bedeutung.

(4) Bezugnahmen auf Teile oder Bestimmungen des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft in den in Artikel 73 dieses Protokolls genannten Anhängen sind als Bezugnahmen auf Teile oder Bestimmungen der Verfassung nach der nachstehenden Übereinstimmungstabelle zu verstehen.

EG-Vertrag Verfassung

Dritter Teil Titel I Teil III Titel III Kapitel I Abschnitt 3

Dritter Teil Titel I Kapitel 1 Teil III Titel III Kapitel I Abschnitt 3 Unterabschnitt 1

Dritter Teil Titel II Teil III Titel III Kapitel III Abschnitt 4

Dritter Teil Titel III Teil III Titel III Kapitel I Abschnitte 2 und 4

Dritter Teil Titel VI Kapitel 1 Teil III Titel III Kapitel I Abschnitt 5

Artikel 31 Artikel III-155

Artikel 39 Artikel III-133

Artikel 49 Artikel III-144

Artikel 58 Artikel III-158

Artikel 87 Artikel III-167

Artikel 88 Artikel III-168

Artikel 226 Artikel III-360

Anhang I Anhang I

(5) Ist in den in Artikel 73 dieses Protokolls genannten Anhängen der Erlass von Rechtsakten durch den Rat oder die Kommission vorgesehen, so ergehen diese Rechtsakte in der Form von Europäischen Verordnungen oder Beschlüssen.

 

10. PROTOKOLL ÜBER DAS VERFAHREN BEI EINEM ÜBERMÄSSIGEN DEFIZIT

DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN —

IN DEM WUNSCH, die Einzelheiten des in Artikel III–184 der Verfassung genannten Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit festzulegen —

SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt

sind:

 

Artikel 1

Die in Artikel III–184 Absatz 2 der Verfassung genannten Referenzwerte sind:

a) 3 % für das Verhältnis zwischen dem geplanten oder tatsächlichen öffentlichen Defizit und dem Bruttoinlandsprodukt zu Marktpreisen,

b) 60 % für das Verhältnis zwischen dem öffentlichen Schuldenstand und dem Bruttoinlandsprodukt zu Marktpreisen.

 

Artikel 2

 

In Artikel III-184 der Verfassung und in diesem Protokoll bedeutet

a) „öffentlich“ zum Staat, d. h. zum Zentralstaat (Zentralregierung), zu regionalen oder lokalen Gebietskörperschaften oder Sozialversicherungseinrichtungen gehörig, mit Ausnahme von kommerziellen Transaktionen, im Sinne des Europäischen Systems volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen;

b) „Defizit“ das Finanzierungsdefizit im Sinne des Europäischen Systems volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen;

c) „Investitionen“ die Brutto-Anlageinvestitionen im Sinne des Europäischen Systems volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen;

d) „Schuldenstand“ den Brutto-Gesamtschuldenstand zum Nominalwert am Jahresende nach Konsolidierung innerhalb und zwischen den einzelnen Bereichen des Staatssektors im Sinne des Buchstabens a.

 

Artikel 3

 

Um die Wirksamkeit des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit zu gewährleisten, sind die Regierungen der Mitgliedstaaten im Rahmen dieses Verfahrens für die Defizite des Staatssektors im Sinne von Artikel 2 Buchstabe a verantwortlich. Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass die innerstaatlichen Verfahren im Haushaltsbereich sie in die Lage versetzen, ihre sich aus der Verfassung ergebenden Verpflichtungen in diesem Bereich zu erfüllen. Die Mitgliedstaaten müssen ihre geplanten und tatsächlichen Defizite und die Höhe ihres Schuldenstands der Kommission unverzüglich und regelmäßig mitteilen.

 

Artikel 4

 

Die zur Anwendung dieses Protokolls erforderlichen statistischen Daten werden von der Kommission zur Verfügung gestellt.

 

 

11. PROTOKOLL ÜBER DIE KONVERGENZKRITERIEN

 

DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN —

IN DEM WUNSCH, die Konvergenzkriterien näher festzulegen, die die Union bei den Beschlüssen über die Aufhebung

der Ausnahmeregelungen für die Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt, nach Artikel III‑198 der

Verfassung leiten sollen,

SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt

sind:

 

Artikel 1

 

Das in Artikel III-198 Absatz 1 Buchstabe a der Verfassung genannte Kriterium der Preisstabilität bedeutet, dass der betreffende Mitgliedstaat eine anhaltende Preisstabilität und eine während des letzten Jahres vor der Prüfung gemessene durchschnittliche Inflationsrate aufweisen muss, die um nicht mehr als 1,5 Prozentpunkte über der Inflationsrate jener — höchstens drei — Mitgliedstaaten liegt, die auf dem Gebiet der Preisstabilität das beste Ergebnis erzielt haben. Die Inflation wird anhand des Verbraucherpreisindexes auf vergleichbarer Grundlage unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Definitionen in den einzelnen Mitgliedstaaten gemessen.

 

Artikel 2

 

Das in Artikel III-198 Absatz 1 Buchstabe b der Verfassung genannte Kriterium der Finanzlage deröffentlichen Hand bedeutet, dass zum Zeitpunkt der Prüfung kein Europäischer Beschluss des Rates nach Artikel III-184 Absatz 6 der Verfassung vorliegt, wonach ein übermäßiges Defizit besteht.

 

Artikel 3

 

Das in Artikel III-198 Absatz 1 Buchstabe c der Verfassung genannte Kriterium der Teilnahme am Wechselkursmechanismus des Europäischen Währungssystems bedeutet, dass der betreffende Mitgliedstaat die im Rahmen des Wechselkursmechanismus des Europäischen Währungssystems vorgesehenen normalen Bandbreiten zumindest in den letzten zwei Jahren vor der Prüfung ohne starke Spannungen eingehalten haben muss. Insbesondere darf er den bilateralen Leitkurs seiner Währung innerhalb des gleichen Zeitraums gegenüber dem Euro nicht von sich aus abgewertet haben.

 

Artikel 4

 

Das in Artikel III-198 Absatz 1 Buchstabe d der Verfassung genannte Kriterium der Konvergenz der Zinssätze bedeutet, dass im Verlauf von einem Jahr vor der Prüfung in dem betreffenden Mitgliedstaat der durchschnittliche langfristige Nominalzinssatz um nicht mehr als 2 Prozentpunkte über dem entsprechenden Satz in jenen — höchstens drei — Mitgliedstaaten liegt, die auf dem Gebiet der Preisstabilität das beste Ergebnis erzielt haben. Die Zinssätze werden anhand langfristiger Staatsschuldverschreibungen oder vergleichbarer Wertpapiere unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Definitionen in den einzelnen Mitgliedstaaten gemessen.

 

Artikel 5

 

Die zur Anwendung dieses Protokolls erforderlichen statistischen Daten werden von der Kommission zur Verfügung gestellt.

 

Artikel 6

 

Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission nach Anhörung des Europäischen Parlaments, der Europäischen Zentralbank und des in Artikel III-192 der Verfassung genannten Wirtschafts- und Finanzausschusses einstimmig geeignete Vorschriften zur Festlegung der Einzelheiten der in Artikel III-198 der Verfassung genannten Konvergenzkriterien, die dann an die Stelle diesesProtokolls treten.

 

 

 

 

 

12. PROTOKOLL BETREFFEND DIE EURO-GRUPPE

 

DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN —

IN DEM WUNSCH, die Voraussetzungen für ein stärkeres Wirtschaftswachstum in der Europäischen Union zu verbessern und zu diesem Zwecke eine immer engere Koordinierung der Wirtschaftspolitik im Euro-Währungsgebiet zu fördern,

IN DEM BEWUSSTSEIN, dass besondere Bestimmungen für einen verstärkten Dialog zwischen den Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, vorgesehen werden müssen, bis der Euro zur Währung aller Mitgliedstaaten der Union geworden ist —

SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt

sind:

 

Artikel 1

 

Die Minister der Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, treten zu informellen Sitzungen zusammen. Diese Sitzungen werden bei Bedarf abgehalten, um Fragen im Zusammenhang mit ihrer gemeinsamen spezifischen Verantwortung im Bereich der einheitlichen Währung zu erörtern. Die Kommission nimmt an den Sitzungen teil. Die Europäische Zentralbank wird zu diesen Sitzungen eingeladen, die von den Vertretern der für Finanzen zuständigen Minister der Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, und der Kommission vorbereitet werden.

 

Artikel 2

 

Die Minister der Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, wählen mit der Mehrheit dieser Mitgliedstaaten einen Präsidenten für zweieinhalb Jahre.

 

 

 

13. PROTOKOLL ÜBER EINIGE BESTIMMUNGEN BETREFFEND DAS VEREINIGTE

 

KÖNIGREICH GROSSBRITANNIEN UND NORDIRLAND HINSICHTLICH

DER WIRTSCHAFTS- UND WÄHRUNGSUNION

 

DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN —

IN DER ERKENNTNIS, dass das Vereinigte Königreich nicht gezwungen oder verpflichtet ist, ohne einen gesonderten entsprechenden Beschluss seiner Regierung und seines Parlaments den Euro einzuführen,

ANGESICHTS der Tatsache, dass die Regierung des Vereinigten Königreichs nach Nummer 1 des dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügten Protokolls über einige Bestimmungen betreffend das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland dem Rat am 16. Oktober 1996 und am 30. Oktober 1997 notifiziert hat, dass sie nicht beabsichtigt, an der dritten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion teilzunehmen,

IN ANBETRACHT der Gepflogenheit der Regierung des Vereinigten Königreichs, ihren Kreditbedarf durch Verkauf von Schuldtiteln an den Privatsektor zu decken —

SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt sind:

 

Artikel 1

 

Sofern das Vereinigte Königreich dem Rat nicht notifiziert, dass es den Euro einzuführen beabsichtigt, ist es dazu nicht verpflichtet.

 

Artikel 2

 

Die Artikel 3 bis 8 und Artikel 10 gelten für das Vereinigte Königreich aufgrund der von der Regierung des Vereinigten Königreichs dem Rat am 16. Oktober 1996 und am 30. Oktober 1997 zugeleiteten Notifizierung.

 

Artikel 3

 

Das Vereinigte Königreich behält seine Befugnisse auf dem Gebiet der Währungspolitik nach seinem innerstaatlichen Recht.

 

Artikel 4

 

Artikel I-30 Absatz 2 mit Ausnahme des ersten und des letzten Satzes, Artikel I–30 Absatz 5, Artikel III-177 Absatz 2, Artikel III-184 Absätze 1, 9 und 10, Artikel III-185 Absätze 1 bis 5, Artikel III-186, die Artikel III-188, III-189, III-190 und III-191, Artikel III-196, Artikel III-198 Absatz 3, Artikel III-326 und Artikel III-382 der Verfassung gelten nicht für das Vereinigte Königreich. Artikel III-179 Absatz 2 gilt hinsichtlich der Annahme der das Euro-Währungsgebiet generell betreffenden Teile der Grundzüge der Wirtschaftspolitik ebenfalls nicht für das Vereinigte Königreich.

In den Bestimmungen nach Absatz 1 enthaltene Bezugnahmen auf die Union oder die Mitgliedstaaten betreffen nicht das Vereinigte Königreich, und Bezugnahmen auf die nationalen Zentralbanken betreffen nicht die Bank of England.

 

Artikel 5

 

Das Vereinigte Königreich bemüht sich, ein übermäßiges öffentliches Defizit zu vermeiden. Artikel III-192 Absatz 4 und Artikel III-200 der Verfassung werden so auf das Vereinigte Königreich angewandt, als gelte für dieses eine Ausnahmeregelung. Die Artikel III-201 und III-202 der

Verfassung gelten auch weiterhin für das Vereinigte Königreich.

 

Artikel 6

 

Das Stimmrecht des Vereinigten Königreichs ruht beim Erlass von Maßnahmen nach den in Artikel 4 genannten Artikeln durch den Rat und in den in Artikel III-197 Absatz 4 Unterabsatz 1 der Verfassung genannten Fällen. Zu diesem Zweck findet Artikel III-197 Absatz 4 Unterabsätze 2 und 3 der Verfassung Anwendung.

Das Vereinigte Königreich ist ferner nicht berechtigt, sich an der Ernennung des Präsidenten, des Vizepräsidenten und der weiteren Mitglieder des Direktoriums der Europäischen Zentralbank nach Artikel III-382 Absatz 2 Unterabsätze 2, 3 und 4 der Verfassung zu beteiligen.

 

Artikel 7

 

Die Artikel 3, 4, 6 und 7, Artikel 9 Absatz 2, Artikel 10 Absätze 1, 2 und 3, Artikel 11 Absatz 2, Artikel 12 Absatz 1, die Artikel 14, 16, 18, 19, 20, 22, 23, 26, 27, 30, 31, 32, 33, 34 und 50 des Protokolls über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank (im Folgenden „die Satzung“) gelten nicht für das Vereinigte Königreich.

In diesen Artikeln enthaltene Bezugnahmen auf die Union oder die Mitgliedstaaten betreffen nicht das Vereinigte Königreich, und Bezugnahmen auf die nationalen Zentralbanken oder die Anteilseigner betreffen nicht die Bank of England.

Die in Artikel 10 Absatz 3 und Artikel 30 Absatz 2 der Satzung enthaltenen Bezugnahmen auf das „gezeichnete Kapital der Europäischen Zentralbank“ betreffen nicht das von der Bank of England gezeichnete Kapital.

 

Artikel 8

 

Artikel III-199 der Verfassung und die Artikel 43 bis 47 der Satzung gelten unabhängig davon, ob es Mitgliedstaaten gibt, für die eine Ausnahmeregelung gilt, vorbehaltlich folgender Änderungen:

a) Die Bezugnahmen in Artikel 43 der Satzung auf die Aufgaben der Europäischen Zentralbank und des Europäischen Währungsinstituts schließen auch die Aufgaben ein, die aufgrund der Entscheidung des Vereinigten Königreichs, nicht den Euro einzuführen, nach der Einführung des Euro noch erfüllt werden müssen.

b) Zusätzlich zu den Aufgaben nach Artikel 46 der Satzung berät die Europäische Zentralbank ferner bei der Vorbereitung von Europäischen Verordnungen und Europäischen Beschlüssen des Rates betreffend das Vereinigte Königreich nach Artikel 9 Buchstaben a und c dieses Protokolls und wirkt an deren Ausarbeitung mit.

c) Die Bank of England zahlt das von ihr gezeichnete Kapital der Europäischen Zentralbank als Beitrag zu den EZB-Betriebskosten auf derselben Grundlage ein wie die nationalen Zentralbanken der Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt.

 

Artikel 9

 

Das Vereinigte Königreich kann dem Rat jederzeit notifizieren, dass es beabsichtigt, den Euro einzuführen. In diesem Fall gilt Folgendes:

a) Das Vereinigte Königreich hat das Recht, den Euro einzuführen, sofern es die notwendigen Voraussetzungen erfüllt. Der Rat entscheidet auf Antrag des Vereinigten Königreichs unter den Bedingungen und nach dem Verfahren des Artikels III-198 Absätze 1 und 2 der Verfassung, ob

das Vereinigte Königreich die notwendigen Voraussetzungen erfüllt.

b) Die Bank of England zahlt das von ihr gezeichnete Kapital ein, überträgt der Europäischen Zentralbank Währungsreserven und leistet ihren Beitrag zu den Reserven der EZB auf derselben Grundlage wie die nationalen Zentralbanken der Mitgliedstaaten, deren Ausnahmeregelung

aufgehoben worden ist.

c) Der Rat fasst unter den Bedingungen und nach dem Verfahren des Artikels III-198 Absatz 3 der Verfassung alle weiteren Beschlüsse, die erforderlich sind, um dem Vereinigten Königreich die

Einführung des Euro zu ermöglichen.

Führt das Vereinigte Königreich nach den Bestimmungen dieses Artikels den Euro ein, so treten die Artikel 3 bis 8 außer Kraft.

 

Artikel 10

 

Unbeschadet des Artikels III-181 der Verfassung sowie des Artikels 21 Absatz 1 der Satzung kann die Regierung des Vereinigten Königreichs ihre „Ways and Means“-Fazilität bei der Bank of England beibehalten, sofern und solange das Vereinigte Königreich nicht den Euro einführt.

 

14. PROTOKOLL ÜBER EINIGE BESTIMMUNGEN BETREFFEND DÄNEMARK HINSICHTLICH

 

DER WIRTSCHAFTS- UND WÄHRUNGSUNION

DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN —

MIT RÜCKSICHT DARAUF, dass die Verfassung Dänemarks Bestimmungen enthält, die vor einem Verzicht Dänemarks auf seine Freistellung in Dänemark eine Volksabstimmung erfordern könnten,

MIT RÜCKSICHT DARAUF, dass die dänische Regierung dem Rat am 3. November 1993 nach Nummer 1 des dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügten Protokolls über einige Bestimmungen betreffend Dänemark notifiziert hat, dass sie nicht beabsichtigt, an der dritten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion teilzunehmen —

SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt sind —

 

Artikel 1

Aufgrund der Notifikation der dänischen Regierung an den Rat vom 3. November 1993 gilt für Dänemark eine Freistellung. Die Freistellung hat zur Folge, dass alle eine Ausnahmeregelung betreffenden Bestimmungen der Verfassung und der Satzung des Europäischen Systems der

Zentralbanken auf Dänemark Anwendung finden.

 

Artikel 2

 

Zur Aufhebung der Freistellung wird das Verfahren nach Artikel III-198 der Verfassung nur dann eingeleitet, wenn Dänemark einen entsprechenden Antrag stellt.

 

Artikel 3

 

Nach Aufhebung der Freistellung ist dieses Protokoll nicht mehr anwendbar.

 

 

15. PROTOKOLL ÜBER BESTIMMTE AUFGABEN DER NATIONALBANK DÄNEMARKS

 

DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN —

IN DEM WUNSCH, gewisse besondere Probleme betreffend Dänemark zu regeln —

SIND über folgende Bestimmung ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt ist:

 

Einziger Artikel

 

Artikel 14 des Protokolls zur Festlegung der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank berührt nicht das Recht der Nationalbank Dänemarks, ihre derzeitigen Aufgaben hinsichtlich der nicht der Union angehörenden Teile Dänemarks

wahrzunehmen.

 

16. PROTOKOLL ÜBER DIE REGELUNG FÜR DEN FRANC DER PAZIFISCHEN

 

FINANZGEMEINSCHAFT

DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN —

IN DEM WUNSCH, einen besonderen Punkt im Zusammenhang mit Frankreich zu berücksichtigen —

SIND über folgende Bestimmung ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt ist:

 

Einziger Artikel

 

Frankreich kann das Recht behalten, nach Maßgabe seiner innerstaatlichen Rechtsvorschriften in Neukaledonien, Französisch-Polynesien und Wallis und Futuna Geldzeichen auszugeben, und ist allein befugt, die Parität des Franc der Pazifischen Finanzgemeinschaft festzusetzen.

 

17. PROTOKOLL ÜBER DEN IN DEN RAHMEN DER EUROPÄISCHEN UNION EINBEZOGENEN

 

SCHENGEN-BESITZSTAND

DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN —

EINGEDENK dessen, dass die Bestimmungen des Schengen-Besitzstands, der aus den von einigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union am 14. Juni 1985 und am 19. Juni 1990 in Schengen unterzeichneten Übereinkommen betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen sowie aus den damit zusammenhängenden Übereinkommen und den auf deren Grundlage erlassenen Regelungen besteht, durch ein Protokoll zum Vertrag über die Europäische Union und zum Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft in den Rahmen derEuropäischen Union einbezogen wurden,

IN DEM WUNSCH, den seit Inkrafttreten des genannten Protokolls weiterentwickelten Schengen-Besitzstand im Rahmen der Verfassung zu wahren und diesen Besitzstand fortzuentwickeln, um zur Verwirklichung des Zielsbeizutragen, den Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ohneBinnengrenzen zu bieten,

MIT RÜCKSICHT auf die besondere Position Dänemarks,

MIT RÜCKSICHT darauf, dass Irland und das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland sich nicht an sämtlichen Bestimmungen des Schengen-Besitzstands beteiligen, es diesen Mitgliedstaaten jedoch ermöglicht werden sollte, andere Bestimmungen dieses Besitzstands ganz oder teilweise anzunehmen,

IN DER ERKENNTNIS, dass es infolgedessen erforderlich ist, auf die in der Verfassung enthaltenen Bestimmungen übereine Verstärkte Zusammenarbeit zwischen einigen Mitgliedstaaten zurückzugreifen,

MIT RÜCKSICHT DARAUF, dass es notwendig ist, ein besonderes Verhältnis zur Republik Island und zum Königreich Norwegen aufrechtzuerhalten, da diese beiden Staaten sowie diejenigen nordischen Staaten, die Mitglieder der Europäischen Union sind, durch die Bestimmungen der Nordischen Passunion gebunden sind —

SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt sind:

 

Artikel 1

 

Das Königreich Belgien, die Tschechische Republik, das Königreich Dänemark, die Bundesrepublik Deutschland, die Republik Estland, die Hellenische Republik, das Königreich Spanien, die Französische Republik, die Italienische Republik, die Republik Zypern, die Republik Lettland, die Republik Litauen, das Großherzogtum Luxemburg, die Republik Ungarn, die Republik Malta, das Königreich der Niederlande, die Republik Österreich, die Republik Polen, die Portugiesische Republik, die Republik Slowenien, die Slowakische Republik, die Republik Finnland und das Königreich Schweden werden ermächtigt, untereinander eine Verstärkte Zusammenarbeit in den Bereichen der vom Rat festgelegten Bestimmungen, die den Schengen-Besitzstand bilden, durchzuführen. Diese Zusammenarbeit erfolgt innerhalb des rechtlichen und institutionellen Rahmens der Union und unter Beachtung der einschlägigen Bestimmungen der Verfassung.

 

Artikel 2

 

Der Schengen-Besitzstand ist unbeschadet des Artikels 3 des Protokolls betreffend den Vertrag und die Akte über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik für die in Artikel 1 aufgeführten Mitgliedstaaten anwendbar. Der Rat tritt an die Stelle des durch die Schengener Übereinkommen eingesetzten Exekutivausschusses.

 

Artikel 3

 

Die Beteiligung Dänemarks am Erlass der Maßnahmen, die eine Weiterentwicklung des Schengen- Besitzstands darstellen, sowie die Umsetzung und Anwendung dieser Maßnahmen in Dänemark unterliegt den einschlägigen Bestimmungen des Protokolls über die Position Dänemarks.

 

Artikel 4

 

Irland und das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland können jederzeit beantragen, dass einzelne oder alle Bestimmungen des Schengen-Besitzstands auch auf sie Anwendung finden sollen.

Der Rat erlässt einen Europäischen Beschluss über einen solchen Antrag. Er beschließt einstimmig mit den Stimmen der in Artikel 1 genannten Mitglieder und des Mitglieds, das die Regierung des betreffenden Mitgliedstaats vertritt.

 

Artikel 5

 

Vorschläge und Initiativen auf der Grundlage des Schengen-Besitzstands unterliegen den einschlägigen Bestimmungen der Verfassung.

In diesem Zusammenhang gilt, sofern Irland oder das Vereinigte Königreich oder beide Mitgliedstaaten dem Präsidenten des Rates nicht innerhalb eines vertretbaren Zeitraums schriftlich mitgeteilt haben, dass sie sich beteiligen möchten, die Ermächtigung nach Artikel III‑419 Absatz 1 der Verfassung gegenüber den in Artikel 1 genannten Mitgliedstaaten sowie gegenüber Irland oder dem Vereinigten Königreich als erteilt, sofern einer dieser beiden Mitgliedstaaten sich an den betreffenden Bereichen der Zusammenarbeit beteiligen möchte.

 

Artikel 6

 

Die Republik Island und das Königreich Norwegen werden bei der Durchführung des Schengen- Besitzstands und bei seiner weiteren Entwicklung assoziiert. Die entsprechenden Verfahren hierfür werden in einer Übereinkunft mit diesen Staaten festgelegt, das vom Rat mit einstimmigem Beschluss seiner in Artikel 1 genannten Mitglieder geschlossen wird. Diese Übereinkunft enthält auch Bestimmungen über den Beitrag Islands und Norwegens zu etwaigen finanziellen Folgen der Durchführung dieses Protokolls.

Mit Island und Norwegen schließt der Rat mit einstimmigem Beschluss eine gesonderte Übereinkunft zur Festlegung der Rechte und Pflichten zwischen Irland und dem Vereinigten KönigreichGroßbritannien und Nordirland einerseits und Island und Norwegen andererseits in den für diese Staaten geltenden Bereichen des Schengen-Besitzstands.

 

Artikel 7

 

Bei den Verhandlungen über die Aufnahme neuer Mitgliedstaaten in die Europäische Union gelten der Schengen-Besitzstand und weitere Maßnahmen, welche die Organe im Rahmen seines Anwendungsbereichs getroffen haben, als ein Besitzstand, der von allen Staaten, die Beitrittskandidaten sind, vollständig zu übernehmen ist.

 

 

18. PROTOKOLL ÜBER DIE ANWENDUNG BESTIMMTER ASPEKTE DES ARTIKELS III-130

 

DER VERFASSUNG AUF DAS VEREINIGTE KÖNIGREICH UND AUF IRLAND

DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN —

IN DEM WUNSCH, bestimmte das Vereinigte Königreich und Irland betreffende Fragen zu regeln,

IM HINBLICK darauf, dass seit vielen Jahren zwischen dem Vereinigten Königreich und Irland besondere Reiseregelungen bestehen —

SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt

sind:

 

Artikel 1

 

Das Vereinigte Königreich darf ungeachtet der Artikel III-130 und III-265 der Verfassung, anderer Bestimmungen der Verfassung, im Rahmen der Verfassung erlassener Maßnahmen oder von der Union oder der Union und ihren Mitgliedstaaten mit einem oder mehreren Drittländern

geschlossener internationaler Übereinkünfte an seinen Grenzen mit anderen Mitgliedstaaten bei Personen, die in das Vereinigte Königreich einreisen wollen, Kontrollen durchführen, die nach seiner Auffassung erforderlich sind

a) zur Überprüfung des Rechts auf Einreise in das Vereinigte Königreich bei Staatsangehörigen von Mitgliedstaaten und ihren unterhaltsberechtigten Angehörigen, welche die ihnen nach dem Unionsrecht zustehenden Rechte wahrnehmen, sowie bei Staatsangehörigen anderer Staaten, denen solche Rechte aufgrund einer Übereinkunft zustehen, an die das Vereinigte Königreich gebunden ist, und

b) zur Entscheidung darüber, ob anderen Personen die Genehmigung zur Einreise in das Vereinigte Königreich erteilt wird.

Die Artikel III-130 und III-265 der Verfassung, die anderen Bestimmungen der Verfassung oder die im Rahmen der Verfassung erlassenen Maßnahmen berühren in keiner Weise das Recht des Vereinigten Königreichs, solche Kontrollen ein- oder durchzuführen. Wird im vorliegenden Artikel auf das Vereinigte Königreich Bezug genommen, so gilt diese Bezugnahme auch für die Gebiete, für deren Außenbeziehungen das Vereinigte Königreich verantwortlich ist.

 

Artikel 2

 

Das Vereinigte Königreich und Irland können weiterhin untereinander Regelungen über den freien Personenverkehr zwischen ihren Hoheitsgebieten („einheitliches Reisegebiet“) treffen, sofern die Rechte der in Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe a genannten Personen in vollem Umfang gewahrt bleiben. Dementsprechend findet, solange sie solche Regelungen beibehalten, Artikel 1 unter denselben Bedingungen und Voraussetzungen wie im Falle des Vereinigten Königreichs auf Irland Anwendung.

Die Artikel III-130 und III-265 der Verfassung, andere Bestimmungen der Verfassung oder im Rahmen der Verfassung erlassene Maßnahmen berühren diese Regelungen in keiner Weise.

 

Artikel 3

 

Die übrigen Mitgliedstaaten dürfen an ihren Grenzen oder an allen Orten, an denen ihr Hoheitsgebiet betreten werden kann, solche Kontrollen bei Personen durchführen, die aus dem Vereinigten Königreich oder aus Gebieten, deren Außenbeziehungen für die in Artikel 1 genannten Zwecke in seiner Verantwortung liegen, oder aber, soweit Artikel 1 für Irland gilt, aus Irland in ihr Hoheitsgebiet

einreisen wollen.

Die Artikel III-130 und III-265 der Verfassung, andere Bestimmungen der Verfassung oder im Rahmen der Verfassung erlassene Maßnahmen berühren in keiner Weise das Recht der übrigen Mitgliedstaaten, solche Kontrollen ein- oder durchzuführen.

 

Artikel 4

 

Dieses Protokoll findet auch auf die Rechtsakte Anwendung, die nach Artikel IV-438 der Verfassung weiter gelten.

 

19. PROTOKOLL ÜBER DIE POSITION DES VEREINIGTEN KÖNIGREICHS UND IRLANDS

HINSICHTLICH DER POLITIK BETREFFEND GRENZKONTROLLEN, ASYL

UND EINWANDERUNG SOWIE HINSICHTLICH DER JUSTIZIELLEN ZUSAMMENARBEIT

IN ZIVILSACHEN UND DER POLIZEILICHEN ZUSAMMENARBEIT

DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN —

IN DEM WUNSCH, bestimmte das Vereinigte Königreich und Irland betreffende Fragen zu regeln,

UNTER BERÜCKSICHTIGUNG des Protokolls über die Anwendung bestimmter Aspekte des Artikels III-130 der Verfassung auf das Vereinigte Königreich und auf Irland —

SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt

sind:

 

Artikel 1

 

Vorbehaltlich des Artikels 3 beteiligen sich das Vereinigte Königreich und Irland nicht am Erlass von Maßnahmen durch den Rat, die nach Teil III Titel III Kapitel IV Abschnitte 2 oder 3 der Verfassung oder nach Artikel III-260 der Verfassung, soweit dieser Artikel die unter die genannten Abschnitte fallenden Bereiche oder die Bereiche des Artikels III-263 oder des Artikels III-275 Absatz 2 Buchstabe a der Verfassung betrifft, vorgeschlagen werden. Für Rechtsakte des Rates, die einstimmigangenommen werden müssen, ist die Zustimmung der Mitglieder des Rates mit Ausnahme der Vertreter der Regierungen des Vereinigten Königreichs und Irlands erforderlich.

Für die Zwecke dieses Artikels gilt als qualifizierte Mehrheit eine Mehrheit von mindestens 55 % derjenigen Mitglieder des Rates, die die beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, sofern die betreffenden Mitgliedstaaten zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten ausmachen.

Für eine Sperrminorität ist mindestens die Mindestzahl der Mitglieder des Rates, die mehr als 35 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, zuzüglich eines Mitglieds erforderlich; andernfalls gilt die qualifizierte Mehrheit als erreicht.

Beschließt der Rat nicht auf Vorschlag der Kommission oder des Außenministers der Union, so gilt abweichend von den Absätzen 2 und 3 als die erforderliche qualifizierte Mehrheit eine Mehrheit von mindestens 72 % derjenigen Mitglieder des Rates, die die beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, sofern die betreffenden Mitgliedstaaten zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten ausmachen.

 

Artikel 2

 

Entsprechend Artikel 1 und vorbehaltlich der Artikel 3, 4 und 6 sind Vorschriften des Teils III Titel III Kapitel IV Abschnitte 2 oder 3 der Verfassung oder des Artikels III-260 der Verfassung, soweit dieser Artikel die unter die genannten Abschnitte fallenden Bereiche oder die Bereiche des Artikels III-263 oder des Artikels III-275 Absatz 2 Buchstabe a der Verfassung betrifft, nach jenen Abschnitten oder jenen Artikeln erlassene Maßnahmen, Vorschriften internationaler Übereinkünfte, die von der Union nach jenen Abschnitten oder jenen Artikeln geschlossen werden, sowie Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union, in denen solche Vorschriften oder Maßnahmen ausgelegt

werden, für das Vereinigte Königreich oder Irland nicht bindend oder anwendbar. Diese Vorschriften, Maßnahmen oder Entscheidungen berühren in keiner Weise die Zuständigkeiten, Rechte und Pflichten dieser Staaten. Diese Vorschriften, Maßnahmen oder Entscheidungen verändern in keiner Weise den Besitzstand der Gemeinschaft und der Union und sind nicht Teil des Unionsrechts, soweit sie auf das Vereinigte Königreich und Irland Anwendung finden.

 

Artikel 3

 

(1) Das Vereinigte Königreich oder Irland kann dem Rat innerhalb von drei Monaten nach der Vorlage eines Vorschlags nach Teil III Titel III Kapitel IV Abschnitte 2 oder 3 der Verfassung oder eines Vorschlags oder einer Initiative nach Artikel III-263 oder Artikel III-275 Absatz 2 Buchstabe a der Verfassung beim Rat schriftlich mitteilen, dass es sich am Erlass und an der Anwendung der betreffenden Maßnahme beteiligen möchte; dies ist dem betreffenden Staat daraufhin gestattet. Für Rechtsakte des Rates, die einstimmig angenommen werden müssen, ist die Zustimmung aller Mitglieder des Rates mit Ausnahme der Mitglieder, die keine solche Mitteilung gemacht haben, erforderlich. Eine nach diesem Absatz erlassene Maßnahme ist für alle an ihrem Erlass beteiligten Mitgliedstaaten bindend. Die Bedingungen für eine Beteiligung des Vereinigten Königreichs und Irlands an den Bewertungen, die die unter Teil III Titel III Kapitel IV Abschnitte 2 oder 3 der

Verfassung fallenden Bereiche betreffen, werden in den nach Artikel III-260 der Verfassung erlassenen Europäischen Verordnungen oder Beschlüssen geregelt

Für die Zwecke dieses Artikels gilt als qualifizierte Mehrheit eine Mehrheit von mindestens 55 % derjenigen Mitglieder des Rates, die die beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, sofern die betreffenden Mitgliedstaaten zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten ausmachen.

Für eine Sperrminorität ist mindestens die Mindestzahl der Mitglieder des Rates, die mehr als 35 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, zuzüglich eines Mitglieds erforderlich; andernfalls gilt die qualifizierte Mehrheit als erreicht.

Beschließt der Rat nicht auf Vorschlag der Kommission oder des Außenministers der Union, so gilt abweichend von den Absätzen 2 und 3 als die erforderliche qualifizierte Mehrheit eine Mehrheit von mindestens 72 % derjenigen Mitglieder des Rates, die die beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, sofern die betreffenden Mitgliedstaaten zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten ausmachen.

(2) Kann eine Maßnahme nach Absatz 1 nach Ablauf eines angemessenen Zeitraums nicht mit Beteiligung des Vereinigten Königreichs oder Irlands erlassen werden, so kann der Rat die betreffende Maßnahme nach Artikel 1 ohne Beteiligung des Vereinigten Königreichs oder Irlands erlassen. In diesem Fall findet Artikel 2 Anwendung.

 

Artikel 4

 

Das Vereinigte Königreich oder Irland kann nach dem Erlass einer Maßnahme nach Teil III Titel III Kapitel IV Abschnitte 2 oder 3 der Verfassung oder Artikel III-263 oder Artikel III-275 Absatz 2 Buchstabe a der Verfassung dem Rat und der Kommission jederzeit mitteilen, dass es die Maßnahme anzunehmen beabsichtigt. In diesem Fall findet das in Artikel III-420 Absatz 1 der Verfassung vorgesehene Verfahren sinngemäß Anwendung.

 

Artikel 5

 

Ein Mitgliedstaat, der durch eine nach Teil III Titel III Kapitel IV Abschnitte 2 oder 3 der Verfassung oder Artikel III-263 oder Artikel III‑275 Absatz 2 Buchstabe a der Verfassung erlassene Maßnahme nicht gebunden ist, hat außer den für die Organe sich ergebenden Verwaltungskosten keine finanziellen Folgen dieser Maßnahme zu tragen, sofern der Rat nicht mit allen seinen Mitgliedern nach Anhörung des Europäischen Parlaments einstimmig etwas anderes beschließt.

 

Artikel 6

 

In Fällen, in denen nach diesem Protokoll das Vereinigte Königreich oder Irland durch eine nach Teil III Titel III Kapitel IV Abschnitte 2 oder 3 der Verfassung oder Artikel III-260 der Verfassung, soweit dieser Artikel die unter die genannten Abschnitte fallenden Bereiche oder die Bereiche des Artikels III-263 oder des Artikels III-275 Absatz 2 Buchstabe a der Verfassung betrifft, erlassene Maßnahme gebunden ist, gelten hinsichtlich dieser Maßnahme für den betreffenden Staat die einschlägigen Bestimmungen der Verfassung.

 

Artikel 7

 

Die Artikel 3 und 4 berühren nicht das Protokoll über den in den Rahmen der Europäischen Union einbezogenen Schengen-Besitzstand.

 

Artikel 8

 

Irland kann dem Rat schriftlich mitteilen, dass die Bestimmungen dieses Protokolls nicht mehr für Irland gelten sollen. In diesem Fall gelten die genannten Bestimmungen nicht mehr für Irland.

 

20. PROTOKOLL ÜBER DIE POSITION DÄNEMARKS

 

DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN —

UNTER BERUFUNG auf den Beschluss der am 12. Dezember 1992 in Edinburgh im Europäischen Rat vereinigten Staats- und Regierungschefs zu bestimmten von Dänemark aufgeworfenen Problemen betreffend den Vertrag über die Europäische Union,

IN KENNTNIS der in dem Beschluss von Edinburgh festgelegten Haltung Dänemarks in Bezug auf die Unionsbürgerschaft, die Wirtschafts- und Währungsunion sowie auf die Verteidigungspolitik und die Bereiche Justiz und Inneres,

IN DEM BEWUSSTSEIN, dass Dänemarks Beteiligung an wichtigen Bereichen der Zusammenarbeit in der Union erheblich eingeschränkt wird, wenn die auf den Beschluss von Edinburgh zurückgehende Rechtsregelung im Rahmen der Verfassung fortgesetzt wird, und dass es im Interesse der Union liegt, die uneingeschränkte Anwendung des Besitzstands im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu gewährleisten,

IN DEM WUNSCH, aufgrund dessen einen Rechtsrahmen festzulegen, der Dänemark die Option bieten wird, sich am Erlass von Maßnahmen zu beteiligen, die auf der Grundlage von Teil III Titel III Kapitel IV der Verfassung vorgeschlagen werden, und die Absicht Dänemarks begrüßend, wenn möglich von dieser Option im Einklang mit seinen verfassungsrechtlichen Vorschriften Gebrauch zu machen,

IN ANBETRACHT DESSEN, dass Dänemark die anderen Mitgliedstaaten nicht daran hindern wird, ihre Zusammenarbeit in Bezug auf Maßnahmen, die für Dänemark nicht bindend sind, weiter auszubauen,

EINGEDENK des Protokolls über den in den Rahmen der Europäischen Union einbezogenen Schengen-Besitzstand —

SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt sind:

 

TEIL I

 

Artikel 1

 

Dänemark beteiligt sich nicht am Erlass von Maßnahmen durch den Rat, die nach Teil III Titel III Kapitel IV der Verfassung vorgeschlagen werden. Für Rechtsakte des Rates, die einstimmig erlassen werden müssen, ist die Zustimmung der Mitglieder des Rates mit Ausnahme des dänischen Vertreters erforderlich.

Für die Zwecke dieses Artikels gilt als qualifizierte Mehrheit eine Mehrheit von mindestens 55 % derjenigen Mitglieder des Rates, die die beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, sofern die betreffenden Mitgliedstaaten zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten ausmachen.

Für eine Sperrminorität ist mindestens die Mindestzahl der Mitglieder des Rates, die mehr als 35 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, zuzüglich eines Mitglieds erforderlich; andernfalls gilt die qualifizierte Mehrheit als erreicht.

Beschließt der Rat nicht auf Vorschlag der Kommission oder des Außenministers der Union, so gilt abweichend von den Absätzen 2 und 3 als die erforderliche qualifizierte Mehrheit eine Mehrheit von mindestens 72 % derjenigen Mitglieder des Rates, die die beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, sofern die betreffenden Mitgliedstaaten zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten ausmachen.

 

Artikel 2

 

Vorschriften des Teils III Titel III Kapitel IV der Verfassung, nach jenem Kapitel erlassene Maßnahmen, Vorschriften internationaler Übereinkünfte, die von der Union nach jenem Kapitel geschlossen werden, sowie Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union, in denen solche Vorschriften oder Maßnahmen ausgelegt werden, sind für Dänemark nicht bindend oder anwendbar.

Diese Vorschriften, Maßnahmen oder Entscheidungen berühren in keiner Weise die Zuständigkeiten, Rechte und Pflichten Dänemarks. Diese Vorschriften, Maßnahmen oder Entscheidungen verändern in keiner Weise den Besitzstand der Gemeinschaft und der Union und sind nicht Teil des Unionsrechts, soweit sie auf Dänemark Anwendung finden.

 

Artikel 3

 

Dänemark hat außer den sich für die Organe ergebenden Verwaltungskosten keine finanziellen Folgen von Maßnahmen nach Artikel 1 zu tragen.

 

Artikel 4

 

(1) Dänemark beschließt innerhalb von sechs Monaten nach Erlass einer Maßnahme des Rates zur Ergänzung des Schengen-Besitzstands nach Teil I, ob es diese Maßnahme in einzelstaatliches Recht  umsetzt. Fasst es einen solchen Beschluss, so begründet diese Maßnahme eine Verpflichtung nach dem Völkerrecht zwischen Dänemark und den übrigen Mitgliedstaaten, für die die Maßnahme bindend ist.

Beschließt Dänemark, eine solche Maßnahme nicht umzusetzen, so prüfen die Mitgliedstaaten, für die die Maßnahme bindend ist, und Dänemark, welche Schritte zu unternehmen sind.

(2) Dänemark behält die Rechte und Pflichten, die vor dem Inkrafttreten des Vertrags über eine Verfassung für Europa in Bezug auf den Schengen-Besitzstand bestanden.

 

TEIL II

 

Artikel 5

 

Hinsichtlich der vom Rat nach Artikel I-41, Artikel III-295 Absatz 1 und den Artikeln III-309 bis III-313 der Verfassung erlassenen Maßnahmen beteiligt sich Dänemark nicht an der Ausarbeitung und Durchführung von Beschlüssen und Maßnahmen der Union, die verteidigungspolitische Bezüge haben. Dänemark nimmt daher nicht am Erlass dieser Beschlüsse und Maßnahmen teil. Es wird die anderen Mitgliedstaaten nicht daran hindern, ihre Zusammenarbeit auf diesem Gebiet weiter auszubauen. Dänemark ist nicht verpflichtet, zur Finanzierung operativer Ausgaben beizutragen, die als Folge solcher Maßnahmen anfallen, oder der Union militärische Fähigkeiten zur Verfügung zu stellen.

Für Rechtsakte des Rates, die einstimmig erlassen werden müssen, ist die Zustimmung der Mitglieder des Rates mit Ausnahme des Vertreters der Regierung Dänemarks erforderlich.

Für die Zwecke dieses Artikels gilt als qualifizierte Mehrheit eine Mehrheit von mindestens 55 % derjenigen Mitglieder des Rates, die die beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, sofern die betreffenden Mitgliedstaaten zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten ausmachen.

Für eine Sperrminorität ist mindestens die Mindestzahl der Mitglieder des Rates, die mehr als 35 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, zuzüglich eines Mitglieds erforderlich;andernfalls gilt die qualifizierte Mehrheit als erreicht.

Beschließt der Rat nicht auf Vorschlag der Kommission oder des Außenministers der Union, so gilt abweichend von den Absätzen 3 und 4 als die erforderliche qualifizierte Mehrheit eine Mehrheit von mindestens 72 % derjenigen Mitglieder des Rates, die die beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, sofern die betreffenden Mitgliedstaaten zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligtenMitgliedstaaten ausmachen.

 

TEIL III

 

Artikel 6

 

Dieses Protokoll gilt auch für Maßnahmen, die nach Artikel IV-438 der Verfassung in Kraft bleiben und die vor dem Inkrafttreten des Vertrags über eine Verfassung für Europa von dem Protokoll über die Position Dänemarks, das dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügt ist, erfasst waren.

 

Artikel 7

 

Die Artikel 1, 2 und 3 finden keine Anwendung auf Maßnahmen zur Bestimmung derjenigen Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen der Mitgliedstaaten im Besitz eines Visums sein müssen, sowie auf Maßnahmen zur einheitlichen Visumgestaltung.

 

TEIL IV

 

Artikel 8

 

Dänemark kann jederzeit den übrigen Mitgliedstaaten im Einklang mit seinen verfassungsrechtlichen Vorschriften mitteilen, dass es von diesem Protokoll insgesamt oder zum Teil keinen Gebrauch mehr machen will. In diesem Fall wird Dänemark sämtliche im Rahmen der Union getroffenen einschlägigen Maßnahmen, die bis dahin in Kraft getreten sind, in vollem Umfang anwenden.

 

Artikel 9

 

(1) Dänemark kann jederzeit und unbeschadet des Artikels 8 den anderen Mitgliedstaaten im Einklang mit seinen verfassungsrechtlichen Vorschriften mitteilen, dass ab dem ersten Tag des auf die Mitteilung folgenden Monats Teil I dieses Protokolls aus den Bestimmungen im Anhang zu diesem Protokoll besteht. In diesem Fall werden die Artikel 5 bis 9 entsprechend umnummeriert.

(2) Sechs Monate nach dem Tag, an dem die Mitteilung nach Absatz 1 wirksam wird, sind der gesamte Schengen-Besitzstand und alle zur Ergänzung dieses Besitzstands erlassenen Maßnahmen, die für Dänemark bis dahin als Verpflichtungen im Rahmen des Völkerrechts bindend waren, für Dänemark als Unionsrecht bindend.

 

ANHANG

 

Artikel 1

 

Vorbehaltlich des Artikels 3 beteiligt sich Dänemark nicht am Erlass von Maßnahmen durch den Rat, die nach Teil III Titel III Kapitel IV der Verfassung vorgeschlagen werden. Für Rechtsakte des Rates, die einstimmig erlassen werden müssen, ist die Zustimmung der Mitglieder des Rates mit Ausnahme des Vertreters der Regierung Dänemarks erforderlich.

Für die Zwecke dieses Artikels gilt als qualifizierte Mehrheit eine Mehrheit von mindestens 55 % derjenigen Mitglieder des Rates, die die beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, sofern die betreffenden Mitgliedstaaten zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten ausmachen.

Für eine Sperrminorität ist mindestens die Mindestzahl der Mitglieder des Rates, die mehr als 35 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, zuzüglich eines Mitglieds erforderlich; andernfalls gilt die qualifizierte Mehrheit als erreicht.

Beschließt der Rat nicht auf Vorschlag der Kommission oder des Außenministers der Union, so gilt abweichend von den Absätzen 2 und 3 als die erforderliche qualifizierte Mehrheit eine Mehrheit von mindestens 72 % derjenigen Mitglieder des Rates, die die beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, sofern die betreffenden Mitgliedstaaten zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten ausmachen.

 

Artikel 2

 

Entsprechend Artikel 1 und vorbehaltlich der Artikel 3, 4 und 6 sind Vorschriften des Teils III Titel III Kapitel IV der Verfassung, nach jenem Kapitel erlassene Maßnahmen, Vorschriften internationaler Übereinkünfte, die von der Union nach jenem Kapitel geschlossen werden, sowie Entscheidungen desGerichtshofs der Europäischen Union, in denen solche Vorschriften oder Maßnahmen ausgelegt werden, für Dänemark nicht bindend oder anwendbar. Diese Vorschriften, Maßnahmen oder Entscheidungen berühren in keiner Weise die Zuständigkeiten, Rechte und Pflichten Dänemarks.

Diese Vorschriften, Maßnahmen oder Entscheidungen verändern in keiner Weise den Besitzstand der Gemeinschaft und der Union und sind nicht Teil des Unionsrechts, soweit sie auf Dänemark Anwendung finden.

 

Artikel 3

 

(1) Dänemark kann dem Präsidenten des Rates innerhalb von drei Monaten nach der Vorlage beim Rat eines Vorschlags oder einer Initiative nach Teil III Titel III Kapitel IV der Verfassung schriftlich mitteilen, dass es sich am Erlass und an der Anwendung der betreffenden Maßnahme beteiligen möchte; dies ist Dänemark daraufhin gestattet.

(2) Kann eine Maßnahme nach Absatz 1 nach Ablauf eines angemessenen Zeitraums nicht mit Beteiligung Dänemarks erlassen werden, so kann der Rat die Maßnahme nach Artikel 1 ohne Beteiligung Dänemarks erlassen. In diesem Fall findet Artikel 2 Anwendung.

 

Artikel 4

 

Dänemark kann nach Erlass einer Maßnahme nach Teil III Titel III Kapitel IV der Verfassung dem Rat und der Kommission jederzeit mitteilen, dass es die Maßnahme anzunehmen wünscht. In diesem Fall findet das in Artikel III-420 Absatz 1 der Verfassung vorgesehene Verfahren sinngemäß Anwendung.

 

Artikel 5

 

(1) Die Mitteilung nach Artikel 4 hat spätestens sechs Monate nach dem endgültigen Erlass einer Maßnahme zu erfolgen, wenn diese Maßnahme eine Ergänzung des Schengen-Besitzstands darstellt. Erfolgt von Dänemark keine Mitteilung nach Artikel 3 oder Artikel 4 zu Maßnahmen, die eine Ergänzung des Schengen-Besitzstands darstellen, so werden die Mitgliedstaaten, für die die Maßnahme bindend ist, und Dänemark prüfen, welche Schritte zu unternehmen sind.

(2) Eine Mitteilung nach Artikel 3 zu Maßnahmen, die eine Ergänzung des Schengen-Besitzstands darstellen, gilt unwiderruflich als Mitteilung nach Artikel 3 zu weiteren Vorschlägen oder Initiativen, mit denen diese Maßnahmen ergänzt werden sollen, sofern diese Vorschläge oder Initiativen eine Ergänzung des Schengen-Besitzstands darstellen.

 

Artikel 6

 

In Fällen, in denen nach diesem Teil Dänemark durch eine vom Rat nach Teil III Titel III Kapitel IV der Verfassung erlassene Maßnahme gebunden ist, gelten hinsichtlich dieser Maßnahme für Dänemark dieeinschlägigen Bestimmungen der Verfassung.

 

Artikel 7

 

Ist Dänemark durch eine nach Teil III Titel III Kapitel IV der Verfassung erlassene Maßnahme nicht gebunden, so hat es außer den sich für die Organe ergebenden Verwaltungskosten keine finanziellen Folgen dieser Maßnahme zu tragen, es sei denn der Rat beschließt nach Anhörung des Europäischen Parlaments einstimmig etwas anderes.

 

21. PROTOKOLL ÜBER DIE AUSSENBEZIEHUNGEN DER MITGLIEDSTAATEN HINSICHTLICH

 

DES ÜBERSCHREITENS DER AUSSENGRENZEN

DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN —

EINGEDENK der Notwendigkeit, dass die Mitgliedstaaten, gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit Drittländern, für wirksame Kontrollen an ihren Außengrenzen sorgen —

SIND über folgende Bestimmung ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt ist:

 

Einziger Artikel

 

Die in Artikel III-265 Absatz 2 Buchstabe b der Verfassung aufgenommenen Bestimmungen über Maßnahmen in Bezug auf das Überschreiten der Außengrenzen berühren nicht die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Aushandlung und den Abschluss von Übereinkünften mit Drittländern, sofern sie mit dem Unionsrecht und anderen in Betracht kommenden internationalen Übereinkünften in Einklang stehen.

 

22. PROTOKOLL ÜBER DIE GEWÄHRUNG VON ASYL FÜR STAATSANGEHÖRIGE DER MITGLIEDSTAATEN

DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN —

IN DER ERWÄGUNG, dass die Union nach Artikel I-9 Absatz 1 der Verfassung die Rechte, Freiheiten und Grundsätze anerkennt, die in der Charta der Grundrechte enthalten sind,

IN DER ERWÄGUNG, dass die Grundrechte nach Artikel I-9 Absatz 3 der Verfassung, wie sie in der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten gewährleistet sind, als allgemeine Grundsätze zum Unionsrecht gehören,

IN DER ERWÄGUNG, dass der Gerichtshof der Europäischen Union dafür zuständig ist sicherzustellen, dass die Unionbei der Auslegung und Anwendung des Artikels I‑9 Absätze 1 und 3 der Verfassung die Rechtsvorschriften einhält,

IN DER ERWÄGUNG, dass nach Artikel I-58 der Verfassung jeder europäische Staat, der beantragt, Mitglied der Union zu werden, die in Artikel I‑2 der Verfassung verkündeten Werte achten muss,

EINGEDENK dessen, dass Artikel I‑59 der Verfassung ein Verfahren für die Aussetzung bestimmter Rechte im Falle einer schwerwiegenden und anhaltenden Verletzung dieser Werte durch einen Mitgliedstaat vorsieht,

UNTER HINWEIS darauf, dass jeder Staatsangehörige eines Mitgliedstaats als Unionsbürger einen besonderen Status und einen besonderen Schutz genießt, welche die Mitgliedstaaten nach Teil I Titel II und Teil III Titel II der Verfassung gewährleisten,

IN DEM BEWUSSTSEIN, dass die Verfassung einen Raum ohne Binnengrenzen schafft und jeder Unionsbürgerin und jedem Unionsbürger das Recht gewährt, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten,

IN DEM WUNSCH zu verhindern, dass Asyl für andere als die vorgesehenen Zwecke in Anspruch genommen wird,

IN DER ERWÄGUNG, dass dieses Protokoll den Zweck und die Ziele des Genfer Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge beachtet —

SIND über folgende Bestimmung ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt ist:

 

Einziger Artikel

 

In Anbetracht des Niveaus des Schutzes der Grundrechte und Grundfreiheiten in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gelten die Mitgliedstaaten füreinander für alle rechtlichen und praktischen Zwecke im Zusammenhang mit Asylangelegenheiten als sichere Herkunftsländer. Dementsprechend darf ein Asylantrag eines Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats von einem anderen Mitgliedstaat nur

berücksichtigt oder zur Bearbeitung zugelassen werden,

a) wenn der Mitgliedstaat, dessen Staatsangehöriger der Antragsteller ist, Artikel 15 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten anwendet und Maßnahmen ergreift, die in seinem Hoheitsgebiet die in der Konvention vorgesehenen

Verpflichtungen außer Kraft setzen,

b) wenn das Verfahren des Artikels I‑59 Absatz 1 oder Absatz 2 der Verfassung eingeleitet worden ist, und bis der Rat oder gegebenenfalls der Europäische Rat in diesem Zusammenhang einen Europäischen Beschluss gegenüber dem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehöriger der Antragsteller ist, erlassen hat,

c) wenn der Rat einen Europäischen Beschluss nach Artikel I-59 Absatz 1 der Verfassung im Hinblick auf den Mitgliedstaat, dessen Staatsangehöriger der Antragsteller ist, erlassen hat, oder wenn der Europäische Rat einen Europäischen Beschluss nach Artikel I-59 Absatz 2 der Verfassung im Hinblick auf den Mitgliedstaat, dessen Staatsangehöriger der Antragsteller ist, erlassen hat,

d) wenn ein Mitgliedstaat in Bezug auf den Antrag eines Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats einseitig einen solchen Beschluss fasst; in diesem Fall wird der Rat umgehend unterrichtet; bei der Prüfung des Antrags wird von der Vermutung ausgegangen, dass der Antrag offensichtlich unbegründet ist, ohne dass die Entscheidungsbefugnis des Mitgliedstaats in irgendeiner Weise beeinträchtigt wird.

 

23. PROTOKOLL ÜBER DIE STÄNDIGE STRUKTURIERTE ZUSAMMENARBEIT GEMÄSS ARTIKEL I-41 ABSATZ 6 UND ARTIKEL III-312 DER VERFASSUNG

 

DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN — gestützt auf Artikel I-41 Absatz 6 und Artikel III-312 der Verfassung,

EINGEDENK DESSEN, dass die Union eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik verfolgt, die auf der Erreichung einer immer stärkeren Konvergenz des Handelns der Mitgliedstaaten beruht,

EINGEDENK DESSEN, dass die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik integraler Bestandteil der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik ist, dass sie der Union eine auf zivile und militärische Mittel gestützte Fähigkeit zu Operationen sichert, dass die Union hierauf bei Missionen nach Artikel III-309 der Verfassung außerhalb der Union zur Friedenssicherung, Konfliktverhütung und Stärkung der internationalen Sicherheit nach den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen zurückgreifen kann und dass diese Aufgaben dank der von den Mitgliedstaaten nach dem Grundsatz der „nur einmal einsetzbaren Streitkräfte“ bereitgestellten militärischen Fähigkeiten erfüllt werden,

EINGEDENK DESSEN, dass die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Union den besonderen Charakter der Sicherheits- und Verteidigungspolitik bestimmter Mitgliedstaaten unberührt lässt,

EINGEDENK DESSEN, dass die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Union die aus dem Nordatlantikvertrag erwachsenden Verpflichtungen der Mitgliedstaaten achtet, die ihre gemeinsame Verteidigung als durch die Nordatlantikvertrags-Organisation verwirklicht betrachten, die das Fundament der kollektiven Verteidigung ihrer Mitglieder bleibt, und dass sie mit der in jenem Rahmen festgelegten gemeinsamen Sicherheits- undVerteidigungspolitik vereinbar ist,

IN DER ÜBERZEUGUNG, dass eine maßgeblichere Rolle der Union im Bereich von Sicherheit und Verteidigung im Einklang mit den so genannten Berlin-plus-Vereinbarungen zur Vitalität eines erneuerten Atlantischen Bündnisses beitragen wird,

FEST ENTSCHLOSSEN, dass die Union in der Lage sein muss, die ihr im Rahmen der Staatengemeinschaft obliegenden Verantwortungen in vollem Umfang wahrzunehmen,

IN DER ERKENNTNIS, dass die Organisation der Vereinten Nationen die Union für die Durchführung dringenderMissionen nach den Kapiteln VI und VII der Charta der Vereinten Nationen um Unterstützung ersuchen kann,

IN DER ERKENNTNIS, dass die Stärkung der Sicherheits- und Verteidigungspolitik von den Mitgliedstaaten Anstrengungen im Bereich der Fähigkeiten erfordern wird,

IN DEM BEWUSSTSEIN, dass der Eintritt in eine neue Phase der Entwicklung der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik von den Mitgliedstaaten, die dazu bereit sind, entschiedene Anstrengungen erfordert,

EINGEDENK der Bedeutung, die der umfassenden Beteiligung des Außenministers der Union an den Arbeiten im Rahmen der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit zukommt —

SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt sind:

 

Artikel 1

 

An der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit nach Artikel I-41 Absatz 6 der Verfassung kann jeder Mitgliedstaat teilnehmen, der sich ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vertrags über eine Verfassung für Europa verpflichtet,

a) seine Verteidigungsfähigkeiten durch Ausbau seiner nationalen Beiträge und gegebenenfalls durch Beteiligung an multinationalen Streitkräften, an den wichtigsten europäischen Ausrüstungsprogrammen und an der Tätigkeit der Agentur für die Bereiche Entwicklung der Verteidigungsfähigkeiten, Forschung, Beschaffung und Rüstung (Europäische Verteidigungsagentur) intensiver zu entwickeln und

b) spätestens 2007 über die Fähigkeit zu verfügen, entweder als nationales Kontingent oder als Teil von multinationalen Truppenverbänden bewaffnete Einheiten bereitzustellen, die auf die in Aussicht genommenen Missionen ausgerichtet sind, taktisch als Gefechtsverband konzipiert sind, über Unterstützung unter anderem für Transport und Logistik verfügen und fähig sind, innerhalb von 5 bis 30 Tagen Missionen nach Artikel III-309 aufzunehmen, um insbesondere Ersuchen der Organisation der Vereinten Nationen nachzukommen, und diese Missionen für eine Dauer von zunächst 30 Tagen, die bis auf 120 Tage ausgedehnt werden kann, aufrechtzuerhalten.

 

Artikel 2

 

Die an der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit teilnehmenden Mitgliedstaaten verpflichten sich zwecks Erreichung der in Artikel 1 genannten Ziele zu

a) einer Zusammenarbeit ab dem Inkrafttreten des Vertrags über eine Verfassung für Europa zur Verwirklichung der vereinbarten Ziele für die Höhe der Investitionsausgaben für Verteidigungsgüter und zur regelmäßigen Überprüfung dieser Ziele im Lichte des Sicherheitsumfelds und der internationalen Verantwortung der Union;

b) einer möglichst weit gehenden Angleichung ihres Verteidigungsinstrumentariums, indem sie insbesondere die Ermittlung des militärischen Bedarfs harmonisieren, ihre Verteidigungsmittel und -fähigkeiten gemeinsam nutzen und gegebenenfalls spezialisieren sowie die Zusammenarbeit auf den Gebieten Ausbildung und Logistik stärken;

c) konkreten Maßnahmen zur Stärkung der Verfügbarkeit, der Interoperabilität, der Flexibilität und der Verlegefähigkeit ihrer Truppen insbesondere, indem sie gemeinsame Ziele für die Entsendungvon Streitkräften aufstellen und gegebenenfalls ihre nationalen Beschlussfassungsverfahren überprüfen;

d) einer Zusammenarbeit mit dem Ziel, dass sie die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um unter anderem durch multinationale Konzepte und unbeschadet der sie betreffenden Verpflichtungen im Rahmen der Nordatlantikvertrags-Organisation die im Rahmen des „Mechanismus zur Entwicklung der Fähigkeiten“ festgestellten Lücken zu schließen;

e) einer eventuellen Mitwirkung an der Entwicklung gemeinsamer oder europäischer Programme für wichtige Güter im Rahmen der Europäischen Verteidigungsagentur.

 

Artikel 3

 

Die Europäische Verteidigungsagentur trägt zur regelmäßigen Beurteilung der Beiträge der teilnehmenden Mitgliedstaaten zu den Fähigkeiten bei, insbesondere der Beiträge nach den unter anderem auf der Grundlage von Artikel 2 aufgestellten Kriterien, und erstattet hierüber mindestens einmal jährlich Bericht. Die Beurteilung kann als Grundlage für die Empfehlungen sowie für die Europäischen Beschlüsse des Rates dienen, die nach Artikel III-312 der Verfassung erlassen werden.

 

24. PROTOKOLL ZU ARTIKEL I-41 ABSATZ 2 DER VERFASSUNG

DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN —

IN ANBETRACHT der Notwendigkeit, den Artikel I-41 Absatz 2 der Verfassung in vollem Umfang umzusetzen,

IN ANBETRACHT der Tatsache, dass die Politik der Union nach Artikel I-41 Absatz 2 der Verfassung den besonderen Charakter der Sicherheits- und Verteidigungspolitik bestimmter Mitgliedstaaten nicht berührt, die Verpflichtungen einiger Mitgliedstaaten, die ihre gemeinsame Verteidigung als durch die Nordatlantikvertrags-Organisation verwirklicht betrachten, aus dem Nordatlantikvertrag achtet und mit der in jenem Rahmen festgelegten gemeinsamen Sicherheits und Verteidigungspolitik vereinbar ist —

SIND über folgende Bestimmung ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt ist:

 

Einziger Artikel

 

Die Union erarbeitet zusammen mit der Westeuropäischen Union Regelungen für eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und der Westeuropäischen Union.

 

25. PROTOKOLL ÜBER DIE EINFUHR VON IN DEN NIEDERLÄNDISCHEN ANTILLEN RAFFINIERTEN ERDÖLERZEUGNISSEN IN DIE EUROPÄISCHE UNION

DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN —

IN DEM WUNSCH nach einer näheren Regelung für den Handelsverkehr bei der Einfuhr von in den Niederländischen Antillen raffinierten Erdölerzeugnissen in die Union —

SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt sind:

 

Artikel 1

 

Dieses Protokoll gilt für die Erdölerzeugnisse der Tarifnummern 2710, 2711, 2712 (Paraffin und Petrolatum aus Erdöl), ex 2713 (paraffinische Rückstände) und 2714 (Schieferöl) der kombinierten Nomenklatur, soweit sie zum Verbrauch in den Mitgliedstaaten eingeführt werden.

 

Artikel 2

 

Die Mitgliedstaaten verpflichten sich, den in den Niederländischen Antillen raffinierten Erdölerzeugnissen nach Maßgabe dieses Protokolls die Zollvorteile einzuräumen, die sich aus der Assoziierung der Niederländischen Antillen mit der Union ergeben. Diese Bestimmungen gelten ungeachtet der Ursprungsregeln der Mitgliedstaaten.

 

Artikel 3

 

(1) Stellt die Kommission auf Antrag eines Mitgliedstaats oder von sich aus fest, dass die nach der Regelung des Artikels 2 getätigten Einfuhren von in den Niederländischen Antillen raffinierten Erdölerzeugnissen in die Union tatsächliche Schwierigkeiten auf dem Markt eines oder mehrerer Mitgliedstaaten hervorrufen, so erlässt sie einen Europäischen Beschluss, mit dem festgelegt wird, dass die Zollsätze für die genannte Einfuhr von den betreffenden Mitgliedstaaten eingeführt, erhöht oder wieder eingeführt werden, soweit und solange dies erforderlich ist, um dieser Sachlage gerecht zu werden. Die so eingeführten, erhöhten oder wieder eingeführten Zollsätze dürfen nicht über den Sätzen der Zölle liegen, die gegenüber Drittländern für dieselben Erzeugnisse angewendet werden.

(2) Absatz 1 kann auf jeden Fall angewendet werden, wenn die Einfuhr von in den Niederländischen Antillen raffinierten Erdölerzeugnissen in die Union zwei Millionen Tonnen pro Jahr erreicht.

(3) Die Europäischen Beschlüsse der Kommission nach den Absätzen 1 und 2 einschließlich derjenigen, die auf die Ablehnung des Antrags eines Mitgliedstaats abzielen, werden dem Rat bekannt gegeben. Dieser kann sich auf Antrag eines jeden Mitgliedstaats mit den genannten Beschlüssen befassen, und er kann jederzeit einen Europäischen Beschluss erlassen, um diese abzuändern oder zurückzustellen.

 

Artikel 4

 

(1) Ist ein Mitgliedstaat der Ansicht, dass die unmittelbar oder über einen anderen Mitgliedstaat nach der Regelung des Artikels 2 durchgeführte Einfuhr von in den Niederländischen Antillen raffinierten Erdölerzeugnissen auf seinem Markt tatsächliche Schwierigkeiten hervorruft und dass

sofortige Maßnahmen zur Behebung dieser Sachlage erforderlich sind, so kann er von sich aus beschließen, dass auf diese Einfuhr Zölle erhoben werden, deren Sätze nicht über den Zollsätzen liegen dürfen, die gegenüber Drittländern für dieselben Erzeugnisse angewendet werden. Er teilt diesen Beschluss der Kommission mit, die binnen eines Monats einen Europäischen Beschluss erlässt, mit dem festgelegt wird, ob die von dem Staat getroffenen Maßnahmen aufrechterhalten werden können oder geändert beziehungsweise aufgehoben werden müssen. Artikel 3 Absatz 3 ist auf diesen Beschluss der Kommission anwendbar.

(2) Überschreitet die unmittelbar oder über einen anderen Mitgliedstaat nach der Regelung des Artikels 2 durchgeführte Einfuhr von in den Niederländischen Antillen raffinierten Erdölerzeugnissen in einem oder mehreren Mitgliedstaaten während eines Kalenderjahrs die im Anhang zu diesem Protokoll angegebene Menge, so werden die von dem oder den betreffenden Mitgliedstaaten für das laufende Jahr nach Absatz 1 gegebenenfalls getroffenen Maßnahmen als rechtmäßig betrachtet. Die Kommission nimmt von den getroffenen Maßnahmen Kenntnis, nachdem sie sich vergewissert hat, dass die festgelegte Menge erreicht wurde. In einem solchen Fall sehen die übrigen Mitgliedstaaten

davon ab, den Rat zu befassen.

 

Artikel 5

 

Beschließt die Union die Anwendung mengenmäßiger Beschränkungen auf die Einfuhr von Erdölerzeugnissen jeder Herkunft, so können diese auch auf die Einfuhr dieser Erzeugnisse aus den Niederländischen Antillen angewendet werden. In einem derartigen Fall wird den Niederländischen Antillen eine Vorzugsbehandlung gegenüber Drittländern gewährt.

 

Artikel 6

 

(1) Der Rat kann die Artikel 2 bis 5 einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments und der Kommission überprüfen, wenn er eine gemeinsame Ursprungsbestimmung für die Erdölerzeugnisse aus Drittländern und assoziierten Ländern erlässt, im Rahmen einer gemeinsamen Handelspolitik für die betreffenden Erzeugnisse Beschlüsse fasst oder eine gemeinsame Energiepolitik aufstellt.

(2) Bei einer derartigen Überprüfung müssen jedoch auf jeden Fall gleichwertige Vorteile zugunsten der Niederländischen Antillen in geeigneter Form und für eine Menge von mindestens zweieinhalb Millionen Tonnen Erdölerzeugnissen aufrechterhalten werden.

(3) Die Verpflichtungen der Union bezüglich der gleichwertigen Vorteile nach Absatz 2 können erforderlichenfalls auf die einzelnen Mitgliedstaaten aufgeteilt werden, wobei die im Anhang zu diesem Protokoll aufgeführten Mengen zu berücksichtigen sind.

 

Artikel 7

 

Zur Durchführung dieses Protokolls hat die Kommission die Entwicklung der Einfuhr von in den Niederländischen Antillen raffinierten Erdölerzeugnissen in die Mitgliedstaaten zu verfolgen. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission, die für die entsprechende Verteilung sorgt, alle diesem Zweck dienenden Angaben nach den von der Kommission empfohlenen Verwaltungseinzelheiten mit.

 

ANHANG

 

Zur Durchführung des Artikels 4 Absatz 2 haben die hohen Vertragsparteien beschlossen, dass die Menge von zwei Millionen Tonnen Erdölerzeugnissen aus den Antillen sich wie folgt auf die Mitgliedstaaten verteilt:

Deutschland 625 000 Tonnen

Belgisch-luxemburgische Wirtschaftsunion 200 000 Tonnen

Frankreich 75 000 Tonnen

Italien 100 000 Tonnen

Niederlande 1 000 000 Tonnen

 

26. PROTOKOLL BETREFFEND DEN ERWERB VON IMMOBILIEN IN DÄNEMARK

DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN —

VON DEM WUNSCH GELEITET, gewisse besondere Probleme betreffend Dänemark zu regeln —

SIND über folgende Bestimmung ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt ist:

 

Einziger Artikel

Ungeachtet der Bestimmungen der Verfassung kann Dänemark seine geltenden Rechtsvorschriften für den Erwerb von Zweitwohnungen beibehalten.

 

27. PROTOKOLL ÜBER DEN ÖFFENTLICH-RECHTLICHEN RUNDFUNK IN DEN MITGLIEDSTAATEN

DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN —

IN DER ERWÄGUNG, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk in den Mitgliedstaaten unmittelbar mit den demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen jeder Gesellschaft sowie mit dem Erfordernis verknüpft ist, den Pluralismus in den Medien zu wahren —

SIND über folgende auslegende Bestimmung ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt ist:

 

Einziger Artikel

 

Die Bestimmungen der Verfassung berühren nicht die Befugnis der Mitgliedstaaten, den öffentlichrechtlichen Rundfunk zu finanzieren, sofern die Finanzierung der Rundfunkanstalten dem öffentlichrechtlichen Auftrag, wie er von den Mitgliedstaaten den Anstalten übertragen, festgelegt und ausgestaltet wird, dient und die Handels‑ und Wettbewerbsbedingungen in der Union nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt, das dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft, wobei den Erfordernissen der Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags Rechnung zu tragen ist.

 

28. PROTOKOLL ZU ARTIKEL III-214 DER VERFASSUNG

DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN —

SIND über folgende Bestimmung ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt ist:

 

Einziger Artikel

 

Im Sinne des Artikels III–214 der Verfassung gelten Leistungen aufgrund eines betrieblichen Systems der sozialen Sicherheit nicht als Entgelt, sofern und soweit sie auf Beschäftigungszeiten vor dem 17. Mai 1990 zurückgeführt werden können, außer im Fall von Arbeitnehmern oder deren anspruchsberechtigten Angehörigen, die vor diesem Zeitpunkt eine Klage bei Gericht oder ein gleichwertiges Verfahren nach geltendem einzelstaatlichen Recht anhängig gemacht haben.

 

29. PROTOKOLL ÜBER DEN WIRTSCHAFTLICHEN, SOZIALEN UND TERRITORIALEN ZUSAMMENHALT

 

DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN —

UNTER HINWEIS darauf, dass in Artikel I-3 der Verfassung unter anderen Zielen die Förderung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts und der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten erwähnt ist und dass dieser Zusammenhalt zu den in Artikel I-14 Absatz 2 Buchstabe c der Verfassung aufgeführten Bereichen gehört, in denen die Union über geteilte Zuständigkeit verfügt,

UNTER HINWEIS darauf, dass Teil III Titel III Kapitel III Abschnitt 3 der Verfassung über den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt insgesamt die Rechtsgrundlage für die Konsolidierung und Weiterentwicklung der Tätigkeit der Union in diesem Bereich einschließlich der Schaffung eines Fonds darstellt,

UNTER HINWEIS darauf, dass in Artikel III-223 der Verfassung die Einrichtung eines Kohäsionsfonds vorgesehen ist,

IN ANBETRACHT dessen, dass die Europäische Investitionsbank erhebliche und noch steigende Beträge zugunsten der ärmeren Gebiete ausleiht,

IN ANBETRACHT des Wunsches nach größerer Flexibilität bei den Regelungen für die Zuweisungen aus den Strukturfonds,

IN ANBETRACHT des Wunsches nach einer Differenzierung der Höhe der Beteiligung der Union an den Programmen und Vorhaben in bestimmten Mitgliedstaaten,

ANGESICHTS des Vorschlags, dem relativen Wohlstand der Mitgliedstaaten im Rahmen des Systems der Eigenmittel stärker Rechnung zu tragen —

SIND über folgende Bestimmung ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt ist:

 

Einziger Artikel

 

(1) Die Mitgliedstaaten bekräftigen, dass die Förderung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts für die umfassende Entwicklung und den dauerhaften Erfolg der Union wesentlich ist.

(2) Die Mitgliedstaaten bekräftigen ihre Überzeugung, dass die Strukturfonds bei der Erreichung der

Ziele der Union im Bereich des Zusammenhalts weiterhin eine gewichtige Rolle zu spielen haben.

(3) Die Mitgliedstaaten bekräftigen ihre Überzeugung, dass die Europäische Investitionsbank weiterhin den Großteil ihrer Mittel für die Förderung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts einsetzen sollte, und erklären sich bereit, den Kapitalbedarf der Europäischen Investitionsbank zu überprüfen, sobald dies für diesen Zweck notwendig ist.

(4) Die Mitgliedstaaten vereinbaren, dass der Kohäsionsfonds finanzielle Beiträge der Union für Vorhaben in den Bereichen Umwelt und transeuropäische Netze in Mitgliedstaaten mit einem Pro- Kopf-BSP von weniger als 90 v. H. des Durchschnitts der Union bereitstellt, die ein Programm zur Erfüllung der in Artikel III-184 der Verfassung genannten Bedingungen der wirtschaftlichen Konvergenz vorweisen.

(5) Die Mitgliedstaaten bekunden ihre Absicht, ein größeres Maß an Flexibilität bei der Zuweisung von Finanzmitteln aus den Strukturfonds für besondere Bedürfnisse vorzusehen, die nicht von den derzeitigen Strukturfonds abgedeckt werden.

(6) Die Mitgliedstaaten bekunden ihre Bereitschaft, die Höhe der Beteiligung der Union an Programmen und Vorhaben im Rahmen der Strukturfonds zu differenzieren, um einen übermäßigen Anstieg der Haushaltsausgaben in den weniger wohlhabenden Mitgliedstaaten zu vermeiden.

(7) Die Mitgliedstaaten erkennen an, dass die Fortschritte im Hinblick auf den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt laufend überwacht werden müssen, und bekunden ihre Bereitschaft, alle dazu erforderlichen Maßnahmen zu prüfen.

(8) Die Mitgliedstaaten erklären ihre Absicht, der Beitragskapazität der einzelnen Mitgliedstaaten im Rahmen des Systems der Eigenmittel stärker Rechnung zu tragen und zu prüfen, wie für die weniger wohlhabenden Mitgliedstaaten regressive Elemente im derzeitigen System der Eigenmittel korrigiert werden können.

 

30. PROTOKOLL ÜBER DIE SONDERREGELUNG FÜR GRÖNLAND

 

DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN —

SIND über folgende Bestimmung ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt ist:

Einziger Artikel

(1) Die Behandlung von der gemeinsamen Fischereimarktorganisation unterliegenden Erzeugnissen mit Ursprung in Grönland bei der Einfuhr in die Union erfolgt unter Beachtung der Mechanismen der gemeinsamen Marktorganisation frei von Zöllen und Abgaben gleicher Wirkung sowie ohne mengenmäßige Beschränkungen und Maßnahmen gleicher Wirkung, sofern die aufgrund eines Abkommens zwischen der Union und der für Grönland zuständigen Behörde eingeräumten Möglichkeiten des Zugangs der Union zu den grönländischen Fischereizonen für die Union zufrieden stellend sind.

(2) Die Maßnahmen betreffend die Einfuhrregelung für die in Absatz 1 genannten Erzeugnisse

werden nach den Verfahren des Artikels III‑231der Verfassung erlassen.

 

31. PROTOKOLL ÜBER ARTIKEL 40.3.3 DER VERFASSUNG IRLANDS

DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN —

SIND über folgende Bestimmung ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft beigefügt ist:

 

Einziger Artikel

 

Der Vertrag über eine Verfassung für Europa sowie die Verträge und Akte zur Änderung oder Ergänzung dieses Vertrags berühren nicht die Anwendung des Artikels 40.3.3 der irischen Verfassung in Irland.

 

32. PROTOKOLL ZU ARTIKEL I-9 ABSATZ 2 DER VERFASSUNG ÜBER DEN BEITRITT DER UNION ZUR EUROPÄISCHEN KONVENTION ZUM SCHUTZ DER MENSCHENRECHTE UND GRUNDFREIHEITEN

 

DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN —

SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt

sind:

 

Artikel 1

 

In der Übereinkunft über den Beitritt der Union zur Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden „Europäische Konvention“) nach Artikel I-9 Absatz 2 der Verfassung wird dafür Sorge getragen, dass die besonderen Merkmale der Union und des Unionsrechts erhalten bleiben, insbesondere in Bezug auf

a) die besondere Regelung für eine etwaige Beteiligung der Union an den Kontrollgremien der Europäischen Konvention;

b) die nötigen Mechanismen, um sicherzustellen, dass Beschwerden von Nichtmitgliedstaaten und Individualbeschwerden den Mitgliedstaaten und/oder gegebenenfalls der Union ordnungsgemäß übermittelt werden.

 

Artikel 2

 

In der Übereinkunft nach Artikel 1 wird sichergestellt, dass der Beitritt der Union die Zuständigkeiten der Union und die Befugnisse ihrer Organe unberührt lässt. Es wird sichergestellt, dass die Bestimmungen der Übereinkunft die besondere Situation der Mitgliedstaaten in Bezug auf die

Europäische Konvention unberührt lassen, insbesondere in Bezug auf ihre Protokolle, auf Maßnahmen, die von den Mitgliedstaaten in Abweichung von der Europäischen Konvention nach deren Artikel 15 getroffen werden, und auf Vorbehalte, die die Mitgliedstaaten gegen die Europäische Konvention nach deren Artikel 57 anbringen.

 

Artikel 3

 

Keine der Bestimmungen der Übereinkunft nach Artikel 1 berührt Artikel III‑375 Absatz 2 der Verfassung.

 

33. PROTOKOLL ÜBER DIE RECHTSAKTE UND VERTRÄGE ZUR ERGÄNZUNG ODER ÄNDERUNG DES VERTRAGS ZUR GRÜNDUNG DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFT UND DES VERTRAGS ÜBER DIE EUROPÄISCHE UNION

 

DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN —

IN DER ERWÄGUNG, dass mit Artikel IV-437 Absatz 1 der Verfassung der Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und der Vertrag über die Europäische Union sowie die Rechtsakte und Verträge zu ihrer Ergänzung oder Änderung aufgehoben werden,

IN DER ERWÄGUNG, dass die Liste der in Artikel IV-437 Absatz 1 genannten Rechtsakte und Verträge zu erstellen ist,

IN DER ERWÄGUNG, dass Artikel 9 Absatz 7 des Vertrags von Amsterdam inhaltlich zu übernehmen ist,

EINGEDENK DESSEN, dass der Akt vom 20. September 1976 zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Abgeordneten des Europäischen Parlaments weiter in Kraft bleiben muss —

SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft beigefügt sind:

 

Artikel 1

 

(1) Folgende Rechtsakte und Verträge zur Ergänzung oder Änderung des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft werden aufgehoben:

a) das Protokoll über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften vom 8. April 1965 im Anhang zum Vertrag zur Einsetzung eines gemeinsamen Rates und einer gemeinsamen Kommission der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 152 vom 13.7.1967, S. 13);

b) der Vertrag vom 22. April 1970 zur Änderung bestimmter Haushaltsvorschriften der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften und des Vertrags zur Einsetzung eines gemeinsamen Rates und einer gemeinsamen Kommission der Europäischen Gemeinschaften

(ABl. L 2 vom 2.1.1971, S. 1);

c) der Vertrag vom 22. Juli 1975 zur Änderung bestimmter Finanzvorschriften der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften und des Vertrags zur Einsetzung eines gemeinsamen Rates und einer gemeinsamen Kommission der Europäischen Gemeinschaften

(ABl. L 359 vom 31.12.1977, S. 4);

d) der Vertrag vom 10. Juli 1975 zur Änderung bestimmter Vorschriften des Protokolls über die Satzung der Europäischen Investitionsbank (ABl. L 91 vom 6.4.1978, S. 1);

e) der Vertrag vom 13. März 1984 zur Änderung der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften bezüglich Grönlands (ABl. L 29 vom 1.2.1985, S. 1);

f) die Einheitliche Europäische Akte vom 17. Februar 1986 und 28. Februar 1986 (ABl. L 169 vom 29.6.1987, S. 1);

g) der Rechtsakt vom 25. März 1993 zur Änderung des Protokolls über die Satzung der Europäischen Investitionsbank, mit dem der Rat der Gouverneure zur Errichtung eines Europäischen Investitionsfonds ermächtigt wird (ABl. L 173 vom 7.7.1994, S. 14);

h) der Beschluss 2003/223/EG des Rates in der Zusammensetzung der Staats- und Regierungschefs vom 21. März 2003 über eine Änderung des Artikels 10.2 der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank (ABl. L 83 vom 1.4.2003, S. 66).

(2) Der Vertrag von Amsterdam vom 2. Oktober 1997 zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte (ABl. C 340 vom 10.11.1997, S. 1) wird aufgehoben.

(3) Der Vertrag von Nizza vom 26. Februar 2001 zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte (ABl. C 80 vom 10.3.2001, S. 1) wird aufgehoben.

 

Artikel 2

 

(1) Unbeschadet der Anwendung des Artikels III-432 der Verfassung und des Artikels 189 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft erlassen die Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten im gegenseitigen Einvernehmen die Vorschriften, die zur Regelung einiger besonderer Probleme des Großherzogtums Luxemburg erforderlich sind, welche sich aus der Einsetzung eines gemeinsamen Rates und einer gemeinsamen Kommission der Europäischen Gemeinschaften ergeben.

(2) Der Akt zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Abgeordneten des Europäischen Parlaments im Anhang zu dem Beschluss 76/787/EGKS, EWG, Euratom des Rates (ABl. L 278 vom 8.10.1976, S. 1) bleibt in der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vertrags über eine Verfassung für Europa geltenden Fassung in Kraft. Dieser Akt wird zur Anpassung an die Verfassung wie folgt geändert:

a) Artikel 1 Absatz 3 wird gestrichen.

b) In Artikel 5 Absatz 1 Unterabsatz 2 werden in der französischen Fassung die Worte „des dispositions“ gestrichen.

c) In Artikel 6 Absatz 2 werden die Worte „vom 8. April 1965“ gestrichen; die Worte „der Europäischen Gemeinschaften“ werden durch die Worte „der Europäischen Union“ ersetzt.

d) In Artikel 7 Absatz 1 zweiter Gedankenstrich werden die Worte „Kommission der Europäischen Gemeinschaften“ durch die Worte „Europäischen Kommission“ ersetzt.

e) In Artikel 7 Absatz 1 dritter Gedankenstrich werden die Worte „Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften oder des Gerichts erster Instanz“ durch die Worte „Gerichtshofs der Europäischen Union“ ersetzt.

f) In Artikel 7 Absatz 1 fünfter Gedankenstrich werden die Worte „Rechnungshofes der Europäischen Gemeinschaften“ durch das Wort „Rechnungshofs“ ersetzt.

g) In Artikel 7 Absatz 1 sechster Gedankenstrich werden die Worte „Bürgerbeauftragter der Europäischen Gemeinschaften“ durch die Worte „Europäischer Bürgerbeauftragter“ ersetzt.

h) In Artikel 7 Absatz 1 siebter Gedankenstrich werden die Worte „der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Europäischen Atomgemeinschaft“ durch die Worte „der Europäischen Union“ ersetzt.

i) In Artikel 7 Absatz 1 neunter Gedankenstrich werden die Worte „aufgrund der Verträge zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Europäischen Atomgemeinschaft“ durch die Worte „aufgrund des Vertrags über eine Verfassung für Europa und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft“ ersetzt; die Worte „der Gemeinschaften“ werden durch die Worte „der Union“ ersetzt.

j) In Artikel 7 Absatz 1 elfter Gedankenstrich werden die Worte „Organe der Europäischen Gemeinschaften oder der ihnen angegliederten Einrichtungen, Ämter, Agenturen und Gremien oder der Europäischen Zentralbank“ durch die Worte „Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Europäischen Union“ ersetzt.

k) Die Gedankenstriche in Artikel 7 Absatz 1 werden zu den Buchstaben a bis k.

l) In Absatz 7 Absatz 2 Unterabsatz 2 werden in der französischen Fassung die Worte „des

dispositions“ gestrichen; die Gedankenstriche werden zu den Buchstaben a und b.

m) In Artikel 11 Absatz 2 Unterabsatz 2 werden die Worte „der Gemeinschaft“ durch die Worte „der Union“ ersetzt; das Wort „setzt“ wird durch das Wort „erlässt“ und die Worte „einstimmig einen anderen Zeitraum fest“ werden durch die Worte „einstimmig durch Europäischen Beschluss einen anderen Zeitraum“ ersetzt; die Worte „vorstehendem Unterabsatz“ werden durch „Unterabsatz 1“ ersetzt.

n) In Artikel 11 Absatz 3 werden die Worte „Unbeschadet des Artikels 139 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft“ durch die Worte „Unbeschadet des Artikels III-336 der Verfassung“ ersetzt.

o) In Artikel 14 werden die Worte „zu treffen“ durch die Worte „zu erlassen“ ersetzt; die Worte „so trifft der Rat diese Maßnahmen einstimmig auf Vorschlag“ werden durch die Worte „so erlässt der Rat die erforderlichen Europäischen Verordnungen oder Beschlüsse einstimmig auf Initiative“ ersetzt.

 

34. PROTOKOLL ÜBER DIE ÜBERGANGSBESTIMMUNGEN FÜR DIE ORGANE UND EINRICHTUNGEN DER UNION

DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN —

IN DER ERWÄGUNG, dass zur Regelung des Übergangs von der mit dem Vertrag über die Europäische Union gegründeten Europäischen Union und der Europäischen Gemeinschaft zu der ihre Rechtsnachfolge antretenden Europäischen Union, die mit dem Vertrag über eine Verfassung für Europa geschaffen wird, Übergangsbestimmungen vorgesehen werden müssen, die bis zum Wirksamwerden aller Bestimmungen der Verfassung und der für ihre Anwendung erforderlichen Rechtsakte anwendbar sind —

SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft beigefügt sind:

 

TITEL I

 

BESTIMMUNGEN ÜBER DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT

 

Artikel 1

 

(1) Rechtzeitig vor den Wahlen zum Europäischen Parlament 2009 erlässt der Europäische Rat nach Artikel I-20 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Verfassung einen Europäischen Beschluss über die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments.

(2) Während der Wahlperiode 2004—2009 entsprechen die Zusammensetzung und die Anzahl der in den einzelnen Mitgliedstaaten gewählten Abgeordneten des Europäischen Parlaments der vor dem Inkrafttreten des Vertrags über eine Verfassung für Europa geltenden Zusammensetzung und Anzahl, wobei die Anzahl der Abgeordneten wie folgt lautet:

Belgien 24

Tschechische Republik 24

Dänemark 14

Deutschland 99

Estland 6

Griechenland 24

Spanien 54

Frankreich 78

Irland 13

Italien 78

Zypern 6

Lettland 9

Litauen 13

Luxemburg 6

Ungarn 24

Malta 5

Niederlande 27

Österreich 18

Polen 54

Portugal 24

Slowenien 7

Slowakei 14

Finnland 14

Schweden 19

Vereinigtes Königreich 78

 

TITEL II

 

BESTIMMUNGEN ÜBER DEN EUROPÄISCHEN RAT UND DEN RAT

 

Artikel 2

 

(1) Die Bestimmungen des Artikels I-25 Absätze 1, 2 und 3 der Verfassung über die Definition der qualifizierten Mehrheit im Europäischen Rat und im Rat treten am 1. November 2009 nach der Durchführung der Wahlen zum Europäischen Parlament 2009 nach Artikel I-20 Absatz 2 der

Verfassung in Kraft.

(2) Die nachstehenden Bestimmungen gelten unbeschadet des Artikels I-25 Absatz 4 der Verfassung bis zum 31. Oktober 2009.

Ist für die Beschlussfassung im Europäischen Rat und im Rat eine qualifizierte Mehrheit erforderlich, so werden die Stimmen der Mitglieder wie folgt gewichtet:

Belgien 12

Tschechische Republik 12

Dänemark 7

Deutschland 29

Estland 4

Griechenland 12

Spanien 27

Frankreich 29

Irland 7

Italien 29

Zypern 4

Lettland 4

Litauen 7

Luxemburg 4

Ungarn 12

Malta 3

Niederlande 13

Österreich 10

Polen 27

Portugal 12

Slowenien 4

Slowakei 7

Finnland 7

Schweden 10

Vereinigtes Königreich 29

In den Fällen, in denen Beschlüsse nach der Verfassung auf Vorschlag der Kommission zu fassen sind, kommen diese Beschlüsse mit einer Mindestzahl von 232 Stimmen zustande, welche die Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder umfasst. In den anderen Fällen kommen die Beschlüsse mit einer Mindestzahl von 232 Stimmen zustande, welche die Zustimmung von mindestens zwei Dritteln der Mitglieder umfasst.

Ein Mitglied des Europäischen Rates oder des Rates kann beantragen, dass beim Erlass eines Rechtsakts des Europäischen Rates oder des Rates mit qualifizierter Mehrheit überprüft wird, ob die Mitgliedstaaten, die diese qualifizierte Mehrheit bilden, mindestens 62 % der Gesamtbevölkerung der Union ausmachen. Falls sich erweist, dass diese Bedingung nicht erfüllt ist, wird der betreffende

Rechtsakt nicht erlassen.

(3) Bei jedem weiteren Beitritt wird die Schwelle nach Absatz 2 so berechnet, dass die in Stimmen ausgedrückte Schwelle für die qualifizierte Mehrheit die Zahl nicht überschreitet, die sich aus der Tabelle in der Erklärung zur Erweiterung der Europäischen Union in der Schlussakte der Konferenz,die den Vertrag von Nizza angenommen hat, ergibt.

(4) Die folgenden Bestimmungen über die qualifizierte Mehrheit treten am 1. November 2009 in

Kraft:

— Artikel I-44 Absatz 3 Unterabsätze 3, 4 und 5 der Verfassung;

— Artikel I-59 Absatz 5 Unterabsätze 2 und 3 der Verfassung;

— Artikel I-60 Absatz 4 Unterabsatz 2 der Verfassung;

— Artikel III-179 Absatz 4 Unterabsätze 3 und 4 der Verfassung;

— Artikel III-184 Absatz 6 Unterabsätze 3 und 4 der Verfassung;

— Artikel III-184 Absatz 7 Unterabsätze 3 und 4 der Verfassung;

— Artikel III-194 Absatz 2 Unterabsätze 2 und 3 der Verfassung;

— Artikel III-196 Absatz 3 Unterabsätze 2 und 3 der Verfassung;

— Artikel III-197 Absatz 4 Unterabsätze 2 und 3 der Verfassung;

— Artikel III-198 Absatz 2 Unterabsatz 3 der Verfassung;

— Artikel III-312 Absatz 3 Unterabsätze 3 und 4 der Verfassung;

— Artikel III-312 Absatz 4 Unterabsätze 3 und 4 der Verfassung;

— Artikel 1 Absätze 2, 3 und 4 und Artikel 3 Absatz 1 Unterabsätze 2, 3 und 4 des Protokolls über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich der Politik betreffend Grenzkontrollen, Asyl und Einwanderung sowie hinsichtlich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen und der polizeilichen Zusammenarbeit;

— Artikel 1 Absätze 2, 3 und 4 und Artikel 5 Absätze 3, 4 und 5 des Protokolls über die Position Dänemarks.

Bis zum 31. Oktober 2009 gilt in den Fällen, in denen nicht alle Mitglieder des Rates an der Abstimmung teilnehmen, das heißt in den Fällen, die in den in Unterabsatz 1 genannten Artikeln aufgeführt sind, als qualifizierte Mehrheit derselbe Anteil der gewogenen Stimmen und derselbe

Anteil der Anzahl der Mitglieder des Rates sowie gegebenenfalls derselbe Prozentsatz der Bevölkerung der betreffenden Mitgliedstaaten wie in Absatz 2 festgelegt.

 

Artikel 3

 

Bis zum Inkrafttreten des Europäischen Beschlusses nach Artikel I-24 Absatz 4 der Verfassung kann der Rat in den in Artikel I-24 Absätze 2 und 3 vorgesehenen Zusammensetzungen sowie in anderen Zusammensetzungen zusammentreten, deren Liste durch einen Europäischen Beschluss des Rates in seiner Zusammensetzung „Allgemeine Angelegenheiten“ festgesetzt wird, der mit einfacher Mehrheit beschließt.

 

TITEL III

 

BESTIMMUNGEN ÜBER DIE KOMMISSION EINSCHLIESSLICH DES AUSSENMINISTERS DER UNION

 

Artikel 4

 

Die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vertrags über eine Verfassung für Europa amtierenden Mitglieder der Kommission bleiben bis zum Ende ihrer Amtszeit im Amt. Am Tag der Ernennung des Außenministers der Union endet jedoch die Amtszeit des Mitglieds, das die gleiche Staatsangehörigkeit wie dieser besitzt.

 

TITEL IV

 

BESTIMMUNGEN BETREFFEND DEN GENERALSEKRETÄR DES RATES, DEN HOHEN VERTRETER FÜR DIE GEMEINSAME AUSSEN- UND SICHERHEITSPOLITIK UND DEN STELLVERTRETENDEN GENERALSEKRETÄR DES RATES

 

Artikel 5

 

Die Amtszeit des Generalsekretärs des Rates, Hohen Vertreters für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, und des Stellvertretenden Generalsekretärs des Rates endet zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vertrags über eine Verfassung für Europa. Der Rat ernennt seinen Generalsekretär nach Artikel III-344 Absatz 2 der Verfassung.

 

TITEL V

 

BESTIMMUNGEN ÜBER DIE BERATENDEN EINRICHTUNGEN

 

Artikel 6

 

Bis zum Inkrafttreten des Europäischen Beschlusses nach Artikel III-386 der Verfassung verteilen sich die Mitglieder des Ausschusses der Regionen wie folgt:

Belgien 12

Tschechische Republik 12

Dänemark 9

Deutschland 24

Estland 7

Griechenland 12

Spanien 21

Frankreich 24

Irland 9

Italien 24

Zypern 6

Lettland 7

Litauen 9

Luxemburg 6

Ungarn 12

Malta 5

Niederlande 12

Österreich 12

Polen 21

Portugal 12

Slowenien 7

Slowakei 9

Finnland 9

Schweden 12

Vereinigtes Königreich 24

Artikel 7

Bis zum Inkrafttreten des Europäischen Beschlusses nach Artikel III-389 der Verfassung verteilen sich die Mitglieder des Wirtschafts- und Sozialausschusses wie folgt:

Belgien 12

Tschechische Republik 12

Dänemark 9

Deutschland 24

Estland 7

Griechenland 12

Spanien 21

Frankreich 24

Irland 9

Italien 24

Zypern 6

Lettland 7

Litauen 9

Luxemburg 6

Ungarn 12

Malta 5

Niederlande 12

Österreich 12

Polen 21

Portugal 12

Slowenien 7

Slowakei 9

Finnland 9

Schweden 12

Vereinigtes Königreich 24

 

35. PROTOKOLL ÜBER DIE FINANZIELLEN FOLGEN DES ABLAUFS DES VERTRAGS ÜBER DIE GRÜNDUNG DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFT FÜR KOHLE UND STAHL UND ÜBER DEN FORSCHUNGSFONDS FÜR KOHLE UND STAHL

DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN —

UNTER HINWEIS DARAUF, dass das gesamte Vermögen und alle Verbindlichkeiten der Europäischen Gemeinschaft für

Kohle und Stahl zum Stand vom 23. Juli 2002 am 24. Juli 2002 auf die Europäische Gemeinschaft übergegangen sind,

EINGEDENK der Tatsache, dass diese Mittel für die Forschung in Sektoren verwendet werden sollten, die mit der Kohle und

Stahlindustrie zusammenhängen, und der sich daraus ergebenden Notwendigkeit, hierfür eine Reihe besonderer

Vorschriften vorzusehen —

SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt

sind:

 

Artikel 1

 

(1) Der Nettowert des Vermögens und der Verbindlichkeiten der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl nach der Bilanz der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl vom 23. Juli 2002, vorbehaltlich etwaiger Erhöhungen oder Minderungen infolge der Abwicklungsvorgänge, gilt als Vermögen der Union für Forschung in Sektoren, die die Kohle- und Stahlindustrie betreffen, und erhält die Bezeichnung „Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl in Abwicklung“. Nach Abschluss der Abwicklung wird dieses Vermögen als „Vermögen des Forschungsfonds für Kohle und Stahl“ bezeichnet.

(2) Die Erträge aus diesem Vermögen, die als „Forschungsfonds für Kohle und Stahl“ bezeichnet werden, werden nach Maßgabe dieses Protokolls und der auf dieser Grundlage erlassenen Rechtsakte ausschließlich für die außerhalb des Forschungsrahmenprogramms durchgeführten Forschungsarbeiten in Sektoren, die mit der Kohle‑ und Stahlindustrie zusammenhängen, verwendet.

 

Artikel 2

 

(1) Durch Europäisches Gesetz des Rates werden alle für die Durchführung dieses Protokolls erforderlichen Bestimmungen einschließlich der wesentlichen Grundsätze erlassen. Der Rat beschließt nach Zustimmung des Europäischen Parlaments.

(2) Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission Europäische Verordnungen oder Beschlüsse zur Festlegung der mehrjährigen Finanzleitlinien für die Verwaltung des Vermögens des Forschungsfonds für Kohle und Stahl sowie der technischen Leitlinien für das Forschungsprogramm des Fonds. Er beschließt nach Anhörung des Europäischen Parlaments.

 

Artikel 3

 

Soweit in diesem Protokoll und in den auf der Grundlage dieses Protokolls erlassenen Rechtsakten nichts anderes vorgesehen ist, findet die Verfassung Anwendung.

 

36. PROTOKOLL ZUR ÄNDERUNG DES VERTRAGS ZUR GRÜNDUNG DER EUROPÄISCHE ATOMGEMEINSCHAFT

DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN —

UNTER HINWEIS DARAUF, dass die Bestimmungen des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft

weiterhin volle rechtliche Wirkung entfalten müssen,

IN DEM WUNSCH, diesen Vertrag an die neuen im Vertrag über eine Verfassung für Europa festgelegten Vorschriften,

insbesondere in den Bereichen Institutionen und Finanzen, anzupassen,

SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt

sind und durch die der Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft wie folgt geändert wird:

 

 

Artikel 1

 

Durch dieses Protokoll wird der Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft (im Folgenden „EAG-Vertrag“) in seiner zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vertrags über eineVerfassung für Europa geltenden Fassung geändert.

Ungeachtet des Artikels IV437 des Vertrags über eine Verfassung für Europa und unbeschadet der anderen Bestimmungen dieses Protokolls werden die rechtlichen Wirkungen der Änderungen des EAG-Vertrags durch die Verträge und Rechtsakte, die durch Artikel IV-437 des Vertrags über eine Verfassung für Europa aufgehoben werden, sowie die rechtlichen Wirkungen der geltenden Rechtsakte, die auf der Grundlage des EAG-Vertrags erlassen worden sind, nicht berührt.

 

Artikel 2

 

Die Überschrift des Titels III des EAG-Vertrags „Vorschriften über die Organe“ erhält folgende Fassung:

„Vorschriften über die Organe und Finanzvorschriften“.

 

Artikel 3

 

Zu Beginn des Titels III wird folgendes neue Kapitel eingefügt:

„KAPITEL 1

ANWENDUNG VON BESTIMMUNGEN DES VERTRAGS ÜBER EINE VERFASSUNG FÜR EUROPA

 

Artikel 106a

 

(1) Die Artikel I-19 bis I-29, die Artikel I-31 bis I-39, die Artikel I-49 und I-50, die Artikel I-53 bis I-56, die Artikel I-58 bis I-60 , die Artikel III-330 bis III-372, die Artikel III-374 und III-375, die Artikel III-378 bis III–381, die Artikel III-384 und III-385, die Artikel III-389 bis III-392, die

Artikel III-395 bis III-410, die Artikel III-412 bis III-415, die Artikel III-427, III-433, IV-439 und IV- 443 des Vertrags über eine Verfassung für Europa gelten auch für den vorliegenden Vertrag.

(2) Im Rahmen des vorliegenden Vertrags sind die Bezugnahmen auf die Union und die Verfassung in den in Absatz 1 aufgeführten Bestimmungen sowie in den Bestimmungen der Protokolle, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa sowie dem vorliegenden Vertrag beigefügt sind, als Bezugnahmen auf die Europäische Atomgemeinschaft und den vorliegenden Vertrag zu betrachten.

(3) Der Vertrag über eine Verfassung für Europa beeinträchtigt nicht die Vorschriften des vorliegenden Vertrags.“

 

Artikel 4

 

In Titel III des EAG-Vertrags werden die Kapitel I, II und III zu den Kapiteln II, III und IV.

 

Artikel 5

 

(1) Artikel 3, die Artikel 107 bis 132, die Artikel 136 bis 143, die Artikel 146 bis 156, die Artikel 158 bis 163, die Artikel 165 bis 170, die Artikel 173, 173a und 175, die Artikel 177 bis 179a, die Artikel 180b und 181, die Artikel 183, 183a, 190 und 204 des EAG-Vertrags werden aufgehoben.

(2) Die Protokolle, die bisher dem EAG-Vertrag beigefügt waren, werden aufgehoben.

 

Artikel 6

 

Die Überschrift des Titels IV des EAG-Vertrags „Finanzvorschriften“ erhält folgende Fassung:

„Besondere Finanzvorschriften“.

 

Artikel 7

 

(1) In Artikel 38 Absatz 3 und Artikel 82 Absatz 3 des EAG-Vertrags werden die Bezugnahmen auf die Artikel 141 und 142 durch Bezugnahmen auf die Artikel III‑360 beziehungsweise III-361 der Verfassung ersetzt.

(2) In Artikel 171 Absatz 2 und Artikel 176 Absatz 3 des EAG-Vertrags wird die Bezugnahme auf den Artikel 183 durch die Bezugnahme auf Artikel III‑412 der Verfassung ersetzt.

(3) In Artikel 172 Absatz 4 des EAG-Vertrags wird die Bezugnahme auf Artikel 177 Absatz 5 durch die Bezugnahme auf Artikel III‑404 der Verfassung ersetzt.

(4) In den Artikeln 38, 82, 96 und 98 des EAG-Vertrags wird das Wort „Richtlinie“ durch „Europäische Verordnung“ ersetzt.

(5) Im EAG-Vertrag wird das Wort „Beschluss“ beziehungsweise „Entscheidung“ durch „Europäischer Beschluss“ ersetzt, mit Ausnahme der Artikel 18, 20 und 23, des Artikels 53 Absatz 1 sowie der Fälle, in denen der Beschluss beziehungsweise die Entscheidung vom Gerichtshof der Europäischen Union erlassen wird.

(6) Im EAG-Vertrag wird die Bezeichnung „Gerichtshof“ durch die Bezeichnung „Gerichtshof der Europäischen Union“ ersetzt.

 

Artikel 8

 

Artikel 191 des EAG-Vertrags erhält folgende Fassung:

„Artikel 191

Die Gemeinschaft genießt im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten die zur Erfüllung ihrer Aufgabe erforderlichen Vorrechte und Befreiungen nach Maßgabe des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union.“

 

Artikel 9

 

Artikel 198 des EAG-Vertrags erhält folgende Fassung:

 

„Artikel 198

 

Soweit nicht etwas anderes bestimmt ist, finden die Vorschriften dieses Vertrags auf die europäischen Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten sowie auf die ihnen unterstehenden außereuropäischen Hoheitsgebiete Anwendung.

Ebenso finden sie auf die europäischen Hoheitsgebiete Anwendung, deren auswärtige Beziehungen ein Mitgliedstaat wahrnimmt.

Die Vorschriften dieses Vertrags finden auf die Ålandinseln mit den Abweichungen Anwendung, die ursprünglich in dem in Artikel IV-437 Absatz 2 Buchstabe d des Vertrags über eine Verfassung für Europa genannten Vertrag enthalten waren und die in das Protokoll betreffend die Verträge und Akten über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands, sowie des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, der Hellenischen Republik, des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik, der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden übernommen worden sind. Abweichend von den Absätzen 1, 2 und 3 gilt:

a) Dieser Vertrag findet weder auf die Färöer noch auf Grönland Anwendung.

b) Dieser Vertrag findet auf die Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland auf Zypern keine Anwendung.

c) Dieser Vertrag findet keine Anwendung auf die überseeischen Länder und Hoheitsgebiete, die besondere Beziehungen zum Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland unterhalten und die in Anhang II des Vertrags über eine Verfassung für Europa nicht aufgeführt sind.

d) Dieser Vertrag findet auf die Kanalinseln und die Insel Man nur insoweit Anwendung, als dies erforderlich ist, um die Anwendung der Regelung sicherzustellen, die ursprünglich in dem in Artikel IV-437 Absatz 2 Buchstabe a des Vertrags über eine Verfassung für Europa genannten Vertrag für diese Inseln vorgesehen war und die in das Protokoll betreffend die Verträge und Akten über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands, sowie des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, der Hellenischen Republik, des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik, der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden übernommen worden ist.“

 

Artikel 10

 

Artikel 206 des EAG-Vertrags erhält folgende Fassung:

„Artikel 206

Die Gemeinschaft kann mit einem Staat oder mehreren Staaten oder einer oder mehreren internationalen Organisationen Abkommen schließen, durch die eine Assoziation mit gegenseitigen Rechten und Pflichten, gemeinsamem Vorgehen und besonderen Verfahren gegründet wird.

Diese Abkommen werden nach Anhörung des Europäischen Parlaments einstimmig vom Rat geschlossen.

Werden durch diese Abkommen Änderungen dieses Vertrags erforderlich, so müssen diese zuvor nach dem Verfahren des Artikels IV-443 des Vertrags über eine Verfassung für Europa erlassen werden.“

 

Artikel 11

 

Artikel 225 Absatz 2 des EAG-Vertrags erhält folgende Fassung:

„Der Wortlaut dieses Vertrags ist auch in dänischer, englischer, estnischer, finnischer, griechischer, irischer, lettischer, litauischer, maltesischer, polnischer, portugiesischer, schwedischer, slowakischer, slowenischer, spanischer, tschechischer und ungarischer Sprache verbindlich.“

 

Artikel 12

 

Die Einnahmen und Ausgaben der Europäischen Atomgemeinschaft werden mit Ausnahme derjenigen der Versorgungsagentur und der gemeinsamen Unternehmen im Haushaltsplan der Union ausgewiesen.

 

B. ANHÄNGE

 

ZUM VERTRAG ÜBER EINE VERFASSUNG FÜR EUROPA

 

ANHANG I

 

LISTE ZU ARTIKEL III-226 DER VERFASSUNG

 

1 — Nummer der kombinierten Nomenklatur

                              2 — Warenbezeichnung

KAPITEL 1

Lebende Tiere

KAPITEL 2

Fleisch und genießbarer Schlachtabfall

KAPITEL 3

Fische, Krebstiere und Weichtiere

 

KAPITEL 4

Milch und Milcherzeugnisse, Vogeleier; natürlicher

Honig

KAPITEL 5

 

 

0504

Därme, Blasen und Mägen von anderen Tieren

als Fischen, ganz oder geteilt

 

0515

Waren tierischen Ursprungs, anderweit weder genannt noch inbegriffen; nicht lebende Tiere des Kapitels 1 oder 3, ungenießbar

KAPITEL 6

Lebende Pflanzen und Waren des Blumenhandels

KAPITEL 7

Gemüse, Pflanzen, Wurzeln und Knollen, die

zu Ernährungszwecken verwendet werden

KAPITEL 8

Genießbare Früchte, Schalen von Zitrusfrüchten oder von Melonen

KAPITEL 9

Kaffee, Tee und Gewürze, ausgenommen Mate

(Position 09.03)

KAPITEL 10

Getreide

KAPITEL 11

Müllereierzeugnisse, Malz; Stärke; Kleber,

Inulin

KAPITEL 12

Ölsaaten und ölhaltige Früchte; verschiedene

Samen und Früchte; Pflanzen zum Gewerbeoder

Heilgebrauch, Stroh und Futter

KAPITEL 13

 

ex 1303

Pektin

KAPITEL 15

 

 

1501

Schweineschmalz; Geflügelfett, ausgepresst oder ausgeschmolzen

1502

1502 Talg von Rindern, Schafen oder Ziegen, roh oder ausgeschmolzen, einschließlich Premier Jus

1503

Schmalzstearin; Oleostearin; Schmalzöl, Oleomargarine und Talgöl, weder emulgiert, vermischt noch anders verarbeitet

 

1504

Fette und Öle von Fischen oder Meeressäugetieren,

auch raffiniert

 

1507

Fette, pflanzliche Öle, flüssig oder fest, roh, gereinigt oder raffiniert

1512

Tierische und pflanzliche Fette und Öle, gehärtet, auch raffiniert, jedoch nicht weiter verarbeitet

1513

Margarine, Kunstspeisefett und andere genießbare verarbeitete Fette

1517

Rückstände aus der Verarbeitung von Fettstoffen oder von tierischen oder pflanzlichen Wachsen

KAPITEL 16

Zubereitungen von Fleisch, Fischen, Krebstieren und Weichtieren

KAPITEL 17

 

1701

Rüben- und Rohrzucker, fest

1702

Andere Zucker; Sirupe; Kunsthonig, auch mit natürlichem Honig vermischt; Zucker und Melassen, karamellisiert

1703

Melassen, auch entfärbt

1705 (*)

Zucker, Sirupe und Melassen, aromatisiert oder gefärbt (einschließlich Vanille‑ und Vanillinzucker), ausgenommen Fruchtsäfte mit

beliebigem Zusatz von Zucker

KAPITEL 18

 

1801

Kakaobohnen, auch Bruch, roh oder geröstet

1802

Kakaoschalen, Kakaohäutchen und anderer Kakaoabfall

KAPITEL 20

Zubereitungen von Gemüse, Küchenkräutern, Früchten und anderen Pflanzen oder Pflanzenteilen

KAPITEL 22

 

2204

Traubenmost, teilweise vergoren, auch ohne Alkohol stummgemacht

2205

Wein aus frischen Weintrauben; mit Alkohol stummgemachter Most aus frischen Weintrauben

2207

Apfelwein, Birnenwein, Met und andere gegorene Getränke

ex 2208 (*)

ex 2209 (*)

Äthylalkohol und Sprit, vergällt und unvergällt, mit einem beliebigen Äthylalkoholgehalt, hergestellt aus landwirtschaftlichen Erzeugnissen,

die in diesem Anhang aufgeführt sind (ausgenommen Branntwein, Likör und andere alkoholische Getränke, zusammengesetzte

alkoholische Zubereitungen — Essenzen — zur Herstellung von Getränken)

ex 2210 (*)

Speiseessig

KAPITEL 23

Rückstände und Abfälle der Lebensmittelindustrie;

zubereitetes Futter

KAPITEL 23

Rückstände und Abfälle der Lebensmittelindustrie;

zubereitetes Futter

KAPITEL 24

 

 

2401

Tabak, unverarbeitet; Tabakabfälle

KAPITEL 45

Naturkork, unbearbeitet, und Korkabfälle;

Korkschrot, Korkmehl

4501

Naturkork, unbearbeitet, und Korkabfälle;

Korkschrot, Korkmehl

 

KAPITEL 54

Flachs, roh, geröstet, geschwungen, gehechelt

oder anders bearbeitet, jedoch nicht versponnen;

Werg und Abfälle (einschließlich

Reißspinnstoff)

5401

 

KAPITEL 57

 

5701

5701 Hanf (Cannabis sativa), roh, geröstet,

geschwungen, gehechelt oder anders bearbeitet,

jedoch nicht versponnen; Werg und

Abfälle (einschließlich Reißspinnstoff)

(*) Position eingefügt nach Artikel 1 der Verordnung Nr. 7a des Rates der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft

vom 18. Dezember 1959 (ABl. 7 vom 30.1.1961, S. 71/61).

 

 

 

 

 

 

ANHANG II

 

ÜBERSEEISCHE LÄNDER UND HOHEITSGEBIETE AUF WELCHE TEIL III

 

TITEL IV DER VERFASSUNG ANWENDUNG FINDET

 

— Grönland

— Neukaledonien und Nebengebiete

— Französisch-Polynesien

— Französische Süd-und Antarktisgebiete,

— Wallis und Futuna

— Mayotte

— St. Pierre und Miquelon

— Aruba

— Niederländische Antillen:

— Bonaire

— Curaçao

— Saba

— Sint Eustatius

— Sint Maarten

— Anguilla

— Kaimaninseln

— Falklandinseln

— Südgeorgien und südliche Sandwichinseln

— Montserrat

— Pitcairn

— St. Helena und Nebengebiete

— Britisches Antarktis-Territorium

— Britisches Territorium im Indischen Ozean

— Turks- und Caicosinseln

— Britische Jungferninseln

— Bermuda

 

 

SCHLUSSAKTE

 

DIE KONFERENZ DER VERTRETER DER REGIERUNGEN DER MITGLIEDSTAATEN, die am

30. September 2003 in Brüssel einberufen wurde, um im gegenseitigen Einvernehmen den Vertrag über eine Verfassung für Europa zu beschließen, hat folgende Texte angenommen:

I. Vertrag über eine Verfassung für Europa

II. Protokolle zum Vertrag über eine Verfassung für Europa:

1. Protokoll über die Rolle der nationalen Parlamente in der Europäischen Union

2. Protokoll über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit

3. Protokoll zur Festlegung der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union

4. Protokoll zur Festlegung der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank

5. Protokoll zur Festlegung der Satzung der Europäischen Investitionsbank

6. Protokoll über die Festlegung der Sitze der Organe und bestimmter Einrichtungen, sonstiger Stellen und Dienststellen der Europäischen Union

7. Protokoll über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union

8. Protokoll betreffend die Verträge und die Akten über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands sowie des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, der Hellenischen Republik, des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik, der Republik

Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden

9. Protokoll betreffend den Vertrag und die Akte über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der

Slowakischen Republik

10. Protokoll über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit

11. Protokoll über die Konvergenzkriterien

12. Protokoll betreffend die Euro-Gruppe

13. Protokoll über einige Bestimmungen betreffend das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland hinsichtlich der Wirtschafts- und Währungsunion

14. Protokoll über einige Bestimmungen betreffend Dänemark hinsichtlich der Wirtschafts- und Währungsunion

15. Protokoll über bestimmte Aufgaben der Nationalbank Dänemarks

16. Protokoll über die Regelung für den Franc der Pazifischen Finanzgemeinschaft

17. Protokoll über den in den Rahmen der Europäischen Union einbezogenen Schengen- Besitzstand

18. Protokoll über die Anwendung bestimmter Aspekte des Artikels III-130 der Verfassung auf das Vereinigte Königreich und auf Irland

19. Protokoll über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich der Politik betreffend Grenzkontrollen, Asyl und Einwanderung sowie hinsichtlich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen und der polizeilichen Zusammenarbeit

20. Protokoll über die Position Dänemarks

21. Protokoll über die Außenbeziehungen der Mitgliedstaaten hinsichtlich des Überschreitens der Außengrenzen

22. Protokoll über die Gewährung von Asyl für Staatsangehörige der Mitgliedstaaten

23. Protokoll über die ständige Strukturierte Zusammenarbeit nach Artikel I-41 Absatz 6 und Artikel III-312 der Verfassung

24. Protokoll zu Artikel I-41 Absatz 2 der Verfassung

25. Protokoll über die Einfuhr von in den Niederländischen Antillen raffinierten Erdölerzeugnissen in die Europäische Union

26. Protokoll betreffend den Erwerb von Immobilien in Dänemark

27. Protokoll über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Mitgliedstaaten

28. Protokoll zu Artikel III-214 der Verfassung

29. Protokoll über den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt

30. Protokoll über die Sonderregelung für Grönland

31. Protokoll über Artikel 40.3.3 der Verfassung Irlands

32. Protokoll zu Artikel I-9 Absatz 2 der Verfassung über den Beitritt der Union zur Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten

33. Protokoll über die Rechtsakte und Verträge zur Ergänzung oder Änderung des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Vertrags über die Europäische Union

34. Protokoll über die Übergangsbestimmungen für die Organe und Einrichtungen der Union

35. Protokoll über die finanziellen Folgen des Ablaufs des Vertrags über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl und über den Forschungsfonds für Kohle und Stahl

36. Protokoll zur Änderung des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft

III. Anhänge zum Vertrag über eine Verfassung für Europa

1. Anhang I — Liste zu Artikel III-226 der Verfassung

2. Anhang II — Überseeische Länder und Hoheitsgebiete, auf welche Teil III Titel IV der Verfassung Anwendung findet

Die Konferenz hat die nachstehend aufgeführten Erklärungen angenommen, die dieser Schlussakte beigefügt sind:

A. Erklärungen zu Bestimmungen der Verfassung

1. Erklärung zu Artikel I-6

2. Erklärung zu Artikel I-9 Absatz 2

3. Erklärung zu den Artikeln I-22, I-27 und I-28

4. Erklärung zu Artikel I-24 Absatz 7 zu dem Beschluss des Europäischen Rates über die Ausübung des Vorsitzes im Rat

5. Erklärung zu Artikel I-25

6. Erklärung zu Artikel I-26

7. Erklärung zu Artikel I-27

8. Erklärung zu Artikel I-36

9. Erklärung zu den Artikeln I-43 und III-329

10. Erklärung zu Artikel I-51

11. Erklärung zu Artikel I-57

12. Erklärung betreffend die Erläuterungen zur Charta der Grundrechte

13. Erklärung zu Artikel III-116

14. Erklärung zu den Artikeln III-136 und III-267

15. Erklärung zu den Artikeln III-160 und III-322

16. Erklärung zu Artikel III-167 Absatz 2 Buchstabe c

17. Erklärung zu Artikel III-184

18. Erklärung zu Artikel III-213

19. Erklärung zu Artikel III-220

20. Erklärung zu Artikel III-243

21. Erklärung zu Artikel III-248

22. Erklärung zu Artikel III-256

23. Erklärung zu Artikel III-273 Absatz 1 Unterabsatz 2

24. Erklärung zu Artikel III-296

25. Erklärung zu Artikel III-325 über die Aushandlung und den Abschluss internationaler Übereinkünfte betreffend den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts durch die Mitgliedstaaten

26. Erklärung zu Artikel III-402 Absatz 4

27. Erklärung zu Artikel III-419

28. Erklärung zu Artikel IV-440 Absatz 7

29. Erklärung zu Artikel IV-448 Absatz 2

30. Erklärung zur Ratifikation des Vertrags über eine Verfassung für Europa

 

B. Erklärungen zu den der Verfassung beigefügten Protokollen

 

Erklärungen zu dem Protokoll betreffend die Verträge und die Akten über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands sowie des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, der Hellenischen Republik, des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik, der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden

31. Erklärung zu den Ålandinseln

32. Erklärung zu den Samen

Erklärungen zu dem Protokoll betreffend den Vertrag und die Akte über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik

Slowenien und der Slowakischen Republik

33. Erklärung zu den Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland

auf Zypern

34. Erklärung der Kommission zu den Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland auf Zypern

35. Erklärung zum Kernkraftwerk Ignalina in Litauen

36. Erklärung zum Transit von Personen auf dem Landweg zwischen dem Kaliningrader Gebiet und den übrigen Teilen der Russischen Föderation

37. Erklärung zu den Blöcken 1 und 2 des Kernkraftwerks Bohunice V1 in der Slowakei

38. Erklärung zu Zypern

39. Erklärung zu dem Protokoll über die Position Dänemarks

40. Erklärung zu dem Protokoll über die Übergangsbestimmungen für die Organe und Einrichtungen der Union

41. Erklärung betreffend Italien

Die Konferenz hat ferner die nachstehend aufgeführten Erklärungen zur Kenntnis genommen, die  dieser Schlussakte beigefügt sind:

42. Erklärung des Königreichs der Niederlande zu Artikel I-55

43. Erklärung des Königreichs der Niederlande zu Artikel IV-440

44. Erklärung der Bundesrepublik Deutschland, Irlands, der Republik Ungarn, der Republik Österreich und des Königreichs Schweden

45. Erklärung des Königreichs Spanien und des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland

46. Erklärung des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland zur Definition des Begriffs „Staatsangehöriger“

47. Erklärung des Königreichs Spanien zur Definition des Begriffs „Staatsangehöriger“

48. Erklärung des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland über das Wahlrecht für die Wahlen zum Europäischen Parlament

49. Erklärung des Königreichs Belgien zu den nationalen Parlamenten

50. Erklärung der Republik Lettland und der Republik Ungarn zur Schreibweise des Namens der einheitlichen Währung in dem Vertrag über eine Verfassung für Europa

Hecho en Roma, el veintinueve de octubre del dos mil cuatro.

V Římě dne dvacátého devátého října dva tisíce čtyři

Udfærdiget i Rom den niogtyvende oktober to tusind og fire.

Geschehen zu Rom am neunundzwanzigsten Oktober zweitausendundvier.

Kahe tuhande neljanda aasta oktoobrikuu kahekümne üheksandal päeval Roomas

Έγινε στη Ρώμη, στις είκοσι εννέα Οκτωβρίου δύο χιλιάδες τέσσερα.

Done at Rome on the twenty-ninth day of October in the year two thousand and four.

Fait à Rome, le vingt‑neuf octobre deux mille quatre.

Arna dhéanamh sa Róimh, an naoú lá fichead de Dheireadh Fómhair sa bhliain dhá mhíle is a

ceathair

Fatto a Roma, addi' ventinove ottobre duemilaquattro.

Romā, divi tūkstoši ceturtā gada divdesmit devītajā oktobrī

Priimta du tūkstančiai ketvirtų metų spalio dvidešimt devintą dieną Romoje

Kelt Rómában, a kétezer-negyedik év október havának huszonkilencedik napján

Magħmul f'Ruma fid-disa' u għoxrin jum ta' Ottubru tas-sena elfejn u erbgħa

Gedaan te Roma, de negenentwintigste oktober tweeduizendvier.

Sporządzono w Rzymie dnia dwudziestego dziewiątego października roku dwutysięcznego

czwartego

Feito em Roma, em vinte e nove de Outubro de dois mil e quatro

V Ríme dvadsiatehodeviateho októbra dvetisícštyri

V Rimu, devetindvajsetega oktobra leta dva tisoč štiri

Tehty Roomassa kahdentenakymmenentenäyhdeksäntenä päivänä lokakuuta vuonna

kaksituhattaneljä.

Som skedde i Rom den tjugonionde oktober tjugohundrafyra.

Pour Sa Majesté le Roi des Belges

Voor Zijne Majesteit de Koning der Belgen

Für Seine Majestät den König der Belgier

Cette signature engage également la Communauté française, la Communauté flamande, la Communauté

germanophone, la Région wallonne, la Région flamande et la Région de Bruxelles-Capitale.

Deze handtekening verbindt eveneens de Vlaamse Gemeenschap, de Franse Gemeenschap, de Duitstalige Gemeenschap,

het Vlaamse Gewest, het Waalse Gewest en het Brussels Hoofdstedelijk Gewest.

Diese Unterschrift bindet zugleich die Deutschsprachige Gemeinschaft, die Flämische Gemeinschaft, die Französische

Gemeinschaft, die Wallonische Region, die Flämische Region und die Region Brüssel-Hauptstadt.

Za prezidenta České republiky

For Hendes Majestæt Danmarks Dronning

Für den Präsidenten der Bundesrepublik Deutschland

Eesti Vabariigi Presidendi nimel

Για τον Πρόεδρο της Ελληνικής Δημοκρατίας

Por Su Majestad el Rey de España

Pour le Président de la République française

Thar ceann Uachtarán na hÉireann

For the President of Ireland

Per il Presidente della Repubblica italiana

Για τον Πρόεδρο της Κυπριακής Δημοκρατίας

Latvijas Republikas Valsts prezidentes vārdā

Lietuvos Respublikos Prezidento vardu

Pour Son Altesse Royale le Grand-Duc de Luxembourg

A Magyar Köztársaság Elnöke részéről

Għall-President ta' Malta

Voor Hare Majesteit de Koningin der Nederlanden

Für den Bundespräsidenten der Republik Österreich

Za Prezydenta Rzeczypospolitej Polskiej

Pelo Presidente da República Portuguesa

Za predsednika Republike Slovenije

Za prezidenta Slovenskej republiky

Suomen Tasavallan Presidentin puolesta

För Republiken Finlands President

För Konungariket Sveriges regering

For Her Majesty the Queen of the United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland

Han firmado asimismo la presente Acta final, en su condición de Estados candidatos a la adhesión a

la Unión Europea, observadores ante la Conferencia:

Tento závěrečný akt rovněž podepsali pozorovatelé při Konferenci, jakožto státy kandidující na

přistoupení k Evropské unii:

Følgende observatører ved konferencen har ligeledes undertegnet denne slutakt i deres egenskab af

kandidatstater til Den Europæiske Union:

Als Beobachter bei der Konferenz haben in ihrer Eigenschaft als Kandidaten für den Beitritt zur

Europäischen Union ferner diese Schlussakte unterzeichnet:

Käesoleva lõppakti on allkirjastanud Euroopa Liidu kandidaatriikide esindajatena ka konverentsi

vaatlejad:

Την παρούσα Τελική Πράξη υπέγραψαν επίσης, υπό την ιδιότητά τους ως υποψηφίων για προσχώρηση

στην Ευρωπαϊκή Ένωση κρατών, οι παρατηρητές κατά τη Διάσκεψη:

The following have also signed this Final Act, in their capacity as candidate States for accession to the

European Union, having been observers to the Conference:

Ont également signé le présent acte final, en leur qualité d'États candidats à l'adhésion de l'Union

européenne, observateurs auprès de la Conférence:

Shínigh na breathnóirí seo a leanas ag an gComhdháil an Ionstraim Chríochnaítheach seo freisin ina

gcáil mar Stáit iarrthacha don Aontas Eorpach:

Hanno altresì firmato il presente atto finale, in qualità di Stati candidati all'Unione europea,

osservatori nella Conferenza

Šo Nobeiguma aktu kā Eiropas Savienības pievienošanās kandidātvalstu vadītāji ir parakstījuši arī šādi

Konferences novērotāji:

Baigiamąjį aktą taip pat pasirašo į Europos Sąjungą stojančios valstybės kandidatės, Konferencijos

stebėtojos:

Ezt az záróokmányt a Európai Unió tagjelölt államaiként, amelyek a Konferencián megfigyelőként

vettek részt, a következők is aláírták:

Iffirmaw ukoll dan l-Att Finali, fil-kapaċità tagħhom ta' Stati kandidati ta' l-Unjoni Ewropea, bħala

osservaturi għall-Konferenza:

Deze Slotakte is tevens ondertekend door de volgende kandidaat-lidstaten van de Europese Unie,

waarnemers bij de Conferentie:

Niniejszy Akt Końcowy został również podpisany przez Państwa kandydujące do przystąpienia do

Unii Europejskiej, będące obserwatorami przy Konferencji:

Assinaram igualmente a presente Acta Final, na qualidade de Estados candidatos à adesão à União

Europeia, observadores na Conferência:

V postavení štátov uchádzajúcich sa o pristúpenie k Európskej únii a v postavení pozorovateľov na

konferencii podpísali tento záverečný akt:

To sklepno listino so kot države kandidatke za pristop k Evropski uniji in kot opazovalke Konference,

podpisali tudi

Tämän päätösasiakirjan ovat Euroopan unionin jäsenehdokasvaltioina allekirjoittaneet myös

konferenssiin tarkkailijoina osallistuneet:

Nedanstående observatörer vid konferensen har, i sin egenskap av kandidatstater inför anslutning till

Europeiska unionen, likaledes undertecknat denna slutakt:

Зa Peпублика Бьлгария

Pentru România

Türkiye Cumhuriyeti Adına

 

A. ERKLÄRUNGEN ZU BESTIMMUNGEN DER VERFASSUNG

 

1. Erklärung zu Artikel I-6

Die Konferenz stellt fest, dass Artikel I-6 die geltende Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften und des Gerichts erster Instanz zum Ausdruck bringt.

2. Erklärung zu Artikel I-9 Absatz 2

Die Konferenz kommt überein, dass der Beitritt der Union zur Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten unter Bedingungen erfolgen sollte, die es gestatten, die Besonderheiten der Rechtsordnung der Union zu wahren. In diesem Zusammenhang stellt die Konferenz fest, dass der Gerichtshof der Europäischen Union und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem regelmäßigen Dialog stehen; dieser Dialog könnte beim Beitritt der Union zu dieser Konvention intensiviert werden.

3. Erklärung zu den Artikeln I-22, I-27 und I-28

Bei der Auswahl der Personen, die das Amt des Präsidenten des Europäischen Rates, des Präsidenten der Kommission und des Außenministers der Union ausüben sollen, ist gebührend zu berücksichtigen, dass die geografische und demografische Vielfalt der Union und ihrer Mitgliedstaaten geachtet werden muss.

4. Erklärung zu Artikel I-24 Absatz 7 zu dem Beschluss des Europäischen Rates über die Ausübung des Vorsitzes im Rat

Die Konferenz erklärt, dass der Rat nach der Unterzeichnung des Vertrags über eine Verfassung für Europa umgehend mit der Ausarbeitung des Europäischen Beschlusses mit Bestimmungen zur Anwendung des Europäischen Beschlusses des Europäischen Rates über die Ausübung des Vorsitzes im Rat beginnen und innerhalb von sechs Monaten zu einer politischen Einigung gelangen sollte. Ein

Entwurf für einen Europäischen Beschluss des Europäischen Rates, der am Tag des Inkrafttretens des genannten Vertrags angenommen wird, ist nachstehend wiedergegeben:

 

ENTWURF EINES EUROPÄISCHEN BESCHLUSSES DES EUROPÄISCHEN RATES ÜBER DIE AUSÜBUNG

DES VORSITZES IM RAT

 

Artikel 1

 

(1) Der Vorsitz im Rat außer in der Zusammensetzung „Auswärtige Angelegenheiten“ wird von zuvor festgelegten Gruppen von drei Mitgliedstaaten für einen Zeitraum von 18 Monaten wahrgenommen. Diese Gruppen werden in gleichberechtigter Rotation der Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung ihrer Verschiedenheit und des geografischen Gleichgewichts innerhalb der Union zusammengestellt.

(2) Jedes Mitglied der Gruppe nimmt den Vorsitz in allen Zusammensetzungen des Rates außer in der Zusammensetzung „Auswärtige Angelegenheiten“ im Wechsel für einen Zeitraum von sechs Monaten wahr. Die anderen Mitglieder der Gruppe unterstützen den Vorsitz auf der Grundlage eines gemeinsamen Programms bei all seinen Aufgaben. Die Mitglieder der Gruppe können untereinander alternative Regelungen beschließen.

 

Artikel 2

 

Der Vorsitz im Ausschuss der Ständigen Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten wird von einem Vertreter des Mitgliedstaats wahrgenommen, der den Vorsitz im Rat in der Zusammensetzung „Allgemeine Angelegenheiten“ innehat.

Der Vorsitz im Politischen und Sicherheitspolitischen Komitee wird von einem Vertreter des Außenministers der Union wahrgenommen.

Der Vorsitz in den vorbereitenden Gremien des Rates in seinen verschiedenen Zusammensetzungen außer in der Zusammensetzung „Auswärtige Angelegenheiten“ wird von dem Mitglied der Gruppe wahrgenommen, das den Vorsitz in der entsprechenden Zusammensetzung des Rates führt, sofern nach Artikel 4 nichts anderes beschlossen wird.

 

Artikel 3

 

Der Rat in der Zusammensetzung „Allgemeine Angelegenheiten“ sorgt im Rahmen einer Mehrjahresplanung in Zusammenarbeit mit der Kommission für die Kohärenz und die Kontinuität der Arbeiten des Rates in seinen verschiedenen Zusammensetzungen. Die den Vorsitz wahrnehmenden Mitgliedstaaten treffen mit Unterstützung des Generalsekretariats des Rates alle für die Organisation und den reibungslosen Ablauf der Arbeiten des Rates erforderlichen Vorkehrungen.

 

Artikel 4

 

Der Rat erlässt einen Europäischen Beschluss mit Bestimmungen zur Anwendung dieses Beschlusses.

5. Erklärung zu Artikel I-25

Die Konferenz erklärt, dass der Europäische Beschluss über die Anwendung des Artikels I-25 am Tag des Inkrafttretens des Vertrags über eine Verfassung für Europa vom Rat angenommen wird. Der entsprechende Beschlussentwurf ist nachstehend wiedergegeben:

ENTWURF EINES EUROPÄISCHEN BESCHLUSSES DES RATES ÜBER DIE ANWENDUNG DES

ARTIKELS I-25

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Es sollten Bestimmungen erlassen werden, die einen reibungslosen Übergang von der Regelung für die Beschlussfassung des Rates mit qualifizierter Mehrheit, die im Vertrag von Nizza festgelegt ist und in Artikel 2 Absatz 2 des der Verfassung beigefügten Protokolls über die Übergangsbestimmungen für die Organe und Einrichtungen der Union übernommen wurde und die bis zum 31. Oktober 2009 weiterhin gelten wird, zu der in Artikel I-25 der Verfassung vorgesehenen Abstimmungsregelung gewährleisten, die ab dem 1. November 2009 gelten wird.

(2) Der Rat wird auch in Zukunft alles daran setzen, die demokratische Legitimierung der mit

qualifizierter Mehrheit angenommenen Rechtsakte zu erhöhen.

(3) Es wird als zweckmäßig erachtet, diesen Beschluss so lange aufrechtzuerhalten, wie dies für einen reibungslosen Übergang zu der in der Verfassung vorgesehenen neuen Beschlussfassungsregelung notwendig ist —

BESCHLIESST:

 

Artikel 1

Wenn Mitglieder des Rates, die

a) mindestens drei Viertel der Bevölkerung oder

b) mindestens drei Viertel der Anzahl der Mitgliedstaaten vertreten, die für die Bildung einer Sperrminorität erforderlich sind, wie sie sich aus der Anwendung von Artikel I-25 Absatz 1 Unterabsatz 1 oder Absatz 2 ergibt, erklären, dass sie die Annahme eines Rechtsakts durch den Rat mit qualifizierter Mehrheit ablehnen, wird die Frage vom Rat erörtert.

 

Artikel 2

Der Rat wird im Verlauf dieser Erörterungen alles in seiner Macht Stehende tun, um innerhalb einer angemessenen Zeit und unbeschadet der durch das Recht der Union vorgeschriebenen zwingenden Fristen eine zufrieden stellende Lösung für die von den Mitgliedern des Rates nach Artikel 1 vorgebrachten Anliegen zu finden.

 

Artikel 3

Zu diesem Zweck unternimmt der Präsident des Rates mit Unterstützung der Kommission unter Einhaltung der Geschäftsordnung des Rates alle erforderlichen Schritte, um im Rat eine breitere Einigungsgrundlage zu ermöglichen. Die Mitglieder des Rates unterstützen ihn hierbei.

 

Artikel 4

Dieser Beschluss wird am 1. November 2009 wirksam. Er bleibt mindestens bis 2014 in Kraft. Danach kann der Rat einen Europäischen Beschluss zu seiner Aufhebung erlassen.

 

6. Erklärung zu Artikel I-26

Die Konferenz ist der Auffassung, dass die Kommission, wenn ihr nicht mehr Staatsangehörige aller Mitgliedstaaten angehören, besonders beachten sollte, dass in den Beziehungen zu allen Mitgliedstaaten vollständige Transparenz gewährleistet sein muss. Dementsprechend sollte die Kommission enge Verbindungen zu allen Mitgliedstaaten unterhalten, unabhängig davon, ob einer ihrer Staatsangehörigen Mitglied der Kommission ist, und in diesem Zusammenhang besonders beachten, dass Informationen mit allen Mitgliedstaaten geteilt und alle Mitgliedstaaten konsultiert werden müssen.

Die Konferenz ist ferner der Auffassung, dass die Kommission alle notwendigen Maßnahmen ergreifen sollte, um sicherzustellen, dass die politischen, sozialen und wirtschaftlichen Gegebenheiten in allen Mitgliedstaaten, auch in Mitgliedstaaten, die kein Kommissionsmitglied stellen, in vollem Umfang berücksichtigt werden. Dabei sollte durch geeignete organisatorische Vorkehrungen auch gewährleistet werden, dass der Standpunkt dieser Mitgliedstaaten berücksichtigt wird.

 

7. Erklärung zu Artikel I-27

Die Konferenz ist der Auffassung, dass das Europäische Parlament und der Europäische Rat im Einklang mit der Verfassung gemeinsam für den reibungslosen Ablauf des Prozesses, der zur Wahl des Präsidenten der Europäischen Kommission führt, verantwortlich sind. Vertreter des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates werden daher vor dem Beschluss des Europäischen Rates die erforderlichen Konsultationen in dem Rahmen durchführen, der als am besten geeignet erachtet wird.

Nach Artikel I-27 Absatz 1 betreffen diese Konsultationen das Profil der Kandidaten für das Amt des Präsidenten der Kommission unter Berücksichtigung der Wahlen zum Europäischen Parlament. Die Einzelheiten dieser Konsultationen können zu gegebener Zeit einvernehmlich zwischen dem Europäischen Parlament und dem Europäischen Rat festgelegt werden.

8. Erklärung zu Artikel I-36

Die Konferenz nimmt zur Kenntnis, dass die Kommission beabsichtigt, bei der Ausarbeitung ihrer

Entwürfe für delegierte Europäische Verordnungen im Bereich der Finanzdienstleistungen nach ihrer

üblichen Vorgehensweise weiterhin von den Mitgliedstaaten benannte Experten zu konsultieren.

 

9. Erklärung zu den Artikeln I-43 und III-329

 

Unbeschadet der Maßnahmen der Union zur Erfüllung ihrer Verpflichtung zur Solidarität gegenüber einem Mitgliedstaat, der von einem Terroranschlag, einer Naturkatastrophe oder einer vom Menschen verursachten Katastrophe betroffen ist, zielt keine der Bestimmungen der Artikel I-43 und III-329 darauf ab, das Recht eines anderen Mitgliedstaats zu beeinträchtigen, die geeignetsten Mittel zur Erfüllung seiner Verpflichtung zur Solidarität gegenüber dem betreffenden Mitgliedstaat zu wählen.

 

10. Erklärung zu Artikel I-51

 

Die Konferenz erklärt, dass immer dann, wenn Bestimmungen über den Schutz personenbezogener Daten, die auf der Grundlage von Artikel I-51 zu erlassen sind, direkte Auswirkungen auf die nationale Sicherheit haben könnten, dieser Umstand gebührend zu berücksichtigen ist. Sie weist darauf hin, dass die derzeit geltenden Rechtsvorschriften (siehe insbesondere Richtlinie 95/46/EG) besondere Ausnahmeregelungen hierzu enthalten.

 

11. Erklärung zu Artikel I-57

Die Union trägt der besonderen Lage der Länder mit geringer territorialer Ausdehnung Rechnung, die spezifische Nachbarschaftsbeziehungen zur Union unterhalten.

 

12. Erklärung betreffend die Erläuterungen zur Charta der Grundrechte

Die Konferenz nimmt von den nachstehend wiedergegebenen Erläuterungen zur Charta der Grundrechte Kenntnis, die unter der Leitung des Präsidiums des Konvents zur Ausarbeitung der Charta formuliert und unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents

aktualisiert wurden.

ERLÄUTERUNGEN ZUR CHARTA DER GRUNDRECHTE

Die nachstehenden Erläuterungen wurden ursprünglich unter der Verantwortung des Präsidiums des Konvents, der die Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgearbeitet hat, formuliert. Sie wurden unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents aufgrund der von diesem Konvent vorgenommenen Anpassungen des Wortlauts der Charta (insbesondere der Artikel 51 und 52 (1)) und der Fortentwicklung des Unionsrechts aktualisiert. Diese Erläuterungen haben als solche keinen rechtlichen Status, stellen jedoch eine nützliche Interpretationshilfe dar, die dazu dient, die Bestimmungen der Charta zu verdeutlichen.

 

PRÄAMBEL

 

Die Völker Europas sind entschlossen, auf der Grundlage gemeinsamer Werte eine friedliche Zukunft

zu teilen, indem sie sich zu einer immer engeren Union verbinden.

In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die

unteilbaren und universellen Werte der Würde des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und der

Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie stellt den

Menschen in den Mittelpunkt ihres Handelns, indem sie die Unionsbürgerschaft und einen Raum der

Freiheit, der Sicherheit und des Rechts begründet.

Die Union trägt zur Erhaltung und zur Entwicklung dieser gemeinsamen Werte unter Achtung der

Vielfalt der Kulturen und Traditionen der Völker Europas sowie der nationalen Identität der

Mitgliedstaaten und der Organisation ihrer staatlichen Gewalt auf nationaler, regionaler und lokaler

Ebene bei. Sie ist bestrebt, eine ausgewogene und nachhaltige Entwicklung zu fördern und stellt den

freien Personen-, Dienstleistungs-, Waren- und Kapitalverkehr sowie die Niederlassungsfreiheit sicher.

Zu diesem Zweck ist es notwendig, angesichts der Weiterentwicklung der Gesellschaft, des sozialen

Fortschritts und der wissenschaftlichen und technologischen Entwicklungen den Schutz der

Grundrechte zu stärken, indem sie in einer Charta sichtbarer gemacht werden.

Diese Charta bekräftigt unter Achtung der Zuständigkeiten und Aufgaben der Union und des

Subsidiaritätsprinzips die Rechte, die sich vor allem aus den gemeinsamen Verfassungstraditionen

und den gemeinsamen internationalen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten, aus der Europäischen

Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, aus den von der Union und dem

Europarat beschlossenen Sozialchartas sowie aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der

Europäischen Union und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ergeben. In diesem

Zusammenhang erfolgt die Auslegung der Charta durch die Gerichte der Union und der

Mitgliedstaaten unter gebührender Berücksichtigung der Erläuterungen, die unter der Leitung des

Präsidiums des Konvents zur Ausarbeitung der Charta formuliert und unter der Verantwortung des

(1) Artikel II-111 und II-112 der Verfassung.

Präsidiums des Europäischen Konvents aktualisiert wurden.

Die Ausübung dieser Rechte ist mit Verantwortung und mit Pflichten sowohl gegenüber den

Mitmenschen als auch gegenüber der menschlichen Gemeinschaft und den künftigen Generationen

verbunden.

Daher erkennt die Union die nachstehend aufgeführten Rechte, Freiheiten und Grundsätze an.

 

TITEL I

 

WÜRDE DES MENSCHEN

 

Artikel 1 (1)

 

Würde des Menschen

 

Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie ist zu achten und zu schützen.

 

Erläuterung

Die Würde des Menschen ist nicht nur ein Grundrecht an sich, sondern bildet das eigentliche Fundament der Grundrechte. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948 verankert die Menschenwürde in ihrer Präambel:

„... da die Anerkennung der allen Mitgliedern der menschlichen Familie innewohnenden Würde und ihrer gleichen und unveräußerlichen Rechte die Grundlage der Freiheit, der Gerechtigkeit und des Friedens in der Welt bildet.“ In seinem Urteil vom 9. Oktober 2001 in der Rechtssache C-377/98, Niederlande gegen Europäisches Parlament und Rat, Slg. 2001, S. I-7079, Randnrn. 70-77 bestätigte der Gerichtshof, dass das Grundrecht auf Menschenwürde Teil des Unionsrechts ist.

Daraus ergibt sich insbesondere, dass keines der in dieser Charta festgelegten Rechte dazu verwendet werden darf, die Würde eines anderen Menschen zu verletzen, und dass die Würde des Menschen zum Wesensgehalt der in dieser Charta festgelegten Rechte gehört. Sie darf daher auch bei Einschränkungen eines Rechtes nicht angetastet werden.

 

Artikel 2 (2)

 

Recht auf Leben

 

(1) Jeder Mensch hat das Recht auf Leben.

(2) Niemand darf zur Todesstrafe verurteilt oder hingerichtet werden.

 

Erläuterung

 

1. Absatz 1 dieses Artikels basiert auf Artikel 2 Absatz 1 Satz 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention

(EMRK), der wie folgt lautet:

„(1) Das Recht jedes Menschen auf Leben wird gesetzlich geschützt ...“.

(1) Artikel II-61 der Verfassung.

(2) Artikel II-62 der Verfassung.

2. Satz 2 der genannten Vorschrift, der die Todesstrafe zum Gegenstand hatte, ist durch das Inkrafttreten des Protokolls Nr. 6 zur EMRK hinfällig geworden, dessen Artikel 1 wie folgt lautet:

„Die Todesstrafe ist abgeschafft. Niemand darf zu dieser Strafe verurteilt oder hingerichtet werden.“ Auf dieser

Vorschrift beruht Artikel 2 Absatz 2 der Charta (1).

3. Die Bestimmungen des Artikels 2 der Charta (2) entsprechen den Bestimmungen der genannten Artikel der EMRK und des Zusatzprotokolls. Sie haben nach Artikel 52 Absatz 3 der Charta (3) die gleiche Bedeutung und Tragweite.

So müssen die in der EMRK enthaltenen „Negativdefinitionen“ auch als Teil der Charta betrachtet werden:

a) Artikel 2 Absatz 2 EMRK:

„Eine Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie durch eine Gewaltanwendung

verursacht wird, die unbedingt erforderlich ist, um

a) jemanden gegen rechtswidrige Gewalt zu verteidigen;

b) jemanden rechtmäßig festzunehmen oder jemanden, dem die Freiheit rechtmäßig entzogen ist, an der Flucht zu hindern;

c) einen Aufruhr oder Aufstand rechtmäßig niederzuschlagen“.

b) Artikel 2 des Protokolls Nr. 6 zur EMRK:

„Ein Staat kann in seinem Recht die Todesstrafe für Taten vorsehen, die in Kriegszeiten oder bei unmittelbarer Kriegsgefahr begangen werden; diese Strafe darf nur in den Fällen, die im Recht vorgesehen sind, und in Übereinstimmung mit dessen Bestimmungen angewendet werden ...“.

 

Artikel 3 (4)

 

Recht auf Unversehrtheit

 

(1) Jeder Mensch hat das Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit.

(2) Im Rahmen der Medizin und der Biologie muss insbesondere Folgendes beachtet werden:

a) die freie Einwilligung des Betroffenen nach vorheriger Aufklärung entsprechend den gesetzlich festgelegten Einzelheiten;

b) das Verbot eugenischer Praktiken, insbesondere derjenigen, welche die Selektion von Menschen zum Ziel haben;

(1) Artikel II-62 Absatz 2 der Verfassung.

(2) Artikel II-62 der Verfassung.

(3) Artikel II-112 Absatz 3 der Verfassung.

(4) Artikel II-63 der Verfassung.

c) das Verbot, den menschlichen Körper und Teile davon als solche zur Erzielung von Gewinnen zu nutzen;

d) das Verbot des reproduktiven Klonens von Menschen.

 

Erläuterung

 

1. In seinem Urteil vom 9. Oktober 2001 in der Rechtssache C-377/98, Niederlande gegen Europäisches Parlament und Rat, Slg. 2001, S. I-7079, Randnrn. 70, 78, 79 und 80, bestätigte der Gerichtshof, dass das Grundrecht auf Unversehrtheit Teil des Unionsrechts ist und im Bereich der Medizin und der Biologie die freie Einwilligung des Spenders und des Empfängers nach vorheriger Aufklärung umfasst.

2. Die Grundsätze des Artikels 3 der Charta (1) sind bereits in dem im Rahmen des Europarates angenommenen Übereinkommen über Menschenrechte und Biomedizin (STE 164 und Zusatzprotokoll STE 168) enthalten. Die Charta will von diesen Bestimmungen nicht abweichen und verbietet daher lediglich das reproduktive Klonen. Die anderen Formen des Klonens werden von der Charta weder gestattet noch verboten. Sie hindert den Gesetzgeber also keineswegs daran, auch die anderen Formen des Klonens zu verbieten.

3. Durch den Hinweis auf eugenische Praktiken, insbesondere diejenigen, welche die Selektion von Menschen zum Ziel haben, soll die Möglichkeit erfasst werden, dass Selektionsprogramme organisiert und durchgeführt werden, die beispielsweise Sterilisierungskampagnen, erzwungene Schwangerschaften, die Pflicht, den Ehepartner in der gleichen Volksgruppe zu wählen, usw. umfassen; derartige Handlungen werden in dem am 17. Juli 1998 in Rom verabschiedeten Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (siehe Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe g) als internationale Verbrechen betrachtet.

 

Artikel 4 (2)

 

Verbot der Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung

 

Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

 

Erläuterung

 

Das Recht nach Artikel 4 (2) entspricht dem Recht, das durch den gleich lautenden Artikel 3 EMRK garantiert ist:

„Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.“ Nach Artikel 52 Absatz 3 der Charta (3) hat Artikel 4 also die gleiche Bedeutung und Tragweite wie Artikel 3 EMRK.

Artikel 5 (4)

Verbot der Sklaverei und der Zwangsarbeit

(1) Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden.

(1) Artikel II-63 der Verfassung.

(2) Artikel II-64 der Verfassung.

(3) Artikel II-112 Absatz 3 der Verfassung.

(4) Artikel II-65 der Verfassung.

(2) Niemand darf gezwungen werden, Zwangs- oder Pflichtarbeit zu verrichten.

(3) Menschenhandel ist verboten.

Erläuterung

1. Das Recht nach Artikel 5 (1) Absätze 1 und 2 entspricht dem gleich lautenden Artikel 4 Absätze 1 und 2 EMRK.

Nach Artikel 52 Absatz 3 der Charta (2) hat dieses Recht also die gleiche Bedeutung und Tragweite wie Artikel 4

EMRK. Daraus folgt:

— Eine legitime Einschränkung des Rechts nach Absatz 1 kann es nicht geben.

— In Absatz 2 müssen in Bezug auf die Begriffe „Zwangs- oder Pflichtarbeit“ die „negativen“ Definitionen nach

Artikel 4 Absatz 3 EMRK berücksichtigt werden:

„Nicht als Zwangs- oder Pflichtarbeit im Sinne dieses Artikels gilt

a) eine Arbeit, die üblicherweise von einer Person verlangt wird, der unter den Voraussetzungen des

Artikels 5 die Freiheit entzogen oder die bedingt entlassen worden ist;

b) eine Dienstleistung militärischer Art oder eine Dienstleistung, die an die Stelle des im Rahmen der Wehrpflicht zu leistenden Dienstes tritt, in Ländern, wo die Dienstverweigerung aus Gewissensgründen anerkannt ist;

c) eine Dienstleistung, die verlangt wird, wenn Notstände oder Katastrophen das Leben oder das Wohl der Gemeinschaft bedrohen;

d) eine Arbeit oder Dienstleistung, die zu den üblichen Bürgerpflichten gehört.“

2. Absatz 3 ergibt sich unmittelbar aus der Menschenwürde und trägt neueren Entwicklungen auf dem Gebiet der organisierten Kriminalität wie der Schleuserkriminalität oder der organisierten sexuellen Ausbeutung Rechnung.

Das Europol-Übereinkommen enthält im Anhang folgende Definition, die den Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung betrifft: „Menschenhandel: tatsächliche und rechtswidrige Unterwerfung einer Person unter den Willen anderer Personen mittels Gewalt, Drohung oder Täuschung oder unter Ausnutzung eines Abhängigkeitsverhältnisses insbesondere mit folgendem Ziel: Ausbeutung der Prostitution, Ausbeutung von Minderjährigen, sexuelle Gewalt gegenüber Minderjährigen oder Handel im Zusammenhang mit Kindesaussetzung.“

Kapitel VI des Schengener Durchführungsübereinkommens, das in den Besitzstand der Union integriert worden ist und an dem sich das Vereinigte Königreich und Irland beteiligen, enthält in Artikel 27 Absatz 1 folgende auf die Schleuseraktivitäten zielende Bestimmung: „Die Vertragsparteien verpflichten sich, angemessene Sanktionen gegen jede Person vorzusehen, die zu Erwerbszwecken einem Drittausländer hilft oder zu helfen versucht, in das Hoheitsgebiet einer der Vertragsparteien unter Verletzung ihrer Rechtsvorschriften in Bezug auf die Einreise und

den Aufenthalt von Drittausländern einzureisen oder sich dort aufzuhalten.“ Am 19. Juli 2002 nahm der Rat einen Rahmenbeschluss zur Bekämpfung des Menschenhandels (ABl. L 203 vom 1.8.2002, S. 1) an; in Artikel 1 dieses Rahmenbeschlusses sind die Handlungen im Zusammenhang mit dem Menschenhandel zum Zwecke der Ausbeutung von Arbeitskräften oder der sexuellen Ausbeutung näher bestimmt, die die Mitgliedstaaten aufgrund des genannten Rahmenbeschlusses unter Strafe stellen müssen.

(1) Artikel II-65 der Verfassung.

(2) Artikel II-112 Absatz 3 der Verfassung.

 

TITEL II

 

FREIHEITEN

 

Artikel 6 (1)

 

Recht auf Freiheit und Sicherheit

 

Jeder Mensch hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit.

   

Erläuterung

Die Rechte nach Artikel 6 (1) entsprechen den Rechten, die durch Artikel 5 EMRK garantiert sind, denen sie nach Artikel 52 Absatz 3 der Charta (2) an Bedeutung und Tragweite gleichkommen. Die Einschränkungen, die legitim an diesen Rechten vorgenommen werden können, dürfen daher nicht über die Einschränkungen hinausgehen, die im Rahmen des wie folgt lautenden Artikels 5 EMRK zulässig sind:

„(1) Jede Person hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf nur in den folgenden Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:

a) rechtmäßige Freiheitsentziehung nach Verurteilung durch ein zuständiges Gericht;

b) rechtmäßige Festnahme oder Freiheitsentziehung wegen Nichtbefolgung einer rechtmäßigen gerichtlichen Anordnung oder zur Erzwingung der Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung;

c) rechtmäßige Festnahme oder Freiheitsentziehung zur Vorführung vor die zuständige Gerichtsbehörde, wenn hinreichender Verdacht besteht, dass die betreffende Person eine Straftat begangen hat, oder wenn begründeter Anlass zu der Annahme besteht, dass es notwendig ist, sie an der Begehung einer Straftat oder an der Flucht nach Begehung einer solchen zu hindern;

d) rechtmäßige Freiheitsentziehung bei Minderjährigen zum Zweck überwachter Erziehung oder zur Vorführung vor die zuständige Behörde;

e) rechtmäßige Freiheitsentziehung mit dem Ziel, eine Verbreitung ansteckender Krankheiten zu verhindern, sowie bei psychisch Kranken, Alkohol- oder Rauschgiftsüchtigen und Landstreichern;

f) rechtmäßige Festnahme oder Freiheitsentziehung zur Verhinderung der unerlaubten Einreise sowie bei Personen, gegen die ein Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren im Gange ist.

(2) Jeder festgenommenen Person muss unverzüglich in einer ihr verständlichen Sprache mitgeteilt werden, welches die Gründe für ihre Festnahme sind, und welche Beschuldigungen gegen sie erhoben werden.

(3) Jede Person, die nach Absatz 1 Buchstabe c von Festnahme oder Freiheitsentziehung betroffen ist, muss unverzüglich einem Richter oder einer anderen gesetzlich zur Wahrnehmung richterlicher Aufgaben ermächtigten Person vorgeführt werden; sie hat Anspruch auf ein Urteil innerhalb angemessener Frist oder auf Entlassung während des Verfahrens. Die Entlassung kann von der Leistung einer Sicherheit für das Erscheinen vor Gericht abhängig gemacht werden.

(1) Artikel II-66 der Verfassung.

(2) Artikel II-112 Absatz 3 der Verfassung.

(4) Jede Person, die festgenommen oder der die Freiheit entzogen ist, hat das Recht zu beantragen, dass ein Gericht innerhalb kurzer Frist über die Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung entscheidet und ihre Entlassung anordnet, wenn die Freiheitsentziehung nicht rechtmäßig ist.

(5) Jede Person, die unter Verletzung dieses Artikels von Festnahme oder Freiheitsentziehung betroffen ist, hat Anspruch auf Schadensersatz.“

Die Rechte nach Artikel 6 (1) müssen insbesondere dann geachtet werden, wenn das Europäische Parlament und der Rat Gesetze und Rahmengesetze im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen auf der Grundlage der Artikel III-270, III-271 und III-273 der Verfassung, insbesondere zur Festlegung gemeinsamer Mindestvorschriften über die Tatbestandsmerkmale strafbarer Handlungen

und die Strafen sowie über bestimmte Aspekte des Verfahrensrechts erlassen.

 

Artikel 7 (2)

 

Achtung des Privat- und Familienlebens

 

Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung sowie ihrer Kommunikation.

 

Erläuterung

 

Die Rechte nach Artikel 7 (2) entsprechen den Rechten, die durch Artikel 8 EMRK garantiert sind. Um der technischen Entwicklung Rechnung zu tragen, wurde der Begriff „Korrespondenz“ durch „Kommunikation“ ersetzt.

Nach Artikel 52 Absatz 3 (3) haben diese Rechte die gleiche Bedeutung und Tragweite wie die Rechte aus dem entsprechenden Artikel der EMRK. Ihre möglichen legitimen Einschränkungen sind daher diejenigen, die der genannte Artikel 8 gestattet:

„(1) Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz.

(2) Eine Behörde darf in die Ausübung dieses Rechts nur eingreifen, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer.“

 (1) Artikel II-66 der Verfassung.

(2) Artikel II-67 der Verfassung.

(3) Artikel II-112 Absatz 3 der Verfassung.

 

Artikel 8 (1)

 

Schutz personenbezogener Daten

 

(1) Jede Person hat das Recht auf Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten.

(2) Diese Daten dürfen nur nach Treu und Glauben für festgelegte Zwecke und mit Einwilligung der betroffenen Person oder auf einer sonstigen gesetzlich geregelten legitimen Grundlage verarbeitet werden. Jede Person hat das Recht, Auskunft über die sie betreffenden erhobenen Daten zu erhalten und die Berichtigung der Daten zu erwirken.

(3) Die Einhaltung dieser Vorschriften wird von einer unabhängigen Stelle überwacht.

 

Erläuterung

 

Dieser Artikel stützte sich auf Artikel 286 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und auf die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. L 281 vom 23.11.1995) sowie auf Artikel 8 EMRK und das Übereinkommen des Europarates vom 28. Januar 1981 zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten, das von allen Mitgliedstaaten ratifiziert wurde. Artikel 286 EGV wird nunmehr durch Artikel I-51 der Verfassung ersetzt. Es wird ferner auf die Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen

Parlaments und des Rates zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr (ABl. L 8 vom 12.1.2001) verwiesen. Die genannte Richtlinie und Verordnung enthalten Bedingungen und Beschränkungen für die Wahrnehmung des Rechts auf den Schutz personenbezogener Daten.

 

Artikel 9 (2)

 

Recht, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen

 

Das Recht, eine Ehe einzugehen, und das Recht, eine Familie zu gründen, werden nach den einzelstaatlichen Gesetzen gewährleistet, welche die Ausübung dieser Rechte regeln.

 

Erläuterung

 

Dieser Artikel stützt sich auf Artikel 12 EMRK, der wie folgt lautet: „Männer und Frauen im heiratsfähigen Alter haben das Recht, nach den innerstaatlichen Gesetzen, welche die Ausübung dieses Rechts regeln, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen.“ Die Formulierung dieses Rechts wurde zeitgemäßer gestaltet, um Fälle zu erfassen, in denen nach den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften andere Formen als die Heirat zur Gründung einer Familie anerkannt werden. Durch diesen Artikel wird es weder untersagt noch vorgeschrieben, Verbindungen von Menschen gleichen Geschlechts den Status der Ehe zu verleihen. Dieses Recht ist also dem von der EMRK vorgesehenen Recht ähnlich, es kann jedocheine größere Tragweite haben, wenn die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften dies vorsehen.

(1) Artikel II-68 der Verfassung.

(2) Artikel II-69 der Verfassung.

 

Artikel 10 (1)

 

Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit

 

(1) Jede Person hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit. Dieses Recht umfasst die Freiheit, die Religion oder Weltanschauung zu wechseln, und die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung einzeln oder gemeinsam mit anderen öffentlich oder privat durch Gottesdienst, Unterricht, Bräuche und Riten zu bekennen.

(2) Das Recht auf Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen wird nach den einzelstaatlichen Gesetzen anerkannt, welche die Ausübung dieses Rechts regeln.

 

Erläuterung

Das in Absatz 1 garantierte Recht entspricht dem Recht, das durch Artikel 9 EMRK garantiert ist, und hat nach Artikel 52 Absatz 3 der Charta (2) die gleiche Bedeutung und die gleiche Tragweite wie dieses. Bei Einschränkungen muss daher Artikel 9 Absatz 2 EMRK gewahrt werden, der wie folgt lautet: „Die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung zu bekennen, darf nur Einschränkungen unterworfen werden, die gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sind für die öffentliche Sicherheit, zum Schutz der öffentlichen Ordnung, Gesundheit oder Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer.“

Das in Absatz 2 garantierte Recht entspricht den einzelstaatlichen Verfassungstraditionen und der Entwicklung der einzelstaatlichen Gesetzgebungen in diesem Punkt.

 

Artikel 11 (3)

 

Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit

 

(1) Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben.

(2) Die Freiheit der Medien und ihre Pluralität werden geachtet.

 

Erläuterung

 

1. Artikel 11 (3) entspricht Artikel 10 EMRK, der wie folgt lautet:

„(1) Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben. Dieser Artikel hindert die Staaten nicht, für Hörfunk-, Fernseh- oder Kinounternehmen eine Genehmigung vorzuschreiben.

(1) Artikel II-70 der Verfassung.

(2) Artikel II-112 Absatz 3 der Verfassung.

(3) Artikel II-71 der Verfassung.

(2) Die Ausübung dieser Freiheiten ist mit Pflichten und Verantwortung verbunden; sie kann daher Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafdrohungen unterworfen werden, die gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sind für die nationale Sicherheit, die territoriale Unversehrtheit oder die öffentliche Sicherheit, zur Aufrechterhaltung der Ordnung oder zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral, zum Schutz des guten Rufes oder der Rechte anderer, zur Verhinderung der Verbreitung vertraulicher Informationen oder zur Wahrung der Autorität und der Unparteilichkeit der

Rechtsprechung.“

Nach Artikel 52 Absatz 3 der Charta (1) hat dieses Recht die gleiche Bedeutung und Tragweite wie das durch die EMRK garantierte Recht. Die möglichen Einschränkungen dieses Rechts dürfen also nicht über die in Artikel 10 Absatz 2 vorgesehenen Einschränkungen hinausgehen, allerdings unbeschadet der Beschränkungen, die die Möglichkeit der Mitgliedstaaten, Genehmigungsregelungen nach Artikel 10 Absatz 1 Satz 3 der EMRK einzuführen, durch das Wettbewerbsrecht der Union erfahren kann.

2. Absatz 2 dieses Artikels erläutert die Auswirkungen von Absatz 1 hinsichtlich der Freiheit der Medien. Er stützt sich insbesondere auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs bezüglich des Fernsehens, insbesondere in der Rechtssache C-288/89 (Urteil vom 25. Juli 1991, Stichting Collectieve Antennevoorziening Gouda u. a.; Slg. 1991, S. I-4007), und auf das Protokoll über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Mitgliedstaaten, das dem EGV und nunmehr der Verfassung beigefügt ist, sowie auf die Richtlinie 89/552/EWG des Rates (siehe insbesondere Erwägungsgrund 17).

 

Artikel 12 (2)

 

Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit

 

(1) Jede Person hat das Recht, sich insbesondere im politischen, gewerkschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Bereich auf allen Ebenen frei und friedlich mit anderen zu versammeln und frei mit anderen zusammenzuschließen, was das Recht jeder Person umfasst, zum Schutz ihrer

Interessen Gewerkschaften zu gründen und Gewerkschaften beizutreten.

(2) Politische Parteien auf der Ebene der Union tragen dazu bei, den politischen Willen der Unionsbürgerinnen und Unionsbürger zum Ausdruck zu bringen.

 

Erläuterung

 

1. Absatz 1 dieses Artikels entspricht Artikel 11 EMRK, der wie folgt lautet:

„(1) Jede Person hat das Recht, sich frei und friedlich mit anderen zu versammeln und sich frei mit anderen zusammenzuschließen; dazu gehört auch das Recht, zum Schutz seiner Interessen Gewerkschaften zu gründen und Gewerkschaften beizutreten.

(2) Die Ausübung dieser Rechte darf nur Einschränkungen unterworfen werden, die gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sind für die nationale oder öffentliche Sicherheit, zur Aufrechterhaltung der Ordnung oder zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer. Dieser Artikel steht rechtmäßigen Einschränkungen der Ausübung dieser Rechte für Angehörige der Streitkräfte, der Polizei oder der Staatsverwaltung nicht entgegen.“

(1) Artikel II-112 Absatz 3 der Verfassung.

(2) Artikel II-72 der Verfassung.

Die Bestimmungen des Absatzes 1 dieses Artikels 12 (1) haben die gleiche Bedeutung wie die Bestimmungen der EMRK; sie haben jedoch eine größere Tragweite, weil sie auf alle Ebenen, auch auf die europäische Ebene, Anwendung finden können. Nach Artikel 52 Absatz 3 der Charta (2) dürfen die Einschränkungen dieses Rechts nicht über die Einschränkungen hinausgehen, die als mögliche rechtmäßige Einschränkungen im Sinne von Artikel 11 Absatz 2 EMRK gelten.

2. Dieses Recht stützt sich auch auf Artikel 11 der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer.

3. Absatz 2 dieses Artikels entspricht Artikel I-46 Absatz 4 der Verfassung.

 

Artikel 13 (3)

 

Freiheit der Kunst und der Wissenschaft

 

Kunst und Forschung sind frei. Die akademische Freiheit wird geachtet.

 

Erläuterung

 

Dieses Recht leitet sich in erster Linie aus der Gedankenfreiheit und der Freiheit der Meinungsäußerung ab. Seine Ausübung erfolgt unter Wahrung von Artikel 1 (4), und es kann den durch Artikel 10 EMRK gestatteten Einschränkungen unterworfen werden.

 

Artikel 14 (5)

 

Recht auf Bildung

 

(1) Jede Person hat das Recht auf Bildung sowie auf Zugang zur beruflichen Ausbildung und Weiterbildung.

(2) Dieses Recht umfasst die Möglichkeit, unentgeltlich am Pflichtschulunterricht teilzunehmen.

(3) Die Freiheit zur Gründung von Lehranstalten unter Achtung der demokratischen Grundsätze sowie das Recht der Eltern, die Erziehung und den Unterricht ihrer Kinder entsprechend ihren eigenen religiösen, weltanschaulichen und erzieherischen Überzeugungen sicherzustellen, werden nach den einzelstaatlichen Gesetzen geachtet, welche ihre Ausübung regeln.

 

Erläuterung

 

1. Dieser Artikel lehnt sich sowohl an die gemeinsamen verfassungsrechtlichen Traditionen der Mitgliedstaaten als auch an Artikel 2 des Zusatzprotokolls zur EMRK an, der folgenden Wortlaut hat:

„Niemandem darf das Recht auf Bildung verwehrt werden. Der Staat hat bei Ausübung der von ihm auf dem Gebiete der Erziehung und des Unterrichts übernommenen Aufgaben das Recht der Eltern zu achten, die Erziehung und den Unterricht entsprechend ihren eigenen religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen sicherzustellen.“

(1) Artikel II-72 der Verfassung.

(2) Artikel II-112 Absatz 3 der Verfassung.

(3) Artikel II-73 der Verfassung.

(4) Artikel II-61 der Verfassung.

(5) Artikel II-74 der Verfassung.

Es wurde für zweckmäßig erachtet, diesen Artikel auf den Zugang zur beruflichen Aus- und Weiterbildung auszudehnen (siehe Nummer 15 der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer sowie Artikel 10 der Europäischen Sozialcharta) und den Grundsatz der Unentgeltlichkeit des Pflichtschulunterrichts einzufügen. In seiner hier vorliegenden Fassung besagt dieser Grundsatz lediglich, dass in Bezug auf den Pflichtschulunterricht jedes Kind die Möglichkeit haben muss, eine schulische Einrichtung zu besuchen, die unentgeltlichen Unterricht erteilt. Er besagt nicht, dass alle — und insbesondere auch die privaten — schulischen Einrichtungen, die den betreffenden Unterricht oder berufliche Ausbildung und Weiterbildung anbieten, dies unentgeltlich tun müssen. Ebenso wenig verbietet er, dass bestimmte besondere Unterrichtsformen entgeltlich sein können, sofern der Staat Maßnahmen zur Gewährung eines finanziellen Ausgleichs trifft. Soweit die Charta für die Union gilt, bedeutet das, dass die Union im Rahmen ihrer bildungspolitischen Maßnahmen die Unentgeltlichkeit des Pflichtunterrichts achten muss, doch es erwachsen ihr daraus selbstverständlich keine neuen Zuständigkeiten. Was das Recht der Eltern anbelangt, so ist dieses in Verbindung mit Artikel 24 (1) auszulegen.

2. Die Freiheit zur Gründung von öffentlichen oder privaten Lehranstalten wird als einer der Aspekte der unternehmerischen Freiheit garantiert, ihre Ausübung ist jedoch durch die Achtung der demokratischen Grundsätze eingeschränkt und erfolgt entsprechend den in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften festgelegten Einzelheiten.

 

Artikel 15 (2)

 

Berufsfreiheit und Recht zu arbeiten

 

(1) Jede Person hat das Recht, zu arbeiten und einen frei gewählten oder angenommenen Beruf auszuüben.

(2) Alle Unionsbürgerinnen und Unionsbürger haben die Freiheit, in jedem Mitgliedstaat Arbeit zu suchen, zu arbeiten, sich niederzulassen oder Dienstleistungen zu erbringen.

(3) Die Staatsangehörigen dritter Länder, die im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten arbeiten dürfen, haben Anspruch auf Arbeitsbedingungen, die denen der Unionsbürgerinnen und Unionsbürger entsprechen.

 

Erläuterun

 

Die in Artikel 15 (2) Absatz 1 festgeschriebene Berufsfreiheit ist in der Rechtsprechung des Gerichtshofs anerkannt

(siehe u. a. die Urteile vom 14. Mai 1974, Rechtssache 4/73, Nold, Slg. 1974, S. 491, Randnrn. 12 -14; vom 13. Dezember 1979, Rechtssache 44/79, Hauer, Slg. 1979 S. 3727; vom 8. Oktober 1986, Rechtssache 234/85, Keller, Slg. 1986, S. 2897, Randnr. 8).

Dieser Absatz lehnt sich ferner an Artikel 1 Absatz 2 der am 18. Oktober 1961 unterzeichneten und von allen Mitgliedstaaten ratifizierten Europäischen Sozialcharta und an Nummer 4 der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer vom 9. Dezember 1989 an. Der Ausdruck „Arbeitsbedingungen“ ist im Sinne des Artikels III-213 der Verfassung zu verstehen.

In Absatz 2 wurden die drei Freiheiten aufgenommen, die durch die Artikel I-4 und III-133, III-137 und III-144 der Verfassung garantiert sind, d. h. die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, die Niederlassungsfreiheit und der freie Dienstleistungsverkehr.

Absatz 3 stützte sich auf Artikel 137 Absatz 3 vierter Gedankenstrich EGV, der nunmehr durch Artikel III-210 Absatz 1 Buchstabe g der Verfassung ersetzt wurde, sowie auf Artikel 19 Absatz 4 der am 18. Oktober 1961 unterzeichneten und

(1) Artikel II-84 der Verfassung.

(2) Artikel II-75 der Verfassung.

von allen Mitgliedstaaten ratifizierten Europäischen Sozialcharta. Somit findet Artikel 52 Absatz 2 der Charta (1) Anwendung. Die Frage der Anheuerung von Seeleuten, die Staatsangehörige von Drittstaaten sind, in der Besatzung von Schiffen unter der Flagge eines Mitgliedstaats der Union wird durch das Unionsrecht und die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten geregelt.

 

Artikel 16 (2)

 

Unternehmerische Freiheit

 

Die unternehmerische Freiheit wird nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten anerkannt.

 

Erläuterung

 

Dieser Artikel stützt sich auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs, der die Freiheit, eine Wirtschafts- oder Geschäftstätigkeit auszuüben, (siehe die Urteile vom 14. Mai 1974, Rechtssache 4/73, Nold, Slg. 1974, S. 491, Randnr. 14; und vom 27. September 1979, Rechtssache 230/78, SPA Eridania und andere, Slg. 1979, S. 2749, Randnrn. 20 und 31) und die Vertragsfreiheit (siehe u. a. die Urteile „Sukkerfabriken Nykoebing“, Rechtssache 151/78, Slg. 1979, 1, Randnr. 19; und vom 5. Oktober 1999, Rechtssache C-240/97, Spanien gegen Kommission, Slg. 1999 S. I- 6571 Randnr. 99) anerkannt hat, sowie auf Artikel I-3 Absatz 2 der Verfassung, in dem der freie Wettbewerb anerkannt

wird. Dieses Recht wird natürlich unter Einhaltung des Unionsrechts und der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften ausgeübt. Es kann nach Artikel 52 Absatz 1 der Charta (3) beschränkt werden.

 

Artikel 17 (4)

 

Eigentumsrecht

 

(1) Jede Person hat das Recht, ihr rechtmäßig erworbenes Eigentum zu besitzen, zu nutzen, darüber zu verfügen und es zu vererben. Niemandem darf sein Eigentum entzogen werden, es sei denn aus Gründen des öffentlichen Interesses in den Fällen und unter den Bedingungen, die in einem Gesetz vorgesehen sind, sowie gegen eine rechtzeitige angemessene Entschädigung für den Verlust des

Eigentums. Die Nutzung des Eigentums kann gesetzlich geregelt werden, soweit dies für das Wohl der

Allgemeinheit erforderlich ist.

(2) Geistiges Eigentum wird geschützt.

 

Erläuterung

 

Dieser Artikel entspricht Artikel 1 des Zusatzprotokolls zur EMRK:

„Jede natürliche oder juristische Person hat das Recht auf Achtung ihres Eigentums. Niemandem darf sein Eigentum entzogen werden, es sei denn, dass das öffentliche Interesse es verlangt, und nur unter den durch Gesetz und durch die allgemeinen Grundsätze des Völkerrechts vorgesehenen Bedingungen.

Absatz 1 beeinträchtigt jedoch nicht das Recht des Staates, diejenigen Gesetze anzuwenden, die er für die Regelung der Benutzung des Eigentums im Einklang mit dem allgemeinen Interesse oder zur Sicherung der Zahlung der Steuern oder sonstigen Abgaben oder von Geldstrafen für erforderlich hält.“

(1) Artikel II-112 Absatz 2 der Verfassung.

(2) Artikel II-76 der Verfassung.

(3) Artikel II-112 Absatz 1 der Verfassung.

(4) Artikel II-77 der Verfassung.

Es handelt sich um ein gemeinsames Grundrecht aller einzelstaatlichen Verfassungen. Es wurde mehrfach durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs — zum ersten Mal in dem Urteil Hauer (13. Dezember 1979, Slg. 1979, S. 3727) — bekräftigt. Die Formulierung wurde zeitgemäßer gestaltet, doch hat dieses Recht nach Artikel 52 Absatz 3 (1) die gleiche Bedeutung und die gleiche Tragweite wie das in der EMRK garantierte Recht, wobei nicht über die in der EMRK vorgesehenen Einschränkungen hinausgegangen werden darf.

Der Schutz des geistigen Eigentums ist zwar ein Aspekt des Eigentumsrechts, er wird jedoch aufgrund seiner zunehmenden Bedeutung und aufgrund des abgeleiteten Gemeinschaftsrechts in Absatz 2 ausdrücklich aufgeführt. Das geistige Eigentum umfasst neben dem literarischen und dem künstlerischen Eigentum unter anderem das Patent- und Markenrecht sowie die verwandten Schutzrechte. Die in Absatz 1 vorgesehenen Garantien gelten sinngemäß für das geistige Eigentum.

 

Artikel 18 (2)

 

Asylrecht

 

Das Recht auf Asyl wird nach Maßgabe des Genfer Abkommens vom 28. Juli 1951 und des Protokolls vom 31. Januar 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge sowie nach Maßgabe der Verfassung gewährleistet.

 

Erläuterung

 

Der Wortlaut des Artikels stützte sich auf Artikel 63 EGV, der nunmehr durch Artikel III-266 der Verfassung ersetzt

wurde und der die Union zur Einhaltung der Genfer Flüchtlingskonvention verpflichtet. Es sei auf die dem Amsterdamer

Vertrag bzw. der Verfassung beigefügten Protokolle über das Vereinigte Königreich und Irland sowie Dänemark

verwiesen, um zu bestimmen, inwieweit diese Mitgliedstaaten das diesbezügliche Unionsrecht anwenden und inwieweit

dieser Artikel auf sie Anwendung findet. Dieser Artikel berücksichtigt das der Verfassung beigefügte Protokoll über die

Gewährung von Asyl.

 

Artikel 19 (3)

 

Schutz bei Abschiebung, Ausweisung und Auslieferung

 

(1) Kollektivausweisungen sind nicht zulässig.

(2) Niemand darf in einen Staat abgeschoben oder ausgewiesen oder an einen Staat ausgeliefert werden, in dem für sie oder ihn das ernsthafte Risiko der Todesstrafe, der Folter oder einer anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung besteht.

 

Erläuterung

 

Absatz 1 dieses Artikels hat hinsichtlich der Kollektivausweisungen die gleiche Bedeutung und Tragweite wie Artikel 4 des Zusatzprotokolls Nr. 4 zur EMRK. Hiermit soll gewährleistet werden, dass jeder Beschluss gesondert geprüft wird und dass nicht beschlossen werden kann, alle Menschen, die die Staatsangehörigkeit eines bestimmten Staates besitzen, mit einer einzigen Maßnahme auszuweisen (siehe auch Artikel 13 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte).

Mit Absatz 2 wird die einschlägige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Artikel 3 EMRK (siehe Ahmed gegen Österreich, Urteil vom 17. Dezember 1996, Slg. EGMR 1996, S. VI-2206 und Soering, Urteil vom 7. Juli 1989) übernommen.

(1) Artikel II-112 Absatz 3 der Verfassung.

(2) Artikel II-78 der Verfassung.

(3) Artikel II-79 der Verfassung.

 

TITEL III

 

GLEICHHEIT

 

Artikel 20 (1)

 

Gleichheit vor dem Gesetz

 

Alle Personen sind vor dem Gesetz gleich.

 

Erläuterung

 

Dieser Artikel entspricht dem allgemeinen Rechtsprinzip, das in allen europäischen Verfassungen verankert ist und das der Gerichtshof als ein Grundprinzip des Gemeinschaftsrechts angesehen hat (Urteil vom 13. November 1984, Rechtssache 283/83, Racke, Slg. 1984, S. 3791, Urteil vom 17. April 1997, Rechtssache C-15/95, EARL, Slg. 1997, S. I-1961 und Urteil vom 13. April 2000, Rechtssache C-292/97, Karlsson, Slg. 2000 S. 2737).

 

Artikel 21 (2)

 

Nichtdiskriminierung

 

(1) Diskriminierungen insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen Herkunft, der genetischen Merkmale, der Sprache, der Religion oder der Weltanschauung, der politischen oder sonstigen Anschauung, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung

sind verboten.

(2) Unbeschadet besonderer Bestimmungen der Verfassung ist in ihrem Anwendungsbereich jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten.

 

Erläuterung

 

Absatz 1 lehnt sich an Artikel 13 EGV, der nun durch Artikel III-124 der Verfassung ersetzt wurde, und Artikel 14 EMRK sowie an Artikel 11 des Übereinkommens über Menschenrechte und Biomedizin in Bezug auf das genetische Erbe an. Soweit er mit Artikel 14 EMRK zusammenfällt, findet er nach diesem Artikel Anwendung.

Absatz 1 und Artikel III-124 der Verfassung, der einen anderen Anwendungsbereich hat und einen anderen Zweck verfolgt, stehen nicht in Widerspruch zueinander und sind nicht unvereinbar miteinander: In Artikel III-124 wird der Union die Zuständigkeit übertragen, Gesetzgebungsakte — unter anderem auch betreffend die Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten — zur Bekämpfung bestimmter Formen der Diskriminierung, die in diesem Artikel erschöpfend aufgezählt sind, zu erlassen. Diese Rechtsvorschriften können Maßnahmen der Behörden der Mitgliedstaaten (sowie die Beziehungen zwischen Privatpersonen) in jedem Bereich innerhalb der Grenzen der

Zuständigkeiten der Union umfassen. In Absatz 1 des Artikels 21 (3) hingegen wird weder eine Zuständigkeit zum Erlass von Antidiskriminierungsgesetzen in diesen Bereichen des Handelns von Mitgliedstaaten oder Privatpersonen geschaffen noch ein umfassendes Diskriminierungsverbot in diesen Bereichen festgelegt. Vielmehr behandelt er die Diskriminierung seitens der Organe und Einrichtungen der Union im Rahmen der Ausübung der ihr nach anderen Artikeln der Teile I und III der Verfassung zugewiesenen Zuständigkeiten und seitens der Mitgliedstaaten im Rahmen der

(1) Artikel II-80 der Verfassung.

(2) Artikel II-81 der Verfassung.

(3) Artikel II-81 der Verfassung.

Umsetzung des Unionsrechts. Mit Absatz 1 wird daher weder der Umfang der nach Artikel III-124 zugewiesenen Zuständigkeiten noch die Auslegung dieses Artikels geändert.

Absatz 2 entspricht Artikel I-4 Absatz 2 der Verfassung und findet entsprechend Anwendung.

 

Artikel 22 (1)

 

Vielfalt der Kulturen, Religionen und Sprachen

 

Die Union achtet die Vielfalt der Kulturen, Religionen und Sprachen.

 

Erläuterung

 

Dieser Artikel stützte sich auf Artikel 6 des Vertrags über die Europäische Union und auf Artikel 151 Absätze 1 und 4 EGV in Bezug auf die Kultur, der nunmehr durch Artikel III-280 Absätze 1 und 4 der Verfassung ersetzt wurde. Die Achtung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt ist nunmehr auch in Artikel I-3 Absatz 3 der Verfassung verankert. Der vorliegende Artikel lehnt sich ebenfalls an die Erklärung Nr. 11 zur Schlussakte des Vertrags von Amsterdam betreffend den Status der Kirchen und weltanschauliche Gemeinschaften an, deren Inhalt nunmehr in Artikel I-52 der Verfassung aufgenommen wurde.

 

Artikel 23 (2)

 

Gleichheit von Frauen und Männern

 

Die Gleichheit von Frauen und Männern ist in allen Bereichen, einschließlich der Beschäftigung, der Arbeit und des Arbeitsentgelts, sicherzustellen.

Der Grundsatz der Gleichheit steht der Beibehaltung oder der Einführung spezifischer Vergünstigungen für das unterrepräsentierte Geschlecht nicht entgegen.

 

Erläuterung

 

Absatz 1 dieses Artikels stützte sich auf Artikel 2 und Artikel 3 Absatz 2 EGV, die nunmehr durch die Artikel I-3 und III-116 der Verfassung ersetzt wurden und die die Union auf das Ziel der Förderung der Gleichstellung von Männern und Frauen verpflichten, sowie auf Artikel 141 Absatz 1 EGV, der nunmehr durch Artikel III-214 Absatz 1 der Verfassung ersetzt wurde. Er lehnt sich an Artikel 20 der revidierten Europäischen Sozialcharta vom 3. Mai 1996 und an Nummer 16 der Gemeinschaftscharta der Arbeitnehmerrechte an.

Er stützt sich auch auf Artikel 141 Absatz 3 EGV, der nunmehr durch Artikel III-214 Absatz 3 der Verfassung ersetzt wurde, und auf Artikel 2 Absatz 4 der Richtlinie 76/207/EWG des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen.

Absatz 2 übernimmt in einer kürzeren Formulierung Artikel III-214 Absatz 4 der Verfassung, wonach der Grundsatz der Gleichbehandlung der Beibehaltung oder der Einführung spezifischer Vergünstigungen zur Erleichterung der Berufstätigkeit des unterrepräsentierten Geschlechts oder zur Verhinderung oder zum Ausgleich von Benachteiligungen

(1) Artikel II-82 der Verfassung.

(2) Artikel II-83 der Verfassung.

in der beruflichen Laufbahn nicht entgegensteht. Nach Artikel 52 Absatz 2 (1) ändert dieser Absatz nicht Artikel III-214 Absatz 4.

 

Artikel 24 (2)

 

Rechte des Kindes

 

(1) Kinder haben Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge, die für ihr Wohlergehen notwendig sind. Sie können ihre Meinung frei äußern. Ihre Meinung wird in den Angelegenheiten, die sie betreffen, in einer ihrem Alter und ihrem Reifegrad entsprechenden Weise berücksichtigt.

(2) Bei allen Kinder betreffenden Maßnahmen öffentlicher oder privater Einrichtungen muss das Wohl des Kindes eine vorrangige Erwägung sein.

(3) Jedes Kind hat Anspruch auf regelmäßige persönliche Beziehungen und direkte Kontakte zu beiden Elternteilen, es sei denn, dies steht seinem Wohl entgegen.

 

Erläuterung

 

Dieser Artikel stützt sich auf das am 20. November 1989 unterzeichnete und von allen Mitgliedstaaten ratifizierte Übereinkommen von New York über die Rechte des Kindes, insbesondere auf die Artikel 3, 9, 12 und 13 dieses Übereinkommens.

Mit Absatz 3 wird der Umstand berücksichtigt, dass als Teil der Errichtung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts die Gesetzgebung der Union in Bereichen des Zivilrechts mit grenzüberschreitenden Bezügen - für die in Artikel III-269 der Verfassung die entsprechende Zuständigkeit vorgesehen ist - insbesondere auch das Umgangsrecht umfassen kann, mit dem sichergestellt wird, dass Kinder regelmäßige persönliche Beziehungen und direkte Kontakte zu beiden Elternteilen unterhalten können.

 

Artikel 25 (3)

 

Rechte älterer Menschen

 

Die Union anerkennt und achtet das Recht älterer Menschen auf ein würdiges und unabhängiges Leben und auf Teilnahme am sozialen und kulturellen Leben.

 

Erläuterung

 

Dieser Artikel lehnt sich an Artikel 23 der revidierten Europäischen Sozialcharta und an die Artikel 24 und 25 der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer an. Die Teilnahme am sozialen und kulturellen Leben umfasst natürlich auch die Teilnahme am politischen Leben.

(1) Artikel II-112 Absatz 2 der Verfassung.

(2) Artikel II-84 der Verfassung.

(3) Artikel II-85 der Verfassung.

 

Artikel 26 (1)

 

Integration von Menschen mit Behinderung

 

Die Union anerkennt und achtet den Anspruch von Menschen mit Behinderung auf Maßnahmen zur Gewährleistung ihrer Eigenständigkeit, ihrer sozialen und beruflichen Eingliederung und ihrer Teilnahme am Leben der Gemeinschaft.

 

Erläuterung

 

Der in diesem Artikel aufgeführte Grundsatz stützt sich auf Artikel 15 der Europäischen Sozialcharta und lehnt sich ferner an Nummer 26 der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer an.

 

TITEL IV

 

SOLIDARITÄT

 

Artikel 27 (2)

 

Recht auf Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Unternehmen

Für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer oder ihre Vertreter muss auf den geeigneten Ebenen eine rechtzeitige Unterrichtung und Anhörung in den Fällen und unter den Voraussetzungen gewährleistet sein, die nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten vorgesehen sind.

 

Erläuterung

 

Dieser Artikel ist in der revidierten Europäischen Sozialcharta (Artikel 21) und in der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer (Nummern 17 und 18) enthalten. Er gilt unter den im Unionsrecht und in den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten vorgesehenen Bedingungen. Die Bezugnahme auf die geeigneten Ebenen verweist auf die nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehenen Ebenen, was die europäische Ebene einschließen kann, wenn die Rechtsvorschriften der Union dies vorsehen. Die Union verfügt diesbezüglich über einen beachtlichen Besitzstand: Artikel III-211 und III-212 der Verfassung, die Richtlinien 2002/14/EG (allgemeiner Rahmen für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft), 98/59/EG

(Massenentlassungen), 2001/23/EG (Übergang von Unternehmen) und 94/45/EG (Europäischer Betriebsrat).

 

Artikel 28 (3)

 

Recht auf Kollektivverhandlungen und Kollektivmaßnahmen

 

Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber oder ihre jeweiligen Organisationen haben nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten das Recht, Tarifverträge auf den geeigneten Ebenen auszuhandeln und zu schließen sowie bei Interessenkonflikten kollektive Maßnahmen zur Verteidigung ihrer Interessen, einschließlich Streiks, zu ergreifen.

(1) Artikel II-86 der Verfassung.

(2) Artikel II-87 der Verfassung.

(3) Artikel II-88 der Verfassung.

 

Erläuterung

 

Dieser Artikel stützt sich auf Artikel 6 der Europäischen Sozialcharta sowie auf die Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer (Nummern 12 bis 14). Das Recht auf kollektive Maßnahmen wurde vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte als einer der Bestandteile des gewerkschaftlichen Vereinigungsrechts anerkannt, das durch Artikel 11 EMRK festgeschrieben ist. Was die geeigneten Ebenen betrifft, auf denen die Tarifverhandlungen stattfinden können, so wird auf die Erläuterung zum vorhergehenden Artikel verwiesen. Die Modalitäten und Grenzen für die Durchführung von Kollektivmaßnahmen, darunter auch Streiks, werden durch die einzelstaatlichen

Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten geregelt; dies gilt auch für die Frage, ob diese Maßnahmen in mehreren Mitgliedstaaten parallel durchgeführt werden können.

 

Artikel 29 (1)

 

Recht auf Zugang zu einem Arbeitsvermittlungsdienst

 

Jeder Mensch hat das Recht auf Zugang zu einem unentgeltlichen Arbeitsvermittlungsdienst.

 

Erläuterung

 

Dieser Artikel stützt sich auf Artikel 1 Absatz 3 der Europäischen Sozialcharta sowie auf Nummer 13 der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer.

 

Artikel 30 (2)

 

Schutz bei ungerechtfertigter Entlassung

 

Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten Anspruch auf Schutz vor ungerechtfertigter Entlassung.

 

Erläuterung

 

Dieser Artikel lehnt sich an Artikel 24 der revidierten Sozialcharta an. Siehe auch die Richtlinien 2001/23/EG über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen und 80/987/EWG über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers, geändert durch die Richtlinie 2002/74/EG.

 

Artikel 31 (3)

 

Gerechte und angemessene Arbeitsbedingungen

 

(1) Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat das Recht auf gesunde, sichere und würdige Arbeitsbedingungen.

(2) Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat das Recht auf eine Begrenzung der Höchstarbeitszeit, auf tägliche und wöchentliche Ruhezeiten sowie auf bezahlten Jahresurlaub.

(1) Artikel II-89 der Verfassung.

(2) Artikel II-90 der Verfassung.

(3) Artikel II-91 der Verfassung.

 

Erläuterung

 

1. Absatz 1 dieses Artikels stützt sich auf die Richtlinie 89/391/EWG über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz. Er lehnt sich ferner an Artikel 3 der Sozialcharta und Nummer 19 der Gemeinschaftscharta der Arbeitnehmerrechte sowie hinsichtlich des Rechts auf Würde am Arbeitsplatz an Artikel 26 der revidierten Sozialcharta an. Der Begriff „Arbeitsbedingungen“ ist im Sinne des Artikels III-213 der Verfassung zu verstehen.

2. Absatz 2 stützt sich auf die Richtlinie 93/104/EG über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung sowie auf Artikel 2 der Europäischen Sozialcharta und auf Nummer 8 der Gemeinschaftscharta der Arbeitnehmerrechte.

Artikel 32 (1)

Verbot der Kinderarbeit und Schutz der Jugendlichen am Arbeitsplatz Kinderarbeit ist verboten. Unbeschadet günstigerer Vorschriften für Jugendliche und abgesehen von begrenzten Ausnahmen darf das Mindestalter für den Eintritt in das Arbeitsleben das Alter, in dem die Schulpflicht endet, nicht unterschreiten.

Zur Arbeit zugelassene Jugendliche müssen ihrem Alter angepasste Arbeitsbedingungen erhalten und vor wirtschaftlicher Ausbeutung und vor jeder Arbeit geschützt werden, die ihre Sicherheit, ihre Gesundheit, ihre körperliche, geistige, sittliche oder soziale Entwicklung beeinträchtigen oder ihre Erziehung gefährden könnte.

 

Erläuterung

 

Dieser Artikel stützt sich auf die Richtlinie 94/33/EG über den Jugendarbeitsschutz sowie auf Artikel 7 der Europäischen Sozialcharta und auf die Nummern 20 bis 23 der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer.

 

Artikel 33 (2)

 

Familien- und Berufsleben

 

(1) Der rechtliche, wirtschaftliche und soziale Schutz der Familie wird gewährleistet.

(2) Um Familien- und Berufsleben miteinander in Einklang bringen zu können, hat jeder Mensch das Recht auf Schutz vor Entlassung aus einem mit der Mutterschaft zusammenhängenden Grund sowie den Anspruch auf einen bezahlten Mutterschaftsurlaub und auf einen Elternurlaub nach der Geburt oder Adoption eines Kindes.

 

Erläuterung

 

Artikel 33 (2) Absatz 1 stützt sich auf Artikel 16 der Europäischen Sozialcharta.

(1) Artikel II-92 der Verfassung.

(2) Artikel II-93 der Verfassung.

Absatz 2 lehnt sich an die Richtlinie 92/85/EWG über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz und an die Richtlinie 96/34/EG zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Elternurlaub an. Er stützt sich ferner auf Artikel 8 (Mutterschutz) der Europäischen Sozialcharta und lehnt sich an Artikel 27 (Recht der Arbeitnehmer mit Familienpflichten auf Chancengleichheit und Gleichbehandlung) der revidierten Sozialcharta an. Der Begriff „Mutterschaft“ deckt den Zeitraum von der Zeugung bis

zum Stillen des Kindes ab.

 

Artikel 34 (1)

 

Soziale Sicherheit und soziale Unterstützung

 

(1) Die Union anerkennt und achtet das Recht auf Zugang zu den Leistungen der sozialen Sicherheit und zu den sozialen Diensten, die in Fällen wie Mutterschaft, Krankheit, Arbeitsunfall, Pflegebedürftigkeit oder im Alter sowie bei Verlust des Arbeitsplatzes Schutz gewährleisten, nach

Maßgabe des Unionsrechts und der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten.

(2) Jeder Mensch, der in der Union seinen rechtmäßigen Wohnsitz hat und seinen Aufenthalt rechtmäßig wechselt, hat Anspruch auf die Leistungen der sozialen Sicherheit und die sozialen Vergünstigungen nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und

Gepflogenheiten.

(3) Um die soziale Ausgrenzung und die Armut zu bekämpfen, anerkennt und achtet die Union das Recht auf eine soziale Unterstützung und eine Unterstützung für die Wohnung, die allen, die nicht über ausreichende Mittel verfügen, ein menschenwürdiges Dasein sicherstellen sollen, nach Maßgabe des Unionsrechts und der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten.

 

Erläuterung

 

Der in Artikel 34 (1) Absatz 1 aufgeführte Grundsatz stützt sich auf die Artikel 137 und 140 EGV, nunmehr ersetzt durch Artikel III-210 und III-213 der Verfassung, sowie auf Artikel 12 der Europäischen Sozialcharta und auf Nummer 10 der Gemeinschaftscharta der Arbeitnehmerrechte. Er ist von der Union zu wahren, wenn sie im Rahmen ihrer Zuständigkeiten nach Artikel III-210 und III-213 der Verfassung tätig wird. Durch den Hinweis auf die sozialen Dienste sollen die Fälle erfasst werden, in denen derartige Dienste eingerichtet wurden, um bestimmte Leistungen

sicherzustellen; dies bedeutet aber keineswegs, dass solche Dienste eingerichtet werden müssen, wo sie nicht bestehen.

Der Begriff „Mutterschaft“ ist im Sinne des vorangehenden Artikels zu verstehen.

Absatz 2 stützt sich auf Artikel 12 Absatz 4 und Artikel 13 Absatz 4 der Europäischen Sozialcharta sowie auf Nummer 2 der Gemeinschafts-charta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer und spiegelt die Regeln wider, die sich aus den Verordnungen (EWG) Nr. 1408/71 und Nr. 1612/68 ergeben.

Absatz 3 lehnt sich an Artikel 13 der Europäischen Sozialcharta und die Artikel 30 und 31 der revidierten Sozialcharta sowie an Nummer 10 der Gemeinschaftscharta an. Er ist von der Union im Rahmen der Politiken zu wahren, die auf Artikel III-210 der Verfassung beruhen.

(1) Artikel II-94 der Verfassung.

 

Artikel 35 (1)

 

Gesundheitsschutz

 

Jeder Mensch hat das Recht auf Zugang zur Gesundheitsvorsorge und auf ärztliche Versorgung nach Maßgabe der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten. Bei der Festlegung und Durchführung der Politik und Maßnahmen der Union in allen Bereichen wird ein hohes Gesundheitsschutzniveau sichergestellt.

 

Erläuterung

 

Die in diesem Artikel enthaltenen Grundsätze stützen sich auf Artikel 152 EGV, der nunmehr durch Artikel III-278 der Verfassung ersetzt wurde, sowie auf die Artikel 11 und 13 der Europäischen Sozialcharta. Satz 2 entspricht Artikel III-278 Absatz 1.

 

Artikel 36 (2)

 

Zugang zu Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse

 

Die Union anerkennt und achtet den Zugang zu Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen  Interesse, wie er durch die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten im Einklang mit der Verfassung geregelt ist, um den sozialen und territorialen Zusammenhalt der Union zu fördern.

 

Erläuterung

 

Dieser Artikel steht vollauf im Einklang mit Artikel III-122 der Verfassung und begründet kein neues Recht. Er stellt lediglich den Grundsatz auf, dass die Union den Zugang zu den Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse nach den einzelstaatlichen Bestimmungen achtet, sofern diese mit dem Unionsrecht vereinbar sind.

 

Artikel 37 (3)

 

Umweltschutz

 

Ein hohes Umweltschutzniveau und die Verbesserung der Umweltqualität müssen in die Politik der Union einbezogen und nach dem Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung sichergestellt werden.

Erläuterung

Die in diesem Artikel enthaltenen Grundsätze stützten sich auf die Artikel 2, 6 und 174 EGV, die nunmehr durch Artikel I-3  Absatz 3 sowie die Artikel III-119 und III-233 der Verfassung ersetzt wurden.

Er lehnt sich auch an die Verfassungsbestimmungen einiger Mitgliedstaaten an.

(1) Artikel II-95 der Verfassung.

(2) Artikel II-96 der Verfassung.

(3) Artikel II-97 der Verfassung.

 

Artikel 38 (1)

 

Verbraucherschutz

 

Die Politik der Union stellt ein hohes Verbraucherschutzniveau sicher.

 

Erläuterung

 

Der in diesem Artikel enthaltene Grundsatz stützte sich auf Artikel 153 EGV, nunmehr ersetzt durch Artikel III-235 der Verfassung.

 

TITEL V

 

BÜRGERRECHTE

 

Artikel 39 (2)

 

Aktives und passives Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament

(1) Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger besitzen in dem Mitgliedstaat, in dem sie ihren Wohnsitz haben, das aktive und passive Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament unter denselben Bedingungen wie die Angehörigen des betreffenden Mitgliedstaats.

(2) Die Mitglieder des Europäischen Parlaments werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier und geheimer Wahl gewählt.

 

Erläuterung

 

Artikel 39 (3) findet nach Artikel 52 Absatz 2 der Charta (4) im Rahmen der in den Teilen I und III der Verfassung festgelegten Bedingungen Anwendung. Absatz 1 des Artikels 39 (3) entspricht dem Recht, das durch Artikel I-10 Absatz 2 der Verfassung garantiert ist (siehe auch die Rechtsgrundlage in Artikel III-126 für die Festlegung der Einzelheiten für die Ausübung dieses Rechts), und Absatz 2 dieses Artikels entspricht Artikel I-20 Absatz 2 der Verfassung. Artikel 39 (3) Absatz 2 gibt die Grundprinzipien für die Durchführung von Wahlen in einem demokratischen System wieder.

 

Artikel 40 (5)

 

Aktives und passives Wahlrecht bei den Kommunalwahlen

Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger besitzen in dem Mitgliedstaat, in dem sie ihren Wohnsitz haben, das aktive und passive Wahlrecht bei Kommunalwahlen unter denselben Bedingungen wie die Angehörigen des betreffenden Mitgliedstaats.

(1) Artikel II-98 der Verfassung.

(2) Artikel II-99 der Verfassung.

(3) Artikel II-99 der Verfassung.

(4) Artikel II-112 Absatz 2 der Verfassung.

(5) Artikel II-100 der Verfassung.

Erläuterung

Dieser Artikel entspricht dem Recht, das durch Artikel I-10 Absatz 2 der Verfassung garantiert ist (siehe auch die Rechtsgrundlage in Artikel III-126 für die Festlegung der Einzelheiten für die Ausübung dieses Rechts). Nach Artikel 52 Absatz 2 (1) findet er im Rahmen der in diesen Artikeln in den Teilen I und III der Verfassung festgelegten Bedingungen Anwendung.

 

Artikel 41 (2)

 

Recht auf eine gute Verwaltung

 

(1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass ihre Angelegenheiten von den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union unparteiisch, gerecht und innerhalb einer angemessenen Frist behandelt werden.

(2) Dieses Recht umfasst insbesondere

a) das Recht jeder Person, gehört zu werden, bevor ihr gegenüber eine für sie nachteilige individuelle Maßnahme getroffen wird,

b) das Recht jeder Person auf Zugang zu den sie betreffenden Akten unter Wahrung des berechtigten Interesses der Vertraulichkeit sowie des Berufs- und Geschäftsgeheimnisses,

c) die Verpflichtung der Verwaltung, ihre Entscheidungen zu begründen.

(3) Jede Person hat Anspruch darauf, dass die Union den durch ihre Organe oder Bediensteten in Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursachten Schaden nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen ersetzt, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind.

(4) Jede Person kann sich in einer der Sprachen der Verfassung an die Organe der Union wenden und muss eine Antwort in derselben Sprache erhalten.

 

Erläuterung

 

Artikel 41 (2) ist auf das Bestehen der Union als eine Rechtsgemeinschaft gestützt, deren charakteristische Merkmale sich durch die Rechtsprechung entwickelt haben, die unter anderem eine gute Verwaltung als allgemeinen Rechtsgrundsatz festgeschrieben hat (siehe u. a. das Urteil des Gerichtshofs vom 31. März 1992 (Rechtssache C-255/90 P, Burban, Slg. 1992, S. I-2253) sowie die Urteile des Gerichts erster Instanz vom 18. September 1995 (Rechtssache T-167/94, Nölle, Slg. 1995, S. II-2589) und vom 9. Juli 1999 (Rechtssache T-231/97, New Europe Consulting und andere, Slg. 1999, S. II-2403). Dieses Recht in der in den ersten beiden Absätzen dargestellten Form ergibt sich aus der Rechtsprechung (Urteile des Gerichtshofs vom 15. Oktober 1987 (Rechtssache 222/86, Heylens, Slg. 1987, S. 4097, Randnr. 15), vom 18. Oktober 1989 (Rechtssache 374/87, Orkem, Slg. 1989, S. 3283) und vom 21. November 1991 (Rechtssache C-269/90, TU München, Slg. 1991, S. I-5469) sowie die Urteile des Gerichts erster Instanz vom 6. Dezember 1994 (Rechtssache T-450/93, Lisrestal, Slg. 1994, S. II-1177) und vom 18. September 1995 (Rechtssache T-167/94, Nölle, Slg. 1995, S. II-258)) und — bezüglich der Pflicht zur Begründung — aus Artikel 253 EGV, der nunmehr durch Artikel I-38 Absatz 2 der Verfassung ersetzt wurde, siehe ferner die Rechtsgrundlage in Artikel III-398 der Verfassung für die Annahme gesetzlicher Bestimmungen im Interesse einer offenen, effizienten und unabhängigen europäischen Verwaltung.

(1) Artikel II-112 Absatz 2 der Verfassung.

(2) Artikel II-101 der Verfassung.

In Absatz 3 ist das nunmehr durch Artikel III-431 der Verfassung garantierte Recht aufgeführt. In Absatz 4 ist das nunmehr durch Artikel I-10 Absatz 2 Buchstabe d und Artikel III-129 der Verfassung garantierte Recht aufgeführt.

Nach Artikel 52 Absatz 2 (1) finden diese Rechte im Rahmen der in Teil III der Verfassung festgelegten Bedingungen und Grenzen Anwendung.

Das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf, das hierbei eine wichtige Rolle spielt, wird durch Artikel 47 der Charta (2) gewährleistet.

 

Artikel 42 (3)

 

Recht auf Zugang zu Dokumenten

 

Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat haben das Recht auf Zugang zu den Dokumenten der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, unabhängig von der Form der für diese Dokumente verwendeten Träger.

 

Erläuterung

 

Das in diesem Artikel garantierte Recht wurde aus Artikel 255 EGV, auf dessen Grundlage in der Folge die Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 angenommen wurde, übernommen. Der Europäische Konvent hat dieses Recht auf Dokumente der Organe, Einrichtungen, Ämter und Agenturen der Union im Allgemeinen ausgeweitet, ungeachtet ihrer Form (siehe Artikel I-50 Absatz 3 der Verfassung). Nach Artikel 52 Absatz 2 der Charta (4) wird das Recht auf Zugang zu Dokumenten im Rahmen der in den Artikeln I-50 Absatz 3 und Artikeln III-399 der Verfassung festgelegten Bedingungen und Grenzen ausgeübt.

 

Artikel 43 (5)

 

Der Europäische Bürgerbeauftragte

 

Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat haben das Recht, den Europäischen Bürgerbeauftragten im Falle von Missständen bei der Tätigkeit der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, mit Ausnahme des Gerichtshofs der Europäischen Union in Ausübung seiner Rechtsprechungsbefugnisse, zu befassen.

 

Erläuterung

 

Das in diesem Artikel garantierte Recht ist das Recht, das durch die Artikel I-10 und III-335 der Verfassung garantiert ist. Nach Artikel 52 Absatz 2 (1) findet es im Rahmen der in diesen beiden Artikeln festgelegten Bedingungen

Anwendung.

(1) Artikel II-112 Absatz 2 der Verfassung.

(2) Artikel II-107 der Verfassung.

(3) Artikel II-102 der Verfassung.

(4) Artikel II-112 Absatz 2 der Verfassung.

(5) Artikel II-103 der Verfassung.

 

Artikel 44 (1)

 

Petitionsrecht

 

Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat haben das Recht, eine Petition an das Europäische Parlament zu richten.

Erläuterung

Das in diesem Artikel garantierte Recht ist das Recht, das durch die Artikel I-10 und III-334 der Verfassung garantiert ist. Nach Artikel 52 Absatz 2 (2) findet es im Rahmen der in diesen beiden Artikeln festgelegten Bedingungen  Anwendung.

 

Artikel 45 (3)

 

Freizügigkeit und Aufenthaltsfreiheit

 

(1) Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger haben das Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten.

(2) Staatsangehörigen dritter Länder, die sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufhalten, kann nach Maßgabe der Verfassung Freizügigkeit und Aufenthaltsfreiheit gewährt werden.

 

Erläuterung

 

Das in Absatz 1 garantierte Recht ist das Recht, das durch Artikel I-10 Absatz 2 Buchstabe a der Verfassung garantiert ist (vgl. auch die Rechtsgrundlage in Artikel III-125 und das Urteil des Gerichtshofs vom 17. September 2002, Rechtssache C-413/99, Baumbast, Slg. 2002, S. I-7091). Nach Artikel 52 Absatz 2 (2) findet es im Rahmen der Bedingungen und Grenzen Anwendung, die in Teil III der Verfassung vorgesehen sind.

Absatz 2 erinnert an die der Union durch die Artikel III-265 bis III-267 der Verfassung erteilte Zuständigkeit. Daraus folgt, dass die Gewährung dieses Rechts von der Ausübung dieser Zuständigkeit durch die Organe abhängt.

 

Artikel 46 (4)

 

Diplomatischer und konsularischer Schutz

 

Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger genießen im Hoheitsgebiet eines Drittlands, in dem der Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen, nicht vertreten ist, den Schutz durch die diplomatischen und konsularischen Stellen eines jeden Mitgliedstaats unter denselben Bedingungen wie Staatsangehörige dieses Staates.

(1) Artikel II-104 der Verfassung.

(2) Artikel II-112 Absatz 2 der Verfassung.

(3) Artikel II-105 der Verfassung.

(4) Artikel II-106 der Verfassung.

Erläuterung

Das in diesem Artikel garantierte Recht ist das Recht, das durch Artikel I-10 der Verfassung garantiert ist (siehe auch die Rechtsgrundlage in Artikel III-127 der Verfassung). Nach Artikel 52 Absatz 2 (1) findet es im Rahmen der in diesen Artikeln festgelegten Bedingungen Anwendung.

 

TITEL VI                          

 

JUSTIZIELLE RECHTE

 

Artikel 47 (2)

 

Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht

 

Jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, hat das Recht, nach Maßgabe der in diesem Artikel vorgesehen Bedingungen bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen.

Jede Person hat ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Jede Person kann sich beraten, verteidigen und vertreten lassen.

Personen, die nicht über ausreichende Mittel verfügen, wird Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit diese Hilfe erforderlich ist, um den Zugang zu den Gerichten wirksam zu gewährleisten.

 

Erläuterung

 

Absatz 1 stützt sich auf Artikel 13 EMRK:

„Jede Person, die in ihren in dieser Konvention anerkannten Rechten oder Freiheiten verletzt worden ist, hat das Recht, bei einer innerstaatlichen Instanz eine wirksame Beschwerde zu erheben, auch wenn die Verletzung von Personen begangen worden ist, die in amtlicher Eigenschaft gehandelt haben.“

Im Unionsrecht wird jedoch ein umfassenderer Schutz gewährt, da ein Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf bei einem Gericht garantiert wird. Der Gerichtshof hat dieses Recht in seinem Urteil vom 15. Mai 1986 als allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts festgeschrieben (Rechtssache 222/84, Johnston, Slg. 1986, S. 1651); siehe auch die Urteile vom 15. Oktober 1987 (Rechtssache 222/86, Heylens, Slg. 1987, S. 4097) und vom 3. Dezember 1992 (Rechtssache C-97/91, Borelli, Slg. 1992, S. I-6313). Nach Auffassung des Gerichtshofs gilt dieser allgemeine Grundsatz des Unionsrechts auch für die Mitgliedstaaten, wenn sie das Unionsrecht anwenden. Die Übernahme dieser

Rechtsprechung des Gerichtshofs in die Charta zielte nicht darauf ab, das in den Verträgen vorgesehene Rechtsschutzsystem und insbesondere nicht die Bestimmungen über die Zulässigkeit direkter Klagen beim Gerichtshof der Europäischen Union zu ändern. Der Europäische Konvent hat sich mit dem System des gerichtlichen Rechtsschutzes der Union, einschließlich der Zulässigkeitsvorschriften, befasst und hat es mit einigen Änderungen, die in die Artikel III-353 bis III-381 der Verfassung und insbesondere in Artikel III-365 Absatz 4 eingeflossen sind, bestätigt.

Artikel 47 (2) gilt gegenüber den Organen der Union und den Mitgliedstaaten, wenn diese das Unionsrecht anwenden, und zwar für sämtliche durch das Unionsrecht garantierte Rechte.

(1) Artikel II-112 Absatz 2 der Verfassung.

(2) Artikel II-107 der Verfassung.

Absatz 2 entspricht Artikel 6 Absatz 1 EMRK, der wie folgt lautet:

„Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder — soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält — wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.“

Im Unionsrecht gilt das Recht auf ein Gerichtsverfahren nicht nur für Streitigkeiten im Zusammenhang mit zivilrechtlichen Ansprüchen und Verpflichtungen. Dies ist eine der Folgen der Tatsache, dass die Union eine Rechtsgemeinschaft ist, wie der Gerichtshof in der Rechtssache 294/83, „Les Verts“ gegen Europäisches Parlament (Urteil vom 23. April 1986, Slg. 1986, S. 1339) festgestellt hat. Mit Ausnahme ihres Anwendungsbereichs gelten die Garantien der EMRK jedoch in der Union entsprechend.

In Bezug auf Absatz 3 sei darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte eine Prozesskostenhilfe zu gewähren ist, wenn mangels einer solchen Hilfe die Einlegung eines wirksamen Rechtsbehelfs nicht gewährleistet wäre (EGMR, Urteil vom 9.10.1979, Airey, Serie A, Band 32, S. 11). Es gibt auch ein Prozesskostenhilfesystem für die beim Gerichtshof der Europäischen Union anhängigen Rechtssachen.

 

Artikel 48 (1)

 

Unschuldsvermutung und Verteidigungsrechte

 

(1) Jeder Angeklagte gilt bis zum rechtsförmlich erbrachten Beweis seiner Schuld als unschuldig.

(2) Jedem Angeklagten wird die Achtung der Verteidigungsrechte gewährleistet.

Erläuterung

Artikel 48 entspricht Artikel 6 Absätze 2 und 3 EMRK, der wie folgt lautet:

„(2) Jede Person, die einer Straftat angeklagt ist, gilt bis zum gesetzlichen Beweis ihrer Schuld als unschuldig.

(3) Jede angeklagte Person hat mindestens folgende Rechte:

a) innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;

b) ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;

(1) Artikel II-108 der Verfassung.

c) sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;

d) Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;

e) unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.“

Nach Artikel 52 Absatz 3 (1) hat dieses Recht dieselbe Bedeutung und dieselbe Tragweite wie das durch die EMRK garantierte Recht.

 

Artikel 49 (2)

 

 

Grundsätze der Gesetzmäßigkeit und der Verhältnismäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen

(1) Niemand darf wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt werden, die zur Zeit ihrer Begehung nach innerstaatlichem oder internationalem Recht nicht strafbar war. Es darf auch keine schwerere Strafe als die zur Zeit der Begehung angedrohte Strafe verhängt werden. Wird nach Begehung einer Straftat durch Gesetz eine mildere Strafe eingeführt, so ist diese zu verhängen.

(2) Dieser Artikel schließt nicht aus, dass eine Person wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt oder bestraft wird, die zur Zeit ihrer Begehung nach den allgemeinen, von der Gesamtheit der Nationen anerkannten Grundsätzen strafbar war.

(3) Das Strafmaß darf zur Straftat nicht unverhältnismäßig sein.

Erläuterung

In diesen Artikel ist die klassische Regel des Verbots der Rückwirkung von Gesetzen und Strafen in Strafsachen aufgenommen worden. Hinzugefügt wurde die in zahlreichen Mitgliedstaaten geltende und in Artikel 15 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte enthaltene Regel der Rückwirkung von milderen Strafrechtsvorschriften.

Artikel 7 EMRK lautet wie folgt:

„(1) Niemand darf wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt werden, die zur Zeit ihrer Begehung nach innerstaatlichem oder internationalem Recht nicht strafbar war. Es darf auch keine schwerere als die zur Zeit der Begehung angedrohte Strafe verhängt werden.

(2) Dieser Artikel schließt nicht aus, dass jemand wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt oder bestraft wird, die zur Zeit ihrer Begehung nach den von den zivilisierten Völkern anerkannten allgemeinen Rechtsgrundsätzen strafbar war.“

(1) Artikel II-112 Absatz 3 der Verfassung.

(2) Artikel II-109 der Verfassung.

Es wurde lediglich in Absatz 2 das Wort „zivilisierten“ gestrichen; der Sinn dieses Absatzes, der insbesondere auf die Verbrechen gegen die Menschlichkeit zielt, wird dadurch in keiner Weise verändert. Entsprechend Artikel 52 Absatz 3 (1) hat daher das garantierte Recht dieselbe Bedeutung und dieselbe Tragweite wie das von der EMRK garantierte Recht.

In Absatz 3 wurde der allgemeine Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von Straftat und Strafmaß aufgenommen, der durch die gemeinsamen verfassungsrechtlichen Traditionen der Mitgliedstaaten und die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Gemeinschaften festgeschrieben worden ist.

 

Artikel 50 (2)

 

Recht, wegen derselben Straftat nicht zweimal strafrechtlich verfolgt oder bestraft zu werden

 

Niemand darf wegen einer Straftat, derentwegen er bereits in der Union nach dem Gesetz rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, in einem Strafverfahren erneut verfolgt oder bestraft werden.

 

Erläuterung

 

Artikel 4 des Protokolls Nr. 7 zur EMRK lautet wie folgt:

„(1) Niemand darf wegen einer Straftat, wegen der er bereits nach dem Gesetz und dem Strafverfahrensrecht eines

Staates rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, in einem Strafverfahren desselben Staates erneut

verfolgt oder bestraft werden.

(2) Absatz 1 schließt die Wiederaufnahme des Verfahrens nach dem Gesetz und dem Strafverfahrensrecht des

betreffenden Staates nicht aus, falls neue oder neu bekannt gewordene Tatsachen vorliegen oder das

vorausgegangene Verfahren schwere, den Ausgang des Verfahrens berührende Mängel aufweist.

(3) Von diesem Artikel darf nicht nach Artikel 15 der Konvention abgewichen werden.“

Die Regel „ne bis in idem“ wird im Unionsrecht angewandt (siehe in der umfangreichen Rechtsprechung Urteil vom 5. Mai 1966, Rechtssachen 18/65 und 35/65, Gutmann gegen Kommission, Slg. 1966, S. 150, und in jüngerer Zeit Urteil des Gerichts erster Instanz vom 20. April 1999, verbundene Rechtssachen T-305/94 und andere, Limburgse Vinyl Maatschappij NV gegen Kommission, Slg. 1999, S. II-931). Es ist darauf hinzuweisen, dass die Regel des Verbots der Doppelbestrafung sich auf gleichartige Sanktionen, in diesem Fall durch ein Strafgericht verhängte Strafen, bezieht.

Nach Artikel 50 (2) findet die Regel „ne bis in idem“ nicht nur innerhalb der Gerichtsbarkeit eines Staates, sondern auch zwischen den Gerichtsbarkeiten mehrerer Mitgliedstaaten Anwendung. Dies entspricht dem Rechtsbesitzstand der Union; siehe die Artikel 54 bis 58 des Schengener Durchführungsübereinkommens und dem Urteil des Gerichtshofes vom 11. Februar 2003, Rechtssache C-187/01 Gözütok (noch nicht veröffentlicht), Artikel 7 des Übereinkommens über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften sowie Artikel 10 des Übereinkommens über die Bekämpfung der Bestechung. Die klar eingegrenzten Ausnahmen, in denen die Mitgliedstaaten nach diesen

Übereinkommen von der Regel „ne bis in idem“ abweichen können, sind von der horizontalen Klausel des Artikels 52 Absatz 1 (3) über die Einschränkungen abgedeckt. Was die in Artikel 4 des Protokolls Nr. 7 bezeichneten Fälle betrifft, nämlich die Anwendung des Grundsatzes in ein und demselben Mitgliedstaat, so hat das garantierte Recht dieselbe Bedeutung und dieselbe Tragweite wie das entsprechende Recht der EMRK.

(1) Artikel II-112 Absatz 3 der Verfassung.

(2) Artikel II-110 der Verfassung.

(3) Artikel II-112 Absatz 1 der Verfassung.

 

TITEL VII

 

 

ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN ÜBER DIE AUSLEGUNG UND ANWENDUNG DER CHARTA

 

Artikel 51 (1)

 

Anwendungsbereich

 

(1) Diese Charta gilt für die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips und für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union. Dementsprechend achten sie die Rechte, halten sie sich an die Grundsätze und fördern sie deren Anwendung entsprechend ihren jeweiligen Zuständigkeiten und unter Achtung der Grenzen der Zuständigkeiten, die der Union in anderen Teilen der Verfassung übertragen werden.

(2) Diese Charta dehnt den Geltungsbereich des Unionsrechts nicht über die Zuständigkeiten der Union hinaus aus und begründet weder neue Zuständigkeiten noch neue Aufgaben für die Union, noch ändert sie die in den anderen Teilen der Verfassung festgelegten Zuständigkeiten und Aufgaben.

 

Erläuterung

 

Mit Artikel 51 (1) soll der Anwendungsbereich der Charta festgelegt werden. Es soll klar zum Ausdruck gebracht werden, dass die Charta zuerst auf die Organe und Einrichtungen der Union Anwendung findet, und zwar unter Beachtung des Grundsatzes der Subsidiarität. Bei dieser Bestimmung hielt man sich an Artikel 6 Absatz 2 des Vertrags über die Europäische Union, wonach die Union die Grundrechte zu achten hat, wie auch an das Mandat des Europäischen Rates (Köln). Der Begriff „Organe“ ist in Teil I der Verfassung festgelegt. Der Ausdruck „Einrichtungen und sonstigen Stellen“ wird in der Verfassung üblicherweise als Bezeichnung für alle durch die Verfassung oder durch

sekundäre Rechtsakte geschaffenen Einrichtungen verwendet (siehe beispielsweise Artikel I-50 oder I-51 der Verfassung).

Was die Mitgliedstaaten betrifft, so ist der Rechtsprechung des Gerichtshofs eindeutig zu entnehmen, dass die Verpflichtung zur Einhaltung der im Rahmen der Union definierten Grundrechte für die Mitgliedstaaten nur dann gilt, wenn sie im Anwendungsbereich des Unionsrechts handeln (Urteil vom 13. Juli 1989, Rechtssache 5/88, Wachauf, Slg. 1989, S. 2609, Urteil vom 18. Juni 1991, Rechtssache -260/89, ERT, Slg. 1991, S. I-2925, Urteil vom 18. Dezember 1997, Rechtssache C-309/96, Annibaldi, Slg. 1997, S. I-7493). Der Gerichtshof hat diese Rechtsprechung kürzlich wie folgt bestätigt: „Die Mitgliedstaaten müssen bei der Durchführung der gemeinschaftsrechtlichen Regelungen aber auch die Erfordernisse des Grundrechtschutzes in der Gemeinschaftsrechtsordnung beachten.“ (Urteil vom 13. April 2000, Rechtssache C-292/97, Karlsson, Slg. 2000, S. I-2737, Randnr. 37). Diese in der Charta verankerte Regel gilt natürlich sowohl für die zentralen Behörden als auch für die regionalen oder lokalen Stellen sowie für die öffentlichen Einrichtungen, wenn sie das Unionsrecht anwenden.

Absatz 2, zusammen mit Absatz 1 Satz 2, bestätigen, dass die Charta nicht eine Erweiterung der Zuständigkeiten und Aufgaben bewirken darf, die der Union durch die anderen Teile der Verfassung zugewiesen sind. Es geht darum, explizit darzulegen, was sich logischerweise aus dem Subsidiaritätsprinzip und dem Umstand ergibt, dass die Union nur über die ihr eigens zugewiesenen Befugnisse verfügt. Die Grundrechte, wie sie in der Union garantiert werden, werden nur im Organe der Union nur nach Maßgabe dieser Befugnisse eine Verpflichtung nach Absatz 1 Satz 2 zur Förderung der in der Charta festgelegten Grundsätze ergeben.

(1) Artikel II-111 der Verfassung.

Absatz 2 bestätigt auch, dass die Charta sich nicht dahin gehend auswirken darf, dass der Geltungsbereich des Unionsrechts über die in den anderen Teilen der Verfassung festgelegten Zuständigkeiten der Union hinaus ausgedehnt wird. Der Gerichtshof hat diese Regel bereits in Bezug auf die als Teil des Unionsrechts anerkannten Grundrechte aufgestellt (Urteil vom 17. Februar 1998, Rechtssache C-249/96, Grant, Slg. 1998, S. I-621, Randnr. 45). Im Einklang mit dieser Regel versteht es sich von selbst, dass die Einbeziehung der Charta in die Verfassung nicht dahin gehend verstanden werden kann, dass sie für sich genommen den als „Durchführung des Rechts der Union“ betrachteten Aktionsrahmen der Mitgliedstaaten (im Sinne von Absatz 1 und der vorstehend genannten Rechtsprechung) ausdehnt.

 

Artikel 52 (1) Tragweite und Auslegung der Rechte und Grundsätze

 

(1) Jede Einschränkung der Ausübung der in dieser Charta anerkannten Rechte und Freiheiten muss gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dürfen Einschränkungen nur vorgenommen werden, wenn sie erforderlich sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen.

(2) Die Ausübung der durch diese Charta anerkannten Rechte, die in anderen Teilen der Verfassung geregelt sind, erfolgt im Rahmen der dort festgelegten Bedingungen und Grenzen.

(3) Soweit diese Charta Rechte enthält, die den durch die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten garantierten Rechten entsprechen, haben sie die gleiche Bedeutung und Tragweite, wie sie ihnen in der genannten Konvention verliehen wird. Diese Bestimmung steht dem nicht entgegen, dass das Recht der Union einen weiter gehenden Schutz gewährt.

(4) Soweit in dieser Charta Grundrechte anerkannt werden, wie sie sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergeben, werden sie im Einklang mit diesen Überlieferungen ausgelegt.

(5) Die Bestimmungen dieser Charta, in denen Grundsätze festgelegt sind, können durch Akte der Gesetzgebung und der Ausführung der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union sowie durch Akte der Mitgliedstaaten zur Durchführung des Rechts der Union in Ausübung ihrer jeweiligen Zuständigkeiten umgesetzt werden. Sie können vor Gericht nur bei der Auslegung dieser Akte und bei Entscheidungen über deren Rechtmäßigkeit herangezogen werden.

(6) Den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten ist, wie es in dieser Charta bestimmt ist, in vollem Umfang Rechnung zu tragen.

(7) Die Erläuterungen, die als Anleitung für die Auslegung der Charta der Grundrechte verfasst wurden, sind von den Gerichten der Union und der Mitgliedstaaten gebührend zu berücksichtigen.

 

(1) Artikel II-112 der Verfassung.

 

Erläuterung

Mit Artikel 52 (1) sollen die Tragweite der Rechte und Grundsätze der Charta und Regeln für ihre Auslegung festgelegt werden. Absatz 1 enthält die allgemeine Einschränkungsregelung. Die verwendete Formulierung lehnt sich an die Rechtsprechung des Gerichtshofes an, die wie folgt lautet: „Nach gefestigter Rechtsprechung kann jedoch die Ausübung dieser Rechte, insbesondere im Rahmen einer gemeinsamen Marktorganisation, Beschränkungen unterworfen werden, sofern diese tatsächlich dem Gemeinwohl dienenden Zielen der Gemeinschaft entsprechen und nicht einen im Hinblick auf den verfolgten Zweck unverhältnismäßigen, nicht tragbaren Eingriff darstellen, der diese Rechte in ihrem Wesensgehalt antastet“ (Urteil vom 13. April 2000, Rechtssache C-292/97, Randnr. 45). Die Bezugnahme auf das von der Union anerkannte Gemeinwohl erstreckt sich nicht nur auf die in Artikel I-2 der Verfassung aufgeführten Ziele, sondern auch auf andere Interessen, die durch besondere Bestimmungen der Verfassung wie Artikel I-5 Absatz 1, Artikel III-133 Absatz 3 und die Artikel III-154, III-436 geschützt werden.

Absatz 2 bezieht sich auf Rechte, die bereits ausdrücklich im Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft garantiert waren und in der Charta anerkannt wurden und die nun in anderen Teilen der Verfassung zu finden sind (insbesondere die Rechte aus der Unionsbürgerschaft). Er verdeutlicht, dass diese Rechte weiterhin den Bedingungen und Grenzen unterliegen, die für das Unionsrecht, auf dem sie beruhen, gelten und die nunmehr in den Teilen I und III der Verfassung festgelegt sind. Mit der Charta wird die Regelung hinsichtlich der durch den EG-Vertrag gewährten und nunmehr in den Teilen I und III der Verfassung übernommenen Rechte nicht geändert.

Mit Absatz 3 soll die notwendige Kohärenz zwischen der Charta und der EMRK geschaffen werden, indem die Regel aufgestellt wird, dass in dieser Charta enthaltene Rechte, die den durch die EMRK garantierten Rechten entsprechen, die gleiche Bedeutung und Tragweite, einschließlich der zugelassenen Einschränkungen, besitzen, wie sie ihnen in der EMRK verliehen werden. Daraus ergibt sich insbesondere, dass der Gesetzgeber bei der Festlegung von Einschränkungen dieser Rechte die gleichen Normen einhalten muss, die in der ausführlichen Regelung der Einschränkungen in der EMRK vorgesehen sind, die damit auch für die von diesem Absatz erfassten Rechte gelten, ohne dass dadurch die Eigenständigkeit des Unionsrechts und des Gerichtshofs der Europäischen Union berührt wird.

Die Bezugnahme auf die EMRK erstreckt sich sowohl auf die Konvention als auch auf ihre Protokolle. Die Bedeutung und Tragweite der garantierten Rechte werden nicht nur durch den Wortlaut dieser Vertragswerke, sondern auch durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und durch den Gerichtshof der Europäischen Union bestimmt. Mit dem letzten Satz des Absatzes soll der Union die Möglichkeit gegeben werden, für einen weiter gehenden Schutz zu sorgen. Auf jeden Fall darf der durch die Charta gewährleistete Schutz niemals geringer als der durch die EMRK gewährte Schutz sein.

Die Charta berührt nicht die den Mitgliedstaaten offen stehende Möglichkeit, von Artikel 15 EMRK Gebrauch zu machen, der im Falle eines Krieges oder eines anderen öffentlichen Notstands, der das Leben der Nation bedroht, eine Abweichung von den in der EMRK vorgesehenen Rechten erlaubt, wenn sie nach ihren in Artikel I-5 Absatz 1, und in den Artikeln III-131, III-262 der Verfassung anerkannten Verantwortlichkeiten Maßnahmen im Bereich der nationalen Verteidigung im Kriegsfalle oder im Bereich der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung treffen.

Die Rechte, bei denen derzeit—ohne die Weiterentwicklung des Rechts, der Gesetzgebung und der Verträge auszuschließen—davon ausgegangen werden kann, dass sie Rechten aus der EMRK im Sinne dieses Absatzes entsprechen, sind nachstehend aufgeführt. Nicht aufgeführt sind die Rechte, die zu den Rechten aus der EMRK hinzukommen.

1. Artikel der Charta, die dieselbe Bedeutung und Tragweite wie die entsprechenden Artikel der Europäischen

Menschenrechtskonvention haben:

    Artikel 2 (2) entspricht Artikel 2 EMRK;

     (1) Artikel II-112 der Verfassung.

 

(2) Artikel II-62 der Verfassung.

 

— Artikel 4 (1) entspricht Artikel 3 EMRK;

— Artikel 5 (2) Absätze 1 und 2 entsprechen Artikel 4 EMRK;

— Artikel 6 (3) entspricht Artikel 5 EMRK;

— Artikel 7 (4) entspricht Artikel 8 EMRK;

— Artikel 10 (5) Absatz 1 entspricht Artikel 9 EMRK;

— Artikel 11 (6) entspricht Artikel 10 EMRK unbeschadet der Einschränkungen, mit denen das Unionsrecht das Recht der Mitgliedstaaten auf Einführung der in Artikel 10 Absatz 1 dritter Satz EMRK genannten Genehmigungsverfahren eingrenzen kann;

— Artikel 17 (7) entspricht Artikel 1 des Zusatzprotokolls zur EMRK;

— Artikel 19 (8) Absatz 1 entspricht Artikel 4 des Protokolls Nr. 4 zur EMRK;

— Artikel 19 (8) Absatz 2 entspricht Artikel 3 EMRK in der Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof für

Menschenrechte;

— Artikel 48 (9) entspricht Artikel 6 Absätze 2 und 3 EMRK;

— Artikel 49 (10) Absatz 1 (mit Ausnahme des letzten Satzes) und Absatz 2 entsprechen Artikel 7 EMRK.

2. Artikel, die dieselbe Bedeutung haben wie die entsprechenden Artikel der EMRK, deren Tragweite aber umfassender ist:

— Artikel 9 (11) deckt Artikel 12 EMRK ab, aber sein Anwendungsbereich kann auf andere Formen der Eheschließung ausgedehnt werden, wenn die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften diese vorsehen;

(1) Artikel II-64 der Verfassung.

(2) Artikel II-65 der Verfassung.

(3) Artikel II-66 der Verfassung.

(4) Artikel II-67 der Verfassung.

(5) Artikel II-70 der Verfassung.

(6) Artikel II-71 der Verfassung.

(7) Artikel II-77 der Verfassung.

(8) Artikel II-79 der Verfassung.

(9) Artikel II-108 der Verfassung.

(10) Artikel II-109 der Verfassung.

(11) Artikel II-69 der Verfassung.

— Artikel 12 (1) Absatz 1 entspricht Artikel 11 EMRK, aber sein Anwendungsbereich ist auf die Ebene der Union ausgedehnt worden;

— Artikel 14 (2) Absatz 1 entspricht Artikel 2 des Zusatzprotokolls zur EMRK, aber sein Anwendungsbereich ist auf den Zugang zur beruflichen Ausbildung und Weiterbildung ausgedehnt worden;

— Artikel 14 (2) Absatz 3 entspricht Artikel 2 des Zusatzprotokolls zur EMRK, was die Rechte der Eltern betrifft;

— Artikel 47 (3) Absätze 2 und 3 entsprechen Artikel 6 Absatz 1 EMRK, aber die Beschränkung auf Streitigkeiten in Bezug auf zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen oder strafrechtliche Anklagen kommt nicht zum Tragen, wenn es um das Recht der Union und dessen Anwendung geht;

— Artikel 50 (4) entspricht Artikel 4 des Protokolls Nr. 7 zur EMRK, aber seine Tragweite ist auf die Ebene der

Europäischen Union ausgedehnt worden und er gilt zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten;

— schließlich können die Unionsbürgerinnen und -bürger im Anwendungsbereich des Unionsrechts wegen des Verbots jeglicher Diskriminierung aufgrund der Nationalität nicht als Ausländer angesehen werden. Die in Artikel 16 EMRK vorgesehenen Beschränkungen der Rechte ausländischer Personen finden daher in diesem Rahmen auf die Unionsbürgerinnen und -bürger keine Anwendung.

Die Auslegungsregel in Absatz 4 beruht auf dem Wortlaut des Artikels 6 Absatz 2 des Vertrags über die Europäische Union (siehe nunmehr den Wortlaut von Artikel I-9 Absatz 3 der Verfassung) und trägt dem Ansatz des Gerichtshofs hinsichtlich der gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen gebührend Rechnung (z. B. Urteil vom 13. Dezember 1979, Rechtssache 44/79, Hauer, Slg. 1979, S. 3727; Urteil vom 18. Mai 1982, Rechtssache 155/79, AM & S, Slg. 1982, S. 1575). Anstatt einem restriktiven Ansatz eines „kleinsten gemeinsamen Nenners“ zu folgen, sind die Charta-Rechte dieser Regel zufolge so auszulegen, dass sie ein hohes Schutzniveau bieten, das dem

Unionsrecht angemessen ist und mit den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen im Einklang steht. In Absatz 5 wird die Unterscheidung zwischen „Rechten und Grundsätzen“ in der Charta näher bestimmt. Dieser Unterscheidung zufolge sind subjektive Rechte zu beachten, während Grundsätze einzuhalten sind (Artikel 51 Absatz 1 (5)). Grundsätze können durch Rechtsakte oder Durchführungsvorschriften (die von der Union im Einklang mit ihren Zuständigen erlassen werden, von den Mitgliedstaaten aber nur dann, wenn sie Unionsrecht

umsetzen) umgesetzt werden; sie erhalten demzufolge nur dann Bedeutung für die Gerichte, wenn solche Rechtsakte ausgelegt oder überprüft werden. Sie begründen jedoch keine direkten Ansprüche auf den Erlass positiver Maßnahmen durch die Organe der Union oder die Behörden den Mitgliedstaaten; dies steht sowohl mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs (vgl. insbesondere die Rechtsprechung über das „Vorsorgeprinzip“ in Artikel 174 Absatz 2 EGV, ersetzt durch Artikel III-233 der Verfassung: Urteil des Gerichts erster Instanz vom

11. September 2002, Rechtssache T-13/99 Pfizer gegen Rat, mit zahlreichen Nachweisen aus der älteren Rechtsprechung, sowie eine Reihe von Urteilen zu Artikel 33 (ex-39) über die Grundsätze des Agrarrechts, z. B.

Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C-265/85, Van den Bergh, Slg. 1987, S. 1155, Prüfung des Grundsatzes der Marktstabilisierung und des Vertrauensschutzes) als auch mit dem Ansatz der Verfassungsordnungen der

(1) Artikel II-72 der Verfassung.

(2) Artikel II-74 der Verfassung.

(3) Artikel II-107 der Verfassung.

(4) Artikel II-110 der Verfassung.

(5) Artikel II-111 der Verfassung.

Mitgliedstaaten zu „Grundsätzen“, insbesondere im Bereich des Sozialrechts, in Einklang. Zu den in der Charta anerkannten Grundsätzen gehören beispielsweise die Artikel 25, 26 und 37 (1). In einigen Fällen kann ein Charta- Artikel sowohl Elemente eines Rechts als auch eines Grundsatzes enthalten, beispielsweise Artikel 23, 33 und 34 (2).

Absatz 6 bezieht sich auf die verschiedenen Artikel in der Charta, in denen im Sinne der Subsidiarität auf die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten verwiesen wird.

 

Artikel 53 (3)

 

Schutzniveau

 

Keine Bestimmung dieser Charta ist als eine Einschränkung oder Verletzung der Menschenrechte und Grundfreiheiten auszulegen, die in dem jeweiligen Anwendungsbereich durch das Recht der Union und das Völkerrecht sowie durch die internationalen Übereinkünfte, bei denen die Union oder alle Mitgliedstaaten Vertragsparteien sind, darunter insbesondere die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, sowie durch die Verfassungen der Mitgliedstaaten anerkannt werden.

 

Erläuterung

 

Der Zweck dieser Bestimmung ist die Aufrechterhaltung des durch das Recht der Union, das Recht der Mitgliedstaaten und das Völkerrecht in seinem jeweiligen Anwendungsbereich gegenwärtig gewährleisteten Schutzniveaus. Aufgrund ihrer Bedeutung findet die EMRK Erwähnung.

 

Artikel 54 (4)

 

Verbot des Missbrauchs der Rechte

 

Keine Bestimmung dieser Charta ist so auszulegen, als begründe sie das Recht, eine Tätigkeit auszuüben oder eine Handlung vorzunehmen, die darauf abzielt, die in der Charta anerkannten Rechte und Freiheiten abzuschaffen oder sie stärker einzuschränken, als dies in der Charta vorgesehen ist.

 

Erläuterung

 

Dieser Artikel entspricht Artikel 17 EMRK:

„Diese Konvention ist nicht so auszulegen, als begründe sie für einen Staat, eine Gruppe oder eine Person das Recht, eine Tätigkeit auszuüben oder eine Handlung vorzunehmen, die darauf abzielt, die in der Konvention festgelegten Rechte und Freiheiten abzuschaffen oder sie stärker einzuschränken, als es in der Konvention vorgesehen ist.“

(1) Artikel II-85, II-86 und II-97 der Verfassung.

(2) Artikel II-83, II-93 und II-94 der Verfassung.

(3) Artikel II-113 der Verfassung.

(4) Artikel II-114 der Verfassung.

 

13. Erklärung zu Artikel III-116

 

Die Konferenz ist sich darüber einig, dass die Union bei ihren allgemeinen Bemüh Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern zu beseitigen, in den verschiedenen Politikbereichen darauf hinwirken wird, jede Art der häuslichen Gewalt zu bekämpfen. Die Mitgliedstaaten sollten alle

erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um solche strafbare Handlungen zu verhindern und zu ahnden sowie die Opfer zu unterstützen und zu schützen.

 

14. Erklärung zu den Artikeln III-136 und III-267

Die Konferenz geht davon aus, dass den Interessen des betroffenen Mitgliedstaats gebührend Rechnung getragen wird, wenn ein Entwurf eines Europäischen Gesetzes oder Rahmengesetzes nach Artikel III-267 Absatz 2 — wie in Artikel III-136 Absatz 2 dargelegt — wesentliche Aspekte, wie den Geltungsbereich, die Kosten oder die Finanzstruktur des Systems der sozialen Sicherheit eines Mitgliedstaats verletzen oder das finanzielle Gleichgewicht dieses Systems beeinträchtigen würde.

 

15. Erklärung zu den Artikeln III-160 und III-322

 

Die Konferenz weist darauf hin, dass die Achtung der Grundrechte und -freiheiten es insbesondere erforderlich macht, dass der Rechtsschutz der betreffenden Einzelpersonen oder Einheiten gebührend berücksichtigt wird. Zu diesem Zweck und zur Gewährleistung einer gründlichen gerichtlichen Prüfung von Europäischen Beschlüssen, durch die Einzelpersonen oder Einheiten restriktiven Maßnahmen unterworfen werden, müssen diese Beschlüsse auf klaren und eindeutigen Kriterien beruhen. Diese Kriterien müssen auf die Besonderheiten der jeweiligen restriktiven Maßnahme zugeschnitten sein.

16. Erklärung zu Artikel III-167 Absatz 2 Buchstabe c

 

Die Konferenz stellt fest, dass Artikel III-167 Absatz 2 Buchstabe c im Einklang mit der geltenden Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften und des Gerichts erster Instanz zur Anwendbarkeit dieser Bestimmungen auf die Beihilfen für bestimmte, durch die frühere Teilung Deutschlands beeinträchtigte Gebiete der Bundesrepublik Deutschland auszulegen ist.

 

17. Erklärung zu Artikel III-184

 

In Bezug auf Artikel III-184 bekräftigt die Konferenz, dass die Wirtschafts- und Haushaltspolitik der Union und der Mitgliedstaaten auf die beiden fundamentalen Ziele ausgerichtet ist, das Wachstumspotenzial zu steigern und eine solide Haushaltslage zu gewährleisten. Der Stabilitäts- und

Wachstumspakt ist ein wichtiges Instrument für die Verwirklichung dieser Ziele.

Die Konferenz bekennt sich erneut zu den Bestimmungen über den Stabilitäts- und Wachstumspakt als Rahmen für die Koordinierung der Haushaltspolitik in den Mitgliedstaaten.

Die Konferenz bekräftigt, dass sich mit einem auf Regeln beruhenden System am besten gewährleisten lässt, dass die Verpflichtungen tatsächlich eingehalten und alle Mitgliedstaaten gleich behandelt werden.

In diesem Zusammenhang erneuert die Konferenz ferner ihr Bekenntnis zu den Zielen der Lissabonner Strategie: Schaffung von Arbeitsplätzen, Strukturreformen und sozialer Zusammenhalt. Die Union strebt ein ausgewogenes Wirtschaftswachstum und Preisstabilität an. Deshalb muss die Wirtschafts- und Haushaltspolitik in Zeiten schwachen Wirtschaftswachstums die entsprechenden Prioritäten in Bezug auf Wirtschaftsreformen, Innovation, Wettbewerbsfähigkeit und Steigerung der privaten Investitionen und des privaten Verbrauchs setzen. Dies sollte in der Ausrichtung der Haushaltsbeschlüsse auf Ebene der Mitgliedstaaten und der Union zum Ausdruck kommen, insbesondere dadurch, dass die öffentlichen Einnahmen und Ausgaben umgeschichtet werden, wobei die Haushaltsdisziplin nach der Verfassung und dem Stabilitäts- und Wachstumspakt zu wahren ist. Die haushalts- und wirtschaftspolitischen Herausforderungen, vor denen die Mitgliedstaaten stehen, unterstreichen die Bedeutung einer soliden Haushaltspolitik während des gesamten Konjunkturzyklus. Die Konferenz kommt überein, dass die Mitgliedstaaten Phasen der wirtschaftlichen Erholung aktiv nutzen sollten, um die öffentlichen Finanzen zu konsolidieren und ihre Haushaltslage zu verbessern. Das Ziel ist dabei, in Zeiten günstiger Konjunktur schrittweise einen Haushaltsüberschuss zu erreichen, um in Zeiten der konjunkturellen Abschwächung über den nötigen Spielraum zu verfügen und so zur langfristigen Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen beizutragen.

Die Mitgliedstaaten sehen etwaigen Vorschlägen der Kommission und weiteren Beiträgen der Mitgliedstaaten zu der Frage, wie die Umsetzung des Stabilitäts- und Wachstumspakts verstärkt und klarer gestaltet werden kann, mit Interesse entgegen. Die Mitgliedstaaten werden die notwendigen Maßnahmen zur Steigerung des Wachstumspotenzials ihrer Wirtschaft treffen. Hierzu könnte auch eine bessere Abstimmung der Wirtschaftspolitik beitragen. Diese Erklärung greift künftigen Beratungen über den Stabilitäts- und Wachstumspakt nicht vor.

 

18. Erklärung zu Artikel III-213

 

Die Konferenz bestätigt, dass die in Artikel III-213 aufgeführten Politikbereiche im Wesentlichen in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen. Die auf Unionsebene nach diesem Artikel zu ergreifenden Förder- und Koordinierungsmaßnahmen haben ergänzenden Charakter. Sie dienen der Stärkung der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und nicht der Harmonisierung einzelstaatlicher Systeme. Die in den einzelnen Mitgliedstaaten bestehenden Garantien und Gepflogenheiten hinsichtlich der Verantwortung der Sozialpartner bleiben unberührt. Diese Erklärung berührt nicht die Bestimmungen der Verfassung, einschließlich im Sozialbereich, mit denen der Union Zuständigkeiten übertragen werden.

 

19. Erklärung zu Artikel III-220

 

Die Konferenz vertritt die Auffassung, dass die Bezugnahme auf Inselregionen in Artikel III-220 auch für Inselstaaten insgesamt gelten kann, sofern die notwendigen Kriterien erfüllt sind.

 

20. Erklärung zu Artikel III-243

 

Die Konferenz stellt fest, dass Artikel III-243 nach der gegenwärtigen Praxis anzuwenden ist. Die Formulierung „Maßnahmen …, soweit sie erforderlich sind, um die wirtschaftlichen Nachteile auszugleichen, die der Wirtschaft bestimmter, von der Teilung Deutschlands betroffener Gebiete der Bundesrepublik aus dieser Teilung entstehen“ wird im Einklang mit der geltenden Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften und des Gerichts erster Instanz ausgelegt.

 

21. Erklärung zu Artikel III-248

 

Die Konferenz ist sich darüber einig, dass die Tätigkeit der Union auf dem Gebiet der Forschung und technologischen Entwicklung den grundsätzlichen Ausrichtungen und Entscheidungen in der Forschungspolitik der Mitgliedstaaten angemessen Rechnung tragen wird.

 

22. Erklärung zu Artikel III-256

 

Die Konferenz ist der Auffassung, dass Artikel III-256 das Recht der Mitgliedstaaten unberührt lässt, Bestimmungen zu erlassen, die für die Gewährleistung ihrer Energieversorgung unter den Bedingungen des Artikels III-131 erforderlich sind.

 

23. Erklärung zu Artikel III-273 Absatz 1 Unterabsatz 2

 

Nach Auffassung der Konferenz sollte das Europäische Gesetz nach Artikel III-273 Absatz 1 Unterabsatz 2 den nationalen Vorschriften und Verfahrensweisen im Zusammenhang mit der Einleitung strafrechtlicher Ermittlungsmaßnahmen Rechnung tragen.

 

24. Erklärung zu Artikel III-296

 

Die Konferenz erklärt, dass der Generalsekretär des Rates, der Hohe Vertreter für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, die Kommission und die Mitgliedstaaten die Vorarbeiten zur Errichtung des Europäischen Auswärtigen Dienstes einleiten, sobald der Vertrag über eine Verfassung für Europa unterzeichnet worden ist.

 

25. Erklärung zu Artikel III-325 über die Aushandlung und den Abschluss internationaler Übereinkünfte betreffend den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts durch die Mitgliedstaaten

 

Die Konferenz bestätigt, dass die Mitgliedstaaten Übereinkünfte mit Drittländern oder internationalen Organisationen in den Bereichen des Teils III Titel III Kapitel IV Abschnitte 3, 4 und 5 aushandeln und schließen können, sofern diese Übereinkünfte mit dem Unionsrecht im Einklang stehen.

 

26. Erklärung zu Artikel III-402 Absatz 4

 

Artikel III-402 Absatz 4 sieht vor, dass in den Fällen, in denen der Rat bis zum Ablauf des vorangegangenen Finanzrahmens kein Europäisches Gesetz zur Aufstellung eines neuen Finanzrahmens erlassen hat, die Obergrenzen und sonstigen Bestimmungen des letzten Jahres des vorangegangenen Finanzrahmens bis zum Erlass dieses Gesetzes fortgeschrieben werden. Die Konferenz erklärt, dass ab 2007 die Mittelzuweisung auf der Grundlage gleicher Kriterien für alle Mitgliedstaaten erfolgen wird, wenn der Rat bis Ende 2006 kein Europäisches Gesetz zur Aufstellung eines neuen Finanzrahmens erlassen hat und der Beitrittsvertrag vom 16. April 2003 einen Zeitraum für die schrittweise Einführung der Zuweisung von Mitteln an die neuen Mitgliedstaaten vorsieht, der 2006 endet.

 

27. Erklärung zu Artikel III-419

 

Die Konferenz erklärt, dass die Mitgliedstaaten, die einen Antrag auf Begründung einer Verstärkten Zusammenarbeit stellen, gleichzeitig angeben können, ob sie bereits in diesem Stadium beabsichtigen, Artikel III-422 über die Ausdehnung der Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit oder das ordentliche Gesetzgebungsverfahren in Anspruch zu nehmen.

 

28. Erklärung zu Artikel IV-440 Absatz 7

 

Die Hohen Vertragsparteien kommen überein, dass der Europäische Rat nach Artikel IV-440 Absatz 7 einen Europäischen Beschluss im Hinblick auf die Änderung des Status von Mayotte gegenüber der Union erlassen wird, um dieses Gebiet zu einem Gebiet in äußerster Randlage im Sinne des Artikels IV-440 Absatz 2 und des Artikels III-424 zu machen, wenn die französischen Behörden dem Europäischen Rat und der Kommission mitteilen, dass die jüngste Entwicklung des internen Status der Insel dies gestattet.

 

29. Erklärung zu Artikel IV-448 Absatz 2

 

Die Konferenz ist der Auffassung, dass die Möglichkeit der Erstellung von Übersetzungen des Vertrags über eine Verfassung für Europa in den Sprachen nach Artikel IV-448 Absatz 2 zur Verwirklichung des Ziels beiträgt, den Reichtum der kulturellen und sprachlichen Vielfalt der Union im Sinne von Artikel I-3 Absatz 3 Unterabsatz 4 zu wahren. Sie bekräftigt diesbezüglich, dass die Union großen Wert auf die kulturelle Vielfalt Europas legt und diesen und anderen Sprachen weiterhin besondere Bedeutung beimessen wird.

Die Konferenz empfiehlt, dass die Mitgliedstaaten, die von der in Artikel IV-448 Absatz 2 vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch machen möchten, dem Rat innerhalb von sechs Monaten nach der Unterzeichnung des Vertrags die Sprache bzw. Sprachen mitteilen, in die der Vertrag übersetzt wird.

 

30. Erklärung zur Ratifikation des Vertrags über eine Verfassung für Europa

 

Die Konferenz stellt fest, dass der Europäische Rat befasst wird, wenn nach Ablauf von zwei Jahren nach der Unterzeichnung des Vertrags über eine Verfassung für Europa vier Fünftel der Mitgliedstaaten den genannten Vertrag ratifiziert haben und in einem Mitgliedstaat oder mehreren Mitgliedstaaten Schwierigkeiten bei der Ratifikation aufgetreten sind.

 

A. ERKLÄRUNGEN ZU BESTIMMUNGEN DER VERFASSUNG

 

1. Erklärung zu Artikel I-6

 

Die Konferenz stellt fest, dass Artikel I‑6 die geltende Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften und des Gerichts erster Instanz zum Ausdruck bringt.

 

2. Erklärung zu Artikel I-9 Absatz 2

 

Die Konferenz kommt überein, dass der Beitritt der Union zur Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten unter Bedingungen erfolgen sollte, die es gestatten, die Besonderheiten der Rechtsordnung der Union zu wahren. In diesem Zusammenhang stellt die Konferenz fest, dass der Gerichtshof der Europäischen Union und der Europäische Gerichtshof fürMenschenrechte in einem regelmäßigen Dialog stehen; dieser Dialog könnte beim Beitritt der Unionzu dieser Konvention intensiviert werden.

 

3. Erklärung zu den Artikeln I-22, I-27 und I-28

 

Bei der Auswahl der Personen, die das Amt des Präsidenten des Europäischen Rates, des Präsidenten der Kommission und des Außenministers der Union ausüben sollen, ist gebührend zu berücksichtigen, dass die geografische und demografische Vielfalt der Union und ihrer Mitgliedstaaten geachtet werden muss.

 

4. Erklärung zu Artikel I-24 Absatz 7 zu dem Beschluss des Europäischen Rates über die Ausübung des Vorsitzes im Rat

 

Die Konferenz erklärt, dass der Rat nach der Unterzeichnung des Vertrags über eine Verfassung für Europa umgehend mit der Ausarbeitung des Europäischen Beschlusses mit Bestimmungen zur Anwendung des Europäischen Beschlusses des Europäischen Rates über die Ausübung des Vorsitzes im Rat beginnen und innerhalb von sechs Monaten zu einer politischen Einigung gelangen sollte. Ein Entwurf für einen Europäischen Beschluss des Europäischen Rates, der am Tag des Inkrafttretens des genannten Vertrags angenommen wird, ist nachstehend wiedergegeben:

 

ENTWURF EINES EUROPÄISCHEN BESCHLUSSES DES EUROPÄISCHEN RATES ÜBER DIE AUSÜBUNG

DES VORSITZES IM RAT

 

Artikel 1

 

(1) Der Vorsitz im Rat außer in der Zusammensetzung „Auswärtige Angelegenheiten“ wird von zuvor festgelegten Gruppen von drei Mitgliedstaaten für einen Zeitraum von 18 Monaten wahrgenommen. Diese Gruppen werden in gleichberechtigter Rotation der Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung ihrer Verschiedenheit und des geografischen Gleichgewichts innerhalb der Union zusammengestellt.

(2) Jedes Mitglied der Gruppe nimmt den Vorsitz in allen Zusammensetzungen des Rates außer inder Zusammensetzung „Auswärtige Angelegenheiten“ im Wechsel für einen Zeitraum von sechs Monaten wahr. Die anderen Mitglieder der Gruppe unterstützen den Vorsitz auf der Grundlage eines gemeinsamen Programms bei all seinen Aufgaben. Die Mitglieder der Gruppe können untereinander alternative Regelungen beschließen.

 

Artikel 2

 

Der Vorsitz im Ausschuss der Ständigen Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten wird von einem Vertreter des Mitgliedstaats wahrgenommen, der den Vorsitz im Rat in der Zusammensetzung „Allgemeine Angelegenheiten“ innehat.

Der Vorsitz im Politischen und Sicherheitspolitischen Komitee wird von einem Vertreter des Außenministers der Union wahrgenommen.

Der Vorsitz in den vorbereitenden Gremien des Rates in seinen verschiedenen Zusammensetzungen außer in der Zusammensetzung „Auswärtige Angelegenheiten“ wird von dem Mitglied der Gruppe wahrgenommen, das den Vorsitz in der entsprechenden Zusammensetzung des Rates führt, sofern nach Artikel 4 nichts anderes beschlossen wird.

 

Artikel 3

 

Der Rat in der Zusammensetzung „Allgemeine Angelegenheiten“ sorgt im Rahmen einer Mehrjahresplanung in Zusammenarbeit mit der Kommission für die Kohärenz und die Kontinuität der Arbeiten des Rates in seinen verschiedenen Zusammensetzungen. Die den Vorsitz wahrnehmenden Mitgliedstaaten treffen mit Unterstützung des Generalsekretariats des Rates alle für die Organisation und den reibungslosen Ablauf der Arbeiten des Rates erforderlichen Vorkehrungen.

 

Artikel 4

 

Der Rat erlässt einen Europäischen Beschluss mit Bestimmungen zur Anwendung dieses Beschlusses. 5. Erklärung zu Artikel I-25

Die Konferenz erklärt, dass der Europäische Beschluss über die Anwendung des Artikels I-25 am Tag des Inkrafttretens des Vertrags über eine Verfassung für Europa vom Rat angenommen wird. Der entsprechende Beschlussentwurf ist nachstehend wiedergegeben:

ENTWURF EINES EUROPÄISCHEN BESCHLUSSES DES RATES ÜBER DIE ANWENDUNG DES ARTIKELS I-25 DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Es sollten Bestimmungen erlassen werden, die einen reibungslosen Übergang von der Regelung für die Beschlussfassung des Rates mit qualifizierter Mehrheit, die im Vertrag von Nizza festgelegt ist und in Artikel 2 Absatz 2 des der Verfassung beigefügten Protokolls über die Übergangsbestimmungen für die Organe und Einrichtungen der Union übernommen wurde und die bis zum 31. Oktober 2009 weiterhin gelten wird, zu der in Artikel I‑25 der Verfassung vorgesehenen Abstimmungsregelung gewährleisten, die ab dem 1. November 2009 gelten wird.

(2) Der Rat wird auch in Zukunft alles daran setzen, die demokratische Legitimierung der mit qualifizierter Mehrheit angenommenen Rechtsakte zu erhöhen.

 (3) Es wird als zweckmäßig erachtet, diesen Beschluss so lange aufrechtzuerhalten, wie dies für einen reibungslosen Übergang zu der in der Verfassung vorgesehenen neuen Beschlussfassungsregelung notwendig ist —

BESCHLIESST:

 

Artikel 1

 

Wenn Mitglieder des Rates, die

a) mindestens drei Viertel der Bevölkerung oder

b) mindestens drei Viertel der Anzahl der Mitgliedstaaten vertreten, die für die Bildung einer Sperrminorität erforderlich sind, wie sie sich aus der Anwendung von Artikel I-25 Absatz 1 Unterabsatz 1 oder Absatz 2 ergibt, erklären, dass sie die Annahme eines Rechtsakts durch den Rat mit qualifizierter Mehrheit ablehnen, wird die Frage vom Rat erörtert.

 

Artikel 2

 

Der Rat wird im Verlauf dieser Erörterungen alles in seiner Macht Stehende tun, um innerhalb einer angemessenen Zeit und unbeschadet der durch das Recht der Union vorgeschriebenen zwingenden Fristen eine zufrieden stellende Lösung für die von den Mitgliedern des Rates nach Artikel 1 vorgebrachten Anliegen zu finden.

 

Artikel 3

 

Zu diesem Zweck unternimmt der Präsident des Rates mit Unterstützung der Kommission unter Einhaltung der Geschäftsordnung des Rates alle erforderlichen Schritte, um im Rat eine breitere Einigungsgrundlage zu ermöglichen. Die Mitglieder des Rates unterstützen ihn hierbei.

 

Artikel 4

 

Dieser Beschluss wird am 1. November 2009 wirksam. Er bleibt mindestens bis 2014 in Kraft.

Danach kann der Rat einen Europäischen Beschluss zu seiner Aufhebung erlassen.

 

6. Erklärung zu Artikel I-26

 

Die Konferenz ist der Auffassung, dass die Kommission, wenn ihr nicht mehr Staatsangehörige aller Mitgliedstaaten angehören, besonders beachten sollte, dass in den Beziehungen zu allen Mitgliedstaaten vollständige Transparenz gewährleistet sein muss. Dementsprechend sollte die Kommission enge Verbindungen zu allen Mitgliedstaaten unterhalten, unabhängig davon, ob einer ihrer Staatsangehörigen Mitglied der Kommission ist, und in diesem Zusammenhang besonders beachten, dass Informationen mit allen Mitgliedstaaten geteilt und alle Mitgliedstaaten konsultiert werden müssen.

Die Konferenz ist ferner der Auffassung, dass die Kommission alle notwendigen Maßnahmen ergreifen sollte, um sicherzustellen, dass die politischen, sozialen und wirtschaftlichen Gegebenheiten in allen Mitgliedstaaten, auch in Mitgliedstaaten, die kein Kommissionsmitglied stellen, in vollem Umfang berücksichtigt werden. Dabei sollte durch geeignete organisatorische Vorkehrungen auch gewährleistet werden, dass der Standpunkt dieser Mitgliedstaaten berücksichtigt wird.

 

7. Erklärung zu Artikel I-27

 

Die Konferenz ist der Auffassung, dass das Europäische Parlament und der Europäische Rat im Einklang mit der Verfassung gemeinsam für den reibungslosen Ablauf des Prozesses, der zur Wahl des Präsidenten der Europäischen Kommission führt, verantwortlich sind. Vertreter des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates werden daher vor dem Beschluss des Europäischen Rates die erforderlichen Konsultationen in dem Rahmen durchführen, der als am besten geeignet erachtet wird. Nach Artikel I-27 Absatz 1 betreffen diese Konsultationen das Profil der Kandidaten für das Amt des Präsidenten der Kommission unter Berücksichtigung der Wahlen zum Europäischen Parlament. Die Einzelheiten dieser Konsultationen können zu gegebener Zeit einvernehmlich zwischen dem Europäischen Parlament und dem Europäischen Rat festgelegt werden.

 

8. Erklärung zu Artikel I-36

 

Die Konferenz nimmt zur Kenntnis, dass die Kommission beabsichtigt, bei der Ausarbeitung ihrer Entwürfe für delegierte Europäische Verordnungen im Bereich der Finanzdienstleistungen nach ihrer üblichen Vorgehensweise weiterhin von den Mitgliedstaaten benannte Experten zu konsultieren.

 

9. Erklärung zu den Artikeln I-43 und III-329

 

Unbeschadet der Maßnahmen der Union zur Erfüllung ihrer Verpflichtung zur Solidarität gegenüber einem Mitgliedstaat, der von einem Terroranschlag, einer Naturkatastrophe oder einer vom Menschen verursachten Katastrophe betroffen ist, zielt keine der Bestimmungen der Artikel I-43 und III-329 darauf ab, das Recht eines anderen Mitgliedstaats zu beeinträchtigen, die geeignetsten Mittel zur Erfüllung seiner Verpflichtung zur Solidarität gegenüber dem betreffenden Mitgliedstaat zu wählen.

 

10. Erklärung zu Artikel I-51

 

Die Konferenz erklärt, dass immer dann, wenn Bestimmungen über den Schutz personenbezogener Daten, die auf der Grundlage von Artikel

I-51 zu erlassen sind, direkte Auswirkungen auf die nationale Sicherheit haben könnten, dieser Umstand gebührend zu berücksichtigen ist. Sie weist darauf hin, dass die derzeit geltenden Rechtsvorschriften (siehe insbesondere Richtlinie 95/46/EG) besondere Ausnahmeregelungen hierzu enthalten.

 

11. Erklärung zu Artikel I-57

 

Die Union trägt der besonderen Lage der Länder mit geringer territorialer Ausdehnung Rechnung, die spezifische Nachbarschaftsbeziehungen zur Union unterhalten.

 

12. Erklärung betreffend die Erläuterungen zur Charta der Grundrechte

 

Die Konferenz nimmt von den nachstehend wiedergegebenen Erläuterungen zur Charta der

Grundrechte Kenntnis, die unter der Leitung des Präsidiums des Konvents zur Ausarbeitung der

Charta formuliert und unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents

aktualisiert wurden.

 

ERLÄUTERUNGEN ZUR CHARTA DER GRUNDRECHTE

 

Die nachstehenden Erläuterungen wurden ursprünglich unter der Verantwortung des Präsidiums des Konvents, der die Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgearbeitet hat, formuliert. Sie wurden unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents aufgrund der von diesem Konvent vorgenommenen Anpassungen des Wortlauts der Charta (insbesondere der Artikel 51 und 52 (1)) und der Fortentwicklung des Unionsrechts aktualisiert. Diese Erläuterungen haben als solche keinen rechtlichen Status, stellen jedoch eine nützliche Interpretationshilfe dar, die dazu dient, die Bestimmungen der Charta zu verdeutlichen.

 

PRÄAMBEL

 

Die Völker Europas sind entschlossen, auf der Grundlage gemeinsamer Werte eine friedliche Zukunft zu teilen, indem sie sich zu einer immer engeren Union verbinden.

In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die unteilbaren und universellen Werte der Würde des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie stellt den Menschen in den Mittelpunkt ihres Handelns, indem sie die Unionsbürgerschaft und einen Raum der

Freiheit, der Sicherheit und des Rechts begründet.

Die Union trägt zur Erhaltung und zur Entwicklung dieser gemeinsamen Werte unter Achtung der Vielfalt der Kulturen und Traditionen der Völker Europas sowie der nationalen Identität der Mitgliedstaaten und der Organisation ihrer staatlichen Gewalt auf nationaler, regionaler und lokaler

Ebene bei. Sie ist bestrebt, eine ausgewogene und nachhaltige Entwicklung zu fördern und stellt den freien Personen-, Dienstleistungs-, Waren- und Kapitalverkehr sowie die Niederlassungsfreiheit sicher.

Zu diesem Zweck ist es notwendig, angesichts der Weiterentwicklung der Gesellschaft, des sozialen Fortschritts und der wissenschaftlichen und technologischen Entwicklungen den Schutz der Grundrechte zu stärken, indem sie in einer Charta sichtbarer gemacht werden.

Diese Charta bekräftigt unter Achtung der Zuständigkeiten und Aufgaben der Union und des Subsidiaritätsprinzips die Rechte, die sich vor allem aus den gemeinsamen Verfassungstraditionen und den gemeinsamen internationalen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten, aus der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, aus den von der Union und dem Europarat beschlossenen Sozialchartas sowie aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ergeben. In diesem Zusammenhang erfolgt die Auslegung der Charta durch die Gerichte der Union und der Mitgliedstaaten unter gebührender Berücksichtigung der Erläuterungen, die unter der Leitung des Präsidiums des Konvents zur Ausarbeitung der Charta formuliert und unter der Verantwortung des (1) Artikel II-111 und II-112 der Verfassung.

Präsidiums des Europäischen Konvents aktualisiert wurden.

Die Ausübung dieser Rechte ist mit Verantwortung und mit Pflichten sowohl gegenüber den Mitmenschen als auch gegenüber der menschlichen Gemeinschaft und den künftigen Generationen verbunden.

Daher erkennt die Union die nachstehend aufgeführten Rechte, Freiheiten und Grundsätze an.

 

TITEL I

 

WÜRDE DES MENSCHEN

 

Artikel 1 (1)

 

Würde des Menschen

Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie ist zu achten und zu schützen.

Erläuterung

Die Würde des Menschen ist nicht nur ein Grundrecht an sich, sondern bildet das eigentliche Fundament der

Grundrechte. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948 verankert die Menschenwürde in ihrer Präambel:

„... da die Anerkennung der allen Mitgliedern der menschlichen Familie innewohnenden Würde und ihrer gleichen und unveräußerlichen Rechte die Grundlage der Freiheit, der Gerechtigkeit und des Friedens in der Welt bildet.“

In seinem Urteil vom 9. Oktober 2001 in der Rechtssache C-377/98, Niederlande gegen Europäisches Parlament und Rat, Slg. 2001, S. I-7079, Randnrn. 70‑77 bestätigte der Gerichtshof, dass das Grundrecht auf Menschenwürde Teil des Unionsrechts ist.

Daraus ergibt sich insbesondere, dass keines der in dieser Charta festgelegten Rechte dazu verwendet werden darf, die Würde eines anderen Menschen zu verletzen, und dass die Würde des Menschen zum Wesensgehalt der in dieser Charta festgelegten Rechte gehört. Sie darf daher auch bei Einschränkungen eines Rechtes nicht angetastet werden.

 

Artikel 2 (2)

 

Recht auf Leben

(1) Jeder Mensch hat das Recht auf Leben.

(2) Niemand darf zur Todesstrafe verurteilt oder hingerichtet werden.

 

Erläuterung

 

1. Absatz 1 dieses Artikels basiert auf Artikel 2 Absatz 1 Satz 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention

(EMRK), der wie folgt lautet:

„(1) Das Recht jedes Menschen auf Leben wird gesetzlich geschützt ...“.

(1) Artikel II-61 der Verfassung.

(2) Artikel II-62 der Verfassung.

2. Satz 2 der genannten Vorschrift, der die Todesstrafe zum Gegenstand hatte, ist durch das Inkrafttreten des

Protokolls Nr. 6 zur EMRK hinfällig geworden, dessen Artikel 1 wie folgt lautet:

„Die Todesstrafe ist abgeschafft. Niemand darf zu dieser Strafe verurteilt oder hingerichtet werden.“ Auf dieser Vorschrift beruht Artikel 2 Absatz 2 der Charta (1).

3. Die Bestimmungen des Artikels 2 der Charta (2) entsprechen den Bestimmungen der genannten Artikel der EMRK und des Zusatzprotokolls. Sie haben nach Artikel 52 Absatz 3 der Charta (3) die gleiche Bedeutung und Tragweite.

So müssen die in der EMRK enthaltenen „Negativdefinitionen“ auch als Teil der Charta betrachtet werden:

a) Artikel 2 Absatz 2 EMRK:

„Eine Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie durch eine Gewaltanwendung verursacht wird, die unbedingt erforderlich ist, um

a) jemanden gegen rechtswidrige Gewalt zu verteidigen;

b) jemanden rechtmäßig festzunehmen oder jemanden, dem die Freiheit rechtmäßig entzogen ist, an der Flucht zu hindern;

c) einen Aufruhr oder Aufstand rechtmäßig niederzuschlagen“.

b) Artikel 2 des Protokolls Nr. 6 zur EMRK:

„Ein Staat kann in seinem Recht die Todesstrafe für Taten vorsehen, die in Kriegszeiten oder bei unmittelbarer Kriegsgefahr begangen werden; diese Strafe darf nur in den Fällen, die im Recht vorgesehen sind, und in Übereinstimmung mit dessen Bestimmungen angewendet werden ...“.

 

 

Artikel 3 (4)

 

Recht auf Unversehrtheit

(1) Jeder Mensch hat das Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit.

(2) Im Rahmen der Medizin und der Biologie muss insbesondere Folgendes beachtet werden:

a) die freie Einwilligung des Betroffenen nach vorheriger Aufklärung entsprechend den gesetzlich festgelegten Einzelheiten;

b) das Verbot eugenischer Praktiken, insbesondere derjenigen, welche die Selektion von Menschen zum Ziel haben;

(1) Artikel II-62 Absatz 2 der Verfassung.

(2) Artikel II-62 der Verfassung.

(3) Artikel II-112 Absatz 3 der Verfassung.

(4) Artikel II-63 der Verfassung.

c) das Verbot, den menschlichen Körper und Teile davon als solche zur Erzielung von Gewinnen zu nutzen;

d) das Verbot des reproduktiven Klonens von Menschen.

Erläuterung

1. In seinem Urteil vom 9. Oktober 2001 in der Rechtssache C‑377/98, Niederlande gegen Europäisches Parlament und Rat, Slg. 2001, S. I--7079, Randnrn. 70, 78, 79 und 80, bestätigte der Gerichtshof, dass das Grundrecht auf Unversehrtheit Teil des Unionsrechts ist und im Bereich der Medizin und der Biologie die freie Einwilligung des Spenders und des Empfängers nach vorheriger Aufklärung umfasst.

2. Die Grundsätze des Artikels 3 der Charta (1) sind bereits in dem im Rahmen des Europarates angenommenen Übereinkommen über Menschenrechte und Biomedizin (STE 164 und Zusatzprotokoll STE 168) enthalten. Die Charta will von diesen Bestimmungen nicht abweichen und verbietet daher lediglich das reproduktive Klonen. Die anderen Formen des Klonens werden von der Charta weder gestattet noch verboten. Sie hindert den Gesetzgeber also keineswegs daran, auch die anderen Formen des Klonens zu verbieten.

3. Durch den Hinweis auf eugenische Praktiken, insbesondere diejenigen, welche die Selektion von Menschen zum Ziel haben, soll die Möglichkeit erfasst werden, dass Selektionsprogramme organisiert und durchgeführt werden, die beispielsweise Sterilisierungskampagnen, erzwungene Schwangerschaften, die Pflicht, den Ehepartner in der gleichen Volksgruppe zu wählen, usw. umfassen; derartige Handlungen werden in dem am 17. Juli 1998 in Rom verabschiedeten Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (siehe Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe g) als internationale Verbrechen betrachtet.

 

Artikel 4 (2)

 

Verbot der Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung.

Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

 

Erläuterung

 

Das Recht nach Artikel 4 (2) entspricht dem Recht, das durch den gleich lautenden Artikel 3 EMRK garantiert ist:

„Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.“ Nach Artikel 52 Absatz 3 der Charta (3) hat Artikel 4 also die gleiche Bedeutung und Tragweite wie Artikel 3 EMRK.

 

Artikel 5 (4)

 

Verbot der Sklaverei und der Zwangsarbeit

(1) Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden.

(1) Artikel II-63 der Verfassung.

(2) Artikel II-64 der Verfassung.

(3) Artikel II-112 Absatz 3 der Verfassung.

(4) Artikel II-65 der Verfassung.

(2) Niemand darf gezwungen werden, Zwangs- oder Pflichtarbeit zu verrichten.

(3) Menschenhandel ist verboten.

Erläuterung

1. Das Recht nach Artikel 5 (1) Absätze 1 und 2 entspricht dem gleich lautenden Artikel 4 Absätze 1 und 2 EMRK. Nach Artikel 52 Absatz 3 der Charta (2) hat dieses Recht also die gleiche Bedeutung und Tragweite wie Artikel 4 EMRK.

Daraus folgt:

— Eine legitime Einschränkung des Rechts nach Absatz 1 kann es nicht geben.

— In Absatz 2 müssen in Bezug auf die Begriffe „Zwangs- oder Pflichtarbeit“ die „negativen“ Definitionen nach

Artikel 4 Absatz 3 EMRK berücksichtigt werden:

„Nicht als Zwangs- oder Pflichtarbeit im Sinne dieses Artikels gilt

a) eine Arbeit, die üblicherweise von einer Person verlangt wird, der unter den Voraussetzungen des Artikels 5 die Freiheit entzogen oder die bedingt entlassen worden ist;

b) eine Dienstleistung militärischer Art oder eine Dienstleistung, die an die Stelle des im Rahmen der Wehrpflicht zu leistenden Dienstes tritt, in Ländern, wo die Dienstverweigerung aus Gewissensgründen anerkannt ist;

c) eine Dienstleistung, die verlangt wird, wenn Notstände oder Katastrophen das Leben oder das Wohl der Gemeinschaft bedrohen;

d) eine Arbeit oder Dienstleistung, die zu den üblichen Bürgerpflichten gehört.“

2. Absatz 3 ergibt sich unmittelbar aus der Menschenwürde und trägt neueren Entwicklungen auf dem Gebiet der organisierten Kriminalität wie der Schleuserkriminalität oder der organisierten sexuellen Ausbeutung Rechnung.

Das Europol-Übereinkommen enthält im Anhang folgende Definition, die den Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung betrifft: „Menschenhandel: tatsächliche und rechtswidrige Unterwerfung einer Person unter den Willen anderer Personen mittels Gewalt, Drohung oder Täuschung oder unter Ausnutzung eines Abhängigkeitsverhältnisses insbesondere mit folgendem Ziel: Ausbeutung der Prostitution, Ausbeutung von Minderjährigen, sexuelle Gewalt gegenüber Minderjährigen oder Handel im Zusammenhang mit Kindesaussetzung.“

Kapitel VI des Schengener Durchführungsübereinkommens, das in den Besitzstand der Union integriert worden ist und an dem sich das Vereinigte Königreich und Irland beteiligen, enthält in Artikel 27 Absatz 1 folgende auf die Schleuseraktivitäten zielende Bestimmung: „Die Vertragsparteien verpflichten sich, angemessene Sanktionen gegen jede Person vorzusehen, die zu Erwerbszwecken einem Drittausländer hilft oder zu helfen versucht, in das Hoheitsgebiet einer der Vertragsparteien unter Verletzung ihrer Rechtsvorschriften in Bezug auf die Einreise und

den Aufenthalt von Drittausländern einzureisen oder sich dort aufzuhalten.“ Am 19. Juli 2002 nahm der Rat einen Rahmenbeschluss zur Bekämpfung des Menschenhandels (ABl. L 203 vom 1.8.2002, S. 1) an; in Artikel 1 dieses Rahmenbeschlusses sind die Handlungen im Zusammenhang mit dem Menschenhandel zum Zwecke der Ausbeutung von Arbeitskräften oder der sexuellen Ausbeutung näher bestimmt, die die Mitgliedstaaten aufgrund des genannten Rahmenbeschlusses unter Strafe stellen müssen.

(1) Artikel II-65 der Verfassung.

(2) Artikel II-112 Absatz 3 der Verfassung.

 

TITEL II

 

FREIHEITEN

 

Artikel 6 (1)

 

Recht auf Freiheit und Sicherheit

 

Jeder Mensch hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit.

 

Erläuterung

 

Die Rechte nach Artikel 6 (1) entsprechen den Rechten, die durch Artikel 5 EMRK garantiert sind, denen sie nach Artikel 52 Absatz 3 der Charta (2) an Bedeutung und Tragweite gleichkommen. Die Einschränkungen, die legitim an diesen Rechten vorgenommen werden können, dürfen daher nicht über die Einschränkungen hinausgehen, die im Rahmen des wie folgt lautenden Artikels 5 EMRK zulässig sind:

„(1) Jede Person hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf nur in den folgenden Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:

a) rechtmäßige Freiheitsentziehung nach Verurteilung durch ein zuständiges Gericht;

b) rechtmäßige Festnahme oder Freiheitsentziehung wegen Nichtbefolgung einer rechtmäßigen gerichtlichen Anordnung oder zur Erzwingung der Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung;

c) rechtmäßige Festnahme oder Freiheitsentziehung zur Vorführung vor die zuständige Gerichtsbehörde, wenn hinreichender Verdacht besteht, dass die betreffende Person eine Straftat begangen hat, oder wenn begründeter Anlass zu der Annahme besteht, dass es notwendig ist, sie an der Begehung einer Straftat oder an der Flucht nach Begehung einer solchen zu hindern;

d) rechtmäßige Freiheitsentziehung bei Minderjährigen zum Zweck überwachter Erziehung oder zur Vorführung vor die zuständige Behörde;

e) rechtmäßige Freiheitsentziehung mit dem Ziel, eine Verbreitung ansteckender Krankheiten zu verhindern, sowie bei psychisch Kranken, Alkohol‑ oder Rauschgiftsüchtigen und Landstreichern;

f) rechtmäßige Festnahme oder Freiheitsentziehung zur Verhinderung der unerlaubten Einreise sowie bei Personen, gegen die ein Ausweisungs‑ oder Auslieferungsverfahren im Gange ist.

(2) Jeder festgenommenen Person muss unverzüglich in einer ihr verständlichen Sprache mitgeteilt werden, welches die Gründe für ihre Festnahme sind, und welche Beschuldigungen gegen sie erhoben werden.

(3) Jede Person, die nach Absatz 1 Buchstabe c von Festnahme oder Freiheitsentziehung betroffen ist, muss unverzüglich einem Richter oder einer anderen gesetzlich zur Wahrnehmung richterlicher Aufgaben ermächtigten Person vorgeführt werden; sie hat Anspruch auf ein Urteil innerhalb angemessener Frist oder auf Entlassung während des Verfahrens. Die Entlassung kann von der Leistung einer Sicherheit für das Erscheinen vor Gericht abhängig gemacht werden.

(1) Artikel II-66 der Verfassung.

(2) Artikel II-112 Absatz 3 der Verfassung.

(4) Jede Person, die festgenommen oder der die Freiheit entzogen ist, hat das Recht zu beantragen, dass ein Gericht innerhalb kurzer Frist über die Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung entscheidet und ihre Entlassung anordnet, wenn die Freiheitsentziehung nicht rechtmäßig ist.

(5) Jede Person, die unter Verletzung dieses Artikels von Festnahme oder Freiheitsentziehung betroffen ist, hat

Anspruch auf Schadensersatz.“

Die Rechte nach Artikel 6 (1) müssen insbesondere dann geachtet werden, wenn das Europäische

Parlament und der Rat Gesetze und Rahmengesetze im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in

Strafsachen auf der Grundlage der Artikel III-270, III-271 und III-273 der Verfassung, insbesondere

zur Festlegung gemeinsamer Mindestvorschriften über die Tatbestandsmerkmale strafbarer Handlungen

und die Strafen sowie über bestimmte Aspekte des Verfahrensrechts erlassen.

 

Artikel 7 (2)

 

Achtung des Privat- und Familienlebens

 

Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat‑ und Familienlebens, ihrer Wohnung sowie ihrer Kommunikation.

 

Erläuterung

 

Die Rechte nach Artikel 7 (2) entsprechen den Rechten, die durch Artikel 8 EMRK garantiert sind. Um der technischen Entwicklung Rechnung zu tragen, wurde der Begriff „Korrespondenz“ durch „Kommunikation“ ersetzt.

Nach Artikel 52 Absatz 3 (3) haben diese Rechte die gleiche Bedeutung und Tragweite wie die Rechte aus dem entsprechenden Artikel der EMRK. Ihre möglichen legitimen Einschränkungen sind daher diejenigen, die der genannte Artikel 8 gestattet:

„(1) Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz.

(2) Eine Behörde darf in die Ausübung dieses Rechts nur eingreifen, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für daswirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutzder Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer.“

(1) Artikel II-66 der Verfassung.

(2) Artikel II-67 der Verfassung.

(3) Artikel II-112 Absatz 3 der Verfassung.

 

Artikel 8 (1)

 

Schutz personenbezogener Daten

(1) Jede Person hat das Recht auf Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten.

(2) Diese Daten dürfen nur nach Treu und Glauben für festgelegte Zwecke und mit Einwilligung der betroffenen Person oder auf einer sonstigen gesetzlich geregelten legitimen Grundlage verarbeitet werden. Jede Person hat das Recht, Auskunft über die sie betreffenden erhobenen Daten zu erhalten und die Berichtigung der Daten zu erwirken.

(3) Die Einhaltung dieser Vorschriften wird von einer unabhängigen Stelle überwacht.

 

Erläuterung

 

Dieser Artikel stützte sich auf Artikel 286 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und auf die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitungpersonenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. L 281 vom 23.11.1995) sowie auf Artikel 8 EMRK und das Übereinkommen des Europarates vom 28. Januar 1981 zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten, das von allen Mitgliedstaaten ratifiziert wurde. Artikel 286 EGV wird nunmehr durch Artikel I-51 der Verfassung ersetzt. Es wird ferner auf die Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen

Parlaments und des Rates zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr (ABl. L 8 vom 12.1.2001) verwiesen. Die genannte Richtlinie und Verordnung enthalten Bedingungen und Beschränkungen für die Wahrnehmung des Rechts auf den Schutz personenbezogener Daten.

 

Artikel 9 (2)

 

Recht, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen

 

Das Recht, eine Ehe einzugehen, und das Recht, eine Familie zu gründen, werden nach den einzelstaatlichen Gesetzen gewährleistet, welche die Ausübung dieser Rechte regeln.

 

Erläuterung

 

Dieser Artikel stützt sich auf Artikel 12 EMRK, der wie folgt lautet: „Männer und Frauen im heiratsfähigen Alter haben das Recht, nach den innerstaatlichen Gesetzen, welche die Ausübung dieses Rechts regeln, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen.“ Die Formulierung dieses Rechts wurde zeitgemäßer gestaltet, um Fälle zu erfassen, in denen nach den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften andere Formen als die Heirat zur Gründung einer Familie anerkannt werden.

Durch diesen Artikel wird es weder untersagt noch vorgeschrieben, Verbindungen von Menschen gleichen Geschlechts den Status der Ehe zu verleihen. Dieses Recht ist also dem von der EMRK vorgesehenen Recht ähnlich, es kann jedoch eine größere Tragweite haben, wenn die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften dies vorsehen.

(1) Artikel II-68 der Verfassung.

(2) Artikel II-69 der Verfassung.

 

Artikel 10 (1)

 

Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit

 

(1) Jede Person hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit. Dieses Recht umfasst die Freiheit, die Religion oder Weltanschauung zu wechseln, und die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung einzeln oder gemeinsam mit anderen öffentlich oder privat durch Gottesdienst, Unterricht, Bräuche und Riten zu bekennen.

(2) Das Recht auf Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen wird nach den einzelstaatlichen Gesetzen anerkannt, welche die Ausübung dieses Rechts regeln.

Erläuterung

Das in Absatz 1 garantierte Recht entspricht dem Recht, das durch Artikel 9 EMRK garantiert ist, und hat nach Artikel 52 Absatz 3 der Charta (2) die gleiche Bedeutung und die gleiche Tragweite wie dieses. Bei Einschränkungen muss daher Artikel 9 Absatz 2 EMRK gewahrt werden, der wie folgt lautet: „Die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung zu bekennen, darf nur Einschränkungen unterworfen werden, die gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sind für die öffentliche Sicherheit, zum Schutz der öffentlichen Ordnung, Gesundheit oder Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer.“

Das in Absatz 2 garantierte Recht entspricht den einzelstaatlichen Verfassungstraditionen und der Entwicklung der einzelstaatlichen Gesetzgebungen in diesem Punkt.

 

Artikel 11 (3)

 

Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit

 

(1) Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben.

(2) Die Freiheit der Medien und ihre Pluralität werden geachtet.

 

Erläuterung

 

1. Artikel 11 (3) entspricht Artikel 10 EMRK, der wie folgt lautet:

„(1) Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben. Dieser Artikel hindert die Staaten nicht, für Hörfunk-, Fernseh- oder Kinounternehmen eine Genehmigung vorzuschreiben.

(1) Artikel II-70 der Verfassung.

(2) Artikel II-112 Absatz 3 der Verfassung.

(3) Artikel II-71 der Verfassung.

(2) Die Ausübung dieser Freiheiten ist mit Pflichten und Verantwortung verbunden; sie kann daher Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafdrohungen unterworfen werden, die gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sind für die nationale Sicherheit, die territoriale Unversehrtheit oder die öffentliche Sicherheit, zur Aufrechterhaltung der Ordnung oder zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral, zum Schutz des guten Rufes oder der Rechte anderer, zur Verhinderung derVerbreitung vertraulicher Informationen oder zur Wahrung der Autorität und der Unparteilichkeit der

Rechtsprechung.“

Nach Artikel 52 Absatz 3 der Charta (1) hat dieses Recht die gleiche Bedeutung und Tragweite wie das durch die EMRKgarantierte Recht. Die möglichen Einschränkungen dieses Rechts dürfen also nicht über die in Artikel 10 Absatz 2 vorgesehenen Einschränkungen hinausgehen, allerdings unbeschadet der Beschränkungen, die die Möglichkeit der Mitgliedstaaten, Genehmigungsregelungen nach Artikel 10 Absatz 1 Satz 3 der EMRK einzuführen, durch das Wettbewerbsrecht der Union erfahren kann.

2. Absatz 2 dieses Artikels erläutert die Auswirkungen von Absatz 1 hinsichtlich der Freiheit der Medien. Er stützt sich insbesondere auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs bezüglich des Fernsehens, insbesondere in der Rechtssache C-288/89 (Urteil vom 25. Juli 1991, Stichting Collectieve Antennevoorziening Gouda u. a.; Slg. 1991, S. I-4007), und auf das Protokoll über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Mitgliedstaaten, das dem EGV und nunmehr der Verfassung beigefügt ist, sowie auf die Richtlinie 89/552/EWG des Rates (siehe insbesondere Erwägungsgrund 17).

 

Artikel 12 (2)

 

Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit

 

(1) Jede Person hat das Recht, sich insbesondere im politischen, gewerkschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Bereich auf allen Ebenen frei und friedlich mit anderen zu versammeln und frei mit anderen zusammenzuschließen, was das Recht jeder Person umfasst, zum Schutz ihrer

Interessen Gewerkschaften zu gründen und Gewerkschaften beizutreten.

(2) Politische Parteien auf der Ebene der Union tragen dazu bei, den politischen Willen der Unionsbürgerinnen und Unionsbürger zum Ausdruck zu bringen.

 

Erläuterung

 

1. Absatz 1 dieses Artikels entspricht Artikel 11 EMRK, der wie folgt lautet:

„(1) Jede Person hat das Recht, sich frei und friedlich mit anderen zu versammeln und sich frei mit anderen zusammenzuschließen; dazu gehört auch das Recht, zum Schutz seiner Interessen Gewerkschaften zu gründen und Gewerkschaften beizutreten.

(2) Die Ausübung dieser Rechte darf nur Einschränkungen unterworfen werden, die gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sind für die nationale oder öffentliche Sicherheit, zur Aufrechterhaltung der Ordnung oder zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer. Dieser Artikel steht rechtmäßigen Einschränkungen der Ausübung dieser Rechte für Angehörige der Streitkräfte, der Polizei oder der Staatsverwaltung nicht entgegen.“

(1) Artikel II-112 Absatz 3 der Verfassung.

(2) Artikel II-72 der Verfassung.

Die Bestimmungen des Absatzes 1 dieses Artikels 12 (1) haben die gleiche Bedeutung wie die Bestimmungen der EMRK; sie haben jedoch eine größere Tragweite, weil sie auf alle Ebenen, auch auf die europäische Ebene, Anwendung finden können. Nach Artikel 52 Absatz 3 der Charta (2) dürfen die Einschränkungen dieses Rechts nicht über die Einschränkungen hinausgehen, die als mögliche rechtmäßige Einschränkungen im Sinne von Artikel 11 Absatz 2 EMRK gelten.

2. Dieses Recht stützt sich auch auf Artikel 11 der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer.

3. Absatz 2 dieses Artikels entspricht Artikel I‑46 Absatz 4 der Verfassung.

 

Artikel 13 (3)

 

Freiheit der Kunst und der Wissenschaft

 

Kunst und Forschung sind frei. Die akademische Freiheit wird geachtet.

 

Erläuterung

 

Dieses Recht leitet sich in erster Linie aus der Gedankenfreiheit und der Freiheit der Meinungsäußerung ab. Seine Ausübung erfolgt unter Wahrung von Artikel 1 (4), und es kann den durch Artikel 10 EMRK gestatteten Einschränkungen unterworfen werden.

 

Artikel 14 (5)

 

Recht auf Bildung

(1) Jede Person hat das Recht auf Bildung sowie auf Zugang zur beruflichen Ausbildung und Weiterbildung.

(2) Dieses Recht umfasst die Möglichkeit, unentgeltlich am Pflichtschulunterricht teilzunehmen.

(3) Die Freiheit zur Gründung von Lehranstalten unter Achtung der demokratischen Grundsätze sowie das Recht der Eltern, die Erziehung und den Unterricht ihrer Kinder entsprechend ihren eigenen religiösen, weltanschaulichen und erzieherischen Überzeugungen sicherzustellen, werden nach den einzelstaatlichen Gesetzen geachtet, welche ihre Ausübung regeln.

Erläuterung

1. Dieser Artikel lehnt sich sowohl an die gemeinsamen verfassungsrechtlichen Traditionen der Mitgliedstaaten als auch an Artikel 2 des Zusatzprotokolls zur EMRK an, der folgenden Wortlaut hat:

„Niemandem darf das Recht auf Bildung verwehrt werden. Der Staat hat bei Ausübung der von ihm auf dem Gebiete der Erziehung und des Unterrichts übernommenen Aufgaben das Recht der Eltern zu achten, die Erziehung und den Unterricht entsprechend ihren eigenen religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen sicherzustellen.“

(1) Artikel II-72 der Verfassung.

(2) Artikel II-112 Absatz 3 der Verfassung.

(3) Artikel II-73 der Verfassung.

(4) Artikel II-61 der Verfassung.

(5) Artikel II-74 der Verfassung.

Es wurde für zweckmäßig erachtet, diesen Artikel auf den Zugang zur beruflichen Aus‑ und Weiterbildung auszudehnen (siehe Nummer 15 der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer sowie Artikel 10 der Europäischen Sozialcharta) und den Grundsatz der Unentgeltlichkeit des Pflichtschulunterrichts einzufügen. In seiner hier vorliegenden Fassung besagt dieser Grundsatz lediglich, dass in Bezug auf den Pflichtschulunterricht jedes Kind die Möglichkeit haben muss, eine schulische Einrichtung zu besuchen, die unentgeltlichen Unterricht erteilt. Er besagt nicht, dass alle — und insbesondere auch die privaten — schulischen Einrichtungen, die den betreffenden Unterricht oder berufliche Ausbildung und Weiterbildung anbieten, dies unentgeltlich tun müssen. Ebenso wenig verbietet er, dass bestimmte besondere Unterrichtsformen entgeltlich sein können, sofern der Staat Maßnahmen zur Gewährung eines finanziellen Ausgleichs trifft. Soweit die Charta für die Union gilt, bedeutet das, dass die Union im Rahmen ihrer bildungspolitischen Maßnahmen die Unentgeltlichkeit des Pflichtunterrichts achten muss, doch es erwachsen ihr daraus selbstverständlich keine neuen Zuständigkeiten Was das Recht der Eltern anbelangt, so ist dieses in Verbindung mit Artikel 24 (1) auszulegen.

2. Die Freiheit zur Gründung von öffentlichen oder privaten Lehranstalten wird als einer der Aspekte der unternehmerischen Freiheit garantiert, ihre Ausübung ist jedoch durch die Achtung der demokratischen Grundsätze eingeschränkt und erfolgt entsprechend den in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften festgelegten Einzelheiten.

 

Artikel 15 (2)

 

Berufsfreiheit und Recht zu arbeiten

 

(1) Jede Person hat das Recht, zu arbeiten und einen frei gewählten oder angenommenen Beruf auszuüben.

(2) Alle Unionsbürgerinnen und Unionsbürger haben die Freiheit, in jedem Mitgliedstaat Arbeit zu suchen, zu arbeiten, sich niederzulassen oder Dienstleistungen zu erbringen.

(3) Die Staatsangehörigen dritter Länder, die im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten arbeiten dürfen, haben Anspruch auf Arbeitsbedingungen, die denen der Unionsbürgerinnen und Unionsbürgerentsprechen.

 

Erläuterung

 

Die in Artikel 15 (2) Absatz 1 festgeschriebene Berufsfreiheit ist in der Rechtsprechung des Gerichtshofs anerkannt (siehe u. a. die Urteile vom 14. Mai 1974, Rechtssache 4/73, Nold, Slg. 1974, S. 491, Randnrn. 12 -14; vom 13. Dezember 1979, Rechtssache 44/79, Hauer, Slg. 1979 S. 3727; vom 8. Oktober 1986, Rechtssache 234/85, Keller, Slg. 1986, S. 2897, Randnr. 8).

Dieser Absatz lehnt sich ferner an Artikel 1 Absatz 2 der am 18. Oktober 1961 unterzeichneten und von allen Mitgliedstaaten ratifizierten Europäischen Sozialcharta und an Nummer 4 der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer vom 9. Dezember 1989 an. Der Ausdruck „Arbeitsbedingungen“ ist im Sinne des Artikels III-213 der Verfassung zu verstehen. In Absatz 2 wurden die drei Freiheiten aufgenommen, die durch die Artikel I-4 und III-133, III-137 und III-144 der Verfassung garantiert sind, d. h. die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, die Niederlassungsfreiheit und der freie Dienstleistungsverkehr.

Absatz 3 stützte sich auf Artikel 137 Absatz 3 vierter Gedankenstrich EGV, der nunmehr durch Artikel III-210 Absatz 1 Buchstabe g der Verfassung ersetzt wurde, sowie auf Artikel 19 Absatz 4 der am 18. Oktober 1961 unterzeichneten und

(1) Artikel II-84 der Verfassung.

(2) Artikel II-75 der Verfassung.

von allen Mitgliedstaaten ratifizierten Europäischen Sozialcharta. Somit findet Artikel 52 Absatz 2 der Charta (1) Anwendung. Die Frage der Anheuerung von Seeleuten, die Staatsangehörige von Drittstaaten sind, in der Besatzung von Schiffen unter der Flagge eines Mitgliedstaats der Union wird durch das Unionsrecht und die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten geregelt.

 

Artikel 16 (2)

 

Unternehmerische Freiheit

Die unternehmerische Freiheit wird nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten anerkannt.

 

Erläuterung

 

Dieser Artikel stützt sich auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs, der die Freiheit, eine Wirtschafts- oder Geschäftstätigkeit auszuüben, (siehe die Urteile vom 14. Mai 1974, Rechtssache 4/73, Nold, Slg. 1974, S. 491, Randnr. 14; und vom 27. September 1979, Rechtssache 230/78, SPA Eridania und andere, Slg. 1979, S. 2749, Randnrn. 20 und 31) und die Vertragsfreiheit (siehe u. a. die Urteile „Sukkerfabriken Nykoebing“, Rechtssache 151/78, Slg. 1979, 1, Randnr. 19; und vom 5. Oktober 1999, Rechtssache C-240/97, Spanien gegen Kommission, Slg. 1999 S. I- 6571 Randnr. 99) anerkannt hat, sowie auf Artikel I-3 Absatz 2 der Verfassung, in dem der freie Wettbewerb anerkannt wird. Dieses Recht wird natürlich unter Einhaltung des Unionsrechts und der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften ausgeübt. Es kann nach Artikel 52 Absatz 1 der Charta (3) beschränkt werden.

 

Artikel 17 (4)

 

Eigentumsrecht

 

(1) Jede Person hat das Recht, ihr rechtmäßig erworbenes Eigentum zu besitzen, zu nutzen, darüber zu verfügen und es zu vererben. Niemandem darf sein Eigentum entzogen werden, es sei denn aus Gründen des öffentlichen Interesses in den Fällen und unter den Bedingungen, die in einem Gesetz vorgesehen sind, sowie gegen eine rechtzeitige angemessene Entschädigung für den Verlust des

Eigentums. Die Nutzung des Eigentums kann gesetzlich geregelt werden, soweit dies für das Wohl der Allgemeinheit erforderlich ist.

(2) Geistiges Eigentum wird geschützt.

 

Erläuterung

 

Dieser Artikel entspricht Artikel 1 des Zusatzprotokolls zur EMRK:

„Jede natürliche oder juristische Person hat das Recht auf Achtung ihres Eigentums. Niemandem darf sein Eigentum entzogen werden, es sei denn, dass das öffentliche Interesse es verlangt, und nur unter den durch Gesetz und durch die allgemeinen Grundsätze des Völkerrechts vorgesehenen Bedingungen. Absatz 1 beeinträchtigt jedoch nicht das Recht des Staates, diejenigen Gesetze anzuwenden, die er für die Regelung der Benutzung des Eigentums im Einklang mit dem allgemeinen Interesse oder zur Sicherung der Zahlung der Steuern oder sonstigen Abgaben oder von Geldstrafen für erforderlich hält.“

(1) Artikel II-112 Absatz 2 der Verfassung.

(2) Artikel II-76 der Verfassung.

(3) Artikel II-112 Absatz 1 der Verfassung.

(4) Artikel II-77 der Verfassung.

Es handelt sich um ein gemeinsames Grundrecht aller einzelstaatlichen Verfassungen. Es wurde mehrfach durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs — zum ersten Mal in dem Urteil Hauer (13. Dezember 1979, Slg. 1979, S. 3727) — bekräftigt. Die Formulierung wurde zeitgemäßer gestaltet, doch hat dieses Recht nach Artikel 52 Absatz 3 (1) die gleiche Bedeutung und die gleiche Tragweite wie das in der EMRK garantierte Recht, wobei nicht über die in der EMRK vorgesehenen Einschränkungen hinausgegangen werden darf.

Der Schutz des geistigen Eigentums ist zwar ein Aspekt des Eigentumsrechts, er wird jedoch aufgrund seiner zunehmenden Bedeutung und aufgrund des abgeleiteten Gemeinschaftsrechts in Absatz 2 ausdrücklich aufgeführt. Das geistige Eigentum umfasst neben dem literarischen und dem künstlerischen Eigentum unter anderem das Patent- und Markenrecht sowie die verwandten Schutzrechte. Die in Absatz 1 vorgesehenen Garantien gelten sinngemäß für das geistige Eigentum.

 

Artikel 18 (2)

 

Asylrecht

 

Das Recht auf Asyl wird nach Maßgabe des Genfer Abkommens vom 28. Juli 1951 und des Protokolls vom 31. Januar 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge sowie nach Maßgabe der Verfassung gewährleistet.

 

Erläuterung

 

Der Wortlaut des Artikels stützte sich auf Artikel 63 EGV, der nunmehr durch Artikel III-266 der Verfassung ersetzt wurde und der die Union zur Einhaltung der Genfer Flüchtlingskonvention verpflichtet. Es sei auf die dem Amsterdamer Vertrag bzw. der Verfassung beigefügten Protokolle über das Vereinigte Königreich und Irland sowie Dänemark verwiesen, um zu bestimmen, inwieweit diese Mitgliedstaaten das diesbezügliche Unionsrecht anwenden und inwieweit dieser Artikel auf sie Anwendung findet. Dieser Artikel berücksichtigt das der Verfassung beigefügte Protokoll über die Gewährung von Asyl.

 

Artikel 19 (3)

 

Schutz bei Abschiebung, Ausweisung und Auslieferung

 

(1) Kollektivausweisungen sind nicht zulässig.

(2) Niemand darf in einen Staat abgeschoben oder ausgewiesen oder an einen Staat ausgeliefert werden, in dem für sie oder ihn das ernsthafte Risiko der Todesstrafe, der Folter oder einer anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung besteht.

 

Erläuterung

 

Absatz 1 dieses Artikels hat hinsichtlich der Kollektivausweisungen die gleiche Bedeutung und Tragweite wie Artikel 4 des Zusatzprotokolls Nr. 4 zur EMRK. Hiermit soll gewährleistet werden, dass jeder Beschluss gesondert geprüft wird und dass nicht beschlossen werden kann, alle Menschen, die die Staatsangehörigkeit eines bestimmten Staates besitzen, mit einer einzigen Maßnahme auszuweisen (siehe auch Artikel 13 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte).

Mit Absatz 2 wird die einschlägige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Artikel 3 EMRK (siehe Ahmed gegen Österreich, Urteil vom 17. Dezember 1996, Slg. EGMR 1996, S. VI-2206 und Soering, Urteil vom 7. Juli 1989) übernommen.

(1) Artikel II-112 Absatz 3 der Verfassung.

(2) Artikel II-78 der Verfassung.

(3) Artikel II-79 der Verfassung.

 

TITEL III

 

GLEICHHEIT

 

Artikel 20 (1)

 

Gleichheit vor dem Gesetz

 

Alle Personen sind vor dem Gesetz gleich.

 

Erläuterung

 

Dieser Artikel entspricht dem allgemeinen Rechtsprinzip, das in allen europäischen Verfassungen verankert ist und das der Gerichtshof als ein Grundprinzip des Gemeinschaftsrechts angesehen hat (Urteil vom 13. November 1984, Rechtssache 283/83, Racke, Slg. 1984, S. 3791, Urteil vom 17. April 1997, Rechtssache C-15/95, EARL, Slg. 1997, S. I-1961 und Urteil vom 13. April 2000, Rechtssache C-292/97, Karlsson, Slg. 2000 S. 2737).

 

Artikel 21 (2)

 

Nichtdiskriminierung

(1) Diskriminierungen insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen Herkunft, der genetischen Merkmale, der Sprache, der Religion oder der Weltanschauung, der politischen oder sonstigen Anschauung, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung

sind verboten.

(2) Unbeschadet besonderer Bestimmungen der Verfassung ist in ihrem Anwendungsbereich jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten.

Erläuterung

Absatz 1 lehnt sich an Artikel 13 EGV, der nun durch Artikel III-124 der Verfassung ersetzt wurde, und Artikel 14 EMRK sowie an Artikel 11 des Übereinkommens über Menschenrechte und Biomedizin in Bezug auf das genetische Erbe an. Soweit er mit Artikel 14 EMRK zusammenfällt, findet er nach diesem Artikel Anwendung.

Absatz 1 und Artikel III-124 der Verfassung, der einen anderen Anwendungsbereich hat und einen anderen Zweck verfolgt, stehen nicht in Widerspruch zueinander und sind nicht unvereinbar miteinander: In Artikel III-124 wird der Union die Zuständigkeit übertragen, Gesetzgebungsakte — unter anderem auch betreffend die Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten — zur Bekämpfung bestimmter Formen der Diskriminierung, die in diesem Artikel erschöpfend aufgezählt sind, zu erlassen. Diese Rechtsvorschriften können Maßnahmen der Behörden der Mitgliedstaaten (sowie die Beziehungen zwischen Privatpersonen) in jedem Bereich innerhalb der Grenzen der

Zuständigkeiten der Union umfassen. In Absatz 1 des Artikels 21 (3) hingegen wird weder eine Zuständigkeit zum Erlass von Antidiskriminierungsgesetzen in diesen Bereichen des Handelns von Mitgliedstaaten oder Privatpersonen geschaffen noch ein umfassendes Diskriminierungsverbot in diesen Bereichen festgelegt. Vielmehr behandelt er die Diskriminierung seitens der Organe und Einrichtungen der Union im Rahmen der Ausübung der ihr nach anderen Artikeln der Teile I und III der Verfassung zugewiesenen Zuständigkeiten und seitens der Mitgliedstaaten im Rahmen der

 (1) Artikel II-80 der Verfassung.

(2) Artikel II-81 der Verfassung.

(3) Artikel II-81 der Verfassung.

Umsetzung des Unionsrechts. Mit Absatz 1 wird daher weder der Umfang der nach Artikel III‑124 zugewiesenen Zuständigkeiten noch die Auslegung dieses Artikels geändert.

Absatz 2 entspricht Artikel I-4 Absatz 2 der Verfassung und findet entsprechend Anwendung.

 

Artikel 22 (1)

 

Vielfalt der Kulturen, Religionen und Sprachen

 

Die Union achtet die Vielfalt der Kulturen, Religionen und Sprachen.

 

Erläuterung

 

Dieser Artikel stützte sich auf Artikel 6 des Vertrags über die Europäische Union und auf Artikel 151 Absätze 1 und 4 EGV in Bezug auf die Kultur, der nunmehr durch Artikel III-280 Absätze 1 und 4 der Verfassung ersetzt wurde. Die Achtung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt ist nunmehr auch in Artikel I-3 Absatz 3 der Verfassung verankert.

Der vorliegende Artikel lehnt sich ebenfalls an die Erklärung Nr. 11 zur Schlussakte des Vertrags von Amsterdam betreffend den Status der Kirchen und weltanschauliche Gemeinschaften an, deren Inhalt nunmehr in Artikel I-52 der Verfassung aufgenommen wurde.

 

Artikel 23 (2)

 

Gleichheit von Frauen und Männern

 

Die Gleichheit von Frauen und Männern ist in allen Bereichen, einschließlich der Beschäftigung, der Arbeit und des Arbeitsentgelts, sicherzustellen.

Der Grundsatz der Gleichheit steht der Beibehaltung oder der Einführung spezifischer Vergünstigungen für das unterrepräsentierte Geschlecht nicht entgegen.

 

Erläuterung

 

Absatz 1 dieses Artikels stützte sich auf Artikel 2 und Artikel 3 Absatz 2 EGV, die nunmehr durch die Artikel I-3 und III-116 der Verfassung ersetzt wurden und die die Union auf das Ziel der Förderung der Gleichstellung von Männern und Frauen verpflichten, sowie auf Artikel 141 Absatz 1 EGV, der nunmehr durch Artikel III-214 Absatz 1 der Verfassung ersetzt wurde. Er lehnt sich an Artikel 20 der revidierten Europäischen Sozialcharta vom 3. Mai 1996 und an Nummer 16 der Gemeinschaftscharta der Arbeitnehmerrechte an.

Er stützt sich auch auf Artikel 141 Absatz 3 EGV, der nunmehr durch Artikel III-214 Absatz 3 der Verfassung ersetzt wurde, und auf Artikel 2 Absatz 4 der Richtlinie 76/207/EWG des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen.

Absatz 2 übernimmt in einer kürzeren Formulierung Artikel III-214 Absatz 4 der Verfassung, wonach der Grundsatz der Gleichbehandlung der Beibehaltung oder der Einführung spezifischer Vergünstigungen zur Erleichterung der Berufstätigkeit des unterrepräsentierten Geschlechts oder zur Verhinderung oder zum Ausgleich von Benachteiligungen

(1) Artikel II-82 der Verfassung.

(2) Artikel II-83 der Verfassung.

in der beruflichen Laufbahn nicht entgegensteht. Nach Artikel 52 Absatz 2 (1) ändert dieser Absatz nicht Artikel III-214 Absatz 4.

 

Artikel 24 (2)

 

Rechte des Kindes

 

(1) Kinder haben Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge, die für ihr Wohlergehen notwendig sind. Sie können ihre Meinung frei äußern. Ihre Meinung wird in den Angelegenheiten, die siebetreffen, in einer ihrem Alter und ihrem Reifegrad entsprechenden Weise berücksichtigt.

(2) Bei allen Kinder betreffenden Maßnahmen öffentlicher oder privater Einrichtungen muss das Wohl des Kindes eine vorrangige Erwägung sein.

(3) Jedes Kind hat Anspruch auf regelmäßige persönliche Beziehungen und direkte Kontakte zu beiden Elternteilen, es sei denn, dies steht seinem Wohl entgegen.

 

Erläuterung

 

Dieser Artikel stützt sich auf das am 20. November 1989 unterzeichnete und von allen Mitgliedstaaten ratifizierte Übereinkommen von New York über die Rechte des Kindes, insbesondere auf die Artikel 3, 9, 12 und 13 dieses Übereinkommens.

Mit Absatz 3 wird der Umstand berücksichtigt, dass als Teil der Errichtung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts die Gesetzgebung der Union in Bereichen des Zivilrechts mit grenzüberschreitenden Bezügen - für die in Artikel III-269 der Verfassung die entsprechende Zuständigkeit vorgesehen ist - insbesondere auch das Umgangsrecht umfassen kann, mit dem sichergestellt wird, dass Kinder regelmäßige persönliche Beziehungen und direkte Kontakte zu beiden Elternteilen unterhalten können.

 

Artikel 25 (3)

 

Rechte älterer Menschen

 

Die Union anerkennt und achtet das Recht älterer Menschen auf ein würdiges und unabhängiges  Leben und auf Teilnahme am sozialen und kulturellen Leben.

 

Erläuterung

 

Dieser Artikel lehnt sich an Artikel 23 der revidierten Europäischen Sozialcharta und an die Artikel 24 und 25 der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer an. Die Teilnahme am sozialen und kulturellen Leben umfasst natürlich auch die Teilnahme am politischen Leben.

(1) Artikel II-112 Absatz 2 der Verfassung.

(2) Artikel II-84 der Verfassung.

(3) Artikel II-85 der Verfassung.

 

Artikel 26 (1)

 

Integration von Menschen mit Behinderung

 

Die Union anerkennt und achtet den Anspruch von Menschen mit Behinderung auf Maßnahmen zur Gewährleistung ihrer Eigenständigkeit, ihrer sozialen und beruflichen Eingliederung und ihrer Teilnahme am Leben der Gemeinschaft.

 

Erläuterung

 

Der in diesem Artikel aufgeführte Grundsatz stützt sich auf Artikel 15 der Europäischen Sozialcharta und lehnt sich ferner an Nummer 26 der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer an.

 

TITEL IV

 

SOLIDARITÄT

 

Artikel 27 (2)

 

Recht auf Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Unternehmen

 

Für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer oder ihre Vertreter muss auf den geeigneten Ebenen eine rechtzeitige Unterrichtung und Anhörung in den Fällen und unter den Voraussetzungen gewährleistet sein, die nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten vorgesehen sind.

 

Erläuterung

 

Dieser Artikel ist in der revidierten Europäischen Sozialcharta (Artikel 21) und in der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer (Nummern 17 und 18) enthalten. Er gilt unter den im Unionsrecht und in den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten vorgesehenen Bedingungen. Die Bezugnahme auf die geeigneten Ebenen verweist auf die nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehenen Ebenen, was die europäische Ebene einschließen kann, wenn die Rechtsvorschriften der Union dies vorsehen. Die Union verfügt diesbezüglich über einen beachtlichen Besitzstand: Artikel III-211 und III-212 der Verfassung, die Richtlinien 2002/14/EG (allgemeinerRahmen für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft), 98/59/EG

(Massenentlassungen), 2001/23/EG (Übergang von Unternehmen) und 94/45/EG (Europäischer Betriebsrat).

 

Artikel 28 (3)

 

Recht auf Kollektivverhandlungen und Kollektivmaßnahmen

 

Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber oder ihre jeweiligen Organisationen haben nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten das Recht, Tarifverträge auf den geeigneten Ebenen auszuhandeln und zu schließen sowie bei Interessenkonflikten kollektive Maßnahmen zur Verteidigung ihrer Interessen, einschließlich Streiks, zu ergreifen.

(1) Artikel II-86 der Verfassung.

(2) Artikel II-87 der Verfassung.

(3) Artikel II-88 der Verfassung.

 

Erläuterung

 

Dieser Artikel stützt sich auf Artikel 6 der Europäischen Sozialcharta sowie auf die Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer (Nummern 12 bis 14). Das Recht auf kollektive Maßnahmen wurde vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte als einer der Bestandteile des gewerkschaftlichen Vereinigungsrechts anerkannt, das durch Artikel 11 EMRK festgeschrieben ist. Was die geeigneten Ebenen betrifft, auf denen die Tarifverhandlungen stattfinden können, so wird auf die Erläuterung zum vorhergehenden Artikel verwiesen. Die Modalitäten und Grenzen für die Durchführung von Kollektivmaßnahmen, darunter auch Streiks, werden durch die einzelstaatlichen

Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten geregelt; dies gilt auch für die Frage, ob diese Maßnahmen in mehreren Mitgliedstaaten parallel durchgeführt werden können.

 

Artikel 29 (1)

 

Recht auf Zugang zu einem Arbeitsvermittlungsdienst

 

Jeder Mensch hat das Recht auf Zugang zu einem unentgeltlichen Arbeitsvermittlungsdienst.

 

Erläuterung

 

Dieser Artikel stützt sich auf Artikel 1 Absatz 3 der Europäischen Sozialcharta sowie auf Nummer 13 der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer.

 

Artikel 30 (2)

 

Schutz bei ungerechtfertigter Entlassung

 

Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten Anspruch auf Schutz vor ungerechtfertigter Entlassung.

 

Erläuterung

 

Dieser Artikel lehnt sich an Artikel 24 der revidierten Sozialcharta an. Siehe auch die Richtlinien 2001/23/EG über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen und 80/987/EWG über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers, geändert durch die Richtlinie 2002/74/EG.

 

Artikel 31 (3)

 

Gerechte und angemessene Arbeitsbedingungen

 

(1) Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat das Recht auf gesunde, sichere und würdige Arbeitsbedingungen.

(2) Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat das Recht auf eine Begrenzung der Höchstarbeitszeit, auf tägliche und wöchentliche Ruhezeiten sowie auf bezahlten Jahresurlaub.

(1) Artikel II-89 der Verfassung.

(2) Artikel II-90 der Verfassung.

(3) Artikel II-91 der Verfassung.

 

Erläuterung

 

1. Absatz 1 dieses Artikels stützt sich auf die Richtlinie 89/391/EWG über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz. Er lehnt sich ferner an Artikel 3 der Sozialcharta und Nummer 19 der Gemeinschaftscharta der Arbeitnehmerrechte sowie hinsichtlich des Rechts auf Würde am Arbeitsplatz an Artikel 26 der revidierten Sozialcharta an. Der Begriff „Arbeitsbedingungen“ ist im Sinne des Artikels III-213 der Verfassung zu verstehen.

2. Absatz 2 stützt sich auf die Richtlinie 93/104/EG über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung sowie auf Artikel 2 der Europäischen Sozialcharta und auf Nummer 8 der Gemeinschaftscharta der Arbeitnehmerrechte.

 

Artikel 32 (1)

 

Verbot der Kinderarbeit und Schutz der Jugendlichen am Arbeitsplatz Kinderarbeit ist verboten. Unbeschadet günstigerer Vorschriften für Jugendliche und abgesehen von begrenzten Ausnahmen darf das Mindestalter für den Eintritt in das Arbeitsleben das Alter, in dem

die Schulpflicht endet, nicht unterschreiten.

Zur Arbeit zugelassene Jugendliche müssen ihrem Alter angepasste Arbeitsbedingungen erhalten und vor wirtschaftlicher Ausbeutung und vorjeder Arbeit geschützt werden, die ihre Sicherheit, ihre Gesundheit, ihre körperliche, geistige, sittliche oder soziale Entwicklung beeinträchtigen oder ihre Erziehung gefährden könnte.

 

Erläuterung

 

Dieser Artikel stützt sich auf die Richtlinie 94/33/EG über den Jugendarbeitsschutz sowie auf Artikel 7 der Europäischen Sozialcharta und auf die Nummern 20 bis 23 der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer.

 

Artikel 33 (2)

 

Familien- und Berufsleben

 

(1) Der rechtliche, wirtschaftliche und soziale Schutz der Familie wird gewährleistet.

(2) Um Familien- und Berufsleben miteinander in Einklang bringen zu können, hat jeder Mensch das Recht auf Schutz vor Entlassung aus einem mit der Mutterschaft zusammenhängenden Grund sowie den Anspruch auf einen bezahlten Mutterschaftsurlaub und auf einen Elternurlaub nach der Geburt oder Adoption eines Kindes.

 

Erläuterung

 

Artikel 33 (2) Absatz 1 stützt sich auf Artikel 16 der Europäischen Sozialcharta.

(1) Artikel II-92 der Verfassung.

(2) Artikel II-93 der Verfassung.

Absatz 2 lehnt sich an die Richtlinie 92/85/EWG über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz und an die Richtlinie 96/34/EG zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Elternurlaub an. Er stützt sich ferner auf Artikel 8 (Mutterschutz) der Europäischen Sozialcharta und lehnt sich an Artikel 27 (Recht der Arbeitnehmer mit Familienpflichten auf Chancengleichheit und Gleichbehandlung) der revidierten Sozialcharta an. Der Begriff „Mutterschaft“ deckt den Zeitraum von der Zeugung bis

zum Stillen des Kindes ab.

 

Artikel 34 (1)

 

Soziale Sicherheit und soziale Unterstützung

 

(1) Die Union anerkennt und achtet das Recht auf Zugang zu den Leistungen der sozialen Sicherheit und zu den sozialen Diensten, die in Fällen wie Mutterschaft, Krankheit, Arbeitsunfall, Pflegebedürftigkeit oder im Alter sowie bei Verlust des Arbeitsplatzes Schutz gewährleisten, nach

Maßgabe des Unionsrechts und der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten.

(2) Jeder Mensch, der in der Union seinen rechtmäßigen Wohnsitz hat und seinen Aufenthalt rechtmäßig wechselt, hat Anspruch auf die Leistungen der sozialen Sicherheit und die sozialen Vergünstigungen nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und

Gepflogenheiten.

(3) Um die soziale Ausgrenzung und die Armut zu bekämpfen, anerkennt und achtet die Union das Recht auf eine soziale Unterstützung und eine Unterstützung für die Wohnung, die allen, die nicht über ausreichende Mittel verfügen, ein menschenwürdiges Dasein sicherstellen sollen, nach Maßgabe des Unionsrechts und der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten.

 

Erläuterung

 

Der in Artikel 34 (1) Absatz 1 aufgeführte Grundsatz stützt sich auf die Artikel 137 und 140 EGV, nunmehr ersetzt durch Artikel III-210 und III-213 der Verfassung, sowie auf Artikel 12 der Europäischen Sozialcharta und auf Nummer 10 der Gemeinschaftscharta der Arbeitnehmerrechte. Er ist von der Union zu wahren, wenn sie im Rahmen ihrer Zuständigkeiten nach Artikel III-210 und III-213 der Verfassung tätig wird. Durch den Hinweis auf die sozialen Dienste sollen die Fälle erfasst werden, in denen derartige Dienste eingerichtet wurden, um bestimmte Leistungen

sicherzustellen; dies bedeutet aber keineswegs, dass solche Dienste eingerichtet werden müssen, wo sie nicht bestehen.

Der Begriff „Mutterschaft“ ist im Sinne des vorangehenden Artikels zu verstehen.

Absatz 2 stützt sich auf Artikel 12 Absatz 4 und Artikel 13 Absatz 4 der Europäischen Sozialcharta sowie aufNummer 2 der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer und spiegelt die Regeln wider, die sich aus den Verordnungen (EWG) Nr. 1408/71 und Nr. 1612/68 ergeben.

Absatz 3 lehnt sich an Artikel 13 der Europäischen Sozialcharta und die Artikel 30 und 31 der revidierten Sozialcharta sowie an Nummer 10 der Gemeinschaftscharta an. Er ist von der Union im Rahmen der Politiken zu wahren, die auf Artikel III-210 der Verfassung beruhen.

(1) Artikel II-94 der Verfassung.

 

Artikel 35 (1)

 

Gesundheitsschutz

 

Jeder Mensch hat das Recht auf Zugang zur Gesundheitsvorsorge und auf ärztliche Versorgung nach Maßgabe der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten. Bei der Festlegung und Durchführung der Politik und Maßnahmen der Union in allen Bereichen wird ein hohes Gesundheitsschutzniveau sichergestellt.

 

Erläuterung

 

Die in diesem Artikel enthaltenen Grundsätze stützen sich auf Artikel 152 EGV, der nunmehr durch Artikel III-278 der Verfassung ersetzt wurde, sowie auf die Artikel 11 und 13 der Europäischen Sozialcharta. Satz 2 entspricht Artikel III-278 Absatz 1.

 

Artikel 36 (2)

 

Zugang zu Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse

Die Union anerkennt und achtet den Zugang zu Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse, wie er durch die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten im Einklang mit der Verfassung geregelt ist, um den sozialen und territorialen Zusammenhalt der Union zu fördern.

Erläuterung

Dieser Artikel steht vollauf im Einklang mit Artikel III-122 der Verfassung und begründet kein neues Recht. Er stellt lediglich den Grundsatz auf, dass die Union den Zugang zu den Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse nach den einzelstaatlichen Bestimmungen achtet, sofern diese mit dem Unionsrecht vereinbar sind.

 

Artikel 37 (3)

 

Umweltschutz

 

Ein hohes Umweltschutzniveau und die Verbesserung der Umweltqualität müssen in die Politik der Union einbezogen und nach dem Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung sichergestellt werden.

 

Erläuterung

 

Die in diesem Artikel enthaltenen Grundsätze stützten sich auf die Artikel 2, 6 und 174 EGV, die nunmehr durch

Artikel I-3 Absatz 3 sowie die Artikel III-119 und III-233 der Verfassung ersetzt wurden.

Er lehnt sich auch an die Verfassungsbestimmungen einiger Mitgliedstaaten an.

(1) Artikel II-95 der Verfassung.

(2) Artikel II-96 der Verfassung.

(3) Artikel II-97 der Verfassung.

 

Artikel 38 (1)

 

Verbraucherschutz

Die Politik der Union stellt ein hohes Verbraucherschutzniveau sicher.

 

Erläuterung

 

Der in diesem Artikel enthaltene Grundsatz stützte sich auf Artikel 153 EGV, nunmehr ersetzt durch Artikel III-235 der Verfassung.

 

TITEL V

 

BÜRGERRECHTE

 

Artikel 39 (2)

 

Aktives und passives Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament

 

(1) Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger besitzen in dem Mitgliedstaat, in dem sie ihren Wohnsitz haben, das aktive und passive Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament unter denselben Bedingungen wie die Angehörigen des betreffenden Mitgliedstaats.

(2) Die Mitglieder des Europäischen Parlaments werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier und geheimer Wahl gewählt.

 

Erläuterung

 

Artikel 39 (3) findet nach Artikel 52 Absatz 2 der Charta (4) im Rahmen der in den Teilen I und III der Verfassung festgelegten Bedingungen Anwendung. Absatz 1 des Artikels 39 (3) entspricht dem Recht, das durch Artikel I-10 Absatz 2 der Verfassung garantiert ist (siehe auch die Rechtsgrundlage in Artikel III-126 für die Festlegung der Einzelheiten für die Ausübung dieses Rechts), und Absatz 2 dieses Artikels entspricht Artikel I-20 Absatz 2 der Verfassung. Artikel 39 (3) Absatz 2 gibt die Grundprinzipien für die Durchführung von Wahlen in einem

demokratischen System wieder.

 

Artikel 40 (5)

 

Aktives und passives Wahlrecht bei den Kommunalwahlen

 

Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger besitzen in dem Mitgliedstaat, in dem sie ihren Wohnsitz haben, das aktive und passive Wahlrecht bei Kommunalwahlen unter denselben Bedingungen wie die Angehörigen des betreffenden Mitgliedstaats.

(1) Artikel II-98 der Verfassung.

(2) Artikel II-99 der Verfassung.

(3) Artikel II-99 der Verfassung.

(4) Artikel II-112 Absatz 2 der Verfassung.

(5) Artikel II-100 der Verfassung.

 

Erläuterung

 

Dieser Artikel entspricht dem Recht, das durch Artikel I-10 Absatz 2 der Verfassung garantiert ist (siehe auch die Rechtsgrundlage in Artikel III-126 für die Festlegung der Einzelheiten für die Ausübung dieses Rechts). Nach Artikel 52 Absatz 2 (1) findet er im Rahmen der in diesen Artikeln in den Teilen I und III der Verfassung festgelegten Bedingungen Anwendung.

 

Artikel 41 (2)

 

Recht auf eine gute Verwaltung

 

(1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass ihre Angelegenheiten von den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union unparteiisch, gerecht und innerhalb einer angemessenen Frist behandelt werden.

(2) Dieses Recht umfasst insbesondere

a) das Recht jeder Person, gehört zu werden, bevor ihr gegenüber eine für sie nachteilige individuelle Maßnahme getroffen wird,

b) das Recht jeder Person auf Zugang zu den sie betreffenden Akten unter Wahrung des berechtigten Interesses der Vertraulichkeit sowie des Berufs- und Geschäftsgeheimnisses,

c) die Verpflichtung der Verwaltung, ihre Entscheidungen zu begründen.

(3) Jede Person hat Anspruch darauf, dass die Union den durch ihre Organe oder Bediensteten in Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursachten Schaden nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen ersetzt, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind.

(4) Jede Person kann sich in einer der Sprachen der Verfassung an die Organe der Union wenden und muss eine Antwort in derselben Sprache erhalten.

 

Erläuterung

 

Artikel 41 (2) ist auf das Bestehen der Union als eine Rechtsgemeinschaft gestützt, deren charakteristische Merkmale sich durch die Rechtsprechung entwickelt haben, die unter anderem eine gute Verwaltung als allgemeinen Rechtsgrundsatz festgeschrieben hat (siehe u. a. das Urteil des Gerichtshofs vom 31. März 1992 (Rechtssache C-255/90 P, Burban, Slg. 1992, S. I-2253) sowie die Urteile des Gerichts erster Instanz vom 18. September 1995 (Rechtssache T‑167/94, Nölle, Slg. 1995, S. II-2589) und vom 9. Juli 1999 (Rechtssache T-231/97, New Europe Consulting und andere, Slg. 1999, S. II-2403). Dieses Recht in der in den ersten beiden Absätzen dargestellten Form ergibt sich aus der Rechtsprechung (Urteile des Gerichtshofs vom 15. Oktober 1987 (Rechtssache 222/86, Heylens, Slg. 1987, S. 4097, Randnr. 15), vom 18. Oktober 1989 (Rechtssache 374/87, Orkem, Slg. 1989, S. 3283) und vom 21. November 1991 (Rechtssache C-269/90, TU München, Slg. 1991, S. I-5469) sowie die Urteile des Gerichts erster Instanz vom 6. Dezember 1994 (Rechtssache T-450/93, Lisrestal, Slg. 1994, S. II-1177) und vom 18. September 1995 (Rechtssache T-167/94, Nölle, Slg. 1995, S. II-258)) und — bezüglich der Pflicht zur Begründung — aus Artikel 253 EGV, der nunmehr durch Artikel I-38 Absatz 2 der Verfassung ersetzt wurde, siehe ferner die Rechtsgrundlage in Artikel III-398 der Verfassung für die Annahme gesetzlicher Bestimmungen im Interesse einer offenen, effizienten und unabhängigen europäischen Verwaltung.

(1) Artikel II-112 Absatz 2 der Verfassung.

(2) Artikel II-101 der Verfassung.

In Absatz 3 ist das nunmehr durch Artikel III-431 der Verfassung garantierte Recht aufgeführt. In Absatz 4 ist das nunmehr durch Artikel I-10 Absatz 2 Buchstabe d und Artikel III-129 der Verfassung garantierte Recht aufgeführt.

Nach Artikel 52 Absatz 2 (1) finden diese Rechte im Rahmen der in Teil III der Verfassung festgelegten Bedingungen und Grenzen Anwendung.

Das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf, das hierbei eine wichtige Rolle spielt, wird durch Artikel 47 der Charta (2) gewährleistet.

 

Artikel 42 (3)

 

Recht auf Zugang zu Dokumenten

 

Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat haben das Recht auf Zugang zu den Dokumenten der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, unabhängig von der Form der für diese Dokumente verwendeten Träger.

 

Erläuterung

 

Das in diesem Artikel garantierte Recht wurde aus Artikel 255 EGV, auf dessen Grundlage in der Folge die Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 angenommen wurde, übernommen. Der Europäische Konvent hat dieses Recht auf Dokumente der Organe, Einrichtungen, Ämter und Agenturen der Union im Allgemeinen ausgeweitet, ungeachtet ihrer Form (siehe Artikel I-50 Absatz 3 der Verfassung). Nach Artikel 52 Absatz 2 der Charta (4) wird das Recht auf Zugang zu Dokumenten im Rahmen der in den Artikeln I-50 Absatz 3 und Artikeln III-399 der Verfassung festgelegten Bedingungen und Grenzen ausgeübt.

 

Artikel 43 (5)

 

Der Europäische Bürgerbeauftragte

 

Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat haben das Recht, den Europäischen Bürgerbeauftragten im Falle von Missständen bei der Tätigkeit der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, mit Ausnahme des Gerichtshofs der Europäischen Union in Ausübung seiner Rechtsprechungsbefugnisse, zu befassen.

 

Erläuterung

 

Das in diesem Artikel garantierte Recht ist das Recht, das durch die Artikel I‑10 und III‑335 der Verfassung garantiert ist. Nach Artikel 52 Absatz 2 (1) findet es im Rahmen der in diesen beiden Artikeln festgelegten Bedingungen Anwendung.

(1) Artikel II-112 Absatz 2 der Verfassung.

(2) Artikel II-107 der Verfassung.

(3) Artikel II-102 der Verfassung.

(4) Artikel II-112 Absatz 2 der Verfassung.

(5) Artikel II-103 der Verfassung.

 

Artikel 44 (1)

 

Petitionsrecht

 

Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat haben das Recht, eine Petition an das Europäische Parlament zu richten.

 

Erläuterung

 

Das in diesem Artikel garantierte Recht ist das Recht, das durch die Artikel I-10 und III-334 der Verfassung garantiert ist. Nach Artikel 52 Absatz 2 (2) findet es im Rahmen der in diesen beiden Artikeln festgelegten Bedingungen Anwendung.

 

Artikel 45 (3)

 

Freizügigkeit und Aufenthaltsfreiheit

 

(1) Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger haben das Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten.

(2) Staatsangehörigen dritter Länder, die sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufhalten, kann nach Maßgabe der Verfassung Freizügigkeit und Aufenthaltsfreiheit gewährt werden.

 

Erläuterung

 

Das in Absatz 1 garantierte Recht ist das Recht, das durch Artikel I-10 Absatz 2 Buchstabe a der Verfassung garantiert ist (vgl. auch die Rechtsgrundlage in Artikel II-125 und das Urteil des Gerichtshofs vom 17. September 2002, Rechtssache C-413/99, Baumbast, Slg. 2002, S. I-7091). Nach Artikel 52 Absatz 2 (2) findet es im Rahmen der Bedingungen und Grenzen Anwendung, die in Teil III der Verfassung vorgesehen sind.

Absatz 2 erinnert an die der Union durch die Artikel III-265 bis III-267 der Verfassung erteilte Zuständigkeit. Daraus folgt, dass die Gewährung dieses Rechts von der Ausübung dieser Zuständigkeit durch die Organe abhängt.

 

Artikel 46 (4)

 

Diplomatischer und konsularischer Schutz

 

Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger genießen im Hoheitsgebiet eines Drittlands, in dem der Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen, nicht vertreten ist, den Schutz durch die diplomatischen und konsularischen Stellen eines jeden Mitgliedstaats unter denselben Bedingungen wie Staatsangehörige dieses Staates.

(1) Artikel II-104 der Verfassung.

(2) Artikel II-112 Absatz 2 der Verfassung.

(3) Artikel II-105 der Verfassung.

(4) Artikel II-106 der Verfassung.

 

Erläuterung

 

Das in diesem Artikel garantierte Recht ist das Recht, das durch Artikel I‑10 der Verfassung garantiert ist (siehe auch die Rechtsgrundlage in Artikel III-127 der Verfassung). Nach Artikel 52 Absatz 2 (1) findet es im Rahmen der in diesen Artikeln festgelegten Bedingungen Anwendung.

 

TITEL VI

 

JUSTIZIELLE RECHTE

 

Artikel 47 (2)

 

Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht Jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, hat das Recht, nach Maßgabe der in diesem Artikel vorgesehen Bedingungen bei einem Gericht einen

wirksamen Rechtsbehelf einzulegen.

Jede Person hat ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Jede Person kann sich beraten, verteidigen und vertreten lassen. Personen, die nicht über ausreichende Mittel verfügen, wird Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit diese Hilfe erforderlich ist, um den Zugang zu den Gerichten wirksam zu gewährleisten.

 

Erläuterung

 

Absatz 1 stützt sich auf Artikel 13 EMRK:

„Jede Person, die in ihren in dieser Konvention anerkannten Rechten oder Freiheiten verletzt worden ist, hat das Recht, bei einer innerstaatlichen Instanz eine wirksame Beschwerde zu erheben, auch wenn die Verletzung von Personen begangen worden ist, die in amtlicher Eigenschaft gehandelt haben.“

Im Unionsrecht wird jedoch ein umfassenderer Schutz gewährt, da ein Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf bei einem Gericht garantiert wird. Der Gerichtshof hat dieses Recht in seinem Urteil vom 15. Mai 1986 als allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts festgeschrieben (Rechtssache 222/84, Johnston, Slg. 1986, S. 1651); siehe auch die Urteile vom 15. Oktober 1987 (Rechtssache 222/86, Heylens, Slg. 1987, S. 4097) und vom 3. Dezember 1992 (Rechtssache C-97/91, Borelli, Slg. 1992, S. I‑6313). Nach Auffassung des Gerichtshofs gilt dieser allgemeine Grundsatz des Unionsrechts auch für die Mitgliedstaaten, wenn sie das Unionsrecht anwenden. Die Übernahme dieser

Rechtsprechung des Gerichtshofs in die Charta zielte nicht darauf ab, das in den Verträgen vorgesehene Rechtsschutzsystem und insbesondere nicht die Bestimmungen über die Zulässigkeit direkter Klagen beim Gerichtshofder Europäischen Union zu ändern. Der Europäische Konvent hat sich mit dem System des gerichtlichen Rechtsschutzes der Union, einschließlich der Zulässigkeitsvorschriften, befasst und hat es mit einigen Änderungen, die in die Artikel III-353 bis III-381 der Verfassung und insbesondere in Artikel III-365 Absatz 4 eingeflossen sind, bestätigt.

Artikel 47 (2) gilt gegenüber den Organen der Union und den Mitgliedstaaten, wenn diese das Unionsrecht anwenden,

und zwar für sämtliche durch das Unionsrecht garantierte Rechte.

(1) Artikel II-112 Absatz 2 der Verfassung.

(2) Artikel II-107 der Verfassung.

Absatz 2 entspricht Artikel 6 Absatz 1 EMRK, der wie folgt lautet:

„Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen undunparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder — soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält — wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.“

Im Unionsrecht gilt das Recht auf ein Gerichtsverfahren nicht nur für Streitigkeiten im Zusammenhang mit zivilrechtlichen Ansprüchen und Verpflichtungen. Dies ist eine der Folgen der Tatsache, dass die Union eineRechtsgemeinschaft ist, wie der Gerichtshof in der Rechtssache 294/83, „Les Verts“ gegen Europäisches Parlament (Urteil vom 23. April 1986, Slg. 1986, S. 1339) festgestellt hat. Mit Ausnahme ihres Anwendungsbereichs gelten dieGarantien der EMRK jedoch in der Union entsprechend.

In Bezug auf Absatz 3 sei darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte eine Prozesskostenhilfe zu gewähren ist, wenn mangels einer solchen Hilfe die Einlegung eines wirksamen Rechtsbehelfs nicht gewährleistet wäre (EGMR, Urteil vom 9.10.1979, Airey, Serie A, Band 32, S. 11). Es gibt auch ein Prozesskostenhilfesystem für die beim Gerichtshof der Europäischen Union anhängigen Rechtssachen.

 

Artikel 48 (1)

 

Unschuldsvermutung und Verteidigungsrechte

 

(1) Jeder Angeklagte gilt bis zum rechtsförmlich erbrachten Beweis seiner Schuld als unschuldig.

(2) Jedem Angeklagten wird die Achtung der Verteidigungsrechte gewährleistet.

 

Erläuterung

 

Artikel 48 entspricht Artikel 6 Absätze 2 und 3 EMRK, der wie folgt lautet:

„(2) Jede Person, die einer Straftat angeklagt ist, gilt bis zum gesetzlichen Beweis ihrer Schuld als unschuldig.

(3) Jede angeklagte Person hat mindestens folgende Rechte:

a) innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;

b) ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;

(1) Artikel II-108 der Verfassung.

c) sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;

d) Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;

e) unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.“

Nach Artikel 52 Absatz 3 (1) hat dieses Recht dieselbe Bedeutung und dieselbe Tragweite wie das durch die EMRK garantierte Recht.

 

Artikel 49 (2)

 

Grundsätze der Gesetzmäßigkeit und der Verhältnismäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen

 

(1) Niemand darf wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt werden, die zur Zeit ihrer Begehung nach innerstaatlichem oder internationalem Recht nicht strafbar war. Es darf auch keine schwerere Strafe als die zur Zeit der Begehung angedrohte Strafe verhängt werden. Wird nach

Begehung einer Straftat durch Gesetz eine mildere Strafe eingeführt, so ist diese zu verhängen.

(2) Dieser Artikel schließt nicht aus, dass eine Person wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt oder bestraft wird, die zur Zeit ihrer Begehung nach den allgemeinen, von der Gesamtheit der Nationen anerkannten Grundsätzen strafbar war.

(3) Das Strafmaß darf zur Straftat nicht unverhältnismäßig sein.

 

Erläuterung

 

In diesen Artikel ist die klassische Regel des Verbots der Rückwirkung von Gesetzen und Strafen in Strafsachen aufgenommen worden. Hinzugefügt wurde die in zahlreichen Mitgliedstaaten geltende und in Artikel 15 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte enthaltene Regel der Rückwirkung von milderen Strafrechtsvorschriften.

Artikel 7 EMRK lautet wie folgt:

„(1) Niemand darf wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt werden, die zur Zeit ihrer Begehung nach innerstaatlichem oder internationalem Recht nicht strafbar war. Es darf auch keine schwerere als die zur Zeit der Begehung angedrohte Strafe verhängt werden.

(2) Dieser Artikel schließt nicht aus, dass jemand wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt oder bestraft wird, die zur Zeit ihrer Begehung nach den von den zivilisierten Völkern anerkannten allgemeinen Rechtsgrundsätzen strafbar war.“

(1) Artikel II-112 Absatz 3 der Verfassung.

(2) Artikel II-109 der Verfassung.

Es wurde lediglich in Absatz 2 das Wort „zivilisierten“ gestrichen; der Sinn dieses Absatzes, der insbesondere auf die Verbrechen gegen die Menschlichkeit zielt, wird dadurch in keiner Weise verändert. Entsprechend Artikel 52 Absatz 3 (1) hat daher das garantierte Recht dieselbe Bedeutung und dieselbe Tragweite wie das von der EMRK garantierte Recht.

In Absatz 3 wurde der allgemeine Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von Straftat und Strafmaß aufgenommen, der durch die gemeinsamen verfassungsrechtlichen Traditionen der Mitgliedstaaten und die Rechtsprechung des

 

Artikel 50 (2)

 

Recht, wegen derselben Straftat nicht zweimal strafrechtlich verfolgt oder bestraft zu werden

 

Niemand darf wegen einer Straftat, derentwegen er bereits in der Union nach dem Gesetz rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, in einem Strafverfahren erneut verfolgt oder bestraft werden.

Erläuterung

 

Artikel 4 des Protokolls Nr. 7 zur EMRK lautet wie folgt:

(1) Niemand darf wegen einer Straftat, wegen der er bereits nach dem Gesetz und dem Strafverfahrensrecht eines Staates rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, in einem Strafverfahren desselben Staates erneut verfolgt oder bestraft werden.

(2) Absatz 1 schließt die Wiederaufnahme des Verfahrens nach dem Gesetz und dem Strafverfahrensrecht des betreffenden Staates nicht aus, falls neue oder neu bekannt gewordene Tatsachen vorliegen oder das vorausgegangene Verfahren schwere, den Ausgang des Verfahrens berührende Mängel aufweist.

(3) Von diesem Artikel darf nicht nach Artikel 15 der Konvention abgewichen werden.“

Die Regel „ne bis in idem“ wird im Unionsrecht angewandt (siehe in der umfangreichen Rechtsprechung Urteil vom 5. Mai 1966, Rechtssachen 18/65 und 35/65, Gutmann gegen Kommission, Slg. 1966, S. 150, und in jüngerer Zeit Urteil des Gerichts erster Instanz vom 20. April 1999, verbundene Rechtssachen T-305/94 und andere, Limburgse Vinyl Maatschappij NV gegen Kommission, Slg. 1999, S. II‑931). Es ist darauf hinzuweisen, dass die Regel des Verbots der Doppelbestrafung sich auf gleichartige Sanktionen, in diesem Fall durch ein Strafgericht verhängte Strafen, bezieht. Nach Artikel 50 (2) findet die Regel „ne bis in idem“ nicht nur innerhalb der Gerichtsbarkeit eines Staates, sondern auch zwischen den Gerichtsbarkeiten mehrerer Mitgliedstaaten Anwendung. Dies entspricht dem Rechtsbesitzstand der Union; siehe die Artikel 54 bis 58 des Schengener Durchführungsübereinkommens und dem Urteil des Gerichtshofes vom 11. Februar 2003, Rechtssache C-187/01 Gözütok (noch nicht veröffentlicht), Artikel 7 des Übereinkommens über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften sowie Artikel 10 des Übereinkommens über die Bekämpfung der Bestechung. Die klar eingegrenzten Ausnahmen, in denen die Mitgliedstaaten nach diesen Übereinkommen von der Regel „ne bis in idem“ abweichen können, sind von der horizontalen Klausel des Artikels 52 Absatz 1 (3) über die Einschränkungen abgedeckt. Was die in Artikel 4 des Protokolls Nr. 7 bezeichneten Fälle betrifft, nämlich die Anwendung des Grundsatzes in ein und demselben Mitgliedstaat, so hat das garantierte Recht dieselbe Bedeutung und dieselbe Tragweite wie das entsprechende Recht der EMRK.

(1) Artikel II-112 Absatz 3 der Verfassung.

(2) Artikel II-110 der Verfassung.

(3) Artikel II-112 Absatz 1 der Verfassung.

 

TITEL VII

 

ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN ÜBER DIE AUSLEGUNG UND ANWENDUNG DER CHARTA

 

Artikel 51 (1)

 

Anwendungsbereich

 

(1) Diese Charta gilt für die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips und für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union. Dementsprechend achten sie die Rechte, halten sie sich an die Grundsätze und fördern sie deren Anwendung entsprechend ihren jeweiligen Zuständigkeiten und unter Achtung der Grenzen der Zuständigkeiten, die der Union in anderen Teilen der Verfassung übertragen werden.

(2) Diese Charta dehnt den Geltungsbereich des Unionsrechts nicht über die Zuständigkeiten der Union hinaus aus und begründet weder neue Zuständigkeiten noch neue Aufgaben für die Union, noch ändert sie die in den anderen Teilen der Verfassung festgelegten Zuständigkeiten und Aufgaben.

 

Erläuterung

 

Mit Artikel 51 (1) soll der Anwendungsbereich der Charta festgelegt werden. Es soll klar zum Ausdruck gebracht werden, dass die Charta zuerst auf die Organe und Einrichtungen der Union Anwendung findet, und zwar unter Beachtung des Grundsatzes der Subsidiarität. Bei dieser Bestimmung hielt man sich an Artikel 6 Absatz 2 des Vertrags über die Europäische Union, wonach die Union die Grundrechte zu achten hat, wie auch an das Mandat des Europäischen Rates (Köln). Der Begriff „Organe“ ist in Teil I der Verfassung festgelegt. Der Ausdruck „Einrichtungen und sonstigen Stellen“ wird in der Verfassung üblicherweise als Bezeichnung für alle durch die Verfassung oder durch sekundäre Rechtsakte geschaffenen Einrichtungen verwendet (siehe beispielsweise Artikel I-50 oder I-51 der-Verfassung).

Was die Mitgliedstaaten betrifft, so ist der Rechtsprechung des Gerichtshofs eindeutig zu entnehmen, dass die Verpflichtung zur Einhaltung der im Rahmen der Union definierten Grundrechte für die Mitgliedstaaten nur dann gilt, wenn sie im Anwendungsbereich des Unionsrechts handeln (Urteil vom 13. Juli 1989, Rechtssache 5/88, Wachauf, Slg. 1989, S. 2609, Urteil vom 18. Juni 1991, Rechtssache -260/89, ERT, Slg. 1991, S. I-2925, Urteil vom 18. Dezember  1997, Rechtssache C-309/96, Annibaldi, Slg. 1997, S. I-7493). Der Gerichtshof hat diese Rechtsprechung kürzlich wie folgt bestätigt: „Die Mitgliedstaaten müssen bei der Durchführung der gemeinschaftsrechtlichen Regelungen aber auch die Erfordernisse des Grundrechtschutzes in der Gemeinschaftsrechtsordnung beachten.“ (Urteil vom 13. April 2000,

Rechtssache C-292/97, Karlsson, Slg. 2000, S. I-2737, Randnr. 37). Diese in der Charta verankerte Regel gilt natürlich sowohl für die zentralen Behörden als auch für die regionalen oder lokalen Stellen sowie für die öffentlichen Einrichtungen, wenn sie das Unionsrecht anwenden.

Absatz 2, zusammen mit Absatz 1 Satz 2, bestätigen, dass die Charta nicht eine Erweiterung der Zuständigkeiten und Aufgaben bewirken darf, die der Union durch die anderen Teile der Verfassung zugewiesen sind. Es geht darum, explizit darzulegen, was sich logischerweise aus dem Subsidiaritätsprinzip und dem Umstand ergibt, dass die Union nur über die ihr eigens zugewiesenen Befugnisse verfügt. Die Grundrechte, wie sie in der Union garantiert werden, werden nur im Rahmen dieser von den Teilen I und III der Verfassung bestimmten Zuständigkeiten wirksam. Folglich kann sich für die Organe der Union nur nach Maßgabe dieser Befugnisse eine Verpflichtung nach Absatz 1 Satz 2 zur Förderung der in der Charta festgelegten Grundsätze ergeben.

(1) Artikel II-111 der Verfassung.

Absatz 2 bestätigt auch, dass die Charta sich nicht dahin gehend auswirken darf, dass der Geltungsbereich des Unionsrechts über die in den anderen Teilen der Verfassung festgelegten Zuständigkeiten der Union hinaus ausgedehnt wird. Der Gerichtshof hat diese Regel bereits in Bezug auf die als Teil des Unionsrechts anerkannten Grundrechte aufgestellt (Urteil vom 17. Februar 1998, Rechtssache C-249/96, Grant, Slg. 1998, S. I‑621, Randnr. 45). Im Einklang mit dieser Regel versteht es sich von selbst, dass die Einbeziehung der Charta in die Verfassung nicht dahin gehend verstanden werden kann, dass sie für sich genommen den als „Durchführung des Rechts der Union“ betrachteten

Aktionsrahmen der Mitgliedstaaten (im Sinne von Absatz 1 und der vorstehend genannten Rechtsprechung) ausdehnt.

 

Artikel 52 (1)

 

Tragweite und Auslegung der Rechte und Grundsätze

 

 

(1) Jede Einschränkung der Ausübung der in dieser Charta anerkannten Rechte und Freiheiten muss gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dürfen Einschränkungen nur vorgenommenwerden, wenn sie erforderlich sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen.

(2) Die Ausübung der durch diese Charta anerkannten Rechte, die in anderen Teilen der Verfassung geregelt sind, erfolgt im Rahmen der dort festgelegten Bedingungen und Grenzen.

(3) Soweit diese Charta Rechte enthält, die den durch die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten garantierten Rechten entsprechen, haben sie die gleiche Bedeutung und Tragweite, wie sie ihnen in der genannten Konvention verliehen wird. Diese Bestimmung steht dem nicht entgegen, dass das Recht der Union einen weiter gehenden Schutz gewährt.

(4) Soweit in dieser Charta Grundrechte anerkannt werden, wie sie sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergeben, werden sie im Einklang mit diesen Überlieferungen ausgelegt.

(5) Die Bestimmungen dieser Charta, in denen Grundsätze festgelegt sind, können durch Akte der Gesetzgebung und der Ausführung der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union sowie durch Akte der Mitgliedstaaten zur Durchführung des Rechts der Union in Ausübung ihrer jeweiligen Zuständigkeiten umgesetzt werden. Sie können vor Gericht nur bei der Auslegung dieser Akte und bei Entscheidungen über deren Rechtmäßigkeit herangezogen werden.

(6) Den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten ist, wie es in dieser Charta bestimmt ist, in vollem Umfang Rechnung zu tragen.

(7) Die Erläuterungen, die als Anleitung für die Auslegung der Charta der Grundrechte verfasst wurden, sind von den Gerichten der Union und der Mitgliedstaaten gebührend zu berücksichtigen.

(1) Artikel II-112 der Verfassung.

 

Erläuterung

 

Mit Artikel 52 (1) sollen die Tragweite der Rechte und Grundsätze der Charta und Regeln für ihre Auslegung festgelegt werden. Absatz 1 enthält die allgemeine Einschränkungsregelung. Die verwendete Formulierung lehnt sich an die Rechtsprechung des Gerichtshofes an, die wie folgt lautet: „Nach gefestigter Rechtsprechung kann jedoch die Ausübung dieser Rechte, insbesondere im Rahmen einer gemeinsamen Marktorganisation, Beschränkungen unterworfen werden, sofern diese tatsächlich dem Gemeinwohl dienenden Zielen der Gemeinschaft entsprechen und nicht einen im Hinblick auf den verfolgten Zweck unverhältnismäßigen, nicht tragbaren Eingriff darstellen, der diese Rechte in ihrem Wesensgehalt antastet“ (Urteil vom 13. April 2000, Rechtssache C292/97, Randnr. 45). Die Bezugnahme auf das von der Union anerkannte Gemeinwohl erstreckt sich nicht nur auf die in Artikel I-2 der Verfassung aufgeführten Ziele, sondern auch auf andere Interessen, die durch besondere Bestimmungen der Verfassung wie Artikel I-5 Absatz 1, Artikel III-133 Absatz 3 und die Artikel III-154, III-436 geschützt werden.

Absatz 2 bezieht sich auf Rechte, die bereits ausdrücklich im Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft garantiert waren und in der Charta anerkannt wurden und die nun in anderen Teilen der Verfassung zu finden sind (insbesondere die Rechte aus der Unionsbürgerschaft). Er verdeutlicht, dass diese Rechte weiterhin den Bedingungen und Grenzen unterliegen, die für das Unionsrecht, auf dem sie beruhen, gelten und die nunmehr in den Teilen I und III der Verfassung festgelegt sind. Mit der Charta wird die Regelung hinsichtlich der durch den EG-Vertrag gewährten und nunmehr in den Teilen I und III der Verfassung übernommenen Rechte nicht geändert.

Mit Absatz 3 soll die notwendige Kohärenz zwischen der Charta und der EMRK geschaffen werden, indem die Regel aufgestellt wird, dass in dieser Charta enthaltene Rechte, die den durch die EMRK garantierten Rechten entsprechen, die gleiche Bedeutung und Tragweite, einschließlich der zugelassenen Einschränkungen, besitzen, wie sie ihnen in der EMRK verliehen werden. Daraus ergibt sich insbesondere, dass der Gesetzgeber bei der Festlegung von Einschränkungen dieser Rechte die gleichen Normen einhalten muss, die in der ausführlichen Regelung der Einschränkungen in der EMRK vorgesehen sind, die damit auch für die von diesem Absatz erfassten Rechte gelten, ohne dass dadurch die Eigenständigkeit des Unionsrechts und des Gerichtshofs der Europäischen Union berührt wird.

Die Bezugnahme auf die EMRK erstreckt sich sowohl auf die Konvention als auch auf ihre Protokolle. Die Bedeutung und Tragweite der garantierten Rechte werden nicht nur durch den Wortlaut dieser Vertragswerke, sondern auch durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und durch den Gerichtshof der Europäischen Union bestimmt. Mit dem letzten Satz des Absatzes soll der Union die Möglichkeit gegeben werden, für einen weiter gehenden Schutz zu sorgen. Auf jeden Fall darf der durch die Charta gewährleistete Schutz niemals geringer als der durch die EMRK gewährte Schutz sein.

Die Charta berührt nicht die den Mitgliedstaaten offen stehende Möglichkeit, von Artikel 15 EMRK Gebrauch zu machen, der im Falle eines Krieges oder eines anderen öffentlichen Notstands, der das Leben der Nation bedroht, eine Abweichung von den in der EMRK vorgesehenen Rechten erlaubt, wenn sie nach ihren in Artikel I‑5 Absatz 1, und in den Artikeln III-131, III-262 der Verfassung anerkannten Verantwortlichkeiten Maßnahmen im Bereich der nationalen Verteidigung im Kriegsfalle oder im Bereich der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung treffen.

Die Rechte, bei denen derzeit—ohne die Weiterentwicklung des Rechts, der Gesetzgebung und der Verträge auszuschließen—davon ausgegangen werden kann, dass sie Rechten aus der EMRK im Sinne dieses Absatzes

entsprechen, sind nachstehend aufgeführt. Nicht aufgeführt sind die Rechte, die zu den Rechten aus der EMRK hinzukommen.

1. Artikel der Charta, die dieselbe Bedeutung und Tragweite wie die entsprechenden Artikel der Europäischen

Menschenrechtskonvention haben:

— Artikel 2 (2) entspricht Artikel 2 EMRK;

(1) Artikel II-112 der Verfassung.

(2) Artikel II-62 der Verfassung.

— Artikel 4 (1) entspricht Artikel 3 EMRK;

— Artikel 5 (2) Absätze 1 und 2 entsprechen Artikel 4 EMRK;

— Artikel 6 (3) entspricht Artikel 5 EMRK;

— Artikel 7 (4) entspricht Artikel 8 EMRK;

— Artikel 10 (5) Absatz 1 entspricht Artikel 9 EMRK;

— Artikel 11 (6) entspricht Artikel 10 EMRK unbeschadet der Einschränkungen, mit denen das Unionsrecht das Recht der Mitgliedstaaten auf Einführung der in Artikel 10 Absatz 1 dritter Satz EMRK genannten

Genehmigungsverfahren eingrenzen kann;

— Artikel 17 (7) entspricht Artikel 1 des Zusatzprotokolls zur EMRK;

— Artikel 19 (8) Absatz 1 entspricht Artikel 4 des Protokolls Nr. 4 zur EMRK;

— Artikel 19 (8) Absatz 2 entspricht Artikel 3 EMRK in der Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte;

— Artikel 48 (9) entspricht Artikel 6 Absätze 2 und 3 EMRK;

— Artikel 49 (10) Absatz 1 (mit Ausnahme des letzten Satzes) und Absatz 2 entsprechen Artikel 7 EMRK.

2. Artikel, die dieselbe Bedeutung haben wie die entsprechenden Artikel der EMRK, deren Tragweite aber umfassender

ist:

— Artikel 9 (11) deckt Artikel 12 EMRK ab, aber sein Anwendungsbereich kann auf andere Formen der Eheschließung ausgedehnt werden, wenn die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften diese vorsehen;

(1) Artikel II-64 der Verfassung.

(2) Artikel II-65 der Verfassung.

(3) Artikel II-66 der Verfassung.

(4) Artikel II-67 der Verfassung.

(5) Artikel II-70 der Verfassung.

(6) Artikel II-71 der Verfassung.

(7) Artikel II-77 der Verfassung.

(8) Artikel II-79 der Verfassung.

(9) Artikel II-108 der Verfassung.

(10) Artikel II-109 der Verfassung.

(11) Artikel II-69 der Verfassung.

— Artikel 12 (1) Absatz 1 entspricht Artikel 11 EMRK, aber sein Anwendungsbereich ist auf die Ebene der Union ausgedehnt worden;

— Artikel 14 (2) Absatz 1 entspricht Artikel 2 des Zusatzprotokolls zur EMRK, aber sein Anwendungsbereich ist auf den Zugang zur beruflichen Ausbildung und Weiterbildung ausgedehnt worden;

— Artikel 14 (2) Absatz 3 entspricht Artikel 2 des Zusatzprotokolls zur EMRK, was die Rechte der Eltern betrifft;

— Artikel 47 (3) Absätze 2 und 3 entsprechen Artikel 6 Absatz 1 EMRK, aber die Beschränkung auf Streitigkeiten in Bezug auf zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen oder strafrechtliche Anklagen kommt nicht zum Tragen, wenn es um das Recht der Union und dessen Anwendung geht;

— Artikel 50 (4) entspricht Artikel 4 des Protokolls Nr. 7 zur EMRK, aber seine Tragweite ist auf die Ebene der

Europäischen Union ausgedehnt worden und er gilt zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten;

— schließlich können die Unionsbürgerinnen und -bürger im Anwendungsbereich des Unionsrechts wegen des Verbots jeglicher Diskriminierung aufgrund der Nationalität nicht als Ausländer angesehen werden. Die in Artikel 16 EMRK vorgesehenen Beschränkungen der Rechte ausländischer Personen finden daher in diesem Rahmen auf die Unionsbürgerinnen und -bürger keine Anwendung.

Die Auslegungsregel in Absatz 4 beruht auf dem Wortlaut des Artikels 6 Absatz 2 des Vertrags über die Europäische Union (siehe nunmehr den Wortlaut von Artikel I-9 Absatz 3 der Verfassung) und trägt dem Ansatz des Gerichtshofs hinsichtlich der gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen gebührend Rechnung (z. B. Urteil vom 13. Dezember 1979, Rechtssache 44/79, Hauer, Slg. 1979, S. 3727; Urteil vom 18. Mai 1982, Rechtssache 155/79, AM & S, Slg. 1982, S. 1575). Anstatt einem restriktiven Ansatz eines „kleinsten gemeinsamen Nenners“ zu folgen, sind die Charta-Rechte dieser Regel zufolge so auszulegen, dass sie ein hohes Schutzniveau bieten, das dem Unionsrecht angemessen ist und mit den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen im Einklang steht. In Absatz 5 wird die Unterscheidung zwischen „Rechten und Grundsätzen“ in der Charta näher bestimmt. Dieser Unterscheidung zufolge sind subjektive Rechte zu beachten, während Grundsätze einzuhalten sind (Artikel 51 Absatz 1 (5)). Grundsätze können durch Rechtsakte oder Durchführungsvorschriften (die von der Union im Einklang mit ihren Zuständigen erlassen werden, von den Mitgliedstaaten aber nur dann, wenn sie Unionsrecht umsetzen) umgesetzt werden; sie erhalten demzufolge nur dann Bedeutung für die Gerichte, wenn solche Rechtsakte ausgelegt oder überprüft werden. Sie begründen jedoch keine direkten Ansprüche auf den Erlass positiver Maßnahmen durch die Organe der Union oder die Behörden den Mitgliedstaaten; dies steht sowohl mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs (vgl. insbesondere die Rechtsprechung über das „Vorsorgeprinzip“ in Artikel 174 Absatz 2 EGV, ersetzt durch Artikel III-233 der Verfassung: Urteil des Gerichts erster Instanz vom

11. September 2002, Rechtssache T-13/99 Pfizer gegen Rat, mit zahlreichen Nachweisen aus der älteren Rechtsprechung, sowie eine Reihe von Urteilen zu Artikel 33 (ex‑39) über die Grundsätze des Agrarrechts, z. B. Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C‑265/85, Van den Bergh, Slg. 1987, S. 1155, Prüfung des Grundsatzes der Marktstabilisierung und des Vertrauensschutzes) als auch mit dem Ansatz der Verfassungsordnungen der

(1) Artikel II-72 der Verfassung.

(2) Artikel II-74 der Verfassung.

(3) Artikel II-107 der Verfassung.

(4) Artikel II-110 der Verfassung.

(5) Artikel II-111 der Verfassung.

Mitgliedstaaten zu „Grundsätzen“, insbesondere im Bereich des Sozialrechts, in Einklang. Zu den in der Charta anerkannten Grundsätzen gehören beispielsweise die Artikel 25, 26 und 37 (1). In einigen Fällen kann ein Charta- Artikel sowohl Elemente eines Rechts als auch eines Grundsatzes enthalten, beispielsweise Artikel 23, 33 und 34 (2).

Absatz 6 bezieht sich auf die verschiedenen Artikel in der Charta, in denen im Sinne der Subsidiarität auf die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten verwiesen wird.

 

Artikel 53 (3)

 

Schutzniveau

 

Keine Bestimmung dieser Charta ist als eine Einschränkung oder Verletzung der Menschenrechte und Grundfreiheiten auszulegen, die in dem jeweiligen Anwendungsbereich durch das Recht der Union und das Völkerrecht sowie durch die internationalen Übereinkünfte, bei denen die Union oder alle Mitgliedstaaten Vertragsparteien sind, darunter insbesondere die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, sowie durch die Verfassungen der Mitgliedstaaten anerkannt werden.

 

Erläuterung

 

Der Zweck dieser Bestimmung ist die Aufrechterhaltung des durch das Recht der Union, das Recht der Mitgliedstaaten und das Völkerrecht in seinem jeweiligen Anwendungsbereich gegenwärtig gewährleisteten Schutzniveaus. Aufgrund ihrer Bedeutung findet die EMRK Erwähnung.

 

Artikel 54 (4)

 

Verbot des Missbrauchs der Rechte

 

Keine Bestimmung dieser Charta ist so auszulegen, als begründe sie das Recht, eine Tätigkeit auszuüben oder eine Handlung vorzunehmen, die darauf abzielt, die in der Charta anerkannten Rechte und Freiheiten abzuschaffen oder sie stärker einzuschränken, als dies in der Charta vorgesehen ist.

 

Erläuterung

 

Dieser Artikel entspricht Artikel 17 EMRK:

„Diese Konvention ist nicht so auszulegen, als begründe sie für einen Staat, eine Gruppe oder eine Person das Recht, eine Tätigkeit auszuüben oder eine Handlung vorzunehmen, die darauf abzielt, die in der Konvention festgelegten Rechte und Freiheiten abzuschaffen oder sie stärker einzuschränken, als es in der Konvention vorgesehen ist.“

(1) Artikel II-85, II-86 und II-97 der Verfassung.

(2) Artikel II-83, II-93 und II-94 der Verfassung.

(3) Artikel II-113 der Verfassung.

(4) Artikel II-114 der Verfassung.

 

13. Erklärung zu Artikel III-116

 

Die Konferenz ist sich darüber einig, dass die Union bei ihren allgemeinen Bemühungen, Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern zu beseitigen, in den verschiedenen Politikbereichen darauf hinwirken wird, jede Art der häuslichen Gewalt zu bekämpfen. Die Mitgliedstaaten sollten alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um solche strafbare Handlungen zu verhindern und zu ahnden sowie die Opfer zu unterstützen und zu schützen.

 

14. Erklärung zu den Artikeln III-136 und III-267

 

Die Konferenz geht davon aus, dass den Interessen des betroffenen Mitgliedstaats gebührend Rechnung getragen wird, wenn ein Entwurf eines Europäischen Gesetzes oder Rahmengesetzes nach Artikel III-267 Absatz 2 — wie in Artikel III‑136 Absatz 2 dargelegt — wesentliche Aspekte, wie den Geltungsbereich, die Kosten oder die Finanzstruktur des Systems der sozialen Sicherheit eines Mitgliedstaats verletzen oder das finanzielle Gleichgewicht dieses Systems beeinträchtigen würde.

 

15. Erklärung zu den Artikeln III-160 und III-322

 

Die Konferenz weist darauf hin, dass die Achtung der Grundrechte und ‑freiheiten es insbesondere erforderlich macht, dass der Rechtsschutz der betreffenden Einzelpersonen oder Einheiten gebührend berücksichtigt wird. Zu diesem Zweck und zur Gewährleistung einer gründlichen gerichtlichen Prüfung von Europäischen Beschlüssen, durch die Einzelpersonen oder Einheiten restriktiven Maßnahmen unterworfen werden, müssen diese Beschlüsse auf klaren und eindeutigen Kriterien beruhen. Diese Kriterien müssen auf die Besonderheiten der jeweiligen restriktiven Maßnahme zugeschnitten sein.

 

16. Erklärung zu Artikel III-167 Absatz 2 Buchstabe c

 

Die Konferenz stellt fest, dass Artikel III-167 Absatz 2 Buchstabe c im Einklang mit der geltenden Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften und des Gerichts erster Instanz zur Anwendbarkeit dieser Bestimmungen auf die Beihilfen für bestimmte, durch die frühere Teilung Deutschlands beeinträchtigte Gebiete der Bundesrepublik Deutschland auszulegen ist.

 

17. Erklärung zu Artikel III-184

 

In Bezug auf Artikel III-184 bekräftigt die Konferenz, dass die Wirtschafts- und Haushaltspolitik der Union und der Mitgliedstaaten auf die beiden fundamentalen Ziele ausgerichtet ist, das Wachstumspotenzial zu steigern und eine solide Haushaltslage zu gewährleisten. Der Stabilitäts- und

Wachstumspakt ist ein wichtiges Instrument für die Verwirklichung dieser Ziele.

Die Konferenz bekennt sich erneut zu den Bestimmungen über den Stabilitäts- und Wachstumspakt als Rahmen für die Koordinierung der Haushaltspolitik in den Mitgliedstaaten.

Die Konferenz bekräftigt, dass sich mit einem auf Regeln beruhenden System am besten gewährleisten lässt, dass die Verpflichtungen tatsächlich eingehalten und alle Mitgliedstaaten gleich behandelt werden.

In diesem Zusammenhang erneuert die Konferenz ferner ihr Bekenntnis zu den Zielen der Lissabonner Strategie: Schaffung von Arbeitsplätzen, Strukturreformen und sozialer Zusammenhalt. Die Union strebt ein ausgewogenes Wirtschaftswachstum und Preisstabilität an. Deshalb muss die Wirtschafts- und Haushaltspolitik in Zeiten schwachen Wirtschaftswachstums die entsprechenden Prioritäten in Bezug auf Wirtschaftsreformen, Innovation, Wettbewerbsfähigkeit und Steigerung der privaten Investitionen und des privaten Verbrauchs setzen. Dies sollte in der Ausrichtung der Haushaltsbeschlüsse auf Ebene der Mitgliedstaaten und der Union zum Ausdruck kommen, insbesondere dadurch, dass die öffentlichen Einnahmen und Ausgaben umgeschichtet werden, wobei die Haushaltsdisziplin nach der Verfassung und dem Stabilitäts- und Wachstumspakt zu wahren ist. Die haushalts- und wirtschaftspolitischen Herausforderungen, vor denen die Mitgliedstaaten stehen, unterstreichen die Bedeutung einer soliden Haushaltspolitik während des gesamten Konjunkturzyklus. Die Konferenz kommt überein, dass die Mitgliedstaaten Phasen der wirtschaftlichen Erholung aktiv nutzen sollten, um die öffentlichen Finanzen zu konsolidieren und ihre Haushaltslage zu verbessern. Das Ziel ist dabei, in Zeiten günstiger Konjunktur schrittweise einen Haushaltsüberschuss zu erreichen, um in Zeiten der konjunkturellen Abschwächung über den nötigen Spielraum zu verfügen und so zur langfristigen Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen beizutragen.

Die Mitgliedstaaten sehen etwaigen Vorschlägen der Kommission und weiteren Beiträgen der Mitgliedstaaten zu der Frage, wie die Umsetzung des Stabilitäts- und Wachstumspakts verstärkt und klarer gestaltet werden kann, mit Interesse entgegen. Die Mitgliedstaaten werden die notwendigen Maßnahmen zur Steigerung des Wachstumspotenzials ihrer Wirtschaft treffen. Hierzu könnte auch eine bessere Abstimmung der Wirtschaftspolitik beitragen. Diese Erklärung greift künftigen Beratungen über den Stabilitäts- und Wachstumspakt nicht vor.

 

18. Erklärung zu Artikel III-213

 

Die Konferenz bestätigt, dass die in Artikel III-213 aufgeführten Politikbereiche im Wesentlichen in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen. Die auf Unionsebene nach diesem Artikel zu ergreifenden Förder- und Koordinierungsmaßnahmen haben ergänzenden Charakter. Sie dienen der Stärkung der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und nicht der Harmonisierung einzelstaatlicher Systeme. Die in den einzelnen Mitgliedstaaten bestehenden Garantien und Gepflogenheiten hinsichtlich der Verantwortung der Sozialpartner bleiben unberührt.

Diese Erklärung berührt nicht die Bestimmungen der Verfassung, einschließlich im Sozialbereich, mit denen der Union Zuständigkeiten übertragen werden.

 

19. Erklärung zu Artikel III-220

 

Die Konferenz vertritt die Auffassung, dass die Bezugnahme auf Inselregionen in Artikel III‑220 auch für Inselstaaten insgesamt gelten kann, sofern die notwendigen Kriterien erfüllt sind.

 

20. Erklärung zu Artikel III-243

 

Die Konferenz stellt fest, dass Artikel III-243 nach der gegenwärtigen Praxis anzuwenden ist. Die Formulierung „Maßnahmen …, soweit sie erforderlich sind, um die wirtschaftlichen Nachteile auszugleichen, die der Wirtschaft bestimmter, von der Teilung Deutschlands betroffener Gebiete der Bundesrepublik aus dieser Teilung entstehen“ wird im Einklang mit der geltenden Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften und des Gerichts erster Instanz ausgelegt.

 

21. Erklärung zu Artikel III-248

 

Die Konferenz ist sich darüber einig, dass die Tätigkeit der Union auf dem Gebiet der Forschung und technologischen Entwicklung den grundsätzlichen Ausrichtungen und Entscheidungen in der Forschungspolitik der Mitgliedstaaten angemessen Rechnung tragen wird.

 

22. Erklärung zu Artikel III-256

 

Die Konferenz ist der Auffassung, dass Artikel III-256 das Recht der Mitgliedstaaten unberührt lässt, Bestimmungen zu erlassen, die für die Gewährleistung ihrer Energieversorgung unter den Bedingungen des Artikels III-131 erforderlich sind.

 

23. Erklärung zu Artikel III-273 Absatz 1 Unterabsatz 2

 

Nach Auffassung der Konferenz sollte das Europäische Gesetz nach Artikel III-273 Absatz 1 Unterabsatz 2 den nationalen Vorschriften und Verfahrensweisen im Zusammenhang mit der Einleitung strafrechtlicher Ermittlungsmaßnahmen Rechnung tragen.

 

24. Erklärung zu Artikel III-296

 

Die Konferenz erklärt, dass der Generalsekretär des Rates, der Hohe Vertreter für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, die Kommission und die Mitgliedstaaten die Vorarbeiten zur Errichtung des Europäischen Auswärtigen Dienstes einleiten, sobald der Vertrag über eine Verfassung für Europa unterzeichnet worden ist.

 

25. Erklärung zu Artikel III-325 über die Aushandlung und den Abschluss internationaler Übereinkünfte betreffend den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts durch die Mitgliedstaaten

 

Die Konferenz bestätigt, dass die Mitgliedstaaten Übereinkünfte mit Drittländern oder internationalen Organisationen in den Bereichen des Teils III Titel III Kapitel IV Abschnitte 3, 4 und 5 aushandeln und schließen können, sofern diese Übereinkünfte mit dem Unionsrecht im Einklang stehen.

 

26. Erklärung zu Artikel III-402 Absatz 4

 

Artikel III-402 Absatz 4 sieht vor, dass in den Fällen, in denen der Rat bis zum Ablauf des vorangegangenen Finanzrahmens kein Europäisches Gesetz zur Aufstellung eines neuen Finanzrahmens erlassen hat, die Obergrenzen und sonstigen Bestimmungen des letzten Jahres des

vorangegangenen Finanzrahmens bis zum Erlass dieses Gesetzes fortgeschrieben werden.

Die Konferenz erklärt, dass ab 2007 die Mittelzuweisung auf der Grundlage gleicher Kriterien für alle Mitgliedstaaten erfolgen wird, wenn der Rat bis Ende 2006 kein Europäisches Gesetz zur Aufstellung eines neuen Finanzrahmens erlassen hat und der Beitrittsvertrag vom 16. April 2003 einen Zeitraum für die schrittweise Einführung der Zuweisung von Mitteln an die neuen Mitgliedstaaten vorsieht, der 2006 endet.

 

27. Erklärung zu Artikel III-419

 

Die Konferenz erklärt, dass die Mitgliedstaaten, die einen Antrag auf Begründung einer Verstärkten Zusammenarbeit stellen, gleichzeitig angeben können, ob sie bereits in diesem Stadium beabsichtigen, Artikel III-422 über die Ausdehnung der Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit oder das ordentliche Gesetzgebungsverfahren in Anspruch zu nehmen.

 

28. Erklärung zu Artikel IV-440 Absatz 7

 

Die Hohen Vertragsparteien kommen überein, dass der Europäische Rat nach Artikel IV-440 Absatz 7 einen Europäischen Beschluss im Hinblick auf die Änderung des Status von Mayotte gegenüber der Union erlassen wird, um dieses Gebiet zu einem Gebiet in äußerster Randlage im Sinne des Artikels IV-440 Absatz 2 und des Artikels III-424 zu machen, wenn die französischen Behörden dem Europäischen Rat und der Kommission mitteilen, dass die jüngste Entwicklung des internen Status der Insel dies gestattet.

 

29. Erklärung zu Artikel IV-448 Absatz 2

 

Die Konferenz ist der Auffassung, dass die Möglichkeit der Erstellung von Übersetzungen des Vertrags über eine Verfassung für Europa in den Sprachen nach Artikel IV‑448 Absatz 2 zur Verwirklichung des Ziels beiträgt, den Reichtum der kulturellen und sprachlichen Vielfalt der Union im Sinne von Artikel I-3 Absatz 3 Unterabsatz 4 zu wahren. Sie bekräftigt diesbezüglich, dass die Union großen Wert auf die kulturelle Vielfalt Europas legt und diesen und anderen Sprachen weiterhin besondere Bedeutung beimessen wird.

Die Konferenz empfiehlt, dass die Mitgliedstaaten, die von der in Artikel IV-448 Absatz 2 vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch machen möchten, dem Rat innerhalb von sechs Monaten nach der Unterzeichnung des Vertrags die Sprache bzw. Sprachen mitteilen, in die der Vertrag übersetzt wird.

 

30. Erklärung zur Ratifikation des Vertrags über eine Verfassung für Europa

 

Die Konferenz stellt fest, dass der Europäische Rat befasst wird, wenn nach Ablauf von zwei Jahren nach der Unterzeichnung des Vertrags über eine Verfassung für Europa vier Fünftel der Mitgliedstaaten den genannten Vertrag ratifiziert haben und in einem Mitgliedstaat oder mehreren Mitgliedstaaten Schwierigkeiten bei der Ratifikation aufgetreten sind.

 

B. ERKLÄRUNGEN ZU DEN DER VERFASSUNG BEIGEFÜGTEN PROTOKOLLEN

ERKLÄRUNGEN ZU DEM PROTOKOLL BETREFFEND DIE VERTRÄGE UND DIE AKTEN ÜBER

DEN BEITRITT DES KÖNIGREICHS DÄNEMARK, IRLANDS SOWIE DES VEREINIGTEN

KÖNIGREICHS GROSSBRITANNIEN UND NORDIRLAND, DER HELLENISCHEN REPUBLIK, DES

KÖNIGREICHS SPANIEN UND DER PORTUGIESISCHEN REPUBLIK, DER REPUBLIK ÖSTERREICH,

DER REPUBLIK FINNLAND UND DES KÖNIGREICHS SCHWEDEN

 

31. Erklärung zu den Ålandinseln

 

Die Konferenz erkennt an, dass die in Artikel IV-440 Absatz 5 genannte Regelung für die Ålandinseln unter Berücksichtigung des völkerrechtlichen Sonderstatus dieser Inseln festgelegt wird.

Diesbezüglich unterstreicht die Konferenz, dass besondere Bestimmungen in Titel V Abschnitt 5 des Protokolls betreffend die Verträge und die Akten über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands sowie des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, der Hellenischen Republik, des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik, der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden aufgenommen wurden.

 

32. Erklärung zu den Samen

 

Unter Berücksichtigung der Artikel 60 und 61 des Protokolls betreffend die Verträge und die Akten über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands sowie des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, der Hellenischen Republik, des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik, der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden erkennt die Konferenz die Verpflichtungen und Zusagen Schwedens und Finnlands gegenüber den Samen im Rahmen des innerstaatlichen und internationalen Rechts an.

Die Konferenz stellt fest, dass Schweden und Finnland sich verpflichtet haben, die Lebensgrundlagen, Sprache, Kultur und Lebensweise der Samen zu erhalten und zu entwickeln, und vertritt die Auffassung, dass die Kultur und die traditionellen Lebensgrundlagen der Samen von primären Wirtschaftstätigkeiten wie Rentierhaltung in den traditionellen Siedlungsgebieten der Samen abhängen.

In diesem Zusammenhang unterstreicht die Konferenz, dass besondere Bestimmungen in Titel V Abschnitt 6 des Protokolls betreffend die Verträge und die Akten über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands sowie des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, der Hellenischen Republik, des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik, der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden aufgenommen wurden.

 

ERKLÄRUNGEN ZU DEM PROTOKOLL BETREFFEND DEN VERTRAG UND DIE AKTE ÜBER DEN

BEITRITT DER TSCHECHISCHEN REPUBLIK, DER REPUBLIK ESTLAND, DER REPUBLIK ZYPERN,

DER REPUBLIK LETTLAND, DER REPUBLIK LITAUEN, DER REPUBLIK UNGARN, DER REPUBLIK

MALTA, DER REPUBLIK POLEN, DER REPUBLIK SLOWENIEN UND DER SLOWAKISCHEN

REPUBLIK

 

33. Erklärung zu den Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland auf Zypern

 

DIE KONFERENZ —

unter Hinweis darauf, dass in der der Schlussakte des Vertrags über den Beitritt des Vereinigten Königreichs zu den Europäischen Gemeinschaften beigefügten Gemeinsamen Erklärung betreffend die Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland auf Zypern vorgesehen ist, dass die Regelung der Beziehungen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und den Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland auf Zypern im Rahmen einer etwaigen Vereinbarung zwischen dieser Gemeinschaft und der Republik Zypern festgelegt wird, unter Berücksichtigung der Bestimmungen über die Hoheitszonen, die in dem Vertrag zur Gründung der Republik Zypern (im Folgenden „Gründungsvertrag“) und dem zugehörigen Notenwechsel vom16. August 1960 festgelegt wurden, in Anbetracht des Notenwechsels zwischen der Regierung des Vereinigten Königreichs und der Regierung der Republik Zypern vom 16. August 1960 betreffend die Verwaltung der Hoheitszonen und der beigefügten Erklärung der Regierung des Vereinigten Königreichs, wonach der Schutz der Interessen der in den Hoheitszonen wohnhaften oder beschäftigten Personen eines der Hauptziele darstellt und in der Erwägung, dass diese Personen so weit wie möglich genauso behandelt werden sollen wie in der Republik Zypern wohnhafte oder beschäftigte Personen, ferner in Anbetracht der Bestimmungen des Gründungsvertrags über die Zollregelung zwischen den

Hoheitszonen und der Republik Zypern, insbesondere der Bestimmungen im Anhang F des genannten Vertrags, des Weiteren in Anbetracht der Verpflichtung des Vereinigten Königreichs, auf die Einrichtung von Zollstellen und anderen Grenzübergangsstellen zwischen den Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs und der Republik Zypern zu verzichten, sowie in Anbetracht der im Rahmen des Gründungsvertrags getroffenen Regelung, nach der die Behörden der Republik Zypern in den Hoheitszonen eine Vielzahl von öffentlichen Dienstleistungen erbringen, auch in den Bereichen Landwirtschaft, Zoll und Besteuerung, unter Bekräftigung dessen, dass der Beitritt der Republik Zypern zur Union die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien des Gründungsvertrags nicht berühren sollte, in dem Bewusstsein, dass daher einige Bestimmungen der Verfassung und der Rechtsakte der Union auf die Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs anzuwenden und Sonderregelungen für die Durchführung dieser Bestimmungen in den Hoheitszonen zu erlassen sind, unterstreicht, dass zu diesem Zweck besondere Bestimmungen in den Zweiten Teil Titel III des Protokolls betreffend den Vertrag und die Akte über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik aufgenommen wurden.

 

34. Erklärung der Kommission zu den Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland auf Zypern

 

Die Kommission bekräftigt ihre Auffassung, dass die Bestimmungen des Unionsrechts, die nach dem Zweiten Teil Titel III des Protokolls betreffend den Vertrag und die Akte über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik für die Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs gelten, folgende Rechtsvorschriften einschließen:

a) die Verordnung (EG) Nr. 3448/93 des Rates vom 6. Dezember 1993 über die Handelsregelung für bestimmte aus landwirtschaftlichen Erzeugnissen hergestellte Waren;

b) die Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 des Rates vom 21. Juni 1999 mit allgemeinen Bestimmungen über die Strukturfonds, soweit dies zur Finanzierung der Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums in den Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs im Rahmen

des EAGFL, Abteilung Garantie, nach der Verordnung (EG) Nr. 1257/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) erforderlich ist.

 

35. Erklärung zum Kernkraftwerk Ignalina in Litauen

 

DIE KONFERENZ —

unter Bekundung der Bereitschaft der Union, auch nach dem Beitritt Litauens zur Union im Zeitraum bis 2006 und darüber hinaus weiterhin eine angemessene zusätzliche Hilfe für die Stilllegungsarbeiten Litauens zu leisten, und in Anbetracht der Tatsache, dass Litauen unter

Berücksichtigung dieses Ausdrucks der Solidarität der Union zugesagt hat, Block 1 des Kernkraftwerks Ignalina vor 2005 und Block 2 bis 2009 abzuschalten,

in Würdigung der Tatsache, dass die Stilllegung des Kernkraftwerks Ignalina mit seinen beiden aus den Zeiten der ehemaligen Sowjetunion stammenden 1500-MW-Reaktoren vom Typ RBMK ein beispielloser Vorgang ist und für Litauen eine außergewöhnliche finanzielle Belastung darstellt, die in keinem Verhältnis zur Größe und Wirtschaftskraft des Landes steht, und dass diese Stilllegung über die Laufzeit der derzeitigen in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 6. Mai 1999 festgelegten Finanziellen Vorausschau hinaus fortgesetzt werden muss,

angesichts der Notwendigkeit, Durchführungsbestimmungen für die zusätzliche Hilfe der Union zu erlassen, mit der die Auswirkungen der Abschaltung und Stilllegung des Kernkraftwerks Ignalina abgefangen werden sollen,

in Anbetracht dessen, dass Litauen bei der Verwendung der Unionshilfe den Bedürfnissen der von der Abschaltung des Kernkraftwerks Ignalina am stärksten betroffenen Regionen gebührend Rechnung tragen wird,

unter Hinweis darauf, dass bestimmte durch staatliche Beihilfen unterstützte Maßnahmen als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden und dass dazu die Stilllegung des Kernkraftwerks Ignalina ebenso gehört wie die umweltgerechte Wiederherstellung des Standorts entsprechend dem Besitzstand und die Modernisierung der konventionellen Stromerzeugungskapazitäten, die benötigt werden, um die beiden Reaktoren des Kernkraftwerks Ignalina nach ihrer Abschaltung zu ersetzen, unterstreicht, dass zu diesem Zweck besondere Bestimmungen in den Zweiten Teil Titel IV des Protokolls betreffend den Vertrag und die Akte über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik

Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik aufgenommen wurden.

 

36. Erklärung zum Transit von Personen auf dem Landweg zwischen dem Kaliningrader Gebiet und den übrigen Teilen der Russischen Föderation

 

DIE KONFERENZ —

in Anbetracht der besonderen Situation des Kaliningrader Gebiets der Russischen Föderation im Zusammenhang mit der Erweiterung der Union, in Anerkennung der Verpflichtungen und Zusagen Litauens bezüglich des Besitzstands, durch den ein Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts geschaffen wird, in Anbetracht insbesondere dessen, dass Litauen den Besitzstand der Union hinsichtlich der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind, sowie den Besitzstand der Union über die einheitliche Visummarke spätestens ab dem Beitritt vollständig anwenden und umsetzen muss, in Anerkennung der Tatsache, dass der Transit von Personen auf dem Landweg zwischen dem Kaliningrader Gebiet und den übrigen Teilen der Russischen Föderation durch das Gebiet der Union eine Angelegenheit der gesamten Union ist, als solche behandelt werden sollte und keine nachteiligen Folgen für Litauen mit sich bringen darf, in der Erwägung, dass der Rat nach Überprüfung der Erfüllung der erforderlichen Bedingungen den Beschluss zu fassen hat, die Kontrollen an den Binnengrenzen abzuschaffen, entschlossen, Litauen bei der möglichst raschen Erfüllung der Bedingungen für eine uneingeschränkte Einbeziehung in das Schengen-Gebiet ohne Binnengrenzen zu helfen, unterstreicht, dass zu diesem Zweck besondere Bestimmungen in den Zweiten Teil Titel V des Protokolls betreffend den Vertrag und die Akte über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik aufgenommen wurden.

 

37. Erklärung zu den Blöcken 1 und 2 des Kernkraftwerks Bohunice V1 in der Slowakei

 

DIE KONFERENZ —

angesichts der Zusage der Slowakei, die Blöcke 1 und 2 des Kernkraftwerks Bohunice V1 Ende 2006 bzw. 2008 abzuschalten, und der Bereitschaft der Union, bis 2006 weiterhin Finanzhilfe als Fortsetzung der Heranführungshilfe zu leisten, die im Rahmen des Phare-Programms zur Unterstützung der Stilllegungsmaßnahmen der Slowakei vorgesehen ist, angesichts der Notwendigkeit, Durchführungsbestimmungen für die Fortsetzung der Unterstützung der Union zu erlassen, unterstreicht, dass zu diesem Zweck besondere Bestimmungen in den Zweiten Teil Titel IX des Protokolls betreffend den Vertrag und die Akte über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik aufgenommen wurden.

 

38. Erklärung zu Zypern

 

DIE KONFERENZ —

in Bekräftigung ihrer Entschlossenheit, eine umfassende Regelung der Zypern-Frage im Einklang mit den einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen herbeizuführen, und ihrer vorbehaltlosen Unterstützung der auf dieses Ziel gerichteten Bemühungen des Generalsekretärs der Vereinten Nationen, in der Erwägung, dass eine derartige umfassende Regelung der Zypern-Frage noch nicht zustande gekommen ist, in der Erwägung, dass es daher erforderlich ist, die Anwendung des Besitzstands in den Teilen der Republik Zypern auszusetzen, in denen die Regierung der Republik Zypern keine tatsächliche Kontrolle ausübt, in der Erwägung, dass diese Aussetzung im Falle einer Regelung der Zypern-Frage aufzuheben ist, in der Erwägung, dass die Union bereit ist, die Bedingungen einer solchen umfassenden Regelung im Einklang mit den Grundsätzen, auf denen die Union beruht, zu berücksichtigen, in der Erwägung, dass festgelegt werden muss, unter welchen Bedingungen die einschlägigen Bestimmungen des Unionsrechts auf die Trennungslinie zwischen den genannten Landesteilen sowie den Landesteilen, in denen die Regierung der Republik Zypern eine tatsächliche Kontrolle ausübt, und der östlichen Hoheitszone des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland Anwendung finden, in dem Wunsch, dass der Beitritt Zyperns zur Union allen zyprischen Bürgern zugute kommt und zum inneren Frieden und zur Aussöhnung beiträgt, in der Erwägung, dass keine Bestimmung des Zweiten Teils Titel X des Protokolls betreffend den Vertrag und die Akte über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik Maßnahmen ausschließt, die auf dieses Ziel ausgerichtet sind, in der Erwägung, dass derartige Maßnahmen nicht die Anwendung des Besitzstandes nach den Bedingungen des genannten Protokolls in irgendeinem anderen Teil der Republik Zypern beeinträchtigen dürfen, unterstreicht, dass zu diesem Zweck besondere Bestimmungen in den Zweiten Teil Titel X des

Protokolls betreffend den Vertrag und die Akte über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik aufgenommen wurden.

 

39. Erklärung zu dem Protokoll über die Position Dänemarks

 

In Bezug auf Rechtsakte, die vom Rat allein oder gemeinsam mit dem Europäischen Parlament zu erlassen sind und sowohl Bestimmungen enthalten, die auf Dänemark anwendbar sind, als auch Bestimmungen, die auf Dänemark nicht anwendbar sind, da sie sich auf eine Rechtsgrundlage stützen, für die Teil I des Protokolls über die Position Dänemarks gilt, nimmt die Konferenz zur Kenntnis, dass Dänemark erklärt, dass es nicht von seinem Stimmrecht Gebrauch machen wird, um den Erlass von Bestimmungen zu verhindern, die nicht auf Dänemark anwendbar sind.

Die Konferenz nimmt darüber hinaus zur Kenntnis, dass Dänemark auf der Grundlage seiner Erklärung zu den Artikeln I-43 und III-329 erklärt, dass Dänemarks Beteiligung an Maßnahmen oder Rechtsakten nach den Artikeln I-43 und III-329 im Einklang mit Teil I und Teil II des Protokolls über die Position Dänemarks erfolgen wird.

 

40. Erklärung zu dem Protokoll über die Übergangsbestimmungen für die Organe und Einrichtungen der Union

 

Die Mitgliedstaaten werden bei den Konferenzen über den Beitritt Rumäniens und/oder Bulgariens zur Union hinsichtlich der Sitzverteilung im Europäischen Parlament und der Stimmengewichtung im Europäischen Rat und im Rat folgenden gemeinsamen Standpunkt einnehmen:

1. Sollte der Beitritt Rumäniens und/oder Bulgariens zur Union vor dem Inkrafttreten des in

Artikel I-20 Absatz 2 vorgesehenen Beschlusses des Europäischen Rates erfolgen, so gilt

bezüglich der Sitzverteilung im Europäischen Parlament für die Legislaturperiode 2004-2009 die

folgende Tabelle für eine Union mit 27 Mitgliedstaaten:

MITGLIEDSTAATEN SITZE IM EP

Deutschland 99

Vereinigtes Königreich 78

Frankreich 78

Italien 78

Spanien 54

Polen 54

Rumänien 35

Niederlande 27

Griechenland 24

Tschechische Republik 24

Belgien 24

Ungarn 24

Portugal 24

Schweden 19

Bulgarien 18

Österreich 18

Slowakei 14

Dänemark 14

Finnland 14

Irland 13

Litauen 13

Lettland 9

Slowenien 7

Estland 6

Zypern 6

Luxemburg 6

Malta 5

INSGESAMT 785

Im Vertrag über den Beitritt zur Union wird daher abweichend von Artikel I‑20 Absatz 2 der Verfassung vorgesehen, dass die Zahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments für den verbleibenden Zeitraum der Legislaturperiode 2004—2009 vorübergehend mehr als 750

betragen darf.

2. In Artikel 2 Absatz 2 des Protokolls über die Übergangsbestimmungen für die Organe und Einrichtungen der Union werden in Bezug auf die Stimmengewichtung im Europäischen Rat und im Rat Rumänien 14 und Bulgarien 10 Stimmen zugewiesen.

3. Bei jedem Beitritt wird die im Protokoll über die Übergangsbestimmungen für die Organe und Einrichtungen der Union vorgesehene Schwelle nach Artikel 2 Absatz 3 jenes Protokolls berechnet.

 

41. Erklärung betreffend Italien

 

Die Konferenz nimmt zur Kenntnis, dass das Protokoll betreffend Italien, das 1957 dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft beigefügt war, in der bei der Annahme des Vertrags über die Europäische Union geänderten Fassung Folgendes vorsah:

„DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN,

VON DEM WUNSCH GELEITET, gewisse besondere Probleme betreffend Italien zu regeln,

SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die diesem Vertrag als Anhang beigefügt

sind:

DIE MITGLIEDSTAATEN DER GEMEINSCHAFT —

NEHMEN ZUR KENNTNIS, dass sich die italienische Regierung mit der Durchführung eines Zehnjahresplans zur wirtschaftlichen Ausweitung befasst, durch den die strukturellen Unterschiede der italienischen Volkswirtschaft ausgeglichen werden sollen, und zwar insbesondere durch die Ausrüstung der weniger entwickelten Gebiete Süditaliens und der italienischen Inseln sowie durch die Schaffung neuer Arbeitsplätze zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit;

WEISEN DARAUF HIN, dass die Grundsätze und die Ziele dieses Plans der italienischen Regierung von Organisationen für internationale Zusammenarbeit, deren Mitglieder sie sind, berücksichtigt und gebilligt wurden;

ERKENNEN AN, dass die Erreichung der Ziele des italienischen Plans in ihrem gemeinsamen Interesseliegt;

KOMMEN ÜBEREIN, den Organen der Gemeinschaft die Anwendung aller in diesem Vertrag vorgesehenen Mittel und Verfahren zu empfehlen, insbesondere durch eine angemessene Verwendung der Mittel der Europäischen Investitionsbank und des Europäischen Sozialfonds der

italienischen Regierung die Erfüllung dieser Aufgabe zu erleichtern;

SIND DER AUFFASSUNG, dass die Organe der Gemeinschaft bei der Anwendung dieses Vertrags berücksichtigen müssen, dass die italienische Volkswirtschaft in den kommenden Jahren erheblichen Belastungen ausgesetzt sein wird, und dass gefährliche Spannungen, namentlich in der Zahlungsbilanz oder im Beschäftigungsstand, durch welche die Anwendung dieses Vertrags in Italien in Frage gestellt werden könnte, zu vermeiden sind;

ERKENNEN insbesondere AN, dass im Falle der Anwendung der Artikel 109 h und 109 i darauf zu achten ist, dass bei den Maßnahmen, um welche die italienische Regierung ersucht wird, die Durchführung ihres Plans zur wirtschaftlichen Ausweitung und zur Hebung des Lebensstandards der Bevölkerung gesichert bleibt.“

 

ERKLÄRUNGEN DER MITGLIEDSTAATEN

 

42. Erklärung des Königreichs der Niederlande zu Artikel I-55

 

Das Königreich der Niederlande wird einem Europäischen Beschluss nach Artikel I-55 Absatz 4 zustimmen, sobald im Rahmen der Überprüfung des Europäischen Gesetzes nach Artikel I-54 Absatz 3 für die Niederlande eine zufrieden stellende Lösung für ihre in Bezug auf den Haushalt der Union äußerst nachteilige Position als Nettozahler gefunden wurde.

 

43. Erklärung des Königreichs der Niederlande zu Artikel IV-440

 

Das Königreich der Niederlande erklärt, dass eine Initiative für einen Europäischen Beschluss nach Artikel IV-440 Absatz 7, die auf eine Änderung des Status der Niederländischen Antillen und/oder Arubas gegenüber der Union abzielt, nur auf der Grundlage eines Beschlusses vorgelegt wird, der im Einklang mit dem Status des Königreichs der Niederlande gefasst worden ist.

 

44. Erklärung der Bundesrepublik Deutschland, Irlands, der Republik Ungarn, der Republik Österreich und des Königreichs Schweden Deutschland, Irland, Ungarn, Österreich und Schweden

 

stellen fest, dass die zentralen Bestimmungen des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft seit seinem Inkrafttreten in ihrer

Substanz nicht geändert worden sind und aktualisiert werden müssen. Daher unterstützen sie den Gedanken einer Konferenz der Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten, die so rasch wie möglich einberufen werden sollte.

 

45. Erklärung des Königreichs Spanien und des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland

 

Der Vertrag über eine Verfassung für Europa gilt für Gibraltar als einem europäischen Gebiet, dessen auswärtige Beziehungen ein Mitgliedstaat wahrnimmt. Dies bringt jedoch keine Änderungen der jeweiligen Standpunkte der betreffenden Mitgliedstaaten mit sich.

 

46. Erklärung des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland zur Definition des Begriffs „Staatsangehöriger“

 

In Bezug auf den Vertrag über eine Verfassung für Europa und den Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft sowie alle Rechtsakte, die aus diesen Verträgen abgeleitet werden oder durch diese Verträge weiter in Kraft bleiben, bekräftigt das Vereinigte Königreich seine Erklärung vom 31. Dezember 1982 über die Definition des Begriffs „Staatsangehöriger“ mit der Ausnahme, dass die „Bürger der ‚British Dependent Territories’“ als „Bürger der ‚British overseas territories’“ zu verstehen sind.

 

47. Erklärung des Königreichs Spanien zur Definition des Begriffs „Staatsangehöriger“

 

Spanien stellt fest, dass nach Artikel I‑10 der Verfassung Unionsbürgerin oder Unionsbürger ist, wer die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt. Spanien nimmt ferner zur Kenntnis, dass nach dem heutigen Stand der europäischen Integration, wie er sich in der Verfassung widerspiegelt, nur Staatsangehörige der Mitgliedstaaten die spezifischen Rechte der Europabürgerschaft besitzen, sofern

im Unionsrecht nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist. In diesem Zusammenhang stellt Spanien außerdem fest, dass nach den Artikeln I-20 und I-46 der Verfassung das Europäische Parlament derzeit die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger vertritt.

 

48. Erklärung des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland über das Wahlrecht für die Wahlen zum Europäischen Parlament

 

Das Vereinigte Königreich stellt fest, dass durch Artikel I-20 und andere Bestimmungen des Vertrags über eine Verfassung für Europa nicht die Grundlagen des Wahlrechts für die Wahlen zum Europäischen Parlament geändert werden sollen.

 

49. Erklärung des Königreichs Belgien zu den nationalen Parlamenten Belgien

 

erklärt, dass aufgrund seines Verfassungsrechts sowohl das Abgeordnetenhaus und der Senat des Bundesparlaments als auch die Parlamente der Gemeinschaften und Regionen — je nach den von der Union ausgeübten Befugnissen — als Bestandteil des Systems des nationalen Parlaments oder als Kammern des nationalen Parlaments handeln.

 

50. Erklärung der Republik Lettland und der Republik Ungarn

 

zur Schreibweise des Namens der einheitlichen Währung in dem Vertrag über eine Verfassung für Europa Unbeschadet der in dem Vertrag über eine Verfassung für Europa erwähnten vereinheitlichten Schreibweise des Namens der einheitlichen Währung der Europäischen Union, wie sie auf den Banknoten und Münzen erscheint, erklären Lettland und Ungarn, dass die Schreibweise des Namens der einheitlichen Währung — einschließlich ihrer abgeleiteten Formen, die in der lettischen und der ungarischen Sprachfassung des Vertrags über eine Verfassung von Europa benutzt werden — keine Auswirkungen auf die geltenden Regeln der lettischen und der ungarischen Sprache hat.

 

B. ERKLÄRUNGEN ZU DEN DER VERFASSUNG BEIGEFÜGTEN PROTOKOLLEN

ERKLÄRUNGEN ZU DEM PROTOKOLL BETREFFEND DIE VERTRÄGE UND DIE AKTEN ÜBER

DEN BEITRITT DES KÖNIGREICHS DÄNEMARK, IRLANDS SOWIE DES VEREINIGTEN

KÖNIGREICHS GROSSBRITANNIEN UND NORDIRLAND, DER HELLENISCHEN REPUBLIK, DES

KÖNIGREICHS SPANIEN UND DER PORTUGIESISCHEN REPUBLIK, DER REPUBLIK ÖSTERREICH,

DER REPUBLIK FINNLAND UND DES KÖNIGREICHS SCHWEDEN

 

31. Erklärung zu den Ålandinseln

 

Die Konferenz erkennt an, dass die in Artikel IV‑440 Absatz 5 genannte Regelung für die Ålandinseln unter Berücksichtigung des völkerrechtlichen Sonderstatus dieser Inseln festgelegt wird.

Diesbezüglich unterstreicht die Konferenz, dass besondere Bestimmungen in Titel V Abschnitt 5 des Protokolls betreffend die Verträge und die Akten über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands sowie des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, der Hellenischen Republik, des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik, der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden aufgenommen wurden.

 

32. Erklärung zu den Samen

 

Unter Berücksichtigung der Artikel 60 und 61 des Protokolls betreffend die Verträge und die Akten über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands sowie des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, der Hellenischen Republik, des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik, der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden erkennt die Konferenz die Verpflichtungen und Zusagen Schwedens und Finnlands gegenüber den Samen im Rahmen des innerstaatlichen und internationalen Rechts an.

Die Konferenz stellt fest, dass Schweden und Finnland sich verpflichtet haben, die Lebensgrundlagen, Sprache, Kultur und Lebensweise der Samen zu erhalten und zu entwickeln, und vertritt die Auffassung, dass die Kultur und die traditionellen Lebensgrundlagen der Samen von primären Wirtschaftstätigkeiten wie Rentierhaltung in den traditionellen Siedlungsgebieten der Samen abhängen.

In diesem Zusammenhang unterstreicht die Konferenz, dass besondere Bestimmungen in Titel V Abschnitt 6 des Protokolls betreffend die Verträge und die Akten über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands sowie des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, der Hellenischen Republik, des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik, der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden aufgenommen wurden.

 

ERKLÄRUNGEN ZU DEM PROTOKOLL BETREFFEND DEN VERTRAG UND DIE AKTE ÜBER DEN

BEITRITT DER TSCHECHISCHEN REPUBLIK, DER REPUBLIK ESTLAND, DER REPUBLIK ZYPERN,

DER REPUBLIK LETTLAND, DER REPUBLIK LITAUEN, DER REPUBLIK UNGARN, DER REPUBLIK

MALTA, DER REPUBLIK POLEN, DER REPUBLIK SLOWENIEN UND DER SLOWAKISCHEN

REPUBLIK

 

33. Erklärung zu den Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland auf Zypern

 

DIE KONFERENZ —

unter Hinweis darauf, dass in der der Schlussakte des Vertrags über den Beitritt des Vereinigten Königreichs zu den Europäischen Gemeinschaften beigefügten Gemeinsamen Erklärung betreffend die Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland auf Zypern vorgesehen ist, dass die Regelung der Beziehungen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und den Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland auf Zypern im Rahmen einer etwaigen Vereinbarung zwischen dieser Gemeinschaft und der RepublikZypern festgelegt wird, unter Berücksichtigung der Bestimmungen über die Hoheitszonen, die in dem Vertrag zur Gründung der Republik Zypern (im Folgenden „Gründungsvertrag“) und dem zugehörigen Notenwechsel vom 16. August 1960 festgelegt wurden, in Anbetracht des Notenwechsels zwischen der Regierung des Vereinigten Königreichs und der Regierung der Republik Zypern vom 16. August 1960 betreffend die Verwaltung der Hoheitszonen und der beigefügten Erklärung der Regierung des Vereinigten Königreichs, wonach der Schutz der Interessen der in den Hoheitszonen wohnhaften oder beschäftigten Personen eines der Hauptziele darstellt und in der Erwägung, dass diese Personen so weit wie möglich genauso behandelt werden sollen wie in der Republik Zypern wohnhafte oder beschäftigte Personen, ferner in Anbetracht der Bestimmungen des Gründungsvertrags über die Zollregelung zwischen den Hoheitszonen und der Republik Zypern, insbesondere der Bestimmungen im Anhang F des genannten Vertrags, des Weiteren in Anbetracht der Verpflichtung des Vereinigten Königreichs, auf die Einrichtung von Zollstellen und anderen Grenzübergangsstellen zwischen den Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs und der Republik Zypern zu verzichten, sowie in Anbetracht der im Rahmen des Gründungsvertrags getroffenen Regelung, nach der die Behörden der Republik Zypern in den Hoheitszonen eine Vielzahl von öffentlichen Dienstleistungen erbringen, auch in den Bereichen Landwirtschaft, Zoll und Besteuerung, unter Bekräftigung dessen, dass der Beitritt der Republik Zypern zur Union die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien des Gründungsvertrags nicht berühren sollte, in dem Bewusstsein, dass daher einige Bestimmungen der Verfassung und der Rechtsakte der Unionauf die Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs anzuwenden und Sonderregelungen für die

Durchführung dieser Bestimmungen in den Hoheitszonen zu erlassen sind, unterstreicht, dass zu diesem Zweck besondere Bestimmungen in den Zweiten Teil Titel III des Protokolls betreffend den Vertrag und die Akte über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik aufgenommen wurden.

 

34. Erklärung der Kommission zu den Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland auf Zypern

 

Die Kommission bekräftigt ihre Auffassung, dass die Bestimmungen des Unionsrechts, die nach dem Zweiten Teil Titel III des Protokolls betreffend den Vertrag und die Akte über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik für die Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs gelten, folgende Rechtsvorschriften einschließen:

a) die Verordnung (EG) Nr. 3448/93 des Rates vom 6. Dezember 1993 über die Handelsregelung für bestimmte aus landwirtschaftlichen Erzeugnissen hergestellte Waren;

b) die Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 des Rates vom 21. Juni 1999 mit allgemeinen Bestimmungen über die Strukturfonds, soweit dies zur Finanzierung der Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums in den Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs im Rahmen des EAGFL, Abteilung Garantie, nach der Verordnung (EG) Nr. 1257/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) erforderlich ist.

 

35. Erklärung zum Kernkraftwerk Ignalina in Litauen

 

DIE KONFERENZ — unter Bekundung der Bereitschaft der Union, auch nach dem Beitritt Litauens zur Union im Zeitraum bis 2006 und darüber hinaus weiterhin eine angemessene zusätzliche Hilfe für die Stilllegungsarbeiten Litauens zu leisten, und in Anbetracht der Tatsache, dass Litauen unter Berücksichtigung dieses Ausdrucks der Solidarität der Union zugesagt hat, Block 1 des Kernkraftwerks Ignalina vor 2005 und Block 2 bis 2009 abzuschalten, in Würdigung der Tatsache, dass die Stilllegung des Kernkraftwerks Ignalina mit seinen beiden aus den Zeiten der ehemaligen Sowjetunion stammenden 1500-MW-Reaktoren vom Typ RBMK ein beispielloser Vorgang ist und für Litauen eine außergewöhnliche finanzielle Belastung darstellt, die in keinem Verhältnis zur Größe und Wirtschaftskraft des Landes steht, und dass diese Stilllegung über die Laufzeit der derzeitigen in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 6. Mai 1999 festgelegten Finanziellen Vorausschau hinaus fortgesetzt werden muss, angesichts der Notwendigkeit, Durchführungsbestimmungen für die zusätzliche Hilfe der Union zu erlassen, mit der die Auswirkungen der Abschaltung und Stilllegung des Kernkraftwerks Ignalina abgefangen werden sollen, in Anbetracht dessen, dass Litauen bei der Verwendung der Unionshilfe den Bedürfnissen der von der Abschaltung des Kernkraftwerks Ignalina am stärksten betroffenen Regionen gebührend Rechnung tragen wird, unter Hinweis darauf, dass bestimmte durch staatliche Beihilfen unterstützte Maßnahmen als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden und dass dazu die Stilllegung des Kernkraftwerks Ignalina ebenso gehört wie die umweltgerechte Wiederherstellung des Standorts entsprechend dem Besitzstand und die Modernisierung der konventionellen Stromerzeugungskapazitäten, die benötigt werden, um die beiden Reaktoren des Kernkraftwerks Ignalina nach ihrer Abschaltung zu ersetzen, unterstreicht, dass zu diesem Zweck besondere Bestimmungen in den Zweiten Teil Titel IV des Protokolls betreffend den Vertrag und die Akte über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik aufgenommen wurden.

 

36. Erklärung zum Transit von Personen auf dem Landweg zwischen dem Kaliningrader Gebiet und den übrigen Teilen der Russischen Föderation

 

DIE KONFERENZ —

in Anbetracht der besonderen Situation des Kaliningrader Gebiets der Russischen Föderation im Zusammenhang mit der Erweiterung der Union, in Anerkennung der Verpflichtungen und Zusagen Litauens bezüglich des Besitzstands, durch den ein Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts geschaffen wird, in Anbetracht insbesondere dessen, dass Litauen den Besitzstand der Union hinsichtlich der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind, sowie den Besitzstand der Union über die einheitliche Visummarke spätestens ab dem Beitritt vollständig anwenden und umsetzen muss, in Anerkennung der Tatsache, dass der Transit von Personen auf dem Landweg zwischen dem Kaliningrader Gebiet und den übrigen Teilen der Russischen Föderation durch das Gebiet der Union eine Angelegenheit der gesamten Union ist, als solche behandelt werden sollte und keine nachteiligen Folgen für Litauen mit sich bringen darf, in der Erwägung, dass der Rat nach Überprüfung der Erfüllung der erforderlichen Bedingungen den Beschluss zu fassen hat, die Kontrollen an den Binnengrenzen abzuschaffen, entschlossen, Litauen bei der möglichst raschen Erfüllung der Bedingungen für eine uneingeschränkte Einbeziehung in das Schengen-Gebiet ohne Binnengrenzen zu helfen, unterstreicht, dass zu diesem Zweck besondere Bestimmungen in den Zweiten Teil Titel V des Protokolls betreffend den Vertrag und die Akte über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik aufgenommen wurden.

 

37. Erklärung zu den Blöcken 1 und 2 des Kernkraftwerks Bohunice V1 in der Slowakei

 

DIE KONFERENZ —

angesichts der Zusage der Slowakei, die Blöcke 1 und 2 des Kernkraftwerks Bohunice V1 Ende 2006 bzw. 2008 abzuschalten, und der Bereitschaft der Union, bis 2006 weiterhin Finanzhilfe als Fortsetzung der Heranführungshilfe zu leisten, die im Rahmen des Phare-Programms zur Unterstützung der Stilllegungsmaßnahmen der Slowakei vorgesehen ist, angesichts der Notwendigkeit, Durchführungsbestimmungen für die Fortsetzung der Unterstützung der Union zu erlassen, unterstreicht, dass zu diesem Zweck besondere Bestimmungen in den Zweiten Teil Titel IX des Protokolls betreffend den Vertrag und die Akte über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik aufgenommen wurden.

 

38. Erklärung zu Zypern

 

DIE KONFERENZ —

in Bekräftigung ihrer Entschlossenheit, eine umfassende Regelung der Zypern-Frage im Einklang mit den einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen herbeizuführen, und ihrer vorbehaltlosen Unterstützung der auf dieses Ziel gerichteten Bemühungen des Generalsekretärs der Vereinten Nationen, in der Erwägung, dass eine derartige umfassende Regelung der Zypern-Frage noch nicht zustande

gekommen ist, in der Erwägung, dass es daher erforderlich ist, die Anwendung des Besitzstands in den Teilen der Republik Zypern auszusetzen, in denen die Regierung der Republik Zypern keine tatsächliche Kontrolle ausübt, in der Erwägung, dass diese Aussetzung im Falle einer Regelung der Zypern-Frage aufzuheben ist, in der Erwägung, dass die Union bereit ist, die Bedingungen einer solchen umfassenden Regelung im Einklang mit den Grundsätzen, auf denen die Union beruht, zu berücksichtigen, in der Erwägung, dass festgelegt werden muss, unter welchen Bedingungen die einschlägigen Bestimmungen des Unionsrechts auf die Trennungslinie zwischen den genannten Landesteilen sowie den Landesteilen, in denen die Regierung der Republik Zypern eine tatsächliche Kontrolle ausübt, und der östlichen Hoheitszone des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland Anwendung finden, in dem Wunsch, dass der Beitritt Zyperns zur Union allen zyprischen Bürgern zugute kommt und zum inneren Frieden und zur Aussöhnung beiträgt, in der Erwägung, dass keine Bestimmung des Zweiten Teils Titel X des Protokolls betreffend den Vertrag und die Akte über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik Maßnahmen ausschließt, die auf dieses Ziel ausgerichtet sind, in der Erwägung, dass derartige Maßnahmen nicht die Anwendung des Besitzstandes nach den Bedingungen des genannten Protokolls in irgendeinem anderen Teil der Republik Zypern beeinträchtigen dürfen, unterstreicht, dass zu diesem Zweck besondere Bestimmungen in den Zweiten Teil Titel X des

Protokolls betreffend den Vertrag und die Akte über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik aufgenommen wurden.

 

39. Erklärung zu dem Protokoll über die Position Dänemarks

 

In Bezug auf Rechtsakte, die vom Rat allein oder gemeinsam mit dem Europäischen Parlament zu erlassen sind und sowohl Bestimmungen enthalten, die auf Dänemark anwendbar sind, als auch Bestimmungen, die auf Dänemark nicht anwendbar sind, da sie sich auf eine Rechtsgrundlage stützen, für die Teil I des Protokolls über die Position Dänemarks gilt, nimmt die Konferenz zur Kenntnis, dass Dänemark erklärt, dass es nicht von seinem Stimmrecht Gebrauch machen wird, um den Erlass von Bestimmungen zu verhindern, die nicht auf Dänemark anwendbar sind.

Die Konferenz nimmt darüber hinaus zur Kenntnis, dass Dänemark auf der Grundlage seiner Erklärung zu den Artikeln I-43 und III-329 erklärt, dass Dänemarks Beteiligung an Maßnahmen oder Rechtsakten nach den Artikeln I-43 und III-329 im Einklang mit Teil I und Teil II des Protokolls über die Position Dänemarks erfolgen wird.

 

40. Erklärung zu dem Protokoll über die Übergangsbestimmungen für die Organe und Einrichtungen der Union

 

Die Mitgliedstaaten werden bei den Konferenzen über den Beitritt Rumäniens und/oder Bulgariens zur Union hinsichtlich der Sitzverteilung im Europäischen Parlament und der Stimmengewichtung im Europäischen Rat und im Rat folgenden gemeinsamen Standpunkt einnehmen:

1. Sollte der Beitritt Rumäniens und/oder Bulgariens zur Union vor dem Inkrafttreten des in Artikel I-20 Absatz 2 vorgesehenen Beschlusses des Europäischen Rates erfolgen, so gilt bezüglich der Sitzverteilung im Europäischen Parlament für die Legislaturperiode 2004 -2009 die

folgende Tabelle für eine Union mit 27 Mitgliedstaaten:

MITGLIEDSTAATEN SITZE IM EP

Deutschland 99

Vereinigtes Königreich 78

Frankreich 78

Italien 78

Spanien 54

MITGLIEDSTAATEN SITZE IM EP

Polen 54

Rumänien 35

Niederlande 27

Griechenland 24

Tschechische Republik 24

Belgien 24

Ungarn 24

Portugal 24

Schweden 19

Bulgarien 18

Österreich 18

Slowakei 14

Dänemark 14

Finnland 14

Irland 13

Litauen 13

Lettland 9

Slowenien 7

Estland 6

Zypern 6

Luxemburg 6

Malta 5

INSGESAMT 785

Im Vertrag über den Beitritt zur Union wird daher abweichend von Artikel I-20 Absatz 2 der Verfassung vorgesehen, dass die Zahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments für den verbleibenden Zeitraum der Legislaturperiode 2004—2009 vorübergehend mehr als 750

betragen darf.

2. In Artikel 2 Absatz 2 des Protokolls über die Übergangsbestimmungen für die Organe und Einrichtungen der Union werden in Bezug auf die Stimmengewichtung im Europäischen Rat und im Rat Rumänien 14 und Bulgarien 10 Stimmen zugewiesen.

3. Bei jedem Beitritt wird die im Protokoll über die Übergangsbestimmungen für die Organe und Einrichtungen der Union vorgesehene Schwelle nach Artikel 2 Absatz 3 jenes Protokolls berechnet.

 

41. Erklärung betreffend Italien

 

Die Konferenz nimmt zur Kenntnis, dass das Protokoll betreffend Italien, das 1957 dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft beigefügt war, in der bei der Annahme des Vertrags über die Europäische Union geänderten Fassung Folgendes vorsah:

„DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN,

VON DEM WUNSCH GELEITET, gewisse besondere Probleme betreffend Italien zu regeln,

SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die diesem Vertrag als Anhang beigefügt

sind:

DIE MITGLIEDSTAATEN DER GEMEINSCHAFT — NEHMEN ZUR KENNTNIS, dass sich die italienische Regierung mit der Durchführung eines Zehnjahresplans zur wirtschaftlichen Ausweitung befasst, durch den die strukturellen Unterschiede der italienischen Volkswirtschaft ausgeglichen werden sollen, und zwar insbesondere durch die Ausrüstung der weniger entwickelten Gebiete Süditaliens und der italienischen Inseln sowie durch die Schaffung neuer Arbeitsplätze zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit;

WEISEN DARAUF HIN, dass die Grundsätze und die Ziele dieses Plans der italienischen Regierung von Organisationen für internationale Zusammenarbeit, deren Mitglieder sie sind, berücksichtigt und gebilligt wurden;

ERKENNEN AN, dass die Erreichung der Ziele des italienischen Plans in ihrem gemeinsamen Interesse liegt;

KOMMEN ÜBEREIN, den Organen der Gemeinschaft die Anwendung aller in diesem Vertrag vorgesehenen Mittel und Verfahren zu empfehlen, insbesondere durch eine angemessene Verwendung der Mittel der Europäischen Investitionsbank und des Europäischen Sozialfonds der

italienischen Regierung die Erfüllung dieser Aufgabe zu erleichtern;

SIND DER AUFFASSUNG, dass die Organe der Gemeinschaft bei der Anwendung dieses Vertrags berücksichtigen müssen, dass die italienische Volkswirtschaft in den kommenden Jahren erheblichen Belastungen ausgesetzt sein wird, und dass gefährliche Spannungen, namentlich in der Zahlungsbilanz oder im Beschäftigungsstand, durch welche die Anwendung dieses Vertrags in Italien in Frage gestellt werden könnte, zu vermeiden sind;

ERKENNEN insbesondere AN, dass im Falle der Anwendung der Artikel 109 h und 109 i darauf zu achten ist, dass bei den Maßnahmen, um welche die italienische Regierung ersucht wird, die Durchführung ihres Plans zur wirtschaftlichen Ausweitung und zur Hebung des Lebensstandards der Bevölkerung gesichert bleibt.“

 

ERKLÄRUNGEN DER MITGLIEDSTAATEN

 

42. Erklärung des Königreichs der Niederlande zu Artikel I-55

 

Das Königreich der Niederlande wird einem Europäischen Beschluss nach Artikel I-55 Absatz 4 zustimmen, sobald im Rahmen der Überprüfung des Europäischen Gesetzes nach Artikel I-54 Absatz 3 für die Niederlande eine zufrieden stellende Lösung für ihre in Bezug auf den Haushalt der Union äußerst nachteilige Position als Nettozahler gefunden wurde.

 

43. Erklärung des Königreichs der Niederlande zu Artikel IV-440

 

Das Königreich der Niederlande erklärt, dass eine Initiative für einen Europäischen Beschluss nach Artikel IV- 440 Absatz 7, die auf eine Änderung des Status der Niederländischen Antillen und/oder Arubas gegenüber der Union abzielt, nur auf der Grundlage eines Beschlusses vorgelegt wird, der im Einklang mit dem Status des Königreichs der Niederlande gefasst worden ist.

 

44. Erklärung der Bundesrepublik Deutschland, Irlands, der Republik Ungarn, der Republik Österreich und des Königreichs Schweden Deutschland, Irland, Ungarn, Österreich und Schweden stellen fest,

 

dass die zentralen Bestimmungen des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft seit seinem Inkrafttreten in ihrer

Substanz nicht geändert worden sind und aktualisiert werden müssen. Daher unterstützen sie den Gedanken einer Konferenz der Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten, die so rasch wie möglich einberufen werden sollte.

 

45. Erklärung des Königreichs Spanien und des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland.

 

Der Vertrag über eine Verfassung für Europa gilt für Gibraltar als einem europäischen Gebiet, dessen auswärtige Beziehungen ein Mitgliedstaat wahrnimmt. Dies bringt jedoch keine Änderungen der jeweiligen Standpunkte der betreffenden Mitgliedstaaten mit sich.

 

46. Erklärung des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland zur Definition des Begriffs „Staatsangehöriger“

 

In Bezug auf den Vertrag über eine Verfassung für Europa und den Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft sowie alle Rechtsakte, die aus diesen Verträgen abgeleitet werden oder durch diese Verträge weiter in Kraft bleiben, bekräftigt das Vereinigte Königreich seine Erklärung vom 31. Dezember 1982 über die Definition des Begriffs „Staatsangehöriger“ mit der Ausnahme, dass

die „Bürger der ‚British Dependent Territories’“ als „Bürger der ‚British overseas territories’“ zu verstehen sind.

 

47. Erklärung des Königreichs Spanien zur Definition des Begriffs „Staatsangehöriger“

 

Spanien stellt fest, dass nach Artikel I-10 der Verfassung Unionsbürgerin oder Unionsbürger ist, wer  die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt. Spanien nimmt ferner zur Kenntnis, dass nach dem heutigen Stand der europäischen Integration, wie er sich in der Verfassung widerspiegelt, nur Staatsangehörige der Mitgliedstaaten die spezifischen Rechte der Europabürgerschaft besitzen, sofern

im Unionsrecht nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist. In diesem Zusammenhang stellt Spanien außerdem fest, dass nach den Artikeln I-20 und I-46 der Verfassung das Europäische Parlament derzeit die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger vertritt.

 

48. Erklärung des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland über das Wahlrecht für die Wahlen zum Europäischen Parlament

 

Das Vereinigte Königreich stellt fest, dass durch Artikel I-20 und andere Bestimmungen des Vertrags über eine Verfassung für Europa nicht die Grundlagen des Wahlrechts für die Wahlen zum Europäischen Parlament geändert werden sollen.

 

49. Erklärung des Königreichs Belgien zu den nationalen Parlamenten

 

Belgien erklärt, dass aufgrund seines Verfassungsrechts sowohl das Abgeordnetenhaus und der Senat des Bundesparlaments als auch die Parlamente der Gemeinschaften und Regionen — je nach den von der Union ausgeübten Befugnissen — als Bestandteil des Systems des nationalen Parlaments oder als Kammern des nationalen Parlaments handeln.

 

50. Erklärung der Republik Lettland und der Republik Ungarn zur Schreibweise des Namens der einheitlichen Währung in dem Vertrag über eine Verfassung für Europa

 

Unbeschadet der in dem Vertrag über eine Verfassung für Europa erwähnten vereinheitlichten Schreibweise des Namens der einheitlichen Währung der Europäischen Union, wie sie auf den Banknoten und Münzen erscheint, erklären Lettland und Ungarn, dass die Schreibweise des Namens der einheitlichen Währung — einschließlich ihrer abgeleiteten Formen, die in der lettischen und der ungarischen Sprachfassung des Vertrags über eine Verfassung von Europa benutzt werden — keine Auswirkungen auf die geltenden Regeln der lettischen und der ungarischen Sprache hat.

 

Vertrag Maastricht   Vertrag Nizza           Vertrag Amsterdam          Vertrag EWG 1957

 

 

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